Stiller, Erich - Psalm 18.
Wie die Überschrift sagt, ist das ein Psalm, den David zu der Zeit gemacht hat, da der Herr ihn errettet hatte von der Hand seiner Feinde, und namentlich von der Hand Sauls. Dieser Psalm enthält
Eine Ermunterung Gott zu lieben und zu loben, der der Gerechten Schutz ist.
Herzlich lieb hab ich dich, Herr meine Stärke, Herr mein Fels, meine Burg, mein Erretter, mein Gott, mein Hort, auf den ich traue, mein Schild und Horn meines Heils und mein Gott! So beginnt David, und hatte alle Ursache, den Herrn seinen Gott zu loben und zu lieben, da er so Großes an ihm getan, in seinen Leiden sich seiner angenommen, und aus der Hand seiner Feinde ihn errettet hatte. Die große Gefahr, in welcher er schwebte, schildert er in einem schönen Bilde und sagt: es umfingen mich des Todes Bande und die Bäche Belial, allerlei Leibes- und Seelen-Anfechtungen erschreckten mich; der Höllen Bande umfingen mich, und des Todes Stricke überwältigten mich, dass ich jeden Augenblick zu sterben meinte. David hatte viele und große Sorgen!
Und solche Sorgen sind immer noch in der Welt, nämlich allerlei Anliegen und Widerwärtigkeiten, welche das Herz beschweren, und viel Betrübnis und Nachdenken, verursachen. Diese Sorgen sind mit Angst und Traurigkeit vermischt, und machen der Seele viele Schmerzen und Unruhe. Ein Christ soll seine Augen stets fröhlich aufheben gen Himmel, und in kindlich-freudigem Vertrauen nur Liebes und Gutes von Oben erwarten; aber die Sorge macht es, dass der Mensch sein Haupt hängt, wie eine welke Blume; sie hängt ihm wie ein Bleigewicht am Herzen, und hält seine Andacht und seine Freudigkeit im Gebete nieder; sie ist dem Wintergrün gleich, das, sich um die Bäume schlingt, und denselben Saft und Kraft nimmt; sie ist wie ein Nebel, der den Wanderer blendet, dass er nicht um sich sehen kann. Manches Herz ist gleich einem niedrigen Tale, in das alle Wasser der Umgegend zusammenlaufen und ein wahrer Sammelplatz der Sorgen! Doch Heil uns! wenn auch alle Wetter uns umgeben, und die Bäche Belial uns umrauschen, - wir haben einen Gott, der da hilft! Der Herr ist unsere Stärke, unser Fels, unsere Burg, unser Erretter! Zu diesem Gott rief David, da ihm angst war, und Gott erhörte seine Stimme von seinem Tempel, und sein Geschrei kam vor ihn zu seinen Ohren.
Die Erde bebte, sagt David, und ward bewegt, und die Grundfeste der Berge regte sich; Dampf ging von seiner Nase und verzehrendes Feuer von seinem Munde, dass es davon blitzte; er neigte den Himmel und fuhr herab. David beschreibt hier ein Gewitter, das umso heftiger ist, je tiefer die Wolken gehen, und will hiermit nichts anderes, als Gottes augenscheinliche Hilfe zum Schrecken der Feinde darstellen, welche er dann noch weiter in herrlichen Bildern beschreibt. Wenn auch wir, liebe Christen, in allerlei Not und Gefahr zu diesem Herrn, unsern Gott, rufen, so wird er auch uns erhören, denn immer noch ist er der alte Gott. Er zeigte der weinenden und verschmachtenden Hagar einen Wasserbrunnen, aus dem sie sich und ihren Sohn laben konnte; er erweckte einen Joseph, als er von seinen Brüdern verraten und verkauft war, seines Herrn Gunst, - und als er durch die Verleumdung jenes unzüchtigen Weibes ins Gefängnis geraten war, die Gunst des Kerkermeisters; er schickte den Propheten Elias zu der Witwe zu Zarpath, als diese meinte, es sei nichts mehr übrig, als dass sie mit ihrem Sohne noch einmal sich satt esse und dann sterbe, er sandte den Propheten und mit ihm solchen Segen, dass das Mehl im Kade nimmer ausging und das Öl im Kruge; er hat gewiss auch manchem von Euch, oder euern Bekannten und Freunden geholfen, die nicht wussten, wo ein und aus, und so wird er ferner helfen!
O armes Menschenherz, lass den Glauben nicht sinken: der Herr ist unsere Stärke, unser Fels und Burg, und unser Erretter, unser Gott und Hort und Schutz! Ja Gott ist mein Gott, mein Herr und meine Hilfe, er denkt an mich, er sorgt für mich, er liebt mich! Von den Heiden sagt der Apostel, dass sie ohne Gott seien in der Welt, weil sie zwar wussten, dass ein Gott war, aber diesem Gotte nicht recht dienten und nicht recht verehrten; sie wussten nicht, wie sie ihn recht anrufen, und wie sie ihm vertrauen sollten; sind wir denn Heiden? Haben wir auch keinen Gott? Das sei ferne! Wir haben einen Gott, und zwar einen allmächtigen, liebreichen, gnädigen, weisen, allgegenwärtigen und getreuen Gott, der für uns sorgt und uns hilft! Wir haben einen Gott, der Himmel und Erde erschaffen und Alles bisher erhalten hat, was darinnen ist, sollte er denn uns allen versorgen können und wollen? oder sollte er unter so vielen Tausenden uns allein vergessen haben? Nein! es ist vor dem Herrn ein Denkzettel geschrieben für die, so ihn fürchten und an seinen Namen gedenken, - er hat ein Denkbuch, in welchem er aller Gläubigen Namen, Anliegen, Sorgen, Gebete, Seufzer und Tränen verzeichnet, - er wird uns erretten von unsern starken Feinden, er wird uns herausführen aus unserm Elende, und herausholen aus den Wassern der Trübsal. Bei den Heiligen ist Gott heilig, und bei den Frommen ist er fromm, und bei den Reinen ist er rein, und bei den Verkehrten ist er verkehrt, d. h. er wird in sich nicht geändert, wenn er auch die Frommen mit Leiden und Trübsal heimsucht, - er bleibt ewig, wie er ist; er hilft dem elenden Volke! lasst uns nur dafür sorgen, dass wir sagen können: Ich halte die Wege des Herrn und bin nicht gottlos, - ich weiche nicht frevelhaft von meinem Gotte, und seine Gebote werfe ich nicht von mir, sondern ich bin ohne Wandel vor ihm und hüte mich vor Sünden; denn die Gottseligkeit ist zu allen Dingen nütze, und nur sie hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens. Es sind gottlose Kinder, welche die Liebe ihrer Eltern gering achten, und für alle Güte und Treue durch Ungehorsam, Schmerz und Kummer bereiten; solche Kinder können nicht mit Vertrauen zu den Eltern treten, und um einen Beweis ihrer Liebe, um Hilfe und Errettung aus drohender Gefahr bitten. So wissen wir auch, dass Gott den Sünder nicht erhört, sondern so jemand gottesfürchtig ist und meidet das Böse, den erhört er. Darum ihr gläubigen Kinder Gottes, tragt Gott immer in euerm Herzen, und so oft ihr ihn im Gebete und sonst euern Vater nennt, so seufzt: behüte mich, mein Gott, dass ich nicht etwas tue, das dir zuwider ist, lehre mich tun nach deinem Wohlgefallen, dein guter Geist führe mich auf ebener Bahn! Und dann - ersticket den Dank nicht, der Gott gebührt, sondern lasst durch Gottes Güte euch antreiben, mit David von Herzensgrund ;u sagen: Ich will dir danken, Herr unter den Heiden, und deinen Namen lobsingen! Herzlich lieb habe ich dich, Herr meine Stärke, Herr mein Fels, meine Burg, mein Erretter, mein Gott, mein Hort, auf den ich traue, mein Schild und Horn meines Heils und mein Schutz! Wenn ich nur dich habe, dann frage ich nichts nach Himmel und nach Erde!
Amen.