Stockmayer, Otto - Das Geheimnis des Herrn
Das Geheimnis des Herrn ist mit denen, die Ihn fürchten
1. Mo. 18, 16-33
Wollen wir zwischen der ersten und zweiten Hälfte von Kapitel 18 einen Zusammenhang heraus finden, so ist es dieser: In der ersten Hälfte tritt uns der Durchbruch des Glauben durch Zweifel jeglicher Art entgegen, in der zweiten Hälfte aber der Sieg der Liebe. Das sind die grossen heiligen Linien, welche sich durch das ganze Wort Gottes ziehen, dass wir dazu bestimmt sind, ein königliches Priestervolk zu werden – Könige welche herrschen und Priester welche lieben – Leute die den Unglauben, den Zweifel und die Sünde unter ihren Füssen haben durch Glaubensgehorsam und Glaubenshingabe mit Gott verbunden sind, sich beugend unter jedes Gotteswort. Dadurch, dass der Glaube siegreich durchbricht, wird der Liebe zum Durchbruch verholfen. Glaube ist nicht das letzte Wort. Ein Glaubensleben muss sich offenbaren durch Früchte der Liebe nach rechts und links, im engeren und weiterem Kreise. Nachdem Gott den Unglauben Sarahs und Abrahams überwunden hat, handelt es sich darum, dass auch dem Lot geholfen wird und es soll so geschehen, soweit es in der Macht eines Menschen liegt für ihn in der Fürbitte zu tun. Er ist gerettet worden, aber mit knapper Not. Nicht ohne Schaden lebt man mit Gottlosen, weil man meint, man könne von der Fruchtbarkeit ihrer Länder profitieren, das schwächt. Kommt man nicht ganz vom Glauben ab, so werden doch die Glaubensflügel gelähmt durch das was rings umher vor sich geht. Wenn wir um der Spekulation und um irdischer Interessen willen unsere Wohnstätte in mitten Gottloser aufschlagen, so kann das schlimme Folgen für unser Glaubensleben haben. Da geht es nicht aufwärts, sondern abwärts – da kommt es schliesslich dazu, dass ein Lot in einer Höhle endet, anstatt dass er reiche Glaubensfrucht brächte.
Außerdem tritt uns in diesem Abschnitt gleich von Anfang an entgegen, dass Gott nicht allein regiert, sondern die Seinen, Anteil nehmen lässt.
Ab Vers 16 lesen wir: Da standen die Männer auf und gingen nach Sodom und Abraham geleitete sie. Da sprach der Herr: Wie kann ich Abraham verbergen, was ich vorhabe zu tun?„ Abraham war mit den Männern gegangen, als sie aufbrachen, er ließ seinen Gott nicht los.
Es kann viel, sehr viel davon abhängen, dass wir unsere Begegnungen mit dem Herrn nicht zu schnell abbrechen – dass wir nicht, solange Gott uns noch Raum lässt, solange Er nicht aufbricht, meinen wir hätten jetzt keine Zeit mehr und müssten andere Dinge erledigen, als unserem Gott alle Zeit zu lassen, die Er bereit ist uns zu lassen, die Er uns schenken will. Viel, viel mehr als wir ahnen, kommt darauf an, dass wir alles liegen und stehen lassen, wenn Gott will, dass wir vor Ihm bleiben. In 1. Mo. 18,22 heisst es: „Und Abraham blieb stehen vor dem Herrn.“
Wir nennen Abraham den Vater der Gläubigen und bei ihm sind Glaube, Hoffnung und Liebe beieinander. Bei ihm findet sich Glaube an die Liebe Gottes für seine eigene Person und Glaube an die Liebe für Andere. Er tritt für seine Mitmenschen ein bis aufs Äußerste und Gott hat in Ihm einen Mann gefunden, der ein Wort mitzusprechen hat in seinem Regiment, Seinen Führungen in Gerechtigkeit und Erbarmen. Was ihn jetzt veranlasst vor Gott stehen zu bleiben das ist der Gedanke an Sodom und wahrscheinlich in erster Linie der Gedanke an seinen Neffen. Wir erinnern uns ja wie Lot, der noch nicht gelernt hatte, vor seinem Gott stehen zu bleiben und seinem Onkel die Wahl zu überlassen.
Der Glaube blickt nicht in die horizontale Richtung, sondern aufwärts und wartet ab, was Gott ihm zeigt, denn mit dem, was vor Augen ist, kann man nicht rechnen.
Von David heisst es einmal, er setzte sich und wartete. Es gibt auch Gebete, die man sitzend verrichtet. Was Gott dem David eröffnet hatte, war so wunderbar und herrlich, dass David sitzend dabei verweilen musste. Viele Christen können heut zu tage nicht mehr still sitzen oder stille stehen vor dem Herrn. Dann bekommt der Herr ihre Wege nicht in seine Hand und sie werden keinen Segen für Andere. Abraham war in der richtigen Stellung um ein grosser Segen für seine Mitmenschen werden zu können. Es gibt Zeiten, da wir noch für unsere Mitmenschen in der Fürbitte einstehen können.
So wollen wir denn wirken, solange es Tag ist, denn es kommt die Nacht, wo niemand wirken kann.
Wir wollen stillestehen, vor dem Herrn und vor Ihm niedersitzen, solange der Weg zum Gnadenthron noch möglich ist und der Herr noch Gnade übt an einem verlorenem Geschlecht.
Welches sind die Bedingungen, um vor dem Herrn stehen zu können. Nur Erlöste können dies. Alle Anderen werden herumgetrieben – der eine von der Lust, der Andere von Furcht – kurz von Dingen, an die sie sich gewöhnt haben – darum können sie nicht stehen vor dem Herrn. Es liegt enorm viel in dem Wort „herumgetrieben“ Der Teufel ist ein Treiber und treibt die Leute herum. Die Menschen sind von allem möglichem herumgetrieben: Von Neid, von Lust, vom Temperament, ihren Eindrücken und Stimmungen, wie sollen sie dann stehen können vor dem Herrn. Sie haben ja gar keine Zeit, sich mit der Not anderer zu beschäftigen und ihre Herzen zu öffnen. Die Welt reift immer mehr fürs Gericht. Da sucht der Herr Gelöste, die in Glauben, Liebe und Hoffnung vor Ihm stehen und in den Riss treten. In einem der Propheten heisst es einmal, dass Gott niemand gefunden hat, der in den Riss gestanden wäre. Der Herr gebraucht nicht solche, die zwar äusserlich gelöst sind, aber dann ihre Zeit vertändeln, sondern Solche, die trotz dringender Arbeit, sich von der Fürbitte nicht abhalten lassen. Die nie vergessen, dass man die eigenen Lasten nie besser trägt, als wenn man die Lasten Anderer noch hinzu nimmt. Von Sorge und Lust Erlöste sind tüchtig für den Dienst im Heiligtum und sind dann auch jederzeit bereit, den Herrn mit sich reden zu lassen und mit Ihm zu reden, sobald er redet.
Gelöst aber wird man durch das Blut des Lammes. In Offb. 1,4+5 heisst es: „Gnade und Friede…von Jesus Christus dem treuen Zeugen, der uns geliebt und uns gewaschen hat von unseren Sünden mit seinem Blut.“ Es kann auch heissen: gelöst. Der Herr kennt kein Waschen, das nicht zugleich auch ein Lösen wäre. Das Blut Jesu Christi wäscht uns in einer Weise, wenn wir ihm stille halten und ihn auf den Grund gehen lassen, dass die alten Flecken nicht wiederkommen, dass nicht nach einiger Zeit das Alte wieder zu Vorschein kommt, wie das bei Kleidern der Fall ist, die nicht gründlich genug gereinigt wurden. „Der uns gelöst hat von unseren Sünden durch sein Blut. Der uns losgekauft und frei gemacht hat dem Erdmagnetismus der Erde, damit der Himmelsmagnetismus Anziehung gewinne über den Erdmagnetismus. Das Blut Jesu Christi löst von allem, was andere umhertreibt, sodass sie nicht stillsitzen und stehen können. Es löst sowohl von der sklavischen Furcht vor den Menschen, sowie von dem Leichtsinn, der Gott nicht fürchtet.
Der uns geliebt hat und uns nach gründlicher Waschung und Lösung wieder mit Gott vereinigt, sodass wir Gottes Sinn haben und nach seinem eigenen Sinn ihm entgegen treten und Fürbitte einlegen können, für solche, die dem Untergang verfallen sind, wenn nicht jemand für sie in den Riss steht.
Abraham bleibt stehen und wird kühner und immer kühner. Erst nachdem er wegen 10 Gerechten gebetet hatte, ging der Herr weg. Es kommt einmal die Zeit, wo ein Einstehen nicht mehr möglich sein wird, wo kein Gebet mehr durchdringt. Kaufen wir deshalb treu die Zeit aus, um unsere Seligkeit zu schaffen mit Furcht und Zittern!
Es ist so, wie der Herr zögerte: Wie kann ich Abraham verbergen, was ich tun will? Weil er ja ein grosses und mächtiges Volk werden soll. Es ist gar kein Zweifel, dass Gott seine Leute zu Mitregenten erzieht. Mitregenten dessen zu sein, der die Liebe ist, das heisst Retterdienste tun und es gibt gar keinen durchschlagenden Retterdienst als priesterliches Eintreten für Andere. Anderen wird am wirksamsten dadurch geholfen, dass wir ihre Lasten und Gerichte auf uns nehmen und sie vor Gott bringen. Bei Ihm ist Raum, uns würden diese Lasten erdrücken, aber vor seinem Thron können wir sie niederlegen. Dort ist allezeit die gleiche Bereitwilligkeit und Geduld, uns anzuhören, wenn wir auch immer wieder mit denselben Dingen zu Ihm kommen.
„Und die Männer wandten ihr Angesicht und gingen Richtung Sodom, aber Abraham bleib stehen vor dem Herrn.“ Das sind zwei ganz verschiedene Stellungen, die der Menschen und die der Engel. Der Mensch steht hoch über den Engeln, wie wir aus dem Hebräerbrief sehen. Die Engel erfüllen Gottes Befehle als Diener, ohne sich eine Frage oder Widerrede zu erlauben, aber mit seinen Heiligen rechnet Gott. „Abraham aber sprach willst du den Gerechten mit den Gottlosen töten?“ Je kühner er wird, wie weiter er geht umso mehr fühlt er auch den Abstand zwischen sich und Gott und das muss immer nebeneinander hergehen. Einerseits heisst es: Näher mein Gott zu dir und andererseits wird man sich immer mehr der tiefen Herablassung bewusst, welche seitens von Gott darin liegt, dass er uns erlaubt, Ihm näher und immer näher zu treten. In dieser Stellung tiefer Herzensbeugung und zugleich heiliger Klugheit bekommt Abraham Macht, weiter und weiter zu gehen.
„Ich habe mich unterwunden, mit dem Herrn zu reden“, sagt er. Das dürfen wir nie vergessen: Wir sind Staub und Asche. Je höher der Dienst ist, den wir zu tun haben, umso tiefer müssen wir uns bewusst sein, dass wir Staub und Asche sind. Wir sind gefallenen Geschöpfe und haben als solche kein Recht, Gott in den Arm fallen zu wollen, als verstehe er nicht zu regieren. Es müssen uns in tiefer Beugung die Augen aufgehen über unsere herrliche Berufung, priesterlich einstehen zu dürfen für Gefallene und Irrende. Ohne ungeduldig zu werden, gibt Gott also immer wieder nach, anstatt Abraham schliesslich den Mund zu stopfen. Zuletzt ist es – wie wir gesehen haben – Abraham selbst, der aufhört zu bitten. Ob er hätte weiter bitten dürfen, das ist eine Frage, die wir nicht untersuchen können. Oben ist gesagt, der Herr hätte abgebrochen.
Im weiteren Verlauf der Geschichte, sehen wir, dass Sodom wirklich reif war fürs Gericht und dass es auch mit den wenigen Gerechten, die dort zu finden waren eben nicht gut stand. Nicht ein einziger Sodomiter scheint durch Lot gerettet worden zu sein. Nicht einmal sein eigenes Weib kam schliesslich noch zurecht, wie Abrahams Weib, sondern sah zurück und wurde zur Salzsäule. Es hatte sich selbst auf Lot und seine Familie so viel vom Geiste der Sodomiter abgelagert, dass es in der Natur der Sache lag, dass Abraham nicht weitergehen konnte mit Bitten.