Spitta, Carl Johann Philipp - Der Zugang zum Vater.

Der verlorene Sohn schlug in sich, und sprach: „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen.“ Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Die äußerliche Noth und das leibliche Verderben hatte ihn zur Besinnung gebracht. Er gedachte, wie gut es doch beim Vater sei. Er schämte sich seiner Sünde, achtete sich eines solchen Vaters nicht werth, und begehrte nichts, als ein Tagelöhner von ihm angenommen zu werden. Daß er aber durch Scham und Scheu sich nicht zurückhalten ließ, zum Vater zu gehen, daß er sich wirklich aufmachte und zu seinem Vater kam, das geschah aus dem Glauben und dem Vertrauen: der Vater werde nicht zürnen und strafen, sondern lieben und vergeben. - Dem verlorenen Sohne gleich ist der von Gott abgefallene und von dem Leben aus Gott entfremdete Mensch - wie er erweckt wird, aufwacht, sich besinnt, sein Elend empfindet, Verderben und Verdammniß fürchtet, die Sünde als die Ursache von dem allen erkennet und bereuet, und im Glauben an Gottes Gnade sich von der Sünde zu Gott bekehrt, der ihn annimmt zu seinem Kinde, ihn anziehet mit Kleidern des Heils, mit dem Rock der Gerechtigkeit bekleidet und ihn versiegelt mit dem heiligen Geist, welcher ist das Pfand unseres Erbes. Wer nun das Gleichniß von dem verlorenen Sohne höret oder lieset ohne Erfahrung von dem, wie einem erweckten, aufgewachten, sich besinnenden, sein Elend empfindenden, Verderben und Verdammniß fürchtenden, die Sünde erkennenden und bereuenden Sünder zu Muthe ist, und wie ihm gerade das fehlt, was jenem verlorenen Sohne das Herz gab, sich aufzumachen und zu seinem Vater zu gehen, der wird sich's befremden lassen, wenn der Herr Jesus sagt Joh. l4, 6: „Niemand kommt zum Vater, denn durch mich.“ Wer sich aber als einen verdammten und verlornen Menschen erkennet und fühlet, wen sein Herz verdammet, das Gesetz verflucht, der Zorn Gottes über die Sünde schrecket, wem der Glaube und das Vertrauen fehlt, daß er dem Vater angenehm sei; der sieht wohl ein, daß der Sünder nicht ohne den einigen Mittler zwischen Gott und dem Menschen einen freudigen Zugang zum Vater haben könne. Wenn wir an Christo haben die Erlösung durch sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden, dann haben wir auch Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesum Christ und den kindlichen Geist, der sich nicht fürchtet, sondern rufet: „Abba, lieber Vater!“ dann bekommt der Glaube und das Vertrauen die Oberhand, daß wir sagen: „Wir wollen uns aufmachen, und zu unserm Vater gehen.“ Denn durch Christum haben wir den Zugang alle in einem Geist zum Vater (Ephes. 2, 18.). Er macht selig alle, die durch ihn zu Gott kommen. In ihm sind wir dem Vater angenehm, nicht blos heute und morgen, sondern immerdar, so oft wir dem Vater etwas abzubitten, oder uns etwas von ihm zu erbitten haben. Darum ist es auch unsere Weise, daß wir stets beten durch unsern Herrn Jesum Christum. Denn alles, was uns scheu und furchtsam zum Gebet machen, was uns in Ungewißheit und Zweifel über unsere und unserer Bitte Annahme bei Gott versetzen konnte, das muß vor der Freudigkeit und Zuversicht weichen, die wir durch Christum zu Gott haben. - Lieber, ich weiß nicht, wer und wie du bist. Eins aber weiß ich, ohne Christum fehlte mir der Zugang zum Vater. Er hat mir ein Herz gemacht zum Vater zu gehen.

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