Er sah ein Gefäß stehen mit schlammigtem trübem Wasser gefüllt, in welchem zusehends der Schlamm nach dem Grund sich senkte, so daß das Wasser immer klarer ward und eydlich ganz lauter anzusehen war; sobald ers aber ein wenig regte, fuhr der Schlamm wieder auf, und war das Wasser trübe, wie vorhin. Hier sehe ich, sprach Gotthold, wie es mit dem menschlichen Herzen bewandt ist; selbiges ist mit dem Schlamm der sündlichen Lüste und fleischlichen Begierden angefüllt, und kann also wenig lauteres und reines Wasser, ich meine heilige und gute Gedanken, aus demselben fließen. Das Herz ist eine rechte Schlammgrube und Sündenpfütze, darin allerlei Schandwürmer wachsen und kriechen. Es betrügt aber manchen, daß er sein Herz nicht so böse hält, weil die bösen Lüste zuweilen in ihm ruhen und als wie gesunken sind; da scheinen seine Gedanken andächtig und heilig, die Begierden lauter und züchtig, die Worte freundlich und erbaulich und die Werke diensthaft und christlich zu sein. Allein das währt so lange, als er nicht geregt wird, ich will sagen, so lang er keine Gelegenheit und Reizung zur Sünde hat; wenn sich aber dieselbe eräuget, so steigen die weltlichen Lüste so dick auf, daß man in allen Gedanken, Worten und Werken nichts, als Schlamm und Unreinigkeit verspüren kann. Mancher ist sanftmüthig, so lang ihm niemand zuwider ist, kommt ihm aber jemand zu nahe, so ist er wie das Büchsenpulver, welches, von dem geringsten Funken entzündet, mit großem Geprassel auffährt und Schaden thut. Mancher ist mäßig, so lang es ihm an guter Gesellschaft fehlt, mancher ist züchtig, so lang es die Leute sehen und er keine Pfütze findet, daraus er trinken kann. Ach, mein Gott! wie oft hab ich gemeint, die Welt mit ihrer Lust wäre über 1000 Meilen von mir, und habe doch hernach gefunden, daß sie als eine listige Feindin sich darum still gehalten, daß sie mich desto plötzlicher anfallen und berücken möchte. Ich habe mich oft gegen dich, wenn ich mit dir geredet, verpflichtet, meinem Beleidiger von Herzen hold und gewogen zu sein und solches mit der That zu erweisen, hätte auch, wenn es begehrt worden, solches mit vielen Eiden bekräftigt, allein hernach bin ich inne geworden, daß dessen bloßes Ansehen und Aufstoßen mein Herz also schütteln und erregen können, daß nichts, als feindseliger Schlamm darinnen zu verspüren gewesen. Ach, läutere, mein Gott! ach, reinige! Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz! Ps. 51, 12.