Schopf, Otto - Der ohnmächtige Mensch, der alles vermag.

Schopf, Otto - Der ohnmächtige Mensch, der alles vermag.

Ich vermag alles in dem, der mich stark macht, Christus.
Philipper 4,13.

In den stärksten Ausdrücken spricht die Schrift von der Ohnmacht des Menschen auf allen Gebieten des Wissens und Könnens, besonders aber von seiner Unfähigkeit zu sittlichem Handeln. Und dennoch steckt dieselbe Schrift an anderen Stellen dem Menschen ein überaus hohes Ziel sittlicher Vollkommenheit und stellt ihm auf allen Gebieten Aufgaben, die seine natürlichen Fähigkeiten weit übersteigen.

Wie löst sich dieser klaffende Widerspruch? Wir finden ihn überwunden in unserem Text. Hier sagt ein Mensch, der Apostel Paulus, dass er alles vermöge. Er, der nicht nur die Schwachheit des Leibes kennt, sondern auch die Ohnmacht des Menschen der Sünde gegenüber persönlich aufs tiefste gekostet und in klassischen Worten bezeugt hat, er hat auch die großartigsten Proben davon abgelegt, was ein schwacher Mensch vermag, wenn er die wahre Quelle der Kraft kennt.

Obgleich in unseren Tagen die Könige selten mit ihrer Krone gesehen werden, können sie doch schwer unerkannt bleiben. Wo jeder Zoll ein König ist, wird der kleinste Anlass, ein Wort, ein Blick, eine Bewegung zum Verräter. So enthüllt sich auch hier bei einem unscheinbaren Anlass die verborgene Hoheit des Kindes Gottes.

Der Apostel Paulus schließt seinen Brief an die ihm besonders eng verbundene Philipper-Gemeinde mit dem Dank für die Gabe, durch die sie für ihn, den Gefangenen, gesorgt hatte, und betont, dass es vor allem die Gesinnung der Teilnahme und der Selbstverleugnung sei, welche ihn an dem Geschenk freue, mehr als das, dass er nun des Mangels überhoben sei. Er habe gelernt, von den äußeren Dingen unabhängig zu sein, er wisse, in bescheidenen Verhältnissen wie im Überfluss sich zurechtzufinden, und sei eingeweiht in die Kunst, bald satt zu sein, bald zu hungern. Aber damit ist noch nicht erschöpft, wozu die Gnade ihn befähigt; er krönt die Schilderung seiner Unabhängigkeit mit dem Wort: „Alles vermag ich in dem, der mir Kraft einströmt!“

Es darf uns nicht verwundern, ein Wort von solch umfassender Bedeutung so zu sagen in einer Parenthese als Nebenbemerkung zu finden; dies ist vielmehr der Schrift im allgemeinen und dem Apostel Paulus im besonderen eigen; man denke nur an Stellen, wie die von der „Selbstentäußerung“ Christi in Phil. 2, von der Armut Christi und ihrer Bedeutung in 2. Korinther 8,9 und an Epheser 5,22-33, wo anlässlich der Ermahnung über die Führung der Ehe plötzlich von dem geheimnisvollen Verhältnis Christi zu seiner Gemeinde die Rede ist.

Soviel über den Zusammenhang, nun zum Texte selbst. - “Alles vermag ich.“ “Alles“ steht nachdrucksvoll voran und erschließt mit einem Wort den unermesslichen Reichtum des Christen. Der Ausdruck ist im allgemeinen Sinne zu fassen; zu allem, was sich denken lässt, hat Paulus das Vermögen in sich. Das Wort „alles“ bezieht sich nicht etwa nur auf die vier vorhergehenden spezialisierenden Zeitworte: „satt sein, hungern, Überfluss haben, Mangel haben.“ Diese sind vielmehr von dem Wort: „ich bin eingeweiht“ abhängig, und wenn das Wörtlein „alles“ sich auf die vier erwähnten Zeitworte beziehen sollte, so würde Paulus gesagt haben: „dieses alles“ oder „das alles“. Weil das nun nicht der Fall ist, müssen wir annehmen, dass das Wörtlein „alles“ in absolutem Sinne steht, “alles“ schlechthin bedeutet.

“Ich vermag“. Es wäre wohl willkürlich, die Bedeutung dieses Wortes auf das sittliche Können einzuschränken; der Zusammenhang schließt das physische Gebiet nicht aus, obgleich natürlich dem sittlichen Moment der Vorrang und das Hauptgewicht zukommt. In Galater 5,6 lesen wir von der Beschneidung und Vorhaut: „Sie vermag nichts“, dagegen sagt Jakobi 5,6 vom Gebet: „es vermag viel“ und in Apostelgeschichte 19,20 lesen wir von dem verkündeten Wort: „Es wuchs und vermochte etwas.“ Paulus fügt nun hinzu: „Alles vermag ich.“ Dieses Wort mit den zwei letztgenannten gewinnt nun dadurch schon ein besonderes Relief, dass an sämtlichen anderen Stellen, wo es im Neuen Testament vorkommt, stets eine Verneinung damit verbunden ist, stets gesagt ist, was „nichts“ vermag. Dem Unvermögen aller gegenüber steht der gläubige Beter und Verkündiger des Wortes mit seinem volltönenden und vollwichtigen: „Ich vermag alles!“ Aber das Allvermögen Pauli hat seinen Ursprung nicht in ihm, sondern:

“In dem, der mir Kraft einströmt.“ – Die Bestimmung des Lebens des Gläubigen als eines Lebens “in“ Christo ist der Schrift, dem Wortlaut und der Sache nach, ebenso geläufig, wie dem natürlichen Sinn fremd, unbequem und fernliegend; wo wir ihr aber weiter nachgehen, erschließt sich uns aus derselben das Geheimnis des Lebens und der Kraft eines Jüngers Jesu. Jesus spricht Johannes 14,6: „Ich bin das Leben.“ Er ist das Leben, und seine Apostel bezeugen dementsprechend: „In ihm war das Leben“ (Joh. 1,4; 2. Tim. 1,1; 1. Joh. 1,5b.). Er ist und hat aber das Leben nicht nur für sich und in sich, sondern er hat auch Vollmacht und Willen, es mitzuteilen: „Der Sohn macht lebendig“ (1. Joh. 5,21; 6,33 ff.; und 10,28 usw.). Diese Lebensmitteilung ist eine organische und beständige. Die Gläubigen sind „gewurzelt und erbaut in ihm“ (Kol. 2,7), ihr Leben wurzelt und gründet in ihm. Unter den Bildern des organisch aufgebauten Tempels, der lebendigen Wasserquelle, des Weinstocks und des Leibes veranschaulicht uns der Herr bzw.. seine Apostel die enge und bleibende Lebens-Verbindung zwischen ihm und den Gläubigen. Christi Leben ist es, das in den Seinen lebt, so dass sie sagen können: „Ich lebe, doch nun nicht ich, es lebt in mir Christus“ (Gal. 2,20; Phil 1,21; Kol. 3,2; 1. Joh. 5,12; Römer 8,10). So entsteht dann die Wechselwirkung, dass das Leben „in Jesu“ als „Jesu Leben im Gläubigen“ bezeichnet werden kann; vergleiche Joh. 14,20: „Er in mir, und ich in euch“ oder in unserer Stelle: „Ich vermag alles in dem, der mich stark macht.“

Die Mitteilung des Lebens Christi ist nach der Schrift gleichbedeutend mit der Mitteilung seines Heiligen Geistes. (Gal. 6,8; 2. Kor. 3,6; Joh. 6,33: „Der Geist ist der lebendigmachende“ mit Johannes 5,21: „Der Sohn macht lebendig“; man denke auch an 2. Kor. 3,17.18: „Der Herr aber ist der Geist“.) Dieser Lebensgeist wird häufig bezeichnet als ein Geist der Kraft (vergl. Lukas 4,14 und andere Stellen), und so kann denn der Apostel seine ihn zu allem befähigende Stellung in Christo als eine „in dem, der mich stark macht“ bezeichnen.

“Der mich stark macht.“ – Das Wort, das im Urtext steht, heißt „Kraft einflößen“; es kann nach dem bisherigen nicht nur ein Stärken und Mehren vorhandener Kraft, ein Hinzukommen der Kraft Jesu zu Pauli eigener Kraft bedeuten, sondern die Kraft Christi, ohne die sein Jünger nichts tun kann, wirkt in Paulus. Gründend in dem lebendigen Felsen Christus weiß er sich teilhaftig der Kraft seines Herrn, die ihm für jede Aufgabe jeden Augenblick zu Gebote steht. Es ist ein unablässiges Zuströmen von Kraft (daher die Zeitform in der Gegenwart), nicht etwa ein einmaliges, so dass alle Kraft für alle künftigen Fälle in Paulus etwa aufgehäuft wäre. Und als der Wirkende erscheint der kräftigende Herr, in dem der Jünger vertrauensvoll ruht. – Drückte das „ich vermag alles“ die überschwängliche Größe der Kraft und die königliche Unabhängigkeit des Kindes Gottes aus, so betont das „in dem, der mich stärkt“ die völlige Abhängigkeit und den gänzlichen Mangel an eigener Kraft bei dem Knechte Christi. – Die Worte „in Christo“ fehlen in einigen besseren Handschriften und werden daher nach Ohlshausen als eine Randbemerkung aus 1. Timotheus 1,12 betrachtet. Aber auch ohne dass es ausdrücklich gesagt ist, ergibt der Zusammenhang und die Gesamtlehre der Schrift, dass Christus und nur Christus es sein kann, in dem der Apostel alles vermag.

Wenn so die Erklärung des Wortlautes unseres Textes es feststellt, dass Paulus sagen will, er vermöge alles in Christo, so ist doch diese Aussage so gewaltig, dass wir unwillkürlich fragen, ob die Energie, die sein Leben gibt, dazu berechtigt, dieses Wort buchstäblich zu nehmen, und so werfen wir denn einen Blick auf das geschichtliche Bild Pauli.

„Sehet, welch ein Mensch!“ rief dort der Landpfleger aus beim Anblick dessen, der Pauli Herr war, und „sehet, welch ein Mensch!“ müssen auch wir ausrufen, wenn wir den ersten Blick auf das Bild des Jüngers werfen. An den Malzeichen Christi und an der Ähnlichkeit mit seinem erniedrigten Herrn erkennen wir zunächst den Apostel. Ich bin dreimal gestäupt, dreimal habe ich Schiffbruch gelitten, Tag und Nacht habe ich zugebracht in der Tiefe des Meeres, ich war in Fährlichkeit durch die Mörder, in Fährlichkeit unter falschen Brüdern, in Hunger und Durst, in Frost und Blöße, in Gefängnissen, in Wachen, in Sorge um alle Gemeinden, ohne gewisse Stätte, wie ein Übeltäter, ein Schauspiel und Fluch der Welt, ein Fegopfer aller Leute, und dazu der Satansengel, der ihn mit Fäusten schlägt!

„Was will der Lotterbube sagen?“ höhnt die geistreiche Heidenwelt ihm entgegen; seine jüdischen Volksgenossen aber hetzen ihn von Stadt zu Stadt, und so wenig ist er ein gefeierter Redner, dass vielmehr immer wieder, wenn er seine Stimme erhebt, ein Aufruhr des allgemeinen Unwillens und des Hasses bei den Massen entfesselt wird. Wenn er der Vergangenheit gedenkt, so nennt er sich den vornehmsten Sünder, wenn er von dem redet, was er ist, so spricht er von sich als einer „unzeitigen Geburt“ und dem „allergeringsten der Apostel“, und wenn er sich rühmen soll, so rühmt er sich am allerliebsten seiner Schwachheit. Sieht so der Mann aus, der alles vermag? Ja wahrlich, muss man nicht jenem Festus recht geben, der sagte: „Du rasest, Paule!“? Aber er wird uns antworten wie jenem: „Ich rase nicht“, und wird zunächst darauf hinweisen, dass gerade jene Leiden das Mittel waren, um dem Evangelium den Weg zu bahnen, weil nur in jener Leidensgestalt der Apostel die Kraft des Herrn und seines Wortes recht zeigen kann. Er selbst sagt: „Darum dulde ich alles um der Auserwählten willen, auf dass auch sie die Seligkeit erlangen“ (2. Tim. 2,20).

Dann aber wird der, der vor uns das Bild seiner Armut und Schwachheit entrollt hat, das er nie verhüllte, mit denselben Farben vor unsern Augen ein Bild malen seines herrlichen Reichtums und seiner überschwänglichen Kraft nach seinem geheimnisvollen Wort: „Wenn ich schwach bin, so bin ich stark.“

Er kann nicht leugnen, dass er gescholten, verfolgt, gelästert wird, aber er vermag zu segnen, zu dulden und zu flehen für seine Verfolger. Er macht kein Hehl daraus: „Wir zagen, sind in Trübsal, sind unterdrückt,“ aber durch den Reichtum der Kraft Christi vermag er zu rühmen: „Wir verzagen nicht, wir ängsten uns nicht, wir kommen nicht um!“ Und Strich um Strich fügt er hinzu zu dem wunderbaren Bild, je dunkler die Schatten, desto heller das Licht: „Als die Unbekannten und doch bekannt, als die Sterbenden und siehe, wir leben, als die Gezüchtigten und doch nicht ertötet, als die Traurigen, aber allezeit fröhlich, als die Armen, die doch viele reich machen, als die nichts haben und doch alles haben!“ Um so besser, dass der Schatz in unscheinbaren Gefäßen ruht, desto herrlicher erscheint er! Was macht es, wenn das Glas zerbricht, wird doch das ganze Haus voll des köstlichsten Wohlgeruchs!

In dieser Gesinnung hat er vermocht, als ein Sterbender Lebenssamen hineinzustreuen in eine tote Welt, hat er, der wehrlose, namenlose Mann, jede äußere Stütze und Waffe entbehrend, ja verachtend, es gewagt, mit dem Evangelium, das den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit war, gegenüberzutreten der ganzen damaligen Welt. Er hat es vermocht, als ein Tor in die Centren des Weisheitsdünkels einzudringen, als ein Gefangener dem Thron der Fleischesmacht zu nahen und im Mittelpunkt des Christushasses den zu bekennen, den er einst verfolgt hatte. Und als ein mit Hass und Spott Überschütteter und mit Ketten Beladener hat er vermocht, Gefangene zu machen für den Herrn. Und angesichts aller Hindernisse und Schwierigkeiten und Leiden kann er, der so manche Gemeinde im Heidenland hat gründen dürfen, in seinem Herrn triumphieren und sagen: „In dem allen überwinden wir weit!“

Die Kraft seines Herrn hat ihn aber nicht nur vermögend gemacht, jene großen Geistesschlachten zu schlagen. Er vermag alles; das gilt nicht nur im Blick auf das große Ganze, sondern auch bezüglich der besonderen, täglich wechselnden Aufgaben, der denkbar verschiedensten Verhältnisse. Wie verschieden die Gemeinden und ihre Bedürfnisse sind, er weiß das rechte Wort zu finden. Aber er vermag nicht nur ein Lehrer, sondern auch ein Vorbild zu sein. In Stock und Eisen vermag er zu Philippi Gott zu loben; selbst in Tränen tröstet er die Ältesten von Ephesus; wenn die Krieger zagen und die Seeleute zittern, vermag er die Ruhe zu bewahren auf dem sinkenden Schiff und alles zu sehen und an alles zu denken. Obwohl die Gründung und Festigung der Gemeinden Seele und Geist in steter Anspannung halten, verdient er doch durch seiner Hände Arbeit bei Tag und Nacht sein tägliches Brot. Ihn vermag kein ränkevoller Advokat, kein feiler Richter einzuschüchtern, so wenig als ein Landpfleger oder ein König. Mit ihnen weiß er so gut umzugehen, wie mit Matrosen und Kriegern. Er vermag die feine Linie zu finden, um den Juden ein Jude und den Griechen ein Grieche zu werden, ohne der Würde des Gesandten Jesu und dem Evangelium der Freiheit etwas zu vergeben. Ja, er vermag allen alles zu werden. Und wenn der ehemalige Pharisäer, der einst viele Dinge nicht hatte tun dürfen, der dieses nicht gegessen, jenes nicht berührt hatte, wenn er jetzt die ganze Schöpfung seines Gottes überschaut, wenn er jetzt die ganze Schöpfung seines Gottes überschaut, so kann er in der Freiheit des Evangeliums und im Blick auf den ganzen Reichtum des Lebens sagen: „Alles ist euer und ich habe es alles Macht!“ Hat er zu viel gesagt, wenn er sagte: „ich vermag alles“? Wahrhaftig nein! Aber weil er als Christi Knecht nicht eigner Ehre geizig war, hat er den Ruhm nicht für sich gewollt, sondern er hat demütig und wahr zu dem „ich vermag alles“ hinzugefügt: „in dem, der mich mächtig macht.“

Und so fällt denn aller Ruhm, den man etwa ihm und seiner Kraft zollen möchte, zurück auf seinen Herrn. Wie der Sohn Gottes nichts von sich selber tun konnte, sondern nur, was er den Vater tun sah, was der Vater wirkte, so auch sein Jünger. Wie der Sohn nur suchte die Verherrlichung des Vaters, so suchte auch der Apostel nur die Verherrlichung dessen, der ihn gesandt hatte.

Jesum den Menschen vor Augen zu malen als den Gekreuzigten, Jesu Macht in der eigenen Schwachheit zu zeigen, den ganzen Christus darzustellen, das war es, worin der Apostel aufging. Darum durfte er wagen aufzufordern: „Seid meine Nachfolger, gleichwie ich Christi,“ weil er sagen konnte: „So lebe nun nicht ich, sondern Christus lebet in mir!“ Wer den Apostel ansieht, der kann nicht stehen bleiben bei seinem Bild, denn jeder Atemzug seines neuen Lebens dient ihm dazu, auf Christum hinzuweisen.

Er lebt und stirbt, arbeitet und rühmt sich, isst und trinkt, grüßt und tadelt, schließt aus der Gemeinde aus, belehrt, ermahnt, leidet, triumphiert, alles in Christo. Er kennt keinen Menschen nach dem Fleisch, keinen anderen Standpunkt für seine Beurteilung irgendwelcher Verhältnisse und Personen; von hier aus beleuchtet und regelt er die Fragen und Pflichten der einzelnen wie der Gemeinden; in Christo zentralisiert sich ihm seine ganze Weltanschauung und in Christo gewinnt ihm das Unscheinbarste Bedeutung und Wert. Und so führt er denn im Großen und Kleinen durch, was er den Kolossern schrieb: „Alles, was ihr tut, tut alles in dem Namen Christi.“

“Ich vermag alles in dem, der mich mächtig macht.“ Wie dieses Wort, das den Apostel auf seiner höchsten Höhe zeigt, zugleich ein Wort tiefster Demütigung ist, so schließt es mit dem Zeugnis höchster Freiheit das Bekenntnis engster Beschränkung und völligster Abhängigkeit in sich, es gibt ihm die genaueste Richtschnur für sein Tun und Lassen. Er vermochte nicht von Jerusalem fern zu bleiben trotz der seiner wartenden Bande, er vermochte nicht den Satansengel wegzubeten, er vermochte nicht der bedrängten jungen Gemeinde zu Thessalonich zu Hilfe zu kommen, er vermochte kein Wort zu reden, keinen Schritt zu tun, wenn es nicht in Christo geschehen konnte, wenn der Geist dessen ihm wehrte, wider dessen Stachel zu löcken er nicht vermocht hatte.

Dass nur in Christo er alles vermochte, hat der Apostel selbst unablässig bezeugt; wie völlig das wahr ist, wird uns klar, wenn wir noch einen Augenblick im Geist uns zurückversetzen in die Zeit, da er noch außer Christo war, als der wutschnaubende, junge Pharisäer mit glühendem Hass die Anhänger des gehängten Nazareners verfolgte und wie er dann vor dem himmlischen Licht niederstürzt und jenen Kampf gekämpft, der ihm den Verzweiflungsschrei auspresst: „Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen?“ Wenn wir je für einen Augenblick in Versuchung gekommen sind, über dem Meisterwerk den Meister zu vergessen, hier kommen wir zur Besinnung und anbetend stehen wir still vor dem, der sagt: „Siehe, ich mache alles neu!“ Hier schweigt aller fleischliche Ruhm, hier verstummt die unreine Begeisterung, und wir freuen uns mit den Engeln, dass der Gekreuzigte hier den Lohn seiner Schmerzen nimmt dass er buchstäblich aus dem Staub sich das Werkzeug aufgelesen, das mit der Botschaft von der übermächtigen Gnade die ganze Welt erfüllen wird, so dass der Sohn verherrlicht wird in dem, den ihm der Vater gegeben, und der Vater in dem Sohne.

Der Apostel aber, von dem es gleich nach dem Tage von Damaskus geheißen: „Saulus aber ward je mehr und mehr gekräftigt,“ sagt am Ende seines Lebens von seinem Herrn, als in seiner Verantwortung ihn alle verlassen hatten: „Der Herr aber stund mir bei und stärkte mich.“ Und im Blick auf die Zukunft fährt er fort: „Der Herr aber wird mich erlösen von allem Uebel. Ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten!“ So hat ihn denn sein Glaube nicht betrogen und sein Leben bezeugt auch uns, dass im vollsten Sinne von ihm gilt sein königliches Wort: “Ich vermag alles in dem, der mir Kraft einströmt!“

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