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Stiller, Erich - Psalm 23.

Stiller, Erich - Psalm 23.

Dieser überaus schöne, liebliche und trostreiche Psalm stellt Christum als Hirten dar.

Der Herr ist mein Hirte, beginnt David, und gibt dem Herrn einen Namen, der ihm in den Schriften der Propheten und Apostel vielfältig gegeben wird, und den Christus sich selber beilegt, indem er sagt: ich bin ein guter Hirte! Besonders rühmt es David, dass der Herr seinen Schafen keinen Mangel lasse an allem, was ihnen gut sei, und weist sie hin auf das, was im neuen Testamente von Christus gesagt wird, dass wir aus seiner Fülle schöpfen Gnade um Gnade, dass er seinen Schafen das ewige Leben und volle Genüge gebe; daher wir mit Paulus sagen mögen: Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein, welcher auch seines eigenen Sohnes nicht hat verschont, sondern ihn für uns Alle dahingegeben, wie sollt er uns mit ihm nicht Alles schenken? Und mit David: Herr, wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde, und wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch allezeit mein Trost und mein Teil. Wie ein guter Hirte seine Schafe nicht Hunger und Durst leiden lässt, sondern sie auf gute und gesunde Weide und zu frischen Wasserbächen führt, so sagt David, weide Christus die Seinigen auf der grünen Aue seines heilsamen Wortes und führe sie zum Heilbrunnen seines trostreichen Evangeliums; er führe sie die rechte Straße, auf den Weg rechter Lehre und Gottseligkeit, und lasse sie nicht auf Irrwege der falschen Lehre geraten; er verschaffe ihnen Sicherheit mit seinem Stecken und Stab, dass sie sich nicht fürchten dürfen in der Finsternis der Leiden und des Todes; er bereite ihnen einen Tisch, eine herrliche Mahlzeit mit seinem heiligen Worte, dass sie stark werden, ihre Feinde zu besiegen; er salbe sie mit dem Freudenöle seines Heiligen Geistes, dass sie bereit seien, um des Herrn Willen Alles zu seiden und freudig zu sterben; endlich versichert er, es werde seinen Gläubigen Gutes und Barmherzigkeit nachfolgen ihr Leben lang, und sie würden bleiben im Hause des Herrn immerdar.

Gutes und Barmherzigkeit ist uns nachgefolgt, liebe Brüder und Schwestern! bis auf den heutigen Tag; der gute Hirte hat uns herrlich geweidet und mit einer sichern Hürde umgeben, dass kein Feind uns schaden konnte. Wer ist glücklicher als ein Christ? Wer hat mehr Ursache sich zu freuen als eine gläubige Seele? Eine gläubige Seele ist der edle Vogel, der vorhin von dem Zornwetter Gottes aufgescheucht und geschreckt, nunmehr seine Ruhe in der Gnade Gottes, und in den Wunden Jesu gefunden hat! Sie ist der Gnade des Königs aller Könige, und des großen Gottes in Christo Jesu versichert; sie hat einen Schatz gefunden, nämlich das Blut Jesu Christi; sie hat ein Buch, das allenthalben mit der Liebe beschrieben ist, und in dem sie lauter Geist, Trost, Kraft, Weisheit, Licht und Leben findet, nämlich das süße Evangelium Jesu Christi und die Erkenntnis ihres Heils. Unsere Seele wird geleitet von dem sanften Hirtenstabe Christi; sie ist eine vermählte Braut des Sohnes Gottes und in der Gemeinschaft aller seiner Güter und Herrlichkeit; sie ist eines reichen Vaters liebstes Kind und eine Erbin des ganzen Himmels; sie ist mit dem Schmucke Christi geziert, und angetan mit dem Rocke der Gerechtigkeit und den Kleidern des Heils! Wenn aller Welt Trost, wie Hagars Flasche, ausgeleert ist, so haben wir eine edle Quelle, das Herz Christi, aus dem wir uns mit Freuden laben können! Wenn alle Welt uns verlässt, und kein Herz mehr für uns in Liebe und Treue schlägt, so haben wir an Christus einen Freund, der uns stets liebend und labend zur Seite steht, und auf den wir uns ganz und gar verlassen können; - und wenn die Schatten des Todes uns umgeben, wenn das Schiff des Lebens unterzusinken droht, - der gute Hirte steht am Ufer, er winkt der Seele mit seinem Hirtenstabe und ruft sie bei Namen; er ergreift sie im entscheidenden Augenblick; er geleitet sie sicher durch das finstere Tal, und führt sie in das Haus des Herrn, in dem sie bleiben wird immerdar!

Herr, mein Hirte!

ich freue mich und bin fröhlich in dir, und lobe deinen Namen! Ich freue mich in dem Herrn, und bin fröhlich in meinem Gott, denn er hat mich angezogen mit den Kleidern des Heils und hat mich mit dem Rocke der Gerechtigkeit bekleidet! Jauchze, du Tochter Zion! Rufe Israel! Freue dich und sei fröhlich von ganzem Herzen, du Tochter Jerusalem! denn der Herr hat deine Strafe hinweggenommen, und deine Feinde abgewendet; der Herr, der König Israels, ist bei dir, dass du dich vor keinem Unglücke mehr fürchten darfst! Der Herr, dein Hirte, ist ein Gerechter und ein Helfer!

Ach, dass nicht alle sich so freuen ihres guten Hirten, und so fröhlich sind in dem Herrn! Wisset ihr, liebe Christen, worin der Grund liegt? Sie hängen der Welt an, und freuen sich dieser! Wie töricht aber ist das! Die Welt kann uns nie geben, was uns Christus reichlich gibt. Versuche es nur einmal, du mächtige, stolze und reiche Welt, versuche es, was deine Macht und dein Reichtum vermag! Hier ist eine unruhige und betrübte Seele, hier ist ein armer Mensch, der von seinem aufgeregten Gewissen umgetrieben wird wie eine Kugel auf weitem Lande; nimm dich ihrer an, erfreue, tröste sie, und schaffe Friede und Ruhe; bringe herbei deinen Mammon, dein Silber und dein Gold, deinen Purpur und deine köstliche Leinwand; suche hervor alle Mittel, welche dir zur Ergötzlichkeit und Freude gewöhnlich dienen; schenke ein den edelsten Wein in schöngeschnittene Kristallene Gläser, oder in goldene Pokale; lasse hören die lieblichsten Töne; bestreue den Weg mit Blumen; gib reichen Vorrat in Allem; suche zusammen, was du vermagst, und schaffe Rat und Trost und Ruhe für solche betrübte Herzen! Will es aber nicht gehen, o so erkenne doch, lieber Mensch, dass die Welt der beste Freund nicht ist. Einen Freund erkennt man in der Not; in der größten Not aber, in der Seelen- und Todesnot, flieht die Welt! Nichts kann mehr geben, als er hat; der Diamant glänzt wohl und erfreut das Auge; - er hat aber keine Kraft, den Hunger oder Durst zu stillen; - das Brot stillt zwar den Hunger, aber nicht den Durst; das Geld erfreut das fleischliche Herz wohl in gesunden Tagen, in Krankheit aber, in Seelenanfechtung und Todesnot vermag es nichts! Christus aber, in welchem die Fülle der Gottheit wohnt, ist Alles und vermag Alles, er kann zu aller Zeit erfreuen und das Herz mit Friede, Ruhe und Trost beseligen.

O so lasst uns denn ferner aufmerksam auf seine Stimme hören und ihm folgen; denn der Herr spricht: Meine Schafe hören meine Stimme und folgen mir nach! Und warst du vielleicht zurückgeblieben, armes verirrtes Schaf, angelockt durch einen selbstgewählten, verführerischen Weideplatz, an dem der gute Hirte die Herde vorübertrieb? Freilich dein Zustand ist sehr traurig, aber verzweifle nicht! Hast du nur ein Verlangen nach dem Herrn, rufst du nur mit heilsbegierigem Herzen: Herr Jesu, erbarme dich mein! Siehe, da kommt schon der gute Hirte; er hat dir 99 Schafe in der Wüste gelassen, und ist hingegangen nach dem Verlorenen, bis er dich finde. Er freut sich deiner, wie ein Weib sich freut des wiedergefundenen Groschens; - freue auch du dich des Herrn und sei fröhlich und jauchze: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln, Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar!

Amen.

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autoren/s/stiller_erich/psalter/stiller_psalter_023.txt · Zuletzt geändert: von aj
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