Stockmayer, Otto - Römer 12
(Ein Auszug aus seinem Buch „Aus Glauben in Glauben“)
XXXIII. Völlige Übergabe
Vers 1+ 2 des zwölften Kapitels sind gleichsam eine Schlussfolgerung, die sich unmittelbar an das 11. Kapitel anreiht.
„Ich ermahne euch nun liebe Brüder,“ nach allem, was ich euch eröffnet habe in Bezug auf Gottes Reichsratschluss über die Völkerwelt, über die Heiden, wie auch über die Juden.
„Ich ermahne euch nun liebe Brüder, dass ihr eure Leiber gebet als ein Opfer, das da lebendig, heilig und Gott wohlgefällig ist, welches sei euer vernünftiger Gottesdienst, dass ihr prüfen möget, welches sei der gute, vollkommene und der wohlgefällige Gotteswille.“ Es wird den Kindern eine Last, wenn Eltern oder Lehrer immer wieder Forderungen an sie stellen, die sie nicht erfüllen können, die nicht billig sind; es reizt sie zum Ungehorsam.
Der Apostel stellt auch seine Forderungen und Ermahnungen, aber er tut es, Kraft der Barmherzigkeit Gottes. Es ist Erbarmen seitens Gottes, wenn er Forderungen an uns stellt; denn hinter seinen Forderungen steht Gabe, Gnadengabe. Es ist Erbarmen, wenn uns der Herr keine Ruhe lässt, wenn er uns Boten sendet, die uns ernstlich zusprechen und ermahnen. Es war Erbarmen, dass der Apostel der römischen Gemeinde keine Ruhe gelassen hat. Gottes Barmherzigkeit hat ihn dazu getrieben. Und was verlangt er, Kraft dieser Barmherzigkeit Gottes? Menschlich gesprochen ganz Unbilliges. Sie sollen Leib, alle Kräfte Leibes und der Seele, ihre ganze Tätigkeit, Hände und Füsse, Hirn und Herz, alle Kräfte ihres Wesens Gott zum Opfer hingeben.
Gott hat uns unseren Leib und alles, was wir sind und haben, geliehen, damit wir ihm damit dienen. Er hat uns aus unserem Selbstleben, in dem wir entweder auf unseren Körper hineinhausten1) oder uns in Grössenwahn entwickelten, herausgerissen und uns gelehrt, es alles ihm zu Füssen und selbst mit allem, was wir sind und haben, ein Brandopfer zu werden auf Seinem Altar, ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer.
Wir selbst, lieber Leser, wir selbst, kommen nicht zur Ruhe, bis wir Gott alles auf den Altar gelegt haben. Gott irgendetwas vorzuenthalten oder zu rauben, bringt uns keine Profit. Das bezahlt man teuer. Das Beste muss zu ihm zurück, dann mehrt es sich und kommt zu einem vollen Ertrag, sonst löst es sich ab und stirbt, und wir bringen keine Frucht. Der Gedanke, wir könnten davon profitieren ist unvernünftig. Es ist unvernünftig, etwas von dem, was Gott gehört, für sich in Anspruch zu nehmen. Die Sünde ist Wahnsinn, Torheit. Gott gehorchen bahnt der Weisheit einen Weg und ist Weisheit.
In gewisser Hinsicht ist das 12 Kapitel des Römerbriefes die Fortsetzung von Römer 8, wenn man die drei dazwischen liegenden Kapitel als Parenthese nimmt. Es beginnt mit einer Ermahnung, nicht mit der Aufbürdung einer Last, sondern mit einem Stück göttlicher Gnade und Barmherzigkeit. Was ist es anderes als Erbarmen Gottes, wenn er uns nicht stehen, nicht zu kurz kommen, nicht unterwegs stecken lässt, sondern uns weiter und immer weiter führt, wenn Er keine Ruhe hat und uns keine Ruhe gönnt, bis unser ganzes Sein und Wesen nach Geist, Seele und Leib zurückgekehrt ist unter Seine Botmässigkeit, Seine Kontrolle, Seine Verfügung zu Gott, aus dem Dienste der Eitelkeit, der Eigenliebe, der Sinnlichkeit, der Nichtigkeit.
Für Gott da zu sein und Ihm sein Leben weihen zu dürfen, ist der höchste Adel, den man sich denken kann. Und das ein Apostel dies tun kann und darf, dass Gott Seinen Sohn und Seine Apostel zur Verfügung gestellt hat, um uns wieder in die Hände zu bekommen, das ist nicht Rechthaberei seitens Gott, wenn man so sagen darf. Ja, Gott ist souverän und muss recht behalten, aber hier offenbart sich heiliges Erbarmen mit irre gelaufenen Schafen, die sich ins Unglück rennen, sobald sie von ihrem Hirten fortgehen. Das Erbarmen Gottes ist's, das uns keine Ruhe lässt, bis Er die Leitung, Direktion, Wege, Zeit und Zeiteinteilung der Seinen in der Hand hat. Es muss alles zurück in Gottes Hand, der alles geschaffen hat und in dessen Hand allein alles Geschaffene zu Seinem Rechte und Bestand, zu Seiner Verwertung, zu Seinem Ziele und Zweck kommt. Alles andere ist Torheit, Irrelaufen, Selbstbetrug und Gottesbetrug. Wenn wir Gott um das bringen, was Ihm gehört, so leiden wir in erster Linie selbst darunter. Gestohlenes bringt uns keinen Segen, keine Gewinn. Gott berauben ist der schwerste Raub, den man begehen kann.
In der Elberfelder Bibel heisst es im ersten Vers: „So ermahne ich euch nun, liebe Brüder, dass ihr eure Leiber begebet zum einem lebendigen Schlachtopfer…“ eure Leiber, und das nicht nur aus Recht der Schöpfung, sondern auch auf Grund der mit der Gabe des heiligen Geistes versiegelten Erlösung. Damit dass Gott uns Seinen Geist gegeben hat, dass unsere Leiber Tempel des heiligen Geistes geworden sind, sind wir Gott verschrieben für Zeit und Ewigkeit.
„So ermahne ich euch nun, liebe Brüder, dass ihr eure Leibe hingebt…,“ in allen ihren Bewegungen, in der ganzen Entwicklung eures äusseren und inneren Lebens, auch in der Gedankenwelt. Auch was die Verwertung eurer Zeit betrifft, tut nie, als wäret ihr eure eigenen Herren und als könntet ihr frei über euch selbst verfügen, sondern erkennt immer und überall Gott als euren Herrn an. „Als lebendige Schlachtopfer.“ Die Tiefen der Heilsgedanken Gottes können in menschlicher und irdischer Sprache nur zu ihrem Recht kommen durch Anhäufung oder Nebeneinanderstellung von Worten und Begriffen, die einander im gewöhnlichen Leben ausschliessen.
„Lebendige Schlachtopfer.“ Ein Schlachtopfer wird hingeschlachtet. Im Reiche Gottes gibt es wandelnde Schlachtopfer, die gerade dadurch voller Leben, voller Gesundheit, voller Kraft sind, weil sie geschlachtet, für Gott geopfert sind. dass sie allem Dienst des eigenen Lebens und der Kreaturen entzogen und als Gottes Eigentum versiegelt sind.
Wenn wir in diese Stellung eingehen und Schlachtschafe werden, wenn wir entschlossen in dieser Stellung verharren, dann kann alles, was uns früher aus der Stellung von Schlachtschafen weg gebracht hatte, indem uns Menschen durch Lobhudelei2) oder Tadel aus der rechten Bahn zu bringen versuchten, nur tiefer in unseren Gott hineinführen, so dass wir in Seinem Lichte erkennen, wo Menschen in etwa recht haben mit ihrer Kritik. Loben uns andere aber, so kann solches Lob sofort zu dem aufsteigen, dem es gebührt. Denn was wirklich an Liebeswürdigem an uns zu finden, in unseren Charakter eingegraben ist, das kommt von Gott und dafür gebührt Gott die Ehre, nicht uns. Tempelraub gilt selbst bei den Heiden als das schwerste Verbrechen.
„Lebendige Schlachtopfer“ sollen wir sein, tiefer und immer tiefer eingehend in das Leiden Christi, in die Leidens und Todesgemeinschaft mit dem Gekreuzigten und damit immer tiefer hinunter steigend in das wahre Leben, das nur die Geschlachteten, mit Christo Gekreuzigten seine volle Entfaltung findet. Mit Ihm gekreuzigt, mit Ihm begraben, mit Ihm auferstanden und mit Ihm in eine neue Welt verpflanzt und dort eingepflanzt, darum auch aus einer anderen Welt Nahrung schöpfend und Lebenszuflüsse beziehend.
Als Heilige, Gott Geweihte und von Gott Angenommene sind wir Gott wohlgefällig, weil wir uns Ihm dargebracht haben auf dem Altar Jesu Christi, der alles reinigt und heiligt. Gott wohlgefällig durch Jesum Christum. Einen anderen Weg zu Gottes Wohlgefallen als durch Christum, unseren Herrn, gibt es nicht. „Siehe das ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe,“ hat Gott der Vater bezeugt und wirklich hatte Er nichts als absolutes Wohlgefallen an Ihm. Das ist dann ein vernünftiger, logischer Gottesdienst, der unseren Verhältnissen und der ganzen Sachlage entspricht.
Leibeigener irgend eines anderen zu sein, wie es im Altertum bei den Sklaven der Fall war, ist etwas ungemein Schweres für einen Menschen. Verfügt jemand über deinen Leib, so verfügt er über dich. So hart es nun aber ist, Leibeigener eines Mitmenschen sein zu müssen, so barmherzig ist es andererseits von Gott, dass unsere Leiber in Seine Leitung und Obhut zurückkehren dürfen. Eine höhere Freiheit als die, dem Herrn der Herrlichkeit zur Verfügung zu stehen, gibt es nicht. Es kann da niemand mehr Ansprüche an uns erheben, wir gehören dem Herrn und wenn jemand Ansprüche an und macht, muss er zuerst Gottes Unterschrift haben, denn es muss immer in den von Gott gezogenen Grenzen sein.
„Schlachtopfer, Ganzopfer,“ wie der Apostel schreibt, sind nicht lebendig. Ein geschlachtetes Tier hat sein Leben eingebüsst. Was sich aber, wie gesagt, im gewöhnlichen Leben ausschliesst, begegnet sich in der Geisteswelt auf höherem Boden. Wir werden erst dadurch wahrhaft lebendig, dass wir uns auf den Altar Gottes legen, sonst sind wir unsere eigenen Sklaven und andere verfügen über uns.
Ist Gott unserer alleiniger Herr, so kann sonst niemand über uns verfügen, ohne sich vorher an unseren Herrn gewandt zu haben. Das ist dann der rechte Gottesdienst der Gottgeweihten, der Geheiligten und für Ihn Erkauften; alles andere ist unvernünftig und unlogisch.
Vers 2: „Und stellet euch nicht dieser Welt gleich,“ oder „Seid nicht gleichförmig dieser Welt,“ Die Welt sucht unter dreifacher Form das Ihre, Augenlust, Fleischeslust und stolzes Wesen. Lust und Hochmut rufen einander Sinneslust, Augenlust, Stolz. Der Herr geht der Wurzel der Sünde auf die Spur, findet uns in allen Gebieten der Abweichung von Ihm und bringt alles Entgleiste zurück in die richtige Stellung zu Gott, so dass es unsere Lust, unser Streben, unsere Freude ist, Gott zur Verfügung zu stehen. Das ist Herrlichkeit, verfügbar zu sein für Gott, wie ein General, besonders in Kriegszeiten, seinem Kaiser und König zur Verfügung steht. Er steht im Dienste des obersten Kriegsherrn und seines Vaterlandes und wir stehen im Dienste Gottes und der Gemeinde. Das ist unendlich viel höher.
Vers 2 ist die weitere Entwicklung des im ersten Verse ausgesprochenen Gedankens. Zuerst das Negative, das, was aufhören muss und Seinem Abschluss gefunden hat, damit, dass wir zu Gott zurückgekehrt sind, nämlich von der Gleichförmigkeit mit der Welt. Für teuer Erkaufte muss diese Gleichförmigkeit mit der Welt aufhören. Weltkinder tragen ihren Stempel als solche. Man erkennt bis zu einem gewissen Grade schon an seiner Erscheinung, welchem Stand ein Mensch angehört. Man merkt es ihm schon an der Sprache an, die er führt. Weltkinder sind in dieser Welt daheim; sie sind von der Welt, haben die Welt lieb und sind genau orientiert über die Welt.
Bei uns, lieber Leser, soll man merken, dass wir nicht mehr in dieser Welt eingewurzelt sind, dass die Welt nicht mehr unsere Heimat ist, dass uns die Sorgen und Erinnerungen dieser Welt je länger, je mehr fremd werden und dass wir nichts mehr mit den Dingen mehr zu tun haben wollen in denen wir früher schwelgten. Wir haben eine andere Welt, einen anderen Boden, ein anderes Heim; unsere ganze Gesinnung unser Denken hat eine andere Gestalt gewonnen, seit wir nicht mehr in der Welt wurzeln. Die Welt hat das Ihre lieb, wir haben Gott lieb. Weltliebe und Eigenliebe machen der Liebe zu Gott Platz, die in unsere Herzen ausgegossen ist durch den heiligen Geist, und wenn diese neue Stellung Realität ist und gründlich durchgeführt wird, so verändert sich die ganze Gestalt unseres äusseren und inneren Lebens.
Der Stempel der Welt macht dem Stempel Gottes Platz. Das geht nicht mit einem Male, das ist keine Metamorphose, keine zauberhafte, plötzliche Umwandlung. Es ist ein allmähliches Weichen des alten Bildes, welches einem neuen Bilde Platz macht, die der heilige Geist nach dem Urbilde Christi in uns ausgestaltet. Nur müssen wir dann selbst mit Christi Bild vertraut sein und uns die Züge Seines Charakters, Sein Tun und Lassen, Seine ganze Erscheinung immer mehr einprägen, damit der Geist nehme aus dem, das Christi ist, nachdem Er zuerst aus unserem Wesen weggenommen hat, was weltförmig war, alle Eigenliebe, alles aus der alten Natur stammende, alles irdisch gesinnt sein. Ist das alles durchs Gericht gegangen, so ist damit Raum geworden für die Ausgestaltung des Bildes Christi; dass das Bild Christi Seine Anziehungskraft auf uns ausüben kann.
Solange die Welt uns anzieht, kann Christus uns nicht anziehen. Kann aber die Gestalt Christi in unsere Ideale und Ziele hineinleuchten, so ist das die grösste Gnade, die einem Menschenkinde seitens Gottes zuteil werden kann. Es handelt sich da nicht um eine Umgestaltung der äusseren Erscheinung, wie sie sich zunächst dem Menschen darstellt, sondern um eine Umgestaltung von tief innen heraus durch gründliche Erneuerung der Sinnesrichtung, so dass unser Sinn nun auf etwas ganz anderes gerichtet ist, als er früher war.
Ehedem wollen wir uns selbst gefallen, es den Menschen recht machen, um von ihnen geliebt zu werden, das wird uns zuwider in dem Masse, indem die Gestalt Christi in ihrer Herrlichkeit und Lauterkeit in unseren Horizont tritt. Da gestaltet sich eine neue Welt in uns aus, mit ganz anderen Vorstellungen, ein anderes Urteil, ein anderer Massstab, ein ganz anderer Boden und ein anderer Charakter.
XXXIV. Die Erneuerung des Sinnes
„Stellt euch nicht dieser Welt gleich,“ übersetzt Luther. Worin besteht das Wesen dieser Welt? Darin, dass man das Seine sucht. Die Weltkinder suchen das Ihre, je nach den Gaben, die sie haben; jeder sucht dem anderen möglichst viel Konkurrenz zu machen, ihm die Kunden abzujagen usw. Das ist der Kampf ums Dasein, und da handelt es sich um eine vollständige Umwandlung der Sinnesrichtung, wenn ein Menschenkind, das sich selbst gelebt hat, unter der Leitung des heiligen Geistes fortan für Gott und den Nächsten lebt. Es geht da eine Wiedergeburt vor sich, eine Erneuerung des Sinnes und des Wandels. Dem Wiedergeborenen, Erneuerten gibt Gott dann Seines heiligen Geist zur Innewohnung.
Tut Busse, bekehret euch, lasset euch taufen, das alte Wesen in den Tod versenken, so werdet ihr empfangen die Gabe des heiligen Geistes. Euer und aller, die dieses Evangelium erreicht, ist diese Verheissung. Ihr werdet den heiligen Geist empfangen und er ist der Geist der Weisheit und der Prüfung, der Geist der uns mit Gott in Verbindung bringt und uns fähig macht zu prüfen, was Gott wohlgefällt. Was früher unmöglich war ist fortan möglich.
Mit diesem erneuerten Sinn, der nicht mehr Menschen gefallen will, dessen Grundrichtung darauf geht, es Gott recht zu machen, können wir, was früher ein Ding der Unmöglichkeit war, prüfen was Gottes Willen ist. Jetzt ist Raum dafür vorhanden. Wir haben keinen eigenen Willen mehr, sind nicht mehr Knechte der Menschen, werden nicht mehr von eigenen Gesichtspunkten geleitet, jetzt ist Raum für den heiligen Geist, eine neue Welt in uns auszugestalten und unserem Leben einen ganz neuen Mittelpunkt, ein ganz neues Ziel zu geben, nämlich das Ziel, das Jesus sein Leben lang vor Augen hatte, des Vaters Willen zu tun.
Auf Sein: „Siehe ich komme Deinen Willen zu tun oh Gott“ hat Gott geantwortet: „Siehe das ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Es ist unserem Erlöser gelungen, bis zum letzten Lebenshauch Gottes Willen zu tun, weil nach allen Seiten hin reiner Boden war. Er hat nicht auf Petri Worte gehört, als dieser zu ihm sagte: „Das widerfahre dir nur nicht!“ Er hat immer nur gesagt: „Hier bin ich zu tun Deinen Willen oh Gott.“
Aus Gott Gezeugte haben nur noch das eine Ziel im Auge, Gott zu gefallen und Seinen Willen zu tun. Alles andere hat sich entweder wieder aus der anderen Welt eingeschlichen oder aus derselben fortgesetzt, ohne das man sich klar darüber Rechenschaft gegeben hat. Jetzt muss dies, der wir sind jetzt in die Reihen derer eingetreten, die für Gott leben. Alles ist jetzt für Gott und damit gewinnt ein Menschenleben seine Bedeutung und seine Richtlinien. Damit reift unser Geist zu immer klarerer Unterscheidung dessen, was Ihm gefällt und was Ihm nicht gefällt, um immer zielbewusster sagen zu können: „Siehe hier bin ich, zu tun Gott Deinen Willen.“ Das können nur Erlöste sagen.
„Welches da sei der wohlgefällige Gotteswille,“ natürlich vor allem vor Gott wohlgefällig, aber auch wohlgefällig in dem Sinn, dass es uns nicht mehr eine Last ist, sondern der Ausdruck unseres eigensten, tiefsten Lebens und Wesens. Wir sind für Gott da und was Gott gefällt, ist uns je länger, je mehr, lieb. Jeder Widerwille wird da je mehr, je länger überwunden. Die Herrlichkeit für den Herrn da zu sein, hat uns übermannt und alles beugt sich unter denselben. Es ist uns alles angenehm, was der gnädige Wille Gottes verfügt, der nie zu viel verlangt, der alles, was Er verlangt, dem geistlichen Alter anpasst und der es nur verlangt, damit wir Ihm und der wahren Freiheit näher kommen.
Was Gott gefällt, liegt nicht immer auf der Oberfläche, sondern man muss stille werden, losgelöst von den Kreaturen, um wirklich mit Gott in Berührung zu kommen und zu Seinen Füssen zu lernen, was Er uns zu sagen hat. Der Wille Gottes ist gut, haben wir gesagt.
„Niemand ist gut, als der alleinige Gott.“ Was Gott nicht will, ist daher auch nicht gut, und es kostet die Darangabe des eigenen Willens. Man bedarf des Prüfungsgeistes, um es zu erkennen, was gut und böse ist, was richtig ist und was nicht. Kein anderer Wille ist gut, ausser Gottes Wille; denn nur Gott ist gut in sich selbst und kann daher nichts Böses wollen.
Er ist wohlgefällig und wohltuend für die, die auf Gottes Seite treten und sich vom eigenen Willen lösen lassen. Wo sie vorher nicht wussten, was sie erwählen und was sie ausschalten sollten, dürfen sie jetzt erfahren, wie wohltuend und gesegnet der Wille Gottes ist. Er ist auf das Allerbeste gerichtet, was Gott uns geben kann und wir haben nur Gewinn davon, wenn wir allen eigenen Willen fahren lassen, anstatt zu begehren, was uns lockt und bequem dünkt.
Wenn wir stille werden und uns nicht irreführen lassen, so kann uns der Herr in den Linien Seines Willens erziehen, für die Herrlichkeit zur Reife bringen und zubereiten für Sein Kommen.
Der Anfang von Römer 12, besonders Vers 1, schliesst sich, möchte man sagen, organisch an das an, was in Jakobus 5 über Heilung geschrieben steht. Wollen wir einen gesunden, arbeitsfähigen Leib haben. So müssen wir es als Gnade und Barmherzigkeit ansehen, dass Gott die Aufforderung an uns ergehen lässt, Ihm unseren Leib zur Verfügung zu stellen. Wir haben weder für uns selbst noch für Weib oder Kind zu fürchten, wenn wir unsere Kräfte und Existenzen, und die Glieder unseres Leibes, alle Kräfte und Fähigkeiten, die Gott in uns niederlegt hat, an Ihm zurückzugeben, damit Er sie gebrauche, wie es Ihm gefällt.
Das ist vernünftiger Gottesdienst, wenn man es als unaussprechliche Gnade und Erbarmen betrachtet, dass man nicht mehr müssig am Markte stehen muss, sondern alles in den Dienst des grossen Königs stellen darf, der uns ruft. Dazu bedarf es aber eines vollkommen Umsturzes, einer vollkommenen Erneuerung unserer ganzen Sinnesrichtung; denn es sucht Jeder sein eigenes auf dieser Welt. Jeder versucht möglichst viel für sich selbst heraus zu schlagen und andere für sich selbst zu gebrauchen, während das Kind Gottes darauf bedacht ist, wie es anderen dienen kann und das ohne Wahl und Unterschied der Charaktere und Temperamente, ohne uns zu fragen, ob uns jemand antipatisch oder sympathisch ist. Wir haben uns nicht von unseren Sympathien und Antipathien beherrschen zu lassen, sondern sollen ein Herz haben für alle.
Vielleicht brauchen diejenigen, die uns unsympathisch sind noch mehr Rücksicht, Handreichung und Geduld von unserer Seite. Und diese enthalten wir ihnen nicht vor, wenn wir einmal erkannt haben, dass es Gnade ist, zu ihnen hinunter steigen zu dürfen. Da gilt es zu prüfen. Prüfen aber, kann nur wer unparteiisch ist und es nicht für seine Person leicht haben will. Was Gott in dieser Beziehung von uns verlangt, offenbart Er uns durch Seinen heiligen Geist, wenn wir niedrig gesinnt sind, wie Jesus Christus es auch war und dazu gehört auch, dass wir uns nicht mehr dieser Welt gleichstellen. Die Welt sucht da Ihre unter dreifacher Form: Augenlust, Fleischeslust und stolzes Wesen.
Der Herr geht der Wurzel der Sünde auf die Spur, findet uns in allen Gebieten der Abweichung von Ihm und bringt alles Entgleiste zu sich zurück, so dass es unsere Lust, unsere Bestrebung, unsere Freude ist, unserem Gott zur Verfügung zu stehen. Das ist Herrlichkeit, seinem Gott zur Verfügung zu stehen, wie ein General besonders in Kriegszeiten, für Seinen Gott verfügbar ist. Er steht im Dienste des obersten Kriegsherrn und seines Vaterlandes, und wir stehen da für Gott und Seine Gemeinde. Das ist ein unendlich viel höherer Dienst, für denselben bedarf es aber einer Unwandlung, einer gründlichen Erneuerung des Sinnes und der Sinnesrichtung.
Der natürliche Mensch kümmert sich nichts darum, was Gott von ihm will und von ihm erwartet, während der Wiedergeborene kein höheres Ziel kennt, als in allen Lagen und Vorkommnissen des Lebens, an allen Wendepunkten des Lebens zu wissen, was in Gottes Augen gut ist; denn das allein darf und soll massgebend für uns sein. Um diesen Willen Gottes zu verstehen, muss man heruntersteigen von seiner Höhe, von seinen eigenen Gedanken und Anschauungen. Man darf nicht mehr gross von sich selbst denken, sondern muss demütig und einfältig werden.
XXXV. Demut
Vers 3: „Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, dass niemand weiter von sich halte, denn sich's gebührt zu halten; sondern dass er von sich mässig halte, ein Jeder, nachdem Gott ausgeteilt hat das Mass des Glaubens.“
„Durch die Gnade, die mir gegeben worden ist,“ schreibt der Apostel. Das Amt, andere zu ermahnen, war ein ihm anvertrauter Gnadendienst, und da liegt es ihm vor allen Dingen am Herzen, den Sinn seiner Zuhörer auf die Demut zu richten. Nicht in Herrschsucht tritt er an die Gemeinde und an die Einzelnen heran mit der Ermahnung, nicht hoch von sich selbst zu halten, sondern nüchtern zu sein, nachdem Gott ausgeteilt hat das Mass des Glaubens.
Gibt es denn ein Mass des Glaubens? fragt man sich unwillkürlich, wenn man das liest. Ja, auf dem Gebiet des Dienens, wie es gleich nachher heisst: Es hat nicht jedes Glied am Leib dieselbe Aufgabe. Bei dem einen mag es eine sehr zentrale Aufgabe sein, bei dem anderen eine sehr kleine, aber es kommt alles darauf an, dass jeder den ihm anvertrauten Dienst gewissenhaft tue, sei es ein hervorragender, sei es ein verborgener. Die verborgenen Glieder sind die wichtigsten.
Alle die sollen keine höhere Meinung von uns selbst haben, als sich's gebührt. Wir haben uns überhaupt keine Meinung über uns selbst zu bilden, wir brauchen uns nur Rechenschaft zu geben, wie wir Gott und dem Nächsten dienen können, je nach den Aufgaben und Gelegenheiten, die sich uns bieten. Jeder hat sein Mass des Glaubens. Es handelt sich hier um ein Mass des Glaubens, wie wir es als Ausrüstung für die Betätigung der Liebe nötig haben.
Ob wahrer Glaube sich in geringen oder grossen, wichtigen Dingen betätigt, hängt von Gott ab. Er gibt jedem Ausrüstung für das Glaubensgebiet, in das Er ihn stellt. Wenn wir in dem von Ihm gesteckten Grenzen bleiben und weder darüber hinausgehen noch träge zurückbleiben, so wachsen wir zum Mannesalter heran und reifen zusammen mit der Gemeinde für die Wiederkunft Christi.
„Ich sage, Kraft der Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch…“ Die apostolischen Vorschriften sind nicht anzusehen, als von Menschen gegeben. Es steht hinter den Aposteln und ihren Erfahrungen göttliche Autorität. Will man andere ermahnen, so muss man es im Geist Gottes und der Gnade tun, sonst lehnen sich die anderen auf. Spürt man den Ermahnenden an, dass sie einen göttlichen Auftrag haben, überzeugt uns unser Gewissen davon, so wollen wir uns hüten, beiseite zu schieben, was sie uns sagen.
„Prüfet alles und das Gute behaltet und verwertet es!“ In den Winken für das Gemeindeleben, die in diesem Abschnitt enthalten sind, kommt es wesentlich darauf an, dass alle in der Demut und Einfalt stehen, das greift alles ineinander. Wenn ein Glied sich über das andere erheben will, gibt es Verstimmungen, Stockungen unter den Gliedern des Leibes. In der Kraft der Gnade ermahnt der Apostel seine Gemeinde, nicht von oben herab, sondern von unten herauf, in der Demut, wie sich der Heiland tief erniedrigt hat, um uns hinauf zu heben zu unserem Gott.
„Das niemand weiter von sich halte, denn sich's gebührt zu halten, sondern dass er mässiglich - bescheiden von sich halte…“ Bescheidenheit ist im Grunde keine göttliche Tugend. Das Göttliche ist die Demut. Bescheidenheit gehört schon zum Anstand und wer etwas Bildung besitzt hütet sich, sich unbescheiden vorzudrängen. Das macht keinen guten Ruf. Manche warten darauf, dass man sie hervorholt, während wir uns im Schatten wohl fühlen sollen, solange Gott uns nicht hervorholt, jeder sich bewegend und dienend in den Linien des Glaubensmasses.
Hier ist der Glaube, wie schon erwähnt, im Sinne von Dienstleistung gemeint. Für verschiedene Dienstleistungen bedarf es eines verschiedenen Glaubensmasses, eines verschiedenen Masses göttlicher Ausrüstung, während wir in der Stellung zu Gott alle in der Einheit des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung unserem Gott gegenüber stehen sollten und schöpfen aus der heiligen Schrift, was wir zu unserem Dienste bedürfen. Die Gemeinde ist ein Organismus, indem alle Glieder ineinander greifen, zusammenarbeiten, eins dem anderen Handreichung tuend. Jeder hat da seine besondere Aufgabe. Der Fuss hat eine andere Aufgabe als die Hand, aber alles muss unter dem Kommando des Hauptes stehen.
Vom Herzen aus ergiesst sich das Blut in alle Gefässe des Leibes und zwar in jedes Gefäss der Anteil des Blutes, der ihm nötig ist. Jedes Glied erfüllt dann unter der Leitung des Hauptes die Aufgabe, die er im Leibe hat, ohne scheel zu sehen, ob die anderen Glieder ihre Aufgabe erfüllen oder nicht. Die Gaben sind verschieden; genauso sind es auch die Aufgaben. Es kommt nicht darauf an, wie viel jedem anvertraut ist, sondern dass jeder treu ist in dem, wozu er berufen ist, einer den anderen stützend. Durch treue Erfüllung seiner Aufgabe, helfen wir dem Nächsten die seine zu erfüllen.
XXXVI. Der Glieder Tätigkeit
Vers 4-6: „Denn gleicherweise, wie wir an einem Leibe viele Glieder haben, aber alle Glieder nicht einerlei Geschäft haben, also sind wir viele ein Leib in Christo, aber untereinander ist jeder des andern Glied und haben mancherlei Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist.“
Ein Leib hat viele Glieder, aber jedes Glied hat seine besondere Verrichtung in der Mannigfaltigkeit, die kaum zu ergründen ist, tief hinein ins Gebiet der Nerven und Muskeln. An alle diese Dinge, sind wir so gewöhnt, dass wir uns nicht mehr daran aufhalten und ganz vergessen, dass alles göttlichen Ursprungs und göttlicher Schöpfung ist und doch Gott es uns anvertraut hat, damit es anderen zu Gute komme im fortwährenden Austausch, anderen dienend und dankbar aufnehmend, was sie uns bringen, nichts verachtend von dem, was Gott durch andere auf unseren Weg gelegt hat und tagtäglich auf unseren Weg legt.
Wir brauchen die anderen und dürfen niemals denken, der heilige Geist lehrt uns alles direkt. Er teilt uns durch das, was andere uns bieten, Kraft mit. Es ist, wie gesagt, ein wunderbarer Austausch. Während ich rede, bewegen sich meine Lippen, ohne dass ich mir dessen bewusst bin. Ich denke an das, was ich zu sagen habe und so bewegt sich alles andere organisch. Alles stellt sich dem Haupte zur Verfügung und es werden, wenn wir richtig stehen, die Glieder zum Dienste der anderen gebraucht. Wie unsere Glieder dem Leibe dienen müssen, so dienen wir den anderen; wir dienen mit unseren Gliedern dem Aufbau des Leibes, der Gemeinde, ganz abgesehen von den äusseren Berufsständen, in den Linien der göttlichen Vorsehung, nicht nach eigener Wahl sondern nach dem vorhandenen Bedürfnis.
Mein Haupt reagiert und wenn ein Glied müde ist, so wird ein anderes zu Hilfe gerufen und leistet Hilfe ohne Widerstand. Nun geht der Apostel auf die verschiedenen Gaben ein, bei denen ihm vor allem der gemeinsame Gottesdienst vorschwebt oder das Verhältnis der einzelnen Kinder Gottes zueinander. Das steht im Zentrum, das Übrige folgt. Die verborgensten Glieder sind die wichtigsten. So gibt es in der Gemeinde Priesterdienst, der sich in aller Stille vollzieht und wichtig ist für das Ganze.
Jedes einzelne Glied muss vom Haupte geleitet werden, dann gibt es auch keine Unordnung, Eifersucht, Konkurrenz, keinen Zwiespalt. Alles greift ineinander unter der Oberleitung des Hauptes, das im Himmel ist. Wir sind ein Leib in Christo. In einem Leibe bekriegt nie ein Glied das andere, sondern jedes Glied hat seine besonderen Gnadengaben.
Vers 7-10. Der Apostel nennt nun die verschiedenen Dienstleistungen im Leibe Christi. Der eine hat Prophetie, das ist geistgewirkte Lehre in den Linien der Schrift nach dem Masse des Glaubens. Es kann auch sein, dass man zukünftiges voraussagt; das ist hier aber noch nicht gemeint, denn es heisst „nach dem Masse des Glaubens.“ Der Weissagende gibt einfach wieder, was ihm anvertraut ist. Lasst uns unseren Dienst tun in der Stille, ohne viel Wesens daraus zu machen.
Wer weissagt, der ermahnt, tröstet, bessert, baut auf. Das ist dann aber eine bessere Auferbauung als Erbauung, bei der nur das Gefühl angeregt wird. Auferbauung ist etwas anderes als blosse Erbauung. Durch brüderliche Auferbauung, sollen wir tiefer eingesenkt werden in den Leib und inniger verbunden werden mit den Gliedern des Leibes.
Glieder warten aufeinander und machen einander Raum. Da hat, wie gesagt, jedes Glied an seinem Ort seine Aufgabe und die der Aufgabe entsprechende Gabe nach der Gnade Gottes. Zuerst erwähnt der Apostel hier die Weissagung, Darunter ist nicht nur das Vorhersagen der Zukunft zu verstehen, Allerdings hat der wahre Prophet Blicke in die Zukunft, aber er dient vor allem dem Nächsten zu seiner Auerbauung in den Linien des Glaubens.
Danach die äusseren Dienstleistungen. Diakone haben Dienste in der Gemeinde und neben ihnen hat jedes einzelne Glied seinen besonderen Dienst. Die Lehrer haben eine besondere Verantwortung. „Es unterwinde sich nicht jedermann Lehrer zu sein,“ schreibt Jakobus. Auch das Lehren muss in den Linien der Schrift und des Glaubens geschehen und es darf kein eigener Geist hineinkommen. „Ermahnt jemand, so warte er des Ermahnens.“ Auch im Ermahnen muss man vom Geiste Gottes geleitet werden, wenn es rechter Art sein soll.
„Gibt jemand, so gebe er einfältiglich.“ Lass die linke Hand nicht wissen, was die rechte tut. Tu dir auch nie etwas zugute darauf, wenn du mitteilen darfst, was dir Gott anvertraut hat, tu es mit Fleiss. als ein von Gott dir anvertrauten Dienst. Alles Selbstbewusstsein, alle Selbstbespiegelung muss ausgeschaltet sein, man darf sich nichts darauf einbilden, wie viel man in den Gotteskasten tut. Das Mitteilen muss in Aufrichtigkeit geschehen. „Regiert jemand, so sei er sorgfältig,“ so tue er es mit Fleiss. Ein Vorsteheramt ist ein verantwortliches Amt.
„Wer Barmherzigkeit übt,“ sei es, dass er ein Almosen, eine Geldgabe gibt oder dem Nächsten etwas von seiner Zeit opfert, der tue es nicht, als etwas Lästiges, dessen er gern so schnell als möglich los wäre, sondern „der tue es gerne“, mit Freudigkeit. Es ist grosse Gnade anderen eine Handreichung tun zu dürfen.
Alle Dienstleistungen, die wir dem Nächsten tun, muss eine ungeheuchelte Liebe zugrunde liegen, nichts gemachtes, sondern lautere, reine, aus der Tiefe hervorquellende Liebe, aus einem vom Geist erfüllten Herzen kommend. Die Liebe Gottes ist nicht nur die Liebe zu Gott, sondern es ist die Liebe mit der Gott liebt, im Gegensatz zur fleischlichen, seelischen Liebe und diese Liebe, mit der Gott liebt, hat er ausgegossen in seine Kinder durch den heiligen Geist. Die erste Frucht des Geistes ist Liebe und Geistesmenschen, können nicht anders als lieben. Die Liebe kommt erst da zum Stocken, wo der heilige Geist betrübt worden ist. Es handelt sich hier nicht um Gefühl sondern um die Liebe, die Opfer bringen kann, die nicht das Ihre sucht, sondern das, was des andern ist. Von Herzen soll die Liebe sein.
Ferner sollen wir nicht darauf warten, dass der andere uns mit Ehrerbietung zuvorkomme, sondern wir sollen ihm zuvorkommen. Wie unser Herr und Heiland sich tief erniedrig hat, um zu uns herabzusteigen, sollen auch wir heruntersteigen von aller Höhe und im Lichte es Herrn erkennen, wie viel herrlicher es ist, anderen Ehrerbietung zu geben, als sie für uns selbst zu suchen.
Vers 11: „Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt; seid brennend im Geist, schicket euch in die Zeit.“ Für kurze Zeit, kann sich jeder anstrengen, aber andauernd fleissig zu sein, ist noch etwas anderes. Es kann auch hie und da jemand brennend und sein im Geiste, aber hier gilt es, brennend zu sein im Geiste Gottes. Es soll sein Feuer in uns sein, ein Feuer, das durch nichts und niemand gedämpft werden kann. Mancher hat eine brennende Liebe zu diesem oder jenem und solche seelische Liebe kann sich unter Umständen in Hass verwandeln, wenn man sich getäuscht sieht, nachdem man alle möglichen Opfer gebracht hatte.
Dienen wir dem Herrn, stehen wir dem Herrn zur Verfügung, aber nicht der Launen der Menschen. Was wir tun, tun wir dem Herrn. Kein Glas Wasser, das wir dem Nächsten gereicht haben, soll uns unbelohnt bleiben. Lerne wir alles vor und in Ihm zu tun, so werden wir auch alle Prüfungen und Proben, die uns sonst schwer belasten und bedrücken könnten, siegreich durchmachen.
Vers 9: „Hasset das Böse, hanget dem Guten an.“ Wir sollen einen Widerwillen haben gegen alles, was nicht göttlich, nicht gut, nicht rein ist und da kann es da und dort durch viel Kampf hindurch gehen, namentlich in einer Gemeinde, die nicht auf Geistesboden steht; denn die alten Wurzeln sind nicht mit einem Male abgestossen, abgefallen.
Wie leicht kann sich da noch ein gewisser Zug von Augenlust, Fleischeslust und Stolz im Herzen finden, aber es muss zu so einem verabscheuen des Bösen kommen, dass es unserem ganzen Wesen zuwider ist, in irgend einer Form zu sündigen. Wenn man etwas verabscheut, so wendet man sich davon ab. Man schlägt sich nicht damit herum, sondern blickt auf den Herrn, klammert sich in der Stunde der Versuchung an ihn an, bis der alte Reiz der Sünde geschwunden ist und wir davon gelöst sind.
Um vom Bösen los zu sein, müssen wir in der Bruderliebe herzlich sein. Wo die Bruderliebe zu jedem Bruder und jeder Schwester herzlich ist, kann Böses nicht aufkommen. Erkaltet die Liebe oder wird sie parteiisch, so leidet das innere Leben darunter. „Wartet in Ehrerbietung einer dem anderen vorangehend“, Nicht heisst es hier wie im Korintherbrief: „Wartet aufeinander!“ In Bezug auf die Ehrerbietung sollen wir dem anderen mit gutem Bespiel voran gehen, anstatt zu warten, dass er den Anfang mache.
XXXVII. Des Geistes Früchte
Vers 11: „Im Fleisse nicht säumig.“ Gibt Gott uns eine Aufgabe, dann gilt es unsere ganze Kraft einzusetzen und nichts verschleppen wozu heute Zeit und Kraft vorhanden ist, sonst häufen sich die Aufgaben und man kommt unter Druck. Ferner sollen wir keine schläfrigen Kinder Gottes sein, sondern brennend im Geist, dem Herrn dienend. Wer einem hohen Herrn dient, wird auch seine ganze Kraft einsetzen und es so tun, wie letzterer es haben will, besonders in Kampfeszeiten und das Leben ist ja immer Kampfeszeit, aber mit der grossen Aussicht auf die Wiederkunft des Herrn.
So trostlos es zur Stunde bei uns auch sein mag, sollen wir dennoch fröhlich und hoffnungsfreudig in die Zukunft sehen. Haben wir doch eine Hoffnung, die unbeweglich ist, nicht die allgemeine Hoffnung auf bessere Zeiten, die früher oder später kommen werden und derer man sich tröstet in gegenwärtiger, schwerer Zeit.
Das Kommen des Herrn, das ist der grosse Ausblick und das grosse Licht, das der Gemeinde leuchtet durch alle Wandlungen des Erdenlebens und durch alle Gestaltungen des Völker und Familienlebens hindurch, die Hoffnung dass durch alles hindurch dem Herrn Bahn gemacht wird und wir zubereitet werden für die Herrlichkeit, Kinder Gottes bleiben nicht stehen bei dem, was die nächste Sunde oder der nächste Tag oder der nächste Monat bringen mag und hoffen lässt. Das sind meist trügerische Hoffnung. Der morgige Tag kann sich ganz anders gestalten, als wir gedacht haben, aber die Hoffnung auf die Wiederkunft trügt nicht.
Vers 12: „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet an im Gebet.“ Es gilt auszuharren, drunter zu bleiben, nicht davonlaufen sondern auszuharren in der Trübsal, damit wir nicht durch dieselbe geschwächt werden, sondern gereinigt, freudig, siegreich aus ihr hervorgehen. Dazu gehört, dass man nicht nachlässt im Gebet wird, sonst weicht die Geduld. Wir müssen immer wieder Ausdauer und Spannkraft holen im Heiligtum.
Gott weiss, was wir bedürfen. Er weiss alles und anstatt nachzulassen und zusammen zu brechen, wollen wir uns im Gegenteil aufraffen - und wie? Indem wir nicht stehen bleiben bei dem, was wir durch zu machen haben, sondern bei den Nöten der Heiligen. Nichts erleichtert uns so gründlich die eigene Last, als wenn wir von Herzen etwas von der Last der anderen auf uns nehmen. Durch diese Zutat wird unsere Last erleichtert und unsere Kraft erneuert.
Verschliesst euch nicht mutlos und selbstständig in euren eigenen Schmerz, sondern befleissigt euch der Gastfreundschaft, schiebt die Gäste nicht anderen zu, sondern tut selbst, was ihr könnt.
In der Trübsal fröhlich sein, kann nur einer, der einen Ausblick auf die Herrlichkeit und darin wird man erhalten, gestärkt, gegründet durchs Gebet. Wenn wir anhalten im Gebet, bekommt der Geist Gottes Raum, und um selbst zu wachsen, durch zu kommen, zu überwinden, müssen wir ein Herz haben für die Leiden anderer. Der natürliche Mensch sagt: „Lass mich in Ruhe; ich habe es schwer genug, ohne das du mich auch noch belastest.“ Es gibt Lasten, die uns an das Herz unseres Heilandes emporheben in Glaube, Liebe und Hoffnung. Anteil nehmen an den Nöten der Heiligen gibt uns neue Spannkraft zum Tragen der eigenen Lasten.
Vers 13: „Herberget gerne.“ Wir lassen uns den Hoffnungsblick nicht verdunkeln, so dunkel es um uns her sein mag. Bringen wir immer wieder alles was uns belasten könnte unserem Gott und schöpfen wir bei Ihm neue Kraft zum Ausharren, zur Stärkung, Erquickung, Erneuerung des inneren Menschen in mitten aller Reibungen und Übungen, die das Leben mit sich bringt.
Vers 14: „Segnet, die euch verfolgen; segnet und fluchet nicht,“ und Vers 15: „ Freuet euch mit den Fröhlichen und weinet mit den Weinenden.“ Die uns verfolgenden müssen auch noch zu unserer Zubereitung dienen. Durch ihre Verfolgungen treiben uns noch näher an das Herz unseres Heilandes, an den heimischen Herd - dahin, wo wir zu hause sind, unter die Deckung unseres Herrn. Geborgen in Ihm können wir segnen, die uns verfolgen, anstatt ihnen zu fluchen. Oh, was für eine herrliche, adelige Stellung!
Es ist Geistesadel, denen dienen zu dürfen, die uns wehe tun, nicht aufzugeben im eigenen Schmerz oder in der eigenen Freude, sondern eine Herz zu haben für das Wohl und Wehe der anderen. Alles, was uns aus uns selber heraushebt, ist Hilfe, Gnade, Ehre, und bereitet uns zu zur Herrlichkeit, für das Reich der Liebe, bringt uns unserem Gott näher; denn Gott ist Liebe und durch Übung der Liebe, kommen wir Gott näher und werden reichlich belohnt für die Kosten, die solche Übung der Liebe mit sich bringt.
Wahr sein, sollen wir unserem Nächsten gegenüber, aber wahr sein in Liebe. Dazu bedarf es der Weisheit und Demut; darum heisst es weiter, Vers 16: „Habt einerlei Sinn untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch herunter zu den Geringen.“ Je näher wir Gott kommen, desto ärmer werden wir in uns selbst - aus Seiner Weisheit schöpfend, verlernen wir es, uns für weise und klug zu halten. Hochmut und Liebe schliessen einander aus. Wollen wir gleich gesinnt sein mit anderen, so dürfen wir nicht den Kopf hoch tragen und etwas erreichen wollen. Das Höchste, was man erreichen kann, ist herunter zu steigen zu den Niedrigen, anstatt eine hohe Meinung von sich selbst zu haben.
Vers 17: „ Haltet euch nicht selbst für klug. Vergeltet nicht Böses mit Bösem. Befleissiget euch der Ehrbarkeit zu jedermann.“ Seid jedermann gegenüber auf das Gute bedacht. Soviel an euch liegt, habt mit allen Menschen Frieden.„ Sich zu den Niedrigen herunter zu halten, können nur solche, die den Geist Jesu Christi haben, der aus unaussprechlicher Höhe hernieder gestiegen ist in Knechtsgestalt, sich selbst entäusserte, es nicht als einen Raub ansah, Gott gleich zu sein und dies krampfhaft festhielt, sondern der sich freiwillig erniedrigte, damit wir nicht in Höhenwahn verloren gingen.
Gott gibt uns Seine guten, heiligen Geist, damit wir uns herunter halten können zu den Geringen. Da kommt uns dann nie wieder in den Sinn, den anderen den Kopf zu waschen, sondern wir waschen den anderen die Füsse. Um die Füsse waschen zu können, muss man niederknien und das ist nicht bequem. Anderen zu dienen ist nicht bequem für das Fleisch, aber es adelt uns, bringt und führt uns dem Geiste Christi näher und auch näher dem Geiste des Apostels, der sahen konnte,: „Wir aber haben Christi Sinn.“ Da lässt man sich mehr in Höhenwahn bringen. Es gibt Leute, die sich immer einbilden, sie seien zu besonders hohem berufen und die darüber die einfachsten Liebesdienste vernachlässigen. Der Herr Jesus hat Seinen Jüngern die Füsse gewaschen, das ist Adel. Er hat sogar dem Judas die Füsse gewaschen, als letzten Appell an den Verräter.
„Vergeltet niemand Böses mit Bösem…“ Das Böse ist vielleicht gar nicht so schlimm gemeint; jedenfalls haben wir uns dabei nicht aufzuhalten. Betet für einander und rächet euch mit der einzig erlaubten Rache, feurige Kohlen auf das Haupt derer zu sammeln, die euch Böses getan haben. Unsere Rache besteht darin, dass wir ihnen das Böse mit Gutem und mit Liebe vergelten. Seid bedacht auf das, was ehrbar ist, anderen kein Ärgernis zu geben, weder den Schwachen noch den Starken. Habt auch ein Augenmerk darauf gerichtet, dass ihr mit allen Menschen, den Näher- und den Fernerstehenden - Hausgenossen oder solchen, die nur zeitweilig mit euch zusammenkommen in Frieden lebt. Mit allen ist das nicht möglich. Ein beiderseitiges Friedensverhältnis aufrecht zu erhalten, ist nicht mit allen möglich, darum heisst es: „Soviel an euch ist, habt mit allen Menschen Frieden.“ Traget Sorge, dass wenigstens durch euch der Friede nicht gestört wird. Kommt die Störung von anderer Seite, so betet füreinander und überwindet durch Liebe. Wartet! Auf dem Boden der Liebe und des Friedens muss man auch warten können. Von Rache kann da keine Rede sein.
Vers 19: “ Rächet euch selbst nicht, meine Lieben, sondern gebet Raum dem Zorn..„; denn es steht geschrieben: „Mein ist die Rache, spricht der Herr.“ Sich selbst zu rächen, liegt tief im menschlichen Herzen. Wer sich nicht selber zu rächen versteht, gilt für einen Feigling, eine Memme. Man kann schon unter den Kindern, besonders unter den Knaben die Rede hören: „Lass dir nichts gefallen,“ und einer, der sich alles gefallen lässt, wird verachtet! Und doch hat es keinen Herrlicheren gegeben als den Einen, der sich alles hat gefallen lassen.
Es bedarf grösserer Kraft zum Stillebleiben und sich alles gefallen zu lassen als zu dem sich Rächen. Sich zu rächen, fällt dem natürlichen Menschen nicht schwer; sich alles gefallen zu lassen, vermag man aber nur durch den Geist Christi. Wer aus Ihm gezeugt ist, hat Lammessinn, kann dulden und leiden, ohne den Mund aufzutun.
„Gebet Raum dem Zorn.“ Das kann man verschiedentlich verstehen. Wenn der Zorn aufsteigen will, soll man sich ihm nicht hingeben. Ist aber hier beigefügt: „Die Rache ist mein, ich will vergelten, spricht der Herr,“ so soll das heissen, dass wir dem Herrn die Rache überlassen sollen. Wir haben anderes zu tun, als uns dem Zorn hinzugeben. Wir tun das Gegenteil. Haben wir irgend einen Feind, so kann uns der Herr keine grössere Gnade erweisen, als uns denselbigen auszuliefern, nicht damit wir ihn umbringen, wie die Leute dem König David rieten, als er dazumal in der Höhle mit Saul zusammentraf. David hat sich entschieden dessen geweigert und die Sache seinem Gott überlassen. „Ich will vergelten, spricht der Herr.“
Lassen wir uns von niemand und durch nichts versuchen, die Rache und das Racheüben in die eigene Hand zu nehmen. Es ist eine süsse, herrliche Rache, wenn der Herr uns einen Feind ausliefert, der unserer Hilfe bedarf. Nichts wird ihm schwerer fallen, als gerade aus unserer Hand Hilfe anzunehmen müssen. Wir sammeln feurige Kohlen auf sein Haupt, indem wir ihm Hilfe leisten. Feurige Kohlen auf sein Haupt gehäuft zu bekommen, ist keine Kleinigkeit. Das brennt tief ins Herz hinein. Hat man sich gegen einen Menschen verfehlt, so nimmt man nicht gern eine Wohltat von ihm an.
„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Das Gute hat mehr Macht, als das Böse. Nachdem der Herr am Kreuze unsere Sünden getilgt und uns auf den Boden der Gnade gestellt hat, hat Er uns auch Überwindergnade gegeben, so dass wir Macht haben, Böses mit Gutem zu vergelten.