Johann Friedrich Stark - Der Betrübte erwäget die Absicht Gottes im Kreuz.
Aufmunterung.
Ebr. 12, v.11
Alle Züchtigung, wenn sie da ist, dünket uns nicht Freude, sondern Traurigkeit zu seyn, aber darnach wird sie geben eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die dadurch geübet sind.
Wenn das Kind die Züchtigung empfindet, weint es, und meint, es geschehe ihm gar zu wehe; was ists dann Wunder, wenn Betrübte oftmals nichts wissen, wie sie sich in ihr Kreuz schiecken sollen? Ein Betrübter soll erwägen: 1) Gott will uns durchs Kreuz nicht ins Verderben bringen, sondern uns daraus erretten; wenn der Wundarzt in die Wunde schneidet, beißende Sachen auflegt, so will er sie heilen und säubern; und durch Trübsal will uns Gott abziehen von der Welt, und uns zu sich ziehen. 2) Sieht Gott, daß wir uns in irdische Dinge und Kreaturen verlieben, so nimmt er uns dieselben, daß wir ihn allein lieben sollen, und unsere Freude an ihm haben. Ja, wenn er sieht, daß wir durch die beständige Glückseligkeit, Ruhe und Wohlergehen sollten träg zum Gebet, und in unserem Christenthum nachläßig werden, so läßt er uns ein wenig bekümmert und betrübt werden, damit wir wiederum nach ihm verlangen, und in seiner Liebe und Erkenntniß zu wachsen trachten. Bei diesem Allem aber bleibt er ein gnädiger, allmächtiger, weiser und gütiger Gott, der uns herzlich liebt.
Gebet.
Mein Gott! der du mich in so große Traurigkeit und Betrübniß setzest, daß mein Herz geängstet, mein Mund voll Seufzen, und meine Augen voll Thränen sind, ach! ich weiß nicht, wo ich mich hinwenden soll. War ich nicht glückselig? Hatte ich nicht Ruhe? Woher kommt solche Unruhe? Ach mein Jammer ist groß! aber ich will darum nicht von dir fliehen, mein Hirte! hast du mich durch diesen harten Schlag niedergeschlagen, ach! so richte mich wieder auf mit deinem kräftigen Wort, damit ich möge erwägen, warum du mir dieses Elend zugeschickt hast. Ich weiß ganz gewiß, daß dieß Kreuz mich geetroffen nicht zu meinem Verderben, sondern da du mich in solchen traurigen Zustand setzst, willst du prüfen meine Liebe, ob ich dich auch sowohl in guten als in bösen Tagen lieben will? Du willst prüfen meinen Glauben, ob ich auch glaube, du seyest ein allmächtiger, weiser und barmherziger Gott, der mich aus diesem Elend erretten, und in demselben erhalten könne? Du willst prüfen meine Geduld, ob ich dir zu Ehren dieß Kreuz gerne tragen will? Du willst prüfen mein Vertrauen, ob ich dir über alles vertrauen, und auf dich, auf deine Gnade, Liebe und Barmherzigkeit bauen will? Du willst prüfen meine Hoffnung, ob ich hoffen will, wo nichts zu hoffen ist, und deinem Wort und Verheißungen Glauben beimessen will? Ja, mein gnädiger Gott und Vater! du willst mich dadurch von der Welt, ihren Lüsten, Sünden und Gewohnheiten abziehen, daß ich mich allein zu dir halten soll. Wohlan, mein lieber Gott! ich will so werden, wie du mich haben willst, ich will das tragen, was du mir auflegst, gieb mir deinen heiligen Geist, der mir dazu Kraft, Stärke und Vermögen mittheile. Ich will gern geduldig seyn, es währe, so lang es wolle. Ich will mich auch der Welt und weltlichen Gesellschaften entschlagen, und dir allein anhangen, daß ich ein Geist mir der werde; so wird dieses Kreuz mich reinigen, und meiner Seele nützlich seyn. Die Hülfe wird schon anbrechen zu rechter Zeit. Gott wird mich nicht verlassen, ob ich verlassen bin, in Gott will ich mich fassen; mein Herz, Gemüth und Sinn, so treulich an ihn halten, und ihm vertrauen fest, und den nur lassen walten, der mich niemals verläßt, Amen.
Gesang.
Mel. Wer nur den lieben Gott läßt walten.
Ich gebe mich in Gottes Willen, wenn Kreuz und Trübsal mich anficht, mein Jesus kann den Jammer stillen, ob man mir alle Hülf abspricht, und ob es gleich mir wehe thut, so ist doch dieses Kreuz mir gut.
2. Das Kreuz gehört mit zu den Dingen, die Anfangs gehen bitter ein, und gleichwohl großen Nutzen bringen, wenn sie nur ausgestanden seyn; fühl ich gleich oft die scharfe Ruth, so ist doch dieses Kreuz mir gut.
3. Laß seyn, daß mich das Glücke fliehet, so weiß ich doch, Gott kennet mich, und daß mich seine Weisheit ziehet, ganz von der Welt allein zu sich; empfind’ ich gleich die Unglücksfluth, so ist doch dieses Kreuz mir gut.
4. Wenn meine Feinde mich verlachen, dazu ich keinen Anlaß geb’, so will mich Gott demüthig machen, daß ich mich nicht zu hoch erheb; ich achte nicht der Feinde Wuth, vielleicht ist dieses Kreuz mir gut.
5. Weiß ich gleich nichts von guten Tagen, hingegen viel von Herzeleid, so führt mich Gott, das kann ich sagen, auch dadurch zu der Frömmigkeit. Zwar kränkt es heftig Fleisch und Blut, jedoch ist dieses Kreuz mir gut.
6. Und muß ich oftermal empfinden: Anfechtung, Angst und Traurigkeit, so hilft mirs Gott doch überwinden, und schenkt mir süße Seelenfreud; drum hab ich einen frohen Muth, weil mir auch dieses Kreuz ist gut.
7. Ich sehe wohl in allen Leiden, ob es gleich lang und heftig heißt, daß es mich nicht von Gott will scheiden, vielmehr mich zu ihm fliehen heißt; er reißt mich aus der Höllengluth, drum ist auch dieses Kreuz mir gut.