Spurgeon, Charles Haddon - Heim zu den Deinen - eine Weihnachtspredigt.

„Gehe hin in dein Haus zu den Deinen, und verkündige ihnen, wie große Dinge dir der Herr getan, und sich Deiner erbarmet hat.“
Mk. 5,19.

Der Mann, von welchem hier erzählt wird, hat etwas ganz Außerordentliches an sich erfahren. Das Ereignis gehört unter die merkwürdigsten im Leben des Herrn Jesu, und ist so gewaltig, wie irgend etwas, was einer der Evangelisten berichtet. Dieser Elende, der von einer Legion böser Geister besessen war, war in noch weit schlimmere Zustände geraten, als bloße Geistesverwirrung. Er schlug seine Wohnung in den Gräbern auf, wo er Tag und Nacht sich herumtrieb, und war der Schrecken aller Vorüberreisenden. Die Obrigkeit hatte getrachtet, ihn unschädlich zu machen; er war mit Retten und Fesseln gebunden worden, aber in einem Wutanfall hatte er die Fesseln zerrieben und die Ketten abgerissen. Man hatte ihn zu bändigen versucht, aber Niemand konnte ihn zähmen. Er war furchtbarer als die wilden Tiere, denn diese können noch gezähmt werden; aber seine unbändige Natur ergab sich nicht. Er war grausam gegen sich selbst, denn er lief Tag und Nacht umher in den Gräbern und auf die Berge, brüllte und heulte fürchterlich, schlug sich mit Steinen wund und marterte seinen armen Leib auf die entsetzlichste Weise. Der Herr Jesus kam vorüber; er sprach zu den Teufeln: „Fahret aus von ihm.“ Der Mensch war in einem Augenblick geheilt; er fiel vor Jesu nieder; er ward ein vernünftiges Wesen, ein begabter Mensch, ja noch mehr: ein zum Herrn Jesu Bekehrter. Aus Dankbarkeit für seine Erlösung sagte er: „ Herr, ich will dir folgen, wo du hingehest; ich will dein beständiger Begleiter und dein Diener sein.“ „Nein,“ sprach der Herr Jesus, „ich ehre deinen Beweggrund; es ist Dankbarkeit gegen mich; wenn du dich aber dankbar erzeigen willst, so gehe hin in dein Haus und zu den Deinen, und verkündige ihnen, wie große Dinge dir der Herr getan, und sich deiner erbarmet hat.“ „

Nun, das führt uns eine wichtige Tatsache zu Gemüte, dass nämlich die wahre Religion die Bande der Familienverwandtschaft nicht soll zerreißen. Die wahre Religion macht selten einen Eingriff in jene geheiligte, ich hätte fast gesagt, göttliche Anstalt, die wir Familie nennen; sie trennt die Menschen nicht von ihren Angehörigen, und entfremdet sie nicht dem eigenen Fleisch und Blut. Der Aberglaube hat solches getan; ein schrecklicher Aberglaube, der sich Christentum nennt, hat die Menschen von ihres Gleichen getrennt; aber wahre Gottesfurcht hat das nie getan. Ja, wenns mir möglich wäre, so wollte ich den Einsiedler in seiner abgelegenen Hütte aufsuchen und würde zu ihm sagen: „Lieber Freund, wenn du bist, was du zu sein vorgibst, ein treuer Knecht des lebendigen Gottes, und kein Heuchler, wie ich vermute - wenn du wahrhaftig an den Herrn Jesum glaubst und zeigen willst, was er für dich getan hat, so trink deinen Wasserkrug aus, iss dein letztes Stücklein Brot, verlass deine düstere Höhle, wasche dein Angesicht, und löse deinen hänfenen Gürtel; und wenn du dich dankbar erzeigen willst, so gehe hin in dein Haus zu den Deinen, und verkündige ihnen, wie große Dinge dir der Herr getan hat. Kannst du die welken Blätter des Waldes erbauen? Können die wilden Tiere den Gott anbeten lernen, den deine Dankbarkeit sollte zu ehren suchen? Hoffst du etwa diese Felsen zu bekehren, und das Echo in Lobgesänge zu verwandeln? Nein, kehre um; wohne bei den Deinen und unter deiner Freundschaft, suche die Gesellschaft der Menschen wieder auf und komme wieder mit Deinesgleichen zusammen, denn das ist der Weg, wie du deine Dankbarkeit beweisen und dem Herrn wohlgefällig sein kannst.“ Und ich möchte in jedes Kloster gehen und zu den Mönchen sagen: „Kommt heraus, liebe Brüder, kommt heraus! Wenn ihr seid, was ihr zu sein vorgebt, Diener Gottes, so geht heim zu den Euren. Nichts mehr von dieser sinnlosen Ordensregel! Das ist nicht Christi Ordnung; ihr handelt gar viel anders, als er es wünscht; geht heim zu den Euren!“ Und zu den barmherzigen Schwestern möchte ich sagen: „Seid barmherzige Schwestern an euren eigenen Schwestern, geht heim zu den Eurigen; pfleget eure betagten Eltern; macht eure eigenen Häuser zu Klöstern, bleibt nicht hier sitzen, um euren geistlichen Stolz zu nähren und Christi Ordnung zu missachten, welche heißt: „Gehe hin in dein Haus und zu den Deinen.“ „Ja, gehe hin in dein Haus und zu den Deinen, und verkündige ihnen, wie große Dinge der Herr an dir getan und sich deiner erbarmet hat.“ Die Neigung zu einem einsamen und entsagungsvollen Leben, welche von Vielen als eine göttliche Tugend betrachtet wird, ist nichts mehr und nichts weniger als eine Krankheit der Seele. In jenen Zeiten, wo wenig Mitleid herrschte, und darum fast Niemand hilfreiche Hand bot zur Erbauung von Irrenhäusern, da ersetzte der Aberglaube die Nächstenliebe, und törichten Männern und Frauenspersonen war gestattet, nach ihrer krankhaften Laune in abgeschlossener Einsamkeit oder in trägem Müßiggang das Leben zu vergessen. Young hat trefflich gesagt:

„Das Beste Zeichen geistiger Gesundheit
Sind Lieb' und Wonne in dem Kreis der Seinen.“

Teure Freunde, vermeidet vor allen Dingen jene romantischen und überschwänglichen Begriffe von Tugend, welche die Quelle des Aberglaubens und eine Feindschaft wider die Gerechtigkeit Christi sind. Seid nicht ohne natürliche Neigungen, aber liebt besonders jene, die durch Bande des Bluts mit euch verwandt sind.

Die wahre Religion kann nicht unvereinbar sein mit der Natur. Sie kann nimmermehr verlangen, dass ich mich der Tränen enthalten soll, wenn mein Busenfreund tot ist. „Jesus weinte“ (Joh. 11, 35. 36.). Sie kann mir das Vorrecht eines freundlichen Lächelns nicht versagen, wenn die Vorsehung günstig auf mich herabsieht; denn auch „Jesus freute sich“ einst „im Geist“, und sprach: „Vater, ich preise dich“ (Luc. 10, 21.). Sie heißt einen Menschen nicht zu Vater oder Mutter sprechen: „Ich bin nicht mehr euer Sohn.“ Sein Christentum, sondern weit unter dem, was wie unvernünftiges Vieh könnte tun, wäre das, was uns veranlassen könnte, uns gänzlich von unsern Mitbrüdern zu trennen, oder unter ihnen zu wandeln, als ob sie gar nicht unsers gleichen wären. Alen, welche meinen, ein Einsiedlerleben sei ein gottwohlgefälliges Leben, möchte ich zurufen: „Es ist der allerärgste Selbstbetrug.“ Allen denen, welche jene für gute Leute halten, welche die Bande des Bluts höhnen, wollen wir sagen: „Das sind die Besten, die diese Bande wert halten.“ Gottesfurcht macht einen Hausvater zu einem bessern Vater, eine Hausmutter zu einer bessern Gattin und Mutter, als sie es vorher war. Sie macht mich von Sohnespflichten nicht frei, sie macht mich zu einem besseren Sohn und meine Eltern zu bessern Eltern. Statt meine Liebe abzuschwächen, gibt sie der Liebe neue Kraft und Nahrung; und den ich zuvor als meinen Vater hochachtete, den liebe ich nun als meinen Bruder und Mitknecht im Herrn; und die ich als meine Mutter ehrte, liebe ich nun noch überdies als eine Schwester im Bunde der Gnade, auf dass sie ewig mir angehöre in der zukünftigen Welt. O! Niemand unter euch lasse sich ja einfallen, dass das Christentum mit dem Familienleben sich hätte in Widerspruch setzen wollen; es ist vielmehr dazu bestimmt, dieses um desto inniger zu gestalten, und ihm eine Dauer zu verleihen, die über Tod und Grab hinausreicht; denn die Gottesfurcht bindet die Familienglieder mit dem Herrn, ihrem Gott, zusammen in das Bündlein des Lebens und vereinigt die verschiedenen Glieder jenseits des dunkeln Stromes.

Ich will euch nun geradezu sagen, warum ich obigen Text gewählt habe. Ich dachte in meinem Herzen: Es kommen allzeit viele junge Leute, das Wort Gottes zu hören; sie versammeln sich in dem Hause Gottes, und ihrer Viele sind zu Gott bekehrt worden. Nun ist Weihnachten gekommen, und sie gehen heim zu den Ihrigen. Wenn sie nun heim kommen, so brauchen sie Stoff zur Abendunterhaltung, und solchen wollte ich ihnen bieten, besonders den Neubekehrten. Ich will ihnen Stoff geben zu einem Weihnachts-Abendgespräch; s mag freilich nicht so kurzweilig sein, wie die „Geschichte von der heil. Pfalzgräfin Genovefa“, aber für Christenleute mags ebenso anziehend sein. Es sind die Worte: „Gehe hin in dein Haus zu den Deinen, und verkündige ihnen, wie große Dinge dir der Herr getan, und sich deiner erbarmet hat.“ Für meinen Teil wünschte ich, es gäbe zwanzig Christtage im Jahr; der Christtag ist ein rechter Familientag, der große Sabbat des Jahres, wo jedes Kind, jeder Tagelöhner, jeder Handwerker sich seiner Ruhe, seiner stillen Festfreude mit ganzem Herzen hingibt. Wenn Handwerksmeister unter euch sind, so möchte ich sie herzlich bitten, ihren Arbeitern an diesem Tage den vollen Lohn zu vergüten, wie an einem Arbeitstage; ich weiß, dass sie damit ihrem Hause Freude und Segen erkaufen.

Nun aber zu unserm Gegenstand. Wir gehen heim und besuchen unsere Verwandten und Freunde; und da hat Mancher von uns etwas zu erzählen. „Gehe hin in dein Haus zu den Deinen, und verkündige ihnen, wie große Dinge dir der Herr getan und sich deiner erbarmet hat.“ Wir sehen hier erstens: „Was man verkündigen soll;“ zweitens: „Warum man es verkündigen soll;“ und dann drittens: „Wie man es verkündigen soll.“

I.

Was soll man verkündigen. Es sind innere Erfahrungen, um die sichs hier handelt. „Gehe hin in dein Haus zu den Deinen, und verkündige ihnen, wie große Dinge dir der Herr getan, und sich deiner erbarmet hat.“ Ihr sollt nicht nach Hause zurückkehren und anfangen zu predigen. So etwas wird euch nicht befohlen. Ihr sollt nicht anfangen, den oder jenen Gegenstand der Glaubenslehre vorzutragen und andere Personen zu euern Ansichten herüberzuziehen juchen. Ihr sollt auch nicht mit besonderen Glaubenssätzen, die ihr neulich erst kennen gelernt habt, zurückkommen zu den Euren und bei ihnen für eine solche neue Lehre zu werben. Das wird nicht von euch verlangt; wenn ihr mögt, so könnt ihrs tun, es wird euch Niemand daran hindern. Aber ihr sollt heimgehen, nicht um zu verkündigen, was ihr geglaubt habt, sondern was ihr erfahren habt, an euch selber wahrhaftig erfahren; nicht, von welchen großen Dingen ihr gelesen habt, sondern wie große Dinge euch der Herr getan hat; nicht nur, wie Großes ihr gesehen habt geschehen in der Versammlung, und wie große Sünder zu Gott bekehrt worden sind, sondern was der Herr euch getan hat. Und merket wohl: Es gibt gar nichts Anziehenderes, als was ein Mensch von seinen eigenen Erlebnissen erzählt. Der Dichter Virgil wusste das wohl, und darum lässt er weislich den Äneas seine Geschichte selbst erzählen, und mit den Worten anfangen: „Was ich selbst mit erlebt habe.“ Und wenn ihr darum euren Freunden etwas recht anziehend erzählen wollt, so erzählt es so, dass man herausfühlt, was ihr selbst dabei erfahren und empfunden habt. Verkündiget ihnen, wie ihr einst ein armer, verlorener Sünder wart, wie der Herr euch begegnete, wie ihr eure Knie beugtet und eure Seele vor Gott ausschüttetet, und wie ihr zuletzt aufsprangt mit Jauchzen, weil ihr seine innere Stimme zu euch sagen hörtet: „Ich, ja ich bins, der deine Sünden ausgetilgt hat um meines Namens willen.“ Verkündiget euren Angehörigen eine Geschichte aus eurer eigenen Erfahrung.

Dann beachtet wohl, es muss eine Geschichte von der Wirkung der freien Gnade sein. Es heißt nicht: „Verkündige den Deinen, wie große Dinge du selber getan hast,“ sondern: „wie große Dinge dir der Herr getan hat.“ Ein Mensch, der sich immer nur auf den freien Willen des Menschen und auf die Kraft des Geschöpfes beruft, und die Lehre von der Gnade verleugnet, mischt immer sehr viel von seinen eigenen Thun in seine Gnadenerfahrungen hinein; aber der Gnadengläubige, der die großen Hauptwahrheiten des Evangeliums hoch hält, will davon nichts wissen und erklärt: „Ich will verkündigen, was der Herr an mir getan hat.“ Freilich muss ich zuerst erzählen, wie ich vorher beten lernte:

„Gnade wars, die mir die Augen nett,
Gnade, die mich Abba rufen hieß.“

Ich muss auch bekennen, in wie viel Anfechtungen und Leiden der Herr mir beigestanden hat:

„In wie viel Not
Hat nicht der gnädige Gott
Über mich Flügel gebreitet!“

Er erzählt nichts von eigenem Wirken, von eigenen Vorsätzen, Gebeten, Bestrebungen, sondern er schreibt es Alles der Liebe und Gnade des großen Gottes zu, der in Liebe auf die Sünder herniederblickt, und sie zu seinen Kindern macht, zu Erben des ewigen Lebens. So gehe denn heim, o Jüngling, und erzähle die Geschichte vom verlorenen Sohn; gehe heim, du Jungfrau, und schlage dein Tagebuch auf, und erzähle den Deinen Gnadengeschichten. Verkündige ihnen von den mächtigen Taten, der hilfreichen Hand, die Gott aus freier, selbsterwählter, unverdienter Liebe nach euch ausgestreckt hat. Ja, euer Herz und Mund gehe über von einer Geschichte der freien Gnade Gottes, die ihr am heimischen Herd erzählt.

Dann war dieses armen Menschen Erzählung eine dankbare Verkündigung. Ich weiß das, denn der Mensch sprach: „Ich will dir verkündigen, wie große Dinge der Herr mir getan hat;“ denn ich will hier bemerken, dass ein dankbarer Mensch stets voll ist von der Größe der Gnade, die ihm Gott erzeigt hat; er denkt stets, dass das, was Gott für ihn getan hat, unermesslich gut und unbeschreiblich groß ist. Wenn ihr eure Geschichte einem eurer Freunde erzählt, so mag er vielleicht zu euch sagen: „Was liegt daran?“ Aber ihr werdet ihm antworten: „Dir liegt wohl wenig daran, dafür aber mir desto mehr. Du sagst: Es ist da nicht viel zu bereuen; aber ich habe es anders gefunden; es ist etwas Großes und Köstliches, dass ich zur Erkenntnis meiner Sündhaftigkeit gekommen bin, und es bekennen kann; sagt ihr auch, es sei etwas Geringes, einen Heiland gefunden zu haben?“ Schau ihnen gerade ins. Gesicht, und sprich: „Hättet ihr ihn auch gefunden, so würdet ihr es nicht so gering achten. Es dünkt euch wenig, dass ich meine Last und Bürde los geworden bin; wenn ihr aber darunter geseufzt, und ihren Druck gespürt hättet, so würde es euch nicht mehr als etwas so Unbedeutendes erscheinen, durch den Aufblick zum Kreuz los und ledig geworden zu sein.“ Verkündige ihnen, dass es etwas Großartiges ist, was du erfahren hast; und haben sie keinen Sinn für solche Größe, so vergieße große Tränen, und verkündige es ihnen mit großem Ernst; dann werden sie hoffentlich glauben, dass du wenigstens dankbar bist, wenn auch sie es nicht sind. Gott gebe, dass ihr etwas Dankenswertes verkündiget; es ist nichts so sehr der Verkündigung wert, als eine Erfahrung aus dankerfüllter Seele.

Und endlich muss es etwas sein, was ein armer Sünder erzählt, welcher fühlt, er habe es nicht verdient, was er empfangen hat. „Wie hat er sich deiner erbarmet!“ Es war nicht bloß eine Tat der Güte, sondern eine Tat freier Barmherzigkeit gegen einen Elenden. Ach! ich habe mit eigenen Ohren gehört, wie Menschen ihre Bekehrungsgeschichte und die Entwicklung ihres geistlichen Lebens auf solche Art erzählten, dass mir vor ihnen und vor ihrer Erzählung ekelte, weil sie so von ihren Sünden sprachen, als brüsteten sie sich mit der Größe ihrer Verirrungen; weil sie nicht mit einer Träne des Dankes der Liebe Gottes gedachten, sondern so, als ob sie mit dem Loben Gottes sich selber loben wollten. O! wenn wir von unserer Bekehrung reden, so sollte es immer mit tiefer Bekümmernis geschehen, wenn wir daran gedenken, wie wir zuvor gewandelt haben, aber auch mit inniger Freude und Dankbarkeit, und uns dessen erinnern, wie wenig wir solcher Treue wert waren. Ich predigte einmal über Bekehrung und Erlösung, und ich fühlte bei mir selber (wie es Predigern oft begegnet), dass ich dürre, trockene Worte machte, und es fiel mir schwer aufs Herz; plötzlich fuhr mir der Gedanke durch den Sinn: „Ja, du selber bist ein armer, elender, verlorener Sünder! - sage das, sage das, gerade wie dirs geschenkt wurde; fange an zu verkündigen die Gnade Gottes, wie du glaubst, dass du es selber fühlst.“ Ja da fingen meine Augen an Tränenquellen zu werden; alle Zuhörer, die vorher das Haupt geschüttelt hatten, horchten plötzlich hoch auf, als sie etwas hörten, was der Mensch selber fühlte, und woran sie erkannten, dass es für ihn eine Wahrheit sei, und wärs ihnen auch noch keine. Verkündet eure Erfahrungen, teure Zuhörer, als arme, verlorene Sünder. Geht nicht zu den Euren und tretet in euer Haus ein mit einer anmaßenden Miene, als wolltet ihr sagen: „Ja, jetzt kommt ein Heiliger heim zu armen Sündern, und will ihnen etwas verkündigen;“ sondern gehe heim als selber sündig; und wenn du eintrittst, so wird die Mutter daran denken, was du früher gewesen bist, und es wird nicht nötig sein, ihr zu sagen, es sei eine Veränderung mit dir vorgegangen - sie wirds schon merken, wenn du nur vierundzwanzig Stunden um sie bist; und vielleicht sagt sie dann zu dir: „Jakob, was ist mit dir geschehen?“ Und wenn sie eine gottesfürchtige Mutter ist, so fängst du ihr an zu erzählen, und ich weiß, wann du schon ein Mann bist, so wirst du dich nicht schämen, wenn ichs jetzt sage: sie schlägt ihren Arm um deinen Hals und küsst dich mit einer Innigkeit wie nie zuvor, denn du bist ihr zum zweiten Mal geboren, nun gehörst du ihr auf ewig an, ob euch gleich der Tod auf kurze Augenblicke auseinanderreißt.

II.

Nun aber zweitens: Warum sollen wir solches verkündigen? Denn ich höre Viele aus dieser Versammlung sagen: „Sehen Sie, ich könnte meine Geschichte jedem Andern eher erzählen, als einem meiner Freunde; ich könnte zu Ihnen aufs Studierzimmer kommen, und Ihnen von dem erzählen, was ich geschmeckt und erfahren habe aus Gottes Wort; aber meinem Vater, meiner Mutter, meinen Brüdern oder meinen Schwestern könnte ich so etwas nicht mitteilen.“ So komme denn; ich wills mit dir versuchen, ob ich dich nicht dazu bewegen kann, auf dass du über Weihnachten heimgehst, und ein Prediger der Gerechtigkeit wirst in deinem Hause und in deiner Heimat.

O teure Freunde, verkündiget doch solches, wenn ihr heimkommt.

Schon um eures Herrn und Meisters willen. O! ich weiß, dass ihr ihn lieb habt; ich weiß, ihr habt ihn lieb, wenn ihr gewiss wisset, dass er euch geliebt hat. Ihr könnet nicht an Gethsemane denken, nicht an des Heilands blutigen Schweiß, an Gabbatha nicht und an den zerfleischten Rücken Christi, der von den Geißeln verwundet ist; ihr könnet nicht an Golgatha denken, noch an Jesu durchgrabene Hände und Füße, ohne ihn zu lieben; und es ist ein starker Beweggrund, wenn ich euch auffordere: Um des Teuren willen, der euch so sehr geliebt hat, geht heim und verkündiget es. Wie! Könnt ihr glauben, es sei so viel für uns geschehen, und es nicht verkündigen? Wenn unsern Kindern eine Kleinigkeit erwiesen wird, so stehts keine zwei Minuten an, und schon verkündigen sie ihrer ganzen Gesellschaft: „Der und der hat mir das geschenkt und hat mir so und so viel Liebe erwiesen.“ Und sollten die Kinder Gottes hinter Unmündigen zurückstehen, und nicht auch verkündigen, wie sie errettet wurden, da sie der Hölle zueilten, und wie die erlösende Gnade sie wie einen Brand aus dem Feuer riss? Du liebst Jesum, o Jüngling! Ich binde dirs aufs Gewissen; weigerst du dich, seine Liebe zu dir zu verkündigen? Soll dein Mund verstummen, wenn seine Ehre mit im Spiel ist? Willst du nicht auf allen deinen Wegen den Gott verkündigen, der dich geliebt und den Tod um deinetwillen erduldet hat? „Und er ging hin,“ heißt es von dem leiblich Erlösten in unserer Erzählung, „und fing an auszurufen in den zehn Städten, wie große Dinge ihm Jesus getan hatte; und jedermann verwunderte sich“ (Mk. 5, 20.).

Aber, fragen wir weiter, sind eure Angehörigen gottesfürchtig? Dann geht hin in euer Haus zu den Euern und verkündiget ihnen euer Heil, auf dass sie im Herzen froh werden. Ich erhielt gestern Abend einen kurzen Brief, mit zitternder Hand geschrieben von einem Manne, der über das gewöhnliche Lebensalter hinaus ist und in der Grafschaft Essex lebt. Sein Sohn ist unter des Herrn Beistand durch die Predigt des Wortes Gottes bekehrt worden, und der liebe Mann konnte es nicht über sich gewinnen, er musste dem Prediger schreiben, ihm danken, und vor Allem Gott preisen dafür, dass sein Sohn wiedergeboren ward. „Teurer Freund,“ schreibt er, „ein alter Sünder möchte Ihnen danken, danken vor Allem seinem Gott, dass sein lieber teurer Sohn nun bekehrt ist.“ Der köstliche Brief lautet weiter: „Fahren Sie so fort und der Herr segne Sie in Ihrer Arbeit.“ Noch ein ähnlicher Fall. Letzthin kam ein junges Weib ins Elternhaus auf Besuch. Als ihre Mutter sie sah, sprach, sie zu ihr: „ Liebe Tochter! Wenn mir der Prediger schon ganz London zum Geschenk gemacht hätte, es hätte mich nicht halb so sehr gefreut als das, dass ich denken darf, du seiest wirklich ganz umgewandelt, und lebest nun in der Furcht Gottes.“ Ach, wenn ihr wollt, dass eurer Mutter Herz vor Freuden hüpfe, dass eures Vaters Antlitz glänze, wenn ihr wollt eure Schwester beglücken, über deren liebe Zeilen ihr euch schon so manchmal beim flackernden Schein einer Straßenlaterne gefreut habt - so geht heim und verkündigt eurer Mutter, dass all' ihr Sehnen erfüllt ist, dass ihre Gebete Erhörung gefunden, dass ihr sie um ihrer Liebe zum Herrn willen nicht mehr verlachen wollt, sondern dass ihr wollt mit ihr zum Hause Gottes wallen, denn ihr habt Gott lieb und habt gesprochen: „Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott, und ich hoffe zuversichtlich auch dein Himmel wird mein Himmel sein von nun an bis in Ewigkeit.“ Ach, wie herrlich, wenn hier einer wäre, der also aus der Fremde in seine Heimat zurückkehrte!

Ich will euch nun noch etwas erzählen, was dem Herrn Vanderkist, einem Stadtmissionar, widerfuhr, der ganze Abende zubringt, um dem Laster verfallene Personen aufzusuchen und ihnen Errettung aus ihren Jammer zu bringen. Es hatte auf der Straße ein Auflauf von betrunkenen und streitsüchtigen Menschen statt; er trat dazwischen, um sie zu trennen, und wechselte einige Worte mit einem Weibe, das dabei stand und sich über die Unmäßigkeit solcher Menschen höchst missbilligend aussprach. Sie ging eine Strecke mit ihm und fing an, ihm eine solche Geschichte von Elend und Sünde mitzuteilen, wie sie aus ihrer elterlichen Wohnung in Somersetshire hinweggeführt und hierher gebracht worden sei zu ihrer Seele ewigem Schaden. Er hieß sie mit ihm nach Hause kommen, und redete mit ihr von der Furcht und liebe Christi; und was war das Erste, was sie tat, da sie wieder umkehrte zum Pfad der Gottseligkeit und in Christo einen Heiland fand? Sie rief aus: „Jetzt muss ich heim zu den Meinen!“ Die Ihrigen wurden benachrichtigt, sie fuhren ihr bis zur Station Bristol entgegen, und ihr könnt euch kaum vorstellen, was dies für eine selige Begegnung war. Vater und Mutter hatten ihre Tochter verloren und nie wieder von ihr gehört; und nun war sie wieder da, gerettet durch die Einrichtung des Magdalenenstifts, und ihrer Familie aufs Neue geschenkt. Ach! wenn jetzt eine gleich unglückselige Person hier gegenwärtig wäre! Ich weiß es nicht; aber unter so Vielen möchte wohl Eine solche sein. Weib! Hast du dich heimlich von deiner Familie entfernt? Hast du die Deinen schon lange verlassen? „Gehe hin in dein Haus zu den Deinen,“ - ich beschwöre dich darum - ehe denn dein Vater dem Grabe entgegenwankt, ehe seiner Mutter graue Haare auf dem weißen Totenkissen ruhen. Kehre um, ich beschwöre dich! Verkündige ihr, dass du leid trägst über deine Sünden; verkündige ihr, dass dich Gott heimgesucht hat, dass der Prediger zu dir gesagt hat: „Gehe heim zu den Deinen.“ Und wenn du das tust, so will ich mich nicht schämen, solche Dinge gesagt zu haben, ob ihr gleich vielleicht meint, ich hätte gar nichts davon erwähnen sollen: wenn ich aber eine einzige Seele damit gewinne, so will ich Gott dafür preisen ewiglich. „Gehe hin in dein Haus und zu den Deinen; gehe und verkündige ihnen, wie große Dinge dir der Herr getan hat.“ Könnt ihrs euch vorstellen, wie der Besessene, der in unserer Geschichte erwähnt wird, heimkam? Ein furchtbar Rasender war er gewesen, und nun könnt ihr euch denken, wie die Seinen, als sie ihn anklopfen hörten, als sie ihn erblickten, voll Angst und Schrecken einander zuflüsterten: „Ach! da ist er wieder;“ und wie nun die Mutter schnell besonnen eilte und alle Türen verriegelte, weil ihr wahnsinniger, tobsüchtiger Sohn sich wieder blicken ließ. Aber könnt ihr euch auch ihre Freude malen, als der Mensch flehentlich bat: „Liebe Mutter! der Herr Jesus Christus hat mich geheilt; lasset mich ein; ich bin nicht mehr mondsüchtig!“ Und wie der Vater die Türe öffnete, sprach er: „ Vater! ich bin nun nicht mehr, was früher; die bösen Geister sind alle hinweg; ich werde mich nun nie mehr in den Felsklüften umtreiben. Ach, ich möchte euch verkündigen, wie der Herrliche, der meine Erlösung vollbrachte, das Wunder tat, wie er zu den Teufeln sprach: „Fahret aus!“„ und wie sie sich mit einem Sturm ins Meer stürzten, und ich gesund und heil ward.“ Ach, wenn ein Solcher, der von der Sünde besessen gewesen ist, heute hier wäre, und ginge heim in sein Haus zu den Seinen, und verkündigte ihnen seine Erlösung, so kommts mir vor, das wäre nichts Geringeres.

Noch etwas, teure Freunde! Ich höre Einen von euch sagen: „Ach! wollte Gott, ich könnte zu Hause fromme Angehörige treffen! Aber wenn ich heim komme, so komme ich schlimm an; denn meine Leute gehören zu denen, die Gott nie kannten, und darum auch nie für mich beteten, und mich nie etwas lehrten von göttlichen Dingen.“ Dennoch, o Jüngling, gehe heim zu den Deinen. Und wären sie noch so schlimm, so sind sie doch die Deinen. Ich komme manchmal mit Jünglingen zusammen, die, wenn ich sie nach ihrem Vater frage, mir antworten: „Ach, sehen Sie, ich bin von meinem Vater weggegangen.“ Dann pflege ich zu ihnen zu sagen: „Mensch, gehe vor Allem heim zu deinem Vater, sonst will ich nichts mit dir zu schaffen haben; wenn du mit Vater und Mutter uneins bist, so kann ich mich nicht um dich kümmern; und wären sie noch so schlecht, so bedenke, dass sie dein Vater und deine Mutter sind.“ Gehe denn heim zu den Deinen, und verkündige ihnen, nicht, um sie zu erfreuen, denn sie werden es ohne Zweifel nicht gut aufnehmen, da sie dir zürnen, sondern verkündige ihnen um ihrer eigenen Seelen Heil willen, was dir der Herr Gutes getan hat. Ich hoffe, wenn du ihnen verkündigest, was Gott dir getan hat, so werden sie durch des Heiligen Geistes Leitung also geführt, dass auch sie nach der nämlichen Gnade verlangen. Ich will dir aber einen Rat geben. Verkündige deine Erfahrungen deinen gottlosen Freunden nicht, wenn sie Alle beisammen sind, sie werden dich darob verspotten. Sprich mit Einem nach dem Andern, wenn du sie einzeln treffen kannst, und dann fange an, ihnen das Heil zu verkündigen, so werden sie dir Ernst und Aufmerksamkeit schenken. Es war einmal eine sehr gottesfürchtige Dame, die eine Pension für junge Leute hatte. Das junge Volk war etwas ausgelassen, und sie fand sich veranlasst, ein Wort von Religion fallen zu lassen. Aber kaum berührte sie den Gegenstand, so setzten sich Alle mit lautem Lachen darüber hinweg. Da dachte sie bei sich selber: „Ich habe die Sache am unrechten Ort angepackt.“ Am andern Morgen nach dem Frühstücke, als alle Andern schon fort waren, sagte sie zu Einem: „Mein Lieber, es wäre mir angenehm, wenn ich ein paar Worte mit Ihnen reden könnte“, und sie führte ihn in ein anstoßendes Zimmer, und sprach mit ihm. Am folgenden Morgen machte sies mit einem Andern ebenso, und so fuhr sie fort, und es gefiel dem Herrn, ihre einfachen Worte auf diese Weise zu segnen; aber ganz gewiss, hätte sie Alle gleichzeitig vorgenommen, sie hätten sie alle ins Gesicht verhöhnt. Sprich mit einem Menschen unter vier Augen. Eine Predigt kann ihn vertreiben, ein Wort in der Stile gewinnt ihn. Ihr könnt das Werkzeug der Bekehrung eines Menschen werden, der oft Gottes Wort verkündigen gehört und darüber gespottet hat; einer sanften Zurechtweisung kann er nicht widerstehen.

In einem Staate Nordamerikas war ein Ungläubiger, der Gott aufs höchste schmähte, den Sonntag und alle Religionsgebräuche hasste. Die Prediger wussten nicht, was mit ihm anfangen. Sie vereinigten sich zu gemeinschaftlichem Gebet für ihn. Aber besonders machte sichs ein Ältester zur Aufgabe, anhaltend für diesen Menschen zu beten. Darnach setzte er sich zu Pferd und ritt zu des Mannes Werkstätte hinab, denn derselbe war ein Schmied. Er band sein Pferd draußen an und sprach: „Lieber Herr Nachbar, es ist mir ein rechtes Anliegen um Ihre Seligkeit; ich kann Ihnen sagen, Tag und Nacht bete ich um Ihre Erlösung.“ Er wandte sich von ihm und ritt wieder heim. Der Mann ging nach ein paar Minuten in seine Stube hinauf und sagte zu einem vertrauten Freunde: „Da habe ich einen neuen Beweis; soeben ist der Älteste B. da gewesen; er hat sich nicht mit mir herumgestritten; nein, kein Wörtlein hat er gesagt, als: „Ihr Seelenheil liegt mir am Herzen; ich könnts nicht ertragen, wenn Sie verloren gingen.“ „Ach, der gute Mann, ich kann ihm nichts erwidern;“ und die Tränen rollten über seine rußigen Wangen. Er ging zu seiner Frau, und sprach zu ihr: „Ich halts nimmer aus; ich hab' mich nie um meiner Seelen Heil bekümmert, und da ist ein Ältester, der mich gar nichts angeht, als dass ich ihn stets auslachte; aber der kommt heute zu Pferde zwei Stunden weit, um mir eben zu sagen, dass er um mein Seelenheil bekümmert ist. Bald nachher kommts ihm vor, es wäre nun an der Zeit, dass er selber auch sich um seine Seligkeit bekümmerte. Er ging in die Kammer, schloss die Türe hinter ihm zu, und fing an zu beten; und des andern Tages war er beim Prediger und schüttete ihm sein Herz aus und fragte ihn, was er tun sollte, damit er selig würde. Ach! dass der ewige Gott doch auch irgend einen von uns in der oder jener Weise zu einem Werkzeuge gebrauchte, dass er möchte

„ Verkündigen zu allen Stunden
Welch' teuren Heiland er gefunden;
Hinweisend auf das Opferblut:
Hier ist dein Heil und höchstes Gut!“

III.

Wir haben nun in Kürze noch den dritten Punkt zu betrachten: „Wie muss solches verkündiget werden?“ Erstens: Verkündige es aufrichtig und wahr. Sage nicht mehr, als was du weißt; trage nicht John Bunyans Worte zur Schau, als ob du dasselbe durchgemacht hättest wie er, wenns einmal nicht so ist. Erzähle deiner Mutter nicht von Empfindungen, wie sie nur Ruterford empfand. Sage ihr nichts mehr und nichts weniger, als die Wahrheit; denn eine einzige Fliege im Salbengefäß verunreinigt die Salbe, und ein einziges unwahres Wort kann Alles verderben. Bleibe bei der Wahrheit.

Dann erzähle recht demütig. Dünke sich nicht höher, als die Älteren und Erfahreneren; sondern erzähle deine Erfahrungen in aller Bescheidenheit; nicht wie ein Prediger, sondern wie ein Freund und Sohn. Ferner rede ernsthaft. Man soll sehen, dass es dir darum zu tun ist. Rede nicht leichtfertig von geistlichen Dingen; sonst wirst du nichts Gutes verrichten. Mache keinen Witz bei einem Schriftwort; führe die Bibel nicht im Spass an; denn wenn du das tust, so kannst du reden, bis du stumm wirst, und doch wirds nichts helfen, sobald du im Geringsten Gelegenheit zu lachen gibst, indem du selber das Heilige ins Lächerliche ziehst. O, erzähle mit Ernst.

Und endlich verkündige deine Erfahrungen mit gottergebenem Sinne. Denke nicht daran, einem Menschen dieselben mitzuteilen, wenn du sie nicht vor Allem deinem Gott und Heiland anvertraust. Wenn du nun am Christtag heimkommst, so zeige dein Antlitz Niemand, bis du vor Gott hingetreten bist. Stehe morgens frühe auf und ringe mit Gott; und wenn die Deinen nicht bekehrt sind, so ringe mit Gott für sie; so wirst du es auch leicht finden, mit ihnen für Gott zu ringen. Kannst du, so suche Einen nach dem Andern auf, und verkündige ihnen dein Heil. Fürchte dich nicht; denke nur, was du etwas Gutes stiften mögest. Bedenke, dass wer eine Seele vom Tode errettet, damit Viele zur Gerechtigkeit weist und glänzen wird wie die Sterne des Himmels ewiglich. Trachte darnach, mit Gottes Hilfe in deiner Familie ein Erretter zu werden, suche deine lieben Brüder und Schwestern zum Herrn Jesus zu führen; so wird es dir einst, wenn ihr euch im Paradies wieder sehet, eine Freude und Wonne sein, zu denken, dass du auch dort bist, und deine Verwandten da sind, die Gott durch deine Vermittlung gerettet hat. Vertraue nicht auf dich selber, aber zage nicht vor dem Vertrauen auf Ihn. Er kann dir die rechten Worte geben. Er kann diese Worte an ihren Seelen segnen, und dich dadurch in den Stand setzen, „dass es Gnade gebe den Hörenden“ (Ephes. 4,29.).

Noch eine kurze, aber liebliche Bemerkung. Bald, bald, teure Freunde, wird der Herr zu dem und jenem von uns sagen: „Gehe heim zu den Deinen.“ Ihr wisst, wo die Heimat ist. Sie ist droben über den Sternen.

„Wo unsre lieben wohnen,
Wo Gott der Heiland herrscht.“

Jener silberhaarige Greis hat alle seine Verwandten zu Grabe geleitet; er hat gesagt: „Ich werde mich wohl zu ihnen versammeln, aber zu mir kehren sie nicht wieder zurück.“ Bald wird sein Herr zu ihm sagen: „Du hast lange genug in diesem Tränental geweilt; gehe heim zu den Deinen!“ O, selige Stunde! O, gesegneter Augenblick, wenn es heißt: „Gehe hin in dein Haus zu den Deinen!“ Und wenn wir nun heimgehen zu den Unsern ins Paradies, was werden wir tun? O, vor Allem werden wir nahen zum Gnadenthron des Lammes und unsere Kronen vor ihm niederwerfen, und ihm, unserm Heiland, dem Herrn über Alles, huldigen. Und was nachher? Dann werden wir den Seligen im Himmel verkündigen, wie große Dinge der Herr uns getan, und sich unser erbarmt hat. Und wird so etwas im Himmel verkündigt? Ist dies die Weihnachtsfreude der Engel? Ja, das ist sie; schon vorher wards dort verkündigt; was zagt ihr, es nochmals zu verkündigen? Jesus hats zuvor verkündigt: „Und wenn er heimkommt, rufet er seinen Freunden und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war“ (Luc. 15, 6.). Und du, armes Schaf, wenn du heimkommst, willst du nicht verkündigen, wie dein Hirte sich gesucht und dich gefunden hat? Willst du nicht ruhen auf den grünen Auen des Himmels, und die Geschichte von deiner Versöhnung verkündigen? Willst du nicht mit deinen Brüdern und Schwestern reden, und ihnen verkündigen, wie dich Gott geliebt und heimgeführt hat? Vielleicht sprichst du: „Ach, das ist gar bald erzählt.“ Ja, hienieden wohl; aber dort droben wirst du nicht fertig werden zu preisen die langmütige, bewahrende, errettende Gnade; und wenn du schweigst, um Andere und wieder Andere ihre Führungen verkündigen zu lassen, so wirst du endlich, vielleicht wenn du schon tausend Jahre im Himmel warst, ausrufen müssen: „O ihr Heiligen, ich habe euch noch etwas zu sagen.“ Wiederum werden sie anfangen zu preisen und zu verkündigen, und wieder wirst du sie unterbrechen und ausrufen: „O, Geliebte, ich muss noch einmal Gottes seligmachende Gnade erheben.“ Und so wird ein Lob das andere und ein Lied das andere drängen, und des himmlischen Lobgetönes wird kein Ende sein.

„Gehe hin,“ spricht er bald, „gehe hin in dein Haus zu den Deinen, und verkündige ihnen, wie große Dinge dir der Herr getan, und sich deiner erbarmet hat.“ Wartet eine kleine Weile, harrt auf seine Stunde, und bald werdet ihr heimgeholt ins Land der Herrlichkeit, in die Heimat der Seligen, wo Wonne ohne Aufhören dein Teil sein wird. Gott segne euch um seines Namens willen.

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