Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 5. Andacht. Karfreitag.

Seckendorff-Gutend, Henriette Freiin von - Hausandachten - 5. Andacht. Karfreitag.

Matthäi 27.

Welch ein tiefer Schmerz, meine Lieben! muss das Herz unseres treuen Heilandes durchzogen haben, als Er sah, dass sogar die Hohepriester, die Träger des göttlichen Wortes, zu Seinen persönlichen Feinden gehörten, ja, dass sie es waren, die mit den Ältesten des Volks Sein Todesurteil fest stellten und Ihn dem Landpfleger Pontio Pilato überantworteten! Wie wehe muss es aber jetzt dem lieben Heiland tun, wenn wir, die wir Ihn kennen und wissen was Er für uns am Stamme des Kreuzes gelitten, was wir ihm zu danken haben, wenn wir dennoch leichtsinnig fortsündigen und Ihn so immer wieder aufs Neue martern, wenn wir einen Karfreitag um den andern gleichgültig an uns vorüber gehen lassen, ohne uns das Verdienst unseres Erlösers, Sein heiliges Blut, das für uns geflossen, anzueignen und einen wesentlichen Nutzen daraus zu ziehen. Ach, gar kein Mensch ist im Stand, das heilige Verdienst unseres hochgelobten Heilandes in seinem ganzen Umfang zu ermessen und zu erfassen, was Er für uns getan und was Er uns alles erworben hat. Sein heiliges Wort, unser teures Bibelbuch, ist durch Seinen Tod bekräftigt und durch Sein Blut versiegelt worden. Das ist Sein heiliges Vermächtnis an uns; denn bevor Jemand gestorben ist, gilt kein Testament. Nun aber ist es unser eigen, und wir sollten nicht aufhören, für dieses unschätzbare Geschenk zu danken, in welchem Alles enthalten ist, was wir zu unserer Seelen Seligkeit nötig haben. Ganz besonders sollten wir uns heute dazu angetrieben fühlen an dem großen Welt-Versöhnungstag, und ich möchte euch fragen, ob ihr es auch schon getan habt? Überhaupt sollte heute jeder Mund und jedes Herz überfließen von Lob und Dank, von Ruhm und Preis der großen Liebe und Gnade Gottes, und sollte Keines mehr aufstehen vom Kreuz des Herrn, das sich nicht hätte rein waschen lassen im Blut des Lammes, Keines, das nicht heute in Reue und Buße alle seine Sünden dem Herrn bringen würde, dass Er sie in's Gnadenmeer werfen, Keines, das Ihm nicht das Berz, als Dankopfer für Seine blutige Arbeit, aufs Neue übergeben würde. Ach, es gibt keine auch noch so schwere Sünde, welche das Blut Jesu nicht tilgen könnte, (das hat uns der Herr an dem Schächer gezeigt,) wenn wir sie aufrichtig bekennen, Buße tun, danken und davon ablassen. Sogar dem Judas Ischarioth hätte die große Sünde des Verrats an dem heiligen Sohn Gottes noch vergeben werden können, wenn er sich, „da es ihn gereute“, zum Herrn gewendet, seine große Schuld bekannt und Buße darüber getan haben würde; so aber ging er nur zu den Hohenpriestern und Ältesten, und brachte diesen die dreißig Silberlinge wieder, indem er sagte: V. 4. „Ich habe übel getan, dass ich unschuldiges Blut verraten habe;“ darauf antworteten sie: V. 5. „Was geht uns das an? Da siehe du zu. Da ging er hin und erhängte sich selbst.“ Seht, meine Lieben, so macht es der Satan immer: Wenn er eine Seele recht tief in die Sünde hineingestürzt hat, dann spottet und lacht er ihrer, und bringt sie endlich von der Gleichgültigkeit zur Verzweiflung. Ach, wollen wir denn nicht einmal klug werden, der Sünde absagen, uns zu dem Herrn unserem Gott wenden, dessen Treue und Liebe uns heute an dem großen Gnadentag aufs Neue vor die Seele geführt wird, und das Blut Jesu unser Element werden lassen? Ich kann euch versichern, das Blut Jesu heilt nicht nur die Schäden der Seele, sondern auch die Gebrechen des Leibes. Das Blut Jesu heilt und macht Alles gut. Der Körper mag durch die Sünde noch so erbärmlich zugerichtet sein, das Blut Jesu macht Alles wieder gut, wenn die Seele es in kindlichem, lebendigem Glauben anwendet, auf sich herunter bittet und fortan von der Sünde lässt. Was die Kraft des Blutes an Leib und Seele schon Großes getan hat, das habe ich, (zum Preise des Herrn darf ich es rühmen,) an 2500 Kranken, die in meinem Hause gepflegt wurden, zur Genüge und zum innigen Dank gegen den Herrn erfahren dürfen. Aber von Sünden müssen wir lassen und vorsichtig wandeln, wenn wir die Kraft des Blutes erfahren

Es ist eine Tinktur, die alle Schäden heilt, und wem es noch nicht sein Element ist, der hat diese Kraft noch nicht an sich erfahren; davon habe ich an meinen lieben Kranken herrliche Erfahrungen machen dürfen, welche die Ewigkeit einst offenbaren wird. V. 11-14. „Jesus aber stand vor dem Landpfleger, und der Landpfleger fragte ihn und sprach: „Bist Du der Juden König?“ Jesus aber sprach zu ihm: „Du sagst es.“ Und da Er verklagt ward von den Hohenpriestern und Ältesten, antwortete Er nichts. Da sprach Pilatus zu ihm: Hörst Du nicht, wie hart sie Dich verklagen?“ Und Er antwortete ihm nicht auf ein Wort, also, dass sich auch der Landpfleger sehr verwunderte.“

Wie uns unser Herr und Heiland während Seines ganzen Lebens ein Vorbild war, so können wir auch, da Er vor dem Landpfleger Pontius Pilatus stand, viel von Ihm lernen. Er verhielt sich ganz stille jeder Anklage gegenüber, auf alle die lügenhaften Beschuldigungen antwortete Er kein Wort. Nur wenn Seine heilige Person angetastet, Seine Göttlichkeit beschimpft wurde, da sprach Er, weil Er es der Ehre Seines himmlischen Vaters schuldig war. Wie ganz anders verhalten wir uns in solchen Lagen! Sind wir auch, wenn wir unschuldig leiden müssen, so still und geduldig? Sträubt sich bei Verfolgung, Spott und Hohn nicht unsere ganze Natur, selbst wenn wir uns schuldig geben müssen, versuchen wir nicht zuvor noch unser Unrecht zu bemänteln und uns auf jegliche Art zu entschuldigen, wodurch wir aber nur noch mehr den Frieden der Seele verlieren. Es kommt in meinem Beruf auch Manches vor, da ich mich auch berufen fühlen könnte, mich zu verteidigen. Es wird manche lügenhafte Beschuldigung geäußert, manche Verdächtigungen ausgesprochen; aber ich finde immer, dass es das Beste ist, still zu sein und dem Herrn die Sache zu befehlen, der schon, wenn es Zeit ist, die Wahrheit an's Licht bringen wird. Wir wollen mit allem Fleiß von dem lieben Heiland lernen, Sein Reden und Schweigen zur rechten Zeit, wollen uns Seine göttliche Weisheit recht zu Nutzen machen, ja sie als besonderes Gnadengeschenk erbitten, uns aber auch durch keinerlei Menschenfurcht oder Menschengefälligkeit abhalten lassen, jederzeit der Wahrheit die Ehre zu geben, den Herrn Jesum zu bekennen und von Ihm zu zeugen.

V. 19. „Und da er auf dem Richtstuhl saß, schickte sein Weib zu ihm und ließ ihm sagen: Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten; ich habe heute viel erlitten im Traum von seinetwegen.“ Wäre Pilatus nüchtern und ohne Menschenfurcht gewesen, so hätte ihn die Warnung seines Weibes noch retten können; aber die Wahrheit drang leider nicht mehr in sein Herz, die Finsternis hatte schon die Oberhand und eine Macht über ihn bekommen, und diese siegte. Wir sehen hieraus, wie wichtig es für uns ist, dass wir im Licht der Wahrheit wandeln und uns nichts erlauben, was dem Licht hinderlich ist.

V. 24. „Da aber Pilatus sah, dass er nichts schaffte, sondern dass ein viel größer Getümmel ward, nahm er Wasser und wusch die Hände vor dem Volk und sprach: „Ich bin unschuldig an dem Blute dieses Gerechten; seht ihr zu.“ Was anderes als Menschenfurcht und Menschengefälligkeit brachte den Pilatus in das peinliche Gedränge, aus dem er sich nicht anders herauszuhelfen wusste, als indem er Wasser nahm und seine Hände wusch, was ihn aber vor dem Herrn nicht rechtfertigte; denn Wasser kann die Unreinigkeit des Herzens nicht wegnehmen und wenn auch der ganze Rhein über uns flösse; nur das Blut Jesu kann das bewirken, wenn wir es in aufrichtiger Buße und lebendigem Glauben über uns fließen lassen. Wie bitter wird Pilatus seine Handlungsweise bereut haben, als er in der Ewigkeit den Herrn der Herrlichkeit zur Rechten Seines himmlischen Vaters erblickte. Ach, dass wir uns das recht zur Warnung dienen ließen, die wir so oft aus Rücksicht um da und dort nicht anzustoßen, oder um eines faulen Friedens willen uns abhalten lassen, frei und unerschrocken für den Herrn zu zeugen. Auch das ist ein Verrat an dem Herrn und ein furchtbares Misstrauen gegen ihn, wenn wir bei Allem, was wir zur Ehre Seines Namens tun wollen, an Seinem kräftigen Beistand zweifeln. Vor etlichen Jahren erzählte mir eine fromme Frau, die einen sehr weltlich gesinnten Mann hatte, welcher ihre Besuche der Versammlungen nicht leiden, sie dagegen immer zu weltlichen Vergnügungen und Zerstreuungen veranlassen wollte, einiges aus ihren Erfahrungen von der Durchhilfe des Herrn. Bei ihrer beständigen Weigerung an irgend etwas Weltlichem Teil zu nehmen, sei oft der heftigste Zorn ihres Mannes entbrannt; aber sie habe nicht nachgegeben, sondern dem Heiland, dem sie Gehorsam und Treue geschworen, die Sache unablässig an's Herz gelegt, ihn an Sein Wort und Seine Verheißungen erinnert und dabei fest geglaubt, dass Er, der den Sturm der Elemente zu bewältigen im Stande sei, auch leicht ein tobendes Menschenherz besänftigen könne, und versicherte mich unter Loben und Danken gegen den treuen Herrn und Heiland, wie sie die herrlichsten Proben davon tragen und die Durchhilfe des Herrn immer erfahren durfte, so dass ihr Mann späterhin nie mehr etwas dagegen hatte, wenn und wo sie ihre geistlichen Bedürfnisse befriedigen wollte.

V. 28. „Und zogen Ihn aus, und letzten Ihm einen Purpurmantel an.“ Wenn wir dieses lesen und daran gedenken, wie der Herr sich entkleiden ließ und wie ihm der Purpurmantel umgelegt wurde, so sollten wir den Herrn bitten, dass Er uns ganz ausziehe von allem eigenen Wesen und von aller Selbstgerechtigkeit und uns den heiligen Rock Seiner Gerechtigkeit, den Er uns erworben hat, anziehe, damit wir vor Ihm nach Seinem Bild erscheinen können. Der Herr wolle uns über alle diese heiligen Geheimnisse Klarheit schenken und einen Trieb, ernstlich darum zu bitten.

V. 29 und 30. „Und flochten eine Dornenkrone, und setzten sie auf Sein Haupt, und ein Rohr in Seine rechte Hand, und. beugten die Knie vor ihm, und spotteten Ihn, und sprachen: Gegrüßt seist du, der Juden König. Und spien Ihn an, und nahmen das Rohr, und schlugen damit Sein Haupt.“ Warum hat der Herr eine Dornenkrone getragen? Um unserer unsäglich vielen Gedankensünden willen trug Er sie für mich und für dich; diese hat Er so schmerzlich büßen müssen! Und warum wurde das heilige Haupt des hochgelobten Heilandes mit einem Rohr geschlagen? Diese Schläge hätten uns gehört, uns, die wir so viele unreine, böse und flatterhafte Gedanken haben. Er hat die Schuld derselben auf Sich genommen und will uns damit zeigen, wie wir auch ein Rohr in unsere Glaubenshände nehmen und alle Gedanken, die wider den Herrn sind, unbarmherzig damit verscheuchen sollen, gleich wie die Kriegsknechte das unschuldige, heilige Haupt Jesu mit dem Rohre schlugen; dies ist natürlich geistlich zu verstehen.

V. 31. „Und da sie Ihn verspottet hatten, zogen sie Ihm Seine eigenen Kleider an, und führten ihn hin, dass sie ihn kreuzigten.“ Nun haben die Kriegsknechte alle ihre Bosheit an dem unschuldigen Lamm Gottes ausgeübt, und der Herr der Herrlichkeit, der uns das ewige Leben erworben hat, wird nach Golgatha geführt und ans Kreuz geheftet. Unter dieses Kreuz wollen wir uns im Geist stellen und uns in diese göttliche Liebe versenken. O ihr Lieben, denkt euch in dies Wunder der Liebe Gottes hinein! Wir wollen dem Heiland Schritt für Schritt auf Seinen Leidensstationen im Geist nachfolgen. Ich will euch hierzu ein herrliches Passionslied1) sagen, das wir jeden Freitag in der Abendbetstunde singen und das mich schon oft tief ergriffen hat. Versenkt euch, während ich es euch vorlese, in tiefster Andacht in das heilige Gnaden- und Wundermeer unseres Gottes und Heilandes, wie auch Zinsendorf selbst sagt in einem Lied:

„Folge ihm auf allen Schritten
Seiner Martergänge nach!
Denk an das, was Er gelitten
Und was ihm das Herze brach.“

Das schöne Lied, von dem ich euch sprach, heißt:

In jener letzten der Nächte, als ich am Ölberg gebetet,
War ich von Blutschweiß gerötet,
Goss ihn in Strömen für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Lass es die Engel dir sagen, wie viele Streiche und Wunden,
An eine Säule gebunden,
Schweigend ich litte für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Da ich als König verspottet, schmerzlich mit Dornen gekrönet,
Angespieen ward und verhöhnet,
Dacht ich nur immer an dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Schmählich zum Tode verdammet, hart mit der Kreuzlast beschweret,
Blutig vom Dornkranz versehret,
Schleppt ich zum Berg mich für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Dort an das Kreuzholz geheftet, Nägel in Armen und Beinen,
In einem Meere von Peinen
Wollte ich sterben für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Als jener Speer in der Seite weit mir das Herz hat gespalten,
Quoll draus mit Liebesgewalten
Wasser des Lebens für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Schau all die Striemen und Wunden, siehe nun, ob ich dich liebe,
Wenn mir kein Blutströpflein bliebe,
Das ich nicht hingab für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Himmel und Erde voll Schrecken haben den Schmerz mit empfunden,
Als in der letzten der Stunden
Ich bin verschieden für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Was blieb zu tun mir noch übrig, wenn ich aus Lieb ohne Schranken
Selber mich gab ohne Wanken,
Völlig mich hingab für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Nun ich zum Lös‘geld am Kreuze für deine Schuld mich ergeben,
Will ich im ewigen Leben
Selber der Lohn sein für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Dacht ich im Sterben noch deiner, werd ich im Himmel nicht minder,
Herrschend als Weltüberwinder,
Immer noch denken an dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich!

Als ich dieses schöne, ergreifende Lied zum ersten Mal singen hörte, wurde ich tief erschüttert, besonders über die Worte, mit welchen jeder Vers dieses Liedes endet: „Weh, und wer weiß, ob wohl je du auch nur denkest an mich.“ Da ist nicht nur das Denken an den Herrn und Heiland gemeint, worüber Er klagt, sondern, dass wir uns nicht in Sein Leben von der Krippe bis zur Himmelfahrt, und in Sein bitteres Leiden mit unseren Gedanken versenken, wodurch wir großen Segen haben könnten.

In V. 50-53 heißt es: „Aber Jesus schrie abermals laut und verschied. Und siehe da, der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücken, von oben an bis unten aus. Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und standen auf viele Leiber der Heiligen, die da schliefen. Und gingen aus den Gräbern nach Seiner Auferstehung, und kamen in die heilige Stadt, und erschienen Vielen.“ Der Evangelist Johannes schreibt im Kap. 19,30: „Da Jesus den Essig genommen hatte, sprach Er: „Es ist vollbracht,“ und neigte das Haupt und verschied.“ O ihr Lieben, in dem Wörtlein „es ist vollbracht“ liegt unser ganzes Glück und unsere ewige Seligkeit und Herrlichkeit, so wir Seine Versöhnung an unseren Seelen im Segen wirken lassen. Mein Urgroßvater Pfeil singt darüber:

„Hätt Er wohl an dem Holz gesagt: „es ist vollbracht“.
Wenn Er nicht auch an mich, an mein Heil hätt gedacht?“

Wie oft hat mich dieses Wort: „Es ist vollbracht“ auf meinem Lebensweg gestärkt, erquickt und aufs Neue ermutigt, Alles zu lassen, was mich um den Genuss und den Segen dieses heiligen Wortes bringen könnte. Ja, fasst es in euern Herzen, und der Herr wird es auch an eurer Seele gesegnet sein und werden lassen auf den großen Tag der Offenbarung.

Durch dieses Wort: „Es ist vollbracht“ ist auch für dich der Vorhang, ja die Decke vor deinen Augen zerrissen worden, und du darfst nun zu jeder Zeit in das Allerheiligste, in das Herz Jesu, hinein blicken und Alles Ihm zu Füßen legen, was dich drückt und beschwert; du darfst dir auch von Ihm Alles erbitten, was Er, der Heilige, dir von der Krippe bis zur Himmelfahrt erworben hat. Ihr lieben Seelen, lasst uns laufen durch Geduld in den Kampf, der uns verordnet ist und aufsehen auf Jesum, den Anfänger und Vollender des Glaubens. Er will dich zubereiten und herrlich machen, dass du würdig werdest zu der ersten Auferstehung zu gelangen, wovon uns der 52. und 53. Vers unseres Kapitels so Herrliches erzählt.

„Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und stunden auf viele Leiber der Heiligen, die da schliefen, und gingen aus den Gräbern nach Seiner Auferstehung, und kamen in die heilige Stadt, und erschienen Vielen.“ Mit der Auferstehung Jesu begann die erste Auferstehung, zu der auch wir berufen sind und auch des heiligen Apostels Paulus höchstes Ziel war, und wovon er Philipper 3, V. 10-11 redet. „Zu erkennen Ihn und die Kraft Seiner Auferstehung und die Gemeinschaft Seiner Leiden, dass ich Seinem Tod ähnlich werde, damit ich entgegen komme zur Auferstehung der Toten.“ Er hat am Stamm des Kreuzes alle unsere Sünden gebüßt, alle unsere Krankheiten getragen und Alles vollbracht, es ist nur unsere Schuld, wenn wir nicht zugreifen, nehmen, im Gehorsam wandeln und bei Ihm verharren. Wir sollten keinen andern Wunsch und kein anderes Verlangen haben, als nur das, den Herrn zu besitzen, Ihn unser Ein und Alles sein zu lassen. Wir wollen den Herrn bitten, dass wir auch mit vollster Überzeugung sagen können, wie mein lieber Urgroßvater von Pfeil:

Sucht mich nur an keinem Orte,
Mehr als bei dem Kreuzes Stamm,
Suchet mich mit einem Worte,
Nirgends, als bei meinem Lamm.
Wo das Lamm ist, will ich sein,
Herr, in Deine Seitenhöhle,
Klammert sich mein Herz hinein.“

Amen.

1)
geschrieben von Melchior von Diepenbrock
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