Schmedding, Heinrich - Predigt über Luk. XVI, 19-31

Schmedding, Heinrich - Predigt über Luk. XVI, 19-31

gehalten am I. Sonntag nach Trinitatis in der prot. Pfarrkirche zu St. Anna

Die Gnade unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, die Liebe Gottes des Vaters und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns Allen. Amen.

Epistel: 1 Joh. IV, 16-21.

16. Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott in ihm. 17. Daran ist die Liebe völlig bei uns, auf dass wir eine Freudigkeit haben am Tage des Gerichts; denn gleichwie er ist, so sind auch wir in dieser Welt. 18. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibet die Furcht aus; denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht völlig in der Liebe. 19. Lasst uns ihn lieben, denn er hat uns zuerst geliebt. 20. So Jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht? 21. Und dies Gebot haben wir von ihm, dass wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.

Evangelium: Luk. XVI, 19-31.

19. Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich mit Purpur und köstlicher Leinwand, und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. 20. Es war aber ein Armer, mit Namen Lazarus, der lag vor seiner Tür voller Schwären, 21. Und begehrte sich zu sättigen von den Brosamen, die von des Reichen Tische sielen; doch kamen die Hunde und leckten ihm seine Schwären. 22. Es begab sich aber, dass der Arme starb, und ward getragen von den Engeln in Abrahams Schoß. Der Reiche aber starb auch und ward begraben. 23. Als er nun in der Hölle und in der Qual war, hob er seine Augen auf, und sah Abraham von ferne, und Lazarum in seinem Schoß, 24. Rief und sprach: Vater Abraham, erbarme dich meiner, und sende Lazarum, dass er das Äußerste seines Fingers ins Wasser tauche, und kühle meine Zunge; denn ich leide Pein in dieser Flamme. 25. Abraham aber sprach: Gedenke, Sohn, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben, und Lazarus dagegen hat Böses empfangen; nun aber wird er getröstet, und du wirst gepeinigt. 26. Und über das Alles ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt, dass die da wollten von hinnen hinabfahren zu euch, können nicht, und auch nicht von dannen zu uns herüber fahren. 27. Da sprach er: So bitte ich dich, Vater, dass du ihn sendest in meines Vaters Haus; 28. Denn ich habe noch fünf Brüder, dass er ihnen bezeuge, auf dass sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual. 29. Abraham sprach zu ihm: Sie haben Moses und die Propheten; lass sie dieselben hören. 30. Er aber sprach: Nein, Vater Abraham; sondern wenn einer von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun. 31. Er sprach zu ihm: Hören sie Moses und die Propheten nicht, so werden sie auch nicht glauben, ob Jemand von den Toten auferstände.

Lied 566.

Das Christentum ist die Religion der Liebe. So hört man oft sagen. Und es ist wahr; die Epistel des heutigen Tages bezeugt es deutlich. Denn die Botschaft, mit der sich das Christentum an die Welt wendet, war und ist keine andere, als die in der Epistel verkündigte: Gott ist die Liebe; und darin steht die Liebe, nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsere Sünden; (1. Joh. 4, 16. 10.) und die Forderung, die das Christentum an die Welt stellet, war und ist keine andere, als die wiederum in der Epistel ausgesprochene: Lasst uns ihn lieben, denn er hat uns zuerst geliebt, und dies Gebot haben wir von ihm, dass wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe. (1. Joh. 4, 19. 21.)

So ist es wahr, was man sagt, das Christentum sei die Religion der Liebe. Aber ebenso wahr ist es auch, dass die Menschen gar oft ein falsches gefährliches Spiel treiben mit dieser Wahrheit, sie missbrauchen zum Deckmantel ihrer Bosheit, zur Beschönigung ihres Leichtsinns, zur Einschläferung ihres Gewissens zu einem falschen Trost, wenn der Tod, wenn das Gericht, wenn der Ernst der Ewigkeit an sie herantritt.

Aus dem lieben Gott macht man einen schwachen Gott, der - eben weil er die Liebe ist - kein Recht haben soll zu strafen - weder in dieser Zeit, noch viel weniger in der Ewigkeit; dem eben, weil er die Liebe ist, es nicht zukommen soll zu richten und zu geben einem Jeglichen, nach dem er gehandelt hat bei Leibesleben, es sei gut oder böse; der eben weil er die Liebe ist jeden Menschen, auch denjenigen, der sein ganzes Leben hindurch an seine Liebes tat in Christo Jesu nicht geglaubt, seinen Liebesruf nicht geachtet, und seine Liebesforderung nicht erfüllt hat, gleichwohl am Ende doch bereitwilligst in sein Himmelreich aufnehmen und in seine Liebesarme einschließen muss.

Geliebte! Ich will heute nicht hinweisen auf das Unsittliche einer solchen Vorstellung von der Liebe Gottes, die jeder mit Entrüstung zurückweisen würde, wollte man sie auf das irdische Abbild der göttlichen Liebe, auf die Liebe eines irdischen Vaters zu seinem Kinde übertragen ich will heute nicht davon reden, wie jede wahre, heilige Liebe - und eine andere verdient den Namen Liebe nicht zu ihrer notwendigen Kehrseite den Hass gegen alles Unheilige und Gemeine hat, ich lasse gegen solche Missdeutung und gegen solchen Missbrauch der Liebe Gottes einfach unser heutiges Evangelium reden. Es steht so gut in der Heiligen Schrift, wie die heutige Epistel; wollen wir jene noch gelten lassen, so müssen wir auch dieses anerkennen, das Eine ist die notwendige Ergänzung des Anderen.

Unser Evangelium zeigt aber, wie der liebe Gott trotz all' seiner unergründlichen und unermesslichen Liebe doch seiner nicht spotten lässt. Und gerade aus dem heiligen Ernst, mit dem es dies zeigt, leuchtet die suchende und rettende Liebe Gottes nur umso heller hervor, die ja nicht will, dass jemand verloren werde, sondern dass sich jedermann bekehre und lebe. Denn keine andere Absicht hat der Herr bei seiner Erzählung der Geschichte vom reichen Manne und vom armen Lazarus, als uns zu warnen, so lange es noch Warnenszeit ist, uns zu wecken, und zur Buße zu rufen, so lange es noch Weckenszeit ist. Es soll durch die Verkündigung dieses Evangeliums die Bitte des reichen Mannes am Ort der Qual erfüllt werden, wenn auch in anderer Weise, als er es gewollt es soll seinen noch lebenden Brüdern „bezeugt werden, auf dass sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual.“ (V. 28.) Achten wir denn, meine Freunde auf diese liebevolle Absicht des Herrn und betrachten wir:

Unser Evangelium als eine Weckstimme aus dem Jenseits an die noch lebenden Brüder und Schwestern des reichen Mannes.

Dich aber, o Heil'ger Gott, bitten wir:

Weck' uns auf vom Sündenschlafe
heute noch
Rette doch
Die verlor'nen Schafe.
Reiß' uns doch aus dem Verderben
Lass uns nicht
im Gericht
Der Verstockung sterben. Amen. 1)

Eine Weckstimme aus dem Jenseits an die noch lebenden Brüder und Schwestern des reichen Mannes nennen wir unser heutiges Evangelium, denn es ruft uns warnend zu:

I.

Es ist dem Menschen gesetzt einmal zu sterben, und danach das Gericht. (Hebr. 9, 27.)

So ungleich die Verhältnisse des reichen Mannes und des armen Lazarus waren, hier und dort, im Diesseits und im Jenseits - eines war beiden gemeinsam: „Lazarus starb, und der reiche Mann starb auch.“ (V. 22.)

Da gibt es ja keinen Unterschied: Arm oder reich, Fürst oder Bauersmann, König oder Bettler, Gelehrter oder Ungelehrter, Herr oder Knecht, Magd oder Frau, Sohn oder Tochter - sterben müssen sie alle! Darin sind wir einander alle gleich und dies, aber auch dies allein ist die Wahrheit des sonst oft so missverstandenen Wortes: Der Tod macht alle gleich.

O wie viele große und gewaltige Leute sind schon in dieser Welt gewesen, wie viele hochmütige Geister sind schon über diese Erde dahin geschritten, die in allen Dingen für sich eine Ausnahme verlangten, die in allen Stücken gemeint haben, es müsse ihnen etwas Besonderes gemacht werden und es ist ihnen eine Zeit lang gelungen aber einmal ist auch für sie die Stunde gekommen, da sie sich dem allgemeinen Gesetze fügen und unterordnen mussten; ihr Los war kein anderes, als das des Unbekanntesten, Geringfügigsten und Bescheidensten unter ihren Mitmenschen; sie haben auch davon gemusst, keine Kunst und kein Geld, keine Bitten und keine Tränen, keine Weisheit und keine Macht der Welt konnte sie zurückhalten. Fort mussten sie, hinweg von dieser Erde, hinweg von Allem, woran ihr Herz hing, hinweg von Haus und Hof, von Weib und Kind, von Geld und Gut, von Arbeit und Belustigung; es war aus mit ihren großen Planen, mit ihren hochfliegenden Gedanken, mit ihren kühnen Hoffnungen und Unternehmungen. Die einst so sicher dahin lebten, als ob sie ewig hier bleiben würden sie sind davon, ihre Spur ist verschwunden von der Erde und ihre Stätte kennt man nicht!

Und wir, die wir noch leben, ich und du und wir Alle, so viele wir da sind, und so viele um uns her leben auf dieser Erde, nah oder fern, gesund oder krank, jung oder alt - wir müssen auch hinweg über kurz oder lang, ob wir wollen oder nicht wollen, ob uns zur Zeit oder zur Unzeit; heute mir morgen dir, den Einen trifft es früher, den andern später - aber jeden trifft es. Denn jedem ist gesetzt, einmal zu sterben.

Gesetzt ist es einem jeden, gesetzt von einer höheren Macht, über die wir nicht gebieten können, die aber über uns gebietet; bestimmt ist es einem jeden - daran kann er nichts ändern.

Nun ja, denkt vielleicht einer bei sich selbst, das weiß ich, das wissen wir Alle schon längst, dies zu lehren, bedarf es keiner besonderen Predigt; das sagt uns jeder Tag - fast jede Zeitung mit ihren Sterberegistern erinnert uns daran; jeder Leichenzug, dem wir begegnen, jedes Grab, an dem wir stehen, sagt es uns: Wir müssen sterben. Eine alte Geschichte dies und nichts Neues.

Ja! es soll auch nichts Neues sein, lieber Freund! Nicht interessante Neuigkeiten aus dem Jenseits bringt unser Evangelium, so viel derselben man auch je und je darin gesucht hat, eine Weckstimme aus dem Jenseits will es sein. Aufwecken will es uns aus der geistlichen Trägheit, in der wir nicht bedenken, was wir wissen, aus der Gedankenlosigkeit, mit der wir nicht zu Herzen nehmen, was uns doch so nahe gelegt ist; aufwecken will es uns aus dem Leichtsinn, mit dem so viele in den Tag hineinleben, als ob es für sie keinen Tag des Todes gäbe, oder wenn auch, so doch in weiter, weiter Ferne erst; aufwecken will es uns aus unserem Traumleben, in dem wir uns Schlösser bauen, die doch in der Luft schweben und Pläne schmieden für ferne Zukunft, während wir doch von dem heutigen Tage nicht mit Sicherheit sagen können, dass er unser ist; aufwecken will es uns aus der Sinnenlust, in der wir forttaumeln von Begierde zum Genuss, und vom Genuss zur Begierde, und dabei vergessen, dass die Welt vergeht mit aller ihrer Lust; (1. Joh. 2, 16. 17.) aufwecken will es uns aus der sündlichen Torheit, mit der wir unser Herz hinhängen an vergängliche Dinge, die uns nicht bleiben, die nicht mit uns gehen, wenn wir fort müssen von diesem Leben, mit der wir uns Schätze sammeln, die uns nicht wahrhaft reich machen und unsere Seele darben lassen, wenn es nun heißt: Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern! (Luk. 12, 16-21.)

Dazu also wird es uns gesagt, dass uns gesetzt ist einmal zu sterben, auf dass wir es bedenken und klug werden, klug werden noch bei Zeiten, ehe es zu spät ist. Und solche Klugheit zu lernen, tut uns sonst so klugen, aber in dieser, in der wichtigsten Beziehung oft so unklugen Leuten recht not! Denn was hilft es zu wissen, dass wir sterben müssen, wenn solches Wissen nicht fruchtbar gemacht wird fürs Leben. Der reiche Mann im Evangelium wusste so gut, wie wir Alle, dass er sterben muss - aber bedacht hat er's nicht, aber klug geworden ist er nicht; und er hat dies nachmals schwer bereuen müssen, und was das Schrecklichste ist, seine Neue hat ihn nichts mehr geholfen es war zu späte Reue. Und dieser reiche Mann hat viele Brüder und viele Schwestern noch auf Erden, auch unter uns, unter uns Christen! Sie denken um kein Jota anders, als er gedacht hat, und leben nicht anders, als er gelebt hat. Wie er es gewusst hat, so wissen auch sie, dass sie sterben müssen, und doch, wie er nichts hat wissen wollen davon, so wollen auch sie nichts wissen von ihrem Sterben. Sie verbannen jeden Gedanken des Todes aus ihrer Seele, sie meiden ängstlich jedes Wort vom Sterben, sie fliehen den Anblick des Todes, sie überschreien sein ernstes Mahnen im Lärm des Alltagslebens und übertäuben sein lautes Rufen im Rausch der Sinnenlust. Sie fürchten ihn - und aus Furcht lachen und spotten sie über ihn. Und mit dem alle entrinnen sie ihm nicht, und jeder Schritt und jeder Augenblick führt sie näher in seine kalten Arme.

O, es ist unbegreiflich, was wir für leichtsinnige, für törichte Menschen sind! Taumeln an Abgründen hin und her, und binden uns selbst noch die Augen zu! Kennen die Gefahr, in der wir stehen, und nehmen uns doch nicht in Acht!

Ja, wenn es wahr wäre, meine Freunde, was man den für die Lüge so leichtgläubigen, für die Wahrheit so schwergläubigen Menschen je und je vorgelogen hat, wenn es wahr wäre, was man mit seltener Offenheit auch heut zu Tage wieder vielfach anpreist als höchste Weisheit, als bestimmtes Ergebnis der sogenannten exakten Wissenschaften, wenn es wahr wäre, dass nach dem Tode alles aus ist, dass, wie der Leib im Grabe vermodert, so die Seele in der Luft verfliegt, wie ein Dunst, wie der Nebel vor der aufsteigenden Sonne - nun dann möchte man solches Treiben, wie man es bei der Mehrzahl der Namenchristen sehen kann, wenn auch selbst von solchem Standpunkte aus - nicht berechtigt, so doch wenigstens entschuldbar finden. Dann wäre es wenigstens begreiflich, dass der Mensch seine kurze, ungewisse Lebenszeit sich versüßt, so gut er kann, dass er an dem Schatten der irdischen Güter sich nach Herzenslust ergötzt, dass er für die Mühen und Beschwerden dieses Lebens sich schadlos zu halten sucht, so gut es eben geht, so viel er kann und vermag, dass er lacht und scherzt, und spielt und tanzt, und isst und trinkt und sich freut des Lebens, weil noch das Lämplein glüht, dass er den Augenblick ausnützt, und um die Zukunft sich nicht kümmert.

Ja wenn es so wäre aber es ist nicht so! Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, und danach ist es nicht aus - danach das Gericht! Und das Eine ist so gewiss, wie das Andere. So wenig der Tod ein Märlein und eine Fabel ist, so wenig das Gericht nach dem Tode.

Und ob ihr es glaubt, oder nicht, ob ihr darüber lacht und spottet, oder nicht es ist doch so. Wir Menschen machen es nicht anders, mit aller Weisheit nicht, mit allen Ergebnissen der Wissenschaft nicht, mit allem Hohn über Aberglaube und Köhlerglaube und kindische Vorstellung nicht!

Es ist uns gesetzt zuerst zu sterben - und danach das Gericht! Und dabei wird's wohl sein Verbleiben haben müssen. Mit dem Tode tritt für den Einzelnen nicht bloß eine Scheidung ein, eine Scheidung von Leib und Seele, sondern auch eine Entscheidung, mit der das Geschick des Einzelnen sich entscheidet für immer!

„Lazarus starb, heißt es, und ward getragen von den Engeln Gottes in Abrahams Schoß.“ (V. 22.) So ist mit dem Tode sein. Geschick entschieden worden. Ein lieblich Los ist ihm geworden, ein schönes Erbteil hat er empfangen. (Ps. 16, 6.) Er hat viel gelitten in dieser Welt - nun wird er erquickt und getröstet; er hat viel entbehren müssen auf dieser Erde - nun wird er reichlich gesättigt mit ewiger Freude; er hat viel kämpfen und dulden müssen in dieser Zeit nun ist er am Ort der Ruhe, des Friedens und des Sieges. „Im Schoß Abrahams ist er“ sagt der Herr in bildlicher Redeweise, d. h. in seliger Gemeinschaft mit dem Vater der Gläubigen, in seliger Gemeinschaft mit den Frommen aller Zeiten, die gewandelt haben in den Fußstapfen des Glaubens Abrahams, (Röm. 4, 12.) in seliger Gemeinschaft - so setzen wir im Lichte des Neuen Testamentes hinzu mit unserem Herrn und Heiland selbst, (Phil. 1, 23.) und mit allen, die in ihm entschlafen sind. Dort wartet er nun in seliger Hoffnung mit allen Kindern Gottes von der Welt her auf die große Stunde, wo auf den Schall der Posaune Gottes die Toten, die Christo angehören, auferstehen werden zur ersten Auferstehung aus den Toten, um mit den dann noch lebenden Gläubigen zugleich vollendet zu werden. (1. Kor. XV, 23; 1. Thessal. 4, 16. 17; Offenb. St. Joh. 20, 5.; Hebr. 11, 40.)2)

Engel waren es, die der Seele des armen Bettlers das letzte Ehrengeleit geben mussten, die buchstäbliche Erfüllung des großen Wortes: „Sind die Engel nicht allzumal dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit.“ (Hebr. 1, 14.)

Des armen Lazarus Los ist entschieden, entschieden für immer, entschieden mit dem Tode.

„Und der reiche Mann starb auch und ward begraben“ heißt es von ihm in schauerlicher Kürze. „Er ward begraben“ ja das ist die letzte Ehre, die ihm noch zu Teil wird, und auch sie gilt nicht mehr ihm nur seinem Leichname. Er hatte ja noch fünf Brüder, die als lachende Erben des reichen Mannes die Ehre des Hauses zu vertreten hatten. Sie werden ihm wohl noch ein prunkendes Leichenbegängnis veranstaltet haben. In langem Zuge, unter den Trauerklängen der Trommler und Pfeifer (Matth. 9, 23.) tragen sie ihn hinaus in die prächtige Gruft; ein kostbarer Grabstein wird aufgerichtet, und eine goldene Inschrift verkündigt der Mit- und Nachwelt den Preis seiner Tugend. Aber was hilft es ihm? Er weiß nun, was seine Taten wert sind, und während die kurzsichtigen Menschen auf Erden noch prächtige Trauerfeste feiern, und herrliche Lobreden auf den Dahingeschiedenen halten, hat des Richters Herz- und Nieren-prüfender Blick ihn getroffen, und ihm den Ort seiner Bestimmung angewiesen.

Er starb und auch seine Seele ward getragen von Engeln, aber nicht von den lichten Engeln Gottes an den Ort des Friedens, sondern von den finsteren Engeln dessen, der des Todes Gewalt hat (Hebr. 2, 14.) an den Ort der Qual. „Da er nun in der Hölle und in der Qual war“ heißt es von ihm im Evangelium (V. 23.) Wir haben nicht nötig, mit dem Pinsel einer unkeuschen Phantasie diesen Ort des Schreckens auszumalen. Ort der Qual und der Pein heißt er, da der Wurm nicht stirbt, und das Feuer nicht verlöscht (Jesaj. 66, 24.) - das ist genug!

Auch des reichen Mannes Los ist entschieden, entschieden für immer, entschieden mit dem Tode!

Ja! es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben und danach das Gericht. Wer Ohren hat zu hören - der höre!

II.

Unser Evangelium eine Weckstimme aus dem Jenseits an die noch lebenden Brüder und Schwestern des reichen Mannes, denn es ruft uns warnend zu:

Irret euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten. Was der Mensch sät, das wird er ernten; wer auf das Fleisch sät, der wird vom Fleisch das Verderben ernten, wer aber auf den Geist sät, der wird vom Geist das ewige Leben ernten. (Gal. VI, 7. und 8.)

Es ist ein verschiedenes Geschick, zu welchem der Tod die Menschen im Jenseits einführt, ein Leben der Seligkeit und ein Leben der Verdammnis. Aber welches ist der Maßstab, nach welchem dem Einen dieses, dem Andern jenes zugemessen wird; wonach entscheidet sich das zukünftige Geschickt? Bei einem nur oberflächlichen Blick auf unser Evangelium könnte es scheinen, als ob es davon abhinge, ob einer hier reich oder arm, glücklich oder unglücklich war. Der Eine hat in diesem Leben sein Gutes empfangen - (nicht: darum) nun wird er gepeinigt, der Andere dagegen hat hier Böses empfangen, nun wird er getröstet. So lesen wir in unserem Evangelium. (V. 25.) Aber es hieße den Sinn des Herrn gröblich missverstehen, wollten wir diesen Schluss aus seiner Erzählung ziehen.

Es ist wahr, der Reichtum hat seine besonderen Gefahren für die Seligkeit. Die Heilige Schrift weist uns oft darauf hin. Er bringt viele Versuchung mit sich zur Augenlust, zur Fleischeslust, zu hoffärtigem, eitlem, stolzem und selbstgenügsamen Wesen, - er macht das Herz gar leicht hart und undankbar gegen die göttliche Liebe und gleichgültig gegen die ewigen Güter des Heils. Wie schwer ist es, sagt darum der Herr selbst einmal, dass ein Reicher ins Himmelreich eingehe; (Matth. 19, 23. vergl. mit Marc. 4, 19.) und sein Apostel warnt uns vor dem gierigen Jagen nach Reichtum, denn die da reich werden wollen, die fallen in Versuchung und Stricke und viele törichte und schädliche Lüste, welche versenken die Menschen ins Verderben und Verdammnis; denn Geiz ist eine Wurzel alles Übels“ (1. Tim. 6, 9 f.). Aber vergessen wir nicht: die Armut hat auch ihre besonderen Gefahren. Sie macht das Herz gar leicht unzufrieden, mürrisch, neidisch - sie verleitet oft zum Diebstahl und Betrug, zu allerlei unehrlichen Hantierungen u. dgl.

Reichtum und Armut sind allerdings Gegensätze, aber doch nur in Bezug auf die äußerliche Lage des Menschen; sie bedingen nicht einmal in diesem Leben Glück oder Unglück, (Sprw. Sal. 13, 7. 28; 6. Sirach 30, 14. 20.) viel weniger in jenem Leben. Darum gibt es keinen grundloseren und seelengefährlicheren Trost als den, welchen sich so viele Armen aus unserem Evangelium machen: Weil ihr Los auf Erden ein kummervolles und hartes sei, darum müssten sie dort einen Ersatz dafür finden in der Seligkeit des ewigen Lebens. Es ist vielmehr zu fürchten, dass ebenso viele Armen verloren gehen durch sittliche Trägheit, durch Hass und Neid gegen ihren Nächsten, durch Murren und Ungeduld gegen Gott, als Reiche verloren gehen durch Hochmut und Sinnenlust. Nein, der Reichtum war es nicht, der den reichen Mann in die Hölle - und die Armut war es nicht, die Lazarum in den Himmel brachte. Ihr äußeres Los in dieser Welt entschied nicht über ihr späteres Los in jener Welt. Aber was war es denn? Was gab denn die Entscheidung?

War der reiche Mann vielleicht ein Gotteslästerer und Sabbatschänder, ein Ehebrecher oder Totschläger, ein Betrüger oder Geizhals? War er hart gegen seine Mitmenschen, grausam gegen seine Untergebenen? So denkt man ihn sich oft. Aber unser Evangelium wenigstens weiß von alle dem nichts. Wir hören mit keinem Worte, dass er sein Vermögen auf unrechtmäßige Weise erworben habe, oder dass er die Grenzen des gesetzlich Erlaubten, des Anstandes und der Sitte überschritten habe. Ja der Mann hat sogar seine guten Eigenschaften. Er ist in gewissem Grade wohltätig und barmherzig. Er treibt den armen Lazarus nicht von der Türe seines Hauses hinweg, er lässt ihn dort liegen, den kranken Bettler, er gönnt ihm die Bissen, die von seiner Tafel für ihn abfallen. Zwar lebte er herrlich und in Freuden, aber wenn er größeren Aufwand machte, als seine Mitbürger - nun so hatte er eben auch mehr Mittel dazu als sie.

Was war es denn, so fragen wir nochmals, das ihn an den Ort der Qual brachte? Unser Evangelium scheint keinen genügenden Erklärungsgrund hierfür anzugeben, denn es sagt ja von ihm weiter nichts, als dass er alle Tage herrlich und in Freuden lebte. Seht, meine Freunde, darin liegt eben der furchtbare Ernst und die erschütternde Wahrheit unseres Evangeliums, dass der Herr von dem reichen Mann nur dies - und sonst nichts sagt, nur dies - und sonst nichts zu sagen weiß; dass die ganze Biographie dieses Mannes, der ganze Inhalt seines Lebens in den wenigen Worten enthalten ist: „Er lebte alle Tage herrlich und in Freuden.“ O wie elend und jämmerlich, wie traurig und trostlos muss es mit einem Menschen stehen, von dem man nur dies sagen kann - und sonst nichts. Alle Tage herrlich und in Freuden also keinen Tag stiller Einkehr in sich selbst, keinen Tag ernsten Schaffens mit Furcht und Zittern, selig zu werden (Phil. 2, 14); keine Stunde tiefen Wehes über die Leerheit und Armseligkeit aller irdischen Freuden, keine Stunde gläubigen Verlangens nach besseren himmlischen Gütern - keinen Augenblick bußfertigen Sündenbekenntnisses, keinen Augenblick ernsten Gedankens an Tod und Gericht keine Zeiten innigen Gebetes und Verkehrs mit Gott, keine Zeiten ernster Schriftforschung nichts als Genuss, nichts als Freude, nichts als Wohlleben, und so alle Tage und alle Tage - und sonst nichts, sonst gar nichts!

Meine Freunde! Fragen wir noch: Warum ist denn der reiche Mann verloren gegangen? Er hat ja nicht sonderlich viel Böses getan? Nein! aber er hat sonderlich viel Gutes unterlassen! Ihm fehlt die Hauptsache, ihm fehlt das Eine, was not tut, und weil ihm dies Eine fehlt, fehlt ihm Alles. Ihm fehlt der Verkehr mit Gott, die Gemeinschaft mit Gott, ihm fehlt: Religion! Er hat keinen Glauben an Gott, keine Liebe zu Gott, keine Hoffnung auf Gott; er kennt keine Ewigkeit und kein Jenseits er ist der Mann des Diesseits, der Weltmann, der Lebemann, der Sinnesmensch. Er kennt nur das Fleisch und was dem Fleische wohltut er kennt nur Fleischespflege und streut nur Fleischessaat.

Wer aber auf das Fleisch sät, wird vom Fleisch das Verderben ernten. Liebe Freunde! Der reiche Mann im Evangelium hat viele Brüder und viele Schwestern, die noch leben. Er hat sie nicht nur in den vornehmen Kreisen, im Fürsten- und Grafen- und Adelsstand; er hat sie auch im Bürger- und Arbeiterstand. Denn das ist am Ende gleich viel, ob es heißt: Er war reich und lebte alle Tage herrlich und in Freuden oder er lebte alle Tage in Sorgen und in Mühen, um reich zu werden. Wenn man von einem Menschen nur dies sagen kann, und sonst auch nichts - wenn es am Ende heißt: Er schaffte dies, er schaffte das, der armen Seel' er ganz vergaß, so lang er lebt' auf Erden so fehlt eben auch in diesem Leben die Hauptsache: das Leben aus Gott und in Gott, das Leben im Geiste und das Wandeln in ihm. Es ist nur eine etwas mühevollere Aussaat, aber Fleischesssaat ist es auch; wer aber auf das Fleisch sät, wird vom Fleisch das Verderben ernten; nur wer auf den Geist sät, wird vom Geiste das ewige Leben ernten.

Wir sehen es an dem Gegenbilde des reichen Mannes im Evangelium, am armen Lazarus. Auch von ihm wird uns keine nähere Beschreibung seiner Herzensbeschaffenheit gegeben. Die Geschichte erzählt uns nur, dass er vor der Türe des reichen Mannes lag voller Schwären, und sich zu sättigen begehrte mit den Brosamen, die von des Reichen Tische sielen - und sonst nichts. Aber dieses sonst nichts“ ist besser als das vorige. Nur seine Armut, seine Krankheit, sein Elend ist von ihm zu sagen - kein Wort der Klage, kein Murren wider Gott, keine Unzufriedenheit und Ungeduld, keine Missstimmung über das traurige Los, das ihm geworden, kein Neid auf den Reichen, der alle Tage herrlich und in Freuden lebte. Das ist auch ein gar beredtes Schweigen unserer Erzählung. Denn wie war es möglich in solchem Elende diese Geduld, in solchen Schmerzen diese Ruhe, in solcher Not diesen Frieden, diese Ergebung, diese Demut sich zu bewahren?

Meine Freunde! Was dem reichen Manne fehlte, das hatte der Arme in reichem Maße: Verkehr, Umgang, Gemeinschaft mit seinem Gott. Sein Glaube an Gott machte ihn stark, alles mit Gelassenheit hinzunehmen und mit Geduld zu ertragen: „Wie Gott mich führt, so will ich geh'n ohne alles Eigenwählen rc.“ Seine Liebe zu Gott machte ihn sein Leid vergessen: Wenn ich nur Dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde; und ob mir gleich Leib und Seel verschmachtet, so bist du doch Gott allezeit meines Herzens Trost und mein Teil. (Ps. 73, 25. f.) Seine Hoffnung zu Gott gab ihm Kraft, in Demut auszuharren bis ans Ende: Die Rechte des Herrn kann alles ändern; Gott legt uns zwar eine Last auf, aber er hilft uns auch; wir haben einen Gott, der da hilft und einen Herrn Herrn, der vom Tode errettet. (Ps. 68, 20-21.) Der arme Lazarus kennt eine Ewigkeit und ein Jenseits darum hält er dafür, dass das Leiden dieser Zeit nicht wert sei der Herrlichkeit, die. an uns soll offenbart werden (Röm. 8, 18.). Er ist der Mann des Jenseits, er sieht nicht auf das Zeitliche, sondern auf das Ewige, nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare, er führt seinen Wandel im Glauben, nicht im Schauen, im Geiste und nicht nach dem Fleische. Er geht dahin mit Weinen, und sät Geistessaat er kommt mit Freuden und erntet Geistesernte. Wer auf den Geist sät, der wird vom Geiste das ewige Leben ernten.

Geliebte! Eine Weckstimme soll unser Evangelium uns sein, indem es uns zuruft: Was der Mensch sät, das wird er ernten. Wozu soll uns dies erwecken? Zu ernster Entscheidung, zu heilsamer Wahl, zur Wahl des besten Teiles. Leben oder Tod, Seligkeit oder Verdammnis Gott hat es in unser Herz, in unsere Hand gelegt. „Des Menschen Wille ist sein Himmelreich“ - ja, es ist wahr; aber des Menschen Wille kann auch seine Hölle werden das ist ebenso wahr. Es kommt darauf an, was wir wollen; was wir wählen, was wir säen. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. Wer Ohren hat zu hören, der höre!

III.

Unser Evangelium eine Weckstimme aus dem Jenseits an die noch lebenden Brüder und Schwestern des reichen Mannes. Denn so sagen wir kürzlich noch - es ruft uns zu:

Selig sind, die Gottes Wort hören - und bewahren (Luk. XI, 28.). Das Los des reichen Mannes ist entschieden - es ist gefallen, wie er selbst es geworfen hat, er kann es nicht mehr ändern. Aber er hat noch fünf Brüder zu Hause, die sind noch nicht so weit wie er, aber auf dem Wege dazu. Ihnen möchte er ein Halt! zurufen. O er möchte es ihnen am liebsten selbst bezeugen, wohin er gekommen, wohin auch sie kommen werden, wenn sie fortgehen auf dem betretenen Wege, auf der breiten Luststraße, die zur Verdammnis führt (Matth. 7, 13.). Aber für ihn ist kein Entrinnen mehr möglich.

So ruft und bittet er: Vater Abraham, erbarme dich mein, und sende Lazarum in meines Vaters Haus; dass er meinen Brüdern bezeuge, auf dass sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual (Vers 27. 28.). Nur leise verbirgt sich unter dieser Bitte der Vorwurf: Ja, wenn ich es früher gewusst hätte, wenn ich früher gewarnt worden wäre, wenn man mir zur rechten Zeit es bezeugt hätte dann wäre ich jetzt nicht hier, dann hätte ich anders gelebt, dann wäre ich anders gestorben. - Und meine Brüder zu Hause! wenn sie es nur wüssten, aber es sagt es ihnen Niemand, es warnt sie Niemand. Ach die Unglücklichen! die ohne ihre Schuld einem Geschicke entgegengehen, von dem sie keine Ahnung haben!

Ohne ihre Schuld? Ohne gewarnt zu sein? Haben sie denn nicht Moses und die Propheten? (V. 29.) Und erheben diese nicht laut genug ihre warnende Stimme? Weisen sie nicht mit nachdrucksvollem Ernste jeden, der sich nur weisen lassen will, auf die Gerichte hin, die den Gottlosen treffen werden? Verkündigen sie nicht jedem, der nur hören will, einen Tag der Rache, da Gott vergelten wird allen, die seinen Bund nicht gehalten, seine Rechte vergessen, und seine Gebote übertreten haben? (5 Mos. 32, 35. Jesaj 34, 8. Jerem. 51, 6.) Sagen sie es nicht jedem, was gut ist und was der Herr von ihm fordert: nämlich Gottes Wort halten, und Liebe üben und demütig sein vor seinem Gott? (Micha, 6, 8.)

So ist es wahrlich nicht Gottes, sondern nur ihre eigene Schuld, wenn sie verloren gehen. Denn Gott hat sich ihnen nicht unbezeugt, Gott hat sie nicht ungewarnt gelassen. Sie haben Moses und die Propheten; lass sie dieselben hören!

Doch der reiche Mann gibt sich damit nicht zufrieden. Gottes Wortes scheint ihm zu gering, zu unbedeutend, zu machtlos. Er erinnert sich, wie wenig Eindruck es einst auf ihn gemacht, wie gleichgültig er es einst behandelt, wie wenig er es einst geachtet hat. Er fürchtet dasselbe von seinen Brüdern und darum bittet er: „Sende Lazarum zu ihnen, denn wenn einer von den Toten zu ihnen käme dann würden sie Buße tun“ (V. 30.) Ja dann, wenn plötzlich bei ihren Festgelagen ein Geist aus der Unterwelt erschiene, und mit hohler Stimme ihnen bezeugen würde, dass es ein Leben nach dem Tode gibt, und ein Gericht nach dem Tode, und einen Ort der Qual für die Gottlosen dann würden sie erschrecken, dann würden sie es glauben und Buße tun. So denkt der Mann am Ort der Qual. Aber anders denkt man am Ort der Tröstung und des Friedens. „Hören sie Moses und die Propheten nicht, so werden sie auch nicht glauben, dass jemand von den Toten auferstanden sei“ so schallt es von dort herüber zu dem reichen Manne in der Hölle herüber auch zu seinen Brüdern und Schwestern, die noch leben auf dieser Erde. O, dass sie Ohren hätten, es zu hören; zu hören, dass sie keine Entschuldigung haben, wenn sie einst dasselbe traurige Los treffen wird, das ihren vorangegangenen Bruder getroffen hat denn sie haben Moses und die Propheten, ja sie haben noch mehr, sie haben Christum und seine Apostel, die ihnen weisen den Weg des Lebens, der aufwärts geht, damit sie meiden den Weg der Hölle, der abwärts geht (Spr. Sal. 15, 24. Matth. 7, 13. 14) - zu hören, dass keine besonderen Offenbarungen aus der Totenwelt ihnen zu Teil werden, um sie zur Buße zu treiben, dass kein Wunder, wie sie es wünschen, vor ihren Augen geschehen wird, um sie zum Glauben zu bringen zu hören, dass nicht die selig sind, die nach Zeichen fragen, sondern nur die, die Gottes Wort hören und bewahren.

Ach, es ist eitel Selbstbetrug und Selbsttäuschung zu meinen, wenn einer von den Toten auferstünde, dann würde jedermann Buße tun; denn dann wüsste man es einmal gewiss, dass es ein Leben nach dem Tode und ein Gericht nach dem Tode gibt. Es ist ja auch schon geschehen. Aber was war die Wirkung? Einen anderen Lazarus hatte Jesus aus den Toten wieder ins Leben zurückgeführt - aber die Pharisäer, die Augenzeugen dieser Wundertat waren, haben sie geglaubt? Etliche von ihnen ja! (Joh. 11, 45.) Aber der größere Teil ward nur um so verstockter und ratschlagten von dem Tage an, wie sie Jesum töteten. (Joh. 11, 53.) Und unser hochgelobter Heiland selbst hat am dritten Tage sein Felsengrab gesprengt und ist auferstanden von den Toten und seine Auferstehung ist beglaubigt durch mancherlei Zeugen und Zeugnisse (1 Kor. XV, 1-23) aber hat das Volk, haben seine Obersten diesem Zeugnis der Apostel, denen er sich lebendig erzeiget hat durch mancherlei Erweisungen (Apostelgesch. 1, 3 f.) geglaubt? Meine Freunde! Wunder können den Glauben nicht begründen, sie können ihn nur stärken, wenn er schon da ist. Wer nicht aus der Wahrheit ist, wird durch sie nur desto mehr verhärtet und verstockt. Darum begehrt nicht Wunder zu sehen, um durch sie zur Buße und zum Glauben zu gelangen sondern lasst euch erwecken dazu durch das Wort, das unter euch gepredigt wird. Das Wort Gottes nicht - ein Wunder Gottes ist die Kraft selig zu machen alle, die daran glauben. Wie ihr zu diesem Worte euch stellt, davon wird es abhängen, ob ihr selig werdet oder verloren geht. Dieses von den Menschen so verachtete, von Christo so hochgestellte Wort es wird einst euch richten, auch das Wort, das ihr heute gehört habt. Amen.

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Der Leser wird gebeten, die angeführten Stellen nachzulesen und zu bedenken.
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