Spurgeon, Charles Haddon - Das Kleinod des Friedens.
Gehalten am Sonntag Morgen, den 18. März 1877.
„Er aber, der Herr des Friedens, gebe euch Frieden allenthalben, und auf allerlei Weise. Der Herr sei mit euch allen.“ 2. Thess. 3,16.
Wenn das Herz voll Liebe ist, findet es die Hand zu schwach für seine Wünsche. Deshalb sucht es Erleichterung im Fürbitten und Segnen; wünschend, betend und segnend, wo es nicht tatsächlich seine liebende Absicht ausführen kann. Der Apostel würde für die Thessalonicher alles erdenkliche Gute getan haben, wenn es in seiner Macht gelegen, aber seine Wünsche gingen sehr viel weiter, als seine Fähigkeiten und deshalb betete er für sie und rief auf sie den Segen des Herrn und Meisters herab, dem er diente. Hier ist eine Lehre für uns in der Kunst, Gutes zu tun; wie wir unseren Blick mit dem Teleskop verlängern, wie wir unsere Worte in die Ferne senden mit dem Telegraph, so lasst uns unsere Fähigkeit, Gutes zu tun, ausdehnen durch den beständigen Gebrauch der Fürbitte. Eltern, wenn ihr alles, was ihr könnt, für eure Kinder getan habt, seid dankbar, dass ihr ihnen einen größeren und weiteren Segen verschaffen könnt, indem ihr sie der Sorge des großen Vaters im Himmel empfehlt. Freunde, erweist euren Freunden den besten Freundschaftsdienst, indem ihr um die Freundschaft Gottes für sie bittet. Ihr, die ihr die Seelen der Menschen liebt, wenn ihr all' eure Kraft bei ihnen angewandt habt, dankt Gott, dass es noch etwas mehr gibt, was ihr für sie tun könnt, denn durch ernstes Anliegen und Flehen könnt ihr die wirksame Kraft des Heiligen Geistes von Oben niederbringen, die in ihren Herzen das wirken kann, was nicht in ihrer Macht zu vollbringen ist. Der Apostel sah, dass die Thessalonicher sehr beunruhigt waren und er schrieb sehr ermutigende Worte, um sie aufzurichten, aber er wusste, dass er nicht die Bürde von ihren Herzen nehmen könnte, und deshalb wandte er sich zu dem Gott alles Trostes und bat den, ihnen Frieden zu geben allenthalben und auf allerlei Weise. Dies geringe Maß unserer Kraft, Andern Gutes zu tun, wird kein Nachteil für sie sein, wenn es uns dahin führt, die ewige Macht zu erfassen, denn das wird eine höhere Segenskraft ins Feld führen und unsere Schwachheit wird nur Raum für die Entfaltung göttlicher Gnade machen.
Lasst uns zuerst sehen auf den vielseitigen Segen, den der Apostel herab ruft - Frieden; und dann lasst uns bemerken das besonders Wünschenswerte desselben. Drittens lasst uns beachten, von wem er kommt; und viertens, den weiten Umfang des apostolischen Gebetes.
I.
Zuerst denn, lasst uns auf den vielseitigen Segen sehen: „Der Herr des Friedens gebe euch Frieden.“ Einige haben diesen Ausdruck auf Frieden innerhalb der Kirche beschränken wollen, da die Zahl unordentlicher Mitglieder augenscheinlich unter den Thessalonichern wuchs; aber das ist eine sehr enge und kleinliche Deutung, und es ist nie weise, die Bedeutung des Wortes Gottes zu verengen. In der Tat, eine so verkürzte Erklärung ist nicht zu ertragen, denn es scheint nicht, dass die unordentlich wandelnden Brüder, die in dem Kapitel erwähnt werden, schon irgend eine Störung erzeugt hatten; sie hatten sich ruhig gemästet auf Kosten ihrer großmütigen Brüder und waren gewiss nicht sehr geneigt, mit der Kuh zu zanken, die ihnen Milch gab. Obgleich ohne Zweifel Ruhe in der Kirche mit einbegriffen ist als Eine Art des Friedens, so würde es doch ein trauriges Verkleinern der Meinung des Geistes sein, Eine Gestalt des Segens zu betrachten, so dass die übrigen vernachlässigt würden. Nein, der hier gemeinte Friede ist „die tiefe Gelassenheit einer Seele, die in Gott ruht,“ die stille Ruhe des Geistes, welche die besondere Gabe Gottes ist und das köstliche Vorrecht des Gläubigen. „Großen Frieden haben die, die dein Gesetz lieben und werden nicht straucheln.“
Der Friede des Textes ist ein Diamant mit manchen geschliffenen Flächen, aber indem wir seine Vielseitigkeit betrachten, müssen wir uns erinnern, dass er sich hauptsächlich auf Gott bezieht. Der tiefste, beste und würdigste Friede der Seele ist ihre Ruhe in Bezug auf den Herrn Gott selber. Ich hoffe, wir wissen dies und erfreuen uns dessen in diesem Augenblick. Wir fürchten uns nicht mehr vor Gott: die Sünde, welche uns von ihm schied, ist ausgetilgt, und die Entfernung, welche sie erzeugte, hat aufgehört. Das Sühnopfer hat vollkommene Versöhnung bewirkt und ewigen Frieden gegründet. Die Schrecken des Gesetzes Gottes sind für uns hinweggenommen und statt dessen fühlen wir den Zug seiner Liebe. Wir sind nahe gebracht durch das sühnende Opfer und haben Frieden mit Gott durch Jesum Christum, unseren Herrn. Wir wissen, dass alle seine Gedanken über uns Gedanken der Liebe sind, und wir loben seinen Namen, dass unsere Gedanken an ihn nicht mehr die des Sklaven an seinen Aufseher oder eines Verbrechers an seinen Richter sind, sondern die eines geliebten Kindes an einen freundlichen und zärtlichen Vater. Brünstige Liebe herrscht in unseren Herzen, treibt alle Furcht aus und macht, dass wir uns freuen in Gott durch unseren Herrn Jesum Christum. Dies ist ein großer Segen. Es ist sicher eine hohe Wonne für einen Menschen, zu wissen, dass ob es ihm gut oder übel geht, ob er lebt oder stirbt, nichts zwischen ihm und Gott ist, als vollkommene Freundschaft; denn alles, was beleidigt, ist hinweggetan.
Geliebte, wenn der Apostel und Frieden wünscht in den Worten unseres Textes, so meint er ohne Zweifel, dass unsere Herzen in vollkommenem Frieden sein sollten, indem sie in volle Übereinstimmung mit dem Willen Gottes gebracht werden; denn ach, wir haben Einige gekannt, die, wie wir hoffen, Vergebung erlangt haben und Gotteskinder sind, und doch in trauriger Weise mit Gott hadern. Es gefällt ihnen nicht, was er tut; sondern sie klagen, dass er hart mit ihnen handelt: sie sind unartige Kinder und beharren in einer Art von Schmollen mit ihrem himmlischen Vater, weil er nicht allen ihren Launen und Einfällen nachgibt. Nun, möge der Herr des Friedens, allem solchen betrübten Streit in den Herzen seines Volkes ein Ende machen. Mögt ihr den Herrn so sehr lieben, und ihm so völlig vertrauen, dass ihr keinen Hader mit ihm beginnen könntet, selbst wenn er euch schlüge und zerschlüge und eure Gebeine zerbräche. Was er auch tut, wir sollen es nicht nur mit Ergebung hinnehmen, sondern uns darin freuen. Das, was ihm gefällt, sollte uns gefallen. Dann haben wir vollkommenen Frieden, wenn wir den Herrn preisen und erheben können, selbst für die scharfen Schläge seiner Rute und die starken Flammen seines Feuerofens. Möge Gott uns in diesen Zustand bringen, denn es gibt keine Freude, die dieser gleicht; vollkommener Friede mit Gott ist der Himmel hienieden.
Ja, Brüder, wir kommen ein wenig weiter als bis zur Versöhnung und Unterwerfung, denn wir gelangen in den Genuss des Wohlgefallens. Es gibt Menschen, die in Frieden mit Gott sind, so weit es die Vergebung der Sünden anlangt, und sich einigermaßen in Übereinstimmung mit seinem Willen befinden, aber sie wandeln nicht sorgfältig auf dem Pfade des Gehorsams und so fehlt ihnen das Gefühl der göttlichen Liebe. Gott ist ihr Vater und er liebt sie, aber er verbirgt sein Angesicht vor ihnen; sie wandeln ihm entgegen und so wandelt er ihnen entgegen. Wir können solchen Zustand nicht als einen des vollsten Friedens betrachten. Die wirkliche Gemütsruhe genießen wir, wenn Herz und Leben täglich durch die Gnade gereinigt werden, so dass nichts da ist, was den Geist Gottes betrübt und deshalb däucht es dem Herrn Recht, sein Kind mit dem Lichte seines Angesichtes in vollem Mittagsglanze zu begnadigen. O, wie selig, in dem Lichte der Liebe Jehovas sich zu sonnen, frei von allem Zweifel und kein Bewusstsein der Sünde mehr zu haben! In diesem Gefühl des Begnadigtseins liegt die Ruhe des Himmels. Möge der Herr des Friedens selber uns diesen Frieden geben.
Friede, weil die Sünde vergeben ist, ist die liebliche Frucht der Rechtfertigung: „Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott.“ Friede, weil das Herz erneut und mit dem Willen Gottes in Übereinstimmung gebracht ist, ist die selige Folge der Heiligung, denn „geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede.“ Friede, weil die Seele sich bewusst ist, der Gegenstand göttlicher Liebe zu sein, ist eine köstliche Zugabe zu dem Geist der Kindschaft, welcher das wahre Wesen des Friedens ist. Brüder in Christo, möge dieser dreifache Frieden mit Gott allezeit mit euch sein.
Nun sehen wir weiter und bemerken, dass dieser Friede sich um uns her ausbreitet und alle Dinge mit seinem sanften Lichte bestrahlt. Gott ist groß und erfüllt Alles, und wer mit ihm in Frieden ist, ist mit allem Andern in Frieden. Versöhnt mit Gott, spricht der Gläubige: Alles ist mein, ob Gegenwärtiges oder Zukünftiges; alles ist mein, denn ich bin Christi und Christus ist Gottes. Siehe, der Herr hat gemacht, dass wir im Bunde mit den Steinen im Feld sind und die Tiere des Feldes sind im Frieden mit uns. Die Vorsehung ist unser Zelt und die Engel unsere Diener. Alle Dinge müssen uns zum Besten dienen nun wir Gott lieben und nach dem Vorsatz berufen sind. Wir erschrecken nicht mehr vor dem Grauen des Nachts, vor den Pfeilen, die des Tages fliegen, vor der Pestilenz, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die im Mittage verdirbt. Siehe, der Herr deckt uns mit seinen Fittigen und unter seinen Flügeln haben wir Zuversicht; seine Wahrheit ist unser Schirm und Schild. Wir begehren seiner, darum hilft er uns aus, und er schützt uns, weil wir seinen Namen kennen. In Frieden mit dem Herrn der Heerscharen sind wir in Frieden mit allen Heeren des Weltalls, im Bunde mit allen Kräften, die auf Jehovas Geheiß sich stellen. Obgleich wir mit dem Satan kriegen müssen, so ist doch selbst er gefesselt und als Sklave gezwungen, gute Absichten gegen seinen eigenen Willen auszuführen. Es ist weder im Himmel, noch auf Erden, noch in der Hölle etwas, das wir zu fürchten nötig haben, wenn wir einmal mit Gott recht stehen. Bringe das Zentrum in Ordnung und der Umkreis ist sicher: Friede mit Gott ist allgemeiner Friede.
Dies zeigt sich tatsächlich in des Christen innerem Frieden hinsichtlich seiner äußeren Umstände, seien die, welche sie wollen. Im Frieden mit Gott sieht er des Herrn Hand in Allem um ihn her und ist zufrieden. Ist er arm? Der Herr macht ihn reich an Glauben und er bittet nicht um Gold. Ist er krank? Der Herr verleiht ihm Geduld und er rühmt sich seiner Trübsal. Wird er verhindert an dem heiligen Dienst, den er so sehr liebt? Er fühlt, der Herr weiß es am besten. Wenn er durch Wirken den Willen Gottes ausführen könnte, so würde er sehr dankbar sein und eifrig den Lauf laufen, der ihm verordnet ist; aber wenn er im Hospital liegen und mehr leiden, als dienen muss, so wünscht er nicht, sein eigenes Verlangen dem Willen seines Meisters voranzustellen, sondern er überlässt sich den Händen des Herrn und sagt: „Herr, tu mit mir, wie du willst. Ich bin so im Frieden mit dir, dass ich dich loben will, wenn du mich gebrauchst, und loben, wenn du mich bei Seite legst: wenn du mein Leben erhältst, will ich dich loben und wenn du mich ins Grab hinunter bringst, will ich dich loben; wenn du mich unter den Menschen ehret, will ich dich loben und wenn du mich unter die Füße treten lassen willst wie Stroh für den Dunghaufen, so will ich dich dennoch loben: denn du bist Alles und ich bin nichts, du bist ganz Güte und ich bin Sünde und Leerheit.“ Die Seele, welche so vollkommenen Frieden in Adem hat, was sie persönlich umgibt, ist in der Tat glücklich; sie weidet auf grüner Aue und wird mit frischem Wasser erquickt.
Gelobt sei Gott, dieser Friede ist hauptsächlich in der Seele selbst in ihrem eigenen Denken, Glauben, Hoffen, Erwarten und Wünschen. Wir haben nicht nur Frieden mit der äußeren Welt, sondern Frieden im Inneren. Im Grunde liegen doch Glück und Frieden mehr im Menschen selber als in irgend etwas außer ihm. Der Himmel liegt mehr im Herzen als in den goldenen Gassen, und der Hölle Flammen bestehen mehr in den Gewissensqualen als in dem Feuer des Tophet, welches der Odem Gottes angezündet hat. So ist der Friede, welchen Jesus gibt, in unserem Inneren; „der gute Mann ist zufrieden in sich selber.“ (Spr. Sal. 14,14. engl. Üb.) Einigen Gemütern ist der Friede fremd. Wie können sie Frieden haben, sie haben keinen Glauben Sie sind wie ein Ding, das vom Wirbelwinde umher getrieben wird, sie haben keinen festen Boden, keine bleibende Begründung für ihren Glauben. Dies sind die Lieblinge der Schule des neueren Denkens, deren Jünger so eifrig darin sind, Zweifel auszubrüten, als wenn die Seligkeit dadurch erlangt würde. Zweifle und du wirst selig, ist ihr Evangelium, und wer sieht nicht. dass dies nicht das Evangelium des Friedens ist? Fürwahr, sie sind empfänglicher Natur und spähen nach frischem Lichte aus, obgleich die Sonne der Gerechtigkeit lange zuvor aufgegangen ist. Solche Ungewissheit ist nichts für mich. Ich muss etwas wissen, sonst kann ich nicht leben: Ich muss über etwas Gewissheit haben, sonst habe ich keinen Beweggrund zum Handeln. Gottes Absicht war nie, dass wir im beständigen Fragen leben sollten. Seine Offenbarung ist echt und kann nicht sein jene formlose Wolke, als philosophische Theologen sie darstellen. Es muss etwas Wahres geben und Christus muss in die Welt gekommen sein, um uns etwas Seligmachendes und Zuverlässiges zu lehren; er kann nicht beabsichtigen, dass wir immer in Sümpfe und Moraste stürzen sollen, dem Irrlicht der Vernunftreligion nach. Es gibt sicherlich irgend welche erkennbare, unfehlbare, geoffenbarte Wahrheit für gewöhnliche Leute; muss etwas Sicheres geben, darauf man ruhen kann. Ich weiß, dass es so ist und ich verkünde euch, was ich gehört und gesehen habe. Es gibt große Wahrheit, welche der Herr mir tief in die Seele eingegraben hat, in Betreff deren alle Menschen auf Erden und alle Teufel in der Hölle mich nicht erschüttern können. In Bezug auf diese Grundlehren hat ein unbeweglicher und unüberwindlicher Dogmatismus Gewalt über meine Seele und deshalb hat mein Gemüt Frieden. Das Gemüt eines Menschen muss fest werden in den ewigen Wahrheiten durch die Unterweisung des Heiligen Geistes, sonst kann er nicht wissen, was Friede ist.
Ich möchte für jeden meiner Brüder bitten, dass er einen Ankergrund für Herz und Gemüt finde und ihn nie verlasse. Es wird oft von uns als einer altmodischen Kirche gesprochen, und von eurem Prediger wird gesagt, er sei Ultimus Puritanorum, der letzte der Puritaner, ein Mann, unfähig jedes Gedankens über die Grenze der altmodischen Theologie hinaus. Ich preise den Herrn, dass es sich so verhält. Ich bin in der Tat unfähig, das Evangelium zu verlassen für diese neugebackenen Theorien. Nieder ging mein Anker vor Jahren schon: es war mir eine große Erleichterung, als ich ihn zuerst Grund fassen fühlte, und es ist eine immer wachsende Freude für mich, dass ich weiß, an wen ich glaube und gewiss bin, dass er mir das bewahren kann, was ich ihm anvertraut habe. Ansprüche auf originelle Gedanken habe ich nie erhoben. Ich erfinde nichts, ich erzähle nur die alte, alte Geschichte, wie Gott mich dazu fähig macht. „Ach,“ sagte ein gewisser Theologe eines Tages zu mir, „es muss sehr leicht für Sie sein zu predigen, weil Sie wissen, was Sie sagen werden; Ihre Ansichten sind fest und stereotyp. Was mich betrifft,“ fügte er hinzu, „ich suche immer nach der Wahrheit und weiß die eine Woche nicht, was ich die andere predigen werde. So sprechen die Lehrer - wundert ihr euch, wenn die Schüler in Zweifel sich verirren? Hat der Herr den Mann keine gewisse Wahrheit gelehrt? Dann lass ihn warten, bis er seine Botschaft empfangen. Bis er das Evangelium als die Kraft Gottes, selig zu machen, am eigenen Herzen erfahren hat, lass ihn auf der Bank der Büßenden sitzen und um Fürbitte nachsuchen, aber niemals eine Kanzel besteigen: Was tun die Kirchen doch, dass sie diese Säer des Unglaubens dulden? Es war eine Zeit, wo die Väter in unserem Israel Die von ihren Kanzeln verjagt hätten, welche sich des Unglaubens rühmen, der ihre Schande ist. Möge der Herr des Friedens euch Frieden in eurem persönlichen Glauben und euren Überzeugungen geben, dann werdet ihr, wenn ihr in tiefe Wasser der Prüfungen und Leiden kommt, sagen: „Ach, ich glaubte doch die rechte Lehre. Ich kann fühlen, wie mein Anker am Unsichtbaren festhält. Ich bin nicht getäuscht. Ich bin nicht listig ersonnenen Fabeln gefolgt, denn die Verheißung ist wahr und ich fühle ihre Kraft, sie hält und richtet mich auf und tröstet mich in all' meinen Leiden und ich weiß, sie wird es bis zu meiner Todesstunde tun.“ Möge jeder beunruhigte Denker den Frieden des Glaubens finden und ihn nie verlieren.
Viele Gemüter sind für immer ruhelos in ihren Befürchtungen. Es ist ein Großes, zu wissen, wovor man zittert, denn wenn ihr wisst, was ihr fürchtet, so ist die halbe Furcht vorüber. Die unbestimmte Gestalt, die geheimnisvolle Hand, die keinen Arm hat, aber an die Wand in fremden Zeichen schreibt - die Dunkelheit aller gefürchteten Dinge macht die Seele ruheloser. Aber selig ist der Mann, den der Herr seine Furcht gelehrt hat, so dass er weiß, was er fürchtet und nicht seinen Hoffnungen in beständiger Verfinsterung zu bleiben gestattet.
Von diesem vielseitigen Frieden müssen wir etwas mehr sagen. Die Thessalonische Kirche war auf dreierlei Weise beunruhigt. Sie war von außen verfolgt. Das ist keine angenehme Sache, indes der Apostel sagt: „Ich bin mit dir: alles Böse, das getan wird, wird mir angetan, und du trägst es um meines Namens willen,“ dann, Geliebte, kann keine Verfolgung den Frieden der Seele stören, vielmehr freut sich der Leidende und ist fröhlich, dass er würdig geachtet ist, nicht nur, an Christum zu glauben, sondern um seinetwillen zu leiden.
Ferner, die Thessalonische Kirche ward durch gewisse falsche Lehrer beunruhigt. Sie lehrten nicht ganz und gar neue Lehre, sondern auf einer Grundlage von Wahrheit errichteten sie ein Gebäude von Irrtum. Sie übertrieben eine einzelne Wahrheit und gingen im Lehren derselben bis zur Schwärmerei. Sie sagten, Christus wird kommen, deshalb ist der Tag Christi vorhanden. Sie gehörten zu jener Klasse von Fanatikern, die immer von „den Zeichen der Zeit schwatzen“ und vorgeben, zu wissen, was in den nächsten zwanzig Jahren geschehen wird. Es waren Betrüger der Art zu Pauli Zeit und es gibt solche Betrüger jetzt. Glaubt ihnen nicht, denn sie können nicht mehr von der Zukunft wissen, als blinde Pferde. Ich stelle sie alle zusammen bin als Betrüger, ob sie Prediger sind oder Bücherschreiber, denn kein Mensch kennt die Zukunft, und kein Mensch kann seinem Nächsten etwas darüber sagen. Ich kümmere mich nicht mehr um ihre Erklärungen der Weissagung, als um das angebliche Augenblinzeln der Madonna; doch werden sie die Betrügerei fortsetzen und sagen, Einer dies, der Andere jenes, dass dies und das Wunder geschehen wird und dass furchtbare Gerichte über unser Volk kommen werden. Der Apostel wollte die Thessalonicher nicht in ihrem Gemüt beunruhigt wissen durch die Furcht vor der Zukunft. Brüder in Christo, die furchtbarste Tatsache in der Zukunft kann keine Ursache zum Schrecken sein für einen wahren Gläubigen. Der Herr tröstet sein Volk und es ist nichts in seinen Plänen oder Zwecken, das sie zu beunruhigen beabsichtigt. Ihr könnt versichert sein, wenn irgend eine Lehre in der Bibel einen gottesfürchtigen Menschen hindert am Genuss des Friedens, so muss es sein, weil er sie noch nicht völlig verstanden, oder sie in Bezug auf sich selber missverstanden hat. Die Wahrheit muss den wahrhaften Menschen zum Frieden dienen. Alle Wahrheit, ob Lehre oder Weissagung, ist auf Seiten der Kinder Gottes; wie könnte es anders sein? Der Apostel sagt den Thessalonichern, sie sollten sich nicht erschrecken lassen wegen des Kommens Christi. „Der Herr sei mit euch allen,“ sagt er und wenn der Herr mit uns ist, was macht es uns aus, ob er sogleich persönlich kommt oder ob er's vorzieht, zu warten? Wir sollen seines Kommens harren, aber nicht mit Schrecken, denn die Tatsache, dass er schon gekommen ist, ist eine Quelle der Wonne. Wir freuen uns seiner ersten Zukunft und fürchten nicht die zweite: da wir schon durch den Glauben mit ihm in das himmlische Wesen versetzt sind, was macht es uns aus, ob er droben oder hienieden ist, ob wir im Himmel oder auf Erden sind, so lange wir in ihm bleiben. Wilde Fanatiker mögen aufstehen, werden wahrscheinlich aufstehen, die wiederum erschreckende Neuigkeiten ausbreiten werden von Kriegen und Kriegsgeschrei, und irgend ein verhängnisvolles Jahr als das Ende aller Dinge außerlesen. Wohl, wenn solches der Fall sein sollte, wenn die Menge in die Wüste gehet oder in die Stadt, um nach der Zukunft Christi auszusehen, glaubt ihnen nicht, sondern sitzt stille in Frieden und Ruhe der Seele und sprecht: „Meine Seele liebt ihn und er liebt mich. Er kann mir nichts Böses zufügen, ob er die Erde zerstört oder sie schont. Ob die Himmel vergehen und die Erde selbst vor Hitze zerschmilzt, mein Herz ruht in seinem Herrn und weiß sich sicher.“ So errettet der Herr sein Volk von der Störung, die durch falsche Lehre verursacht wird.
Es waren auch in der Kirche Solche, die unordentlich wandelten, umher gingen und müßige Geschichten und Klatschereien ausbreiteten. Sie wollten nichts tun, um ihr Brot zu gewinnen und so hetzten sie die Leute gegeneinander auf. Aber wenn der Herr einem Christen tiefen geistlichen Frieden im Inneren gibt, so macht er sich bald von all den kleinen Unannehmlichkeiten müßiger Zungen und unordentlichen Wandels frei. Er lässt sich nicht ärgern. Mosquitos summen um jede christliche Kirche herum und selig ist der Mann, welcher ihren Biss nicht fühlt und ihr Gesumme nicht achtet; seine Seele wird in Frieden wohnen. Frieden vor den Störern der Kirche ist ein großer Segen und wir sollten Gott dafür preisen, wenn wir den genießen, denn Streit in der Kirche ist wie Bürgerkrieg der schlimmste aller Kämpfe. O, dass wir in heiliger Liebe und ununterbrochener Eintracht lebten mit all' unseren Mitchristen. Möge der Herr des Friedens uns dies verleihen.
So, seht ihr, hat der Friede, von dem hier die Rede ist, viele Seiten. Mögt ihr ihn in allen Formen, Arten und Erscheinungen besitzen und möge euer Geist in den Frieden Gottes, der höher ist denn alle Vernunft, eingehen.
II.
Nun, zweitens lasst uns das besonders Wünschenswerte des Friedens beachten.
Es ist etwas sehr Großes für eine Seele, vollkommenen Frieden zu empfinden, denn wenn sie es nicht tut, so verliert sie die Freude, den Trost und die Seligkeit des christlichen Lebens. Gott wollte niemals, dass seine Kinder wie Distelwolle sein sollten, von jedem Wind umhergetrieben oder wie ein Fußball hin und her von jedem Fuß geworfen. Er wollte, dass wir ein glückliches, friedevolles, fest gegründetes Volk wären. Das Vieh weidet das Gras ab, aber es wird nicht recht genährt, bis es sich niederlegt und in Frieden wiederkäut: der Herr lässt sein Volk weiden und in Ruhe niederliegen. Ihr kennt das Evangelium nicht, liebe Freunde, wenn ihr nicht Frieden dadurch erhalten habt; Friede ist der Saft, die Kraft, die Seele des Evangeliums. Lehren sind Trauben, aber ihr habt sie nie in der Weinkelter ausgetreten, ihr habt nie den strömenden Saft der Beeren in großen Zügen getrunken, wenn ihr die göttliche Wahrheit nicht friedevoll in der Stille eures Herzens betrachtet habt.
Ohne Frieden könnt ihr nicht wachsen. Ein Hirte mag gute Weide für seine Herde finden, aber wenn seine Schafe von wilden Hunden umhergehetzt werden, so dass sie nicht ruhen können, so werden sie zu Haut und Knochen abmagern. Des Herrn Lämmer können nicht wachsen, wenn sie gejagt und geplagt werden; sie müssen die Ruhe genießen, die der Herr den Müden gibt. Wenn eure Seele immer seufzt und stöhnt und ihr Teilhaben an Christo in Frage stellt, wenn ihr immer in Zweifel seid, welche Lehre wahr und welche falsch ist, wenn nichts Festes und Beständiges an euch ist, so kommt ihr nie zu dem vollkommenen Mannesalter in Christo Jesu hinan.
Ohne Frieden könnt ihr auch wenig Frucht tragen, wenn überhaupt irgend welche. Wenn ein Baum häufig umgepflanzt wird, so könnt ihr vernünftigerweise nicht viele goldene Äpfel auf seinen Zweigen erwarten. Der Mann, welcher nicht Wurzel gefasst hat, der das Evangelium weder glaubt, noch ergreift, noch genießt, kann nie wissen, was es ist, fest, unbeweglich zu stehen und ebenso wenig wird er zunehmen in dem Werk des Herrn.
Wir kennen auch Einige, die, weil sie keinen Frieden mit Gott empfinden, aller Beständigkeit ermangeln und ein Raub des Irrtums sind. Die Lehre, welche einem Menschen kein Licht und keinen Trost für sein Herz gewährt, kann bald aus seinem Kopfe vertrieben werden. Wenn ihr keine Süßigkeit aus dem zieht, was ihr glaubt, so würde ich mich nicht wundern, wenn ihr es bald zu bezweifeln beginnt. Die Kraft des Evangeliums ist der beste Beweis desselben für die Seele; ein Mensch glaubt immer an das, was er genießt. Macht nur eine Wahrheit zur geistlichen Speise eines Menschen, lasst sie Mark und Fett für ihn sein und ich stehe euch dafür, er wird sie glauben. Wenn die Wahrheit einem stolzen, fleischlichen Sinn das wird, was das Manna dem murrenden Israel ward, nämlich, lose Speise, davor seiner Seele ekelt, dann schreit der aufgeblasene Verstand nach etwas, was dem Fleisch mehr gefällt, aber für die Seele, welche nach Gerechtigkeit hungert und dürstet, ist das Evangelium so befriedigend, dass sie nie desselben müde wird.
Brüder, ihr müsst Frieden haben um Reichtum der Seele zu haben. Was für ein Unterschied ist zwischen einer Seele in Frieden und einer Seele, die beständig umhergeworfen wird! Ich habe eines Menschen Herz gesehen, das einem Land glich, dessen Hecken niedergebrochen, dessen Wälle dem Erdboden gleich gemacht waren, wo Bewässerung vernachlässigt war, wo Pflügen aufgehört hatte, wo die Weinstöcke nicht beschnitten waren, wo die Felder unbesäet waren und all' dieses, weil ein beständiger Kriegston in der Seele ist und der Friedensgesang nie gehört wird. Solche Seele kann mit dem gelobten Land unter türkischer Herrschaft verglichen werden, wo Niemand Ruhe hat und folglich die Landstraßen verödet sind und die Gärten eine Wüste. Aber ich habe das Leben eines Andern gesehen, das unter dem Einfluss heiligen Friedens aufgewachsen ist, von dem Gott die wandernden Araber des Zweifels und der Furcht abgehalten hat und dem er ein festes Regiment der Gnade gegeben hat und Beständigkeit und ruhige Zuversicht, und siehe, der Mann ist wie das Land gewesen, in dem Milch und Honig fließt. Wie der Krieg den Reichtum der Nationen vergeudet und der Friede ihn sammelt, so verzehrt der Streit im Inneren uns, während der geistliche Friede die Seele fett macht. Wie Palästina, da es Überfluss an Korn und Wein und Öl hatte, Tyrus und Sidon, die daran grenzen, ernähren konnte, so wird der, welcher durch inneren Frieden reich in Gott ist, andere Seelen speisen, bis selbst die, welche an den Grenzen von Immanuels Land wohnen, einen Segen erhalten. Geliebte, ich wollte, jeder Christ kennte die ganze Fülle dieses die Seele reich machenden Friedens. Es tut mir leid, so Viele anzutreffen, die „hoffen“, dass sie Gläubige sind, und „vertrauen,“ dass sie selig werden, aber sie sind dessen nicht gewiss. Ach, Brüder, in diesen Dingen müssen wir über bloße Hoffnungen hinauskommen, wir müssen Gewissheit erreichen. „Wenn“ und „Aber“ sind schrecklich in Dingen, welche die Seele und die Ewigkeit angehen. Wir müssen volle und unzweifelhafte Sicherheit hier haben, göttliche Sicherheit, die der Seele durch den Heiligen Geist verbürgt wird. Freund, entweder bist du heute Morgen errettet oder du bist nicht errettet; entweder bist du in der Liebe Gottes oder du bist nicht darin; entweder bist du des Himmels sicher oder du bist es nicht eins von beiden. Ich bitte dich, lass diese Dinge nicht gefährdet sein; wage lieber alles Andre, als deine Seele. Rufe mächtig zu Gott, dass du diese Dinge fest, gewiss, sicher, über allen Zweifel hinaus, haben möchtest, denn dann wird deine Seele Frieden mit Gott genießen und du wirst stark, nützlich und glücklich werden.
III.
Nun, drittens, werden wir recht in das Herz unseres Textes hinein gehen, während wir ein oder zwei Minuten lang betrachten die einzige Person, von welcher dieser Frieden kommen muss. „Er aber, der Herr des Friedens gebe euch Frieden.“ Wer ist dieser „Herr des Friedens,“ als der Herr Jesus, der Friedensfürst, in die Welt hinein geboren, als Friede über der ganzen Erde war? Es war nur ein kleiner Zwischenraum, in dem die Pforten des Kriegstempels geschlossen waren, und siehe, Jesus kam nach Bethlehem und Engel sangen: „Friede auf Erden.“ Er kam, ein Friedensreich zu stiften, das allgemein werden soll und unter dessen Einfluss man den nutzlosen Helm hoch aufhängen wird und die Kriegskunst nicht mehr lernen. Der Friedensfürst! Wie selig ist der Titel! So war es vor Zeiten von Jesaias geschrieben, und Paulus, der wahre Nachfolger des Jesaias, spricht, indem er nur ein Wort verändert von „dem Herrn des Friedens“. Dies ist er, der, in seinem Wesen selber Friede, es übernahm, des Vaters großer Gesandter zu sein und nachdem er Frieden durch das Blut an seinem Kreuz gemacht, den Streit zwischen den Menschen und seinem beleidigten Schöpfer beendigte. Dies ist er, welcher unser Friede ist, der uns Juden und Heiden Eins gemacht und abgebrochen den Zaun, der dazwischen war. Dies ist der Herr, welcher, als er in der Mitte der Jünger stand, ihnen Frieden gab, indem er sagte: „Friede sei mit euch;“ und dies ist der, welcher bei seinem Scheiden seinen letzten Willen und Testament machte und darin dies große Vermächtnis niederschrieb: „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt.“ Dieses ist der Herr des Friedens, bei dem es ein Teil seiner Natur und seines Amtes ist, Frieden zu geben.
Ich möchte nun besondere Aufmerksamkeit auf die Worte des Apostels in dieser Stelle lenken. Er sagt nicht: „Möge der Herr des Friedens seinen Engel senden, euch Frieden zu geben.“ Es wäre eine große Gnade, wenn er es täte und wir könnten so fröhlich sein, wie Jakob in Mahanaim, als die Engel Gottes ihm begegneten. Er sagt nicht einmal: „Möge der Herr des Friedens euch seinen Diener senden, euch Frieden zu geben.“ Wenn er es täte, könnten wir so glücklich sein, wie Abraham, als Melchisedek ihn mit Brot und Wein erquickte. Er sagt nicht einmal: „Möge der Herr des Friedens am Abendmahlstisch, oder beim Lesen des Wortes, oder im Gebet, oder in einer anderen heiligen Übung euch Frieden geben.“ In all' diesem könnten wir eben so erfrischt werden, wie Israel in Elim, wo Brunnen und Palmbäume die 12 Stämme froh machten; er sagt indes: „der Herr des Friedens selber (engl. Üb.) gebe euch Frieden,“ als wenn er allein in seiner eigenen Person Frieden geben könnte, und als wenn seine Gegenwart das einzige Mittel eines solchen göttlichen Friedens wäre, wie er ihn wünschte.
„Der Herr des Friedens selber gebe euch Frieden.“ Diese Worte sind unaussprechlich süß für mich. Wenn ihr einen Augenblick nachdenken wollt, so werdet ihr sehen, dass wir niemals Frieden erhalten anders als durch den Herrn selber. Was wird euch in euren schlimmsten Zeiten Frieden bringen? Ich will es euch sagen. „Dieser wird der Friede sein.“ (Micha 5,5. engl. Üb.) Mir hat es oft großen Frieden verliehen, an seine geheimnisvolle Person zu denken. Er ist ein Mensch, versucht in allen Dingen, gleichwie ich es bin, ein Mensch, der jeden Kummer der Seele und jeden Schmerz des Körpers kennt, daher sein zartes Mitgefühl und seine Macht zum Beistand. Habt ihr nicht oft Frieden aus dieser süßen Betrachtung gezogen? Ihr wisst, dass ihr es habt. Seine Person ist also ein Quell des Friedens. Und habt ihr nicht Ruhe in eurer Seele gefühlt, indem ihr über seinen Tod nachdachtet? Ihr habt ihn verwundet, blutend, sterbend am Holze gesehen; und, euch selbst unmerklich, hat sich eine wunderbare Ruhe über euer Herz gelegt und ihr seid voller Frieden in Betreff aller Dinge gewesen. Ja. Jesus selber ist das Büschel Myrrhen und Würze, von dem der Friede wie ein süßer Wohlgeruch fließt. Wenn er euren Herzen sehr nahe tritt und seine Wunden bloß legt und euch von seiner Liebe spricht, und ihre göttliche Inbrunst euch fühlen lässt, wenn er euch versichert, dass ihr Eins mit ihm seid, in einer ewigen Vermählung ihm verbunden, die keine Scheidung kennt - dann ist eure Seele tief in den Frieden eingetaucht. Dies ist eine Sache der Erfahrung und keine bloßen Worte können sie ausdrücken. „Der Herr des Friedens selber gebe euch Frieden.“ Dies, sage ich, tut er, hauptsächlich, indem er sich den Herzen seiner Diener offenbart.
Dann bemerkt, dass der Text sagt: „gebe euch Frieden,“ nicht bloß, biete ihn euch an oder beweise euch, dass ihr Frieden haben solltet, oder zeige euch die Grundlage des Friedens, sondern „gebe euch Frieden.“ Er hat die Macht, Frieden in das Herz zu bauchen, Frieden in der Seele zu schaffen und den Geist in jenen süßen Schlummer der Geliebten zu lullen, welcher die besondere Gabe des Himmels ist. („Er gibt seinen Geliebten Schlaf.“ Ps. 127,2. engl. Üb.) Ich will euch Ruhe geben,“ sagt er und er kann und will es tun.
„Der Herr sei mit euch allen!“ als wollte er sagen: „Das ist es, was ich meine.“ Ich bete, dass Jesus mit euch sein möge, denn wenn er gegenwärtig ist, so müsst ihr Frieden genießen. Lasst das Meer toben und jeden Balken des Schiffes krachen; ja, lasst es leck werden, bis zwischen jedem Brett ein hungriger Mund gähnt, euch zu verschlingen; doch, wenn Jesus aufsteht, wird er Wind und Wellen bedräuen und es wird ganz stille werden. „Ich bin es, fürchtet euch nicht,“ ist genug, um sogleich Frieden zu schaffen. Mögt ihr immer diesen Frieden kennen, den Jesus allein geben kann.
IV.
Nun muss ich schließen mit dem vierten Teil, der eine Betrachtung des Umfanges des Gebetes ist: „Der Herr des Friedens selbst gebe euch Frieden allezeit“ (engl. Üb.)
Was! Allezeit in Frieden? Ja, das ist es, was der Apostel euch wünschet. Möge euch Frieden gegeben werden allezeit. „Wohl, ich fühle mich sehr glücklich an den Sonntagen. Ich habe solchen Frieden, dass ich wünsche, ich könnte eine Woche von Sonntagen haben.“ Möge der Herr selbst dir Frieden geben allezeit, an allen Wochentagen so wohl, wie an des Herrn Tagen. „Wahr, ich bin in der letzten Zeit sehr glücklich gewesen,“ sagt Einer, „Gott hat uns Wohlstand gegeben und Alle in der Familie sind voll Liebe gewesen; aber ich weiß nicht, wie es sein würde, wenn ich einen unverträglichen Gatten hätte und ungehorsame Kinder.“ Schwester, ich will dir sagen, wie ich wünsche, dass du wärest - ich wünschte dich voll Ruhe unter allen Umständen - „Der Herr des Friedens gebe euch Frieden allezeit.“ „Ich habe viel Frieden in der Betstunde,“ sagt der Eine. Ich wünsche, du hättest in deiner Werkstatt auch Frieden. „Ich habe Frieden, wenn ich allein mit meiner Bibel bin;“ ruft ein Anderer. Wir beten, dass du gleichen Frieden haben möchtest, wenn dir das Lagerbuch zu schaffen macht oder wenn du beunruhigt wirst durch jene unbezahlten Rechnungen, das flaue Geschäft und den niedrigen Kurs im Sandel. Du brauchst Frieden allezeit. Unsere Freunde, die gewöhnlich Quäker genannt werden, haben uns in der Regel ein schönes Beispiel von ruhiger, würdiger Gelassenheit und von Frieden vor Augen gestellt. Wie ungestört erscheinen sie gewöhnlich. Worin sie sonst auch fehlen, sie zeichnen sich aus durch ein gewisses gelassenes Wesen, das wie ich hoffe, das Anzeichen des inneren Friedens ist. Eine Menge Christen sind ärgerlich, aufgeregt, leicht gereizt, hastig und veränderlich. Es sollte nicht so sein, Brüder; ihr solltet mehr Gewicht an euch haben, mehr Gnade, mehr Stetigkeit. Eurer Seele Angelegenheiten sind alle in Ordnung, nicht wahr? Alles ist auf ewig in Ordnung, alles ist unterzeichnet, besiegelt und übergeben; der Bund ist in allen Dingen geordnet und sicher und Alles in der göttlichen Hand zu unserem Besten. Wohlan denn, warum sollten wir nicht so glücklich wie die Engel sein? Warum sind wir unruhig? Gibt es etwas, wert, dass man dafür eine Träne vergießt, nun da Alles für die Ewigkeit gut ist? Unser Mangel an Frieden entsteht daher, dass wir nicht die Fülle unseres Textes uns eigen gemacht haben. „Der Herr des Friedens selbst gebe euch Frieden allezeit.“ Er kann euch immer Frieden geben, denn er wechselt nie; es ist immer derselbe Grund zum Frieden da; ihr könnt immer zu ihm um Frieden gehen und er ist immer bereit, ihn zu verleihen. O, dass wir ihn allezeit besäßen!
Bemerkt ferner, es steht geschrieben: „Möge der Herr des Friedens euch Frieden geben allezeit, durch alle Mittel.“ Kann er uns durch alle Mittel Frieden geben? Ich weiß, er kann uns durch einige Mittel Frieden geben, aber können alle Mittel diesem Zwecke dienstbar gemacht werden? Einige Dinge wirken augenscheinlich zum Frieden, aber kann er uns Frieden durch die entgegengesetzten Kräfte geben? ja gewiss, er kann Frieden durch Bitteres sowohl als durch Süßes geben, Frieden durch Sturm sowohl als durch Stille, Frieden durch Verlust sowohl als durch Gewinn, Frieden durch Tod sowohl als durch Leben. Denn bemerkt, es gibt zwei große Wege, uns Frieden zu geben: und der eine ist, durch Hinwegnahme alles dessen, was uns beunruhigt. Hier ist ein Mann, der sich quält, weil er kein Geld macht, oder weil er viel von seinem Reichtum verloren hat. Gesetzt, der Herr nähme ihm alle Habgier, alle seine Gewinnsucht, alle Weltliebe wird er nicht sogleich mit Frieden erfüllt? Er ist in Frieden, nicht, weil er mehr Geld hat, sondern weil er weniger gieriges Verlangen hat. Ein Anderer ist sehr ehrgeizig, er will etwas sein, er muss groß sein und wird es doch nie werden und deshalb ist er ruhelos. Gesetzt, die Gnade Gottes demütigte ihn und nähme sein hohes Trachten hinweg, so dass er nur wünschte, zu sein und zu tun, was der Herr will. Seht ihr nicht, wie schnell er zur Ruhe kommt? Ein Anderer hat ein zorniges Gemüt und ist rasch aufgebracht: der Herr ändert nicht die Leute in seiner Umgebung, aber er ändert ihn selber, macht ihn ruhig, bereit zum Vergeben, und sanften Geistes. Welchen Frieden fühlt der Mann nun! Ein anderer hat ein neidisches Auge gehabt - er sah nicht gern das Wohlergeben Anderer und wenn Andere besser daran waren, als er selber, so urteilte er hart über sie. Der Herr presst diesen bitteren Tropfen des Neides aus seiner Seele und siehe, wie friedevoll ist er jetzt - er freut sich, Andere vorwärts kommen zu sehen und wenn er selber leidet, so macht es ihn glücklich, zu denken, dass Andere mehr begünstigt sind. Es ist ein großer Segen, wenn der Herr die störenden Elemente aus dem Herzen entfernt. Selbst Neugierde kann eine Quelle der Unruhe sein. Viele werden sehr geplagt von der Neugierde. Ich habe manchmal wissen wollen, warum der Herr dies und das mit mir tat. Gelobt sei sein Name, ich bin entschlossen, ihn nicht mehr auf diese Weise zu befragen. Jemand betete neulich, dass ich den Grund sehen möchte, warum mir der Herr kürzlich ein Leiden gesandt. Ich hoffe, der Bruder wird nicht mehr darum beten, denn ich wünsche des Herrn Gründe nicht zu wissen - warum sollte ich? Ich weiß, er hat recht und ich will ihm keine Unehre antun, indem ich ihn katechisiere und verlange, dass er sich vor einem armen Wurm erklären soll. Das ist's, wo der Schade bei den Meisten von uns gelegen hat, wir haben sehen wollen, wie dies und das recht sein könne. Warum sollten wir? Wenn Gott etwas verbirgt, lasst uns wünschen, dass es verborgen bleibe. Ein Diener ging durch eine Straße mit einer sonderbar verdeckten Schüssel. Ein Anderer begegnete ihm und sagte: „Mich verlangt sehr zu wissen, was dein Herr in die Schüssel getan hat, denn er hat sie so sorgfältig bedeckt.“ Aber der Diener sprach: „ Deshalb solltest du nicht wünschen, es zu wissen, denn da mein Herr sie so sorgfältig verdeckt hat, ist es klar, dass dies dich nichts angeht.“ So, wenn irgend eine Schickung euch stutzig macht, nehmt es als ein Zeichen, dass der Herr nicht will, dass ihr sie verstehen sollt und seid zufrieden, sie auf Glauben anzunehmen. Wenn Neugierde und andere ruhelose Dinge vergangen sind, so wird der Friede genossen.
Dann hat der Herr Wege, uns Frieden zu geben, indem er sich uns selbst enthält. Einige von euch kennen noch nicht die Dinge, welche ihnen Frieden geben würden. Zum Beispiel, wenn ihr nur wüsstet, dass er euch liebte, ehe denn die Welt gegründet ward, und dass er nie den verlässt, den er einmal liebt, so würdet ihr, die ihr jetzt fürchtet, aus der Gnade gefallen zu sein, starken Trost empfinden. Ja, und wenn ihr die große Lehre des göttlichen Ratschlusses verständet, und säht, dass der euch nicht verlassen noch versäumen will, noch ein Jota oder Titel von seinem Vorsatz ablassen will, so würdet ihr sehen, wie ihr, arme, unbedeutende Gläubige, die ihr seid, doch eine Masche in dem großen Gewebe bildet, die nicht fallen darf, sonst wäre das ganze Gewebe verdorben. Ihr würdet verstehen, wie der ewige Ratschluss. geordnet in Weisheit und getragen von der Allmacht, eure Seligkeit so wohl wie die Ehre Gottes verbürgt und so würdet ihr Frieden haben.
Manche Seele hat nicht den Frieden, den sie haben könnte, weil sie nicht völlig das Versöhnungsblut versteht. Die große Lehre von der Stellvertretung wird von einigen Gemütern nicht in ihrer ganzen Länge und Breite gesehen. Aber wenn sie dahin gelangen, Christum an der Stelle seiner Erwählten stehen zu sehen, für sie zur Sünde gemacht, und die Erwählten an Christi Stelle zu sehen, „die Gerechtigkeit Gottes in ihm,“ dann wird ihr Friede wie ein Strom sein. Die große Wahrheit von der Einheit der Heiligen mit Christo, wenn sie einmal verstanden ist, welch ein Mittel zum Frieden ist diese! Wer an Christum glaubt, ist Eins mit ihm, ein Glied seines Leibes, seines Fleisches und seines Gebeines, Eins mit Christo in ewiger und unauflöslicher Vereinigung, wie der Vater Eins ist mit dem Sohn. Wenn dieses erkannt wird, zusammen mit der Lehre von dem Bunde, der Eigenschaft der Unveränderlichkeit, dem ewigen Ratschluss und dem Vermählungsbande zwischen Christo und den Erwählten, so muss ein tiefer Friede genossen werden, gleich der Ruhe des Himmels, gleich der Seligkeit der Unsterblichkeit.
Aber es sind Einige, zu denen dieser Friede nicht kommen kann, Einige, von denen der Herr sagt: „Was hast du zu tun mit Frieden?“ „Die Gottlosen haben keinen Frieden, spricht der Herr.“ Eure Werke, eure Gebete, eure Buße, nichts von diesem kann euch Frieden bringen. Und die Welt und ihre Vergnügungen zerstören alle Hoffnung des Friedens. Kommt ihr diesen Tag und glaubt an das große Opfer, das Gott selbst in der Person seines gekreuzigten Sohnes bereitet. Kommt, blickt in Immanuels Angesicht und lest, wo der Friede gefunden wird. Kommt zu den großen Gottesoffenbarungen in Jesu Seite und seht den Felsenriss, wo Gottes Erwählte in Frieden ruhen. Traut auf Jesum und ihr werdet einen Frieden beginnen, der sich vertiefen und erweitern wird in den Frieden Gottes, der höher ist, denn alle Vernunft, der eure Herzen und Sinne bewahren wird in Christo Jesu. Amen.