Spurgeon, Charles Haddon - Predigt-Entwürfe - 12. Die sich für Gott entscheidende Ruth.
„Ruth antwortete: Rede mir nicht darein, dass ich dich verlassen sollte und von dir umkehren. Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.“
Ruth 1,16.
Dies ist ein kühn ausgesprochenes Glaubensbekenntnis, und es wird abgelegt von einem Weib, von einem jungen Weib, von einem armen Weib, von einer Witwe, von einer Fremden. Ihre Schwiegermutter musste trotz ihrer herben Leiden dadurch sehr erfreut werden, weil ihr großer, zeitlicher Verlust von einem größeren, geistlichen Gewinn begleitet war. Sie verlor ihr Heim in Moab, aber sie fand die Seele ihrer Tochter. Naemis Rückkehr zu ihrem rechten Ort brachte Ruth zur Entscheidung; wenn Christen ihre richtige Stellung einnehmen, werden oft ihre Kinder und Freunde bekehrt.
I. Die Liebe zu den Frommen sollte uns zur Frömmigkeit beeinflussen.
Viele Kräfte vereinigen sich da, diesen Einfluss auszuüben.
- Der Einfluss des Umgangs. Fromme Leute sollten mehr auf uns einwirken, als Gottlose, zumal wir uns selbst ihrem Einfluss mehr hingeben sollten.
- Der Einfluss der Bewunderung. Nachahmung ist das aufrichtigste Lob.
- Der Einfluss der Unterweisung. Während wir von einem Lehrer lernen, werden wir in verschiedener Weise von ihm beeinflusst. Unterweisung ist eine Art Bildung.
- Der Einfluss der Ehrerbietung. Die älter, reicher und besser sind, als wir, erzeugen in uns eine große Hochachtung und veranlassen uns, ihrem Beispiel zu folgen.
- Der Einfluss des Verlangens, sie zu erfreuen. Dies sollte manche von uns veranlassen, mit christlichen Freunden zum Gottesdienst zu gehen, und uns glücklich machen, ihren Unterredungen zuzuhören, denn wir wissen, dass ihnen das sehr gefällt.
- Der Einfluss der Besorgnis, von ihnen getrennt zu werden. Es muss schrecklich sein, auf ewig von den Lieben, die unser Heil suchen, geschieden zu werden; es ist schon schmerzlich, sie am Tisch des Herrn verlassen zu müssen, an welchem sie, nicht aber wir teilnehmen dürfen.
II. Die Entschließungen zur Gottseligkeit werden einer Prüfung unterzogen.
- Durch die Armut der Frommen und ihre sonstigen Trübsale. Naemi war arm, aber Ruth sagte: „Rede mir nicht“ rc. Arme Heilige sind oft verachtete Heilige, und junge Leute sind oft geneigt, sich von der Religion der Armen abzuwenden.
- Durch das Überschlagen der Kosten. Du selbst wirst deine Freundschaft aufgeben müssen, wie Ruth es tat. Du musst das Los des Volkes Gottes teilen, wie Ruth das der Naemi. Hebr. 11,24-26.
- Durch das Zurückziehen anderer. Arpa kehrte um mit einem Kuss, wie viele es tun, die eine Zeitlang vielversprechend waren. Nachgiebigs Umkehr darf Christ nicht entmutigen1).
- Durch die in der Religion eingeschlossenen Pflichten. Ruth musste auf dem Feld arbeiten. Manche stolzen Leute wollen sich den Regeln des Hauses Christi, die das tägliche Leben der Gläubigen regieren, nicht unterwerfen.
- Durch die scheinbare Kälte der Gläubigen. Naemi überredete sie nicht, bei ihr zu bleiben, im Gegenteil. Sie war eine kluge Frau und wünschte, dass Ruth nicht aus Überredung, sondern aus Überzeugung mit ihr gehe.
- Durch die Betrübnisse mancher Christen. Naemi sagte: „Nennt mich nicht Naemi, sondern Mara.“ Es wird allezeit Leute mit betrübtem Herzen geben, aber das darf uns nicht davon abhalten, dem Herrn nachzufolgen.
III. Solche Gottseligkeit muss hauptsächlich in der Wahl Gottes liegen.
- Dies ist des Gläubigen besonderes Besitztum. „Dein Gott ist mein Gott.“
- Sein großer Glaubensartikel. „Ich glaube an Gott.“
- Sein Herrscher und Gesetzgeber. Ps. 119,38.
- Sein Unterweiser und Lehrer. Ps. 28,2.
- Sein Vertrauen und seine Stütze. Ruth 2,12. Ps. 48,15.
IV. Aber sie sollte auch die Wahl seines Volkes in sich schließen.
„Dein Volk“ rc.
In dem gegnerischen Reich wird Schlechtes von ihnen gesprochen. Sie sind auch nicht alle, wie wir sie wünschen möchten. Es ist nicht viel von ihnen zu gewinnen. - Aber Jehovah ist ihr Gott, und sie sind sein Volk. Unser ewiges Erbe ist ein Teil von ihrem Erbe. Unter ihnen befindet sich ein naher Verwandter. Der rechte Boas ist bereit, uns zu sich zu nehmen und unser Erbe zu lösen.
Lasst uns wohl überlegt, demütig, fest, freudig und sofort Gott und seine Heiligen erwählen; lasst uns mit ihnen gehen, wohin sie gehen.
Was sagen unsere Zuhörer dazu? Wollt ihr euch euren frommen Verwandten anschließen? Oder wollt ihr einen anderen Weg einschlagen und so ein Ziel erwählen, das von dem ihrigen weit entfernt ist?
Fenster.
Mir sind oft Fälle begegnet, wo die Liebe zur Mutter in der jungen Brust das Verlangen wach gerufen hat, der Mutter Gott kennen zu lernen. Der Gedanke, einen abgeschiedenen Vater nie wieder zu sehen, hat oft Kinder veranlasst, den Herrn zu suchen. Ist nicht menschliche Liebe ein besonders passendes Mittel, das die himmlische Liebe gebrauchen kann?
Die Kraft des christlichen Charakters, die aus seinem Gesicht, aus seiner Gestalt und besonders aus den Reden eines Christen hervorleuchtet, wird schön durch nachfolgenden Vorgang illustriert: Ein Afghane brachte einst eine Stunde in der Gesellschaft des Dr. W. Marsh aus England zu. Als er hörte, dass Dr. Marsh gestorben sei, sagte er: „Seine Religion soll hinfort meine Religion, sein Gott soll mein Gott sein, denn ich muss dahin gehen, wo er ist und sein Angesicht wiedersehen.“ Ich weiß, dass sein Sack und seine Asche besser ist, als das Gelächter der Toren. Rutherford.
In einem Memoire von Prediger G. G. Letters wird erzählt, dass er bei Gelegenheit einer Gebetsversammlung an einem Sonntag-Abend bekehrt wurde. An demselben Abend, als seine Mutter mit ihren Kindern am Herd saß, sprach sie von der Freude, die sie haben würde, wenn sie alle als eine Familie zusammen auf dem schmalen Pfad zum Himmel reisen könnten. Plötzlich sprang Georg, der unlängst aus der Gebetsversammlung heimgekehrt war, auf, blickte sich um und sagte in ruhig entschlossenem Ton: „Was mich betrifft, so habe ich mich für Christum entschieden. Die öffentliche Verbindung mit dem Volk Gottes ist höchst wünschenswert. Es würde bei einem Soldaten auf Treulosigkeit schließen lassen, wenn er seine Uniform nicht tragen und seinen Platz nicht in der Reihe der Soldaten einnehmen wollte. Es ist wohl wahr, dass er allein kämpfen könnte, aber es würde doch wahrscheinlich ein trauriges Geschäft werden. Wenn Gottes Volk sich unserer nicht schämen will, so haben wir gar nicht nötig, uns desselben zu schämen. Ich möchte nicht gern in den Kleidern eines Diebes versteckt in eine öffentliche Versammlung gehen; ich ziehe meine eigenen Kleider vor, und ich kann nicht verstehen, wie Christen sich in den Gewändern der Weltlinge gefallen können.