Spurgeon, Charles Haddon - Predigt-Entwürfe - 35. Hiobs sicheres Wissen.
„Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“
Hiob 19,25.
Die Schwierigkeiten in der Übersetzung sind groß. Es scheint, dass Hiob, zur Verzweiflung getrieben, sich auf Gottes Wahrheit und Gerechtigkeit stützte. Er erklärt, dass er auf irgend eine Weise gerechtfertigt werden würde, und dass, selbst wenn er sterben sollte, die Berichtigung nach seinem Tode kommen werde. Er konnte nicht glauben, dass er unter den verleumderischen Anschuldigungen, die auf ihn gehäuft worden waren, bleiben würde. Durch seine feste Versicherung von der Gerechtigkeit und Treue Gottes wurde er dazu gedrängt, an einen zukünftigen Zustand und an einen Verteidiger zu glauben, der dann eines Tages alles Krumme ebnen würde. Wir können diese Worte in dem vollsten evangelischen Sinn gebrauchen, ohne uns dessen schuldig zu machen, dass wir ihnen Gewalt antun, und es wird auch keine andere Deutung die Meinung des Patriarchen besser wieder geben. Aus welcher anderen Hoffnung als aus der des zukünftigen Lebens und der Herrlichkeit hätte er auch Trost schöpfen können?
I. Hiob hatte inmitten grausamer Freunde einen wahren Freund.
Das hebräische Wort kann auf dreifache Weise gegeben werden:
- Sein Verwandter. Der nächste Verwandte. Keiner so nahe verwandt als Jesus. Keiner so verwandt und keiner so freundlich. Er ist das freiwillig. Nicht dazu gezwungen, ein Bruder zu sein, aber doch so von Herzen und dadurch, dass Er unsere Natur annahm, darum mehr als Bruder. Er schämt sich nicht, das anzuerkennen. „Schämt sich nicht, sie Brüder“ rc. Hebr. 2,11. Selbst als sie Ihn verlassen hatten, nannte Er sie meine Brüder.“ Mt. 28,10. Er ist es auf ewig. Wer will uns scheiden? Röm. 8,35.
- Sein Verteidiger: von aller falschen Anklage; von jedem Hohn und Spott, denn wer an Ihn glaubt, soll nicht zuschanden werden; auch von wahren Anschuldigungen, dadurch, dass Er selbst unsere Sünde trägt, unsere Gerechtigkeit wird und uns so rechtfertigt; von den Anschuldigungen des Satans: „Der Herr schelte dich!“ Sach. 3,2; Off. Joh. 12,10.
- Sein Erlöser. Erlöser: seiner Person von der Knechtschaft seines verlornen Gutes, der Vorrechte und Freuden aus der Hand des Feindes. Erlöst durch Blut und Kraft.
II. Hiob hatte inmitten vollständiger Armut wirkliches Eigentum.
Er spricht von „mein Erlöser,“ als wollte er sagen: Alles andere ist dahin, aber mein Erlöser ist noch mein eigen und lebt für mich. Er meint:
- Ich nehme Ihn als solchen an und überlasse mich ganz. seinen Händen.
- Ich habe bereits etwas von seiner Macht verspürt und bin der guten Zuversicht, dass selbst jetzt schon alles wohl um mich steht, da Er mein Beschützer ist.
- Ich will Ihm ewig anhangen. Er soll meine einzige Hoffnung im Leben und Sterben sein. Ich kann alles andere verlieren, doch nie die Erlösung meines Gottes, die Verwandtschaft mit meinem Heiland.
III. Hiob hatte inmitten einer sterbenden Familie einen lebenden Verwandten.
„Mein Erlöser lebt.“
Er anerkannte den großen immerdar lebenden Herrn: als den „Ewig-Vater,“ ihn zu erhalten und zu trösten; als Haupt seines Hauses, ihn zu repräsentieren; als Fürsprecher, im Himmel für ihn zu bitten; als Verteidiger, seine Rechte auf Erden zu schützen; als seine Gerechtigkeit, ihn schließlich ganz frei zu sprechen.
Was haben wir mit dem toten Christus der römischen Kirche zu tun? Unser Erlöser lebt.
IV. Hiob hatte inmitten ungewisser Verhältnisse eine absolute Gewissheit.
„Ich weiß.“ Er hatte in dieser Sache nicht den leisesten Zweifel. Alles andere war zweifelhaft, aber dies war gewiss.
Sein Glaube machte ihn gewiss. Der Glaube bringt sicheren Beweis; er macht uns wissen.
Seine Trübsale konnten ihn nicht zweifeln machen Warum auch? Sie berührten weder die Verwandtschaft mit seinem Gott, noch das Herz seines Erlösers, noch das Leben seines Verteidigers.
Seine Schwierigkeiten konnten ihn in dieser Hinsicht nicht wankend machen, denn das Leben seines Erlösers war eine Quelle der Errettung, die außer ihm lag und nie zweifelhaft war.
Seine spitzfindigen Freunde konnten ihm nicht die gewisse Überzeugung rauben, dass der Herr seine gerechte Sache vertreten würde.
So lange Jesus lebt, sind wir in seiner Hut sicher. Wohl dem, der sagen kann: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“
Hast du dieses selige Wissen?
Handelst du in Übereinstimmung mit solcher Gewissheit?
Möchtest du nicht jetzt den liebevollen Verwandten als den deinen annehmen?
Unbearbeitete Gedanken.
Ein schwacher Glaube freut sich, von allen Schwierigkeiten absehen zu können, denn er schreckt davor zurück; als Martha sah, dass Lazarus schon vier Tage tot war und zu verwesen begann, wurde ihr Glaube schwach; es war nun zu spät, den Stein abzuwälzen. Aber der Glaube in seiner Kraft erwägt alle die Schwierigkeiten und Unmöglichkeiten und überwindet sie, wie Elias in seinem Kampf mit den Baalspriestern alle diese Nachteile wählte. „Gießt Wasser darauf!“ sagte er, und wieder: „Gießt noch mehr Wasser darauf;“ der Glaube wird doch das Feuer vom Himmel holen und das Opfer anzünden. So sagte Hiob: „Lasst mich sterben und im Grab verwesen; lasst meinen Leib vom Feuer verzehrt oder von dem Meer verschlungen oder von wilden Tieren verzehrt werden, ich werde ihn doch wieder erhalten.“ Hiobs Glaube spottete der Unmöglichkeiten und schämte sich, von Schwierigkeiten zu sprechen; mit Abraham sah er nicht auf seinen eigenen erstorbenen Leib, sondern hoffte und glaubte, wo nichts zu hoffen war; er wusste, das Gott ihn wieder Herstellen konnte. R. Brownrig.
Der Glaube sollte stark überzeugt sein von dem, was er annimmt. Es ist eine Zuversicht, nicht eine Vermutung, nicht eine bloße Annahme, sondern eine feste Versicherung. Wir sollten gewiss wissen, was wir glauben: „Wir wissen, dass Du bist ein Lehrer von Gott gekommen.“ Joh. 3,2. „Wir haben geglaubt und erkannt, dass Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.' Joh. 6,69. „Wir wissen, dass wir einen Bau haben, von Gott erbaut.“ 2 Kor. 5,1. „Wir wissen, dass wir Ihn sehen werden, wie Er ist.“ 1 Joh. 3,2. Seid fest und unbeweglich und nehmt immer mehr zu in dem Werke des Herrn, „sintemal ihr wisst, dass eure Arbeit nicht ist vergeblich in dem Herrn.“ 1 Kor. 15,58. Unsichtbare Dinge, die von Gott geoffenbart sind, sollten wir gewiss wissen, weil Gott uns gesagt hat, dass solche feste, klare Auffassung uns geziemt. Der Glaube ist keine bloße Vermutung, sondern ein gewisses Wissen; nicht wir denken,“ „wir hoffen wohl,“ sondern wir wissen“ ist die Sprache des Glaubens. Es ist nicht eine bloße Möglichkeit, darauf wir uns stützen, oder eine wahrscheinliche Meinung, sondern eine gewisse untrügliche Wahrheit. Die alten Gläubigen beschämen uns, die wir im klaren Sonnenschein des Evangeliums leben. Hiob lebte lange vor der Offenbarung des Evangeliums; die Erlösung der Seelen war zu der Zeit ein großes Geheimnis, das kaum einigen geoffenbart war; nur einer aus Tausenden konnte einem verlornen Sünder diese Botschaft bringen, dass Gott ein Lösegeld gefunden habe. Hiob 33,23. Manton.
Wenn wir hinsichtlich irgend einer Sache sicher sind, lasst es uns hinsichtlich unsres Erlösers sein. Wenn wir einen unanfechtbaren Anspruch auf etwas haben, so beziehe er sich auf unseren Erlöser. Wenn wir zähe an irgend einer Wahrheit festhalten, so sei es die Auferstehung und das Leben unsres Heilandes. Davon hängt alles andere ab; das ist der Schlussstein des Evangeliums, der Grund unsres Glaubens und der Gipfel unserer Hoffnung. „Ich lebe, und ihr sollt auch leben!“ O, dass wir mehr von Hiobs Gewissheit hätten, wäre es auch auf Kosten der Leiden eines Hiob!
In Zeiten ernster Trübsale werden Gläubige 1. heraus getrieben aus sich selbst, um auf Gott, ihren Erlöser, zu blicken; 2. dahin gedrängt, sich in sich nach einem sicheren „Ich weiß“ umzusehen; 3. dahin getrieben, sich durch persönlichen Glauben an das zu klammern, was ihnen im Gnadenbund vorgestellt wird: „mein Erlöser;“ 4. gedrängt, wie von dem Unsichtbaren, dem lebenden Erlöser und seiner Wiederkunft am jüngsten Tage zu leben.