Spitta, Carl Johann Philipp - Ein jeglicher murre wider seine Sünde.

Spitta, Carl Johann Philipp - Ein jeglicher murre wider seine Sünde.

Ein unbekehrter Mensch ist so verkehrt, daß ihm nichts recht ist; er möchte alles ändern und bessern, nur an seine eigene Aenderung und Besserung denket er nicht. Er meistert nicht nur menschliches, sondern auch göttliches Regiment; hadert nicht nur mit den Menschen, sondern auch mit Gott, und macht des Murrens und Klagens kein Ende. Unbekehrte Menschen, die nach ihren Lüsten wandeln, murmeln und klagen immerdar, und ihr Mund redet stolze Worte (Jud. 16.). Es ist auch vergeblich, sie eines Besseren belehren zu wollen. Es ist umsonst, den heiligen, frommen und reinen Gott gegen ihr Murren und Klagen rechtfertigen zu wollen. Denn er kann ihnen nicht gefallen, so lange sie Gefallen an sich selber haben. Bei den Heiligen bist du heilig, und bei den Frommen bist du fromm; und bei den Reinen bist du rein, und bei den Verkehrten bist du verkehrt (Ps. 18, 26-28.). Da hörest du, wie ein und derselbe Gott, bei welchem keine Veränderung, noch Wechsel des Lichts und der Finsterniß ist, den Belehrten ein ganz anderer ist als den Unbekehrten. So war auch ein und derselbe gekreuzigte Christus den Juden ein Aergerniß und den Griechen eine Thorheit, denen aber, die berufen waren, göttliche Kraft und göttliche Weisheit (1 Cor. 1, 23. 24.); und ist es noch, je nachdem die Menschen sich zur Buße leiten lassen, oder nicht. So wurden die Christen, auf welchen der Geist, der ein Geist der Herrlichkeit und Gottes ist, ruhte, über dem Namen Christi geschmähet. Denn bei den Verkehrten ward er verlästert, aber bei den Bekehrten ward er gepriesen (1 Petr. 4, 16.). Und das geschieht gleichfalls noch immerdar. Den Verkehrten ist das Licht Finsterniß, und die Finsterniß Licht; das Süße sauer, und das Saure süß. Das sind die Leute, denen der Prophet schreibt Klagl. Jerem. 3, 39. 40: „Wie murren denn die Leute im Leben also? Ein jeglicher murre wider seine Sünde. Und laßt uns forschen und suchen unser Wesen, und uns zum Herrn bekehren.“ Ein bußfertiges Murren wider die Sünde, als der Leute Verderben, wird hier einem jeglichen angerathen, und zwar ein Murren nicht blos wider die Sünde überhaupt, oder wider die Sünde anderer, sondern wider die eigene Sünde. Wer aber sein Wesen forschet, und suchet, was in ihm und an ihm ist; der wird seine Sünde finden, und in ihr den Grund alles seines Elendes und Verderbens. Und wer in Gerechtigkeit Unzufriedenheit über seine Sünde sich zu dem Henn bekehrt, bei dem Herrn Gnade und Frieden findet, der erführt, wie wohl ihm gerathen sei mit dem Wort: „Ein jeglicher murre wider seine Sünde.“ Solch ein heilsames Murren macht schon an sich, insbesondere aber durch seine Folgen, dem heillosen Murren wider Gott und Menschen ein Ende. Dem Bekehrten ist alles recht, was der Herr liebet, ordnet, fügt und thut; auch die Züchtigung, die, wenn sie da ist, uns nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein dünkt. Und was er auch Beklagenswerthes in der Welt und an den Menschen findet und von ihnen erleidet, das Beklagenswertheste, worin es zunächst anders und besser werden muß, findet er in und an sich selbst. Darum verklagt er sich vor Gott in täglicher Reue und Buße. Das klagt er Gott in herzlichem Verlangen nach Gnade zur Vergebung und Besserung. Solche Klage ist dem Herrn angenehm. Auf solche Klage wartet er mit seinem Trost. Dann heißt es: „Du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen, du hast meinen Sack ausgezogen, und mich mit Freuden gegürtet; auf daß dir lobsinge meine Ehre, und nicht stille werde, Herr, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit.“

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