Spurgeon, Charles Haddon - Der Seelengewinner - Wie Seelen für Christum zu gewinnen sind.

Spurgeon, Charles Haddon - Der Seelengewinner - Wie Seelen für Christum zu gewinnen sind.

Eine Ansprache an Straßenprediger.

Es ist ein großes Vorrecht, zu einer so edlen Schar von Predigern reden zu dürfen; ich wünschte, ich wäre tauglicher für die Aufgabe. Silber der Beredsamkeit und Gold tiefer Gedanken habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich Ihnen.

Das Gewinnen der Seelen. Was ist es, eine Seele gewinnen? Ich hoffe, Sie halten es mit der altmodischen Weise, Seelen zu erretten. Alles scheint heutzutage erschüttert und von den alten Grundlagen weggeschoben zu sein. Es scheint, dass wir aus den Menschen das Gute, das schon in ihnen ist, entwickeln sollen; viel Gutes mögen Sie bekommen, wenn Sie dies Verfahren versuchen. Mir ist bange, dass Sie im Fortgange der Evolution Teufel entwickeln werden. Ich weiß nicht viel anderes, das aus der menschlichen Natur herauskommen wird, denn sie ist so voll Sünde, wie ein Ei voll Nahrung ist; und die Evolution der Sünde muss ewiges Unheil sein. Wir alle glauben, dass wir ans Seelengewinnen gehen müssen mit dem Wunsche, in Gottes Namen alles neu gemacht zu sehen. Diese alte Kreatur ist tot und verderbt und muss begraben werden; und je eher, desto besser. Jesus ist gekommen, damit das Alte vergehen und alles neu gemacht werden möchte. Im Verlauf unseres Werkes versuchen wir den Menschen zu nützen, indem wir uns bemühen, sie zur Mäßigkeit zu bringen; möge Gott alles derartige Werk segnen! Aber wir würden unsere Arbeit für misslungen halten, wenn wir eine Welt von Mäßigkeitsfreunden hervorgebracht und sie alle als Ungläubige gelassen hätten. Wir zielen auf etwas mehr als Mäßigkeit ab, denn wir glauben, dass die Menschen wiedergeboren werden müssen. Es ist gut, wenn sogar eine Leiche rein ist, und deshalb gut, wenn die Unwiedergeborenen sittlich sind. Es wäre ein großer Segen, wenn sie gereinigt würden von den Lastern, welche diese Stadt stinkend machen vor Gott und vor guten Menschen.

Aber unsere Arbeit ist nicht so sehr dieses, als dahin zu wirken, dass die in der Sünde Toten lebendig werden und dass Jesus Christus regiere, wo jetzt der Fürst, der in der Luft herrscht, das Regiment hat. Sie predigen, Brüder, zu dem Zwecke, dass die Menschen die Sünde aufgeben und zu Jesu fliehen, um Vergebung zu erlangen, dass sie durch seinen Heiligen Geist erneuert werden und ebenso sehr alles Heilige lieben lernen, wie sie jetzt alles Sündige lieben. Sie zielen auf eine radikale Kur ab; die Art wird an die Wurzel der Bäume gelegt; die Besserung der alten Natur würde Sie nicht befriedigen, Sie wollen Mitteilung einer neuen Natur durch die göttliche Macht, damit diejenigen, welche sich in der Straße um Sie sammeln, für Gott leben mögen.

Unser Ziel ist, die Welt von unten nach oben zu kehren; oder mit anderen Worten: wir wünschen, dass da, wo die Sünde mächtig geworden, die Gnade viel mächtiger werde. Wir bezwecken ein Wunder. Es ist gut, dies gleich am Anfang festzustellen. Einige Brüder denken, dass sie ihren Ton zu der geistlichen Fähigkeit ihrer Hörer herabstimmen müssen; aber dies ist ein Irrtum. Nach der Meinung dieser Brüder sollte man nicht einen Mann ermahnen, Buße zu tun und zu glauben, wenn man nicht glaubt, dass er aus eigener Kraft Buße tun und glauben könne. Meine Erwiderung ist ein Bekenntnis: Ich gebiete den Menschen im Namen Jesu, Buße zu tun und zu glauben, obwohl ich weiß, dass sie ohne die Gnade Gottes nichts der Art tun können; denn ich bin nicht gesandt, zu arbeiten demgemäß, was meine eigene Vernunft mir eingibt, sondern gemäß den Befehlen meines Herrn und Meisters. Unser ist die wunderbare Methode, welche aus der Verleihung des Heiligen Geistes entspringt, der seinen Predigern befiehlt, Wunder zu tun im Namen des heiligen Kindes Jesus. Wir sind gesandt, um zu blinden Augen zu sprechen: „Seht“, zu tauben Ohren: „Höret“, zu toten Herzen: „Lebt“, und sogar zu Lazarus, der in dem Grabe verweset, in welchem er schon stinkt: „Lazare, komm heraus.“ Dürfen wir dies tun? Wir werden weise sein, wenn wir mit der Überzeugung beginnen, dass wir hierzu gänzlich machtlos sind, wenn nicht unser Meister uns gesandt hat und mit uns ist. Aber wenn er, der uns gesandt hat, mit uns ist, so sind alle Dinge möglich dem, der da glaubt. O Prediger, wenn du aufstehst, um zu sehen, was du tun kannst, so wird es weise sein, dich rasch wieder niederzusetzen; wenn du aber aufstehst, um zu erproben, was dein allmächtiger Herr und Meister durch dich tun kann, so liegen unendliche Möglichkeiten vor dir! Es gibt keine Grenze für das, was Gott vollbringen kann, wenn er durch dein Herz und deine Stimme wirkt. Als neulich am Sabbatmorgen meine lieben Brüder, die Diakonen und Ältesten dieser Gemeinde, sich, wie es ihre Gewohnheit ist, zum Gebet um mich versammelten, sagte einer von ihnen: „Herr, nimm ihn, wie ein Mann ein Werkzeug in seine Hand nimmt, wenn er es mit festem Griff erfasst und es dann gebraucht, um damit das zu vollbringen, was er will.“ Das ist es, was allen Arbeitern nottut: dass Gott der durch sie Arbeitende ist. Sie sollen Werkzeuge in den Händen Gottes sein; Sie selber sollen natürlich alle Ihre Kräfte und Fähigkeiten anstrengen, die der Herr Ihnen geliehen hat; aber sich doch niemals auf ihre eigene Macht verlassen, sondern allein auf jene heilige geheimnisvolle, göttliche Kraft, welche in uns und durch uns und mit uns auf die Herzen und Gemüter der Menschen wirkt.

Brüder, wir haben uns sehr getäuscht, nicht wahr, in einigen unserer Bekehrten? Wir werden uns immer täuschen, soweit sie unsere Bekehrten sind. Wir werden uns sehr über sie freuen, wenn sie sich als das Werk Gottes erweisen. Wenn die Macht der Gnade in ihnen wirkt, dann wird es herrlich sein; denn die Gnade bringet Herrlichkeit; aber bloße Redekunst wird auf die Länge nur falschen Schein und Schande erzeugen. Wenn wir predigen und uns ein sehr hübscher, blumenreicher Sah, ein sehr zierlicher, poetischer Ausdruck in den Sinn kommt, so wünsche ich, wir könnten zurückgehalten werden durch jene Furcht, welche auf den Apostel Paulus wirkte, wenn er sagte, dass er nicht mit klugen Worten predigen wolle, „auf dass nicht das Kreuz Christi zunichtewerde“. Es ist die Pflicht eines Predigers des Evangeliums, ob er in Häusern oder auf der Straße predigt, zu sprechen: „Ich könnte dieses sehr hübsch sagen, aber dann würden sie vielleicht darauf achten, wie ich es sage; ich will es darum so sagen, dass sie nur den inneren Wert der Wahrheit, die ich sie lehre, beachten.“ Es ist weder die Weise, wie wir das Evangelium vortragen, noch die Art, wie wir es illustrieren, was Seelen gewinnt, sondern das Evangelium selbst tut das Werk in den Händen des Heiligen Geistes, und von diesem müssen wir die gründliche Bekehrung der Menschen erwarten. Ein Wunder muss gewirkt werden, durch welches unsere Hörer die Erzeugnisse jener „mächtigen Stärke“ werden, welche „Gott in Christo gewirkt hat, da er ihn von den Toten auferwecket hat und gesetzt zu seiner Rechten im Himmel über alle Fürstentümer und Gewalt“; darum müssen wir von uns selbst hinwegsehen zu dem lebendigen Gott. Nicht wahr? Wir erstreben gründliche, wirkliche Bekehrung; deshalb verlassen wir uns auf die Macht des Heiligen Geistes. Wenn es ein Wunder ist, so muss Gott es wirken, das ist klar; es kann nicht durch unsere Schlussfolgerungen oder Überredungen oder Drohungen geschehen, es kann nur vom Herrn kommen.

Wann, denn dies ist der Punkt, worauf es ankommt, können wir erwarten, mit dem Geiste Gottes begabt zu werden und in seiner Kraft auszugehen? Ich erwidere, dass sehr viel von dem Seelenzustande des Predigers selbst abhängt. Ich bin überzeugt, wir haben nie genug Gewicht gelegt auf das Werk Gottes in unserem eigenen Innern mit Bezug auf unser Predigen. Ein ganz Gott geweihter Mann kann von der göttlichen Kraft so voll sein, dass alle um ihn her es merken müssen. Sie können nicht sagen, was es ist, oder von wannen es kommt und vielleicht nicht, wohin es geht; aber es ist etwas an dem Manne, was weit über die gewöhnliche Ordnung der Dinge hinaus geht. Zu einer andern Zeit ist derselbe Mann vielleicht schwach und stumpf und sich selbst dessen bewusst. Siehe! Er will ausgehen wie vormals, aber er kann keine mächtige Tat tun. Es ist klar, dass selbst Simson in der rechten Verfassung sein muss, sonst kann er keine Siege gewinnen. Wenn des Kämpfers Locken geschoren sind, so werden die Philister über ihn lachen; wenn der Herr von einem Manne gewichen ist, so ist ihm keine Kraft zu nützlichem Dienst geblieben. Liebe Brüder, achten Sie sorgfältig auf Ihren eigenen Zustand vor Gott. Sorgen Sie für Ihr eigenes Landgut, achten Sie wohl auf die Schaf- und Rinderherden. Wenn Sie nicht in Gottes Nähe wandeln, wenn Sie nicht in jenem klarem Lichte weilen, das den Thron Gottes umgibt und das nur denen bekannt ist, welche mit dem Ewigen Gemeinschaft haben, werden Sie aus Ihrer Kammer herausgehen und zu Ihrem Werke eilen, aber nichts wird danach kommen. Das Gefäß ist allerdings nur ein irdenes, hat indes doch seinen Platz in der göttlichen Ordnung; aber es wird mit dem göttlichen Schatz nicht gefüllt werden, wenn es nicht rein ist, und wenn es nicht auch in anderer Hinsicht tauglich ist zum Gebrauch für den Herrn. Lassen Sie mich Ihnen einiges namhaft machen, bei welchem viel von dem Prediger selber abhängen muss.

Wir gewinnen einige Seelen für Christum dadurch, dass wir als Zeugen handeln. Wir treten auf und legen über gewisse Wahrheiten Zeugnis ab für den Herrn Jesum Christum. Nun, ich habe nie das große Vorrecht gehabt, von einem Rechtsanwalt in die Enge getrieben zu werden. Ich habe zuweilen daran gedacht, was ich tun sollte, wenn ich als Zeuge aufgerufen würde, um verhört und kreuzverhört zu werden. Ich denke, ich würde einfach aufstehen und die Wahrheit erzählen, soweit ich sie wüsste, und keinen Versuch machen, meinen Witz oder meine Sprachgewandtheit oder mein Urteil zu zeigen. Wenn ich einfache, grade Antworten auf die Fragen gäbe, so würde ich jeden Rechtsanwalt unter dem Himmel überwinden. Die Schwierigkeit liegt darin, dass ein Zeuge so oft sich mehr seiner selbst bewusst ist, als dessen, was er zu sagen hat; deshalb fühlt er sich bald müde, geplagt und gelangweilt, und wenn er ärgerlich wird, ist er kein guter Zeuge in der Sache. Nun, Sie Straßenprediger, werden häufig in die Enge getrieben; des Teufels Anwälte werden sicherlich zu Ihnen kommen, er hat deren eine große Zahl beständig in seinem Dienste. Das Eine, was Sie zu tun haben, ist: von der Wahrheit Zeugnis abzulegen. Wenn Sie sich selber fragen: „Wie soll ich diesem Mann geschickt antworten, damit ich ihn besiege?“ so werden Sie nicht weislich tun. Eine witzige Antwort ist oft etwas sehr Passendes; aber eine fromme Antwort ist doch besser. Versuchen Sie, zu sich selbst zu sagen: „Es kommt im Grunde nicht viel darauf an, ob dieser Mann beweist, dass ich ein Narr bin oder nicht, denn ich weiß das schon. Ich bin's zufrieden, um Christi willen für einen Narren gehalten zu werden und mich um meinen Ruf nicht zu kümmern. Ich habe zu zeugen von dem, was ich weiß, und mit Gottes Hilfe will ich das kühn tun. Wenn der, welcher mich unterbricht, mich über andere Dinge befragt, will ich sagen, dass ich nicht komme, um von andern Dingen zu zeugen, sondern nur dieses Eine tun. Zu diesem Endzweck will ich sprechen, und zu keinem andern.“

Brüder, der Zeuge muss selbst errettet, und sollte seiner Errettung gewiss sein. Ich weiß nicht, ob Sie an Ihrer eigenen Errettung zweifeln. Vielleicht sollte ich Ihnen empfehlen zu predigen, selbst wenn das der Fall ist, da Sie, wenn Sie nicht selbst errettet sind, doch wünschen, dass andere es werden. Sie zweifeln nicht, dass Sie einst volle Glaubensgewissheit hatten; und jetzt wenn Sie voll Trauer zu bekennen haben: „Ach! Ich fühle nicht die volle Kraft des Evangeliums an meinem eigenen Herzen,“ können Sie aufrichtig hinzufügen: „Dennoch weiß ich, dass es wahr ist, denn ich habe gesehen, dass es andere errettet, und ich weiß, dass keine andere Macht mich erretten kann.“ Vielleicht wird sogar dieses stammelnde, so aufrichtig ehrliche Zeugnis eine Träne in Ihres Gegners Auge bringen und Mitgefühl mit Ihnen erwecken. „Ich predigte,“ sagt John Bunyan, „zuweilen ohne Hoffnung, wie ein Mensch in Ketten zu Menschen in Ketten, und wenn ich auch meine eigenen Fesseln klirren hörte, so sagte ich doch andern, dass es Befreiung für sie gäbe und hieß sie auf den großen Befreier blicken.“ Ich würde Bunyan nicht gewehrt haben, wenn er so predigte. Dennoch aber ist es etwas Großes, wenn Sie aus eigener, persönlicher Erfahrung erklären können, dass der Herr „eherne Türen zerbrochen und eiserne Riegel zerschlagen“ hat. Die, welche unser Zeugnis hören, fragen: „Sind Sie dessen gewiss?“ Dessen gewiss? Ich bin dessen so gewiss, wie ich gewiss bin, dass ich ein lebendiger Mensch bin. Die Leute nennen dies „zu große Bestimmtheit.“ Das macht nichts aus. Ein Mann muss wissen, worüber er predigt, sonst lasst ihn niedersitzen. Wenn ich irgendeinen Zweifel hätte an den Dingen, die ich von dieser Kanzel predige, so würde ich mich schämen, der Pastor dieser Gemeinde zu bleiben; aber ich predige, was ich weiß, und zeuge von dem, was ich gesehen habe. Wenn ich mich irre, so irre ich von ganzem Herzen und mit aller Kraft, und ich wage meine Seele und alle ihre ewigen Angelegenheiten an die Wahrheit dessen, was ich predige. Wenn das Evangelium, das ich predige, mich nicht errettet, so werde ich niemals errettet werden, denn was ich andern verkünde, ist mein eigener, persönlicher Grund des Vertrauens. Ich habe kein Rettungsboot für mich allein; die Arche, zu der ich andere einlade, schließt mich und alles, was ich habe, ein.

Ein guter Zeuge sollte alles, was er sagen will, selbst wissen; er sollte sich in seinem Thema zu Hause fühlen. Er wird als Zeuge aufgerufen, sagen wir, in Sachen eines Diebstahls; er weiß, was er sah, und hat nur darüber eine Erklärung abzugeben. Man beginnt, ihn zu befragen über ein Bild in dem Hause oder über die Farbe eines Kleides, das in der Garderobe hing. Er antwortet: „Sie gehen weiter, als meine Erinnerung reicht, ich kann nur von dem zeugen, was ich sah.“ Was wir wissen, und was wir nicht wissen, würde zwei große Bücher ausmachen, und wir dürfen sicherlich bitten, dass man uns mit dem zweiten verschone.

Bruder, sagen Sie, was Sie wissen und dann sitzen Sie nieder. Aber seien Sie ruhig und gelassen, während Sie von dem reden, womit Sie persönlich bekannt sind. Sie werden sich nie so Ihren Gemütsbewegungen überlassen können, dass Sie sich heimisch unter den Leuten fühlen, wenn Sie nicht heimisch in Ihrem Thema sind. Wenn Sie wissen, was Sie wollen, so fühlen Sie sich frei genug, um mit ernstem Eifer zu predigen. Wenn Sie Straßenprediger nicht das Evangelium von Anfang bis Ende kennen und wissen, wo Sie sind, wenn Sie es vortragen, können Sie nicht mit der rechten Gemütsbewegung predigen; aber wenn Sie heimisch in Ihrer Lehre sind, dann stehen Sie auf und seien Sie so kühn und eifrig und dringlich, wie Sie wollen. Treten Sie den Leuten gegenüber in dem Gefühl, dass Sie ihnen etwas sagen werden, was des Hörens wert ist, dessen Sie ganz gewiss sind, was für Sie Ihr wahres Leben ist. Es sind ehrliche Herzen in jeder Versammlung draußen und auch in jeder drinnen, die nur einen ehrlichen Glauben zu hören brauchen, so werden sie ihn annehmen und zum Glauben an den Herrn Jesum Christum gebracht werden.

Aber Sie sind nicht nur Zeugen, Sie sind Sachwalter des Herrn Jesu Christi. Nun, bei einem Sachwalter hängt sehr viel von dem Manne selbst ab. Es scheint, als wenn das Kennzeichen und Merkmal des Christentums bei einigen Predigern nicht eine feurige Zunge, sondern ein Eisblock wäre. Sie möchten nicht einen Anwalt haben, der aufstünde und Ihre Sache in einer kalten, überlegten Weise führte und den es nicht im geringsten zu kümmern schiene, ob Sie des Mordes schuldig befunden oder freigesprochen würden. Wie könnten Sie seine Gleichgültigkeit ertragen, wenn Sie in Gefahr stünden, gehängt zu werden? O, nein! Sie wünschen, solchen falschen Advokaten zum Schweigen zu bringen. Ebenso: wenn ein Mann für Christum zu sprechen hat und es ist ihm kein Ernst damit, so lasst ihn zu Bett gehen. Sie lächeln, aber wäre es nicht besser, dass er zu Bett ginge, als dass er eine ganze Versammlung in Schlaf bringt, ohne dass sie zu Bett geht? Ja, wir müssen es sehr ernst nehmen. Wenn wir etwas über die Menschen vermögen sollen, so müssen wir sie lieben. Es gibt eine echte Liebe zu Menschen, die einige besitzen, und es gibt einen echten Widerwillen gegen Menschen, den andere besitzen. Ich kenne Herren, die ich in gewisser Weise achte, welche zu denken scheinen, die arbeitenden Klassen seien widerwärtig und schlecht, müssten im Zaum gehalten und mit Strenge regiert werden. Mit solchen Ansichten werden sie niemals die Arbeiter bekehren. Um Menschen zu gewinnen, müssen Sie fühlen: „Ich bin einer von ihnen. Wenn sie erbärmlich sind, ich bin einer von ihnen; wenn sie verlorene Sünder sind, ich bin einer von ihnen; wenn sie einen Heiland brauchen, ich bin einer von ihnen.“ Zu dem größten Sünder sollten Sie predigen mit diesem Spruch vor Augen: Solcher sind euer etliche gewesen.“ Die Gnade allein macht, dass wir anders sind, und diese Gnade predigen wir. Echte Liebe zu Gott und warme Liebe zu den Menschen, dies macht den rechten Sachwalter.

Ich glaube ferner, obwohl gewisse Leute es verneinen, dass man auch die Furcht auf die Menschen wirken lassen muss und dass der Prediger selber diese fühlen sollte. „Noah, von Furcht bewegt, bereitete eine Arche zum Heil seines Hauses1).“ Errettung von dem Tode in der Flut war in dieser Furcht Noahs; und wenn ein Mann dahin kommt, für andere zu fürchten, so dass sein Herz ausruft: „Sie werden umkommen, sie werden umkommen, sie werden in die Hölle sinken, sie werden auf ewig von dem Angesichte des Herrn verbannt werden,“ und wenn diese Furcht auf seiner Seele lastet und ihn niederdrückt und ihn dann treibt, hinzugehen und mit Tränen zu predigen, o, dann wird er die Menschen so bitten und mahnen, dass er sie gewinnt! Da er die „Schrecken des Herrn“ kennt, wird er die Menschen überreden. Die Schrecken des Herrn kennen ist das Mittel, wodurch wir lernen, zu überreden und nicht hart zu sprechen. Einige haben die Schrecken des Herrn gebraucht, um zu erschrecken; aber Paulus brauchte sie, um zu überreden. Lassen Sie uns ihn nachahmen. Sagen Sie: „Wir sind gekommen, euch, liebe Männer und Brüder, zu sagen, dass die Welt in Flammen steht und dass ihr fliehen müsst, um euer Leben zu erretten und auf den Berg euch flüchten, auf dass ihr nicht verzehret werdet.“ Wir müssen diese Warnung geben mit der vollen Überzeugung, dass sie wahr ist, sonst werden wir nur dem Knaben gleichen, der zum Spaß rief: „Ein Wolf!“ Etwas von dem Schatten des letzten furchtbaren Lages muss auf unsere Seele fallen, um unserer Gnadenbotschaft den Ton der Überzeugung zu geben, sonst werden wir des Sachwalters wahre Kraft nicht haben. Brüder, wir müssen den Menschen sagen, dass ihnen der Heiland dringend nottut, und ihnen zeigen, dass wir es fühlen, wie nötig er ihnen ist, sonst werden wir sie schwerlich zum Heiland bringen.

Wer Christi Sache führt, sollte selber von dem Gedanken an den Tag des Gerichts bewegt sein. Wenn ich durch jene Tür auf die Kanzel trete und die ungeheure Menschenmenge mir gegenüber sehe, so erschrecke ich oft. Denken Sie an diese Tausende von unsterblichen Seelen, welche durch die Fenster jener aufmerksamen Augen schauen, und ich soll zu ihnen allen predigen und für ihr Blut verantwortlich sein, wenn ich nicht treu gegen sie bin. Ich sage Ihnen, das gibt mir ein Gefühl, als wenn ich zurückweichen müsste. Aber. Furcht ist nicht allein da. Ich werde aufrecht gehalten durch die Hoffnung und den Glauben, dass Gott diese Leute zu segnen beabsichtigt durch das Wort, das er mich predigen lassen wird. Ich glaube, dass jeder in der Menschenmenge von Gott zu irgendeinem Zweck dahin gesandt ist, und dass ich gesandt bin, diesen Zweck auszuführen. Ich denke oft während des Predigens bei mir: „Wer wird jetzt bekehrt?“ Es kommt mir nie in den Sinn, dass das Wort des Herrn seinen Zweck verfehlen wird. Nein, das kann niemals der Fall sein. Häufig fühle ich mich ganz sicher, dass Menschen bekehrt werden, und immer, dass Gott durch das Zeugnis von seiner Wahrheit verherrlicht wird. Sie mögen sich darauf verlassen, Ihre hoffnungsvolle Überzeugung, dass Gottes Wort nicht leer zu ihm zurückkehren kann, ist eine große Ermutigung für Ihre Hörer sowohl, wie für Sie selber. Ihre begeisterte Zuversicht, dass sie bekehrt werden, mag wie der kleine Finger einer Mutter sein, den sie nach dem Kinde ausstreckt, um ihm zu helfen, zu ihr zu kommen. Das Feuer in Ihrem Herzen mag einen Funken in ihre Seelen werfen, wodurch die Flamme des geistlichen Lebens in ihnen angezündet wird. Lassen Sie uns alle die Kunst lernen, die Menschenseelen zu bitten und zu mahnen.

Doch, liebe Straßenprediger, und alle hier anwesenden Christen, wir haben nicht nur Zeugen und Sachwalter zu sein, sondern auch Vorbilder. Eine der besten Weisen, wilde Enten zu fangen, ist die Benützung eines Lockvogels. Die Lockente geht selbst in das Netz ein, und die andern folgen ihr. Wir sollten in der christlichen Kirche mehr die heilige Kunst des Lockens üben; d. h. unser Beispiel, indem wir selbst zu Christo kommen, indem wir ein gottseliges Leben inmitten eines verkehrten Geschlechts führen, unser Beispiel in Freud' und Leid, unser Beispiel heiliger Unterwerfung unter den göttlichen Willen in der Zeit der Not, unser Beispiel auf allen frommen Wegen wird andere dahin führen, den Weg des Lebens zu betreten. Sie können sich natürlich nicht auf die Straße stellen und von ihrem Beispiel erzählen; aber es gibt keinen Straßenprediger, der nicht besser bekannt ist, als er denkt. Irgendeiner in dem Haufen mag das Privatleben des Redenden kennen. Ich hörte einmal von einem Straßenprediger, dem ein Hörer zugerufen: „AH Jack, du wagst nicht so vor deiner eigenen Tür zu predigen!“ Es war unglücklicherweise kurz vorher geschehen, dass dieser Prediger mit einem seiner Nachbaren hatte kämpfen wollen, und deshalb war es nicht wahrscheinlich, dass er nahe bei seinem Hause sich viel mit Predigen befasst hätte. Dies machte die Unterbrechung zu einer sehr unangenehmen. Wenn das Leben eines Mannes daheim ein unwürdiges ist, so sollte er mehrere Meilen weit weggehen, ehe er vortritt um zu predigen, und wenn er dann vortritt, so sollte er nichts sagen. Man kennt uns, Brüder; man weiß weit mehr von uns, als wir meinen, und was man nicht kennt und weiß, das denkt man sich. Unser Wandel sollte der mächtigste Teil unseres Predigtamtes sein, Leben und Lippen sollten übereinstimmen.

Meine Zeit ist kurz; aber ich muss ein Wort über einen andern Punkt sagen. Ich habe gesagt, dass die Wirksamkeit des Heiligen Geistes in großem Maße von dem Menschen selber abhängt, aber ich muss hinzufügen, dass auch viel von denen abhängt, die den Prediger umgeben. Ein Straßenprediger, der ganz allein ausgeht, muss in einer sehr unglücklichen Lage sein. Es ist eine ungemeine Hilfe, wenn Sie mit einer eifrigen, lebendigen Gemeinde in Verbindung stehen, die für Sie betet; und wenn Sie keine solche da finden, wo Sie predigen, so ist das Nächstbeste, dass Sie ein halbes Dutzend Brüder oder Schwestern suchen, die Ihnen beistehen, mit Ihnen gehen und besonders, mit Ihnen beten. Einige Prediger sind so unabhängig, dass sie Helfer entbehren können, aber Sie werden weislich handeln, wenn Sie das Alleinstehen nicht lieben. Könnten Sie nicht die Sache in dieser Weise ansehen. „Wenn ich ein halb Dutzend junger Männer dahin bringe, mit mir zu gehen, so werde ich ihnen nützen und sie zu Arbeitern heranbilden?“ Wenn Sie sich mit einem halb Dutzend Männer verbinden können, die nicht alle sehr jung sind, sondern etwas gefördert in der Kenntnis göttlicher Wahrheit, so wird diese Verbindung sehr zu Ihrem beiderseitigen Vorteile sein. Ich bekenne Ihnen allen, dass, obgleich Gott mich sehr in seinem Werke gesegnet hat, mir doch durchaus kein Verdienst dabei gebührt, sondern jenen lieben Freunden im Tabernakel, und in der Tat, überall in der Welt, die mich zum Gegenstand ihr speziellen Fürbitte machen. Ein Mann sollte gut wirken, der solche Leute um sich hat, wie ich. Mein lieber Freund und Diakon, William Olney, sagte einst: „Unser Pastor hat uns bisher vorwärts geführt, und wir sind mit ganzem Herzen gefolgt. Alles hat Erfolg gehabt; habt ihr nicht Vertrauen zu seiner Führung?“ Die Leute riefen: „Ja.“ Darauf sagte mein Freund: „Wenn unser Pastor uns zu einem Graben gebracht, der aussieht, als wenn man nicht darüber kommen könnte, lasst uns denselben mit unsern Leibern füllen und ihn hinübertragen.“ Dies war ein großes Wort: der Graben wurde gefüllt, nein, es schien, als wenn er sich sofort von selbst füllte. Wenn Sie einen treuen Kameraden haben, so ist Ihre Kraft mehr als verdoppelt. Was für ein Segen ist ein gutes Weib! Die Frauen, die nicht an ihrem Platz sein würden, wenn sie anfingen, auf der Straße zu predigen, können es ihren Männern angenehm und gemütlich machen, wenn sie nach Hause kommen, und dann werden diese umso besser predigen! Einige von ihnen können sogar in anderer Weise helfen, wenn sie klug und sanft sind. Sie können ihrem Mann einen Wink geben, dass er in gewissen kleinen Dingen etwas verkehrt macht, und er kann den Wink benutzen und sie richtig machen. Ein guter Bruder bat mich einst, ihm etwas Unterricht zu geben und sagte dabei: „Der einzige Lehrer, den ich gehabt habe, ist meine Frau, die besseren Unterricht genossen hat, als mir zu teil geworden ist. Ich pflegte grobe grammatische Fehler zu machen, und sie deutete leise darauf hin, dass die Leute mich auslachen könnten, wenn ich mich nicht der Grammatik befleißigte.“ Seine Frau wurde auf diese Weise ein Professor der Sprachwissenschaft für ihn und war für ihren Mann ihr Gewicht in Gold wert, und er wusste das Sie, die Sie solche Helfer haben, sollten Gott täglich dafür danken.

Ferner ist es eine sehr große Hilfe, wenn wir einen Bruderbund schließen mit einem warmherzigen Christen, der mehr weiß, als wir, und uns durch kluge Winke nützlich ist. Gott mag uns um anderer willen segnen, wenn er es nicht um unserer selbst willen tun würde. Sie haben gewiss die Mönchsgeschichte gehört von dem Manne, der gepredigt hatte und viele Seelen für Christum gewonnen und sich dazu Glück gewünscht. In einer Nacht ward ihm offenbart, er werde am jüngsten Tage nicht die Ehre davon haben; er fragte den Engel in seinem Traum, wem denn das Verdienst davon beigelegt werden würde, und der Engel antwortete: „Jener taube, alte Mann, der auf der Kanzeltreppe sitzt und für dich betet, war die Ursache des Segens.“ Lassen Sie uns dankbar sein für jenen tauben Mann oder jene alte Frau oder jene armen, betenden Freunde, die durch ihre Fürbitten einen Segen auf uns herabbringen. Der Geist Gottes wird zwei segnen, wenn er einen vielleicht nicht segnen würde. Abraham allein bekam keine der fünf Städte errettet, obgleich sein Gebet wie ein Tonnengewicht in der Waagschale war; aber dort war sein Neffe Lot, ein recht armseliges Menschenkind. Er hatte nicht mehr als eine halbe Unze Gebet in sich; aber dies winzige Bisschen gab den Ausschlag, und Zoar ward erhalten. Fügen Sie also Ihre halbe Unze Gebet dem größeren Gewicht der Gebete ausgezeichneter Heiliger hinzu, denn diese mögen dessen bedürfen.

Liebe Brüder, ich versuche nicht, Sie zu belehren; einige von Ihnen könnten weit besser mich belehren; und doch weiß ich das nicht, denn ich vermute, dass ich ziemlich alt bin nach dem, was ich höre. Eine Frau versuchte am Anfang dieses Jahres (1887) Geld von mir zu bekommen und sagte: „Ich erinnere mich, dass ich Ihre liebe Stimme vor mehr als vierzig Jahren hörte.“ Ich sagte: „Sie hörten meine Stimme vor vierzig Jahren! wo war das?“ Sie antwortete: „Sie predigten in Benton Hill.“ „Gut,“ sagte ich, „war es nicht vor mehr als vierzig Jahren?“ „Ja,“ war ihre Erwiderung, es mag fünfzig sein.“ „O,“ sagte ich, ich vermute, dass ich sehr jung damals war?“ „O, ja!“ entgegnete sie, „Sie waren ein so lieber junger Mann.“ Dies war natürlich eine unnötige Versicherung; aber ich denke, sie war nicht ganz so überzeugt von meiner Liebenswürdigkeit, als ich ihr sagte, ich hätte nie in Penton Hill gepredigt und wäre vor fünfzig Jahren erst drei Jahre alt gewesen, und sie sollte sich schämen, zu glauben, dass ich ihr Geld geben würde, weil sie Lügen erzählte. Indes, ich will heute Abend die Behauptung der Frau annehmen und voraussetzen, dass ich das ehrwürdige Individuum bin, als welches sie mich beschrieb, und will mich erkühnen, Ihnen zu sagen, liebe Brüder, wenn wir Seelen gewinnen wollen, so müssen wir viele Mühe und schwere Arbeit nicht scheuen. Sie setzen noch kein Misstrauen in die Kraft der Predigt, nicht wahr? Ich hoffe, Sie werden des Predigens nicht müde, obwohl Sie sicher zuweilen müde davon werden. Fahren Sie fort mit Predigen! Schuster, bleib bei deinem Leisten; Prediger bleib bei deinem Predigen. An dem großen Tage, wenn die Musterrolle verlesen werden wird von all denjenigen, die durch schöne Musik und Kirchenschmuck und religiöse Ausstellungen und Abendunterhaltungen bekehrt sind, werden. diese sich auf den zehnten Teil von nichts belaufen; aber es wird immer Gott gefallen, durch törichte Predigt die selig zu machen, welche daran glauben. Bleiben Sie bei Ihrem Predigen; und wenn Sie etwas daneben tun, so lassen Sie dies nicht die Predigt in den Hintergrund drängen. Predigen Sie erstens und predigen Sie zweitens und predigen Sie drittens.

Predigen Sie die Liebe Christi, predigen Sie das Versöhnungsopfer, predigen Sie die neue Geburt, predigen Sie den ganzen Ratschluss Gottes. Der alte Hammer des Evangeliums wird immer noch den Felsen in Stücke brechen; das alte Pfingstfeuer wird immer noch unter der Menge brennen. Versuchen Sie nichts Neues, fahren Sie fort mit Predigen, und wenn wir alle predigen mit dem heiligen. Geist, vom Himmel herabgesandt, so werden die Folgen unserer Predigt uns in Staunen setzen. Wie! Es gibt doch im Grunde gar keine Grenze für die Macht der Zunge! Blicken Sie auf die Macht einer schlechten Zunge, was für großes Unheil kann sie anrichten! und wird Gott nicht noch mehr Macht in eine gute Zunge legen, wenn wir sie nur richtig gebrauchen wollen? Blicken Sie auf die Macht des Feuers, ein einziger Funken kann eine Stadt in Flammen setzen; ebenso brauchen wir, wenn der Geist Gottes mit uns ist, nicht zu berechnen, wie viel oder was wir tun können: man kann das Wirkungsvermögen der Flamme nicht berechnen, und man kann keine Grenze ziehen für die Wirkungen der göttlichen Wahrheit, wenn sie mit der Begeisterung, die aus dem Geiste Gottes geboren ist, gepredigt wird. Haben Sie noch große Hoffnung, Brüder, haben Sie noch große Hoffnung trotz jener schamlosen Mitternachtsstraßen, trotz jener glänzenden Branntweinpaläste an jeder Straßenecke, trotz der Gottlosigkeit der Reichen, trotz der Unwissenheit der Armen. Fahren Sie fort; fahren Sie fort; fahren Sie fort; in Gottes Namen fahren Sie fort, denn wenn die Predigt des Evangeliums die Menschen nicht errettet, so wird nichts sie erretten. Wenn des Herrn eigner Weg der Barmherzigkeit ein verfehlter ist, dann behängt den Himmel mit Trauergewändern und löscht die Sonne aus in ewige Mitternacht, denn nichts bleibt unserem Geschlechte übrig als die Schwärze der Finsternis. Errettung durch das Opfer Jesu ist Gottes Ultimatum. Freuen wir uns, dass es nicht fehlschlagen kann. Lassen Sie uns glauben ohne Vorbehalt und dann geradeaus weiter gehen mit der Predigt des Wortes. Rechte Straßenprediger werden sicherlich mit ihrem Predigen sehr viel ernstes Privatgespräch verbinden. Wie viele sind in diesem Tabernakel bekehrt worden durch Gespräche mit gewissen Brüdern hier, die ich nicht näher bezeichnen will! Sie sind überall in diesem Hause, während ich predige! Ich erinnere mich, dass ein Bruder an einem Montagabend mit mir sprach und plötzlich verschwand, noch ehe er die Worte geendigt, die er mir zuflüsterte. Ich erfuhr nie völlig, was er hatte sagen wollen; aber bald darauf sah ich ihn dort in der Galerie zur Linken neben einer mir unbekannten Dame sitzen. Nach dem Gottesdienst fragte ich ihn: „Wohin gingen Sie?“ und er sagte: „Ein Sonnenstrahl kam grade durchs Fenster hinein und ließ mich ein Gesicht erblicken, das so traurig aussah, dass ich hinauf eilte und mich dicht neben dies Weib mit dem betrübten Antlitz setzte.“ „Trösteten Sie dasselbe?“ „O ja! sie nahm den Herrn Jesus sehr bald an; und gerade als sie es tat, bemerkte ich ein anderes begierigeres Gesicht, und ich bat sie, zu warten bis nach dem Ende des Gottesdienstes und ging zu dem andern einem jungen Mann.“ Er hatte mit diesen beiden gebetet und war nicht zufrieden gewesen, bis sie ihr Herz dem Herrn gegeben hatten. Das ist die Weise, auf der Lauer zu stehen. Wir brauchen eine Schar Scharfschützen, die ihre Leute, einen nach dem andern, aufs Korn nehmen. Wenn wir große Kanonen von der Kanzel feuern, werden manche getötet, aber viele verfehlt. Wir brauchen liebevolle Seelen, die umhergehen und mit den Einzelnen verkehren durch treffende, persönliche Warnungen und Ermutigungen. Jeder Straßenprediger sollte sich nicht nur an die Hunderte wenden, sondern auch bereit sein, die Einzelnen vorzunehmen und sollte andere bei sich haben, welche dieselbe treffliche Kunst verstehen. Wie viel mehr Gutes würde aus dem Straßenpredigen entspringen, wenn jeder Prediger von Leuten begleitet wäre, die seine Nägel für ihn einschlügen durch Gespräche mit den Einzelnen!

Am letzten Sonntagabend erzählte mein Bruder uns eine kleine Geschichte, welche ich nie vergessen werde. Er war eines Abends im Hospital zu Croydon, da er einer von denen ist, die regelmäßig dort Besuche zu machen haben. Alle Träger waren heimgegangen und es war Zeit, das Haus für die Nacht zu schließen. Er war mit Ausnahme des Arztes der einzige noch Anwesende, als ein Knabe angelaufen kam und sagte, es hätte ein Eisenbahnunfall stattgefunden und jemand müsste mit einer Bahre nach der Station kommen. Der Doktor sagte zu meinem Bruder: „Wollen Sie das eine Ende der Bahre nehmen, wenn ich das andere nehme?“ „O ja!“ war die freudige Antwort, und so gingen der Doktor und der Pastor mit der Bahre fort. Sie brachten einen Verwundeten zurück. Mein Bruder sagte: „Ich ging oft nach dem Hospital in den nächsten paar Wochen, weil ich so viel Teilnahme fühlte für den Mann, den ich hatte tragen helfen.“ Ich glaube, er wird immer Interesse für ihn behalten, weil er einmal sein Gewicht gefühlt hat. Wenn Sie einen Mann auf Ihrem Herzen tragen und seine Last fühlen, so wird sein Name in Ihre Seele eingegraben sein. So fühlen die, welche einzeln mit den Leuten sprechen, das Gewicht von Seelen; und ich glaube, dies ist es, wovon manche Pastoren mehr wissen sollten, dann würden sie besser predigen.

Wo Predigen und Gespräch mit Einzelnen nicht dienlich ist, da haben Sie einen Traktat bereit; dies ist oft eine sehr wirksame Methode. Einige Traktate würden keinen Maikäfer bekehren, es ist nicht genug in ihnen, um eine Fliege zu interessieren. Verschaffen Sie sich gute, schlagende Traktate oder gar keine. Aber ein ergreifender, rührender, evangelischer Traktat mag oft der Same des ewigen Lebens sein; gehen Sie deshalb nicht ohne Traktate aus.

Ich nehme an, dass Sie neben dem Weggeben eines Traktats auch noch versuchen, ausfindig zu machen, wo jemand wohnt, der Sie oft hört, damit Sie ihn besuchen können. Was für eine schöne Sache ist ein Besuch von einem Straßenprediger! „Denke Dir,“ sagt die Frau, „da kommt dieser Mann, Dich zu besuchen, Bill, der Herr, der an der Straßenecke predigt. Soll ich ihn hereinführen?“ „O ja,“ ist die Antwort, „ich habe ihn oftmals gehört, er ist ein guter Kerl.“ Besuchen Sie, so viel Sie können, denn es wird für Sie, wie für die Leute von Nutzen sein.

Welche Macht liegt auch in einem Briefe an einen Einzelnen! Einige Leute haben immer noch eine Art abergläubischer Ehrfurcht vor einem Brief, und wenn sie ein ernstes Schreiben von einem von Ihnen bekommen, werden sie es sehr hoch halten; und wer weiß? - ein Brief mag den Mann treffen, den die Predigt verfehlte. Junge Leute, die nicht im Stande sind zu predigen, könnten viel Gutes wirken, wenn sie an ihre jungen Freunde Briefe über ihre Seelen schrieben; sie könnten sehr deutlich mit ihrer Feder sprechen, ob sie auch schüchtern wären beim Sprechen mit ihrer Zunge. Lassen Sie uns Menschen erretten durch alle Mittel unter dem Himmel; lassen Sie uns Menschen hindern, zur Hölle hinab zu gehen. Wir sind nicht halb so eifrig, wie wir sein sollten. Gedenken Sie nicht des jungen Mannes, der im Sterben zu seinem Bruder sagte: „Mein Bruder, wie konntest Du so gleichgültig gegen meine Seele sein, wie Du es gewesen bist?“ Er erwiderte: „Bruder, ich bin nicht gleichgültig gegen Deine Seele gewesen, denn ich habe häufig mit Dir darüber gesprochen.“ „O ja,“ sagte er, „Du sprachst; aber ich glaube doch, wenn Du daran gedacht hättest, dass ich hinunter zur Hölle ginge, würdest Du ernster gewesen sein, Du hättest über mich geweint und als Bruder hättest Du mir nicht gestattet, verloren zu gehen.“ Lassen Sie niemand dies von Ihnen sagen!

Aber ich höre die Bemerkung, dass die meisten Menschen, wenn sie eifrig werden, so wunderliche Dinge tun und so seltsame Dinge sagen. Lasst sie seltsame Dinge sagen und lasst sie seltsame Dinge tun, wenn diese aus echtem Eifer hervorgehen. Wir wollen nicht Luftsprünge und Gebärden, welche bloß die Nachäffung des Eifers sind; aber wirklicher weißglühender Eifer ist das, was unserer Zeit nottut, und wo man den sieht, da ist es schade, zu kritisch zu. sein. Man muss einen großen Sturm seinen eigenen Weg toben. lassen. Man muss ein lebendiges Herz sprechen lassen, wie es kann. Wenn jemand eifrig ist, aber nicht reden kann, so wird er sich seine eigene Methode erfinden, um seinen Zweck auszuführen. Wie Hannibal die Felsen durch Essig geschmolzen haben soll, so wird der Eifer auf die eine oder die andere Weise die felsigen Herzen der Menschen schmelzen. Möge der Geist auf Ihnen, auf jedem von Ihnen ruhen, um Jesu Christi willen! Amen.

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Hebr. 11. 7 Nach der engl. Übers.
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autoren/s/spurgeon/d/der_seelengewinner/spurgeon_-_seelengewinner_-_viii.txt · Zuletzt geändert: von aj
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