Spurgeon, Charles Haddon - Andachten über den Psalter - Psalm 111 - 120
Ps. 111,5
„Er gibt Speise denen, so Ihn fürchten; Er gedenkt ewiglich an seinen Bund.“
Die, welche Gott fürchten, brauchen keinen Mangel zu fürchten. Alle diese langen Jahre hindurch hat der Herr immer Speise für seine eignen Kinder gefunden, ob sie in der Wüste waren oder am Bach Krith oder in der Gefangenschaft oder inmitten der Teuerung. Bisher hat der Herr uns Tag für Tag unser täglich Brot gegeben, und wir zweifeln nicht, dass Er fortfahren wird, uns zu speisen, bis wir nichts mehr bedürfen.
Mit den höheren und größeren Segnungen des Gnadenbundes aber will Er nie aufhören, uns zu versorgen, je nachdem unsre Lage es erfordert. Er gedenkt daran, dass Er den Bund machte und handelt nie, als wenn Er dies bereute. Er gedenkt daran, wenn wir Ihn erzürnen und Ihn reizen, uns zu verderben. Er gedenkt daran, uns zu lieben, zu behüten und zu trösten, wie Er sich verpflichtet hat zu tun. Er gedenkt an jedes Jota und jeden Titel seiner Verpflichtungen und lässt nie eins seiner Worte auf die Erde fallen.
Wir gedenken leider wenig an unsren Gott, aber Er gedenkt gnädig an uns. Er kann nicht seinen Sohn vergessen, welcher der Bürge des Bundes ist, noch seinen Heiligen Geist, durch dessen Wirken der Bund in Ausführung gebracht wird, noch seine eigne Ehre, welche mit dem Bunde eng verknüpft ist. Deshalb stehet der Grund Gottes fest, und kein Gläubiger soll das göttliche Erbteil verlieren, das sein ist durch einen Salzbund.
Ps. 111,9
„Er verheißet, dass sein Bund ewiglich bleiben soll.“
Des Herrn Volk freut sich über den Bund selber. Er ist für sie eine nie versiegende Quelle des Trostes, so oft sie der Heilige Geist „in seinen Weinkeller führt und die Liebe sein Panier über ihnen ist.“ Sie sind entzückt, wenn sie das hohe Alter dieses Bundes betrachten und bedenken, dass, ehe die Sterne in den Kreisen ihrer Bahnen einherzogen, alle Angelegenheiten der Heiligen schon geordnet und gesichert waren in Christo. Es ist für sie ganz besonders lieblich, wenn sie der Gewissheit des Bundes eingedenk sind, und sich vor Augen halten „die gewissen Gnaden Davids.“ Sie freuen sich, ihn preisen und besingen zu können, als einen Bund, der unterzeichnet, besiegelt, bestätigt und in allen Stücken wohl erwogen ist. Oft hüpft ihnen das Herz vor Freude, wenn sie die Unwandelbarkeit des Bundes ins Auge fassen, eines Bundes, den weder Zeit noch Ewigkeit, weder Leben noch Tod je zerreißen kann, eines Bundes, der so alt als die Ewigkeit und so unzerstörbar ist als der Fels der Zeiten. Sie freuen sich auch innig über die Fülle dieses Bundes, und erquicken sich daran, denn sie sehen, dass in demselben alles für sie vorbedacht ist. Gott ist ihr Erbteil, Christus ist ihr Freund, der Heilige Geist ihr Tröster, die Erde ihre Herberge, der Himmel ihre Heimat. Sie sehen in dem Bund ein Erbe, dass einer jeden Seele aufbewahrt und zugesichert bleibt, die in der uralten, ewigen Schenkungsurkunde mit inbegriffen ist. O, wie strahlten ihre Augen, als sie den Bund im Worte Gottes als eine Schatzverschreibung erkannten! und o, wie wurden ihre Seelen von Entzücken erfüllt, als sie im Testament und letzten Willen ihres göttlichen Verwandten erfahren, dass jene Verschreibung auf sie selber laute! Ganz besonders aber ists für die Kinder Gottes eine Freude, wenn sie auf den Gnadenreichtum dieses Bundes merken. Sie sehen, dass das Gesetz beiseite gestellt ward, weil es ein Bund der Werke war und auf dem Verdienst beruhte; den Neuen Bund aber erkennen sie als etwas Bleibendes, weil Gnade sein Grund, Gnade seine Vorbedingung, Gnade sein Schutz, Gnade seine Burg, Gnade seine Macht, Gnade sein Schlussstein ist. Der Bund ist ein Schatzhaus voll Reichtums, eine Kornkammer voll Vorräte, ein Brunnen voll lebendigen Wassers, ein Hort des Heils, ein Freibrief des Friedens und ein Himmel voller Wonne.
Ps. 112,7
„Wenn eine Plage kommen will, so fürchtet er sich nicht.“
Christ, du solltest über trübe Aussichten, über drohende Gefahren, über Trauerbotschaften nicht so in Furcht und Schrecken geraten; denn wenn du dich so ängstigen lässt, was hast du vor andern Menschen voraus? Andre Leute haben nicht, wie du, einen Gott, zu dem sie fliehen können; sie haben seine Treue nie an sich erfahren, wie du, und es darf dich nicht wundern, wenn sie vor Kummer niedergebeugt sind und vor Schmerz sich krümmen; du aber bekennst, eines andern Geistes Kind zu sein, du bist wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung, und dein Herz lebt im Himmel und hat mit dem Irdischen nichts zu schaffen; siehe, wenn dich nun andre betrübt sehen wie ihresgleichen, was hat da jene Gnade, die du empfangen haben willst, noch für einen Wert? Wo bleibt die gepriesene Hoheit deiner neuen Natur? Weiter, wenn du mit Unruhe erfüllt wirst, wie andre, so wirst du ohne Zweifel in dieselben Sünden geraten, in welche die andern unter Prüfungen und Leiden gewöhnlich stürzen. Wenn die Gottlosen von bösen Tagen überfallen werden, so murren sie wider Gott; sie empören sich wider Ihn und meinem, Gott verfahre hart mit ihnen. Willst du den Herrn auch zur Rache reizen, wie sie? Dann aber nehmen unbekehrte Menschen gar oft zu unrechten Mitteln ihre Zuflucht, um den Heimsuchungen zu entfliehen; und ganz gewiss wirst dus ebenso machen, wenn dein Geist sich von der Not, die dich drückt, beherrschen lässt. Vertraue auf den Herrn, und harre in Geduld auf Ihn. Dein weisestes Auskunftsmittel ist, dass dus machst wie Moses am Schilfmeer: „Fürchte dich nicht, stehe fest, und siehe zu, was für ein Heil der Herr heute an dir tun wird.“ Denn wenn du der Furcht nachgibst, sobald du schlimme Nachrichten vernimmst, so bist du nicht imstande, dem Unglück mit jener ruhigen Ergebung zu begegnen, die zur Erfüllung der Pflicht stählt und in Widerwärtigkeiten uns aufrecht erhält. Wie kannst du Gott verherrlichen, wenn du von Furcht hingerissen wirst? Heilige haben häufig Gott mit Liedern gelobt mitten aus Feuerflammen heraus; kann aber dein Zweifeln und Zagen, dein Jammern und Klagen, als ob du keine Hilfe finden könntest, den Höchsten verherrlichen? So fasse denn Mut, verlass dich mit fester Zuversicht auf deinen Bundesgott: „Dein Herz sei getrost und fürchte sich nicht.“
Ps. 112,7
„Er wird sich nicht fürchten vor böser Kunde; sein Herz ist fest und trauet auf den Herrn.“
Ungewissheit ist schrecklich. Wenn wir keine Nachrichten von Hause haben, sind wir geneigt, ängstlich zu werden und lassen uns nicht überzeugen, dass „keine Nachrichten gute Nachrichten“ sind. Der Glaube ist die Heilung für diesen Zustand der Traurigkeit; der Herr lässt durch seinen Geist heilige Heiterkeit über die Seele kommen, und alle Furcht ist verschwunden, für die Zukunft sowohl wie für die Gegenwart.
Nach Festigkeit des Herzens, wovon der Psalmist redet, sollte fleißig gesucht werden. Sie ist nicht der Glaube an diese oder jene Verheißung des Herrn, sondern der allgemeine Zustand nicht wankenden Vertrauens auf unsren Gott, die Zuversicht, die wir zu Ihm haben, dass Er uns weder selber Böses tun. will, noch irgend einem andren gestatten, uns zu schaden. Diese beständige Zuversicht ist sowohl betreffs des Unbekannten als des Bekannten in unsrem Leben. Lass den morgenden Tag sein, was er will, unser Gott ist der Gott des morgenden Tages. Was für Ereignisse auch geschehen sein mögen, die uns unbekannt sind, unser Jahwe ist der Gott des Unbekannten sowohl als des Bekannten. Wir sind entschlossen, dem Herrn zu trauen, komme, was da wolle. Wenn das Allerschlimmste geschehen sollte, so ist unser Gott immer noch der Größte und Beste. Darum wollen wir uns nicht fürchten, ob auch das Klopfen des Postboten uns erschrecken oder ein Telegramm uns um Mitternacht aufwecken sollte. Der Herr lebet, und was können seine Kinder fürchten?
Ps. 113,8
„Dass Er ihn setze neben die Fürsten.“
Unsere geistlichen Vorrechte sind von ganz unvergleichlichem Werte; durch sie gehören wir den höchsten Kreisen der Gesellschaft an, „wir sitzen neben den Fürsten.“ „Unsere Gemeinschaft sei mit dem Vater, und mit dem Sohne, Jesu Christo.“ Redet von den vornehmsten Umgangskreisen; diesem kommt dennoch an hohem Adel keiner gleich! „Wir sind das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk, das Volk des Eigentums.“ Wir sind „gekommen zu der Gemeine der Erstgeborenen, die im Himmel angeschrieben sind.“ Die Heiligen haben einen freien Zugang zum Gnadenthrone. Das Kind Gottes hat einen unverwehrten Zutritt zu den innersten himmlischen Heiligtümern. „Denn durch Ihn haben wir den Zugang alle beide in einem Geiste zum Vater.“ „Darum lasset uns hinzutreten“, spricht der Apostel, „mit Freudigkeit zu dem Gradenstuhl, auf dass wir Barmherzigkeit empfangen.“ Bei Fürsten findet man überschwängliche Reichtümer, aber was sind alle Schätze weltlicher Fürsten im Vergleich mit den Gütern der Gläubigen? Denn „Alles ist euer; ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes.“ „Welcher auch Seines eigenen Sohnes nicht hat verschonet, sondern hat Ihn für uns Alle dahingegeben, wie sollte Er uns mit Ihm nicht alles schenken?“ Fürsten haben besondere Macht und Gewalt. Ein Fürst des Himmelreichs besitzt großen Einfluss: er schwingt den Herrscherstab in seiner Rechten; er sitzt auf dem Throne des Herrn Jesu, denn „Er hat uns unserm Gott zu Königen und Priestern gemacht, und wir werden Könige sein auf Erden.“ Wir herrschen über die vereinigten Königreiche der Zeit und der Ewigkeit. Fürsten genießen auch ganz besondere Ehre. Wir können mit unnennbarer Befriedigung auf alle erdgeborne Würde hinunterschauen, von der erhabenen Stelle aus, auf welche die Gnade uns erhoben hat. Denn was ist alle menschliche Größe im Vergleich mit dem, was uns das Wort des Apostels vorhält: „Gott hat uns samt Ihm auferwecket, und samt Ihm in das himmlische Wesen versetzt, in Christo Jesu?“ Die Gemeinschaft mit Christo ist ein kostbareres Juwel, als je eines in einem kaiserlichen Diadem glänzte. Die Vereinigung mit dem Herrn ist eine Krone der Schönheit, welche allen Glanz königlicher Pracht bei weitem überstrahlt. (Goldstrahlen Juli 26)
Ps. 115,12.
„Der Herr ist unser eingedenk gewesen. Er wird uns segnen.“
Ich kann mein Siegel auf den ersten Satz drücken. Könnt ihr es nicht? Ja, Jahwe hat an uns gedacht, für uns gesorgt, uns getröstet, uns befreit und uns geleitet. In allen Fügungen Seiner Vorsehung hat Er an uns gedacht und niemals unsre kleinen Angelegenheiten übersehen. Er ist unserer „eingedenk“ gewesen - wir sind in Seinen Gedanken gewesen. Und dies unser ganzes Leben lang, ohne eine einzige Unterbrechung. Zu besonderen Zeiten jedoch haben wir dies Denken an uns deutlicher gesehen und möchten uns dieselben jetzt mit überfließender Dankbarkeit ins Gedächtnis zurückrufen. Ja, ja: „Der Herr ist unserer eingedenk gewesen.“
Der zweite Satz ist ein logischer Schluss aus dem ersten. Da Gott unveränderlich ist, so wird Er fortfahren, unserer in der Zukunft eingedenk zu sein, wie Er es in der Vergangenheit gewesen ist; und Sein Denken an uns ist dem Segnen gleich. Aber wir haben hier nicht nur den Schluss der Vernunft, sondern die von Gott eingegebene Erklärung: wir haben es auf die Autorität des Heiligen Geistes hin. „Er wird uns segnen.“ Dies bedeutet Großes und Unerforschliches. Gerade die Unbestimmtheit der Verheißung deutet ihren unendlichen Umfang an. Er wird uns auf Seine eigne göttliche Weise segnen und das von Ewigkeit zu Ewigkeit. Möge deshalb ein jeder von uns sagen: „Lobe den Herrn, meine Seele!“
Ps. 115, 13
„Er segnet, die den Herrn fürchten, beide, Kleine und Große.“
Dies ist ein Wort der Aufmunterung für die, welche niederen Standes und geringen Vermögens sind. Unser Gott sieht sehr gnädig auf die, welche wenig Eigentum, wenig Talent, wenig Einfluss, wenig Gewicht haben. Gott sorgt für die kleinen Dinge in der Schöpfung, und beachtet sogar Sperlinge in ihrem Fallen auf die Erde. Nichts ist klein vor Gott, denn Er gebraucht die unbedeutendsten Mittel zur Ausführung Seiner Zwecke. Lasst den Geringsten unter den Menschen von Gott einen Segen auf seine Kleinheit erbitten, und er wird finden, dass sein enger Kreis ein glücklicher ist.
Unter denen, die den Herrn fürchten, sind Kleine und Große. Einige sind Kindlein, und andre sind Riesen. Aber diese sind alle gesegnet. Kleiner Glaube ist gesegneter Glaube. Zitternde Hoffnung ist gesegnete Hoffnung. Jede Gnade des Heiligen Geistes, auch wenn sie nur noch in der Knospe ist, trägt einen Segen in sich. Überdies, der Herr Jesus erkaufte beide, Kleine und Große, mit demselben teuren Blute, und Er hat es übernommen, die Lämmer sowohl zu behüten wie die voll ausgewachsenen Schafe. Keine Mutter übersieht ihr Kind, weil es klein ist; nein, je kleiner es ist, desto zärtlicher pflegt sie es. Wenn der Herr irgendeinen Vorzug gibt, so heißt es bei Ihm nicht: „Große und Kleine“, sondern „Kleine und Große“.
Ps. 118,8
„Es ist gut, auf den Herrn vertrauen, und sich nicht verlassen auf Menschen.“
Ohne Zweifel bist du schon manchmal in die Versuchung geraten, dich auf das Sichtbare zu verlassen, statt dein Vertrauen und deine Zuversicht ganz allein auf den unsichtbaren Gott zu legen. Christen suchen oft bei Menschen Hilfe und Rat, und verunzieren die edle Einfalt ihres Vertrauens auf ihren Gott. Wenn unsere heutige Schriftstelle einem Kinde Gottes unter die Augen kommen sollte, das sich über das Zeitliche ängstigt, dann möchten wir gerne ein kurzes Wort mit ihm darüber reden. Du glaubst an den Herrn Jesum, und setzest wegen deiner Seligkeit dein ganzes Vertrauen auf Ihn allein; nun, was ängstigst du dich denn noch? „Wegen meiner schweren Sorgen. Steht denn nicht geschrieben: „Wirf dein Anliegen auf den Herrn?“ „Sorget nichts, sondern in allen Dingen lasset euere Bitte im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden.“ Kannst du Gott nicht dein Zeitliches anvertrauen? „Ach, ich wünschte, es wäre mir möglich.“ Wenn du aber um deine zeitlichen Anliegen keine Zuversicht zu Gott gewinnen kannst, wie magst du Ihm dein geistliches Heil anvertrauen? Kannst du auf Ihn bauen, wenns sich um deine Seelenrettung handelt, wie kannst du Ihm nicht auch das Geringere zutrauen? Genügt dir der allmächtige Gott nicht für deine Bedürfnisse, oder ist Sein Allvermögen zu gering für alle deine Wünsche? Verlangst du noch ein anderes Auge außer dem, das alle Geheimnisse sieht und durchforscht? Ist Sein Herz hart? Ist Sein Arm müde? Wenn das ist, ja, dann suche dir einen andern Gott; wenn Er aber unendlich, allmächtig, wahrhaft, treu, allweise und allgütig ist, was spähest du denn so lange umher und suchest eine andere Zuflucht? Warum durchsuchst und durchwühlst du die Erde nach einem andern Grund, wenn dieser Grund fest genug ist, um die ganze Wucht zu tragen, die du darauf türmen kannst? Lieber Christ, vermische deinen Wein nicht mit Wasser, löthe das Gold deines Glaubens nicht mit den Schlacken des Menschenvertrauens zusammen. Harre auf Gott und lass Ihn deine Hoffnung sein. Beneide Jonas nicht um seinen Kürbis, sondern traue auf seinen Gott. Lass die Toren ihr Haus auf den Sand irdischen Vertrauens gründen, du aber baue eine sichere Wohnung auf den Fels der Zeiten. (Goldstrahlen März 7)
Ps. 118,12
„Im Namen des Herrn will ich sie zerhauen.“
Unser Herr Jesus hat durch Seinen Tod nicht bloß auf einen Teil unseres Wesens, sondern auf unsern ganzen Menschen ein Recht erworben. Er hatte bei Seinem heiligen Leiden die Heiligung unsere ganzen Wesens, nach Geist, Seele und Leib im Auge, damit er in diesem dreifachen Reiche allein und unumschränkt Herr und Gebieter sei. Es ist die Bestimmung der neuen Natur, welche Gott Seinem Wiedergeborenen geschenkt hat, die Hoheits-Rechte des Herrn Jesu Christi zu befestigen. Meine Seele, wenn du ein wahres Kind Gottes bist, so musst du alles andere in dir, was noch nicht geheiligt ist, überwinden; du musst alle deine Lüste und Leidenschaften dem silbernen Stabe der Gnadenherrschaft Jesu untertan machen, und darfst dich nicht zufrieden geben, bis dass Er, der kraft Seines für dich gegebenen Lösegeldes dein König ist, auch dein König wird durch die Krone deiner Tugenden, in dir herrscht als dein Fürst. Wenn wir dann sehen, dass die Sünde in keinerlei Weise ein Recht an uns hat, so begeben wir uns in einen guten und gerechten Kampf, wenn wir sie im Namen Gottes auszutreiben suchen. O du mein Leib, du bist ein Glied Christi; soll ichs dulden, dass du dem Fürsten der Finsternis untertan bleibst? O, meine Seele, Christus hat für deine Sünden gelitten, und dich versöhnt mit Seinem allerteuersten Blut, soll ichs ertragen, dass dein Gedächtnis eine Rüstkammer des Bösen bleibe, oder deine Leidenschaften Feuerbrände der Verdammnis. Soll ich meine Vernunft dahingeben in Verkehrtheit des Irrtums, oder meinen Willen in die Ketten der Ungerechtigkeit? Nein, meine Seele, du bist Christi, und die Sünde hat keinen Anspruch noch Recht an dich. Darum bleibt mutig, teure Christen, lasset euch nicht schrecken, als ob eure geistlichen Feinde nimmermehr könnten ausgerottet werden. Ihr seid im Stande, sie zu überwinden, nicht in eigener Kraft, denn der schwächste unter ihnen wäre euch noch viel zu mächtig, aber ihr könnt und sollt sie überwinden durch des Lammes Blut. Fragt nicht: „Wie soll ich sie austreiben, denn sie sind größer und gewaltiger als ich;“ sondern geht zu dem Starken und bittet Ihn um Kraft, harrt demütig auf Gott, so wird der mächtige Gott Jakobs euch gewisslich zu Hilfe kommen, und ihr werdet Siegeslieder erschallen lassen durch Seine Gnade. (Goldstrahlen April 6)
Ps. 118,17
„Ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werk verkündigen.“
Eine erwünschte Zusicherung dies! Sie war ohne Zweifel auf eine Verheißung gegründet, die innerlich dem Herzen des Psalmisten zugeflüstert ward, die er ergriff und sich ihrer erfreute. Bin ich in gleichem Fall wie David? Bin ich niedergedrückt, weil der Feind mich übermütig behandelt? Sind große Mengen gegen mich und wenige auf meiner Seite? Heißt der Unglaube mich niederliegen und in Verzweiflung sterben - ein besiegter, entehrter Mann? Beginnen meine Feinde mein Grab zu graben?
Was denn? Soll ich den Einflüsterungen der Furcht folgen, den Kampf und damit alle Hoffnung aufgeben? Weit entfernt. Es ist noch Leben in mir! „Ich werde nicht sterben.“ Die Kraft wird wiederkehren und meine Schwäche wird schwinden. „Ich werde leben.“ Der Herr lebt und ich werde auch leben. Mein Mund soll wiederum aufgetan werden. „Ich werde des Werk Jehovahs verkünden.“ Ja, und ich werde von den gegenwärtigen Leiden sprechen als von einem andren Beispiel der wunderwirkenden Treue und Liebe des Herrn, meines Gottes. Die, welche mir gern Maß zu meinem Sarg nehmen möchten, täten besser, ein wenig zu warten; denn „der Herr züchtigt mich wohl, aber Er gibt mich dem Tode nicht“. Ehre sei seinem Namen auf ewig! Ich bin unsterblich, bis mein Werk getan ist. Bis der Herr es will, kann kein Grabgewölbe sich über mir schließen.
Ps. 119,11
„Ich behalte Dein Wort in meinem Herzen.“
Es gibt Zeiten, wo die Einsamkeit uns zuträglicher ist als Gesellschaft, und Schweigen weiser ist als Reden. Wir wären bessere Christen, wenn wir öfter allein wären und auf den Herrn harrten, und durch die Betrachtung seines Wortes geistliche Kräfte zur Arbeit in seinem Dienste sammelten. Wir sollten schon deshalb über die göttlichen Dinge nachdenken, weil wir nur auf diese Weise wahrhafte Nahrung aus ihnen schöpfen können. Die Wahrheit gleicht der Weintraube: wenn wir Wein aus ihr bereiten wollen, so müssen wir sie zerstoßen; wir müssen sie keltern und wiederholt pressen. Des Kelterers Füße müssen kräftig auf die Beeren treten, sonst fließt der Most nicht heraus; sie müssen die Trauben tüchtig zerstampfen, sonst geht viel des köstlichen Getränks verloren. So müssen wir mit forschender Betrachtung die Trauben der Wahrheit treten, wenn wir den Wein des Trostes daraus empfangen wollen. Unser Leib lebt nicht allein davon, dass er Speise in den Mund nimmt, sondern erst durch die Verdauung werden Muskeln und Sehnen, Nerven und Knochen recht gestärkt und gekräftigt. Durch die Verdauung erst wird die äußerliche Nahrung zu einem Erhaltungsmittel des innerlichen Lebens. Unsre Seelen werden nicht bloß dadurch genährt, dass sie eine Zeitlang dies, dann das hören, was auf die göttliche Wahrheit Bezug hat; sondern das Hören und das Lesen, das Aufmerken und das Lernen verlangt eine innere Verarbeitung, damit sich dadurch ihre gesegnete Wirksamkeit in völligem Maße vollziehe; und diese innerliche Verarbeitung der Wahrheit beruht zum größten Teil darauf, dass dieselbe im Herzen bewegt wird. Woher kommts, dass manche Christen trotz vieler Predigten, die sie hören, so langsame Fortschritte in einem göttlichen Leben machen? Weil sie das Gebet in ihrem Kämmerlein vernachlässigen, und nicht mit Ernst und Eifer sich der Betrachtung des Wortes Gottes hingeben. Sie lieben den Weizen, aber sie reinigen ihn nicht; sie möchten gern das Korn haben, aber sie mögen nicht aufs Feld gehen, um das Korn zu schneiden; die Frucht hängt am Baum, aber sie wollen sie nicht pflücken; das Wasser fließt zu ihren Füßen, aber sie wollen sich nicht bücken, es zu trinken. Von solcher Torheit mache uns frei, o Herr, und unser heutiger Entschluss sei: „Ich behalte Dein Wort in meinem Herzen.“
Ps. 119,37
„Wende meine Augen ab, dass sie nicht sehen nach unnützer Lehre, sondern erquicke mich auf Deinem Wege.“
Es gibt der Eitelkeiten gar vielerlei. Die Narrenkappe und die Glöcklein des Toren, die Lust dieser Welt, der Tanz, der Jubel und der Taumelbecher des Leichtsinns: von alle dem weiß die Welt wohl, dass es eitel ist; sie alle tragen an ihrer Stirn ihren Namen und Titel geschrieben. Weit schädlicher sind aber noch andere eitle Dinge: die Sorgen dieser Welt und der Betrug des Reichtums. Ein Mensch kann in seiner Geschäftsstube gerade ebenso der Eitelkeit und Torheit nachjagen, wie im Theater. Wenn er sein Lebenlang darauf hinarbeitet, Schätze zu sammeln, so bringt er seine Tage mit eitlem Thun und Trachten zu. Sobald wir nicht Christo nachfolgen und unsern Gott zum großen Hauptziel unsers Lebens machen, so unterscheiden wir uns kaum nach dem äußern Anschein von den leichtsinnigsten Menschen.
„Erquicke mich auf Deinem Wege.“ Der Psalmist bekennt, dass er matt, müde, stumpf und zum Sterben elend ist. Vielleicht fühlst du etwas ganz Ähnliches, liebe Seele. Wir sind so träge, dass die besten Aufmunterungen uns nicht beleben, wenn sie nicht vom Herrn selber kommen. Wie, kann mich die Hölle nicht aufrütteln? Soll ich der Sünden gedenken, die ins Verderben stürzen, und mich nicht aufraffen? Kann mich der Gedanke an den Himmel nicht erquicken? Kann ich beim Hinblick auf den Lohn, der dem Gerechten verheißen ist, noch kalt bleiben? Erschüttert mich der Tod nicht? Kann ich ans Sterben denken und an den Richterstuhl meines Gottes, und immer noch träge bleiben in meines Meisters Dienst? Wird mich nicht die Liebe Christi überwinden? Kann ich Seiner teuern Wunden gedenken, kann ich unter Seinem Kreuze knieen, und nicht aufgestachelt werden zum Ernst und zum Eifer? Es scheint so! Keine bloße Betrachtung vermag uns zur Tatkraft anzuregen, sondern Gott selbst muss es tun, und darum der Ausruf: „Erquicke Du mich!“ Der Psalmist haucht seine ganze Seele aus in sein inbrünstiges Flehen; Leib und Seele vereinigen sich bei ihm zum Gebet. „Wende meine Augen ab,“ ruft der Leib; „Erquicke Du mich,“ ruft die Seele. Das ist ein rechtes Gebet für alle Tage. o Herr, erhöre dieses Gebet heute Abend auch an mir! (Goldstrahlen, Januar 20)
Ps. 119,49
„Gedenke Deinem Knechte an Dein Wort, auf welches Du mich lässt hoffen.“
Was für ein besonderes Anliegen du auch haben magst, so findest du stets leicht irgend eine darauf bezügliche Verheißung im Worte Gottes. Bist du matt und schwach, weil dein Pfad rau und ermüdend ist? Dann hast du hier eine Verheißung: „Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden.“ Wenn du eine solche Verheißung antriffst, so bringe sie zum großen Verheißer und bitte Ihn, dass Er sein Wort an dir erfüllen wolle. Suchst du Christum und schmachtest du nach innigerem Umgang mit Ihm? Da leuchtet dir wie ein Stern die Verheißung entgegen: „Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.“ Bringe diese Verheißung immer wieder vor den Thron; wende dich nirgends anders hin, bringe auch nichts andres vor, sondern tritt fort und fort zu Gott und berufe dich darauf: „Herr, Du hasts versprochen; tue, wie Du gesagt hast.“ Bist du traurig und niedergeschlagen über deine Sünden, und gehst du mühselig einher unter der Last deiner Missetaten? Dann höre die Worte: „Ich, ich tilge deine Übertretung um meinetwillen, und gedenke deiner Sünden nicht.“ Du kannst dich auf kein eigenes Verdienst berufen, um Anspruch auf Vergebung zu erheben, sondern du musst dich an seine geschriebenen Verheißungen halten, so wird Er sie erfüllen. Befürchtest du, du möchtest nicht bis ans Ende beharren, und möchtest am Ende verworfen werden, obgleich du geglaubt hast, ein Kind Gottes zu sein? Ist dem also, so bringe dies Gnadenwort vor den Thron und lasse es für dich reden: „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen; aber meine Gnade soll nicht von dir weichen und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer.“ Hast du das liebliche Gefühl der Gegenwart deines Heilandes verloren, und suchst du Ihn mit bekümmertem Herzen, so denke an die Verheißung: „Bekehrt euch nun zu mir, so will ich mich zu euch kehren;“ „Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln.“ Lass deinen Glauben am Tische des Wortes Gottes Festmahlzeit halten, und was du auch immer fürchten oder begehren magst, so wende dich mit deines Vaters Handschrift an die Bank des Glaubens, und sprich: „Gedenke Deinem Knechte an Dein Wort, auf welches Du mich lässt hoffen.“
Ps. 119,53
„Ich bin entbrannt über die Gottlosen, die Dein Gesetz verlassen.“
Meine Seele, fühlst auch du diesen heiligen Schauder über die Sünden andrer? Denn sonst fehlt es dir an innerer Heiligung. Über Davids Wangen rannen Ströme von Tränen ob der überhandnehmenden Gottlosigkeit; Jeremia wünschte, dass seine Augen Tränenquellen wären, dass er Tag und Nacht beweinen möchte die Missetaten seines Volkes, und Lot trauerte über den Wandel der Leute zu Sodom. Jene, die im Gesichte Hesekiels an ihren Stirnen mit einem Zeichen gezeichnet wurden, waren die, die da seufzten und jammerten über alle Gräuel zu Jerusalem. Es kann begnadigte Seelen nur betrüben, wenn sie sehen, wieviel Mühe sich die Menschen geben, um in die Hölle zu kommen. Sie kennen den Schaden der Sünde aus Erfahrung und erschrecken, wenn sie andre gleich Motten in die Flamme fliegen sehen. Die Sünde jagt den Gerechten Entsetzen ein, weil sie das heilige Gesetz verletzt, das zu halten jedes Menschen höchste Pflicht und höchster Vorteil ist; sie stürzt die Pfeiler des Gesamtwohls. Die Sünde andrer flößt einem Gläubigen Entsetzen ein, weil sie ihn an die Bosheit des eignen Herzens erinnert; wenn er einen Übertreter erblickt, ruft er aus: „Heute fiel dieser, werde ich vielleicht morgen fallen?“ Die Sünde ist einem Gläubigen etwas Furchtbares, weil sie den Heiland kreuzigte; er erblickt in jedem Unrecht die Kreuzesnägel und den Speer. Wie kann eine errettete Seele die entsetzliche heilandsmörderische Sünde ohne Schauder gewahr werden? Sage, meine Seele, stimmst du in allem hiermit überein? Es ist etwas Furchtbares, Gott ins Angesicht zu schmähen. Der liebe Gott verdient eine bessere Behandlung, der große Gott verlangt sie, der gerechte Gott begehrt sie, sonst bezahlt Er dem Sünder die Schmach auf den Kopf. Eine erweckte Seele zittert über die Frechheit der Sünde und entsetzt sich ob ihrer Strafe. Wie ist doch die Empörung etwas so Unnatürliches! Welche furchtbare Verdammnis wartet auf die Gottlosen! Meine Seele, lache nie über Sündentorheiten, sonst fängst du an, Wohlgefallen an ihnen zu finden. Sie ist dein Feind und deines Herrn Feind, betrachte sie mit Abscheu, denn nur so kannst du beweisen, dass du der Heiligung nachjagst, ohne welche wird niemand den Herrn sehen.
Ps. 119,80
„Lass mein Herz gesund in Deinen Rechten sein, dass ich nicht zu Schanden werde.“
Wir können dies von Gott eingegebenen Gebet betrachten als eins, dass die Zusicherung enthält, dass die, welche sich fest an das Wort Gottes halten, niemals Ursache haben sollen, sich dessen zu schämen.
Seht, dies ist ein Gebet um Gesundheit des Herzens. Ein gesundes Glaubensgebet ist gut, ein gesundes Urteil darüber ist besser, aber ein in der Wahrheit gesundes Herz ist das Beste von allen. Wir müssen die Wahrheit lieben, die Wahrheit fühlen und der Wahrheit gehorchen, sonst sind wir nicht wahrhaft gesund in den Rechten Gottes. Gibt es viele in diesen bösen Tagen, die gesund sind? O, dass der Schreiber und der Leser zwei von dieser Art sein möchten!
Viele werden sich am letzten großen Tag schämen, wenn alle Streitigkeiten entschieden werden. Dann werden sie die Torheit ihrer Erfindungen sehen und voll Reue sein über ihren stolzen Unglauben und eigensinnigen Trotz gegen den Herrn; aber der, welcher glaubte, was der Herr lehrte, und tat, was der Herr gebot, wird gerechtfertigt dastehen in dem, was er getan. „Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne.“ Viel verleumdete und geschimpfte Männer werden an jenem Tage ihre Schmach in Herrlichkeit verwandelt sehen.
Lasst uns das Gebet unsres Textes beten, so können wir gewiss sein, dass seine Verheißung an uns erfüllt werden wird. Wenn der Herr uns gesund macht, wird Er uns sicher behüten.
Ps. 119,165
„Großen Frieden haben, die Dein Gesetz lieben, und werden nicht straucheln.“
Ja, eine wahre Liebe für das große Buch wird uns großen Frieden von dem großen Gott bringen und uns ein großer Schutz sein. Lasst uns beständig im Verkehr mit dem Gesetz des Herrn leben, dann wird es in unsrem Herzen eine Ruhe erzeugen, wie nichts andres es kann. Der Heilige Geist ist als ein Tröster durch das Wort tätig und verbreitet jene milden Einflüsse, welche die Stürme der Seele stillen.
Nichts ist ein Anstoß für den, der das Wort Gottes reichlich in sich wohnen lässt. Er nimmt täglich sein Kreuz auf sich, und es wird ihm zur Freude. Für die heiße Prüfung ist er vorbereitet, und sie befremdet ihn nicht, er wird nicht völlig niedergeschlagen durch sie. Er strauchelt nicht im Glück, wie so viele, und er wird nicht ganz gebrochen im Unglück, wie andre; denn er lebt über den wechselnden Umständen des äußeren Lebens. Wenn sein Herr ihm irgend ein großes Geheimnis des Glaubens vorlegt, wobei andre rufen: „Das ist eine harte Rede, wer kann sie hören?“, so nimmt der Gläubige es ohne einen Zweifel an; denn die Schwierigkeiten des Verständnisses sind für ihn überwunden durch die ehrfurchtsvolle Scheu vor dem Gesetz des Herrn, das ihm die höchste Autorität ist, vor der er sich freudig beugt. Herr, wirke in uns heute diese Liebe, diesen Frieden, diese Ruhe!
Ps. 120,5
„Wehe mir, dass ich ein Fremdling bin unter Mesech; ich muss wohnen unter den Hütten Kedars.“
Als Christ musst du inmitten einer gottlosen Welt leben und wohnen, und es nützt dir wenig, wenn du rufst: „Wehe mir.“ Der Herr Jesus hat nicht gebeten, dass du möchtest von der Welt genommen werden, und was Er nicht für dich gebeten hat, brauchst du auch nicht zu wünschen. Weit besser, du gehst der schweren Prüfung entgegen in der Kraft des Herrn, und verherrlichst Ihn durch deinen Kampf. Der Feind ist allezeit auf der Lauer, um in deinem Wandel Fehler und Gebrechen zu entdecken; sei darum recht heilig. Bedenke, dass aller Augen auf dich gerichtet sind, und dass mehr von dir verlangt wird als von andern Menschen. Bestrebe dich, keinen Anlass zum Tadel zu geben. Lass deine Aufrichtigkeit in Wort und Wandel den einzigen Vorwurf sein, den man dir machen kann. Wie Daniel nötige deine Widersacher, von dir zu sagen: „Wir werden keine Sache an diesem Daniel finden, ohne über seinen Gottesdienst.“ Trachte ferner nicht nur standhaft zu bleiben, sondern auch im Segen zu wirken. Vielleicht denkst du: „Wenn ich in einer günstigen Lage wäre, so könnte ich der Sache des Herrn dienen, aber da, wo ich jetzt bin, kann ich das Gute, das ich wirken möchte, nicht vollbringen;“ aber je schlimmer die Leute sind, unter denen du wohnst und lebst, umso nötiger sind ihnen deine Ermahnungen; sind sie verschroben, so ists umso notwendiger, dass du sie gerade streckst; sind sie verkehrt, so musst du umso mehr ihr stolzes Herz der Wahrheit zuzuwenden suchen. Wo ist der Arzt an seiner rechten Stelle, wenn nicht da, wos viele Kranke gibt? Wo anders erringt der Krieger Ehre, als im heißesten Feuer des Kampfes? Und wenn du des Kampfes mit der Sünde müde bist, die dir von allen Seiten entgegentritt, so bedenke, dass alle Heiligen diese Prüfung haben bestehen müssen. Sie fuhren nicht auf weich gepolsterten Ruhebtten gen Himmel, und du darfst nicht erwarten, dass du deine Reise bequemer machst als sie. Sie gaben ihr Leben dem Tode preis auf den Höhen des Schlachtfeldes, und auch du wirst die Krone nicht empfangen, wenn du nicht ebenfalls als ein guter Streiter Jesu Christi schwere Kämpfe bestanden hast. Darum „wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark.“ „Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; ergreife das ewige Leben, dazu du auch berufen bist, und bekannt hast ein gutes Bekenntnis.“