Spurgeon, Charles Haddon - Gedenkt an des Lots Weib.
„Gedenkt an des Lots Weib.“ Lk. 17. 32.
Es war der Ratschluss Gottes, immer ein Zeugnis für Wahrheit und Gerechtigkeit inmitten dieser ungöttlichen Welt aufrecht zu halten. Zu diesem Ende sonderte Er sich vor alters eine Familie aus, mit der Er Gemeinschaft hatte. Abraham war der Mann, den Gott erwählte, dass in ihm und seinem Hause das Zeugnis bewahrt bleibe. Diese erwählte Familie ward berufen, von ihren Vorfahren getrennt und abgesondert, um im Lande Kanaan zu weilen. Sie sollte nicht in die Städte gehen und sich nicht mit andren Rassen vermischen, sondern als ein besonderer Stamm in Zelten wohnen, auf dass nicht ihr Charakter befleckt und ihr Zeugnis stumm werden möge. Es war des Herrn Absicht, dass das Volk „besonders wohnen und nicht unter die Heiden gerechnet werden“ sollte. Als Abraham berufen ward, gehorchte er und ging aus, und wusste nicht, wo er hinkäme. Sein abgesondertes Leben war eine große Übung für seinen Glauben und stärkte diesen so, dass er zu einer ruhigen, unerschütterlichen Sicherheit wurde; und dies machte ihn fähig, sich eines ruhigen, erhabenen, glücklichen Lebens zu erfreuen, von Gott allein abhängig, ebenso hoch über, als getrennt von den Menschen. Mit ihm war sein Neffe Lot, der auch Haran auf den göttlichen Ruf verließ und mit dem Patriarchen auf seinen Wanderungen in Kanaan und in Ägypten war. Er war kein Mann von so edlem Gemüt, aber er wurde sehr beeinflusst durch die stärkere Seele seines Oheims Abraham. Er war ohne Zweifel aufrichtig und wird mit Recht der gerechte Lot genannt, aber er eignete sich mehr zu einem Nachfolger, als zu einem Führer. Er wohnte auch in Zelten und führte das abgesonderte Leben, bis es notwendig für ihn wurde, ein unabhängiger Häuptling zu werden, weil die Schaf- und Rinderherden der beiden Familien sich so vermehrt hatten, dass sie nicht wohl zusammen gehalten werden konnten. Da trat die schwächere Seite in Lots Charakter hervor. Er ließ nicht Abraham die Wahl der Schafweide, sondern wie alle schwache Naturen zog er selbstsüchtig seinen eignen Vorteil zu Rate, und entschloss sich, in die Gegend am Jordan zu gehen, wo wasserreiche Weiden im Überfluss waren. Dies führte dazu, dass er nahe bei den Städten an der Ebene wohnte, wo das Verbrechen den äußersten Punkt entsetzlicher Ausartung erreicht hatte. Wir lesen dass er „seine Hütten gen Sodom setzte;“ er fand es bequem, nahe bei ansässigen Leuten zu wohnen, und freundschaftliche Verbindungen einzugehen, obgleich er gewusst haben muss, wie die Männer von Sodom waren, denn das Geschrei von ihren Sünden war weit und breit erschollen. So begann er, den abgesonderten Pfad zu verlassen. Nach einer Weile ging er weiter, denn ein Schritt führt zum andren. Er liebte die Gemächlichkeit und deshalb gab er das Zeltleben mit seinen vielen Unbequemlichkeiten auf, und ging hin, bei den Stadtleuten von Sodom zu leben: etwas, worüber man sich ebenso sehr wundern, als es beklagen muss. Er hörte nicht auf, ein guter Mann zu sein, aber er hörte auf, ein treuer Zeuge seines Gottes zu sein; und Abraham scheint ihn von dem Tage an ganz und gar aufgegeben zu haben, denn wir finden, dass der edle Patriarch den Herrn nach seinem Erben fragt und spricht: „Herr, Herr was willst Du mir geben? Ich gehe dahin ohne Kinder; und mein Hausvogt, dieser Elieser von Damaskus, hat einen Sohn.“ Und der Herr sprach: „Er soll nicht dein Erbe sein.“ Nun, diese Frage wäre unnötig gewesen, wenn Lot noch zu dem erwählten Samen gerechnet worden wäre, denn von Natur war Lot der Erbe Abrahams, aber er verwirkte diese Stellung und gab seinen Anteil an dem Erbe des erwählten Hauses auf, dadurch, dass er das abgesonderte Leben verließ. Lot, obwohl er in Sodom wohnte, war dort nicht glücklich, und wurde auch nicht so verderbt, dass er Vergnügen an der Gottlosigkeit des Volkes hatte. Petrus sagt: „Gott hat den gerechten Lot erlöst, welchem die schädlichen Leute alles Leid taten mit ihrem unzüchtigen Wandel.“ Er versuchte, seinen Protest einzulegen an diesem Orte, und das schlug ihm ganz und gar fehl, wie das bei allen der Fall sein muss, die ihm nachahmen. Sein Zeugnis für Reinheit wäre viel mächtiger gewesen, wenn er sich von ihnen fern gehalten hätte, denn dies ist der Protest, den Gott von uns verlangt, wenn Er sagt: „Geht aus von ihnen, sondert euch ab.“
In der Mitte der Welt, welche im Argen liegt, lebte Lot weiter, nicht ohne geistlich sehr zu sinken, bis die Könige kamen und ihn gefangen fortführten. Dann wurde er durch die Dazwischenkunft Abrahams aus der Gefangenschaft, die ihm drohte, befreit und zurückgebracht. Dies war eine ernste Mahnung, und man hätte gedacht, Lot würde gesagt haben: „Ich will zu Abrahams Lebensweise zurückkehren, ich will wieder ein Pilger mit Gott werden. Sodoms Mauern ohne Gott sind weit weniger sicher, als ein leichtes Zelt, wenn Gott eine feurige Mauer darum her ist.“ Sein Leidwesen über den Wandel der ausschweifenden Städter hätte ihm Sehnsucht erwecken sollen nach der frischen Luft des wilden Landes: aber nicht so, er lässt sich wiederum in Sodom nieder, und vergisst die heilige Gemeinde, die sich um das Zelt Abrahams lagert. Da er immer noch ein Mann Gottes war, konnte es ihm nicht verstattet werden, in solcher Gesellschaft zu sterben: es war nicht zu dulden, dass der „gerechte Lot“ seine Gebeine in den Begräbnisort des schmutzigen Sodoms legen sollte. Wenn Gott einen Menschen erretten will, muss Er ihn aus der Welt herausholen; er kann nicht ein An- und Zugehöriger einer gottlosen Welt bleiben und doch Gottes Erwählter sein, denn des Herrn eigenes Wort zu dem Feind an der Pforte Edens ist dies: „Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe, zwischen deinem Samen und ihrem Samen.“ Sprach Er nicht auch zu Pharao: „Ich will eine Scheidung setzen zwischen meinem Volk und deinem Volk.“ (2 Mose 8, 23.) Der Herr wird eher die ganze Stadt niederbrennen, als Lot fortfahren lassen, sich mit ihren Verbrechen zu vergesellschaften und durch ihren bösen Einfluss herabgezogen zu werden. Und so geschah es, dass Lot gezwungen ward, herauszugehen; er ward so in die Enge getrieben, dass er entweder eilen musste, sein Leben zu retten oder in dem allgemeinen Brande umkommen. Ein Glück wäre es für ihn gewesen, wenn er die ganze Zeit über in der heiligen Abgeschlossenheit Abrahams gelebt hätte; er würde dann weder das Erbe für seinen Samen verloren haben, noch unter einer dunkeln, befleckenden Wolke dahingeschwunden sein, und hätte auch seinen Platz unter den Glaubenshelden nicht eingebüßt, von denen Paulus in dem bekannten Kapitel an die Hebräer schreibt: „Diese alle sind gestorben im Glauben, und haben die Verheißung nicht empfangen, sondern sie von ferne gesehen und sich der vertröstet, und wohl begnügen lassen, und bekannt, dass sie Gäste und Fremdlinge auf Erden sind.“
Hier muss ich innehalten, sonst werdet ihr denken, dass ich meinen Text falsch gelesen habe und über die Worte predige: „Gedenkt an Lot,“ und in der Tat, es könnte nützlich sein, wenn ich es täte, denn die Geschichte Lots enthält viel Warnung. Wenn christliche Männer so unweise sind, sich der Welt gleichzustellen, ob sie auch ihren christlichen Charakter in einigem Maße aufrecht halten, werden sie doch durch die weltliche Verbindung nichts gewinnen, als Leidwesen über den Wandel der Ungöttlichen, und an ihrer eignen Seele werden sie viel verlieren: ihr Charakter wird verdunkelt, ihre ganze Gefühlsweise niedriger und sie selber werden elendiglich schwach und unglücklich werden. Gleichstellung mit der Welt wird sicher früher oder später schlecht enden: für den Mann selbst ist sie schädlich, und für seine Familie ist sie verderblich.
Aber der Text sagt: „Gedenkt an Lots Weib,“ und deshalb muss ich den Mann fahren lassen und eure Aufmerksamkeit auf die lenken, welche, in diesem Falle, seine „schlechtere Hälfte“ ist. Als die Zeit zur Trennung kam, konnte Lots Weib sich nicht von der Welt losreißen. Sie war immer in ihr gewesen und hatte sie geliebt, und Freude daran gehabt; und obgleich mit einem frommen Mann verbunden, verriet sie doch, als die Zeit zur Entscheidung kam, ihren wahren Charakter. Fliehen, ohne auch nur zurück zu blicken, ward von ihr verlangt, aber dies war zu viel; sie sah zurück, und bewies dadurch, dass sie genug Vermessenheit in ihrem Herzen hatte, Gottes Gebot zu trotzen, und ihr Alles zu wagen, um einen zögernden Liebesblick auf die verurteilte und schuldige Welt zu werfen. Durch diesen Blick kam sie um. Das ist das Thema unserer Rede. Die Liebe der Welt ist Tod. Die, welche an der Sünde hängen, müssen umkommen, wer sie auch sein mögen.
Unterlasst nicht, den Zusammenhang des Textes zu beachten, denn darin befiehlt unser Herz uns, die Welt lose in der Hand zu halten, und immer bereit zu sein, sie ganz aufzugeben. Wenn wir dazu berufen werden, sollen wir bereit sein, auszugehen ohne das Geringste in unserer Hand. „An demselben Tage, wer auf dem Dache ist, und sein Hausrat in dem Hause, der steige nicht hernieder, dasselbe zu holen. Desselben gleichen, wer auf dem Felde ist, der wende nicht um nach dem, das hinter ihm ist.“ Das Leben selbst sollten sie nicht teuer achten, sondern bereit sein, es um seinetwillen hinzugeben; denn Er sprach: „Wer da sucht, seine Seele zu erhalten, der wird sie verlieren; und wer sie verlieren wird, der wird ihr zum Leben helfen.“ Von der Welt, ihren Besitzungen, ihren Grundsätzen, ihren Beweggründen geschieden sein, ist das Zeichen eines Jüngers Christi, und um das Gefühl des Abgesondertseins unter seinen Nachfolgern aufrecht zu halten, hieß unser Herr sie an Lots Weib gedenken. Sie soll uns allen eine Warnung sein, denn Gott will mit uns handeln, wie mit ihr, wenn wir sündigen, wie sie es tat. „Was ist es, das geschehen ist? Eben das hernach geschehen wird“: wenn unsre Herzen an der Welt kleben, so sollen wir mit der Welt umkommen; wenn unsre Wünsche und Freuden nach der Seite hingehen und wir unsren Trost in ihr finden, so sollen wir unsre ganze Habe verzehrt sehen und sollen selbst mit ihr verzehrt werden, am Tage des Zornes Gottes. Absonderung ist die einzige Art des Entrinnens. Wir müssen die Welt fliehen, oder mit ihr umkommen. „Weicht, weichet, ziehet aus, von dannen, und rühret kein Unreines an; geht aus von ihr, reiniget euch, die ihr des Herrn Geräte tragt.“
I.
„Gedenkt an Lots Weib“: und unser erster Ruf soll sein: Gedenkt daran, dass sie Lots Weib war. Sie war das Weib eines Mannes, der mit all seinen Fehlern doch ein gerechter Mann war. Sie war mit ihm durch das engste, nur mögliche Band vereint, und doch kam sie um.
Sie hatte mit dem heiligen Abraham in Zelten gewohnt, und schien an allen Vorrechten des abgesonderten Volkes teil zu haben, und doch kam sie um. Sie war einem teuer, der dem Vater der Gläubigen teuer gewesen war, und dennoch kam sie in ihrer Sünde um. Diesen Warnungston möchten wir sehr laut anschlagen, denn, alltäglich wie die Wahrheit ist, muss sie doch oft wiederholt werden, dass Bande des Blutes keine Bürgschaften der Gnade sind. Du kannst das Weib des heiligsten Mannes Gottes und doch eine Tochter Belials sein; du kannst der Gatte einer der Töchter des Königs, und doch selbst ein Verworfener sein. Du kannst das Kind eines Propheten sein, und doch mag der Fluch des Propheten Gottes auf dich fallen; du kannst der Vater einer sehr frommen Familie, und doch ein Fremdling in dem Reiche Israels sein. Es ist nicht möglich, dass irgend eine irdische Verwandtschaft uns helfen kann, wenn wir persönlich des geistlichen Lebens ermangeln. Unsre erste Geburt nützt uns nichts für das Reich Gottes, denn was vom Fleische geboren ist, auch wo es am besten, ist Fleisch, und geneigt zur Sünde, und wird sicherlich verderben. Wir müssen wiedergeboren werden, denn nur die neue Geburt, die vom Geiste und von oben ist, wird uns in die Bande des Bundes bringen. O, ihr Kinder gottesfürchtiger Eltern, ich bitte euch, sehet zu, dass ihr nicht von eurer Mutter Seite hinab in die Hölle getrieben werdet. O, ihr Verwandte derer, die von Gott begnadigt sind, ich bitte euch, sehet zu, dass ihr nicht sterbet, den Himmel in Sicht, trotz aller euch gewährten Vorteile. In dieser Sache gedenkt an Lots Weib.
Denkt daran, dass sie, da sie Lots Weib war, seit ihrer Heirat mit Lot seine Reisen, Geschicke und Leiden geteilt hatte. Wir können nicht genau sagen, wann sie Lots Weib wurde, aber wir sind geneigt, zu glauben, dass es war, nachdem er Haran verlassen hatte, denn als Abraham Haran verließ, lesen wir, dass er „sein Weib Sarai und Lot, seines Bruders Sohn,“ nahm, aber wir lesen nichts von Lots Weib. Der Name von Abrahams Weib wird genannt, aber von Lots Weib wird gar nichts erwähnt. Weiter lesen wir: „Also zog Abraham herauf aus Ägypten, mit seinem Weibe, und mit allem, das er hatte, und Lot auch mit ihm, gegen den Mittag.“ „Lot aber, der mit Abraham zog, der hatte auch Schafe und Rinder und Hütten,“ aber davon, dass er ein Weib gehabt, wird nichts gesagt. Sie muss eine Person von sehr wenig Bedeutung gewesen sein, denn sogar da, wo es gewiss ist, dass Lot verheiratet war, damals, als er gefangen genommen und nachher von Abraham befreit wurde, ist alles, was wir finden: „Und Abraham brachte alle Habe wieder, dazu auch Lot, seinen Bruder, mit seiner Habe, auch die Weiber und das Volk.“ Wir nehmen an, dass Lots Weib unter dem Wort „die Weiber“ mit einbegriffen ist. Nun spricht der Heilige Geist nie von guten Weibern mit Geringschätzung: in Verbindung mit ihren Männern werden sie gewöhnlich mit Ehren genannt, und in diesem ersten Buch Moses ist dies ganz besonders der Fall. Sara und Rebekka und Rahel haben jede ein ehrenvolles Denkmal, und da Lots Weib nicht erwähnt wird, mögen wir daraus schließen, dass sie der Erwähnung nicht wert war. Sie konnte kaum eine Einwohnerin von Sodom gewesen sein, wie die jüdische Überlieferung behauptet, wenn sie nicht, wie diese sagt, eine Witwe war und die erwähnten Töchter aus einer früheren Ehe stammten, denn bei der Zerstörung Sodoms hatte Lot heiratsfähige Töchter, und es scheint kaum, als wenn er viele Jahre von Abraham entfernt gewesen. Zwar mögen die Weiber von Sodom in früherem Alter geheiratet haben, als dies bei der Familie Abrahams der Fall war, und wenn das, so mag Lots Weib aus Sodom gebürtig gewesen sein, denn möglich ist es, dass er da zwanzig Jahre lang wohnte. Wahrscheinlicher indes ist es, dass Lot entweder in Kanaan oder in Ägypten eine Kanaaniterin oder Ägypterin heiratete, eine Person, die ganz unwürdig war, in die heilige Familie mit aufgenommen zu werden, und dass deshalb die Heirat nicht berichtet ist. Es war die Sitte dieser erwählten und abgesonderten Familie, wie ihr wisst, nach Mesopotamien zurückzusenden, um dort eine Tochter aus demselben Hause zu holen, damit der reine Stamm bewahrt bleiben und keine Verbindung mit den Heiden sein möge. Es war Abrahams Wunsch für Isaak, und er gab seinem Hausvogt den Auftrag, ihn auszuführen, indem er sprach: „Schwöre mir bei dem Herrn, dem Gott des Himmels und der Erde, dass du meinem Sohne kein Weib nehmest von den Töchtern der Kanaaniter, unter welchen ich wohne; sondern dass du ziehest in mein Vaterland und zu meiner Freundschaft, und nehmest meinem Sohne Isaak ein Weib.“ Das war auch Isaaks Wunsch für Jakob, denn wir lesen: „Da rief Isaak seinen Sohn Jakob, und segnete ihn, und sprach zu ihm: „Nimm nicht ein Weib von den Töchtern Kanaans, sondern mache dich auf, und ziehe in Mesopotamien zu Betuels, deiner Mutter Vaters Haus, und nimm dir ein Weib daselbst von den Töchtern Labans, deiner Mutter Bruders.“ Es scheint mir, dass Lot ein heidnisches Weib geheiratet hatte, und deshalb ihr Name ausgelassen ist. Ob es so war oder nicht, gewiss ist es, dass sie mit Lot die Eroberung der Stadt Sodom erlebt hatte; sie hatte das unbarmherzige Schwert die Einwohner erschlagen sehen, und sie selbst war mit ihrem Manne unter den Gefangenen gewesen und durch das gute Schwert Abrahams befreit worden. So hatte sie an ihres Mannes Leiden und Errettungen teilgenommen, und doch ging sie verloren. Es wird eine traurige, traurige Sache sein, wenn eine ewige Scheidung zwischen denen eintritt, die durch das Band der Ehe verbunden sind: dass wir zusammen leben und zusammen arbeiten und zusammen leiden, und durch Gottes Vorsehung manches Mal zusammen von Not befreit werden, und unsre Kinder zusammen aufwachsen sehen, und dennoch zuletzt voneinander gerissen werden sollten, um niemals wieder zusammen zu kommen, das ist etwas, das wir nicht auszudenken wagen. Zittert, ihr, deren Liebe nicht in Christo ist, denn eure Vereinigung wird ein Ende haben. Was sagt der Heiland? „Ich sage euch, in derselben Nacht werden zwei auf einem Bette liegen; einer wird angenommen, der andre wird verlassen werden. Zwei werden mahlen miteinander; eine wird angenommen, die andre wird verlassen werden. Zwei werden auf dem Felde sein; einer wird angenommen, der andre wird verlassen werden.“ Es macht nichts aus, wie enge die Verbindung, der Ungläubige muss von dem lebendigen Kinde Gottes geschieden werden. Wenn du an der Welt hängst und deinen Blick darauf zurück wirfst, so musst du in deiner Sünde sterben, wenn du auch mit den Kindern Gottes gegessen und getrunken hast und in so naher Verwandtschaft zu ihnen gestanden, wie das Weib zum Manne oder das Kind zum Vater. Dies macht die Erinnerung an Lots Weib zu einer sehr ernsten Sache für die, welche durch Bande der Verwandtschaft mit dem Volk Gottes verbunden sind.
Lots Weib hatte auch an ihres Mannes Vorrechten teilgenommen. Ihr Mann hatte nicht seine Vergesellschaftung mit Abraham vergessen, und konnte nicht unterlassen haben, seine Erkenntnis ihr mitzuteilen. Der eine Gott ward verehrt, und Lots Weib war zugegen. Sie wusste von dem gnädigen Bund, den Gott mit seinem abgesonderten Volk gemacht hatte, und sie wusste, dass ihr Mann einer von der Familie war. Sie hatte sich scheinbar dem erwählten Volk Gottes angeschlossen, obwohl ihr Herz nicht dabei war, und sie vereinte sich mit ihnen in geweihtem Gesang und heiligem Gebet. Sie sah die tägliche Sorge, die Gott für sein Volk bewies, und die Freude, die Abraham hatte, indem er unter dem Schatten des Allmächtigen wohnte. Sogar in Sodom hielt ihr Mann so viel Absonderung aufrecht, wie er es an einem so bösen Ort konnte, und sie sah, wie gut er mit all seinen Irrtümern doch war. Als Sodom zerstört werden sollte, kamen die Engel zu ihrem Hause, und sie selbst half sie bewirten. Sie empfing ebensowohl wie ihr Mann die gnadenvolle Warnung, zu entrinnen, und sie ward ebensosehr wie er angetrieben, dem so nahen Zorn zu entfliehen. So ist es mit vielen von euch, die alle christlichen Vorrechte genießen und doch nicht errettet sind. Ihr kommt zum Tische des Herrn und esst und trinkt von den Denkzeichen seines Leibes und Blutes, und dennoch bleibt ihr unerrettet. Ihr scheint zur Kirche Gottes zu gehören, und wenn dort irgend ein Vorrecht oder ein Vorteil ist, so wird euch ein Anteil davon gegeben, wenn irgend eine Gemeinschaft dort ist, seid ihr nicht ausgeschlossen, wenn irgend eine Freude da ist, so wird sie euch nicht versagt. Ihr werdet am letzten Ende sagen müssen: „Herr, Herr, wir haben vor Dir gegessen und getrunken, und auf den Gassen hast Du uns gelehrt,“ und o, wie elend wird es sein, Ihn sagen zu hören: „Ich kenne euch nicht; weichet alle von mir, ihr Übeltäter.“ Es muss so sein, wenn eure Seele an der Sünde hängt, und ihr einen sehnlichen Blick auf die ungöttliche Welt werft. Es muss so sein, wenn ihr einen Beweis wollt, so „gedenkt an Lots Weib.“
Lots Weib hatte teil gehabt an ihres Mannes Irrtümern. Es war ein großer Irrtum von seiner Seite, das äußerlich abgesonderte Leben zu verlassen, aber sie war darin mit ihm gegangen, und war vielleicht die Ursache, dass er es tat. Ich vermute, dass er dachte, er könne geistlich über der Welt leben und doch sich unter ihre Anhänger mischen, ebenso wie manche jetzt denken, die sich in ungöttliche Gesellschaft begeben, und doch hoffen, im Geist mit Gott zu wandeln. Er sagte zu sich selbst: „Es ist sehr unbequem, allein in dieser öden Wüste zu wandern und in diesen Zelten stets hier und da zu wohnen, ich wollte, ich hätte einen festeren Wohnsitz und könnte auf friedlichem Fuße mit denen um mich her verkehren.“ Er hörte auf, „auf eine Stadt zu warten, die einen Grund hat, welcher Baumeister und Schöpfer Gott ist,“ und wollte hienieden Bürgerrecht erwerben. Mich sollte es nicht wundern, wenn sein Weib ihn hierin beeinflusst hätte. Er war ein Mann von schwachem Gemüt; so lange sein Oheim ihn unter seinen Flügeln hatte, war er gut genug, ausgenommen, dass er selbst da das hatte, was ein Schriftsteuer eine „Anlehne-Religion“ nennt; er konnte nicht allein stehen, sondern lehnte sich an Abraham an. Als er verheiratet war, ist es wahrscheinlich, dass seine Frau das Regiment in die Hände bekam und den Weg seines Lebens leitete. Sie begann zu denken, es sei schade, dass die Familie in solcher Abgeschlossenheit lebte, so wenig nach der Mode, so strenge und eigentümlich usw. Sie schüttelte den Kopf und rief: „Wirklich, man muss in der Gesellschaft leben und nicht so altmodische, engherzige Sitten aufrecht halten. Man kann ebensowohl tot sein, als vom Leben ausgeschlossen.“ Als ihr Mann eine Gelegenheit hatte, von dieser strengen Lebensart loszukommen, da er seinen Oheim verließ, sagte sie, sie möchte gern nach der Gegend von Sodom ziehen, weil es schön für die Töchter wäre, und ihnen eine Probe von etwas Liberalem und Gebildetem geben würde. Die alte Lebensweise sei sehr gut für ein so altertümliches Paar, wie Abraham und Sara, aber Lot und sie selber gehörten einer jüngern Generation an, und es wäre ihre Pflicht, etwas Umgang zu suchen und passende Partien für ihre Töchter zu finden. Es würde gut für sie sein, wenn sie lernten, sich besser zu kleiden, als sie dies könnten, wenn sie immer herumstreiften wie Zigeuner. Abraham und die Seinen kümmerten sich ja gar nicht um die Moden und wären eine sehr vulgäre Art von Hirten, die keine Idee von Bildung und Schliff hätten, und es wäre schade, dass Leute von Lots Lebensstellung immer mit bloßen Schafscherern, Ochsentreibern u. dergl. verkehren sollten. Wenn sie nach Sodom zögen, so würden da hübsche Gesellschaften, Tänze und derartige Dinge sein. Zwar wären die Leute da leichtsinnig und etwas locker; sie gingen zu Spielen, wo die Sittsamkeit verletzt würde, und scharten sich bewundernd um Künstler, deren Leben offenkundig liederlich sei; aber man müsste doch die Mode mitmachen und bei vielem ein Auge zudrücken; man könnte nicht erwarten, dass alle Leute Heilige seien, und ohne Zweifel hätten sie auch ihre guten Seiten. Durch dergleichen Reden gewann Frau Lot ihren Mann für ihre Meinung. Sie beabsichtigten nicht gerade in die schlechteste Gesellschaft Sodoms zu gehen, sondern wollten eine sorgfältige Auswahl treffen und nur ein klein wenig mitmachen. Sicher konnte man erwarten, dass sie wissen würden, wo sie innezuhalten hätten. So schlugen sie ihr Zelt gen Sodom auf, von wo die Stadt leicht zu erreichen war, ein wenig abgesondert, aber nicht viel. Wenn irgend etwas vorfiel, was sehr schlecht sei, könnten sie fortziehen, und es wäre kein Schaden getan; aber bis sie den Schaden gesehen, liebten sie die Nachbarschaft und die Sitte der Städter. Es sei ohne Zweifel weise, sagten sie, nach Sodom zu gehen und die Leute kennen zu lernen, denn es würde lächerlich sein, zu verurteilen, was sie nicht gesehen hätten; sie wollten es deshalb versuchen, und den jungen Leuten einen Begriff davon geben, was die Welt sei. Sehr süß wurde ihnen das Stadtleben. Die freien und leichten Manieren Sodoms waren ihnen angenehm. Nicht der grobe Teil von dem Leben in Sodom, den konnte Lot nicht ertragen, und auch Frau Lot fühlte sich dabei mitunter ungemütlich, aber der liberale Geist, das seine, freie Benehmen der Leute, ihre Heiterkeit und ihre künstlerische Kultur, die waren ganz nach ihrem Sinn, und so war sie recht froh, als ihr Mann das alte Zelt abbrach, die Schafe verkaufte und als ein vom Geschäft zurückgezogener Viehzüchter im vornehmen Stadtviertel sich niederließ.
Ich glaube nicht in der Vermutung zu irren, dass Frau Lots Einfluss ihren Mann dorthin brachte, dann ihn in die besten Familien einführte, und Bewerber für die Töchter, die völlig die freien Ideen des Ortes eingesogen hatten, zu finden wusste. Jedenfalls, was auch seine Fehler waren, sie nahm daran teil: sie war mit ihm, als er die Ebene des Jordans wählte, mit ihm, als er sein Zelt gen Sodom setzte, mit ihm, als er sich ganz in Sodom niederließ, und ich könnte fast hoffen, mit ihm, wenn er gegen die schändlichsten Sünden Protest erhob, so gut er es vermochte, — aber gewiss mit ihm in dem Aufgeben der Strenge und Genauigkeit des abgesonderten Lebens. Dennoch ward sie zuletzt auf ewig von ihm getrennt; denn seine Irrtümer zerstörten trotz des schweren Schadens, den sie ihm taten, doch nicht gänzlich das Leben Gottes in seiner Seele; sie indes hatte niemals geistliches Leben, und nun, da sie berufen wird, Sodom zu verlassen, zeigt sie ihre Liebe für dasselbe durch bestimmten Ungehorsam gegen Gott und ein offenes Sichwenden zu der verurteilten Stadt, und so kommt sie um. O ihr, die ihr Christen seid, weil eure Freunde Christen sind, ihr, die ihr euch mit uns verbindet, weil es zufällig die Weise ist, in der ihr aufgezogen seid, die Zeit wird kommen, wo die geheime Anhänglichkeit eures Herzens an eine leichtfertige Welt sich sehr klar zeigen wird, und in einem verhängnisvollen Moment werdet ihr einen Liebesblick auf die Sünde werfen, der beweisen wird, dass ihr nicht zum Volk Gottes gehört. Dann wird euch geschehen nach dem Wort des Apostels: „Es wäre ihnen besser, dass sie den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt hätten, denn dass sie ihn erkennen und sich kehren von dem heiligen Gebot, das ihnen gegeben ist.“
II.
Und nun, zweitens: „Gedenkt an Lots Weib,“ und erinnert euch, dass sie auf dem Wege zur Errettung eine Strecke ging. Frau Lot glaubte an die Botschaft von der Zerstörung der Stadt so weit, dass sie aufgeschreckt ward. Sie stand frühe auf, wie ihr Mann es tat, und sie bereitete sich, das Haus zu verlassen. Sie lief die Straßen hinab, sie eilte durch das Stadtthor, sie erreichte die offene Ebene mit ihrem Manne. Sie war eine Zeitlang willig, mit ihm zu fliehen und seinem Beispiel zu folgen; sie tat es bis zu einer beträchtlichen Entfernung, bis sie begann, darüber nachzudenken, was sie tat, und zu erwägen, was sie verließ, und dann wurde ihr Schritt langsamer und sie blieb etwas zurück. Gedenkt also daran, dass sie einen Teil des Weges zum sicheren Bergungsort ging, und dass sie doch umkam: und so mögen viele einen Teil des Weges zu Christo hingehen, und eine Strecke aus der Welt hinaus, aber wenn ihr Herz immer noch bei dem Ungöttlichen weilt, so werden sie umkommen trotz alles dessen. Es ist ein sehr ernster Gedanke da, und das ist dieser, dass eines Engels Hand ihre Hand ergriffen hatte. Als sie sprachen: „Mache dich auf,“ und Lot, verzog, — ergriffen die Männer ihn und sein Weib bei der Hand. So wird ausdrücklich gesagt. Eines Engels Hand hatte ihr Handgelenk gepresst, um sie fort, in Sicherheit zu ziehen, und sie war unter diesem heiligen Zwang eine kleine Strecke gegangen; und dennoch kam sie um. Bei einigen von euch mag Herz und Gewissen geistlich angefasst worden sein, und ihr werdet dies niemals ganz vergessen können, und die Verantwortlichkeit dafür wird auf euch ruhen bleiben, ob ihr auch von der Gottseligkeit abgewichen seid, und euer Herz nach Eitelkeit schreit und nach seinen Götzen gelüstet.
Dieses Weib war tatsächlich aus Sodom heraus, und sie war beinahe in Zoar, der Zufluchtsstätte, und dennoch kam sie um. Wie nahe sie der kleinen Freistadt war, kann ich nicht sagen, aber sie war sicherlich beinahe da, und dennoch kam sie um. Beinahe errettet, aber nicht ganz. Lasst mich diese Worte wiederholen, denn sie beschreiben einige von euch, die zu dieser Stunde gegenwärtig sind, und sie können eure Grabschrift werden, wenn ihr nicht acht habt auf das, was ihr Hut: „Beinahe errettet, aber nicht ganz.“ Der schändlichsten Form der Sünde entflohen, aber nicht wahrhaft in Christo; das Herz nicht von seinen Götzen entwöhnt, die Missetat nicht im Innern aufgegeben, obgleich vielleicht im äußern Thun. O, ihr, die ihr beinahe errettet seid, aber nicht ganz, „Gedenkt an Lots Weib.“
III.
Dies bringt mich zu einem dritten Punkt des Gedankens, der dieser ist: gedenkt daran, dass, obwohl sie eine Strecke Wegs ging, um zu entfliehen, sie doch tatsächlich durch Sünde umkam. Die erste Sünde, die sie beging, war, dass sie etwas zurückblieb. Mose sagt uns: „Lots Weib hinter ihm sah zurück.“ (1 Mose 18, 26 engl. Üb.) Der gute alte Mann eilte, so sehr er konnte; aber sie, obgleich sie zuerst an seiner Seite gelaufen war, blieb hinten zurück — ich denke mir, der eine Engel hatte den einen an der rechten und die andre an der linken Hand, während der andre Engel die zwei Töchter hinter ihnen führte, aber Lots Weib ging zuletzt doch langsameren Schrittes und blieb zurück. Das ist die erste Sünde bei den meisten, die sich zur Religion bekennen, aber nicht wahrhaft Gottes eigen sind; sie beginnen den Rückfall, indem sie sehr langsam vorwärts kriechen, sie sind nicht halb so eifrig, wie sie zu sein pflegten, sie schleppen hinten nach. Ein Gottesdienst am Tage ist genügend, sehr kurzes Bibellesen stellt sie zufrieden; sie geben nicht ganz den Schein des Gebetes auf, aber es ist doch sehr wenig davon da; sie sehen nicht ein, wozu es nützt, in solcher Raserei bei der Religion zu sein; sie sehen nicht ein, weshalb sie irgend eine heilige Gewalt brauchen sollten, um das Himmelreich an sich zu reihen. Sie zögern. Es ist, weil im Grunde doch die Welt die Herrschaft in ihrem Herzen hat; wenn sie es nur wagten, würden sie ebenso weltlich und ungöttlich wie andre sein, und sie beweisen ihren wahren Charakter dadurch, dass sie ihren Schritt langsamer werden lassen.
Nachdem sie angefangen, langsamer zu gehen, war das nächste, dass sie dem nicht glaubte, was ihr gesagt war. Ihr müsst daran gedenken, dass ihre Flucht aus Sodom eine Glaubenstat sein sollte, denn der Engel sprach: „Sieh nicht hinter dich.“ Dass Sodom zerstört würde, schien durchaus nicht wahrscheinlich, denn es war ein heller Morgen. Sie sollten fliehen mit solcher Eile, als wenn sie den Feuerregen fallen sähen, aber sie sollten ihn nicht sehen, sie sollten zur Flucht nur durch den Glauben an der Engel Worte getrieben werden. Der Glaube kann sowohl durch Nicht-Sehen als durch Sehen gezeigt werden. Glaube ist ein Sehen auf Christum, aber er ist ein Nicht-Sehen auf das, was dahinten ist. Lots Weib sah die Sonne aufgehen, so wird uns gesagt: „Die Sonne war aufgegangen auf Erden, da Lot gen Zoar einkam.“ Sie sah die glänzende Morgenröte und alles davon erleuchtet, und der Gedanke durchflog ihre Seele: „Es kann nicht wahr sein, die Stadt wird nicht zerstört werden. Was für ein lieblicher Morgen! Warum laufen wir so weg, von Haus, Gütern, Freunden und allem andren an einem so hellen, klaren Morgen, wie dieser ist?“ Sie traute nicht wahrhaft, es war kein wirklicher Glaube in ihrem Herzen, und deshalb war sie dem Gesetz ihrer Sicherheit ungehorsam und wandte ihr Gesicht gen Sodom. Doch, merkt euch, sie hatte die Engel in ihr Haus aufgenommen, sie hatte sie den gottlosen Pöbel vor ihrer Tür mit Blindheit schlagen sehen, sie hatte ihre majestätischen Worte der gewissen Überzeugung gehört und ihren freundlichen Zwang gefühlt: sie hatte reichlich Beweise, dass Gott sprach, aber sie zweifelte an der Wahrheit seines Wortes, und hier war das eigentliche Wesen ihrer Sünde. Wie, wenn einige von euch, die sich unter die Gottesfürchtigen mischen, zu ihnen gezählt worden sind, und an ihrem Gottesdienst teilgenommen haben, dennoch das Ziel verfehlten um ihres Unglaubens willen! Es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, denn von allen, die aus Ägypten heraufzogen, waren nur zwei, die nach Kanaan kamen. Sie konnten nicht hinein kommen um ihres Unglaubens willen, ihre Leiber verfielen in der Wüste. Möge es nie bei einigen von uns so sein, dass wir unsre Leiber außerhalb der ewigen Hoffnung lassen, weil auch wir nicht an Den glauben, der unsichtbar ist, sondern durchaus demgemäß wandeln wollen, was unsre Augen sehen. — Nachdem sie so weit gekommen, dass sie zögerte und zweifelte, war ihre nächste Bewegung ein direkter Akt der Empörung, — sie wandte ihren Kopf: es war ihr geheißen, nicht zu schauen, aber sie wagte, zu sehen. Empörung zeigt sich ebensosehr in dem Bruch eines scheinbar kleinen Gebotes, wie in der Verletzung einer großen Vorschrift. Unser Fall kam zuerst durch das Pflücken einer verbotenen Frucht, und dieses Weibes Tod kam durch einen Blick! Hütet euch vor kleinen Dingen. Es ist Leben in einem Blick, und hier ist ein Fall, wo Tod in einem Blick war. Sie blickte, aber warum blickte sie? Ich nehme an, dass dies es war: ihr Herz war dort. Sie liebte Sodom; und das abgesonderte Leben verabscheute sie. Sie hatte ihren Mann und ihre Kinder weggeführt von dem besonderen Volk Gottes, denn sie wollte lieber unter der verworfenen Menge sein, als unter den auserwählten Wenigen. Sie war nicht des Geistes, der mit Gott allein wandeln konnte, sie hing an der weltlichen Gesellschaft und der Sünde. Obgleich sie lief, um ihr Leben zu retten, dachte sie doch an ihr Haus mit seinen Sachen und an die Gemächlichkeit Sodoms, und sie sah mit sehnendem Auge zurück, weil sie wünschte, dort zu sein; und es kam dahin, dass, wie ihr Auge zurückging, ihr ganzer Leib zurückgegangen wäre, wenn sie die Zeit dazu gehabt hätte. Sie zögerte schon, sie würde bald umgekehrt sein. Dieser eine Blick verriet, welches Weges ihre Seele ging: eine Kleinigkeit bei denen, die Christum bekennen, kann uns zeigen, was sie sind, und wir können leicht die innere Richtung der Seele verraten durch eine Tat, die ebenso einfach ist, wie das Umwenden des Halses, um nach Sodom zu sehen. Dies war ihre Sünde.
Nun, lieben Freunde, lasst uns an Lots Weib gedenken, indem wir, jeder von uns, eine persönliche Lehre lernen. Hier ist ein Hartes: wir müssen entweder aus dem Lager hinausgehen, oder gänzlich unsren Weg verfehlen. Könnt ihr das Leben Gottes aufrecht halten und mit Christo wandeln, und von der Welt abgesondert sein? Viele von euch können es nicht; ihr mögt vorgeben, es zu tun, aber ihr könnt es nicht; es ist zu hoch für euch. Ich fürchte, die Zahl wahrer Christen in der Welt ist sehr viel geringer, als wir annehmen. Wir sind beschwert mit einem Heer von Leuten, die sich Christen nennen, aber ebensosehr von der Welt sind, wie andre Leute, deren Erbe in der Welt ist, deren Vergnügen in der Welt ist, deren Sprache weltlich ist, und die ganz und gar von der Welt sind; und weil sie von der Welt sind, so hat die Welt das Ihre lieb; und deshalb ist wenig oder gar kein Kampf zwischen ihnen und der Welt. Ach, ich fürchte, die Kirche ist sich selber nicht treu, und deshalb beginnt die Welt, sie zu lieben. Sie spricht: „Ihr seid gekommen, mit uns zu leben, und zu tun, wie wir tun, und ihr legt nicht mehr diese unangenehmen Proteste ein, wie ihr es früher pflegtet, und darum brauchen wir euch nicht zu verbrennen, wie eure Väter. Ihr seid gut Freund mit uns, und deshalb wollen wir euch freundlich behandeln.“ Lasst uns nur leben, wie Christus lebte, so werden wir finden, dass die Hunde dieser Welt uns anheulen, wie sie es bei unsren Vorvätern getan haben. Meine Hörer, könnt ihr das abgesonderte Leben führen? Wenn ihr es könnt, so helfe euch Gott und segne euch darin, aber wenn ihr es nicht könnt, so erinnert euch: obwohl ihr nicht so in Sodom hineingeht, dass ihr euch seinen gröberen Sünden hingebet, so zeigt doch schon der bloße Blick dahin, der Wunsch dahin und das Verlangen, dort zu sein, wo euer Herz ist, und eures Herzens Neigung ist euer wahrer Charakter. Ihr werdet gerichtet werden nach dem, wohin euer Herz geht. Wenn euer Herz nach dem Berge zu geht, um zu entfliehen, und wenn ihr eilt, mit Christo wegzugehen als seine abgesonderten Nachfolger, so werdet ihr errettet werden: aber wenn euer Herz nach dem Bösen und der Sünde geht, so seid ihr die Knechte dessen, dem ihr gehorcht, und von eurem bösen Herrn sollt ihr euren schwarzen Lohn empfangen.
IV.
Hier kommt unser Gedenken an Lots Weib in der vierten und sehr ernsten Weise, und die ist: gedenkt daran, dass ihr Schicksal fürchterlich war. „Gedenkt an Lots Weib.“ Gedenkt daran, dass dasselbe Schicksal über sie kam, wie über die Einwohner von Sodom und Gomorra, aber dieses Schicksal ereilte sie an den Toren von Zoar. O, wenn ich verdammt werden muss, so möge es mit der Masse der Gottlosen sein, als einer, der immer zu ihr gehört hat; aber bis an die Tore des Himmels zu gelangen, und dort umzukommen, das wird ein Furchtbares sein. Mit dem Volk Gottes gelebt haben, unter dasselbe gezählt worden sein, durch Bande des Blutes mit ihm verbunden gewesen sein, und dann am Ende doch umzukommen, das wird in der Tat entsetzlich sein. Das Evangelium gehört haben, das Evangelium auch gefühlt haben bis zu einem gewissen Maße, sein Leben um deswillen gebessert haben, dem schmutzigsten Verderben der Welt entflohen sein, sittlich gut, liebenswürdig und trefflich geworden sein, und doch nicht von der Welt entwöhnt, nicht ganz von der Sünde geschieden sein, und so umkommen — der Gedanke ist unerträglich. Derselbe Schwefel und dasselbe Salz, das auf die Einwohner der vier Städte fiel, ereilte Lots Weib. Sie war gerade an der äußersten Grenze des Feuerregens, und als er fiel, ward sie mit Feuer gesalzen und in eine Salzsäule verwandelt, da, wo sie stand. Furchtbares Schicksal! An der Schwelle der Barmherzigkeit von der Gerechtigkeit erschlagen zu werden; am Rande der Errettung das Opfer des ewigen Zorns zu werden!
Dies überkam sie plötzlich. Was für ein Bild! Sie steht still, als sie auf der Flucht ist, sie wendet den Kopf! Sie sieht nur eben hin! Der Blick ist nicht lang genug, um ihr eigenes Haus zu erkennen — und seht, sie ist in eine Säule verwandelt! Das Feuer-Salz ist auf sie gefallen! Sie wird sich nie wieder bewegen! Sie hatte nicht Zeit zum Gehen oder Umdrehen, und mit ihrem Hals, gerade wie sie ihn gewandt, steht sie da als eine Salzsäule, eine Warnung für alle, welche des Weges kamen. Ich nehme nicht an, dass Lots Weib jetzt noch dasteht, wie einige Reisende sich eingebildet haben; die Säule war nicht einmal zu Christi Zeit da, denn wenn dies der Fall gewesen, so würde unser Herr, wie Bengel sehr richtig bemerkt, gesagt haben: „Seht Lots Weib!“ aber weil sie nicht da war, sagte er: „Gedenkt“ an sie. Ihr Schicksal kam plötzlich, ohne fernere Warnung oder eines Augenblicks Zeit zur Erwägung. Wie, wenn ein plötzlicher Tod einige von euch in diesem Augenblick dahin raffte? Ihr Christen, die ihr noch die Welt liebt, wie, wenn ihr jetzt tot niederfielet? Ihr, die ihr euch Christen nennt, und euch unter die Ungöttlichen schleicht, um einen Schluck aus dem Becher ihrer Freuden zu tun, gesetzt, ihr würdet eines dieser Tage im Theater vom Tode getroffen! Ihr, die ihr behauptet, Christen zu sein, und die Tanzsäle besucht, gesetzt, ihr fielet dort tot nieder! Es würde nichts Neues unter der Sonne sein, denn Gott handelt strenge mit denen, welche behaupten, in seinen Bund einzutreten; er hat eifersüchtige Gesetze für diejenigen, welche Glieder seiner Kirche werden und doch nicht die Gnade Gottes in ihrem Herzen haben. Diese Menschen sterben nicht, wie alle Menschen sterben, sondern werden oft von strengen Strafgerichten ereilt, auf dass die Welt sehe, dass der Herr eine feurige Mauer um seine Kirche gezogen hat, welche niemand, bei Gefahr seines Lebens, durchbrechen darf. Ananias und Sapphira traten in die Gemeinde ein, aber sie konnten da nicht leben; ein Blick vom Auge des Petrus, und sie fielen tot vor ihm nieder. Solche Gerichte reinigen noch immer die Reihen der bekennenden Gemeinde, wie alle Beobachter wissen müssen, denn der Herr will „geheiligt werden von denen, die zu Ihm nahen.“ „Darum,“ sagt der Apostel, „sind auch so viele Schwache und Kranke unter euch, und ein gut Teil schlafen,“ weil die Zucht Gottes in der Mitte seiner sichtbaren Gemeinde fortgesetzt wird. Er lässt die Welt in Ruhe, bis der Feuerregen kommt, aber für die, welche behaupten, sein Volk zu sein, ist Er immer ein eifersüchtiger Gott. Ich spreche starke Dinge, aber starke Dinge tun not in diesen Tagen der Kompromisse. Möge der Heilige Geist diese gewichtigen Tatsachen in eurer aller Herzen eindrücken.
Der schlimmste Punkt bei dem Umkommen von Lots Weib liegt vielleicht darin, dass sie in dem Augenblick, wo sie die Sünde beging, umkam, und ihr kein Raum zur Buße gegeben ward. In dem Moment, wo sie den Kopf wandte, ward sie zur Salzsäule. Es ist etwas Furchtbares, in der sündigen Tat zu sterben, von der Gerechtigkeit Gottes dahingerafft zu werden, während die Übertretung begangen wird. Doch mag so etwas geschehen, und mögen diejenigen, welche behaupten, Christen zu sein, und doch mit der Sünde unterhandeln, an Lots Weib gedenken, und daran, wie ein schnelles Gericht Gott über die Christen kommen lässt, die seinen heiligen Namen und seine Sache verraten.
Ich kann es nicht unterlassen, auf den selbstgemachten Text zurückzukommen, mit dem ich anfing: „Gedenkt an Lot.“ Obwohl Lot selbst ein gerechter Mann war und dem Schicksal der gottlosen Stadt entging, so kann ich doch nicht umhin, den Tod seines Weibes in gewissem Maße auf ihn selber zurückzuführen. Wenn ein Mann mit Gott wandelt und Gott nachahmt, so wird er ein großer Charakter — das ist Abraham. Wenn ein Mensch mit einem heiligen Menschen wandelt und ihm nachahmt, so mag er dahin kommen, ein guter Charakter zu werden, aber er wird ein schwacher sein — das ist Lot. Aber wenn jemand mit Lot, dem schwachen Charakter, wandelt und mit ihm nachahmt, so wird das Resultat ein Fehlschlagen sein — das ist Lots Weib. Es ist wie das Vorschriftsbuch des Knaben. Wenn er die oberste Reihe nachschreibt, so macht er eine Abrahams-Reihe; aber wenn er das nächste Mal nicht auf die oberste Reihe sieht, sondern die zweite nachahmt — das macht eine Lots-Reihe, bei weitem nicht so gut wie die erste. Wenn er darauf Nummer zwei, die Lots-Reihe, nachschreibt, so wird das Resultat ein sehr armseliges sein — das ist Lots Weib. Geliebte, wir sollen im Leben den großen Vater uns zum Beispiel nehmen, auf Ihn blicken und seinen Fußstapfen nachfolgen; wenn wir dies mit Hilfe des Heiligen Geistes tun, so werden wir einen großen, edlen, Abraham-artigen Charakter erreichen. Aber gesetzt, du fängst an, irgend einem guten Manne nachzuahmen, und der ist dein Maßstab, so wirst du ein Christ zweiten Ranges werden, es wird ein schwächliches Ding sein, gleich Lot. Und dann, wenn dein Weib und deine Kinder dir nachahmen, o, der Schaden, der daraus entstehen muss! Lot hätte fester, beständiger, gründlicher sein sollen. Er hatte nichts in Sodom zu tun. Wenn er zu seiner Frau gesagt hätte: „Nein, meine Frau, wir gehören zu einer auserwählten Familie. Gott berief uns aus Haran und hinweg von den Göttern unserer Väter, damit wir ein abgesondertes Leben führen möchten, und hier werde ich bleiben, und du musst mit mir bleiben,“ so hätte sie gehorchen müssen, und selbst wenn sie es nicht getan, so durfte Lot nichts Böses tun, seinem Weibe zu Gefallen. Sie hätte nicht die Weise Sodoms zu lernen vermocht, sie hätte mit ihrem Herzen immer noch an der Welt hängen können, aber sie hätte sich nicht so ganz mit ihr vermischen, und ihre Töchter hätten nicht so unsittlich sein können, wenn er sich entschlossen hätte, fern von den Städtern zu leben. Ich glaube, dass Väter und Ehemänner das Regiment in ihren Familien führen sollen, und dass Eltern verpflichtet sind, ihren Haushalt in gottesfürchtiger Art zu ordnen. Sagt nicht: „O, wir können unsre Familien nicht regieren.“ Ihr müsst es tun. Eli fehlte hierin, und anstatt fest zu sein, sagte er schlichthin: „Tut nicht so, meine Söhne.“ Armer, lieber, alter Eli, er wollte nicht gern Unannehmlichkeiten mit seinen Söhnen haben dadurch, dass er sie tadelte. Aber was kostete ihn seine Weichheit? Der Herr schlug seine Kinder, weil er sein Haus nicht in rechter Ordnung gehalten. Wenn christliche Männer ihren Familien erlauben, zu tun, was ihnen gefällt, so werden sie bald finden, dass der Herr mit ihnen rechten wird; und wenn Kinder und Weib am Ende umkommen, so wird es ein schrecklicher Gedanke für das Haupt des Hauses sein, selbst wenn es ein Erretteter ist, dass es sein schlechtes Beispiel war, das ihr Verderben verursachte. Es war zum Teil Lots eigenes Thun, dass sein Weib ward, was sie war. Wenn Lot nie nach Sodom gegangen wäre, so wäre sein Weib nicht nahe dabei umgekommen.
Habt acht auf euch selber, dass ihr nicht andre irre führt. Haltet euch nahe zu Gott, so werdet ihr gesegnet sein und andren zum Segen werden. Abraham hatte nicht solche Not mit Sara, und Isaak nicht mit Rebekka, denn sie wandelten mit Gott und ihr Einfluss ward in ihren Zelten gefühlt. Lebt nahe bei Gott und lasst euer eigenes Leben nach dem Gebot sein, das Gott dem Patriarchen gab: „Wandle vor mir und sei vollkommen,“ und ihr werdet sehen, dass ihr eurem Hause zum Segen seid und euren Kindern nach euch; aber wenn ihr nicht so vor dem Herrn wandelt, werdet ihr an Lots Weib zu gedenken haben. Möge Gott seinen Segen zu diesen Worten geben, um Jesu willen. Amen.