Spurgeon, Charles Haddon - Das Anrühren.
Gehalten am Sonntag, den 4. November 1877.
„Denn sie sprach: Wenn ich nur sein Kleid möchte anrühren, so würde ich gesund.“
Markus 5,28.
Das Wunder der Heilung dieses Weibes fand statt, als unser Heiland auf dem Wege zum Haus des Jairus war, um seine Tochter zu erwecken, und ich habe nicht viel Zweifel, dass es, obgleich an sich ein sehr merkwürdiges Wunder, doch nicht ganz allein stehen sollte, sondern eine Beziehung auf das Verfahren des Herrn mit dem Jairus hatte. Wenn ich die Erzählung richtig lese, so sollte der Glaube des Obersten von der Schule schwer geprüft werden. Er war zum Heiland gekommen und hatte gesagt, seine Tochter sei in den letzten Zügen und hatte ihn gebeten zu kommen und sie zu heilen; aber ehe er das Haus erreichte, kamen andere Boten und sprachen: „Deine Tochter ist gestorben, was bemühst du weiter den Meister?“ Nun, damit der Glaube des Jairus für diesen Schlag vorbereitet sei, hatte der Herr ihm den Anblick eines besonderen Wunders gewährt, das an diesem Weib gewirkt ward. Unser Herr hatte zu ihm gesprochen: „Fürchte dich nicht, glaube nur, so wird sie gesund,“ und wie der alte Bischof Hall sagt: „Um dies zu beweisen, rettete er ein Weib vom Rande des Grabes durch das Anrühren des Randes von seinem Kleid.“ Es ist eigentümlich, dass der Fall mit seiner kleinen Tochter, 12 Jahre alt, hier in die Region der Hoffnung hineingestellt wird, dadurch, dass unser Herr ein Weib heilt, das genau dieselbe Zeit unter einer schweren und unheilbaren Krankheit gelitten. Eine Frau, deren Leben ein lebendiger Tod gewesen, wird geheilt, damit Jairus glaube, seine tote Tochter könne zum Leben erweckt werden. Brüder, wir wissen nie, wenn Gott uns segnet, wie viel Segen er dadurch mittelbar anderen verleiht. Es mag sein, dass sogar unsere Bekehrung einen entfernten, aber sehr deutlichen Zusammenhang mit der Bekehrung Anderer hatte. Die Gnade lächelt den Einen an, aber ihr Zweck reicht weit über das Wohl des Einzelnen hinaus. Der Herr stärkt den Glauben eines Anderen oder wirkt vielleicht den Glauben in einer geängstigten Seele, wenn er unseren Glauben annimmt und ehrt und uns errettet. Wir sprechen von 2 Fliegen, mit Einer Klappe geschlagen; aber unser Herr weiß 2 Seelen, nein, 2000 Seelen, mit einer einzigen Berührung seiner Hand zu segnen.
Ich will euch indes nicht in dem Gedränge von Gedanken aufhalten, womit ich meine Rede über diese anziehende Erzählung einleiten könnte, denn ich sehne mich, euch der herrlichen Person des großen Heilers der Menschen nahe zu bringen. Unser Herr tat dies Wunder, während er auf dem Weg war, ein anderes zu vollbringen; gleich der Sonne leuchtet er, während er seinen Weg geht, und jeder Strahl ist voll Gnade. Nicht nur, was er mit voller Absicht tut, ist herrlich, sondern er ist so voll Macht und Gnade, dass selbst, was er gelegentlich unterwegs tut, wunderbar ist! Der Hauptzweck und Gang seines Lebens muss stets unsere ernstesten Gedanken beschäftigen; aber selbst die kleineren Episoden in dem Lied seines Lebens sind reich über jeden Ausdruck hinaus und es ist kein einzelner kleiner Punkt ohne Belehrung. Wir können den Gegenstand nicht erschöpfen, sondern müssen uns begnügen, manches Interessante wegzulassen und sogleich zum Stern der Geschichte zu kommen.
Zuerst fordere ich euch auf, auf dieses Weib zu blicken als eine Patientin, und dann zu beachten die großen Schwierigkeiten, mit denen ihr Glaube umgeben war; drittens wollen wir zu dem kommen, wovor alles schwindet, und sehen, wie alle Schwierigkeiten flohen wie Morgennebel, wenn sie an Christum dachte, und zuletzt wollen wir bei ihrem großen Erfolg weilen. Es mag sein, dass der Herr uns hilft, größeren Segen zu erhalten, indem er uns in Stand setzt, ihrem Beispiel zu folgen. Komm, Heiliger Geist, und helfe unserem Glauben, dass er uns in immer engere Verbindung mit unserem göttlichen Herrn bringe.
I.
Zuerst denn, blickt auf die Patientin. Sie war ein Weib, das an einer sehr schweren Krankheit litt, die ihre Lebenskraft verzehrt hatte. Ihre Gesundheit war untergraben und ihr Dasein war beständiges Leiden und Schwachheit geworden; und doch, welchen Mut und Eifer entfaltete sie. Sie war bereit, durch Feuer und Wasser zu gehen, um Gesundheit zu erhalten. Sie muss einen wunderbaren Vorrat von Lebenskraft in sich gehabt haben, denn wo Andere auf dem Krankenbett gelegen und schon längst verzweifelt hätten, fuhr sie 12 Jahre lang fort, von dem einen oder anderen Arzt Heilung zu suchen. Nichts schreckte sie ab oder entmutigte sie; sie wollte es nicht aufgeben, so lange noch Odem in ihr war. Als sie zuletzt den wahren Arzt gefunden, bahnte sie sich ihren Weg durchs dichteste Gedränge, um ihn irgendwie anzurühren. Sie ersuchte Niemanden, für sie zu bitten, sondern mit unerschrockenem Mut, der es wert war, mit ihrer tiefen Demut verbunden zu sein, drängte sie sich durch den Haufen, um den heilenden Christus zu erreichen. Sie zeigte starke Willenskraft und unüberwindlichen Mut im Streben nach Genesung. O, dass die Menschen nur den zehnten Teil so eifrig für die Errettung ihrer Seelen wären.
Bemerkt auch ihren bestimmten Entschluss. Das Sterben sollte schwer sein, wenn sie wirklich sterben musste. Sie wollte sich nicht ins Unvermeidliche ergeben, bis sie jedes Mittel angewandt, das Leben zu erhalten und die Gesundheit wieder zu gewinnen. 12 Jahre scheint es, hatte sie ausgeharrt in verschiedenen Versuchen und trotz furchtbarer Schmerzen. Es wird gesagt, dass sie viel erlitten hatte von vielen Ärzten. Es ist schlimm genug, viel zu leiden von einem Arzt, aber sie hatte viel erlitten von vielen Kunstverständigen. Die Ärzte jener Zeiten waren ein gut Teil mehr zu fürchten als die schlimmsten Krankheiten. Wenn ich euch jetzt eine kurze Beschreibung von der Wundarzneikunst vorläse, wie sie in alten Zeiten geübt ward, so würdet ihr schaudern und mich bitten, das Buch zu schließen. Jeder Vernünftige könnte vorziehen, lieber an jeder natürlichen Krankheit zu leiden, als sich den Händen der Doktoren damaliger Zeit zu übergeben. Ihre Vorschriften waren schrecklich. Selbst die, nur ein paar hundert Jahr alten, die in Büchern wie „Culpeppers Herbarium“ gefunden werden, sind eine solche Masse und Unmasse von allen Arten Abscheulichkeiten, dass es gewiss besser wäre zu sterben, als sich solches schreckliches Gebräu einzwingen zu lassen. Und mit Schröpfen, Blutigeln, Schneiden, Brennen, Zugpflastern, Aderlassen, Binden, Punktieren und Haarseilen wurden den Patienten alle Arten unausdenkbarer Torturen auferlegt. Die Ärzte ihrer Tage wären wert gewesen, Vertraute der Inquisition zu sein, denn sie hatten es in der Kunst des Folterns zur Vollkommenheit gebracht. Doch erduldete das heldenmütige Weib jedes Verfahren, von dem man Heilkraft vermutete. Ich weiß nicht, wie viele Operationen sie erlitten hatte, und wie viele Kannen widerlicher Arznei sie verschluckt hatte, aber sie hatten ihr sicherlich sehr viel Leiden und bittere Täuschungen verursacht. Mittlerweile war ihr Geld freigebig ausbezahlt, bis ihr nichts übrig blieb, ihr Erleichterungen zu schaffen, da sie deren am meisten bedurfte. So lange ihr Geld vorhielt, kargte sie nie mit einem Pfennig desselben. Die Entschlossenheit des Weibes ist wohl der Beachtung wert. Sie hat sich vorgenommen, wenn unter dem Himmel Heilung zu haben ist, so will sie dieselbe haben, und so lange noch Leben in ihr ist, so soll es angewandt werden, dem Tode seinen nahen Raub zu entreißen. Ich bin froh, wenn ich solche Entschlossenheit in einer erweckten Seele sehe, aber wie selten wird sie gesehen. Ich bin glücklich, wenn ein Mensch, wie unwissend auch in dem Heilsweg, sich dennoch entschließt: „Ich will errettet werden, wenn Errettung erhalten werden kann. Was auch erlitten, was auch aufgegeben, was auch getan werden muss, wenn Errettung auf irgend welche Weise erlangt werden kann, so will ich sie haben. Die ganze Welt soll nicht als zu große Ausgabe gerechnet werden; Selbstverleugnung der härtesten Art soll mir eine Kleinigkeit sein, wenn ich nur selig werde.“ Gewiss, Brüder, die Errettung unserer unsterblichen Seele ist würdig alles ernsten Eifers, aller Ausdauer und Entschlossenheit, deren wir fähig sind. Wer kann ihren Wert berechnen? Womit sollen wir die Seele aufwiegen? Feines Gold der Raufleute ist gleich Schlacken, verglichen mit unserem unsterblichen Geist, der Diamant und kostbare Kristall können nicht im Vergleich damit genannt werden. „Haut für Haut; und alles, was ein Mann hat, lässt er für sein Leben;“ und wahrlich, das Lösegeld der Seele ist kostbar. Es ist ein hoffnungsvolles Zeichen, ein Merkmal der Gnade, wenn der Entschluss in Menschen gewirkt wird, dass, wenn sie errettet werden können, sie errettet werden wollen.
Ich bewundere auch die staunenswerte Kraft zum Hoffen in diesem Weib. Sie glaubt immer noch, dass sie geheilt werden kann. Sie hätte den Gedanken nach gewöhnlichen Vernunftsgründen schon lange aufgeben müssen; denn gewöhnlich fügen wir mehrere Gründe zusammen und ziehen daraus einen Schluss. Nun hätte sie die vielen Ärzte zusammentun können und ihre vielen missglückten Versuche, und daraus vernünftigerweise entnehmen können, dass ihr Fall hoffnungslos sei. Sie hätte sagen können: „Meine Krankheit ist unheilbar. Man muss um Geduld bitten, sie zu ertragen, bis ich sterbe, aber nicht länger von Genesung träumen.“ Aber nein, mit den funkelnden Augen, die sie ohne Zweifel hatte, sah sie Hoffnung, wo Andere verzagt hätten. Es war etwas in ihr, das sie aufrecht hielt, sie hatte noch Hoffnung besserer Tage, und als sie von Jesu hörte, da hüpfte ihr Herz in ihr. Ihre Hoffnung sagte: „Der Segen ist endlich gekommen. Ich habe lange darauf gewartet und nun hat Gott ihn mir gesandt. Hier ist er und ich will ihn sogleich ergreifen. Nun ist die Sonne der Gerechtigkeit mir aufgegangen mit Heilung unter ihren Flügeln und ich will mich in ihrem Licht baden. Nun bin ich denen entgangen, die nur vorgaben, zu heilen, und habe einen gefunden, der wirkliche Macht zu heilen hat.“ Ihr seht also die Patientin. Ein Weib, mutig, entschlossen und hoffnungsvoll. Solche Leute werden große Arbeiter, wenn sie bekehrt sind. Möge Gott geben, dass ich viele solche Männer und Frauen vor mir habe, und möge mein Meister heute Morgen durch seinen Geist kommen und sein heilendes Werk an ihnen tun.
II.
Aber jetzt, zweitens, bitte ich euch, mit mir zu betrachten die Schwierigkeiten bei dem Glauben des Weibes. Sie müssen gewogen werden, um ihre Stärke zu zeigen. Die Schwierigkeiten, die ihrem Glauben im Wege standen, müssen diese gewesen sein.
Zuerst, sie konnte kaum vergessen, dass die Krankheit an sich unheilbar war und dass sie lange daran gelitten. Rechtzeitig behandelt, können viele Krankheiten sehr gemildert, wenn nicht ganz gehoben werden; aber es war nun spät am Tag mit der armen Leidenden. Zwölf Jahre, es ist ein langer, langer Teil des menschlichen Lebens, in dem beständig das Mark des Lebens ausgesogen ward. Zu siechen und zu bluten zwölf Jahre lang, das ist genug, um hoffnungslos zu machen. Kann eine Kur möglich sein? Kann die Krankheit, die zwölf Jahre lang sich in dem Körper eingewurzelt hat, ausgetrieben werden? Kann die Unheilbare geheilt werden? Ihr Herz fragte ganz natürlich, wie kann das sein? Wundert ihr euch, dass es, nachdem sie so lange durch ihr Leiden geschwächt war und immer sicher durch seine lange Dauer geworden, ihr wie eine Unmöglichkeit vorkam, dass sie geheilt werden könnte? Doch beobachtet ihr Betragen und bewundert es: sie wankte nicht, sondern glaubte an Jesum.
Und dann wiederum, sie hatte oft Täuschungen erfahren; und alle diese müssen ihr furchtbare Zweifelsgründe eingegeben haben. „Ja,“ hätte sie sagen können, „ich erinnere den ersten Arzt, zu dem ich ging, wie er mir sagte, dass es nur etwas Unbedeutendes sei und wenn ich eine von den großen Flaschen seines Ägyptischen Elixiers kaufen wollte, das er mit großen Kosten von den Gräbern Pharaos eingeführt hätte, so würde ich bald besser werden. Ach, er erleichterte nur das Gewicht meines Goldes. Dann versicherte mir ein anderer berühmter Professor, seine Pillen würden es tun, wenn ich sie einige 300 Male nehmen wollte und sie ja nur von ihm selber kaufte, da er allein das Geheimnis besäße und Niemand anders den echten Artikel bereiten könne. Er hatte keinen Zweifel, dass ich mich sehr viel wohler fühlen würde nach der 300. Schachtel voll; aber ach, nach langem Warten war ich nicht besser.“ Sie erinnerte sich, wie sie unter jeden neuen Behandlung, jede kleine Veränderung als ein gutes Zeichen auslegte, aber sich bald rau aus ihren Träumen aufgeschüttelt fand durch eine Verschlimmerung des Übels. Ihrer Abenteuer waren viele, aber alle gleich traurig in ihrem Ende. Sie erinnerte sich, wie der alte ernste Arzt, zu dem sie vor einigen Jahren gegangen, sein gelehrtes Haupt schüttelte und sie versicherte, ihm sei kaum je ein so schrecklicher Fall vorgekommen; es sei ein großes Glück für sie, dass sie zu ihm gegangen, denn es wäre kein anderer Mann in Palästina, der die Krankheit verstünde. Er glaubte, dass er gewiss das Übel hemmen könnte durch den täglichen Gebrauch seines Balsams von Gilead, aus dem besten Gummi der Zedern und den reichsten Säften wohlriechender Kräuter bereitet und in einer außergewöhnlichen Weise gemischt, nach den Anweisungen der Alten und den Beobachtungen jahrelanger Praxis. Es wäre wirklich ein Glück, dass er noch ein wenig von diesem unvergleichlichen Balsam übrig hätte, den sie zu sehr mäßigem Preis haben könnte, wenn man die Ausgaben erwöge, die er davon hätte. Sie hatte ihn genommen, aber er hatte ihr neuen Schmerz verursacht und eine frische Krankheit zu Wege gebracht. Sie hatte schwer bezahlt, um zwei Krankheiten statt Einer zu erdulden. Sie hatte einen anderen Doktor genommen und diesmal einen griechischen Arzt, der alle seine Vorgänger von Herzen als Narren verurteilt und eine so tiefe Ansicht von der Sache hatte, dass die arme Frau ihn gar nicht verstehen konnte, aber darum nicht weniger an ihn glaubte, denn sie schrieb das ihrer eigenen Unwissenheit und seiner tiefen Gelehrsamkeit zu. Seine Mittel schlugen indes fehl und sie versuchte es mit einem römischen Doktor, einem barschen, derben, praktischen Mann, der kein Griechisch sprach, aber sehr geschickt war in der rauen, raschen Behandlung verwundeter Soldaten. Nachdem er eine beträchtliche Zeit lang Arzneien versucht, teilte er ihr mit, dass ihr Fall sich sehr für eine berühmte Operation eigene, die er selber zuerst ausgeführt eine sehr schöne Operation in der Tat. Er hätte sie bei vielen Dutzenden angewandt und obgleich Niemand genesen sei, glaubte er doch, seine Behandlungsweise sei die Beste, welche man kenne. Sie hatte diese heroische Operation abgelehnt, aber sie hatte eine andere erduldet und noch eine, bis sie sich nur noch mit Schmerz bewegen konnte, mit den Narben in ihrem Fleisch von den Wunden, die sie im Haus ärztlicher Freunde empfangen. Wenn wir die lange Geschichte betrachten, von der ich eben versucht, einen rohen Entwurf zu geben, so würde es nicht befremdend gewesen sein, hätte sie gesagt: „Ich kann Niemandem mehr trauen. Nun gebe ich es auf. Ich wollte lieber sterben, als länger gequält werden. Besser, die Natur allein wirken zu lassen, als mich in die Hände von noch anderen dieser unfehlbaren Betrüger zu geben.“ Doch, sie war nicht entmutigt: ihr Glaube stieg höher als ihre bittere Erfahrung, und sie glaubte an den Herrn. Es ist leichter für mich, euch dies zu erzählen, als es für Einen von uns ist, wirklich zu empfinden, welche Schwierigkeiten ihr entgegen standen. Wenn auch ihr versucht habt, durch gute Werke, Zeremonien, Gebete und Tränen, Errettung zu erlangen und an allen Punkten geschlagen seid, so ist es nicht außergewöhnlich, dass ihr schwer daran glaubt, ihr könntet je errettet werden. Möge euer Glaube auch, gleich dem ihren, über den schäumenden Wogen der Enttäuschung schwimmen und mögt ihr auf einen allmächtigen Heiland hoffen.
Es war auch eine andere Schwierigkeit ihr im Weg und die war das lebhafte Gefühl ihrer eigenen Unwürdigkeit. Wenn sie an Jesum dachte, so sah sie ihn als Einen, der heilig war, ebensowohl als mächtig: sie ehrte ihn so sehr, als sie ihm vertraute. Ich bin gewiss, sie tat es, denn obgleich sie Mut genug fasste, ihn anzurühren, so veranlasste ihre Bescheidenheit sie doch, hinter ihn zu gehen, als unwürdig, gesehen zu werden. Sie war augenscheinlich bange, ihm ins Gesicht zu sehen, aus Furcht, er möge ihre Unwürdigkeit kennen, wie sie dieselbe kannte und sie fortjagen und ihr Nahekommen verbieten. Sie war nach dem Zeremonialgesetz ein unreines Weib und die Scham hielt sie ab, eine Bitte in Worten oder ein offenes Ansuchen zu wagen. Sie hatte großes Vertrauen auf seine Macht und Barmherzigkeit, aber sie hatte ebenso große Ehrfurcht vor seiner Reinheit, und fürchtete deshalb, er würde zornig sein, wenn sie ihn anrührte. Dies muss ihr sehr hinderlich gewesen sein. „Wie soll ich es wagen, ihm zu nahen? Den anderen Ärzten konnte ich nahen, denn ich wusste, sie waren mir sehr gleich, aber von ihm finde ich, dass er Prophet, mächtig in Wort und Tat ist - ein Mann Gottes und etwas mehr. Wie soll ich wagen, ihm zu nahen?“ Der Gedanke, dass sie von hinten kommen wollte, zeigt, dass sie des Herrn Gottheit nicht kannte oder seine Allwissenheit vergaß, aber es beweist doch, dass sie unter einem Gefühl ihrer Unwürdigkeit seufzte und doch glaubte sie. Ah, liebe Hörer, wenn ihr von einem Bewusstsein eurer Sünde und Torheit niedergebeugt seid, möge der Heilige Geist euch leiten, dass ihr dennoch glaubt, Jesus Christus könne euch gesund machen.
Ich weiß nicht, ob ihr die andere Schwierigkeit einfiel, aber mir wäre sie gekommen, nämlich, dass sie jetzt kein Geld hatte. Sie hatte all' ihr Vermögen aufgewendet, wird uns gesagt - all' ihre Nahrung. Die Ärzte, die sie früher um Rat gefragt, waren alle groß in ihren Forderungen gewesen; sie konnten ihren Reichtum mindern, wenn sie ihre Gesundheit nicht herstellen konnten. Sie war sorgfältig zu ihnen gekommen mit Versprechungen von großer Belohnung, und hatte versichert, dass alles, was sie könnten, gern gegeben werden würde, wenn sie nur geheilt würde: aber jetzt kann sie nichts anbieten. Ihre Krankheit bleibt, aber ihr Gut ist verloren. Sie ist in Armut gesunken in ihrem Streben nach Gesundheit: wie soll sie vor den großen Arzt treten, von dem sie so viel gehört? Mich würde es nicht wundern, wenn der Gedanke an seine Großherzigkeit und die vielen Heilungen, die er umsonst vollbracht, ihr über diese Schwierigkeit hinweghalfen, aber es fällt noch Vielen ein, zu träumen, dass sie die Seligkeit erkaufen könnten und bis auf diesen Tag haben Viele es nötig, daran erinnert zu werden, dass Jesus seine Gnade denen gibt, die kein Geld haben oder irgend einen anderen Preis, ihn zu bezahlen. Seine Bedingungen sind „ohne Geld und umsonst,“ aber viele erweckte Gewissen vergessen dies.
Vielleicht war die größte Schwierigkeit die Höhe ihrer Krankheit zu der Zeit. Wir lesen, dass es ihr nichts half, sondern vielmehr ärger ward mit ihr. Sie war schlimm genug vorher gewesen, aber sie hatten die Krankheit vermehrt mit ihren starken, scharfen Arzneien und scharfen Schnitten und starken Pflastern. Sie hatten sie schlimmer gemacht, als die Natur allein es getan haben würde. Die Krankheit war in ein fürchterliches Stadium getreten und war anerkanntermaßen über menschliche Hilfe hinaus. Sie war so schlimm, als nur möglich, wenn man überhaupt noch umher kriechen kann. Gewöhnlich drückt solche Krankheit den Geist nieder, entnervt das Gemüt, und lässt den Leidenden einen Mangel an Energie fühlen, so dass wir fühlen, so dass wir, so entschlossenen Charakters sie auch war, uns doch nicht gewundert, wenn sie gesagt hätte: „Nein, ich kann nicht mehr tun, ich muss nachgeben; es ist nichts mehr übrig, als mich hinzulegen und zu sterben, denn ich bin in solchem Zustand, dass alle Versuche, Gesundheit wieder zu erlangen, fruchtlos sind.“ Was für ein großartiger Glaube war es, der sie über ihre Schwäche sich erheben ließ, ihre Niedergedrücktheit überwinden, die Schläfrigkeit, die sie beschlich, bei Seite werfen und glauben, dass Alles jetzt geändert sei, denn sie hatte nicht länger mit einem Betrüger zu tun, der sie täuschte, sondern mit Einem, von Gott gesandt und mit unendlicher Macht bekleidet, der sie, selbst sie, heilen konnte.
III.
So kommen wir nun zu unserem dritten Punkt, welcher der Punkt ist, wo alle Schwierigkeiten schwanden. Wir lesen zuerst von ihr, dass sie von Jesu hörte. Es ist Markus, der uns erzählt: „Da sie von Jesu hörte.“ „Der Glaube kommt durchs Hören.“ Was hatte sie von ihm gehört? Es ist nicht mehr als wahrscheinlich, das sie von dem Auftritt gehört, der uns beim Lukas geschildert wird, 6,19: „Und alles Volk begehrte ihn anzurühren, denn es ging Kraft von ihm und heilte sie alle.“ An einem besonderen Tag folgte eine große Menge unserem Herrn und drängte sich um ihn, ihn anzurühren, denn wer ihn anrührte, ward geheilt, von welcher Krankheit es auch sei. Was für ein wunderbarer Auftritt muss es gewesen sein, als die Menschen so begeistert waren, dass sie sich um den großen Arzt drängten, um gesegnet zu werden! Nicht, dass unser Herr an einem Tag fähiger zu retten war, als an einem anderen, aber doch waren gewisse Tage, an denen die Kraft mächtiger von ihm auszuströmen schien, als an anderen Tagen, immer, denke ich, im Verhältnis zu dem Glauben des Volkes, das ihn umgab. Bei dieser Gelegenheit, da eine große Menge ihm folgte, die an seine heilende Macht glaubte, sahen sie solche Wunder bewirkt, dass sich Alles um ihn drängte, und Alle, die ihn anrührten, wurden geheilt. Einige meinen, dass selbst die Gesunden ihn anrührten und größere Kraft dadurch erlangten. Es sollte mich nicht wundern; wenigstens ist es so im Geistlichen. Das Weib hatte von all diesen wunderbaren Heilungen gehört, und sprach zu sich selbst: „Dann will ich ihn anrühren und geheilt werden; denn wenn diese Berichte wahr sind, dann werde auch ich gesund werden, wenn ich ihn nur anrühre.“ Es scheint, dass sie glaubte, Christus sei mit wunderbarer Kraft geladen, etwa wie eine Flasche in einer elektrischen Batterie mit Elektrizität, die ihre Kraft überall hin ausströmt. Sie war keine Frau von sehr großem Verstand, ihre Haupteigenschaft war Energie. Sie war sehr im Irrtum über unseren Herrn und seine Kleider, aber dies berührte nicht den Kernpunkt; sie dachte so von ihm, dass sie seine Macht ehrte, und das genügte. Sie glaubte wahrhaft an ihn; und wenn ihr an Christum glaubt, ob ihr auch über 1000 andere Dinge im Dunklen seid, so wird euer Glaube euch doch retten. Wenn ihr nur wirklich an Jesum glaubt, so werden alle eure Irrtümer über ihn nicht wirklich seine Macht, euch zu segnen, zerstören, oder sein Herz euch abwenden, oder den Wert eures Glaubens zerstören. „Wenn ich nur seine Kleider anrühre,“ sagte sie, „er ist so voll Macht, dass er mich heilen wird.“
Der Punkt, der beachtet werden muss, ist sehr deutlich dieser. Das arme Weib glaubte, dass die geringste Berührung mit Christo sie heilen könnte. Beachtet die Worte meines Textes. Wenn ich nur sein Kleid anrühren könnte,“ - nein, der Punkt liegt nicht in dem Anrühren, er liegt in dem, was angerührt ward: „Wenn ich nur sein Kleid anrühren könnte;“ wenn ich nicht nahe genug kommen kann, seinen Körper anzurühren, wenn ich nur sein Kleid möchte anrühren. Die Kraft, die ihm innewohnt, ist so groß, dass sie selbst in seine Gewänder überfließt; und so lange er sie trägt, sind sie voll der Kraft, welche ich nötig habe; sie reicht selbst bis zu den blauen „Läpplein“ oder „Fransen,“ die er als Hebräer am Saum seines Gewandes trägt. „Ich bin gewiss, wenn ich nur diese Franse anrühre, falls ich nicht mehr tun kann, so wird eine Verbindung zwischen mir und ihm sein und ich werde geheilt werden.“ Herrlicher Glaube! Es war nicht mehr, als Christus verdiente, aber doch war es merkwürdig. Es war eine Art von Glauben, den ich in reichem Maß zu besitzen wünsche. Die geringste Berührung mit Christo heilte den Körper und wird die Seele heilen; ja, die schwächste Verbindung mit ihm. Werdet nur mit Christo vereint und das gesegnete Werk ist getan. Stellt die Verbindung her und die Kraft kommt zu euch. „Wenn ich nur sein Kleid möchte anrühren, so würde ich gesund.“
Beachtet ferner sorgfältig, dass das Weib nicht an sich selber dabei zu denken schien. Ihr könnt nicht den Nachdruck auf das Fürwort legen: „Wenn ich nur sein Kleid möchte anrühren, so würde ich gesund;“ es würde nicht in Übereinstimmung mit dem Text sein. Nein, es ist: „Wenn ich nur sein Kleid möchte anrühren.“ Es ist einerlei, wer ich bin, was meine Unreinigkeit ist, wie mein Charakter ist, wie mein Seelenzustand ist, wenn ich nur sein Kleid anrühre, so ist die Verbindung da und ich werde geheilt. Jeder, der durch die Berührung des Glaubens in Verbindung mit Jesus kommt, wird an seiner heilenden Kraft teilnehmen. Sie wusste dies, und schloss ihre Augen für alle weiteren Erwägungen. Sie legt keinen besonderen Wert auf irgend eine Art des Anrührens; nein, „wenn ich nur sein Kleid anrühre,“ nicht ihn umarme, oder ergreife, oder halte, oder mit ihm ringe - nein, sie glaubt, jede Art der Anrührung wird ihrem Zweck entsprechen. Nun, es ist immer ein gutes Ding, wenn Gott einen Menschen gelehrt hat, sich selbst zu vergessen, und selbst seinen Glauben zu vergessen und nur an den Herrn Jesum zu denken, welcher der Gegenstand unseres Vertrauens ist. Ich bewundere das einfältige Auge dieses Weibes; sie sieht nichts als Jesum. Die liebe Seele fühlte, dass alle Heilkraft in ihm war, und nicht in ihr oder ihrem Anrühren. Sie wusste, seine Macht könnte jede Schwierigkeit überwinden, wer sie selber auch sei, und der Erfolg hinge nicht von der Art ihres Anrührens, noch von der Länge der Zeit, die dies Anrühren währte, ab, sondern von ihm allein. Er war es, von dem die Kraft kommen sollte, und kommen würde sie, wie schwach auch die Berührung. Dieser Glaube ist wert, dass man danach strebt. Alles Andere zu vergessen und nur den Herrn Jesum zu betrachten und seine Macht zu preisen: dies ist Weisheit. Hier bin ich, ein armer, verlorener Sünder, aber wenn ich nur zu Jesu gelangen kann, so werde ich begnadigt und errettet. Hier bin ich, beunruhigt durch heftige Leidenschaften, krank an dieser und jener Sünde, aber wenn ich ihn nur anrühren kann, er ist so voll heilender Kraft, dass in dem Augenblick, wo ich ihn berühre, obgleich ich nur Eine Masse geistlicher Krankheit bin, doch seine Kraft mit meiner Krankheit kämpfen und sie überwinden wird für immer. Seht dieses Weib. Heftet wiederum euer Auge auf sie, bis ihr gleich ihr werdet. Alle ihre Gedanken sind auf den Herrn Jesum gerichtet. Sie hat sich selbst vergessen, vergessen die überhandnehmende Wut ihrer Krankheit, vergessen ihre Stellung hinter ihm, und selbst ihr eigenes Anrühren stellt sie nicht voran. Alles, was sie erwartet, muss von ihm kommen. Sie weiß, dass, mit ihm in Berührung, sie den Segen erhalten wird, aber getrennt von ihm wird sie in ihrem Elend bleiben. „Wenn ich nur sein Kleid möchte anrühren,“ nicht weil sein Kleid an sich mächtig ist, sondern weil es sein Kleid ist, das Gewand, welches er trägt und das deshalb eine Vermittlung der Gemeinschaft mit ihm ist. Dies ist der Punkt, wo ihre Schwierigkeiten schwinden, sie ist dahin gekommen, an Jesus zu denken und an die Gewissheit der Heilung durch Berührung mit ihm. Wenn ihr, suchende Sünder, nur mehr an Christum denken wolltet, so würde alles gut sein. Ihr, die ihr nicht glauben könnt, wenn ihr euer immerwährendes Denken an euren Glauben und selbst an eure Sünden aufgeben wolltet, und beginnen, an ihn zu denken, den Sohn Gottes, erhöht, ein Priester und ein Heiland zu sein, den Christus, dessen vollendetes Werk für alle Sünder ist, den Christus der Auferstehung, Jesus den immer Lebenden, Jesus, in dem alle Macht wohnt, mich dünkt, ihr würdet bald ewiges Heil erlangen. Wenn euer ganzes Herz sich auf ihn richtet und nicht mehr auf euch selbst, so werdet ihr in den Frieden eingehen und Ruhe für eure Seele genießen.
IV.
Viertens, lasst uns sprechen von ihrem großen Erfolg. Lasst mich euch wieder daran erinnern, wie sie ihr Ziel erreichte. Sie rührte den Herrn absichtlich und freiwillig an. Bei der Absichtlichkeit muss ich einen Augenblick verweilen. Sie drängte sich in den Haufen, sie ward umher geschoben, wie ich nicht zweifle, und war in ihrem schwachen Zustand nahe daran, ohnmächtig zu werden oder gar zu sterben. In der Mitte dieser rauen Männer, die sich um Jesum drängten, fand sie keine Teilnahme. Aber sie ist verzweifelt entschlossen, und koste es, was es wolle, sie will sein Kleid anrühren. Sie drängt sich von hinten herzu, denn sie kümmert sich nicht darum, wo sie ihn anrührt, aber anrühren muss sie ihn. In dem Gedränge verwickeln die Gewänder Christi sich, und in einer kleinen Entfernung von ihm bemerkt sie ein Stückchen von der blauen Franse, die hinten herab hängt. Nun ist ihre Zeit da, sie braucht nur das anzurühren - so stark ist ihr Glaube, dass selbst der Saum seines Gewandes ihr genügt, denn er wird eine Verbindung zwischen ihr und dem Heiland herstellen, und das ist alles, was sie braucht. Ihr Finger ist ausgestreckt und die Tat ist getan. Doch bemerkt, dass sie nicht geheilt ward durch eine Berührung des Herrn oder seines Kleides gegen ihren Willen: sie ward nicht zufällig gegen ihn gedrängt, sondern das Anrühren war eine Tat, nicht nur ein Erleiden. „Du siehst,“ sprach einer der Apostel, „dass dich das Volk drängt.“ Es war nichts besonders Wirksames in solchem unvermeidlichen und unfreiwilligen Anrühren. Ihr Anrühren war ihre eigene bestimmte, absichtliche, freiwillige Tat und in der Überzeugung getan, dass sie ihr Heilung bringen würde. Das ist der Glaube, welcher Errettung bringt. Es ist nicht jede Berührung mit Christo, welche die Menschen errettet; es ist das Sich-Aufmachen, ihm zu nahen, das entschlossene, persönliche, vorsätzliche, gläubige Anrühren Jesu Christi, welches errettet. Wir müssen für uns selbst glauben. Der Geist hilft uns. Der Geist hilft uns, aber wir selber glauben. Einige von euch sitzen still und hoffen, der Herr werde sie heimsuchen und warten an dem Teich, bis ein Engel kommt und das Wasser bewegt, und all' dergleichen; aber das ist nicht dem Gebot des Evangeliums gemäß. Das Evangelium kommt nicht zu euch und sagt: „Wer da wartet auf Eindrücke, der wird selig werden,“ sondern es sagt: „Glaube an den Herrn Jesum Christum, denn wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden.“ Vollziehe den persönlichen, freiwilligen, absichtlichen Akt des Glaubens und du wirst selig werden. O, ich wollte zu Gott, dass ein Sünder hier, tief seiner Schuld sich bewusst, erweckt werden möge, dies heute Morgen zu tun. Wie gering eure Kenntnis, glaubt an Jesum, so weit ihr ihn kennt. Obgleich ihr nur mit dem Teil von Christo in Berührung kommen könnt, den ihr aus der Schrift gelernt habt, so ist das Wenige doch ein Teil von ihm selber und ihr berührt ihn dann. Ihr mögt nicht bekannt sein mit den tiefen Dingen Gottes, noch mit den hohen Lehren, die unseren anbetungswürdigen Herrn verherrlichen, aber was ihr wisst, genügt für euren Glauben. Wenn du sagst: „ich will dem Lamm Gottes trauen,“ und das wirklich tust, dann bist du in Berührung mit ihm gekommen und bist errettet. Ja, wenn es auch nur ein gläubiges Gebet, ein gläubiger Seufzer, eine gläubige Träne wäre, so hast du ihn erreicht und du bist gesund geworden; aber das Anrühren des Glaubens muss deine eigene Tat und Handlung sein. Niemand wird im Schlaf errettet, Niemand kann beanspruchen, in eine lebendige Seele verwandelt zu sein, bis er es durch eine lebendige Tat des Vertrauens beweisen kann. Dieser aneignende Glaube muss da sein, und diesen hatte das Weib.
Und nun seht ihren großen Erfolg; sie hatte nicht sobald angerührt als sie geheilt war; in einem Augenblick, schnell wie Elektrizität, geschah das Anrühren, die Verbindung war gemacht, der Brunn ihres Blutes war vertrocknet und Gesundheit strahlte in ihrem Gesicht augenblicklich. Augenblickliche Errettung! Ich hörte neulich Jemand sagen, er hätte von augenblicklicher Bekehrung gehört, und wisse nicht, was daraus zu machen. Nun, das ist ein wunderliches Ding, denn solche Fälle sind häufig genug unter uns. In jedem Fall muss das geistliche Lebendigmachen ein augenblickliches sein. Wie lang der Vorbereitungsprozess sein mag, es muss eine Zeit da sein, in welcher die tote Seele zu leben beginnt. Es muss eine Zeit da sein, in welcher das Kind nicht geboren ist, und ein Augenblick, in welchem es geboren ist. Wir sind entweder begnadigt oder verdammt: Es muss ein Augenblick da sein, in welchem der Mensch nicht begnadigt ist und ein anderer, in welchem er es ist, und dass muss ein unberechenbarer Zeitraum sein. Ich gebe zu, dass viel Arbeit des Gewissens usw., vorhergehen mag und sich verschmelzen mit dem wirklichen Empfangen des Lebens, so dass es wie ein allmähliges Werk erscheint; aber die wirkliche Geburt, die göttliche Lebendigmachung, wodurch der Mensch in Christo zu leben beginnt, muss notwendig in jedem Fall eine augenblickliche sein. Ein Mensch wird allmählig zu einem tiefen Gefühl der Sünde, zu einem Aufgeben seines Selbst usw. gebracht; aber es gibt keinen Zeitraum, in dem ein Mensch zwischen Tod und Leben liegt; er lebt entweder vor Gott oder er ist tot in Sünden: wenn er tot ist, so ist er tot, und wenn er lebendig ist, so ist er lebendig, aber es gibt keinen Zustand zwischen beiden. Ein Mensch ist entweder wiedergeboren oder unwiedergeboren: es gibt kein Grenzland oder neutrales Gebiet zwischen beiden Ständen. Dieses Weib ward in einen Augenblick geheilt, und Gott kann euch, meine lieben Hörer, in einem Augenblick retten. Möge er das jetzt tun! Wenn ihr jetzt glaubt, so ist es getan.
Es mag Fälle geben, wo ein Segen einem Menschen zu Teil wird und er es kaum wahrnimmt, aber dieses Weib wusste, dass sie errettet war; sie fühlte es an sich selbst, dass sie von ihrer Plage geheilt war. Ich sage nicht, dass ich ihre zwölf Jahre Leidens hätte erdulden mögen um der Freude dieses Augenblickes willen, aber ich bin gewiss, sie war ganz zufrieden, es getan zu haben. Die Freude der ersten Stunde, in welcher du weißt, dass du errettet bist! Sie ist fast zu groß, sie zu tragen. Es ist gut, dass sie nicht in all' ihrer Heftigkeit und ihrem Entzücken andauert. Jener Strahl des Lichts, heller denn die Sonne! Jenes Aufsprudeln, jene Flut, jener Strom unaussprechlicher Seligkeit, der alles mit sich fortreißt; wenn wir zuletzt sagen können: „Meine Sünden sind mir abgenommen ich bin errettet und fühle es in meinem Inneren!“ die Freude, sage ich, ist über alle Beschreibung. Gelobt sei Gott, wenn wir diese Freude gekannt haben: Gelobt sei Gott, sage ich und möchte den Dank tausendmal wiederholen. O, rühre den Heiland an, armer Sünder. Der Herr befreie dich von allem Eigenen und bringe dich dahin, dass du alles von Jesu erwartest und du wirst in deinem Inneren fühlen, dass du von deiner Plage gesund geworden bist.
Sie hatte danach die Versicherung von Christo selber, dass es so sei, aber sie erhielt nicht diese Zusicherung, bis sie ein offenes Bekenntnis abgelegt hatte. Sie fühlte, dass sie gesund geworden, aber es war noch mehr Trost für sie aufbehalten. Der Herr Jesus Christus will, dass die, welche ihm folgen, vortreten und sich nicht länger in dem Haufen verbergen. Die, welche glauben, sollen auf das Bekenntnis ihres Glaubens getauft werden. Wer im Herzen glaubt, sollte ihn mit dem Munde bekennen. Deshalb wandte Christus sich um und sprach: „Wer hat meine Kleider angerührt?“ Beim Hören dieser Frage ward die eben entflammte Freude gedämpft von der Furcht, zu verlieren, was sie gestohlen hatte. Ihr Mut sank unter Null herab. Da sagten die allzu diensteifrigen Jünger: Du siehst, dass dich das Volk drängt und sprichst, wer hat mich angerührt?“ Aber Jesus sprach, da er sich wieder umsah: „Es hat mich jemand angerührt.“ Denn nicht seine Kleider allein, sondern er selber war von Jemand angerührt. Dieser arme „Jemand“ hätte in die Erde sinken mögen; ich weiß, sie fühlte so. Sie zitterte, als Jesus sich nach ihr umsah. Diese segensvollen Augen blickten umher und bald weilten sie auf ihr und als sie auf dieselben blickte, war sie nicht mehr so erschrocken, als zuerst; aber doch kam sie voll Furcht und zitternd und fiel vor im nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit. Dann hob er sie sanft auf und sprach: „Meine Tochter, dein Glaube hat dich gesund gemacht, gehe hin in Frieden und sei gesund von deiner Plage.“ Nun wusste sie, dass sie geheilt war, von Christi Lippen sowohl als durch ihr eigenes Bewusstsein. Sie hatte nun das göttliche Zeugnis, welches ihrem Geist Zeugnis gab, dass sie in der Tat eine Geheilte sei. Merkt euch also, dass ihr, die ihr wünscht, das Zeugnis des Geistes zu erhalten, vortreten solltet und euren Glauben bekennen und erzählen, was der Herr für euch getan hat: dann werdet ihr das versiegelnde Zeugnis des Geistes an eurem Geist empfangen, dass ihr in der Tat von Gott geboren seid. Gott helfe euch Zitternden, die endlich den Saum des Kleides meines Herrn angerührt haben, es mutig vor Allen zu bekennen und besonders vor ihm selber.
Brüder, der Wein, welcher aus diesen Trauben kommt: die geringste Verbindung mit Jesu, wird uns Segen bringen. Ich wünsche, euch hinwegzusenden mit dieser Einen Wahrheit auf eurer Seele. Ob du ein Kind Gottes bist oder nicht, höre diese gewichtige Lehre. Dies Weib glaubte die unvergleichliche Wahrheit, dass die kleinste Berührung mit Christo heilt. „Wenn ich nur sein Kleid möchte anrühren, so würde ich gesund werden.“ Glaubt dies, ich bitte euch, Jeder für sich selbst.
Wenn du, liebes Kind Gottes, heute Morgen sehr niedergedrückt bist, kaltherzig, tot, träge dich fühlst: wenn du nur sein Kleid anrührst, wirst du wieder warmen Herzens werden. Du wirst all dein Leben, deine Kraft und Begeisterung wieder erhalten, wenn du dich nur deinem Herrn nahst. Höre ich dich sagen: „Ich scheine mir so voll Zweifel, so niedergeschlagen, so unglücklich. Ich hoffe, ich bin bekehrt, aber ich kann mich nicht freuen;“ dann, Bruder, ergreife aufs Neue deinen Herrn, denn wenn du nur sein Kleid anrührst, wirst du gesund von der Plage des Zweifels werden. Komm nur nahe zu Jesu, deinem auferstandenen Herrn, durch ein Gebet oder einen gläubigen Gedanken und es ist geschehen. Sei es ein auch noch so leises Anrühren, du sollst gesund werden. Vielleicht sagst du, „ich bin so entmutigt in meinem christlichen Werk und fühle, als wenn ich es aufgeben muss. Ich habe kürzlich keine Bekehrungen gesehen und deshalb kann ich nicht mit dem Mut an mein Werk gehen, den ich früher hatte.“ Bruder, du bist auf dem Wege, in geistliche Schlafsucht zu fallen, aber wenn du den Herrn nur wieder anrührst, so sollst du geheilt werden. Heilte dich der Herr nicht zuerst? Er kann es noch. Er verliert keine Kraft, wenn er seine Macht erzeigt. Wenn ein Lehrer einen Schüler nimmt und ihn mit Weisheit füllt, so ist der Lehrer noch eben so weise wie zuvor, und wenn unser Herr uns eine Fülle der Gnade gewährt, so bleibt er so voll Gnade, wie ursprünglich. Kommt zu ihm, ihr niedergeschlagenen Heiligen. Kommt nun. Kommt immer. Wenn Einige von euch rückfällig geworden sind; wenn ihr ganz verkehrt und aus der Ordnung seid; wenn euer geistliches Verständnis schwach ist; wenn eure Augen trübe sind; so dass ihr nicht weit sehen könnt; wenn eure Knie schwach sind und eure Hände niederhangen, wenn euer ganzes Haupt krank ist und euer ganzes Herz matt, so sollt ihr doch gesund werden, wenn ihr des Herrn Kleid anrührt. Diese wunderbare Arznei hat grenzenlose Macht, von Rückfällen wiederherzustellen sowohl, als die erste Krankheit zu heilen. Ich kann nicht umhin, euch an die Gemeinde zu Laodizäa zu erinnern, die in einem so schrecklichen Zustand war, dass unser Herr selbst sagte, er müsse sie aus seinem Mund ausspeien und doch fügte er hinzu: „Sieh, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So Jemand meine Stimme hören wird, und die Türe auftun, zu dem werde ich eingehen, und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.“ Gemeinschaft ist die Heilung für Lauheit. Wenn ihr so tief gefallen seid, dass Christus selbst Ekel vor euch hat und es muss sehr schlecht stehen, wenn er Ekel vor einer Kirche hat - selbst dann, wenn ihr nur das Abendmahl mit ihm haltet und er mit euch, so wird alles gut sein. Tretet nur in Gemeinschaft mit ihm, der das Leben in sich hat und euer eigenes Leben wird voller Kraft werden. O, liebe Kinder Gottes, wenn ihr in einen unglücklichen Zustand gefallen seid, ahmt das Beispiel dieses Weibes nach und seht, ob Jesus nicht noch stets derselbe ist. Anrühren ist etwas sehr Einfaches, aber zweifelt nicht darum an dem hohen Wert desselben.
Und ihr, die ihr fürchtet, dass ihr nicht seine Kinder seid, siehe, ich setze eine offene Tür vor euch heute Morgen, und bitte Gott, dass ihr eintreten möget. Wenn ihr des Erlösers Kleid anrührt, so werdet ihr gesund werden. Was auch die Übertretung, die Missetat, die Sünde ist, deren ihr schuldig seid, kommt in Berührung mit dem blutenden Lamm und euch wird vergeben werden. Ihr braucht nicht einmal anzurühren, denn es ist Leben in einem Blick. Ein Blick stellt genug Verbindung her, um Errettung zu bringen. „Blickt auf mich, so werdet ihr selig, aller Welt Ende“ (Jes. 45,22. engl. Üb.) „Welche ihn ansehen und anlaufen, derer Angesicht wird nicht zu Schanden.“ Blickt nur, geht nur auf irgend eine Weise aus von euch selbst und zu ihm, und es ist getan. Obgleich ein Blick nicht einen Faden, dünn wie ein Spinngewebe, trägt, so wird er doch eine Verbindung herstellen. Der Lichtstrahl, der von Jesu Wunden zu eurem Auge kommt, wird eine genügende Kette bilden, und da entlang wird ewige Errettung kommen. Geh zu Christo, Sünder, geh zu Christo sogleich. Bist du zu ihm gekommen? Dann bist du errettet. Bekenne deinen Glauben und gib Jesu die Ehre. Liebe ihn mit deinem ganzen Herzen; und während Engel sich über dich freuen, sei auch du froh. Christus hat dich errettet, preise ihn in Ewigkeit. Möge der Herr seinen Segen geben um Christi willen. Amen.