Spurgeon, Charles Haddon - Genesis - 1. Buch Mose (Andachten)

Spurgeon, Charles Haddon - Genesis - 1. Buch Mose (Andachten)

1. Mose 1,4

Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis.

Licht ist eine herrliche Gottesgabe und muss es auch sein; denn es entsprang jenem gütigen „Werde“ der Liebe. Wir, die wir es genießen dürfen, sollten nur dankbarer dafür sein und in demselben und durch dasselbe Gott mehr erkennen. Das leibliche Licht, spricht Salomo, ist lieblich; aber das Licht des Evangeliums ist unendlich köstlicher, denn es offenbart göttliche und ewige Dinge und dient unserer unsterblichen Natur. Wenn der Heilige Geist uns geistliches Licht schenkt und die Augen öffnet, dass wir die Herrlichkeit Gottes im Angesicht des Herrn Jesu schauen, dann, erkennen wir die Sünde in ihren wahren Farben, und wir erfahren, wies in Wahrheit mit uns steht; wir sehen den allerheiligsten Gott, so wie Er sich offenbart, den Heilsplan, den Er verkündigen lässt und die zukünftige Welt, wie die Heilige Schrift sie schildert. Das geistliche Licht hat mancherlei Strahlen und Regenbogenfarben, aber sie sind alle gut, seis nun Erkenntnis, Freude, Heiligung oder Leben. Wenn nun schon das Licht, das wir empfangen, gut ist, wie muss erst das wesentliche Licht sein, und wie herrlich muss der Ort seiner Offenbarung sein! O Herr, da Dein Licht so gut ist, o, so schenke uns noch mehr Licht, o, so schenke uns vor allem Dich selber, das wahre Licht!

Sobald etwas Gutes in der Welt zum Vorschein kommt, wird eine Scheidung nötig; denn was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? Gott hat sie geschieden, wir wollen sie nicht vermengen. Die Kinder des Lichts dürfen keine Gemeinschaft haben mit den Werken, Lehren und Lügen der Finsternis. Die Kinder des Tages sollen nüchtern, ehrbar und wacker sein im Werke ihres Herrn, und denen die Werke der Finsternis überlassen, die darin bleiben müssen ewiglich. Die Gemeinde der Gläubigen soll durch Zucht das Licht scheiden von der Finsternis, und ebenso müssen wir uns heilig halten von der Befleckung mit der Welt. Im Urteil, im Wandel, im Hören, im Lehren, im Umgang müssen wir einen Unterschied machen zwischen den Guten und Bösen, und die große Scheidung festhalten, die der Herr bei seinem ersten Tagewerke aufgerichtet. O Herr Jesu, sei Du unser Licht den ganzen heutigen Tag, denn Dein Licht ist das wahre Licht für uns Menschen.

1. Mose 1,4

„Und Gott sah das Licht.“

Heute Morgen betrachteten wir, wie das Licht gut war und wie Gott das Licht von der Finsternis schied, und nun richten wir unsere Aufmerksamkeit auf den besonderen Blick, welchen Gott für das Licht hat. „Gott sah das licht.“

Er sah es mit Wohlgefallen, Er ruhete darauf mit Blicken der Wonne, Er sah, „dass es gut war.“ Wenn dir der Herr Licht geschenkt hat, liebe Seele, dann schaut Er mit ganz besonderer Teilnahme auf dies Licht; denn es ist Ihm nicht allein wert darum, dass es Sein Werk ist, sondern weil dies Licht Ihm ähnlich ist, denn „Er ist das Licht.“ Es ist köstlich für den Gläubigen, dass er weiß, Gottes Auge wacht mit zarter Sorgfalt über dem Werk der Gnade, das Er begonnen hat. Nie verliert Er den Schatz aus den Augen, den Er in unsern irdischen Gefäßen niedergelegt hat. Manchmal können wir das Licht nicht sehen, aber Gott sieht das Licht allezeit, und das ist viel besser, als wenn wir es sehen. Es ist gar tröstlich für mich, wenn ich weiß, ich gehöre mit zum Volk Gottes ob ich es aber weiß oder nicht, wenns nur der Herr weiß, so ists gut für mich und ich bin wohl geborgen. Das ist die Hauptsache: „der Herr kennet die Seinen.“ Du kannst vielleicht seufzen und stöhnen über die angeborene Erbsünde, und trauern über deine Verfinsterung; dennoch sieht der Herr Licht in deinem Herzen, denn Er hat es darein gepflanzt, und aller Dunst und alle Dämmerung deiner Seele kann dein Licht nicht vor Seinem Gnadenblick verhüllen. Und wenn du tief ins Zagen und Verzweifeln geraten wärest, sobald nur deine Seele irgend ein schwaches Verlangen nach Christo hegt, und wenn du trachtest, in dem zu bleiben, was Er für dich vollbracht hat, dann sieht Gott „das Licht.“ Und Er sieht es nicht nur, sondern Er behütet es auch in dir. „Ich, der Herr, behüte ihn; Ich will ihn Tag und Nacht behüten.“ Das ist ein köstlicher Gedanke für alle die, welche trotz aller Wachsamkeit und Aufmerksamkeit auf sich selbst erfahren müssen, wie sie so ganz nicht im Stande sind, sich zu bewahren. Das Licht, das durch Seine Gnade bewahrt wird, strahlt eines Tages auf in vollem Glanze der Mittagssonne, in ganzer Himmels-Herrlichkeit. Das innere Licht ist der Anbruch des ewigen Tages. (Goldstrahlen, Januar 5)

1. Mose 1,4

„Da schied Gott das Licht von der Finsternis.“

In einem Gläubigen sind zweierlei Kräfte in Tätigkeit. In seinem natürlichen Zustande war er nur der einen dieser Kräfte untertan, welches war die Finsternis; nun hat das Licht bei ihm Eingang gefunden, und die beiden Mächte kämpfen nun um die Oberherrschaft. Beachtet die Worte des Apostels Paulus im siebenten Kapitel des Römerbriefes: So finde ich in mir nun ein Gesetz, der ich will das Gute tun, dass mir das Böse anhanget. Denn ich habe Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen. Ich sehe aber ein ander Gesetz in meinen Gliedern, das da widerstreitet dem Gesetz in meinem Gemüt, und nimmt mich gefangen in der Sünde Gesetz, welches ist in meinen Gliedern.„ Wie wird dieser Zustand der Dinge hervorgerufen? „Gott schied das Licht von der Finsternis.“ Die Finsternis ist an und für sich ruhig und bleibt ungestört; so bald aber der Herr Licht hineinsendet, so gibt es einen Kampf, denn eines steht dein andern entgegen. Und dieser Kampf hört nimmer auf, die der Gläubige völlig verklärt ist im Herrn. Findet nun eine Scheidung innerhalb des einzelnen Christen statt, so erfolgt auch äußerlich eine Scheidung. Sobald der Herr einem Menschen das Licht schenkt, so strebt er, sich von der ihn umgebenden Finsternis los zu machen; er will nichts mehr zu schaffen haben mit einer bloßen weltlichen Frömmigkeit äußerlicher Formeln, denn ihm genügt von nun an nichts mehr, außer das Evangelium von Christo, und er entzieht sich aller weltlichen Gesellschaft und allen leichtsinnigen Vergnügungen, und sucht die Gemeinschaft der Heiligen, denn „wir wissen, dass wir aus dem Tode in das Leben gekommen sind; denn wir lieben die Brüder.“ Das Licht sammelt sich, und so auch die Finsternis. Was Gott geschieden hat, wollen wir nicht zu vereinigen suchen, sondern gleich wie Christus hinaus ging außer dem Lager, und Seine Schmach trug, so wollen auch wir ausgehen von den Gottlosen und ein heiliges Volk sein. Er war heilig, unschuldig, unbefleckt, von den Sündern abgesondert; und gleich wie Er, sollen auch wir uns nicht dieser Welt gleichstellen, sondern alle Sünde verabscheuen und uns vor den übrigen Menschen dadurch auszeichnen, dass wir unserm Meister ähnlich werden, denn wir sind geheiliget durch den Namen unseres Herrn Jesu Christi. (Goldstrahlen Juli 9)

1. Mose 1,5

„Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.“

Wars schon im Anfang so? Teilten sich Licht und Finsternis in das Reich der Zeit schon am ersten Tag? So herrscht auch in meinen inneren Erfahrungen nicht immer des Mittags blendender Glanz, sondern ich muss mich gefasst machen auf solche Zeiten, wo ich trauern muss über den Verlust meiner früheren Freuden, wo ich meinen Freund muss aufsuchen mitten in der Nacht. Und hierin stehe ich nicht allein, denn alle, die der Herr lieb hat, haben von je her singen müssen den zwiefachen Psalm des Gerichts und der Gnade, der Trübsal und der Erlösung, der Traurigkeit und der Wonne. Es gehört mit zu den Führungen der göttlichen Vorsehung, dass nicht aufhören soll Tag und Nacht, wie in der natürlichen, so auch in der geistigen Schöpfung, bis wir einkommen zum Land der Verheißung, von welchem geschrieben steht: „Und wird keine Nacht da sein.“ Was unser himmlischer Vater ordnet, ist gut und weise.
Nun, liebe Seele, was ist demnach für dich das Beste? Vor allem lerne, dich zufrieden zu geben mit dieser göttlichen Anordnung, und lass dich mit Hiob willig finden, der du das Gute empfangen hast von der Hand des Herrn, auch das Böse anzunehmen. Danach siehe zu, wie du Anfang und Schluss des Tages, den Morgen und den Abend, dir zur Freude heiligst. Preise den Herrn dafür, wenn dir seine Freudensonne aufgeht, preise Ihn, wenn das abendliche Dunkel anbricht. Es ist eine erhabene Schönheit im Sonnenaufgang wie im Sonnenuntergang; singe davon und verherrliche den Herrn. Lass, der Nachtigall gleich, deinen Gesang zu jeder Stunde ertönen. Glaube, dass die Nacht nicht minder zum Segen ist, als der Tag. Der Gnadentau fällt reichlich während der Nacht des Leidens. Die Sterne der Verheißung strahlen herrlich inmitten der dunklen Stunden herben Schmerzes. Lass nicht von deinem Gottvertrauen unter dem Wechsel der Schickungen. Ist am Tage dein Losungswort: Arbeit, dann sei es in der Nacht: Wachsamkeit. Jede Stunde hat ihre Pflicht, fahre du in deinem Beruf fort als des Herrn Knecht, bis dass Er plötzlich erscheint in seiner Herrlichkeit. Meine Seele, es naht dein Abend: das Alter und der Tod; fürchte ihn nicht, denn er gehört mit zum Tag; und der Herr hat gesprochen: „Allezeit will ich über ihm halten.“

1. Mose 1,5

„Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.“

Der Abend war „Finsternis“ und der Morgen war „Licht“, und doch werden die beiden mit dem Namen zusammengefasst, welcher dem Licht allein gegeben wurde. Das ist etwas auffallend, und dennoch findet in der geistlichen Erfahrung etwas ganz Ähnliches statt. In einem jeden Gläubigen ist Finsternis und Licht, und doch wird er nicht mehr ein Sünder genannt, obgleich Sünde in ihm ist; sondern er wird ein Heiliger genannt, weil er ein gewisses Maß von Heiligungskräften besitzt. Das ist ein sehr tröstlicher Gedanke für diejenigen, welche über ihre Schwachheiten betrübt sind und fragen: „Kann ich ein Kind Gottes sein, so lange noch so viel Finsternis in mir ist?“ Ja; denn du hast deinen Namen gerade wie der Tag, nicht vom Abend, sondern vom Morgen; und im Werke Gottes ist von dir gerade so die Rede, als ob du schon jetzt eben so vollkommen und heilig wärest, wie du es in einer Kürze wirklich sollst werden. Du wirst ein Kind des Lichts genannt, obgleich noch Finsternis in dir ist; du wirst nach dem benannt, was in Gottes Augen deine vorherrschende Eigenschaft bildet, weil es einmal die einzig herrschende Macht in dir sein wird. Erinnere dich, dass der Abend vorausgehen muss. Von Natur sind wir der Ordnung der Zeit nach zuerst Finsternis und die Niedergeschlagenheit und Traurigkeit ist oft das erste in unserer schmerzlichen Sündenerkenntnis und presst uns in tiefer Demütigung den Schrei aus: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“ Der Morgen kommt erst hintendrein, es dämmert, sobald die Gnade über die Natur mächtig wird. Es ist ein köstlicher Ausspruch, den John Bunyan tut: „Was zuletzt kommt, bleibet in Ewigkeit. Das was das Erste ist, muss zur rechten Zeit dem Letzten Raum machen; aber nach dem Letzten kommt nichts mehr. So also bist du wohl von Natur Finsternis, wenn du aber einmal im Herrn Licht wirst, so folgt kein Abend mehr; deine Sonne wird nicht mehr untergehen.“ Der erste Tag in diesem Leben ist ein Abend und ein Morgen; aber der zweite Tag, da wir ewiglich bei Gott sein werden, wird ein Tag sein ohne Abend, ein einziger, heiliger, herrlicher, ewiger Sonnentag. Die Stadt Gottes „bedarf keiner Sonne, noch des Monds, dass sie ihr scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm.“ (Goldstrahlen Juli 10)

1. Mose 3, 6

„Und das Weib schaute an, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er lieblich anzusehen und ein lustiger Baum wäre, weil er klug machte.“

Im Kampf mit manchen Sünden bleibt uns keine andere Möglichkeit des Sieges, als dass wir fliehen. Die Naturforscher des Altertums schrieben mancherlei über den Basilisken, dessen Augen seine Opfer bezauberten, und sie ihm ohne Mühe zur Beute werden ließen; so stürzt uns schon der bloße Anblick des Bösen in große Gefahr. Wer sich hüten will vor Missetaten, muss jede Gelegenheit zur Sünde meiden und fliehen. Mache einen Bund mit deinen Augen, dass du mit keinem Blicke achtest auf den Anlass zur Versuchung, denn solche Sünden bedürfen nur eines Funkens, so fangen sie an zu brennen und stehen im einem Augenblick in vollen Flammen. - Wer möchte so verwegen sein und in die Verbannungszelle eines Aussätzigen gehen und sich zum Schlaf niederlegen inmitten des furchtbaren Verderbens? Nur wer selber begehren könnte, aussätzig zu werden, würde auf solche Weise um das Gift der Ansteckung buhlen. Wenn der Seemann wüsste, wie er dem Sturm entfliehen könnte, er würde eher alles aufbieten, bevor er sich der Gefahr aussetzte, mit ihm auf den Tod kämpfen zu müssen. Ein vorsichtiger Steuermann hat kein Verlangen, zu probieren, wie oft er eine Klippe streifen könne, ohne ein Leck ins Schiff zu bekommen; er bleibt am liebsten so viel als möglich mitten im sicheren Fahrwasser.

Heute bin ich vielleicht einer großen Gefahr ausgesetzt; ich will Schlangenklugheit brauchen, mich ferne davon zu halten und ihr auszuweichen. Die Flügel der Taube können mir heute nützlicher sein, als die Klauen des Löwen. Freilich kann ich vielleicht etwas dabei einbüßen, wenn ich aller bösen Gesellschaft ausweichen will; aber besser, ich verliere äußerlich manches, als dass ich die Seele aufs Spiel setze; dass ich reich werde, ist nicht notwendig; aber dass ich rein sein soll ist mir befohlen. Keine Bande der Freundschaft, keine Fesseln der Schönheit, kein blendendes Talent, keine Gefahr, lächerlich zu erscheinen, sollen mich von dem weisen Entschluss abbringen, vor der Sünde zu fliehen. Dem Teufel muss ich widerstehen, so flieht er vor mir, aber die Lust des Fleisches muss ich fliehen, sonst überlistet sie mich.

O, Du Gott der Heiligkeit, bewahre uns, damit niemand uns mit seiner schändlichen Zudringlichkeit umstricke. Mögen nie die furchtbaren verbündeten Mächte: Welt, Fleisch und Satan uns überwinden!

1. Mose 3,8

„Die Stimme Gottes, des Herrn, der im Garten ging, da der Tag kühl geworden war.“

Meine Seele, da jetzt der Tag kühl geworden ist, so komm ein wenig in die Stille und Höre auf die Stimme deines Gottes. Er ist immer bereit, mit dir zu reden, wenn du bereit bist, auf Ihn zu hören. Wenn in deinem Umgang mit Ihm irgend eine Stockung eintritt, so liegt der Fehler nicht an Ihm, sondern ganz und gar nur an dir, denn Er stehet vor der Tür und klopfet an, und wenn die Seinen Ihm nur auftun wollen, so geht Er mit Freuden zu ihnen ein. Aber in was für einem Zustande befindet sich mein Herz, der Garten meines Herrn? Darf ich auch hoffen, dass er wohl gepflegt und begossen ist, und Frucht bringt, wie es ihm gefällt? Wenn nicht, dann hat Er viel zu tadeln; aber dennoch bitte ich Ihn, zu mir zu kommen, denn nichts bringt mein Herz so sicher in einen guten Zustand, als die Gegenwart der Sonne der Gerechtigkeit, die auf ihren Strahlen das Heil bringt. Darum komm, o Herr, mein Gott, meine Seele ladet Dich herzlich ein und harrt sehnsüchtig auf Dich. Komm zu mir, o Jesu, mein Vielgeliebter, und pflanze frische Blumen in meinen Garten, wie ich sie in größter Vollkommenheit blühen sehe in Deinem unvergleichlichen Gemüt! Komm, o mein Vater, der du der rechte Gärtner bist, und tue mit mir nach Deiner Liebe und Weisheit! Komm, o Heiliger Geist, und besprenge mit Deinem Tau mein ganzes Wesen, gleichwie jetzt die Kräuter befeuchtet werden vom Abendtau. O, dass Gott mit mir redete. Rede, Herr, denn Dein Knecht hört! Ach, dass Er doch mit mir wandelte; ich bin bereit, Ihm mein ganzes Herz und Gemüt hinzugeben, und jeder fremde Gedanke ist verbannt. Ich frage nur nach dem, was er mir gerne gibt. Ich weiß gewiss, dass Er sich zu mir herablässt, um mir Seine Gemeinschaft zu genießen zu geben, denn Er hat mir Seinen Heiligen Geist geschenkt zum ewigen Eigentum. Wie lieblich ist die Kühle der Abenddämmerung, wenn jeder Stern wie ein Auge vom Himmel herniederblickt, und die kühlen Lüfte wie der Odem der himmlischen Liebe fächeln. Mein Vater, mein erstgeborner Bruder, mein sanfter Tröster, redet mit mir in Freundlichkeit und Liebe, denn Du, dreieiniger Gott, hast mir das Ohr geöffnet, und ich widerstrebe nicht; Du hast mir gerufen, und ich eile in Deine selige Nähe. (Goldstrahlen Juli 1)

1. Mose 3,15

Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe, und zwischen deinem Samen und ihrem Samen. Derselbe soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen

Dies ist die erste Verheißung, die dem gefallenen Menschen gegeben wird. Sie enthält das ganze Evangelium und den Kern des Gnadenbundes. Zum großen Teil ist sie bereits erfüllt worden. Der Same des Weibes, unser Herr Jesus, ward in die Ferse gestochen, und ein schrecklicher Stich war es. Wie schrecklich wird das schließliche Zertreten des Schlangenkopfes sein! Der Wirkung nach geschah es schon, als Jesus die Sünde hinwegnahm, den Tod überwand und die Macht des Satans brach, aber es wird noch völliger geschehen bei der zweiten Zukunft unsres Herrn und am Tage des Gerichts. Für uns steht die Verheißung als eine Weissagung da, dass wir durch die Mächte des Bösen in unserer niederen Natur leiden und so in die Ferse gestochen werden sollen: aber wir werden triumphieren in Christo, der seinen Fuß auf den Kopf der alten Schlange setzt. Dies Jahr hindurch mögen wir den ersten Teil dieser Verheißung in unserer Erfahrung zu lernen haben durch die Versuchungen des Teufels und die Unfreundlichkeit der Gottlosen, die sein Same sind. Sie mögen uns so stechen, dass wir mit unserer verwundeten Ferse hinken; aber lasst uns den zweiten Teil des Spruches ergreifen, dann werden wir unverzagt sein. Durch den Glauben wollen wir uns freuen, dass wir dennoch in Christo Jesu, dem Weibessamen, herrschen sollen.

1. Mose 4,2

„Abel ward ein Schäfer.“

Abel heiligte seinen Beruf zur Verherrlichung des Herrn und brachte auf seinem Altar ein blutiges Opfer, und der Herr sah gnädiglich an Abel und sein Opfer. Dies früheste Vorbild auf unsern Herrn ist wunderbar klar und deutlich, es ist wie der erste Lichtstrahl, der bei Sonnenaufgang hervorbricht. Zwar offenbart er nicht alles, aber er verkündigt, dass die Sonne erscheint. In Abel, dem Hirten und Priester, der ein Opfer darbringt zum süßen Geruch dem Herrn, sehen wir vorgebildet unsern Herrn, der seinem Vater ein Opfer bringt, das Jehovah in alle Ewigkeit wohlgefällig ist. Abel wurde von seinem Bruder gehasst, gehasst ohne alle Ursache; das musste auch der Heiland erfahren. Denn der natürliche und fleischliche Mensch hasst den Frommen, in welchem der Geist der Gnade erfunden wird, und ruht nicht, bis dass er sein Blut vergossen hat. Abel kam um und besprengte Opfer und Altar mit seinem eignen Blut; und hierin bildet er ab den Herrn Jesum, den die Feindschaft der Menschen erwürgte, während Er als Priester vor dem Herrn stand. „Der gute Hirte lässt sein Leben für seine Schafe.“ Lasst uns über Ihn weinen, wenn wir sehen, wie der Hass der Menschenkinder Ihn zum Tode gebracht und die Hörner seines Altars mit seinem Blute befleckt hat. Abels Blut redet: „Der Herr sprach zu Kain: Die Stimme deines Bruders Bluts schreit zu mir von der Erde.“ Das Blut Jesu hat eine mächtige Sprache, und es schreit nicht um Rache, sondern um Gnade. Köstlich ists über alles, was köstlich ist, am Altar unsres guten Hirten zu stehen, zu sehen, wie Er dort blutet als ein geschlachteter Priester, und dann zu hören, wie sein Blut der ganzen Herde Friede verkündigt, Frieden im Gewissen, Frieden zwischen Juden und Heiden, Frieden zwischen dem Menschen und seinem beleidigten Schöpfer, Frieden für Zeit und Ewigkeit allen blutgewaschenen Menschen. Abel ist der erste Schafhirte nach der Zeit, aber unsre Herzen sollen den Herrn Jesum als den vornehmsten obenan setzen. Du großer Hüter Deiner Schafe, wir, das Volk Deiner Weide, preisen Dich von ganzem Herzen, denn du bist für uns geschlachtet. „Du bist mein treuer Seelenhirt Und bist für mich gestorben; Du hast mich, als ich war verirrt, Mit Deinem Blut erworben!“

1. Mose 7,16

„Und der Herr schloss hinter ihm zu.“

Noah wurde eingeschlossen und abgeschlossen von der ganzen Welt durch die Hand der göttlichen Liebe. Die Pforte des erwählenden Vorsatzes stellt sich als Grenze zwischen uns und die Welt, die im Argen liegt. Wir sind nicht von der Welt, gleichwie unser Herr Jesus nicht von der Welt war. Wir können nicht teilnehmen an der Sünde, der Lust und dem eitlen Streben des großen Haufens; wir können nicht auf den Gassen der Stadt Eitelkeit mit den Kindern der Finsternis spielen, denn unser himmlischer Vater hat hinter uns zugeschlossen. Noah war in der Arche eingeschlossen mit seinem Gott. „Komm in den Kasten,“ heißts nach einer genaueren Übersetzung. Das war des Herrn Einladung, mit welcher Er deutlich zeigte, dass Er im Sinne hatte, bei seinem Knecht und dessen Familie in der Arche zu bleiben. O seliges Volk, das in demselben Raum mit eingeschlossen ist, wo die Dreieinigkeit Gottes in ihren drei Personen, Vater, Sohn und Heiliger Geist, wohnt. Wir wollen auch den gnadenvollen Zuruf nicht unbeachtet an uns vorüber gehen lassen: „Gehe hin, mein Volk, in deine Kammer, und schließe die Tür nach dir zu; verbirg dich einen kleinen Augenblick bis der Zorn vorüber gehe.“ Noah war so eingeschlossen, dass ihn kein Übel erreichen konnte. Die Fluten hoben ihn nur himmelwärts, und die Stürme förderten ihn nur auf seiner Fahrt. Außer der Arche erlag alles dem Verderben, alles war eine große Verwüstung; inwendig aber war alles voller Ruhe und Frieden. Sind wir außer Christo, so müssen wir umkommen, aber in Jesu Christo sind wir völlig geborgen. Noah war so eingeschlossen, dass er nicht einmal wünschen konnte, herauszukommen, und so sind die, die in Christo Jesu sind, in Ihm geborgen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Sie werden ewiglich nicht wieder von Ihm hinausgehen, denn die ewige Treue hat sie eingeschlossen, und die Bosheit der Hölle ist nicht imstande, sie herauszureißen. Der Fürst des Hauses David schließt zu und niemand tut auf; und wenn Er einst in den letzten Zeiten als Hausherr aufsteht und die Tür zuschließt, dann werden die bloß äußerlichen Bekenner umsonst anklopfen, und rufen: Herr, Herr, tue uns auf; denn dieselbe Tür, welche die fünf klugen Jungfrauen einschließt, schließt die Törichten aus für alle Ewigkeit. O Herr, so schließe doch hinter mir zu nach Deiner großen Gnade.

1. Mose 8,9

„Die Taube fand nicht, da ihr Fuß ruhen konnte.“

Liebe Seele, kannst du außer der Arche, die da ist Jesus Christus, Ruhe finden? Dann lass dir sagen, dass deine Frömmigkeit eitel ist. Bist du mit etwas Geringerem zufrieden, als mit einem klaren Bewusstsein deiner Vereinigung und Gemeinschaft mit Christo, dann wehe dir. Wenn du darauf Anspruch machst, ein Christ zu sein, und dennoch in weltlichen Vergnügungen und irdischen Genüssen volle Befriedigung finden kannst, dann ist dein Christenbekenntnis eine Lüge. Wenn sich deine Seele der Ruhe hingeben kann, und das Bett lang genug und die Decke weit genug findet, um sich darein zu wickeln, und sich in den Kammern der Sünde wohl fühlt, dann bist du ein Heuchler und weit entfernt von jedem richtigen Verständnis der Würde und Köstlichkeit Christi. Sobald du dagegen fühlst, dass wenn du dich ohne Furcht vor der Strafe der Sünde hingeben könntest, die Sünde an und für sich schon zur Pein für dich würde; dass wenn du die ganze Welt besitzen, und ewig darin bleiben könntest, es für dich ein großes Unglück wäre, nicht aus derselben genommen zu werden; weil dein Gott, ja dein Gott es ist, nach dem deine Seele schmachtet: dann sei gutes Muts, dann bist du ein Kind Gottes. Trotz aller deiner Sünden und Mängel sei das dein Trost: wenn deine Seele keine Befriedigung findet in der Sünde, dann bist du nicht wie die Gottlosen! Wenn du noch nach etwas Besserm suchst und seufzest, dann hat dich Christus nicht verlassen, denn du hast Ihn noch nicht vergessen. Der Gläubige kann nicht leben ohne seinen Herrn: Worte sind nicht im Stande, auszudrücken, wie und was er von Ihm denkt. Wir können von dem Sande der Wüste nicht leben, wir bedürfen das Manna, das vom Himmel trieft; die Wasserschläuche unseres Vertrauens auf die Kreatur können uns keinen Tropfen der Erquickung bieten, sondern wir trinken aus dem Fels, der hinter uns hergeht, und der ist Christus. Wer Ihn zu seiner Speise wählt, kann singen: „Der deinen Mund fröhlich macht, und du wieder jung wirst wie ein Adler.“ Wenn du Ihn aber nicht besitzest, so freuen sich deine überströmenden Weinfässer und deine wohlgefüllten Vorratshäuser nicht; vielmehr musst du über sie klagen mit den Worten des weisen Predigers: Alles ist eitel, in, alles ist eitel. (Goldstrahlen Juni 25)

1. Mose 8,9

„Da tat er die Hand heraus und nahm sie zu sich in den Kasten.“

Ermüdet von ihren Irrzügen, kehrt die Taube zuletzt zurück zur Arche als zu ihrer einzigen Ruhestätte. Wie müde fliegt sie, sie will sinken; ach, sie kann die Arche nicht mehr erreichen! Aber sie kämpft vorwärts. Noah hat den ganzen Tag den Blick nach seiner Taube in die Ferne gerichtet und erwartet sie, um sie hereinzunehmen. Sie hat gerade noch Kraft genug, um das äußerste Ende der Arche zu erreichen, kaum vermag sie den Fuß darauf zu setzen und stürzt beinahe hinunter. Da streckt Noah seine Hand aus, und nimmt sie zu sich hinein. Beachte wohl: „er nahm sie zu sich.“ Sie flog nicht geradesweges in die Arche; entweder war sie zu furchtsam oder zu müde dazu. Sie flog noch, so weit sie konnte, und dann tat er seine Hand heraus und nahm sie zu sich. Diese Barmherzigkeit widerfuhr der irrenden Taube, und sie ward nicht gescholten ob ihres Umherirrens. Gerade wie sie ankam, ward sie in die Arche aufgenommen. So wirst auch du, heilsbegieriger Sünder, trotz aller deiner Sünden aufgenommen. „Kehre wieder!“ so spricht dein gnädiger Gott zu dir, und mehr verlangt Er nicht. Nur „Kehre wieder“ und sonst nichts mehr? Nein, nur „Kehre wieder.“ Die Taube hatte diesmal noch keinen Oelzweig in ihrem Schnabel; sie brachte nichts zurück als sich selbst mit ihren Verirrungen. Aber es steht nur geschrieben: „Kehre wieder;“ sie kommt zurück und Noah nimmt sie zu sich. Fliege, du Irrender; fliege, du Ermattender, du Taube, ob du dich gleich vor Sünden so schwarz siehst wie einen Raben: zurück, zurück zu deinem Heiland! Jeder Augenblick, den du noch zögerst, vermehrt dein Elend; alle deine Versuche, deine Federn zu schmücken und dich für den Herrn Jesum vorzubereiten, sind umsonst. Komm zu Ihm, wie du bist. „Kehre wieder, o abtrünniges Israel.“. Es heißt nicht: „Kehre wieder, du reuiges Israel,“ obgleich auch diese Einladung ergeht, sondern: „du abtrünniges Israel;“ komm als ein Abtrünniger mit all' deinen Verirrungen. Kehre wieder! Kehre wieder! Kehre wieder! Jesus wartet auf dich! Er tut Seine Hand heraus und „nimmt dich zu Sich.“

„Suchest du die wahre Ruh
Wende dich den Heiland zu.“ (Goldstrahlen März 13)

1. Mose 8, 11

„Die Taube kam zu ihm um die Vesperzeit.“

Gelobt sei Gott der Herr für diesen neuen Tag Seiner Gnade, ob ich jetzt auch müde bin von seiner Last und Hitze. Dem Hüter der Menschenkinder bringe ich das Lied meines Dankes dar. Die Taube fand außer der Arche keine Stätte, wo sie hätte ruhen können, und darum kehrte sie zu ihr zurück; und meine Seele hat heute völliger denn je erfahren, dass alle Erdengüter keinen Frieden geben können. Gott allein gibt Ruhe meinem Geist. Mein Beruf, mein Besitz, meine Familie, meine Freunde: all' das ist in seiner Art gut und trefflich; aber es vermag nicht, die Sehnsucht und das Verlangen meines unsterblichen Wesens zu stillen: „Sei nun wieder zufrieden, meine Seele, denn der Herr tut dir Gutes.“ In der stillen Abendstunde, wo die Tore des Tages sich schlossen, kehrte mit matten Fittigen die Taube zu ihrem Herrn zurück. O Herr, stärke mich diesen Abend, dass ich kann einkehren bei meinem Jesu. Die Taube hätte es nicht ertragen, eine Nacht lang über der ruhelosen Wasserwüste hin- und herzuirren, und so kann ich auch nicht eine einzige Stunde ferne von meinem Jesu verbringen, von Ihm, der meines Herzens Ruhe, meiner Seele Heimat ist. Die Taube rastete nicht bloß auf dem Dach der Arche, sie „kam zu ihm“ hinein. Und so auch möchte mein sehnender Geist hineinschauen in das Geheimnis des Herrn, eindringen ins Innere der Wahrheit, eintreten ins Allerheiligste hinter dem Vorhang, und meinem Freunde wirklich begegnen. Zu Jesu muss ich kommen: wenn ich nicht den innigsten und vertrautesten Umgang mit Ihm pflegen kann, so hat mein sehnendes Herz keine Ruhe. O Du hochgelobter Herr Jesu, sei bei mir, offenbare Dich mir, und bleibe die ganze Nacht bei mir, dass, wenn ich aufwache, ich noch bei Dir bin. Ich sehe, dass die Taube in ihrem Schnabel ein abgebrochenes Oelblatt trug. ein Denkmal vergangener Tage und ein Vorzeichen auf die Zukunft. Kann ich keine tröstliche Nachricht mit heimbringen? Kein Pfand und Zeichen künftiger Liebe und Güte?

Ja, mein Herr, ich bringe Dir meinen tiefgefühlten Dank für alle Deine lieblichen Gnadenerweisungen, die alle Morgen und alle Abend neu gewesen sind über mir; und nun flehe ich zu Dir, tue Deine Hand heraus, und nimm mich zu Dir, an Dein Vaterherz. (Goldstrahlen, Januar 29)

1. Mose 9,14

Und wenn es kommt, dass ich Wolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken.

Gerade jetzt sind Wolken genug da, aber uns ist nicht bange, dass die Welt durch eine Sintflut zerstört werden wird. Wir sehen den Regenbogen oft genug, um uns von solchen Befürchtungen abzuhalten. Der Bund, den der Herr mit Noah machte, steht fest, und wir haben keinen Zweifel daran. Warum sollten wir also denken, dass die Leidenswolken, die jetzt unsren Himmel verdunkeln, mit unsrem Untergang enden werden? Lasst uns solche grundlosen und unwürdigen Befürchtungen aufgeben!
Der Glaube sieht stets den Bogen der Bundesverheißung, wo die Vernunft die Wolke der Trübsal sieht. Gott hat einen Bogen, mit dem Er die Pfeile des Verderbens abschießen könnte; aber siehe! er ist aufwärts gerichtet! Es ist ein Bogen ohne Pfeil und Strang; es ist ein Bogen, der zur Schau aufgehangen ist und nicht mehr zum Kriege gebraucht wird. Es ist ein Bogen von vielen Farben, der Freude und Wonne darstellt, und nicht ein Bogen, blutrot vom Gemetzel oder schwarz vom Zorn. Lasst uns guten Mutes sein! Niemals verdunkelt Gott unsren Himmel so, dass Er seinen Bund ohne einen Zeugen lässt; und selbst wenn Er es täte, wollten wir Ihm vertrauen, da Er sich nicht ändern, nicht lügen oder in irgend einer andren Weise verfehlen kann, seinen Bund des Friedens zu halten. Bis die Wasser wiederum über die Erde gehen, werden wir keinen Grund haben, an unsrem Gott zu zweifeln

1. Mose 9,14

„Man soll meinen Bogen sehen in den Wolken.“

Der Regenbogen, das Sinnbild des Bundes mit Noah, ist ein Vorbild auf unsern Herrn Jesum, welcher des Herrn Zeuge ist vor Seinem Bundesvolk. Wenn der Sünders Gewissen von Wolken verfinstert wird, wenn er sich an seine vergangenen Sünden erinnert, und vor Gott trauert und klagt, dann wird ihm Jesus Christus geoffenbart als der Regenbogen des Bundes, der alle herrlichen Farben des göttlichen Wesens zurückstrahlt und Frieden verheißt und bedeutet. Wenn den Gläubigen Trübsal und Versuchung umgibt, so ists etwas außerordentlich Liebliches für ihn, dass er die Person unsere Herrn Jesu Christi betrachten darf, dass er schauen darf, wie Er für uns leidet, stirbt, aufersteht und vor dem Throne für uns bittet. Gottes Regenbogen ist ausgespannt über die Wolken unserer Sünden, unserer Schmerzen, unserer Leiden, und verkündigt uns eine Erledigung. Nun gibt die Wolke für sich allein noch keinen Regenbogen, es müssen die klaren Regentropfen da sein, welche das Licht der Sonne zurückstrahlen. So müssen unsere Leiden uns nicht bloß ängstigen, sie müssen in wirklichen Tropfen auf uns fallen. Was hätte Christus uns helfen können, wenn die Strafe Gottes nur eine ängstigende, bedrohliche Wolke gewesen wäre? Die wirkliche Strafe musste in furchtbaren Tropfen auf unsern Bürgen niederfallen. Wenn nicht eine wahre Sündenangst im Gewissen des Sünders ausbricht, ist Christus nicht für ihn vorhanden; wenn die Züchtigung, die er erfährt, nicht empfindlich wird, so kann er Jesum nicht sehen. Aber es muss auch eine Sonne vorhanden sein; denn Wolken und Tropfen geben keinen Regenbogen, wenn nicht die Sonne scheint. Geliebte, unser Gott, der unsere Sonne ist, scheint allezeit; aber wir sehen Ihn nicht immer, Wolken verbergen Sein Antlitz. Aber was tuts, wenn noch so schwere Tropfen fallen und noch so schwarze Wolken drohen? wenn nur Er Seine Strahlen scheinen lässt, so entsteht auf einmal ein Regenbogen. Man sagt, wenn wir den Regenbogen sehen, so sei das Gewitter vorüber. Gewiss ist, dass, wenn Christus uns erscheint, all' unsere Leiden ein Ende haben; wenn wir zu Jesu emporblicken, so verschwinden unsere Sünden, und unsere Furcht und Zweifel weichen. Wenn der Herr Jesus auf den Wellen des Meeres wandelt, welch eine Ruhe herrscht dann! (Goldstrahlen August 12)

1. Mose 9,15

„Alsdann will ich gedenken an meinen Bund.“

Achte wohl auf die Form der Verheißung. Gott spricht nicht: „Und wenn ihr Meinen Bogen ansehet und gedenkt an Meinen Bund, so will Ich die Erde nicht mehr verderben,“ sondern Er hat Seine Gnade herrlich gegründet und gestellt, nicht auf unser Gedächtnis, das schwankend und gebrechlich ist, sondern auf Sein Gedächtnis, das unendlich und unbeweglich ist. „Darumsoll Mein Bogen in den Wolken sein, dass Ich ansehe, und gedenke an den ewigen Bund.“ O, nicht dass ich Gottes gedenke, sondern dass Gott meiner gedenkt, ist der Grund meiner Seligkeit; nicht dass ich mich an Seinen Bund halte, sondern dass Sein Bund mich hält, ist meines Heiles Gewissheit. Gelobt sei Gott! alle Schutzmauern der Erlösung sind festgestellt durch die göttliche Allmacht, und auch die kleineren Vertheidigungstürme, von denen wir denken möchten, sie hätten wohl der menschlichen Obhut können übergeben werden, werden von der allmächtigen Kraft bewacht. Auch das Gedächtnis des Bundes wird nicht unserer Erinnerung anvertraut, denn wir könnten ihn vergessen; unser Herr aber kann die Heiligen nicht vergessen, die er in Seine Hände gezeichnet hat. Es geht uns wie dem Volk Israel in Ägypten; das Blut ward an die Oberschwelle und an die beiden Pfosten der Türe gestrichen; aber der Herr sprach nicht: „Wenn ihr das Blut sehet, will Ich vorübergehen, sondern: „Wenn Ich das Blut sehe, gehe Ich vor euch über.“ Mein Aufblick zu Jesu bringt mir Frieden und Freude, aber dass Gott Seinen Sohn Jesum ansieht, ist der Grund meines Heils und aller Seiner Auserwählten, weil es Gott unmöglich ist, Christum, unsern blutigen Bürgen, anzusehen, und dennoch uns zu zürnen ob unsern Sünden, die in Ihm schon ihre Strafe empfangen haben. Nein, es bleibt nicht uns überlassen, ob wir selig werden; denn es ruhet nicht auf unserem Gedächtnis des Bundes. Hier ist kein halbleinenes Zeug, auch nicht ein einziger Faden menschlichen Erzeugnisses entwertet das Gewebe. Es ist nicht von Menschen, noch durch Menschen, sondern allein vom Herrn. Wir sollten des Bundes eingedenk sein und werden es auch durch Gottes Gnade; aber der Anker unseres Heils ist nicht hier befestigt, sondern der rechte Ankergrund ist, dass Gott unser eingedenk ist; und darum ist der Bund ein ewiger Bund. (Goldstrahlen August 13)

1. Mose 13, 14.15

Da nun Lot sich von Abram geschieden hatte, sprach der Herr zu Abram: Hebe deine Augen auf, und siehe von der Stätte an, da du wohnest, gegen Mitternacht, gegen den Mittag, gegen den Morgen und gegen den Abend. Denn alles Land, das du siehest, will ich dir geben und deinem Samen ewiglich.

Ein besonderer Segen bei einer denkwürdigen Gelegenheit. Abram hatte einen Familienstreit beigelegt. Er hatte gesagt: „Lieber, lass nicht Zank sein zwischen mir und dir, denn wir sind Gebrüder;“ und deshalb empfing er den Segen, der den Friedfertigen gehört. Der Herr und Geber des Friedens lässt gern seine Gnade denen kund werden, die Frieden suchen und erstreben. Wenn wir nähere Gemeinschaft mit Gott wünschen, so müssen wir uns näher an die Pfade des Friedens halten. Abram hatte sich sehr großmütig gegen seinen Verwandten benommen, indem er ihm die Wahl des Landes überließ. Wenn wir um des Friedens willen uns selber verleugnen, so will der Herr uns das mehr als ersetzen. So weit der Patriarch sehen kann, darf er das Land in Anspruch nehmen, und wir dürfen durch den Glauben ein Gleiches tun. Abram hatte auf den wirklichen Besitz zu warten, aber der Herr bestimmte ihm und seiner Nachkommenschaft das Land als Erbteil. Unbegrenzte Segnungen gehören uns durch die Bundesgaben. Alles ist unser. Wenn wir dem Herrn wohlgefallen, so lässt Er uns überall umherblicken und sehen, dass alles unser eigen ist, es sei das Gegenwärtige oder das Zukünftige; alles ist unser. Wir aber sind Christi, Christus aber ist Gottes.

1 Mose 17,7

Und ich will aufrichten meinen Bund zwischen mir und dir, und deinem Samen nach dir, bei ihren Nachkommen, dass es ein ewiger Bund sei, also, dass ich dein Gott sei und deines Samens nach dir.

O Herr, Du hast einen Bund mit mir, Deinem Knecht, gemacht in Christo Jesu, meinem Herrn; und nun, ich bitte Dich, lass meine Kinder in seine gnädigen Vorkehrungen mit eingeschlossen sein. Gestatte mir, an diese Verheißung zu glauben, als eine, die für mich sowohl wie für Abraham gegeben ist. Ich weiß, dass meine Kinder aus sündlichem Samen gezeugt und in Sünden empfangen sind, wie die andrer Menschen; deshalb bitte ich nichts für sie um ihrer Geburt willen, denn wohl weiß ich, dass „was vom Fleisch geboren ist, Fleisch ist,“ und weiter nichts. Herr, lass sie durch Deinen Heiligen Geist unter Deinem Gnadenbund geboren werden!

Ich bete für meine Nachkommen in allen Generationen. Sei Du ihr Gott, wie Du der meine bist. Meine höchste Ehre ist, dass du mir erlaubt hast, Dir zu dienen; mögen meine Nachkommen Dir in allen künftigen Jahren dienen. O Gott Abrahams, sei der Gott seines Isaaks! O Gott der Hanna, nimm ihren Samuel an!

Wenn Du, Herr, mich in meiner Familie begnadigt hast, so bitte ich dich, andrer Häuser der Deinen zu gedenken, die ungesegnet bleiben. Sei der Gott aller Familien Israels. Lass nicht einen von denen, die Deinen Namen fürchten, den Kummer haben, die Seinen gottlos und böse zu sehen, um Deines Sohnes Jesu Christi willen. Amen.

1 Mose 21,6

„Und Sara sprach: Gott hat mir ein Lachen zugerichtet, denn wer es hören wird, der wird meiner lachen.“

Es ging weit über die Kräfte der Natur, ja, es war ganz gegen ihre Gesetze, dass die hochbetagte Sara noch sollte mit einem Sohn erfreut werden; und so ists auch ganz dem gemeinen Lauf der Dinge entgegen, dass ich, ein armer, hilfloser, elender Sünder, soll die Gnade erlangen, in meiner Seele den inwohnenden Geist des Herrn Jesu mit mir herumzutragen. Ich, der ich einst verzweifelte - und ich hatte wohl Ursache dazu, denn meine Natur war so dürre und welk, so verödet und verflucht wie eine versengte Wüste - bin nun gewürdigt, Frucht zu bringen, dass ich heilig werde. Wohl mag mein Mund voll fröhlichen Lachens sein, um der seltenen, erstaunlichen Gnade willen, die ich vom Herrn empfangen habe, denn ich habe Jesum gefunden, den verheißenen Samen, und Er ist mein auf ewig. Heute will ich dem Herrn, der meine Niedrigkeit angesehen hat, Siegespsalmen singen und Ihn erheben in Lobgesängen, denn: „Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn, mein Horn ist erhöht in dem Herrn. Mein Mund hat sich weit aufgetan über meine Feinde; denn ich freue mich Deines Heils.“
Ich möchte gern, dass alle, die meine große Errettung von der Hölle und meine gnädige Heimsuchung von oben erfahren, mit mir vor Freude lachten. Ich möchte so gern mit meinem überschwänglichen Frieden die Meinigen freudig überraschen; ich möchte meine Freunde mit meiner stets wachsenden Glückseligkeit entzücken; ich möchte die Gemeinde der Heiligen mit meinem dankbaren Bekenntnis erbauen; und möchte selbst der Welt einen Eindruck von der Wonne meines täglichen Umgangs mit meinem Gott hinterlassen. Bunyan erzählt, dass Freundin Barmherzig im Schlafe gelacht habe; und was ist sich darüber zu verwundern, wenn sie im Traum den Herrn Jesum sah? Und meine Freude soll hinter der ihrigen nicht zurückstehen, weil mein Freund der Gegenstand meines täglichen Sinnens und Denkens ist. Der Herr Jesus ist ein tiefes Freudenmeer: meine Seele soll sich darein versenken, soll verschlungen werden von den Wogen der Wonne, die seine Nähe schwellt. Sara schaute auf ihren Sohn Isaak und lachte vor übergroßem Entzücken, und alle ihre Freundinnen lachten mit ihr. Und du, meine Seele, schaue hin auf Jesum, und fordere Himmel und Erde auf, sich mit dir zu freuen in unaussprechlicher Freude.

1 Mose 24,63

„Isaak war ausgegangen, zu beten auf dem Felde um den Abend.“

Isaaks Geschäft war ein köstliches Geschäft. Wenn Toren könnten Weisheit lernen, so würden sie im Beten und im Nachdenken über göttliche Dinge einen edleren Umgang und eine würdigere und fesselndere Beschäftigung finden, als in den Eitelkeiten, die jetzt solch einen unwiderstehlichen Zauber auf sie ausüben. Wären wir mehr in der Stille der Einsamkeit, wir würden in der Erkenntnis geförderter, in der Gnade reicher, im Umgang mit Gott seliger sein, als es ohne diese Einkehr in die Stille möglich ist. Die Sammlung des Gemüts verarbeitet die Geistesnahrung, die wir von außen empfangen haben, in uns und führt sie in Fleisch und Blut unseres inneren Lebens über. Wenn Jesus der Gegenstand unserer Betrachtung ist, ist das Nachdenken so süß. Isaak begegnete der Rebekka, als er betete; viele andre haben gerade auch beim Gebet ihre teuersten Geliebten gefunden. Die Wahl des Orts war herrlich. Auf dem Felde ist unser Gebetskämmerlein rings mit Sprüchen Gottes zur Erinnerung geschmückt. Von der Zeder bis zum Ysop, vom rauschenden Adler bis zur zirpenden Grille, vom blauen Himmelszelt bis zum Tau-Tropfen ist alles voller Lehren der Weisheit, und wenn das Auge göttlich erleuchtet wird, dann wird durch diesen Unterricht das Gemüt viel lebhafter angeregt, als durch geschriebene Bücher. Unsre engen Zimmer sind nicht so gesund, so heiter, so angenehm, so anregend, wie die freie Natur. Wir wollen nichts gemein oder unrein achten, sondern bedenken, dass alles Erschaffene auf den Schöpfer hinweist, und das Feld zur heiligen Stätte weiht.
Nicht minder lieblich war die Wahl der Zeit. Die Zeit des Untergangs der Sonne, wo sie den Schleier über die Welt zieht, gewährt der Seele jene Ruhe, da die erdgeborenen Sorgen den Freuden der himmlischen Gemeinschaft Raum machen. Die Herrlichkeit des Sonnenuntergangs erregt unsre Bewunderung, und die feierlich heraufziehende Nacht erweckt unsre Ehrfurcht. Wenn des Tages Arbeit dirs gestattet, lieber Leser, so ists gut, wenn du dich am Abend ein Stündchen im Freien ergehen kannst; ists aber nicht möglich, so ist der Herr auch in der Stadt und will dir im stillen Kämmerlein, oder im Gewühl der wogenden Menge nahe sein. Lass dein Herz ausgehen und Ihn suchen.

1 Mose 25,11

„Isaak wohnte bei dem Brunnen des Lebendigen und Sehenden.“

Einst hatte Hagar hier Rettung gefunden, und Ismael hatte von dem Quell getrunken, welchen Gott, der Lebendige und Sehende, so gnädig gezeigt hatte; aber das war nur ein gelegentlicher Besuch gewesen, wie die Weltmenschen auch den Herrn suchen in Zeiten der Not, wo sie seiner Hilfe bedürfen. Sie schreien zu Ihm in Ängsten, aber sie vergessen Ihn, sobald es ihnen wieder gut geht. Isaak wohnte dort und machte den Brunnen des Lebendigen und Sehenden zur bleibenden Quelle seiner Hilfe. Die wesentlichste Seite im Leben eines Menschen ist seine Wohnung und die damit verbundene Lebensweise; und diese geben das wahrste Zeugnis von seinem geistigen Zustand. Vielleicht flößte die gnädige Hilfe, die Hagar hier erfahren hatte, dem Isaak Ehrfurcht ein und machte ihm die Stätte ehrwürdig; ihr geheimnisvoller Name machte sie ihm lieb; sein öfteres sinniges Verweilen am Brunnen zur Abendzeit machte, dass er sich hier heimisch fühlte; hier war er Rebekka zuerst begegnet, und das hatte ihm den Ort teuer gemacht; aber vor allem andern hatte er hier die Gemeinschaft des lebendigen Gottes erfahren, und das bestimmte ihn, diesen geheiligten Fleck zu seiner Wohnstätte zu wählen. Wir aber wollen lernen, vor dem Angesicht des lebendigen Gottes wandeln; wir wollen den Heiligen Geist bitten, dass wir heute und alle Tage fühlen möchten: „Du Gott siehst mich.“ Möchte der Herr Herr uns ein Brunnen sein, voller Wonne, voller Trost, voller Gewissheit, der in das ewige Leben quillt. Der Eimer des Geschöpfes erschöpft sich und zerbricht, aber der Brunnen des Schöpfers hat keinen Mangel; selig, wer beim lebendigen Brunnen wohnt und die reiche, unversiegliche Erquickung und Errettung bei sich hat. Der Herr ist ein rechter Helfer; sein Name ist: Wunder-Rat, Kraft-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; unsre Herzen haben sich oft in Ihm erquickt; durch Ihn hat unsre Seele den herrlichen Bräutigam gefunden, Jesum Christum; in Ihm leben und weben und sind wir; so wollen wir bleiben in seiner innigsten Gemeinschaft. Herr der Herrlichkeit, lass uns nimmermehr von Dir weichen, sondern wohnen bei dem Brunnen des Lebendigen!

„Du Quell, draus alles Leben fließt,
Du Born, der ew'ges Heil ergießt,
Dein Nam' ist hehr und heilig.“

1 Mose 28, 13

Das Land, da du auf liegst, will ich dir geben.

Keine Verheißungen geht nur auf einzelne: Sie gehört nicht einem Heiligen, sondern allen Gläubigen. Wenn du, mein Bruder, im Glauben dich auf eine Verheißung niederlegen und darauf ruhen kannst, so ist sie dein. Wo Jakob sich niederließ und weilte und ruhte, da nahm er Besitz. Als er seine müden Glieder auf dem Boden ausstreckte und die Steine des Ortes seine Kissen waren, dachte er wenig daran, dass er damit das Eigentumsrecht auf das Land überkäme, und doch war es so. Er sah in seinem Traum jene wunderbare Leiter, die für alle wahren Gläubigen Erde und Himmel verbindet; und gewiss, wo der Fuß der Leiter stand, musste er ein Recht auf den Boden haben, sonst hätte er nicht den göttlichen Treppenweg erreichen können. Alle Verheißungen Gottes sind Ja und Amen in Christo Jesu; und da Er unser ist, so ist jede Verheißung unser, wenn wir uns nur in ruhigem Glauben darauf niederlegen wollen. Komm her, du Müder, gebrauche die Worte deines Herrn als deine Kissen! Lege dich in Frieden nieder! Träume nur von Ihm! Jesus ist deine Leiter des Lichts. Sieh die Engel an ihr auf und nieder gehen zwischen deiner Seele und deinem Gott; und sei sicher, dass die Verheißung dein eigenes gottgegebenes Teil ist und dass es kein Raub sein wird, wenn du sie dir aneigenest, als zu dir besonders gesprochen.

1 Mose 28,15

Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehest.

Brauchen wir Gaben zur Reise? Hier sind treffliche - Gottes Gegenwart und Bewahrung. An allen Orten bedürfen wir dieser beiden, und an allen Orten sollen wir sie haben, wenn wir gehen, weil die Pflicht uns ruft, und nicht bloß nach unserer eignen Neigung. Warum sollten wir das Hinziehen nach einem andren Lande als eine traurige Notwendigkeit betrachten, wenn es uns von dem göttlichen Willen auferlegt wird? In allen Ländern ist der Gläubige gleichmäßig ein Pilger und ein Fremdling; und dennoch ist in jedem Lande der Herr „seine Belohnung“, wie Er es seinen Heiligen für und für gewesen ist. Wir mögen den Schutz eines irdischen Monarchen entbehren, aber wenn Gott sagt: „Ich will dich behüten“, so sind wir in keiner wirklichen Gefahr. Dies ist ein gesegneter Paß für einen Reisenden und ein himmlisches Geleit für einen Auswanderer.
Jakob hatte nie zuvor seines Vaters Dach verlassen: er war ein Muttersohn gewesen, und nicht ein Abenteurer wie sein Bruder. Doch ging er in die Ferne, und Gott ging mit ihm. Er hatte wenig Gepäck und keinen Begleiter; dennoch reiste kein Fürst je mit einer herrlicheren Leibwache. Selbst während er auf offenem Felde schlief, wachten Engel über ihm und Gott der Herr sprach zu ihm. Wenn der Herr uns gehen heißt, so lasst uns mit unsrem Herrn Jesu sprechen: „Stehet auf und lasst uns von hinnen gehen.“

1 Mose 29,26

„Laban antwortete: Es ist nicht Sitte in unserm Lande, dass man die jüngste ausgebe vor der ältesten.“

Wir wollen die Unehrenhaftigkeit Labans durchaus nicht entschuldigen, aber wir stehen nicht an, aus der Sitte, die er zu seiner Entschuldigung erwähnte, etwas für uns zu lernen. Es gibt manche Dinge, die in einer bestimmten Ordnung aufeinander folgen, und wollen wir das Zweite erlangen, so müssen wir uns zuvor das Erste sicheren. Das Zweite ist in unsern Augen vielleicht lieblicher, aber der Grundsatz des himmlischen Reiches muss bestehen bleiben, und die älteste muss zuerst genommen werden. Es verlangen zum Beispiel manche Menschen die schöne und liebenswürdige Rahel der Freude und des Friedens im Glauben, aber zuvor müssen sie sich der zartäugigen Lea der Reue vermählen lassen. Ein jeder liebt die Glückseligkeit, und mancher möchte gern zweimal sieben Jahre dienen, um sie zu gewinnen; aber nach der Sitte im Reiche des Herrn muss die Lea wahrer Heiligung unserer Seele lieb werden, ehe sie sich die Rahel wahrhafter Seligkeit zueignen darf. Der Himmel geht nicht voraus, sondern kommt hernach; und nur wer bis ans Ende beharrt, kann Teil an ihm erlangen. Erst muss das Kreuz getragen werden, ehe die Krone errungen wird. Wir müssen unserm Herrn in die Erniedrigung folgen, sonst können wir nie mit Ihm zur Herrlichkeit eingehen.
Meine Seele, was sagst du? Hegst du die eitle Hoffnung, das himmlische Gesetz zu durchbrechen? Erwartest du Lohn ohne Arbeit, Ehre ohne Mühe? Gib dem törichten Wahn den Abschied, und nimm gern die Widerwärtigkeit auf dich, um der süßen Liebe Jesu willen, die dir alles ersetzt. In diesem Geiste des Leidens und Tragens wird dir alles Bittere süß, alles Schwere leicht. Wie dem Erzvater Jakob werden dir deine Dienstjahre wie wenige kurze Tage vorkommen, um deiner Liebe zu Jesu willen; und wenn die ersehnte Stunde der Hochzeitsfreude erscheint, werden dir alle deine Mühsale erscheinen, als wären sie gar nicht da gewesen - eine Stunde der Nähe Jesu wiegt ein Leben der Mühe und Arbeit auf.

„Drum will ich Jesu Joch gern auf mich nehmen,
Und mich zu seiner Last mit Lust bequemen;
Was du geglaubet hast, das wirst du sehen;
Wie du geglaubet hast, so wirds geschehen.“

1 Mose 32,12

„Du hast gesagt: Ich will dir wohl tun.“

Als Jakob jenseits der Furt Jabok war, und Esau ihm entgegenzog mit vierhundert Mann, da flehte er inbrünstig um den Schutz Gottes, und hielt Gott Seine Verheißung vor: „Du hast gesagt: Ich will dir wohl tun. Ach, welche Kraft liegt nicht in diesem Flehen! Er hielt sich fest an die Zusage Gottes: „Du hast gesagt.“ Die Eigenschaft der Treue Gottes ist ein herrliches Horn an Seinem Altar, an das wir uns anklammern können; aber die Verheißung, welche diese Treue, und noch mehr dazu, in sich begreift, ist noch ein mächtigerer Halt: „Du hast gesagt: Ich will dir wohl tun.“ Er hats gesagt, sollte Er es nicht tun? „Das sei ferne! Es bleibe vielmehr also, dass Gott sei wahrhaftig, und alle Menschen falsch. Sollte Er nicht wahrhaftig sein? Sollte Er nicht halten, was Er verspricht? Steht denn nicht jedes Wort, das von Seinem Munde kommt, unerschütterlich fest und muss sich erfüllen? Als Salomo den Tempel zu Jerusalem einweihte, stützte er sich auf denselben kräftigen Grund: er flehte zu Gott, Er wolle Sein Wort lassen wahr werden, das Er Seinem Knechte David geredet habe, und wolle Sein Haus segnen. Wenn ein Mensch ein Versprechen gibt, so ist seine Ehre verpfändet; er unterzeichnet seinen Namen, und muss sein Wort lösen, wenn die gesetzte Frist kommt, sonst verliert er alles Zutrauen. Es wird nie heißen, dass Gott Seine Zusagen nicht hält. Das Ansehen des Höchsten ist noch nie befleckt worden, und nie wird ein Makel darauf fallen. Er ist zuverlässig auf den bestimmten Augenblick; nie kommt Er vor der rechten Zeit, aber auch nie zu spät. Durchforsche Gottes Wort und prüfe es an den Erfahrungen Seines Volkes, so wirst du Ihn in beiden pünktlich finden von Anfang bis zu Ende. Mancher silberhaarige Greis hat mit Josua den Seinen bezeugt: „Es fehlte nichts an allem Guten, das der Herr eurem Hause geredet hatte; es kam Alles.“ Wenn du eine göttliche Verheißung hast, so brauchst du dich nicht mit einem „Wenn“ darauf zu berufen; eigne sie dir an als etwas unfehlbar Gewisses. Der Herr will alle Verheißungen erfüllen, Er hätte sie ja sonst nicht gegeben. Gott gibt uns Sein Wort nicht bloß, um uns mit Hoffnungen hinzuhalten; sondern wenn Er redet, so will Er auch erfüllen, was Er verspricht. (Goldstrahlen April 18)

1 Mose 35,18

„Sie hieß ihn Benoni (Sohn der Schmerzen), aber sein Vater hieß ihn Benjamin (Sohn meiner Rechten).“

Jedes Ding hat seine Licht- und seine Schattenseite. Rahel ward überwältigt von den Schmerzen der Geburt und des Todes; Jakob beweinte den Verlust der Mutter, aber er sah in des Kindes Geburt eine große Gnade. Wohl uns, wenn unser Glaube an die Treue und Wahrhaftigkeit Gottes den Sieg davon trägt, während das Fleisch über die Trübsale trauert. Simsons Löwe gab ihm Honig, und so gehts uns auch mit unsern Widerwärtigkeiten, wenn wir sie richtig auffassen. Das stürmische Meer ernährt Völker mit seinen Fischen; der wilde Wald erblüht von tausend herrlichen Blumen; der ungestüme Wind weht den Giftauch der Pestilenz von dannen, und der scharfe Frost des Winters lockert den Boden. Dunkle Wolken tragen glänzende Tropfen und die schwarze Erde nährt die fröhlichsten Blüthenteppiche. Eine edle Ader des Guten findet sich in jedem tiefen Schacht des Bösen. Traurige Herzen haben einen besonderen Scharfblick, um den unvorteilhaftesten Gesichtspunkt ausfindig zu machen, aus dem sie eine Trübsal betrachten können; gäbe es auch nur einen einzigen Sumpf in der Welt, so wären sie dennoch bald bis zum Nacken darin versunken, und schweifte nur ein einziger Löwe durch die Wüste, so würden sie ihn brüllen hören. Wir alle leiden an dieser unseligen Torheit, und zuweilen möchten wir mit Jakob ausrufen: „Es geht Alles über mich.“ Des Glaubens Gang ist der, dass wir all unser Anliegen auf den Herrn werfen und dann aus den schlimmsten Begegnissen Gutes hoffen. Wie die Männer Gideons erschrickt er nicht über die zerbrochenen Krüge, sondern freut sich, dass nun die Fackeln umso stärker flammen. Aus der rauben Austernschale des Unglücks holt er die seltene Perle der Ehre, und aus den tiefen Meereshöhlen der Traurigkeit hebt er die unschätzbare Coralle der Erfahrung. Wenn die Flut des Wohlergehens zurückweicht und die Ebbe folgt, dann findet er im Sande geheime Schätze; und wenn die Sonne der Wonne ihm untergeht, so richtet er das Fernrohr der Hoffnung auf die strahlenden Verheißungssterne des Himmels. Ja, wenn der Tod selber erscheint, so weist der Glaube hin auf die Leuchte der Auferstehung über dem Grabe, und verwandelt so unsern sterbenden Benoni in einen lebendigen Benjamin. (Goldstrahlen März 8)

1 Mose 39,12

„Er ließ das Kleid in ihrer Hand, und floh, und lief zum Hause hinaus.“

Im Kampf mit manchen Sünden bleibt uns keine andre Möglichkeit des Sieges, als dass wir fliehen. Die Naturforscher des Altertums schrieben mancherlei über den Basilisken, dessen Augen seine Opfer bezauberten, und sie ihm ohne Mühe zur Beute werden ließen; so stürzt uns schon der bloße Anblick des Bösen in große Gefahr. Wer sich hüten will vor Missetaten, muss jede Gelegenheit zur Sünde meiden und fliehen. Mache einen Bund mit deinen Augen, dass du mit keinem Blicke achtest auf den Anlass zur Versuchung, denn solche Sünden bedürfen nur eines Funkens, so fangen sie an zu brennen und stehen im einem Augenblick in vollen Flammen. Wer möchte so verwegen sein und in die Verbannungszelle eines Aussätzigen gehen und sich zum Schlaf niederlegen inmitten des furchtbaren Verderbens? Nur wer selber begehren könnte, aussätzig zu werden, würde auf solche Weise um das Gift der Ansteckung buhlen. Wenn der Seemann wüsste, wie er dem Sturm entfliehen könnte, er würde eher alles aufbieten, bevor er sich der Gefahr aussetzte, mit ihm auf den Tod kämpfen zu müssen. Ein vorsichtiger Steuermann hat kein Verlangen, zu probieren, wie oft er eine Klippe streifen könne, ohne ein Leck ins Schiff zu bekommen; er bleibt am liebsten soviel als möglich mitten im sicheren Fahrwasser. Heute bin ich vielleicht einer großen Gefahr ausgesetzt; ich will Schlangenklugheit brauchen, mich ferne davon zu halten und ihr auszuweichen. Die Flügel der Taube können mir heute nützlicher sein, als die Klauen des Löwen. Freilich kann ich vielleicht etwas dabei einbüßen, wenn ich aller bösen Gesellschaft ausweichen will; aber besser, ich verliere den Rock, als dass ich die Seele aufs Spiel setze; dass ich reich werde, ist nicht notwendig, aber es ist mir befohlen, dass ich rein sein soll. Keine Bande der Freundschaft, keine Fesseln der Schönheit, kein blendendes Talent, keine Gefahr, lächerlich zu erscheinen, sollen mich von dem weisen Entschluss abbringen, vor der Sünde zu fliehen. Dem Teufel muss ich widerstehen, so flieht er vor mir, aber Fleischeslust muss ich fliehen, sonst überlistet sie mich. O, Du Gott der Heiligkeit, bewahre Deinen Joseph, damit Potiphars Weib ihn nicht mit ihrer schändlichen Zudringlichkeit umstricke. Mögen nie die furchtbaren verbündeten Mächte: Welt, Fleisch und Satan uns überwinden!

1 Mose 41,4

„Die hässlichen und mageren Kühe fraßen die sieben schönen, fetten Kühe.“

Pharaos Traum hat sich schon zu oft in den Erlebnissen meines wachenden Zustandes erfüllt. Meine Tage träger Ruhe haben alles, was ich in den Wochen emsigen Fleißes zustandegebracht hatte, schrecklich verwüstet; meine Zeiten frostiger Kühle haben die ganze belebende Glut meiner Begeisterung und meines Feuereifers zum Erstarren gebracht; und meine Anwandlungen weltlichen Sinnes haben mich aus den errungenen Fortschritten in einem göttlichen Leben wieder weit zurückgeschleudert. Ich erfuhr, wie nötig es sei, mich zu bewahren vor magern Gebeten, magern Lobliedern, magerem Gehorsam und magern Herzenserfahrungen; denn sie fressen das Fett meines Trostes und meines Friedens. Wenn ich das Gebet auch nur während der allerkürzesten Frist vernachlässige, so verliere ich alle geistige Frische, die ich schon erlangt habe; wenn ich nicht neue Vorräte vom Himmel beziehe, verzehrt sich das alte Korn meiner Scheune bald in der Hungersnot, die über meine Seele hereinbricht. Wenn die Raupen der Gleichgültigkeit, die Heuschrecken der Weltlust und die Blattläuse der Selbstgefälligkeit mein Herz ganz kahl und öde gemacht haben, und meine Seele deshalb anfängt zu welken, dann ist all mein früheres Gedeihen und Wachstum in der Gnade und all meine vorige Fruchtbarkeit in einem gottseligen Wesen umsonst. Wie sollte ich mich doch so ernstlich hüten vor den hässlichen, magern Tagen, vor den freßgierigen Stunden! Wenn ich Tag für Tag dem Ziel meiner Sehnsucht zueile, ich würde es bald, bald erreichen, aber häufige Verirrungen halten mich noch in weiter Ferne zurück von dem Preis meines erhabenen Berufs und berauben mich der Siegesfrüchte, die ich schon erkämpft hatte. Der einzige Weg, auf welchem alle meine Tage können zu „fetten Kühen“ werden, ist der, dass ich sie auf die rechte Weide führe, dass ich sie zubringe in der Gemeinschaft des Herrn, in seinem Dienst, unter seinen Augen, in seiner Furcht und auf seinen Wegen. Warum sollte nicht jedes folgende Jahr reicher sein an Labung, Leben, Liebe, Lob und Lust? Ich bin den himmlischen Hügeln näher, und sollte darum meinem Herrn ähnlicher werden. O Herr, halte den Fluch der Hässlichkeit ferne von mir; gib, dass ich nicht ausrufen müsse: „Wie mager, wie mager, wehe mir!“ sondern möge ich fett werden in Deinem Hause, damit ich Deinen Namen preise.

1 Mose 42,2

„Ich höre, es sei in Ägypten Getreide feil“

Hungersnot drückte alle Völker, und es schien unvermeidlich, dass Jakob und seine Familie großen Mangel würden zu leiden haben; aber der Gott der Vorsehung, der nie die Kinder Seiner erwählenden Liebe vergisst, hatte ein Vorratshaus gefüllt für Sein Volk, indem er die Egypter auf die teure Zeit zuvor aufmerksam gemacht und sie veranlasst hatte, das Korn der Jahre des Überflusses aufzubewahren. Kaum erwartete Jakob, dass ihm von Ägypten her Hilfe kommen werde, und doch war dort das Korn für ihn aufgespart. Liebe gläubige Seele, obgleich scheinbar Alles gegen dich ist, so bleibe versichert, dass Gott deinethalben Fürsorge getroffen hat; in dem Verzeichnis deiner Prüfungen ist eine Verfügung zu deiner Erlösung eingetragen. Irgendwie wird Er dich erretten und irgendwo für dich sorgen. Der Ort, woher dir deine Errettung kommt, mag dir ganz unerwartet sein, aber gewiss kommt dir in der äußersten Noth die Hilfe noch zu rechter Zeit, und du wirst den Namen des Herrn preisen. Wenn dich die Menschen nicht mehr ernähren können, so bringen dir die Raben Speise; und wenn die Erde kein Brot mehr gibt, trieft das Manna vom Himmel. Darum sei gutes Muts und verlass dich auf den Herrn. Gott kann machen, dass die Sonne im Westen aufgeht, wenn es Ihm also gefallen sollte; Er kann auch die Quelle der Traurigkeit zu einem Strome der Freude machen. Alles Korn Ägyptens war in den Händen des geliebten Joseph; er öffnete oder verschloss die Vorratshäuser nach seinem Willen. Und so sind die Schätze der Vorsehung unter der unumschränkten Macht unsers Herrn Jesu, welcher sie freigebig unter die Seinen verteilt. Joseph war mit Freuden bereit, seiner Familie Hilfe zu bringen; und so ist auch der Herr Jesus unermüdlich in Seiner Fürsorge für Seine Brüder. Unsere Aufgabe ist, da Hilfe zu suchen, wo wir sie finden können; wir dürfen nicht in Verzweiflung liegen bleiben, sondern wir müssen uns aufraffen. Das Gebet bringt uns bald vor das Angesicht unsers königlichen Bruders; stehen wir einmal vor Seinem Thron, so brauchen wir nur zu bitten und zu empfangen; Sein Vorrat erschöpft sich nicht; es ist Korns die Fülle vorhanden; Sein Herz ist nicht hart, Er gibt uns das Korn gern. Herr, vergib uns unsern Unglauben! (Goldstrahlen Mai 21)

1 Mose 42,8

Und wiewohl Joseph seine Brüder kannte, kannten sie ihn doch nicht.

Heute Morgen stiegen unsere Wünsche zu Gott empor, dass wir in der Erkenntnis unsers Herrn Jesu wachsen möchten; und darum mag es sich heute Abend wohl geziemen, ein verwandtes Bild zu betrachten, nämlich, wie unser himmlischer Joseph uns erkennt. Das war, Gott lob, schon lange und aufs Vollkommenste der Fall, ehe wir auch nur die geringste Ahnung von Ihm hatten. „Seine Augen sahen mich, da ich noch unbereitet war, und waren alle Tage auf Sein Buch geschrieben, die noch werden sollten, und derselben keiner da war.“ Ehe wir noch ein Dasein in der Welt hatten, hatten wir eine Stätte in Seinem Herzen. Da wir noch Seine Feinde waren, erkannte Er uns, unser Elend, unsre Krankheit und unser Verderben. Da wir bitterlich weinten in verzweiflungsvoller Reue, und in Ihm nichts sahen als unsern strengen Richter und Rächer, da betrachtete Er uns als Seine vielgeliebten Brüder, und Sein Herz brannte gegen uns. „Der Herr kennet die Seinen,“ ist und bleibt ebenso wahr von den verlornen Söhnen, die die Schweine hüten, wie von den Kindern, die mit zu Tische sitzen.

Aber ach! wir kannten unsern königlichen Bruder nicht, und aus dieser Unkenntnis erwuchs ein Heer von himmelschreienden Sünden. Wir wandten unser Herz von Ihm ab, und gestatteten Ihm keinen Zugang zu unserer Liebe. Wir waren misstrauisch gegen Ihn und schenkten Seinen Worten keinen Glauben. Wir empörten uns gegen Ihn, und verweigerten Ihm die Huldigung unserer Liebe. Die Sonne der Gerechtigkeit schien, und wir konnten sie nicht sehen. Der Himmel stieg zur Erde herab, und die Erde begriff es nicht. Gott sei gelobt, diese Tage sind für uns vorüber; und doch ist selbst noch jetzt das, was wir von Jesu wissen, so winzig und gering im Vergleich mit dem, was der Herr Jesus von uns weiß. Wir haben erst angefangen, Ihn kennen zu lernen; Er aber kennt und durch und durch. Es ist ein seliger Umstand, dass es bei Ihm nicht am Erkennen fehlt, denn sonst stünde es schlimm um uns. Er spricht zu uns nicht: „Ich habe euch nie erkannt,“ sondern Er bekennet unsere Namen am Tage Seiner Erscheinung; und bis dahin will Er sich uns offenbaren, wie Er sich der Welt nicht offenbart. (Goldstrahlen, Januar 4)

1 Mose 46,3.4

„Fürchte dich nicht, in Ägypten hinabzuziehen, denn daselbst will ich dich zum großen Volk machen. Ich will mit dir hinab in Ägypten ziehen und will auch dich herausführen.“

Jakob muss einen Schauder empfunden haben bei dem Gedanken, das Land der Wallfahrt seiner Väter verlassen und als Fremdling unter heidnischen Völkern wohnen zu müssen. Es war ein neuer Schauplatz, wo leicht Prüfungen auf ihn warten konnten: wer darf sich ohne Besorgnis unter die Höflinge eines fremden Königreichs wagen? Dennoch war sichtbarlich dieser Weg für ihn bestimmt, und darum entschloss er sich dazu. Dies ist häufig auch die Lage gläubiger Seelen in unseren Tagen; sie werden in Gefahren und Versuchungen hineingestellt, in denen sie noch ganz unerfahren sind. In solchen Zeiten mögen sie Jakob zum Vorbild nehmen und Gott ein Opfer des Gebets darbringen und um Seine Leitung und Führung flehen. Sie sollen keinen Fuß regen, bis dass sie auf den Herrn geharrt haben, um Seinen Segen zu empfangen; denn alsdann werden sie Jakobs Begleiter auch zu ihrem Freund und Helfer haben. Wie köstlich, wenn wir die Versicherung haben, dass der Herr mit uns ist auf allen unsern Wegen und sich zu uns herabneigt, um mit uns durch alle Schmach und Verfolgung zu geben! Unseres Vaters Liebe strahlt auch jenseits der Meere wie die Sonne in ihrer Kraft. Wir können nicht schwanken, uns dahin zu wenden, wo Jehovah uns Seine Gegenwart verheißt; selbst das Tal der Todesschatten erglänzt von den Strahlen dieser Zuversicht. Wenn die Gläubigen im Glauben an ihren Gott vorwärts ziehen, so wird sich Jakobs Verheißung an ihnen erfüllen. Er wird sie wieder herauf führen, sei es aus den Trübsalen des Lebens, sei es aus den Kammern des Todes. Jakobs Same kam zur vorversehenen Zeit aus Ägypten, und so werden auch alle Getreuen unversehrt durch die Trübsale des Lebens und die Schrecken des Todes geleitet. Lasset uns Gott vertrauen wie Jakob! „Fürchte dich nicht!“ Die göttliche Begleitung und Beschützung verbieten auch die leiseste Furcht des Unglaubens. Ohne unseren Gott einen einzigen Schritt zu wagen, das sollten wir uns fürchten; aber wenn Er uns gehen heißt, so wäre es gefährlich für uns, zu verziehen. Mein Lieber, mutig voran! Fürchte dich nicht! (Goldstrahlen Mai 12)

1 Mose 48,21

Gott wird mit euch sein.

Der gute, alte Jakob konnte nicht mehr mit Joseph sein, denn seine Sterbestunde war gekommen: aber er verließ seinen Sohn ohne Sorge, denn er sprach mit Zuversicht: „Gott wird mit euch sein.“ Wenn unsre liebsten Verwandten oder unsre hilfreichsten Freunde durch den Tod heimgerufen werden, so müssen wir uns mit der Betrachtung trösten, dass der Herr nicht von uns geschieden ist, sondern für uns lebt und bei uns bleibt auf ewig.
Wenn Gott mit uns ist, so sind wir in veredelnder Gesellschaft, ob wir auch arm und verachtet sind. Wenn Gott mit uns ist, haben wir allgenugsame Kraft, denn nicht kann zu schwer für den Herrn sein. Wenn Gott mit uns ist, sind wir immer sicher, denn niemand kann denjenigen schaden, die unter seinem Schatten wandeln. O, welche Freude haben wir hier! Nicht nur ist Gott mit uns, sondern Er will mit uns sein. Mit uns als einzelnen; mit uns als Familie; mit uns als Gemeinden. Ist nicht sogar der Name Jesu, Immanuel - Gott mit uns? Ist das nicht das Beste von allem, dass Gott mit uns ist? Lasst uns tapfer fleißig sein und fröhlich hoffnungsvoll. Unsre Sache muss guten Fortgang haben, die Wahrheit muss gewinnen, denn der Herr ist mit denen, die mit Ihm sind. Diesen ganzen Tag lang möge jeder Gläubige, der das „Checkbuch des Glaubens“ liest, sich dieses süßen Wortes erfreuen. Keine größere Glückseligkeit ist möglich.

1 Mose 49, 19

Gad, ein Heer wird ihn überwinden: aber er wird zuletzt überwinden.

Einige von uns sind gleich dem Stamme Ged gewesen. Unsrer Gegner waren auf eine Weise zu viele für uns, sie kamen über uns wie ein Heer. Ja, und für den Augenblick überwanden sie uns und frohlockten gewaltig über ihren zeitweiligen Sieg. Damit bewiesen sie nur, dass der erste Teil des Familienerbes wirklich unser ist, denn Christi Volk soll wie Gad von einem Heer überwunden werden. Dieses Überwundenwerden ist sehr schmerzlich, und wir wären in Verzweiflung geraten, hätten wir nicht an die zweite Zeile in dem Segen unsres Vaters geglaubt, „er wird zuletzt überwinden“. „Ende gut, alles gut“ sagte der Welt Dichter; und er sprach die Wahrheit. Einen Krieg muss man beurteilen, nicht nach den ersten Erfolgen oder Niederlagen, sondern nach dem, was „zuletzt“ geschieht. Der Herr will der Wahrheit und Gerechtigkeit den Sieg verleihen „zuletzt“; und wie Bunyan sagt, das bedeutet auf ewig, denn nichts kann nach dem Letzten kommen.

Was uns nötig ist, das ist geduldiges Beharren im Gutestun, ruhige Zuversicht auf unsren glorreichen Führer. Christus, unser Herr Jesus, will uns seine heilige Kunst lehren, unser „Angesicht wie einen Kieselstein zu setzen,“, um in der Arbeit oder dem Leiden auszuhalten, bis wir sagen können: „Es ist vollbracht.“ Halleluja! Sieg! Sieg! Wir glauben an die Verheißung: „Er wird zuletzt überwinden.“

1 Mose 49,24

„Es bleibt doch sein Bogen fest und die Arme seiner Hände stark, durch die Hände des Mächtigen in Jakob.“

Jene Kraft, welche Gott seinen Lieblingskindern schenkt, ist wirkliche Kraft; es ist nicht eine prahlerische Scheinmacht ohne inneren Gehalt, ein Schaustück, davon die Menschen reden und das doch zuletzt in Rauch aufgeht; es ist wahre, göttliche Kraft. Warum vermag Joseph der Versuchung zu widerstehen? Weil Gott ihm beisteht. Es gibt nichts, was wir ohne Gottes Macht vollbringen könnten. Alle wahre Kraft kommt von dem „Mächtigen in Jakob.“ Achte darauf, auf wie selige, vertrauliche Art Gott Joseph Stärke gibt: „Es bleiben die Arme seiner Hände stark, durch die Hände des Mächtigen in Jakob.“ Hier stellt sich uns in einem anschaulichen Bilde dar, wie Gott gleichsam mit seinen Händen Josephs Hände fasst, und seine Arme auf Josephs Arme legt. Gleichwie ein Vater seine Kinder lehrt, so unterweist der Herr die, so Ihn fürchten. Er schlingt seine Arme um sie. O Wunder der Herablassung! Gott, der Allmächtige, Ewige, Allvermögende, steigt von seinem Thron hernieder und legt seine Hand auf seines Kindes Hand, und ergreift mit seinem Arm Josephs Arm, damit Er ihn stärke! Diese Kraft entstammt zugleich dem Bunde, ist eine Bundesmacht, denn sie wird dem „Mächtigen in Jakob“ zugeschrieben. Wo man aber im Worte Gottes von dem Gott Jakobs liest, hat man an den Bund mit Jakob zu denken. O, wir Christen reden und sinnen so gern über den Bund Gottes. Alle Kraft, alles Vermögen, alle Gnade, aller Segen, alle Freude, aller Trost, kurz, alles, was wir haben, strömt uns aus dem Urquell zu durch den Bund. Wenn es keinen Bund gäbe, wahrlich, dann wärs um uns geschehen; denn alle Gnadengaben gehen von Ihm aus, wie Licht und Wärme von der Sonne. Kein Engel steigt hinauf oder herunter anders, als auf der Leiter, die Jakob sah, und auf deren Spitze der Bundesgott, Jehovah, stand. Lieber Christ, obwohl vielleicht die Schützen dich erzürnen und wider dich kriegen und dich verfolgen, so bleibt doch dein Bogen fest, und die Arme deiner Hände stark, durch die Hände des Mächtigen in Jakob. Darum sei getrost, und gib dem Gott Jakobs allein die Ehre.

„Herr, bleibe Du beständig
So bleib' ich stets lebendig,
Mit Deiner Kraft in mir,
So reißt mich nichts von Dir!“

1. Mose 50,24

Und Joseph sprach zu seinen Brüder: Ich sterbe, und Gott wird euch heimsuchen, und aus diesem Lande führen in das Land, das Er Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat.

Joseph war eine menschgewordene Vorsehung für seine Brüder gewesen. All unsre Josephe sterben, und tausend Annehmlichkeiten sterben mit ihnen. Ägypten war niemals für Israel das, was es früher gewesen, nachdem Joseph gestorben war; und die Welt kann für manche von uns niemals wieder das sein, was sie war, als unsre Lieben noch lebten.

Aber seht, wie der Schmerz um diesen traurigen Todesfall gemildert ward! Sie hatten eine Verheißung, dass der lebendige Gott sie heimsuchen würde. Eine Heimsuchung Jahwehs! Welche Gunst! Welcher Trost! Was für ein Himmel hienieden! O Herr, suche uns diesen Tag heim; obwohl wir es in der Tat nicht würdig sind, dass Du unter unser Haus kommst.

Aber mehr noch war verheißen: der Herr wollte sie ausführen. Sie würden in Ägypten eine kalte Behandlung finden, wenn Joseph tot wäre, ja, es würde für sie ein Haus der Knechtschaft werden. Aber es sollte nicht so für immer sein; sie würden durch eine göttliche Befreiung herauskommen und nach dem verheißenen Lande ziehen. Wir sollen nicht für immer hier weinen. Wir sollen heimgerufen werden ins Land der Herrlichkeit, um mit unsren Lieben vereint sein werden. So tröstet euch nun untereinander mit diesen Worten.

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