Rutherford, Samuel - Briefe Rutherford's aus seiner Gefangenschaft in Aberdeen.

Inhaltsverzeichnis

Rutherford, Samuel - Briefe Rutherford's aus seiner Gefangenschaft in Aberdeen.

28. An die theuern Brüder in Irland,

welche Jesum und Seine Wahrheit in Aufrichtigkeit bekennen.

Herzlich Geliebte in unserem HErrn und Genossen des himmlischen Berufes! - Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott, unserem Vater und von unserem HErrn Jesu Christo sei mit Euch. Ich freue mich immer, besonders aber jetzt in meinen Banden (den süßen Banden für Christum, meinen HErrn) wenn ich von Eurem Glauben und Eurer Liebe höre. Ich kann (zur Ehre unsers hochgelobten HErrn sei es gesagt). Euch fest versichern, obwohl ich freilich erst ein schwaches Kind in Christo und der geringste, ja noch weniger als der Geringste von allen Heiligen bin, daß wir für Ihn, den Schönsten unter den Menschenkindern, noch lange nicht die Ihm gebührende Liebe und Verehrung haben. Wo könnten wir auf Erden Jemanden finden, den wir Ihm an die Seite, Ihm gleich stellen dürften, oder der besser wäre, als Er? Wahrlich, für Ihn in Sackleinen und in Asche zu gehen, ist mehr werth, als das Gelächter des Narren, welches dem Krachen der Dornen unter dem Topfe gleicht. Aber ach, wir wollen unser Angesicht nicht abhärten gegen die kalten Nordstürme, die über Christi Erbtheil wehen. Wir lieben eine Sommer-Religion und möchten gerne in einem gut bedeckten Wagen in den Himmel hineinfahren; wir verlangen, daß Christus und Gewißheit und Brief und Siegel gebe, daß wir immer schönes Wetter haben werden, bis wir an des Himmels Thor anlangen. O, daß Ihr doch Euern Glauben prüfen und Eure Erwählung fest machen wolltet, damit Ihr nicht Lampen ohne Oel traget! Ach, die falsche Sicherheit, die Sicherheit ist der Bann und das Verderben der meisten Menschen. Bedenket, wie schön manche mit ausgebreiteten weißen Segeln bei gutem Winde einhersegeln, ja sogar „schmecken die himmlische Gabe, theilhaftig werden des heiligen Geistes und schmecken das gütige Wort Gottes und die Kräfte der zukünftigen Welt;“ und doch haben sie nur einen falschen Schein der Wiedergeburt und in Kurzem scheitern sie plötzlich an den Felsen; sie erreichen nicht den Hafen, sondern versinken in den Abgrund der Hölle. Sorget, daß ihr Eurer Seligkeit gewiß werdet und prüfet, wie es mit Eurer Bekehrung steht, auf daß Ihr Euch nicht mit fremdem Gute schmücket und mit einem schön glänzenden leeren Bekenntnisse prunket. Ach, es schmerzt mich tief, daß das heilige Bekenntniß des Christenthums von vielen zu einem Prunkkleide gemacht wird, um eitlen Ruhm davon zu tragen. - Wisset, daß, wer nicht den Leib der Sünde in geheiligter Selbstverleugnung ertödtet, nimmer ein wahrer Jünger Christi werden kann. O, wenn ich doch Herr werden könnte über diesen Hausgötzen, mein Ich, nehmlich über meinen Eigenwillen, meinen Eigendünkel, meine Ehre und meine Gelüste, wie selig wäre ich dann! Doch es ist schwerer, von sich selbst erlöst zu werden, als von dem Teufel und der Welt. Lernet es, Euer Ich abzulegen und Christum dafür anzuziehen. Was würde sich für einen schönen Tausch machen, wie Altes für Neues hingeben, wenn ich Christum, meinen HErrn an meine Stelle setzen könnte; wenn ich sagen könnte, nicht ich, sondern Christus; nicht mein Wille, sondern Christi; nicht meine Lust, nicht meine Ehre, sondern nur Christi! Aber ach! wenn wir auch uns selbst verlassen und Christum statt unseres vergötterten Ich's hinstellen, so blicken wir doch noch mit Zärtlichkeit nach unserem alten Götzen hin. O dieser elende Götze, mein Ich! wann werde ich es sehen, daß du ganz hinausgeworfen und Christus ganz an deine Stelle gesetzt ist? Wann werden alle meine Bestrebungen, meine Gedanken und Wünsche einzig und allein in ihm ihren Grund haben und nicht in mir? Doch wenn wir auch nicht zu dieser Verleugnung des Ich und des Eignen gelangen können, daß wir sagen dürften, ich bin nicht mehr ich und mein Eigenes ist nicht mehr mein Eigenes, so wird doch, wenn wir in allem, was wir thun, hienach ringen, schon dieses Ringen in Gnaden angenommen werden. Denn ach, ich glaube, ich werde es bis an meinen Tod nicht weiter bringen, als daß ich darnach ringe, ein Christ zu sein. Ist es nicht unser Trost, daß Christus, der Vermittler des neuen Bundes, zwischen uns und Gott in's Mittel getreten ist, so daß nun, Gott sei Dank, unsere Seligkeit auf Christum gegründet ist. Ich würde tausendmal alles aufgegeben haben, wenn nicht Christus es auf sich genommen hätte, durch Seine freie Gnade uns unsere Seligkeit zu schenken. - Nun bitte ich Euch dringend um den Beistand Eures Gebets, denn ich vergesse Eurer nicht.

Der Gott des Friedens, der von den Todten ausgeführet hat den großen Hirten der Schafe. durch das Blut des ewigen Testamentes, unsern HErrn Jesum, der mache Euch fertig in allem guten Werk, zu thun Seinen Willen und schaffe in Euch, was vor Ihm gefällig ist, durch Jesum Christum, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Aberdeen, 4. Februar 1638.

S. R.


29. An Johann Gordon von Cardoneß den Aeltern.

Theuerster Freund in dem HErrn!

Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen! Mich verlanget sehr darnach, zu erfahren, wie es zwischen Ihnen und Christo stehet. Der HErr weiß, wie Ihre Seele mir auf dem Herzen lieget, Sie gehen mit mir zu Bette, und stehen mit mir auf. Der Gedanke an Ihre Seele, mein Theuerster in dem HErrn, verläßt mich selbst im Schlafe nicht; wahrlich, Sie haben keinen geringen Antheil an meinen Thränen, Seufzern, Gebeten und Fürbitten. Ach, wenn ich doch Ihrer Seelen Seligkeit und ein frohes Wiedersehen vor dem Throne Gottes durch Leiden, sie seien noch so groß, erkaufen könnte! Pein, ja ewige Pein wird Ihr Theil sein, wenn das Evangelium Ihnen nicht ein Geruch des Lebens zum Leben wird. Glauben Sie mir, der Himmel ist nicht eine so leicht zu erobernde Stadt, Wenn „der Gerechte kaum erhalten wird,“ wie sehr muß dann dem Himmelreich Gewalt angethan werden. Ach, Viele betrügen sich selbst; Alle wollen in den Himmel; Alle sagen, sie hätten Glauben; und der größte Theil der Menschen weiß nicht und bedenkt nicht, daß ein Irrthum in der Sache Ihrer Seligkeit der allerbeklagenswertheste Irrthum ist, und daß kein Verlust mit diesem Verluste verglichen werden kann. Darum sehen Sie zu, daß Sie sich über die Gewißheit Ihrer Seligkeit nicht täuschen; denn Sie wissen nicht, wie schnell der Richter kommen wird! Der Tod ist Ihnen ganz nahe, schwebt schon gleichsam über Ihnen und wird nur durch Gottes Geheiß noch zurückgehalten, damit Sie erst bereitet werden; darum haben Sie es nöthig, Ihre Zeit wohl zu benützen und mit mehr Ernst an die Ewigkeit zu denken. Ein falscher Tritt beim Hinausgehen aus diesem Leben ist in einer Beziehung der Sünde wider den heiligen Geist gleich, und kann nicht vergeben werden, weil wir nicht wieder zurückkommen können, um dafür Buße zu thun. Ich weiß, die Schuldenlast, die Sie durch Ihr weltliches Treiben auf sich geladen haben, ist groß; der HErr wird Rechenschaft fordern von jeder Ihrer Stunden. Verspielen Sie nun nicht noch die letzten Stunden Ihres Lebens; Sie verspielen sonst Ihre kostbare Seele. Um des HErrn willen verlieren Sie nicht einen solchen Schatz. Sie wissen, daß ich Ihnen aus Liebe für Ihre Seele oft mein Mißfallen über Ihre Wege im Geheim und öffentlich ausgedrückt habe. Jetzt bin ich nicht mehr Zeuge Ihrer Handlungen, aber Ihr Richter ist allenthalben Ihr Zeuge. Ich beschwöre Sie bei der Barmherzigkeit Gottes, bei dem Heil Ihrer Seele, bei Ihrem Troste, wenn einst Ihr Auge brechen, das Gesicht erblassen und die Seele erzittern wird die Leimhütte zu verlassen, und bei Ihrem Erscheinen vor Ihrem gerechten Richter, - schlagen Sie nach dem Empfang dieses Briefes einen andern Weg ein; und jetzt, am Ende Ihrer Tage, machen Sie sich Ihrer Seligkeit gewiß; prüfen Sie sich, ob Sie in Wahrheit in Christo sind. Denn Manche „halten sich für theilhaftig des heiligen Geistes, meinen, das gütige Wort Gottes und die Kräfte der zukünftigen Welt“ geschmeckt zu haben und haben dennoch keinen Theil an Christo. Viele bilden sich ein, daß sie glauben aber sie erzittern niemals; die Teufel sind weiter als sie. Sorgen Sie, daß Sie nicht zu denen gehören, die blos mit dem Munde bekennen, kaum der sechste Theil von der Spanne Ihres Lebens ist noch vor Ihnen. Eilen Sie, eilen Sie, denn die Zeit steht nicht still. Ich habe nie so erkannt, was Sünde ist (obwohl ich davon gepredigt), als seit ich nach Aberdeen gekommen bin. Neben einem Strome von Feuer und Schwefel zu stehen, der breiter ist, als die Erde, und zu erwarten, an Händen und Füßen gebunden, augenblicklich hineingeworfen zu werden und zu wissen, daß Gott das Thor des Gefängnisses schließt, damit es in alle Ewigkeit nicht wieder geöffnet werde; o, wie muß das ein Gewissen erschüttern, das noch leben in sich hat!

Nun, mein Lieber, suchen Sie den HErrn und Sein Antlitz und retten Sie Ihre Seele. Beten Sie für mich und der Segen Gottes, die Gebete und Segenswünsche eines armen Gefangenen, Ihres Seelsorgers sind mit Ihnen!

Aberdeen, 16. Juni 1637.

S. R.


30. An Lady Boyd.

Gnädige Gräfin!

Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott unserm Vater und von unserm HErrn Jesu Christo sei mit Ihnen! Ich freue mich, daß der Vater des Lichts Sie den Punkt im Christenthum hat erkennen lassen, nach welchem Sie jetzt ringen; nämlich das rechte Auge auszureißen und die rechte Hand abzuhauen, auf daß Sie den Sohn Gottes erlangen. Fürchten Sie sich nicht, Christus wird das glimmende Docht nicht auslöschen, und wer darf es sonst thun, wenn er es nicht will? Hüten Sie sich nur vor der erschlaffenden Lauheit und seien Sie nicht sicher. Christus war Ihr Freund von dem ersten Hauche Ihres Lebens an und Er will es auch bleiben; denn es ist Seine Freude und Lust, die Gefallenen aufzurichten und die Kranken zu heilen. Das Verbinden der Wunden ist Sein Geschäft und es ist manche Seele in dem Himmel, welche noch kränker war, als Sie es sind.

Wenn Er Sein Antlitz verbirgt, so ist dieß weise Liebe die nicht kindisch, nicht unvernünftig ist. Nein, Seine Kinder müssen oft an der eiskalten Seite des Berges aushalten und zwischen Dornen einhergehen; denn diese Liebe hat Augen, die uns durchschauen; sie weiß, daß unser Stolz Winterwetter haben muß, um ertödtet zu werden. Doch wahrlich, Christus und Sie werden noch eins werden; denn Ihr Ankertau, dessen Ende der HErr in Seiner Hand hält, liegt fest in dem Inwendigen des Vorhanges; wer darf es Ihm fortreißen, wenn Er es hält? „Ich bin der HErr, dein Gott, der deine rechte Hand stärket und zu Dir spricht: fürchte dich nicht, ich helfe dir; fürchte dich nicht, Jakob!“ Der seekranke Reisende wird an das Land kommen; und Christus wird der erste sein, der ihm am Ufer entgegen kommen wird.

Auch von meinem ungläubigen Ich muß ich Ihnen ein Wort sagen. Gleich bei meiner Ankunft hieselbst setzte mir der Teufel mit manchem schwarzen Gedanken über meinen HErrn Jesum hart zu: Sein Angesicht sei gegen mich verstellt und Er wolle einen unnützen Knecht in der Mitte seiner Tage entlassen; aber der HErr gab Gnade, daß ich Ihm nicht aus dem Dienste ging. Ich beschloß zu warten, bis ich Sein Urtheil vernähme, wenn mir gleich eingeraunt wurde: „Wozu dient der verdorrte Baum, denn daß man ihn abhaue?“ Aber nun, wer hat solche selige Festtage, als jetzt Ihr armer verbannter Gefangener? Und obwohl ich weiß, daß diese Festzeit ein Ende nehmen wird, so soll doch die Erinnerung daran mir tief eingeprägt bleiben. Mag dann auch der Teufel mich herausfordernd fragen: „Wo ist dein Gott?“ So schelte denn hinfort Niemand Christum und Sein Kreuz um meiner Leiden willen. Der große Engel des Bundes stärke und behüte Sie und die Ihrigen bis zu Seiner Erscheinung. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 7. März 1637.

S. R.


31. An den Prediger Wilhelm Daglisch.

Theurer Bruder!

Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen! Es geht mir wohl und ich schätze die Leiden meines HErrn höher, als die glänzende und übergoldete Herrlichkeit dieser Welt.

Ich muß es bekennen, der HErr hat mir für meine Traurigkeit und für meine Entbehrungen durch Seine Erquickungen und durch Seine Gegenwart reichen Ersatz gegeben. Wahrlich, es ist süß und herrlich, seine Sorgen gegen Christi Freuden und seinen Kummer gegen den süßen Frieden, den man bei Ihm genießt, zu vertauschen. Fahren Sie fort, mein theurer Bruder, in der Kraft des HErrn. Setzen Sie einmal Christi Liebe auf die Probe und legen Sie ihr alle Lasten auf, sie wird Ihnen dann in der That als Liebe erscheinen. Wir benutzten Seine Liebe nur nicht und darum kennen wir sie auch nicht. Lassen Sie uns treu sein in dem, was unsere Sache ist, nämlich zu arbeiten und für Christum zu leiden und dagegen Ihm überlassen, was Seine Sache ist. Das Thun ist unser, der Erfolg ist des HErrn. Wenn aber unser Glaube sich auch um den Erfolg bekümmert, Gottes Vorsehung in Zweifel zieht und zu fragen beginnt: „Warum thust du dieß? warum jenes?“ so verlieren wir den Grund. Uns geziemt es, dem Allmächtigen das Regiment allein zu überlassen; und wir haben nur darauf zu sehen, wie wir die Last unserer armen Seele auf den allmächtigen Gott wälzen und in guten Werken Ihm wohlzugefallen trachten. Wenn dann dasjenige, was wir so beginnen, uns mißlingt, so wird es uns weder zur Sünde noch zum Kreuze werden.

Aberdeen, 1637.

S. R.


32. An den Prediger Hugh M'Rail.

Theurer Bruder! Gottes Lohn für Ihren Brief; er kam wie ein Regen auf verdorrtes Gras und hat meine halb erstorbenen Wurzeln wieder belebt und das Laub erfrischt. Ich bin sehr sicher in diesem meinem Gefängniß. Die Mauern desselben sind Heil. Was halten Sie von solchen Mauern? Der HErr läßt die vertrocknete Pflanze wieder ausschlagen, wie die Lilie und blühen wie den Libanon. Sein Segen strömt auf die Bäume der Gerechtigkeit herab. Wer, mein theurer Bruder, kann dieß so behaupten als ich, sein armer, verbannter Fremdling und Gefangener? Ja, wenn auch alle Welt es verschwiege, so müßte ich es doch laut bekennen.

Man schreibt mir, daß ich mich zu sehr über mein Kreuz freue, - meine Freude überspringt nur das Kreuz, sie hat nur Christum zum Gegenstande und Ziel. Ich weiß wohl, daß die Sonne sich wieder hinter Wolken verbergen und sich verdunkeln wird, und daß ich wieder im Finstern werde wandeln müssen; allein Christus soll mir willkommen sein; mag Er kommen oder mag Er gehen, so wie es ihm gefällt. Freilich, ich gestehe es, Er ist mir willkommener, wenn Er kommt, als wenn Er geht; aber ich hoffe, Er hat Mitleiden mit mir, Er vergibt mir und will mich in einer so schweren Zeit, wie die gegenwärtige ist, Seine Süßigkeit schmecken lassen. Gepriesen sei der HErr; „Sein Name ist Erbarmen.“ Ich kann nichts als Gutes von Ihm erzählen. Ich hoffe, daß ich, wenn Trübsal kommt, meinen Anker auch um Mitternacht auf den Felsen; (den Er mich in diesem Tageslichte hat erkennen lassen) auswerfen werde, zu welchem ich hineilen muß, wenn Finsterniß mich umgibt. Ich bin überzeugt, es ist eine Sünde, nicht essen zu wollen, wenn Er sagt: „Iß, mein Geliebter, und trink reichlich;“ und es ist gut, allezeit von Ihm zu nehmen. Wahrlich, wir sind unsern Feinden überlegen, denn wir überwinden weit durch ihn, der uns geliebet hat; jene aber wissen nicht, worin unsere Stärke liegt. Beten Sie für mich. Gottes Gnade sei mit Ihnen.

Aberdeen.

S. R.


33. An Lady Boyd.

Gnädige Gräfin!

Mein Herz ist zerschlagen und traurig, wenn ich betrachte, was zwischen dem HErrn und meiner Seele ist, das Niemand siehet als Er. Die Menschen täuschen sich in mir; und ich erkenne es jetzt recht, wie es keine Kunst sein würde, dünn zu spinnen, Heuchelei für gut Gewebe auszugeben und über den Markt als ein Heiliger unter den Leuten einherzugehen, während man sich doch still und unbemerkt in die Hölle stiehlt.

- So leicht ist es, die Menschen zu täuschen! Ich muß fast daran zweifeln, daß ich mehr von Christo weiß als die Buchstaben dieses Namens. Menschen sehen nur als Menschen; sie nennen oft zehn zwanzig, und zwanzig hundert. Aber des Beifalls Gottes in seinem Herzen wahrhaftig versichert zu sein, ach das ist etwas nicht gewöhnliches, das ist eine besondere Gnade. Meine Versäumnisse, so lange ich noch eine Kanzel hatte und so manches andere, wovon ich mich zu sprechen schäme, treten nun wider mich auf, so daß es meine tägliche Sorge und Bitte ist, Gott wolle mir ein ehrenvolles Kreuz auflegen; und aus Furcht nur Anstoß und Aergerniß zu geben, muß ich diesen Tag, an dem das Gesetz mich anklagt, still verbergen. Wenn die Gewißheit der Seligkeit erkauft werden könnte; - Gott weiß es, wenn ich zehn Welten hätte, ich würde keinen Augenblick anstehen, sie hinzugeben. Ich glaubte, daß ich selbst unter den Leiden für Christum den Schlüssel zu den Schätzen Christi in die Hände bekommen würde, um mir daraus nach meinem Belieben Trost zu nehmen, zu essen und stark zu werden; aber nun sehe ich, daß wer für Christum leidet, sich gleich jedem Andern für einen armen Sünder erkennen muß; - der Segen des Kreuzes Christi hat mich dieß gelehrt. O! wenn wir doch mit ganzem Ernst nach dem Himmelreich trachten wollten! Aber wir begnügen uns mit einigen gewöhnlichen Zeichen der Kinder Gottes und denken, wir hätten nun genug, nicht zu den Gottlosen zu gehören; und so gießt der Teufel Wasser auf unser Feuer und löscht unsern Ernst und Eifer aus; aber ich sehe nicht, daß der Himmel so dicht vor der Thüre liegt. Bisweilen freilich kommt mein HErr mit einer seligen Stunde und ach, wie ist Seine Liebe so süß, so tröstlich, so erquickend! Doch unsere thörichte Eigenliebe ist nicht damit zufrieden, daß wir ein Recht an Christo haben, sie will gleich zum Besitz gelangen, aber Christus ist weise; Er weiß, daß ein Leben im Glauben uns hienieden genügt und zu unserm Besten ist. Gnädige Gräfin! ich weiß, auch Sie haben dieß erfahren und dieß macht mich so kühn, an Sie zu schreiben, damit meine Bande, die ich um der Wahrheit willen trage, auch Andern Frucht schaffen; denn darnach nur verlangt mich, daß mein HErr geehrt und hochgepriesen werde, wenn Er auch aus mir nichts anders machen sollte, als eine Brücke über ein Wasser.

So empfehle ich Sie, Ihren Sohn und Ihre Kinder der Gnade Gottes, der Ihnen Namen und Platz unter den Einwohnern Jerusalems gegeben hat. Seine Gnade sei mit Ihnen immerdar.

Aberdeen.

S. R.


34. An William Haliday.

Geliebter Freund!

Ihren Brief habe ich erhalten. Ich beschwöre Sie, lassen Sie sich das Heil Ihrer Seele ernstlich angelegen sein! Eingebildete Gnade und etwas, das wie Bekehrung aussieht, aber doch keine Bekehrung ist, ist das traurigste Ding von der Welt. Machen Sie sich Ihrer Seligkeit gewiß und legen Sie einen sichern Grund, denn viele haben sich betrogen. . Achten Sie diese Welt gering, aber Jesum Christum über alles hoch. Versuchungen werden kommen, aber wenn Sie ihnen keinen Eingang gestatten, so müssen Sie zu Ihrem Besten dienen. Seien Sie mißtrauisch gegen sich selbst und gegen Ihr eigenes Herz. Machen Sie sich vertraut mit dem Gebet. Möge Christus nicht einen feigen und schwachen Soldaten an Ihnen haben; Er sei Ihr Anführer und Ihre Waffenrüstung.

Hüten Sie sich vor der Sünde, auch da, wo kein Auge Sie sieht. Gottes Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in Jesu Christo.

Aberdeen, 1637.

S. R.


35. An eine Wittwe, nach dem Tode ihres Gatten.

Theure und geliebte Schwester!

Ich weiß, Sie sind Ihres süßen Vaterlandes eingedenk und sehen den Ort Ihrer Verbannung nicht für Ihr Vaterland an. Stockblind müßte unsere Hoffnung sein, wenn sie nicht über das Wasser nach unserm besten Erbtheil blicken könnte. - Ich wundere mich nicht über Ihre Klage, daß Sie im Ringen um einen Segen jetzt nicht sobald wie ehemals Erhörung finden. Kindern gibt man Zuckerbrod, damit sie ihre Aufgabe lernen, wenn sie zuerst in die Schule gehen; aber für die, welche in der Rennbahn laufen, genügt es, das Kleinod nur am Ziele zu erblicken; und zuweilen sehen sie auch hievon nur wenig, oder sehen es gar nicht, bis sie das Ziel selber erreichen und das Kleinod in ihren Händen haben. Christi Liebe ist, wenn gleich mit einem Schleier verdeckt, dennoch Liebe; und wenn Sie nur Christum gewinnen, so ist es genug, sollte es auch nicht auf dem süßen und lieblichen Wege geschehn, der Ihnen gefällt; denn der, den Ihre Seele liebt, kommt nicht auf unserm Wege, sondern Er wählt sich Seinen eigenen. Wenn Sie an den Seiten Ihres Weges zum Himmel Wiesen und schöne Blumen sehen, so ist es genug, wenn Sie im Vorübergehen einen Blick darauf werfen; - wer aber auf einer Reise von einigen hundert Meilen alle Steine auf seinem Wege zählen und alle Kräuter und Blumen in seinem Taschenbuche anmerken wollte, der würde nicht weit kommen. Sie dürfen sich bei Ihrer Spanne Zeit nicht aufhalten und Ihren Tag nicht mit den Dingen dieser eitlen Welt verbringen, denn Sie wissen, daß Sie Eile haben und der Abend nicht auf Sie warten wird. Ihnen dünkt es vielleicht weise, erst dann, wenn Sie in die Nähe des Todesthales kommen, Ihre Rechnung abzuschließen und alles in Bereitschaft zu halten. ich weiß, Ihre Wohnung ist bereitet, Ihr Vorläufer Christus hat Sie nicht vergessen; deßhalb ergreifen Sie jetzt ganz das Eine, was Ihnen allein Noth thut. Der HErr hat Ihnen Ihren Gatten genommen; Er that es, damit Er selbst in Ihnen Raum gewinne. Er schneidet Ihre Liebe zur Kreatur ab, damit Sie lernen mögen, daß Gott allein der rechtmäßige Besitzer Ihrer Liebe ist und daß Leiden, Verluste, Traurigkeit, der Tod, ja die schlimmsten Dinge, in Seinen Händen sind. Christus weiß sehr gut, alles dieses uns zum Besten dienen zu lassen und wir werden uns unsrer Trübsal freuen und Gott danken, daß Er uns mit einem so rauhen Gefährten bekannt gemacht hat, der uns zu Christo hintreiben mußte. Sie müssen lernen, sich die Leiden recht zu Nutze zu machen und aus der Traurigkeit Trost, Friede, Freude und Gemeinschaft mit Christo zu spinnen, denn die Leiden sind Christi Boten, die gesandt sind, Sie für Ihn zu werben. Danken Sie Gott für das Kreuz; wenn wir unsere Verluste, seitdem wir Gott suchten, aufzählen und berechnen, so finden wir, daß der große Gewinn Gottseligkeit ist. Ich rathe Ihnen, kaufen Sie Hoffnung; aber verkaufen Sie sie nicht wieder und geben Sie Ihr Kreuz ja nicht umsonst weg. Wir sehen, daß Christus das Kreuz zu einem Wege zum Himmel gemacht hat, darum lassen Sie es uns. eitel Freude achten, wenn wir in mancherlei Anfechtungen fallen.

So befehle ich Sie der Gnade, und Barmherzigkeit unsers HErrn und bleibe Ihr Sie liebender Bruder.

Aberdeen, 16. Juni 1637.

S. R.

36. An Earlstoun den Jüngern.

In dem HErrn geliebter Freund!

Ihre Briefe haben mich aus meiner Trägheit im Schreiben aufgeweckt. Ich muß aber damit anfangen, Ihnen zu bezeugen, daß es auf dem Wege zum Himmel keine so schlüpfrige und gefährliche Strecke gibt, als die Jugend. Wahrlich ich rede aus Erfahrung; unter der alten Asche meiner Jugendsünden brennt es noch wie Feuer des Kummers auf meiner Seele. Doch wir wissen auch, daß alle Heiligen, welche jetzt im Himmel triumphieren und vor dem Throne Gottes stehen, nichts sind, als Christi zahlungsunfähige Schuldner; - was sind sie anders, als erlösete Sünder? Aber ihre Erlösung ist nicht nur vom Himmel untersiegelt, sondern sie ist schon ausgeführt, während die Ihrige erst in der Arbeit ist. Ich bin weit entfernt, Ihre Furcht und Ihr Gefühl des geistigen Todes Ihnen rauben zu wollen; nein, eher wünschte ich, Beides wäre noch größer; es gibt Wunden dieser Art, deren Bluten nicht sobald gestillt werden darf. Sie müssen Ihre Wohnung dicht bei Ihrem Arzte nehmen; es wäre ein Wunder, wenn Sie der erste Kranke sein sollten, den Er ungeheilt entließe, oder gar kränker, als Er ihn gefunden. Christus ist getreu und Er hat gesagt: „Wer zu mir kommt, den will ich nicht hinausstoßen.“ Ergreifen Sie dieß Wort; es kann nicht Vermessenheit sein, es sich anzueignen, da Ihre Wunden Sie schmerzen. Die Vermessenheit ist immer guten Muths, will von Krankheit nichts wissen und seufzet nur zum Scheine; der Glaube aber fühlt seine Krankheit, und indem er zu Christo aufblickt in seinen Verheißungen, ist er froh, darin sein Bild zu erkennen. Wer seine Geschichte so erzählen und solchen Brief gen Himmel schicken kann, wie Sie nach Aberdeen, der wird sicherlich bei Christo Gehör finden und das herzliche Leidtragen über seine Sünden verbürgt ihm Gottes Gnade. Ringen Sie mit dem HErrn, bis Er Sie segnet; Sein Segen ist mehr werth, als zehn andere Segen. Verzagen Sie nicht wegen Ihrer Schuld, - die Noth braucht nicht zu erröthen, wenn sie bettelt; Sie können es nicht ertragen, ohne Christum zu sein, deshalb rufen und klopfen Sie, bis Er Ihnen öffnet. Und was Ihre Zweifel betrifft, Er werde Sie nicht erhören, weil Sie jetzt nicht so wie ehemals zu Ihm stehen, so erwägen Sie folgende drei Dinge: 1) was würde aus uns, wenn Christus auch so veränderliche und schwankende Gedanken wie Sie über Seinen mit uns geschlossenen Bund hätte? 2) Weder Sie noch Ihre Gedanken haben zu entscheiden, was Christus mit dem Ihnen ertheilten Gnadenbriefe machen wird; Ihr eigener Unglaube hat ihn zwar zerrissen, aber Christus hat das Kapital im Himmel und Ihre Gedanken sind kein Theil des neuen Bundes. 3) Daß Ihre Zweifel Sünden sind, aber Christus als ein weiser Arzt sie als Arznei gebraucht um Sie von Ihrem Stolze zu heilen. Ich möchte 4) noch hinzufügen, daß, als Ihre Versöhnung beschlossen und Ihr Gnadenbrief mit dem großen Siegel des Mittlers untersiegelt ward, Ihr Glaube nicht erst um Rath gefragt wurde. Das Blut, das theure Blut des Bundes hat das Werk vollbracht. Und nun, nachdem Sie mit Christo um Ihre Rechtfertigung gerungen haben, ist es das Amt des Glaubens, nur eine Abschrift Ihres Gnadenbriefes in Empfang zu nehmen; dann haben Sie auf Rechnung Christi Frieden mit Gott; denn weil der Glaube die Begnadigung ergreift, ohne einen Heller dafür zu bezahlen, so ist es kein Wunder, daß unsere Seligkeit nicht der Ebbe und Fluth unterworfen ist und nicht nach der Stärke unsers Glaubens steht oder fällt. Wäre aber unsere Schuld uns hinweggenommen, so würden Zweifel keinen Anhalt finden und würden nicht in uns aufkommen können; und doch, wer Glauben hat, der glaubt, daß ihm die Schuld in Christo hinweggenommen ist. Eine Ursache, weshalb Sie jetzt, wie Sie meinen, weniger Gnade empfangen, als früher; ist wohl die, daß beim Anfang unserer Bekehrung Christus Seine Lämmer mit Seiner eigenen Hand weidet; aber wenn wir zu einiger Vollkommenheit heranwachsen, so müssen wir dem Himmelreich Gewalt anthun; und Christus verbirgt sich uns dann auf eine Weile, damit wir um so eifriger Ihm nachfolgen. Sie dürfen nun Ihre Hände nicht lässig ruhen lassen, Trägheit ist jetzt ein größerer Fehler für Sie, als er ehemals war. Was mich betrifft, so bin ich leider nicht dazu gemacht, meinen Freunden voranzugehen. Oft weiß ich nicht, ob ich auf dem Wasser schwimme oder untersinke. Zu Zeiten komme ich mir vor, als sei ich leichter als Schaum; ja ich würde in Christi Wage leichter wiegen als Nichts, wenn nicht mein HErr fremdes Gewicht und Metall in meine Waagschale hineinlegte, nämlich Christi Gerechtigkeit. Der Vorrath, den ich habe, gehört nicht mir; ich bin nur der Kaufmann, der mit Gütern eines Andern handelt. Wenn Christus, mein Gläubiger, mir wieder nehmen wollte, was Er mir geliehen, so würde ich bald Bankerott machen; aber Christus hat es zu dem Meinen und Seinen gemacht. Ich halte es für männlich, den Feigen zu spielen und an der Seite Christi Schutz zu suchen; so bin ich nicht nur errettet von meinen Feinden, sondern ich erlange auch den Sieg. Ich verberge mich unter meines HErrn Flügel bei großen Ungewittern; da können die Wasser mich nicht erreichen. Wenn auch die Narren ein Gelächter erheben und Christi spotten, wenn sie auch die weinenden Gefangenen in Babylon heißen, ihnen ein Lied von Zion zu singen; so können wir selbst im Sturme des Winters singen und in der Erwartung des wiederkehrenden Sommers fröhlich sein; keine erschaffene Macht auf Erden oder in der Hölle kann das Werk unsers HErrn hindern oder unsern Freudengesang uns rauben. So lassen Sie uns denn fröhlich sein und uns freuen in dem Heil unsers HErrn, denn der Glaube hat noch nie Ursache gehabt, ein thränendes Auge oder ein finsteres Angesicht zu haben, oder schwach zu werden, oder gar zu sterben. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 16. Juni 1637.

S. R.


37. An Lady Kilconquhair.

Gnädige Frau!

Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen! Zu meiner Freude höre ich, daß Sie Ihr Gesicht heimwärts nach Ihres Vaters Hause gewandt haben, während jetzt so viele einer Heimath begehren, die näher ist. Ihr HErr aber hat Sie zu einem andern Leben berufen und zu einer andern Herrlichkeit, als hier gefunden wird; deßhalb rathe ich Ihnen, Ihren Ruf zur Seligkeit fest zu machen. Sie haben dieses Leben nur zu einem nothwendigen und wichtigen Zwecke empfangen, mit Christo über Ihre kostbare Seele und deren ewige Seligkeit zu verhandeln. Dießmal ist das wichtigste Geschäft für Ihr Leben, welches allem andern vorgeht, und alles was Sie außer diesem sonst thun mögen, ist nur Kinderspiel und Eitelkeit. Was Sie zu Ihrer Vereinigung mit Christo bedürfen, ist Ihnen im Evangelio gegeben. Christus allein ist Ihrer Liebe würdig. Christus ist ein Brunnen des Lebens, aber wer kann seine Tiefe ergründen? O, ihr armen, durstigen und verschmachteten Seelen! warum kommt ihr nicht hieher, um eure leeren Gefässe aus diesem schönen tiefen Brunnen des Lebens zu füllen? O, wenn wir die unergründliche Süßigkeit und Würdigkeit Christi bedächten, wie könnten wir dann unsere Liebe, die nur Christo gebührt, so wegwerfen? Ach, diese fünftausend Jahre und darüber haben Adams thörichte Kinder ihre Liebe und Zuneigung an todte Kreaturen und zerbrochene Götzen so schnöde vergeudet und verschwendet, anstatt ihre Herzen und alle ihre liebe Christo zu schenken! Ach, so viel ist gesprochen, so viel geschrieben von den eitlen nichtigen Dingen dieser Welt und so wenig ist an den großen, unvergleichlichen und bewundernswürdigen HErrn Jesus gedacht worden.

Ringen Sie, brechen Sie sich Bahn durch die Dornen dieses Lebens, daß Sie Jesum erreichen. Verlieren Sie Ihn nicht aus den Augen an diesem bewölkten trüben Tage. Lernen Sie nicht von der Welt, wie man Christo dient, sondern fragen Sie Ihn selbst; der Welt ist nicht zu trauen, sie führt Sie einen falschen Weg. - Versichern Sie Ihren Gemahl meiner Liebe. Ich wünsche auch ihm alles das, was ich hier geschrieben habe. Die süße Gegenwart, die Langmuth unsers Gottes und die Tröstungen unsers HErrn Jesu seien mit Ihnen. Gedenken Sie meiner, des Gefangenen, in Ihren Gebeten, denn ich gedenke Ihrer. Der Ihrige in dem HErrn.

Aberdeen, 8. August 1637.

S. R.


38. An Lady Forret.

Würdige Gräfin! Mich verlangt sehr nach Nachrichten von Ihnen. Ich höre, Christus hat in Seiner Gnade Sie mit Krankheit heimgesucht und Sie an die Pforte der Ewigkeit geführt, Sie fanden aber dieselbe verschlossen (gepriesen sei Sein herrlicher Name!), damit Sie noch reifer werden sollten für die Ewigkeit; Er will Sie noch länger in Seinem Dienste gebrauchen. O, daß Christus uns doch ganz besäße! Wir haben Alle noch abgöttische Liebe und hängen an vergänglichen Dingen statt an Christo; und deßwegen jagt unser HErr unserer Liebe auf verschiedenen Wegen nach, bald auf dem einen, bald auf dem andern. Der Ihrige in unserm HErrn Jesu.

Aberdeen, 9. März 1637.

S. R.

39. An Lady Earlstoun.

Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen! Mich verlangt zu hören, wie Ihre Seele in der Gnade wächst. Ich ermahne Sie, auf Ihrem Wege vorwärts zu gehen. Der Tag ist kurz und die Abendsonne wird bald untergehen. Bringen Sie Ihre Rechnung mit Ihrem HErrn in Ordnung, denn der Tod und das Gericht warten auf Niemand. Man bildet sich ein, die Seligkeit liege vor der Thür und das Christenthum hält man dann für eine leichte Aufgabe. Aber ich finde es nicht so; der Weg ist eng und schmal, doch mein Heiland läßt sich herab, mich zu begleiten und für Seinen müden Wanderer zu sorgen. Beschweren Sie nicht Ihr Gewissen mit irgend einer erkannten Sünde. Betrachten Sie Ihre Kinder als eben so viel Blumen, die Ihnen aus Gottes Garten geliehen sind; verwelken die Blumen, oder sterben sie dahin, so danken Sie Gott, daß Er sie Ihnen auf einen Sommer geliehen hat. Richten Sie Ihr Herz gen Himmel und lassen Sie Ihr Gemüth nicht durch diesen Erdengötzen, die Welt, beunruhigt werden, die nichts ist, als Eitelkeit und die nur den Glanz des Regenbogens in der Luft hat, der mit einem vorüberziehenden Märzregen kommt und geht. Der Engel des Bundes, der Sohn Gottes, befestige Sie und bewahre Sie auf den Tag Seiner Zukunft. Der Ihrige.

Aberdeen, 7. März 1637.

S. R.


40. An Earlstoun.

Hochgeehrtester Freund!

Ich habe Ihren Brief durch meinen Bruder erhalten, und will jetzt die einzelnen Punkte desselben beantworten. Zuerst bekenne zweierlei von mir selbst: 1) Es, ist mir ein Schmerz, wenn die Menschen denken, daß in mir etwas Gutes sei. Der HErr ist mein Zeuge, der mich durchschaut wie einen Krystall, und Er weiß, daß wenn die Menschen sähen, was ich sehe, sie nur vor mir vorbei aber nicht auf mich hinsehen würden. 2) Ich erkenne es, daß dieser Erguß Seiner freien Gnade mir nöthig war, denn sonst wäre ich ganz verdorret. Ich erkenne es ferner, daß ich eines Versuchers bedarf, der mich mit Fäusten schlägt, damit die Gnade sich an mir wirksam erweise, und ich in der Demuth erhalten werde.

Theurer Bruder, was ich Ihnen nun schreibe, kommt aus meines Herzens Grunde. 1) Ich betheure es, daß unter dem Kreuz Christi zu seufzen, mir bei weitem süßer ist, als alle Königreiche der Welt zu besitzen. 2) Wenn Sie und meine theuersten Freunde in Christo irgend eine Frucht aus meinen Leiden ziehn, so soll dieß meine höchste Freude sein. Wer bin ich, daß ich die Malzeichen eines so großen Königs tragen darf? 3) Denke Niemand, daß er bei Christo, wenn er für Ihn leidet, etwas verliere, ich finde in der Gemeinschaft Seiner Leiden Freiheit, Freude, Leben, Trost, Liebe, Glauben, Ergebung, Geduld und einen Zugang zu Ihm, so daß ich nun mit Freuden Seiner harren kann; und dabei ist Er mir zugleich in meinem Laufe nahe getreten und hat mich das Kleinod und die Krone erblichen lassen. Was fehlt mir denn nun noch, als der wirkliche Besitz, der mir für mein, besseres Vaterland aufbewahrt ist? 4) Ich zweifle nicht daran, daß der HErr mich zu schwerern Prüfungen zubereitet und ich bin nach Seinem Willen und in Seiner Gnade zu allem bereit, was er über mich zu verhängen für gut finden wird; und auch der letzte Bote, der Tod, soll, wenn er anklopfen wird, nicht aufgehalten werden. Will mein HErr durch mich Unwürdigen verherrlicht werden, so wird meine Seele sich freuen. Ich weiß, mein Meister wird das Feld behalten und das Maß und Ziel meiner Leiden liegt in Seiner Hand. 5) Nichts destoweniger werde ich oft in den Staub gelegt, und mir wird von dem Versucher (dem unser Unglaube den Zugang zum Herzen öffnet) hart zugesetzt, mich durch Zweifel an der unvergänglichen Liebe meines HErrn zu versündigen; und wenn ich dann an die Sperlinge und die Schwalben denke, die ihre Nester an der Kirche von Anwoth anbauen und an meine stummen Sabbathe, so erscheint meinen kummervollen Augen der HErr als ein Grausamer, der mir zürnt; doch ich wehre meinem Herzen, so Arges von meinem Heilande zu denken.

Nun, mein Theuerster in dem HErrn, der große Engel des Bundes, der allein weise und allgenugsame Jehovah bewahre Sie bis an das Ende. Ich höre, der HErr hat Ihr Haus besucht, und Ihre Gattin zu ihrer Ruhe heimgerufen. Sie sehen, mein Theurer, wie der HErr die Pfähle Ihres Zeltes abbricht; Er wirbt um Ihre Liebe und will Sie antreiben, sich bereit zu machen, um in Ihres Vaters Haus einzugehen; denn dieses war die Absicht jenes Besuches. Sie wissen, es war des Königs Verheißung, als er auffuhr gen Himmel, den Tröster zu senden. Sie haben ein Anrecht an diese Verheißung, ja einen Antheil daran. Liebe, Gnade, Barmherzigkeit und Friede, beseligender Trost, Freude und Glauben in Christo, Beharrlichkeit, Kraft in der Gnade und das Wohlgefallen dessen, der im Busche wohnte, sei Ihr Theil. Ihr unwürdiger Bruder.

Aberdeen, 15. Juni 1637.

S. R.


41. An John Gordon zu Risco in Galloway.

Mein theurer Bruder! Verschwenden Sie nicht die kurze Stunde Ihres Lebens, welche so schnell vorübereilt. Suchen Sie Ihren HErrn bei Zeiten. Schreiben Sie mir mit Ihrer eigenen Hand das Versprechen, daß Sie unter Gottes Gnade nun von Neuem beginnen wollen, mit dem HErrn zu wandeln. Der Himmel ist nicht so dicht vor der Thür und es ist nicht so leicht, ein Christ zu werden; es bedarf eines ernsten Kampfes und Streites, um einzudringen in die Pforte des Himmels; es muß dem Himmelreich Gewalt angethan werden: „Viele werden darnach trachten, einzugehen und werden es nicht erlangen.“ Ich beschwöre Sie, hüten Sie sich vor unbesonnenen Eiden, vor Zorn und Rache, vor dem Trunk, vor böser Gesellschaft und vor der Entheiligung des Sonntags, und kränken Sie Niemand durch Wort, oder That, auch nicht Ihre Feinde. Wenn Sie nicht die Wahrheit annehmen, wie ein kleines Kind, so können Sie nicht in das Himmelreich kommen. Dieß Wort sollte Sie erschüttern und niederwerfen und Ihren hochfahrenden Geist von seiner Höhe herabziehen. Ich weiß, dieß ist nicht so leicht gethan; aber ich beschwöre Sie bei Ihrer Seligkeit, trachten Sie darnach, theurer Bruder, ich kann aus neuer Erfahrung von Christo zu Ihnen reden. O, wenn Sie in Ihm sähen, was ich jetzt sehe! Ein Strom ungekannter göttlicher Seligkeit hat sich über meine Seele ergossen, feit ich von Ihnen getrennt bin; und doch gäbe ich gern den Genuß dieser Seligkeit hin, wenn Sie ihn dadurch erlangen könnten. Dann würden Sie erkennen, wie dieser Erdengötze, die Welt, nicht eine Feige werth ist; die Zeit wird Sie bald von dem Genuß derselben vertreiben. Wenn Ihre Augen brechen, der Athem erkalten und die gefangene Seele aus den Fenstern dieser Leim-Hütte hinausblicken wird, um in die Ewigkeit zu springen; was würden Sie dann für eine Lampe voll Oel geben? O, suchen Sie sie jetzt!

Was ich Ihnen schreibe, das schreibe ich auch Ihrer Frau. Gottes Gnade sei mit Ihnen. Ihr Sie liebender Prediger.

Aberdeen, 14. März 1637.

S. R.


42. An Lady Boyd.

In Christo geliebte Gräfin! - Ich habe mit Freuden aus Ihrem Briefe ersehen, daß Ihre Gedanken unverrückt bei Christo bleiben und daß es Ihr ernster Vorsatz ist, mit aller Gewalt in das Himmelreich einzudringen. Es ist dieß kein so leichter Kampf und es gehört schon große Wachsamkeit und Treue dazu, um nur wahrzunehmen, wenn wir schläfrig und untreu werden. Wir Alle haben Ursache, uns über den Engel in Lichtsgestalt, der sich wie ein Dieb einschleicht und uns die Leuchte entwendet, zu beklagen. Kommt es mit uns zu einem beharrlichen Wandel mit Gott, so wird unsere Reise zehnmal an einem Tage unterbrochen. Ich bin dem Bräutigam um etwas näher gekommen, aber wenn ich mich Ihm nahe und sehe mein Elend an, dann möchte ich vor Scham mich wieder vor Ihm verbergen. Ach, wer bin ich, daß ich neben dem hohen und heiligen Gott, der ewiglich wohnet, stehen dürfte! Das Kommen und Gehen Jesu mit Seiner beseligenden Nähe, wovon. Sie schreiben, ertrage ich in Geduld, wozu Seine Liebe mich stärkt. Wäre ich verständig, so ließe ich mir daran genügen, daß nach dem Willen Christi Freude und Leid das Leben der Heiligen theilen sollen, sowie die Nacht und der Tag als freundliche Gefährten die Zeit unter sich theilen. Wenn also die Leiden den größten Theil unserer Tage hienieden einnehmen, so weiß ich, daß einst der Tag der Freude anbrechen und uns für alle unsere Trauerstunden überschwänglich entschädigen wird. Mag denn der HErr Jesus, wenn es so Sein Wille ist, in die kurze Spanne meines Lebens weiß und schwarz, Freude und Leid zusammenweben, -. mag die Rose auch zwischen Dornen stehen, so sagt doch die Hoffnung, die nicht zu Schanden werden läßt, den Trauernden in Zion: es währet nicht lange. In dieser Hoffnung schlafe ich ruhig an Christi Brust, bis Er kommt, der nicht verzeucht; und ich würde ruhig fortschlafen, wenn nicht das Schreien meines ungläubigen Herzens mich aufweckte. O, hätte ich doch an nichts eine Freude mehr, als an Christo allein!

Das Gebet eines armen um Jesu willen Gefangenen ist das einzige, was Sie für alle Ihre Liebe und Güte, die Sie mir und meinem Bruder erwiesen, erwarten können. Ich befehle Sie und Ihr ganzes Haus der Obhut des HErrn und: bin in Ihm Ihr

Aberdeen, 8. September 1637.

S. R,


43. An Margaret Ballantyne

Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen. Ich hätte längst an Sie schreiben sollen, aber es ist nie zu spät, wenn ich Ihre Seele dazu antreiben kann, Ihre Schritte zu beschleunigen und mit mehr Eifer Ihrem himmlischen Vaterlande zuzueilen. Denn wahrlich, die höchste Eile thut dringend noth, da der Augenblick der Ihnen noch vergönnten Tage bald dahin sein wird; denn, wir schlafen oder wachen, unsere Uhr steht nie still und die Zeit wartet auf Niemand. Sehen Sie sich vor, daß Sie sich über Ihre Seligkeit nicht täuschen; denn ewige Pein wird das Los derer sein, die den Preis verlieren. Was bleibt den Unglücklichen, wenn Sie einmal ihre Seele verloren haben?. Sie liegen in ewiger Qual, und sind bedeckt mit ewiger Schande! Ich möchte bei meinem Glaubensanfang mir nur das Ziel setzen, fest und bestimmt zu glauben die Lehre von Gottes Gerechtigkeit, seinem allverzehrenden Zorn und dem ewigen Feuer, welches die Sünder erwartet. Ach, der größte Theil der Menschen rennt an den Ort der Qual in Jubel und Tanz und verbringt seine Zeit mit Essen, Trinken und Schlafen. Ich rathe Ihnen, machen Sie sich bei Zeiten auf, Christo nachzufolgen, denn wenn Sie eilen, dann erreichen Sie Ihn noch. Gott, was ist doch so unentbehrlich als die Seligkeit? Aber pfui über die verdammte und thörichte Welt, die sich so wenig um die Seligkeit bekümmert! Ja, wenn die freie Gnade noch an dem Tage, wo die Posaune Gottes die Todten erwecken wird, verkündet werden sollte, wie viele würden sie dann kaufen wollen! Deshalb versuchen Sie es, ob Sie für Ihr Geld (wie Jes. fragt: Kap. 55, V. 2.) Brod kaufen können und ergreifen Sie Christum und Sein Blut als ein Pfand des Himmelreichs. Es ist ein trockenes und mageres Gericht, nach welchem die Esaus der Welt so jagen. Tausende sehe ich auf dieser Jagd begriffen, die, indem sie so den eitlen Dingen nacheilen, darüber den Segen verlieren; und wenn Alles vorüber ist, haben sie nichts erlangt, sondern liegen hungrig und gehn in ihr Bett in der Finsterniß, denn Gott redet zu ihnen (Jes. 50, 11.): „Solches widerfährt euch von meiner Hand; in Schmerzen müsset ihr liegen.“ Und wahrlich, der wird nicht sanft schlafen, noch süß ruhen, der Schmerzen zu seinem Kopfkissen hat. Rütteln Sie daher Ihre Seele auf und untersuchen Sie, wie Christus und Sie mit einander stehen. Ich bin gewiß, daß diejenigen Christum nie gewinnen, die niemals Leid um Ihn getragen, nur zu viel gesunde Seelen bilden sich ein, bei Christo zu sein, die noch nie eine bekümmerte Nacht darüber gehabt haben, daß Er ihnen fehle; aber, ach, es geht ihnen, wie jenen, die in der Nacht davon geträumt, sie hätten viel Gold und beim Erwachen sahen, daß es nur ein Traum gewesen. Ich beschwöre Sie bei dem HErrn, hüten Sie sich vor Selbsttäuschung in der Sache Ihrer Seligkeit. Sie werden und können nichts erlangen ohne Christum, darum machen Sie noch heute einen Bund mit Christo, daß Sie von nun an keine andere Freude haben wollen, als in Ihm, daß Sie nach keinem andern Dinge verlangen, als nach Ihm! Weg mit aller Liebe, außer der Liebe zu Christo! So befehle ich Christum Ihnen und Sie Christo. Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen 1637.

S. R.


44. An Margaret Reid.

Meine theure Schwester! - Der HErr hat Sie gesegnet, mag auch eine unfreundliche Welt Sie sauer ansehen, wenn Sie im Glauben fest beharren und sich in der Hoffnung des Evangelii nicht wankend machen lassen. Wohl uns, daß es einen Himmel gibt und daß dieß kein Traum und keine Einbildung ist. Mich wundert, daß die Menschen nicht überhaupt den Himmel läugnen, da sie doch läugnen, daß es einen andern Weg dahin gibt, als den sie sich selbst machen. Sie haben von Christo gelernt, daß es einen Himmel gibt, nun, so kämpfen Sie darum; kämpfen Sie für Christum und tragen Sie geduldig das schwere Kreuz dieser stiefmütterlichen Welt. Ich bekenne, es ist schwer, und gerne möchte ich im Stande sein, es Ihnen zu erleichtern; aber glauben Sie mir, diese Welt, (von welcher der HErr nicht will, daß sie Ihr Theil sein soll) ist nur der Auswurf, der Auskehricht von der Schöpfung Gottes, das Bewegliche, nicht das Erbgut. Ihr Erbe ist der Segen Ihres himmlischen Vaters und das Erstgeburtsrecht Christi, welches Er für Sie aufbewahrt und ich versichere Sie, Ihr Same wird auch das Erdreich ererben (wenn es ihm gut ist), denn dieß ist ihm verheißen. Noch ehe Sie geboren worden, sind Ihre Kreuze nach Zahl, Maß und Gewicht zuvor bestimmt und Ihr HErr wird Sie durch alle hindurchführen; versichern Sie sich nur Ihres Antheils an Christo, so wird der zeitliche Segen Ihnen auch folgen. Legen Sie einen festen Grund bei Ihrem Werke. Sehen Sie zu, daß Christus den Grundstein zu Ihrem Bau lege, dann werden Wind und Wetter ihn nicht erschüttern, denn Seine Werke bestehen ewig. Ich wäre zwanzigmal in meiner Trübsal umgekommen, wenn ich nicht auf diesen Grundstein gebaut hätte, auf den Eckstein, der gelegt ist in Zion.

Nun, der Gott des Friedens bewahre und erhalte Sie auf den Tag der Erscheinung unsers HErrn Jesu Christi. Der Ihrige in dem HErrn.

Aberdeen, 1637.

S. R.


45. An James Bautie.

Geliebter Bruder! - Ich habe Ihren Brief empfangen und danke Ihnen dafür; aber ich habe nicht Zeit, Ihnen auf alle Punkte desselben zu antworten, wie der Ueberbringer dieses Ihnen sagen kann; doch möchte ich Ihnen einiges darauf erwidern.

Was die Untreuen betrifft, die Sie sich selbst nach Ihrer Verbindung mit Christo haben zu Schulden kommen lassen, so muß ich Ihnen darüber zweierlei sagen:

1) Auch bei dem eifrigsten und ernstlichsten Ringen nach unserer Seligkeit würden wir doch zu leicht erfunden werden, wenn nicht Christus Sein Verdienst, welches Er uns zurechnet, in die Waagschale legte.

2) Es ist ein schönes Gesetz des neuen Bundes und ein Privilegium für die neue Stadt, daß ihre Bürger nur nach ihren Mitteln zahlen. Denn der neue Bund fordert nicht ein bestimmtes Maß des Gehorsams, so viel und nicht weniger bei Strafe der Verdammniß. Christus nimmt, so wie die armen Leute es geben können. Er zerbricht nicht das zerstoßene Rohr und das glimmende Docht löscht Er nicht aus; sondern wenn der Wind bläst, schützt er den Funken, bis er zu einer Flamme aufbrennt. Das Gesetz kommt mit drei Forderungen zu uns; es fordert: das ganze Herz, die ganze Seele und alle unsere Kräfte; aber der neue Bund macht nicht ein bestimmtes Maß des Gehorsams zur Bedingung, sondern läßt immer noch Vergebung stattfinden. Hieraus folgt: - wenn wir glauben, daß der Handel zwischen Christo und uns wegen unseres Ungehorsams, und unserer Untreue rückgängig wird, so ist dies nur ein Zeichen des Stolzes des alten Adams, der entweder alles gehörig bezahlen, oder gar nichts haben will. Wir möchten gerne Gott in unserer Schuld haben und Seine Güte mit unsern Verdiensten erkaufen. Wundern Sie sich daher nicht über Ihre Zweifel, ob Sie noch in dem Bunde mit Christo sind oder nicht; denn der Stolz. will den Bund der Gnade auflösen und will es nicht zugeben, daß dabei Christo allein das Verdienst zukomme.

Ich muß, wenn auch mit wenigen Worten, doch noch mehr in's Einzelne gehen: ..

1) Alle wahrhaft Wiedergebornen können Ihnen nicht mit Bestimmtheit ein Maß ihres Bußkampfes angeben; denn Christus beginnt mit vielen schon früh und schleicht sich, in ihr Herz ein, ehe sie es selbst wissen. Ich gebe zu, daß viele sich durch eine wohlfeile Bekehrung, die ihnen keine trübe Nacht gekostet hat, haben blenden lassen; allein, wenn doch andere Zeichen vorhanden sind, daß Christus in der That in Ihnen ist, so halten Sie sich nicht mit Zweifeln und Bedenken auf, weil Sie nicht wissen, wie Er gekommen ist; - „ der Wind bläset, wo er will,“ und aller Welt Weisheit kann Ihnen keinen vernünftigen Grund angeben, warum der Wind einen Monat von Osten, vielleicht sechs Wochen von Westen und nur einen Nachmittag aus Süden oder Norden kommt. Sie werden nicht alle Fußstapfen Christi auf Seinem Wege mit einer Seele auffinden, wenn Sie sich auch noch so sehr bemühen.

2) Sie halten mir vor: daß die wahrhaft Wiedergebornen Gott lieben um Sein selbst willen, daß aber Sie, wie Sie fürchten, Ihn mehr um Seiner Wohlthaten willen, als um Seiner selbst willen lieben. - Darauf erwidere ich, Gott lieben um Sein selbst willen als letzten Endzweck und Ihn auch lieben wegen Seiner Wohlthaten, durch welche wir zur Liebe zu Ihm angetrieben und gereizt werden, kann sehr wohl neben einander bestehen. Sie werden doch nicht sagen, hoffe ich, daß die Wohlthaten die einzige Ursache Ihrer Liebe sind; gewiß ist noch ein besserer Grund dazu in Ihnen, und wenn es dabei an etwas mangelt, so suchen Sie es bald zu bessern.

3) Sie klagen, daß, wenn der HErr sich Ihnen entzieht, Sie zu wenig Schmerz darüber empfinden. Allein, wer behauptet denn, daß alle Wiedergebornen und zwar zu allen Zeiten auf gleiche Weise, wenn der HErr sich Ihnen verborgen, Leid getragen haben? Man wird mehr oder minder Schmerz empfinden, je nachdem man mehr oder minder Liebe zu Ihm hat, und je nachdem man Sein Entziehen mehr oder minder fühlt; aber einigen Schmerz müssen wir freilich immer darüber haben.

4) Sie klagen sich an, daß gewisse Wahrheiten mehr Glauben bei Ihnen finden, als andere. Ist dieß der Fall, so haben Sie recht, daß Sie darüber klagen; denn Gott ist wahrhaftig in dem geringsten wie in dem größten, und so muß Er es auch Ihnen sein. Unser HErr hat in allen Seinen Worten sich niemals widersprochen, obwohl die besten der Wiedergebornen daran gestrauchelt sind; sehen Sie daher wohl zu, daß Sie sich auf Ihren Füßen erhalten.

5) Wenn Sie einen wahrhaft Wiedergebornen betrachten, dessen Herz ein Tempel des heiligen Geistes ist, und Sie dagegen Ihr Herz von Grund aus verdorben und voll Unreinigkeit finden, so stehen Sie beschämt und niedergeschlagen da, und wagen nicht, sich Christi Eigenthum zu nennen. - Darauf antworte ich: auch die besten der Wiedergebornen haben ihre Schwachheiten, welche ihnen ihr ganzes Leben lang ankleben; waschen Sie so viel Sie wollen, einiger Schmutz wird immer bleiben, doch lassen Sie sich hiedurch nicht von der Quelle wegtreiben.

6) Sie zweifeln an der Aufrichtigkeit Ihrer Liebe zu Gott, weil Sie sich bewußt sind, daß noch Abgötter einen Zugang zu Ihrem Herzen haben. - Allein, wenn auch Ihr Herz bisweilen einen Seitenblick nach einem solchen Götzen hinwirft, so kann doch die Liebe aufrichtig sein; denn vollkommen und rein wird sie erst in der Herrlichkeit werden. Aber wenn der Abgott herrscht, und Christus ihm nachsteht, dann ist es übel bestellt; deßhalb prüfen Sie sich wohl.

7) Die Versicherung, daß Christus Sie liebe, sagen Sie, würde Ihnen die allertröstlichste Botschaft sein, die Sie je erhalten. - Darauf erwidere ich: Ach, daß Sie wüßten und empfänden, was mir vergönnt worden, welche Seligkeit ich erfahren habe! Doch, gehen Sie nur vorwärts, die Perle ist nicht mehr weit von Ihnen entfernt. Lassen Sie nicht ab, nach Christo zu hungern, denn Er, der an dem Ungestüm hungriger Seelen ein Wohlgefallen hat, wird alle Ihre Wünsche erfüllen und wenn Er verzieht, so gehn Sie nicht von Ihm weg, sollten Sie auch zu Seinen Füßen verschmachten.

8) Sie fragen mich, ob man wahren Trost in dem Gebet finden kann, wenn man sich bewußt ist, noch einen Abgott zu hegen? - Ich antworte: Ein Abgott, das Dulden eines Abgotts kann mit wahrem Troste nicht bestehen; denn der Trost, den man zu den Füßen des Dagon erlangt, ist nur eine Täuschung. Dagegen kann wahrer Trost und das Bewußtsein, daß man noch ein Auge für einen Abgott hat, ebensowohl neben einander bestehen, wie Thränen und Freuden. Doch lassen Sie diese Worte sich nicht zum Schaden gereichen; ich schreibe sie nur, um Ihnen Muth zu machen, und Sie aufzufordern, von Ihren Freuden den besten Gebrauch zu machen, wenn dieselben auch noch nicht von allen Flecken rein sind. Das bloße Bewußtsein aber, wenn es ohne Buße und ohne Nummer ist, genügt nicht; deßhalb benetzen Sie es mit einer Thräne, wenn Ihnen diese gegeben wird.

9) Sie fragen, wenn Sie bisweilen in dem Gebet mit einem Freunde zu größerer Inbrunst gelangen, als wenn Sie allein sind, ob darin nicht Heuchelei verborgen sei? - Wenn dies immer der Fall sein sollte, so besorge ich allerdings, daß sich etwas Heuchelei eingeschlichen, wovor Sie sich sehr zu hüten haben; allein es ist auch möglich, daß Sie in der Einsamkeit verlassen waren, und daß in dem Gebet mit Mehreren der HErr Ihnen nahe war, und dann ist die Sache klar.

10) Sie wollen gern wissen, wie Sie die Regungen des Geistes in ihren leisen Anfängen von der natürlichen Freudigkeit zu unterscheiden haben. Darauf kann ich Ihnen nur erwidern, daß, wenn Sie über das Geringste, was Ihren HErrn beleidigen kann, Leid tragen, dann Ihre Liebe zu Ihm deutlich zu Ihnen sprechen wird.

Entschuldigen Sie meine Kürze, denn die Zeit drängt mich, so daß ich mich nicht ganz aussprechen kann, sondern es auf eine andere Gelegenheit verschieben muß.

Beten Sie für mich. Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in unserm theuersten HErrn Jesu.

Aberdeen, 1637.

S. R.


46. An John Stewart, Profos in Ayr, zur Zeit in Irland.

Mich verlangt sehr nach Nachrichten von Ihnen, da ich jetzt von meiner Herde getrennt und um Christi willen gefangen hier in Aberdeen bin. - Verwundern Sie sich nicht, daß Ihnen auf Ihrer Reise nach New-England ein solcher Unfall widerfahren ist. Zwar ist auch mein Herz dadurch mit Traurigkeit erfüllt worden, doch ich weiß, daß es nicht eine stumme Vorsehung, sondern eine redende ist, durch welche unser HErr Seinen Willen Ihnen kund thut, wenn Sie auch für den Augenblick nicht verstehen, was Er sagt. - Er, der über den Fluthen waltet, hat Ihnen Seine wunderbare Güte in den großen Wassern gezeigt. Ich weiß, Ihr Verlust ist groß, und Ihre Hoffnung ist weit von Ihnen geflohen; aber ich bitte Sie, erwägen Sie, daß der HErr Ihnen alle diese Hindernisse in den Weg gelegt hat. Ich bin überzeugt, daß Ihr Herz darnach verlangt, „auf die Fußstapfen der Schafe zu gehen und bei den Hirtenhäusern zu weiden“, und bei Dem zu wohnen, den Ihre Seele liebt. Wenn dieses Ihr Verlangen ist, so beherzigen Sie, was Ihnen ein armer um Christi willen Gefangener zuruft: Harren Sie aus, „wer glaubt, fleucht nicht.“ (Jes. 28,16.) Ich hoffe, Sie haben nach dem Willen des HErrn geforscht und Ihn auch gefragt, was Er über Ihre Rückkehr beschlossen. Mein theurer Bruder, lassen Sie Gott mit Ihnen machen, was Er will, zuletzt wird Er alles in Freude verwandeln und Herrlichkeit wird die Frucht Ihrer Leiden sein; können Sie etwas Besseres wünschen? Dieses Wasser der Trübsal lag auf Ihrem Wege zum Himmel und war in den Büchern Gottes für Sie ausgezeichnet; es war Ihnen nöthig hindurchzugehen; beugen Sie sich deßhalb unter Seine weise Vorsehung, die niemals irrt. Lassen Sie sich nicht durch die Urtheile der Leute, welche nur die Außenseite der Dinge (und auch diese kaum) sehen, Ihren Muth und Ihre Freude in dem HErrn rauben. Wenn auch Ihr Glaube nur die dunkle Seite der Vorsehung sieht, so gibt es doch eine bessere Seite, und die wird der HErr Ihnen auch einst zeigen. Lernen Sie Christum lieben, wenn Er Sie auch schlägt und glauben Sie Seinen Verheißungen, wenn Er auch zürnt, „Wir wissen, daß denen, die Gottlieben, alle Dinge zum Besten dienen“; daher sind Verluste, Kreuze, Ungemach und Verläumdung, der Verlust von Freunden, Verwandten, und von Haus und Hof nur Gottes Diener, die aus allem, was uns betrifft, uns Gutes bereiten sollen. Glauben Sie nicht, daß der HErr rauh und unväterlich gegen Sie gesinnt ist, weil Seine Führungen Ihnen nicht angenehm sind. Wenn Gottes heiliger Wille unsern Wünschen gerade entgegen weht, so ist es das Beste, in Demuth die Segel vor Ihm zu streichen und sich willig dahin leiten zu lassen, wohin es Ihm wohlgefällt. Das ist Verleugnung seiner selbst, zu sein, als hätten wir selbst keinen Willen und der Leitung Gottes sich völlig und unbedingt hinzugeben. Ja, Gottes Willen zu seinem eigenen Willen zu machen, ist wahre Heiligung und gibt wahren Frieden und Freude. Sie wissen nicht, was der HErr hiebei für Absichten hat, aber Sie werden es hernachmals erfahren. Was ich Ihnen schreibe, das schreibe ich auch Ihrer Frau. Ich nehme Theil an ihrer Lage, aber ich ermahne sie auch, nicht zu verzagen. Diese Reise ist ein Theil der Wüste, die auf ihrem Wege zum Himmel und zum Lande der Verheißung liegt; und die Zahl der Meilen nimmt täglich ab. Der Abend ist ihr jetzt schon näher, als da sie Schottland verließ. - Es würde mich sehr erfreuen, wenn ich hörte, daß Sie beide Trost und Muth in dem HErrn haben. Theilen Sie mir bald Nachricht mit, denn ich bin zweifelhaft, was ich thun soll; erhielte ich einen Ruf nach New-England, so möchte ich ihm wohl folgen. Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen 1637.

S. R.


47. An denselben.

In Christo geliebter und geehrter Freund! - Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott unserm Vater und von unserm HErrn Jesu Christo sei mit Ihnen. Schon längst erwartete ich in meiner Gefangenschaft ein Wort des Trostes von Ihnen. Ich muß hier einen Theil der kurzen Spanne meines Lebens verbringen; und wenn ich des Morgens früh erwache (ach, immer mit großer Schwermuth und Traurigkeit), so tritt mir die Frage vor die Seele: diene ich noch Gott, oder diene ich ihm nicht? Nicht, daß ich an der Wahrheit der ehrenvollen Sache, für welche ich kämpfe, zweifelte (nein, ich wage es in Ewigkeit und vor meinem Richter zu behaupten, daß ich um der Wahrheit willen leide), sondern mein geschlossener Mund, meine schweigenden Sabbathe und die Erinnerung an meine Gemeinschaft mit Christo an vielen schönen seligen Tagen in Anwoth haben meinen Glauben fast ganz zerbrochen. Wenn ich aber der Furcht vor Seinem Zorne recht nachsinne, so erkenne ich freilich mein Unrecht, aber nur wie durch eine Wolke. Er hat in Liebe zu meiner Seele den Streit zwischen Glauben und Furcht zu Ende gebracht; ein Gericht ist an Christi Seite darüber gehalten, und ich unterschreibe das Urtheil. Der HErr ist unveränderlich in Seinen Wegen, aber meine Schuld überwältigt oft meinen Glauben. Meine Strafwürdigkeit, und die Sünden meiner Jugend treten wider mich auf und möchten sich gerne in meine Leiden mischen, und mir dieselben als wohlverdiente Strafen der göttlichen Gerechtigkeit vorhalten, aber ich bitte Gott um Christi willen, Er solle dieses nicht zulassen. Mag dann die Hölle mit allen ihren Höllen-Mächten gegen mich losgelassen werden, um ihr Werk an mir zu versuchen; ich kümmere mich nicht darum, wenn nur Christus und mein Vater und Sein Vater durch meine Leiden verherrlichet werden! Ich fürchte, daß ich an Seinem Troste mehr, als an Ihm selbst hänge und daß ich die Frucht des Lebens mehr liebe als den Baum des Lebens.

Schreiben Sie mir bald, - grüßen Sie Ihre Frau - die Barmherzigkeit Gottes sei Ihr Theil. Der Ihrige in Seinem theuersten HErrn Jesu.

Aberdeen, 1637..

S. R.


48. An denselben.

Theurer in unserm HErrn geliebter Freund! - Ihr Brief hat mich erfreut und gestärkt. Was ich zu Ihrem Troste Ihnen geschrieben habe, dessen entsinne ich mich nicht mehr; doch ich wünschte, daß ich Ihnen helfen könnte, den großen und heiligen Namen dessen zu preisen, der die Füße Seiner Heiligen nicht gleiten läßt und der alle ihre Schritte gezählt hat.

Lassen Sie mich nun auch ihnen von meiner gegenwärtigen Lage Nachricht geben, damit Sie meiner vor meinem HErrn und Meister gedenken können. Zuerst muß ich Ihnen klagen, wie ich oft mein Kreuz nach beiden Seiten wende und betrachte, besonders ach, meine verstummten Sabbathe; nicht als ob ich wünschte, einen Mangel in der Liebe meines HErrn aufzufinden; nein, sondern das Gefühl meiner Strafwürdigkeit will Christum bei mir verleumden und flüstert mir immer arge Gedanken über meinen HErrn zu, um meinen Glauben zu schwächen; - ach, ich wollte lieber, daß eine Wolke meine Tröstungen verhüllte, als daß mein Glauben Schiffbruch litte. Ich möchte gern, wenn mein Kummer mir böse Gedanken von Christo aufdrängt, mir das Ohr verschließen, aber diese Gedanken wachen jeden Morgen mit mir auf. Ach, was soll ein Mann in Christi Hause nützen, dem der Mund geschlossen ist? Ich bin ein dürrer Baum! Ach, ich kann weder pflanzen noch begießen! Wenn ich nur zu drei oder vier Hirtenknaben meines Meisters reden könnte, ich wollte mit Freuden der geringste und unbekannteste aller Prediger in diesem Lande sein. Aber Er sagt: „ich will dich nicht senden;“ - „ich habe keinen Auftrag für dich.“ Mein Verlangen, Ihm zu dienen, ist krank vor Wehmuth, daß Er mich nicht gebrauchen will.

Hieran schließt sich sodann der Vorwurf: Was habe ich Anwoth gethan? – Das schöne Werk, das der HErr dort begann, ist dem Küchlein gleich, welches in dem Ei erstirbt; und was werde ich von all meiner Arbeit aufweisen können, am Tage meiner Erscheinung vor ihm, wenn der HErr des Weinberges die Arbeiter rufen und ihnen ihren Lohn geben wird?

Doch aber, drittens, bereue ich aufrichtig meine klagende, ungläubige Traurigkeit und Schwermuth und bitte Christum, daß Er sie mir vergeben wolle. Ja, es schmerzt mich tief, daß das Gesetz mich wieder so hat gefangen nehmen können, daß ich Zorn in meinem HErrn Jesu fürchte; denn wahrlich ich bin ein Schuldner Seiner Liebe; – aber ich wünsche, daß Er aus Gnaden mich lehre, auch dann, wann Er Seiner Tröstungen mich beraubt, in Ihm zu bleiben; und wenn auch die Sonne nicht am Firnamente steht, doch zu danken und zu glauben.

Ob ich in ein anderes Land gehen werde, darüber wage ich jetzt noch nichts zu sagen. Meine Hoffnung auf Befreiung ist schwach und die Hoffnung auf die Rückkehr in meines HErrn Weinberg noch viel schwächer. Ich habe für meinen Glauben keinen andern Ruheplatz, als allein die Allmacht Gottes, Seinen heiligen Arm und Seine Güte; da wünsche ich zu bleiben und zu überwintern und vor Anker zu liegen, bis Gott wieder gutes Wetter sendet; - bis dahin aber werden noch manche bösen Tage kommen. Gedenken Sie meiner Bande. Der Ihrige in unserem HErrn Jesu.

Aberdeen 1637.

S. R.


49. An Jane Brown.

Theure Freundin!

Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen! Ich freue mich, daß Sie in dieser dunkeln und trüben Zeit in der Nachfolge Christi beharren. Es ist gut, alle andern Dinge für Ihn hinzugeben; denn wenn unsere Tage dahin sein werden, dann werden wir erfahren, welch ein Gewinn es für uns gewesen ist, daß wir es mit Christo gehalten haben. O wie könnten wir uns die Lasten erleichtern, wenn wir unsere Herzen unter dieselben beugten und unsers HErrn Willen unser Gesetz sein ließen. Und wir können mit Recht geduldig warten, denn bald wird unser HErr und Meister bei uns sein und alle Dinge an das Licht bringen. Selig sind, die Er wachend finden wird. Unser Leben währt nicht so lange, daß wir darüber ermüden sollten. Die Zeit eilt rasch dahin, und nimmt unsere Schmerzen und unsern Kummer mit sich fort. Unser Himmel ist noch in der Knospe verschlossen, aber er wächst und reift zur Ernte; warum sollten wir deßhalb nicht vorwärts gehen, da die Spanne unserer Zeit immer kürzer und kürzer wird? Deshalb empfehle ich Ihnen Christum zur Stütze in Ihrem Alter; übergeben Sie Ihm Ihre letzten Tage! Sie brauchen vor dem Sturme auf der See nicht besorgt zu sein, wenn Christus im Schiffe ist. Mit Freuden habe ich gehört, daß Ihr Sohn Johann anfängt, Christum kennen zu lernen und Seine Liebe zu schmecken; - er wird dabei nicht verlieren und seine Wahl wird ihn nie gereuen. Ich hatte immer eine große Liebe zu ihm, wie ich Ihnen wohl öfters geäußert habe, und sah Christum in ihm mehr als in seinen Brüdern. Theilen Sie ihm diesen Brief mit und sagen Sie ihm, wie sehr ich mich freue, ihn an der Seite Jesu Christi zu wissen. Gott sei mit Ihnen.

Aberdeen, 13. März 1637.

S. R.


50. An Lady Busbie.

Gnädige Frau!

Mit Freuden höre ich, daß Sie und Christus eins sind, und daß Er Ihr Ein und Alles geworden, während so viele Andere mit Sorgen und Mühe vielen Dingen nachjagen und ihre vielen Dinge doch nichts sind. Es ist wohl das Beste, daß Sie sich in die Stille zurückziehen, als die dem HErrn allein gehört. Er ist Ihnen diese vielen Jahre hindurch nachgegangen und hat Sie durch mancherlei Trübsale für sich anwerben wollen; und nun sollten Sie Ihn von sich weisen? Das wäre ein ewiger Verlust. Halten Sie die Heimsuchungen des HErrn recht hoch, denn ich erkenne es jetzt lebendiger, als je zuvor, daß, wenn die Heiligen heimgesucht werden, auch die kleinsten Sünden eine laute Anklage in ihrem Gewissen erheben, während in guten Tagen das Gewissen ein Papst ist, der unserem Herzen Sünden-Ablaß und große Freiheiten ertheilt. O, wie wenig kümmern wir uns um die Vergebung aus den Händen Christi, wenn wir uns selbst Sünden-Ablaß ertheilen. Aber wenn ein äußeres Kreuz ein noch schwereres inneres Kreuz erzeugt, dann spielen wir nicht länger mit unsern Götzen. Es ist gut, immer streng sein gegen sich selbst; denn wir verwandeln sonst Gottes Barmherzigkeit in einen Abgott, und zwar in einen solchen Abgott, der uns auch für die Sünde, daß wir Gottes Gnade auf Muthwillen gezogen haben, Ablaß gibt.

Wohl uns, wenn wir Gott, Seinen Zorn, Seine Gerechtigkeit und die Sünde aus eigener Erfahrung kennen gelernt haben! Was für ein schöner und sicherer Weg ist es, an der Hand eines Heilandes aus der Wüste dieser Welt hinauszugehen! Daß Christus und ein Sünder eins sein und den Himmel unter sich theilen sollen, das ist das Wunder der Seligkeit! Was konnte Liebe mehr thun? Und welch einen süßen Wohlgeruch gießt Christus über Seinen untern Garten aus, wo doch nur wilde Blumen wachsen (wenn wir vergleichungsweise reden) während im Himmel nur vollkommene Gartenblumen zu finden sind - und was sie alle vollkommen macht, ist Christus! Er ist der Schmuck des Himmels und Seines Vaters Hauses. Er ist eine Rose, die den obern Garten Gottes ziert. So lassen Sie uns denn eilen, zu Ihm zu kommen, um mit der Süßigkeit Seiner Liebe erfüllt zu werden. Nichts kann uns von Ihm zurückhalten; denn Er hat versprochen: Zeit, Hölle, Teufel, Welt und Tod aus dem Wege zu räumen und den rauhen Weg zwischen uns und Ihm zu ebnen, damit wir zu Ihm kommen können. Es ist wunderbar und seltsam, daß Er ein Verlangen trägt, uns Sünder im Himmel bei sich zu haben! - Schon ist das Abendmahl für uns bereitet. Christus der Bräutigam wartet bis die Braut sich zur Hochzeit geschmückt hat. O, wir Thoren, was thun wir noch hier? warum sitzen wir hier still? warum schlafen wir in unserm Gefängniß? Wäre es nicht das beste, uns Flügel zu machen und aufzufliegen zu unserem hochgepriesenen Bräutigam und zu unsern seligen Freunden? Ich glaube, auch Ihre Blicke und Gedanken sind dorthin gerichtet; eilen Sie, Ihr Führer wartet auf Sie. Ich muß Sie segnen für Ihre Treue und Güte, die Sie den Heiligen beweisen. Gott lasse Sie Barmherzigkeit finden an dem Tage unsers HErrn Jesu, dessen beseligender Gnade ich Sie von Herzen empfehle. Der Ihrige in unserm HErrn Jesu.

Aberdeen, 1637.

S. R.


51. An Fulk Elies.

Mein theurer in unserm HErrn geehrter Freund! - Ich freue mich, daß unsere Bekanntschaft nicht blos auf dem Papier steht; denn da wir wissen, daß wir einen Vater haben, so schadet es nichts, daß wir einer des Andern Angesicht noch nicht gesehen haben. Ich halte mich für unwerth, der Fahne eines so heiligen und herrlichen Herzogs, wie Christus ist, zu folgen.

Von Natur sind wir in unsern Herzen Atheisten und können deßhalb die Vorsehung nicht recht begreifen, und halten sie in unserm Wahne wohl gar für eine unbillige Vorsehung, als wenn Gottes Maß, womit Er die Freuden und Leiden der Menschenkinder abmißt, ungleich wäre. Aber unser HErr wiegt das Gute und Böse, welches Er austheilt, auf einer gleichen und rechten Wage ab. Den Heiligen scheint die Sommersonne nicht in diesem Leben; wie würden wir uns beklagen, wenn unser HErr die Ordnung der Dinge umgekehrt und es so eingerichtet hätte, daß die Heiligen zuerst den Himmel genössen, Herrlichkeit und Wohlergehn, und dann Methusalems Jahre des Kummers und täglichen Elends? Wir würden sagen: ein kurzer Himmel ist kein Himmel. Wahrlich Seine Wege gehen weit über unser Denken und Verstehen!

Sie beklagen sich über den Atheismus Ihres Herzens und schreiben darüber an einen Menschen, der sich selbst für den größten Atheisten erkennt. Ach, das Licht wird nicht mit der Ehrerbietung und Ehrfurcht aufgenommen, welche eine Pflanze in unserer Seele finden sollte, die Gott gepflanzet hat. Wie beflecken wir doch von Natur die Wahrheit Gottes und halten sie in Ungerechtigkeit auf, und machen so Gottes Licht zu einem gebundenen Gefangenen! Ja eine Menge Nebel und Wolken, die aus dem untern Theile unserer Seele aufsteiget, nämlich unsere irdischen Begierden, überziehen den obern Theil, nämlich unser Gewissen, das natürliche wie das erneute. Hätten wir nur mehr Uebung im Gehorsam, so würden wir auch mehr wahres Licht haben. Wahrlich, auch abgesehen von aller andern Schuld, schon dieses eine, daß wir das Licht Gottes in unsrer Seele nicht höher achten, würde zu unsrer Verdammniß hinreichen; und da ist keine andere Hülfe, als daß wir darnach ringen, in heiliger Ehrfurcht das Licht Gottes in und aufzunehmen, damit es nicht dereinst uns Dinge zeige, vor deren Anblick wir erzittern würden. Wir müssen durchaus gegen das Thun des alten Menschen uns auflehnen und gegen unsere schlechtere Hälfte Parthei nehmen, um das Sündenreich in uns anzuklagen und zu verdammen; denn Christus hat einmal die Sünde in dem Fleische verdammt und wir sollen sie immer wieder von Neuem verdammen. Ja, wenn es keine Gnade des HErrn Jesu gäbe, dann hätte ich schon längst die Hoffnung auf den Himmel und die Erwartung, Gott zu schauen, aufgeben müssen; aber Gnade, die freie Gnade, das unentgeltliche Verdienst Jesu Christi war und bleibt ewig der Felsen, nach welchem unsere fast schon versinkenden Seelen hinschwimmen. Ja täglich und stündlich muß ein armer Sünder in diesem kostbaren Blute, welches den freien Gnadenbund besiegelt hat, sich von Neuem waschen und die Erlösung, die ihm dadurch erworben, von Neuem aneignen. Bis wir in dem Himmel sein werden, müssen wir immerdar unsern Seelen den Frieden verschaffen durch „den neuen und lebendigen Weg;“ und Jesus, welcher die aussätzige Seele reinigt und heilet, muß diesseits der Himmelspforte unser steter Gesang sein; und auch wenn wir schon die Stadt werden gewonnen haben, werden wir immerdar singen: „würdig, würdig ist das Lamm, das uns erlöset und uns gewaschen hat in Seinem eigenen Blute.“ Ich möchte allen Erlöseten den Rath geben, diesen Gesang bei Zeiten zu lernen; denn so könnten wir, denke ich, selbst noch auf Erden ein neues Jerusalem bauen, einen kleinen Himmel dieser alles übertreffenden Liebe. Der HErr wolle mir doch mehr von dieser Liebe geben, oder mich bald über's Wasser hinüber nehmen, wo ich mit Seiner Liebe erfüllt sein werde. Gedenken Sie mein in Ihrem Gebete. Der Ihrige in dem HErrn.

Aberdeen, 7. September 1637.

S. R.


52. An James Lindsay.

Theurer Bruder!

Ihr unablässiges und tägliches Aufmerken auf die Führungen Gottes mit Ihnen, auf Sein Kommen und Gehen, auf die Ebbe und Fluth Seiner Gnade wird mir, der ich ein so unverständiger und müßiger Zuschauer der Wege und Thaten Gottes bin, zum ernsten Vorwurf.

1) Ach, wenn ich meinen HErrn doch recht im Auge behielte, und es gleich inne würde, sobald Er mir fehlt, dann wollte ich froh sein! Und wenn ich Ihm dann mit inbrünstigem Verlangen gleich nacheilte, sobald Er sich von mir entfernte, so würde dieses Entfernen mich glücklich machen.

2) Wenn ich es wüßte, daß der, den meine Seele liebt, nur zu meiner Prüfung und zu meiner tieferen Demüthigung von mir gegangen wäre und daß ich ihn nicht durch meine eigene Schuld gezwungen, sich mir zu entziehen, dann würde ich auch bei Seiner Entfernung meinen Frieden bewahren. Aber Christum entbehren, bei dem innern Vorwurf, dieses durch seine Sünden verschuldet zu haben, ist ein schwerer Kummer, der ganz zu Boden drückt; und zu wem soll ich mich dann wenden?

3) Ich weiß, daß die Nacht und der Schatten den Blumen wohlthun, und daß das Mondlicht und der Thau ihnen zuträglicher sind, als beständiger Sonnenschein. So ist auch die Abwesenheit Christi von besonderem Nutzen: sie hat eine stärkende Kraft in sich, gibt der Demuth neue Nahrung, reizt unsern Hunger und gibt dem Glauben eine gute Gelegenheit, seine Hand auszustrecken und sich an Den zu halten, Den er nicht siehet.

4) Es ist ein Wunder der Gnade und Barmherzigkeit, daß Christus Seine Wohnung in einem so befleckten Hause, unserer Seele, aufschlagen will, in welchem der alte Mensch immerfort in Empörung gegen den himmlischen Gast ausbricht; ach, daß ich doch nie sagen möge, „HErr Jesu, was willst Du hier?“ Doch ich würde mich selbst verlieren, wollte ich in diese Tiefe und in diese Wunder eindringen, da freie Gnade und unendliches Verdienst sich vereinigt haben, eine sündige Seele zur Wohnung des heiligen Geistes zu machen.

5) Die Heiligung und die Ertödtung unserer Begierden ist das Schwerste im Christenthum. Unserer Natur nach möchten wir vor Freude hüpfen, wenn wir an das neue Jerusalem denken; aber gehorchen und mit Furcht und Zittern unsere Seligkeit schaffen und nach vollkommener Heiligkeit ringen, das ist die beschwerliche und stürmische Nordseite unseres Weges.

6) Auf Ihre Frage in Ansehung der Verdammten erwidere ich Ihnen zunächst, daß bei Ihnen würdigere und gelehrtere Männer sind, die Ihnen eine genügendere Antwort, als ich vermag, geben können. Doch will ich Ihnen mit wenigen Worten sagen, was ich darüber meine:

Alle Gerechtigkeit Gottes gegen Menschen und Engel entspringt aus einem Akt des unbeschränkten und unabhängigen freien Willens Gottes; Er hat uns erschaffen, Er ist der Töpfer und wir sind nur Thon. Hätte Er verboten, von allen übrigen Bäumen des Gartens in Eden zu essen und dagegen dem Adam geboten, von dem Baum des Erkenntnisses Gutes und Böses zu essen, so wäre dieses Gebot ohne Zweifel eben so gewesen wie das: „Du sollst essen von allerlei Bäumen im Garten, aber von dem Baum des Erkenntnisses Gutes und Böses sollst du nicht essen.“ Denn Sein Wille ist Seine Gerechtigkeit und Er will keine Dinge außer sich, als könnten sie in sich selbst gerecht sein. Sein Wille ist wesentlich gerecht und heilig und der Grund aller Gerechtigkeit und Heiligkeit. Gott hat gesagt: „Glaube an Jesum Christum, so wirst du selig!“ Denn Sein ewiger und wesentlich gerechter Wille hat es so beschlossen und festgesetzt, wenn auch die natürliche Vernunft des Menschen dieses nicht zu fassen vermag; es ist dieses das tiefe und besondere Geheimniß des Evangelii. Gott hat die ganze sichtbare Kirche verpflichtet, die Verheißung: „Wer da glaubet, soll selig werden,“ zu glauben. Sonach ist den Verdammten, die nicht glauben, keine Seligkeit verheißen, - denn die Verpflichtung zum Glauben, gegründet auf Gottes Gebot, ist Allen auferlegt. Der Glaube, den Gott von Allen fordert, besteht in der festen Zuversicht auf Christum, wie in dem gänzlichen Verzagen an aller eigenen Gerechtigkeit, wobei man sich ganz und gar in aller Demuth als mühselig und beladen auf Christum stützt, als den Eckstein, der gelegt ist in Zion. Aber Gott will nicht, daß der, welcher noch nicht über seine Sünde Leid getragen und dieser Last noch nicht müde geworden ist, sich auf Christum, den Heiland der Welt, verlasse; denn sich auf Christum verlassen und doch der Sünde nicht müde sein, ist Anmaßung, nicht Glauben. Der wahre Glaube ist immer mit einem gebrochenen und zerschlagenen Herzen verbunden, und wo nicht ein solches demüthigende und beugende Gefühl der Sünde ist, da kann unmöglich Glaube sein. Niemand ist ausdrücklich verpflichtet zu glauben, daß Christus gerade für ihn insbesondere gestorben ist; aber alle müssen glauben, daß Christus für die Mühseligen, Beladenen und Elenden gestorben ist, für die, welche in ihrem eigenen Gewissen verdammt und durch den Ausspruch des Gesetzes zu Boden geschlagen sind und sie müssen Ihn auch wahrhaftig ergreifen, wie Er ihnen angeboten ist. Jenes ist eine zweite Stufe des Glaubens, welche erst folgt, wenn man zu Christo gekommen ist und sich mit Ihm verbunden hat. Gott ist gerecht in der Bestrafung der Verdammten, weil diese aus Stolz ihres Herzens und im Vertrauen auf Ihre eigene Gerechtigkeit Christum, als den Heiland aller derer, die zu Ihm kommen, nicht annehmen wollen; dieses aber kann Gott mit Recht von allen verlangen, da sie es zu thun in Adam die vollkommene Fähigkeit hatten; und die Menschen verdienen daher die Verdammniß, weil sie ihre eigene Ohnmacht lieben und ihr Vertrauen auf sich setzen und weil sie weder ihre eigene Gerechtigkeit aufgeben, noch sich zu Christo wenden wollen, in welchem die Rechtfertigung für beladene Sünder ist. Es ist etwas anderes, in Demuth und mit zerschlagenem Herzen sein Vertrauen und seine ganze Zuversicht auf Christum setzen und in Anerkennung der Schuld an Den glauben, in dem allein mühselige Sünder gerecht werden können und etwas anderes, zu glauben: Christus ist für mich Johann, Thomas, Anna u.s.w. gestorben, in der ausdrücklichen Absicht, gerade uns zu erretten und selig zu machen. Das erste geht in der gehörigen Ordnung voran und das letzte folgt dann nach; das erste ist Glauben, das zweite eine Frucht des Glaubens. Es ist unrecht zu sagen: da ich nicht weiß, ob Christus für mich Johann, Thomas, Anna u. s. w. insbesondere gestorben ist, so darf ich mich nicht auf Ihn verlassen. Das ist nicht Glaube, Gottes Absicht und Beschluß der Erwählung eher erforschen zu wollen, als uns die Sünde eine Last geworden ist. Erforschen Sie zuerst Ihre eigene Absicht und Ihr Herz, und ob Ihnen die Sünde eine Last geworden ist und Sie unter dieser Last bei Christo Ruhe finden können und gefunden haben; und wenn dieses geschehen, dann kommen Sie und glauben Sie insbesondere, oder vielmehr (denn nach meiner Meinung ist dies eine Frucht des Glaubens und nicht der Glaube) eignen Sie sich in Ihrem Herzen durch Ihr Gefühl das Wohlgefallen und die gnädige Absicht Gottes in Hinsicht Ihrer Seligkeit an. Die Sünde der Verdammten ist, daß sie Christum verachten und ihre Unfähigkeit, zu Ihm zu kommen, lieben; und wer seine Ketten liebt, der verdient sie. Nun so gedenken Sie auch meiner Bande. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 1637.

S. R.


53. An Lady Largirie.

Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen! Ich hoffe, Sie haben es nicht vergessen, unter welchen Bedingungen Sie sich mit Christo verbunden haben, als Sie sich Ihm übergaben. Er hat Ihnen vorausgesagt, Ihre Sommertage würden auch durch Wolken getrübt und Ihre Rosen mit Dornen umgeben sein. Nur in dem Himmel genießt man Christum in ungetrübter Freude, hienieden müssen wir an Seinem Kreuze Theil haben; doch kenne ich keinen Baum, der süßere Früchte trägt, als das Kreuz Christi. Sie müssen Christum so annehmen, wie Er Ihnen in diesem Leben gegeben ist; und wenn Sie sich fest an Ihn halten, so ist das Feld gewonnen. Nur noch ein wenig Geduld und Christus wird triumphieren; und wenn er einst Sein Werk auf dem Berge Zion vollendet und Sein Silber geläutert haben wird, dann wird er lauter neue Gefässe aus dem Ofen hervorbringen, um Sein Haus zu schmücken. Ich rathe Ihnen, machen Sie sich frei von den Sie beschwerenden Versuchungen, indem Sie die einen überwinden, die andern verachten und über alle aber wachen. Bleiben Sie unverrückt bei Christo! Wohl dem, der alles, was er hat, Geist, Seele und Leib in Seine Hände legt!

Wenn jemand fragt, wie es mir geht, so antworte ich: es kann denen, die in Christo sind, nicht anders als wohl gehn; und stünde es nicht so mit mir, so hätten mich meine Leiden schon längst zu Boden gedrückt.

Versichern Sie Ihren Gemahl meiner Liebe und bitten Sie ihn in meinem Namen, daß er alles bei Seite setze und nach der Gewißheit seiner Seligkeit ringe, damit er nicht erst dann darnach trachte, wenn die Sanduhr abgelaufen ist und Zeit und Ewigkeit sich begegnen. Es gibt kein so wichtiges Geschäft in der Welt, als dieses. Ach, daß er es doch zu Herzen nehmen möchte. Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in dem HErrn.

Aberdeen.

S. R.


54. An Lady Kilconquhair.

Gnädige Frau!

Ich habe Ihr Schreiben erhalten und bin hoch erfreut, daß Sie von der Liebe zu Christo ergriffen sind. Werden Sie nun nicht lässig, sondern halten Sie an und Sie werden erfahren, daß in Christo mehr zu finden ist, als Menschen- und Engelzungen aussprechen können. Sie suchen den Weg zum Himmel: - der Weg ist in Ihm oder vielmehr Er ist selbst der Weg. Alles, was Sie bedürfen, ist in Jesu in reichem Maße zu finden und Er sagt, alles, was Sein ist, gehört Ihnen und selbst Sein Königreich will Er mit Ihnen theilen, ja Seinen Thron und Seine Herrlichkeit. (Luc. 17,30. Joh. 17,24. und Offenb. 3,21.) Deshalb kämpfen Sie darum, in diese belagerte Stadt, in Christum einzudringen; der Teufel, die Welt und ganze Heere von Versuchungen sind umhergelagert, um alle, welche draußen sind, zurückzuhalten und man muß Gewalt gebrauchen um einzudringen. Es ist kein weicher und bequemer Weg, der hinführt, auch ist das Wetter nicht immer schön und angenehm; aber diejenigen, welche im Glauben auf den unsichtbaren Gott und auf die schöne Stadt hinsehen, die kümmern sich nicht um Verluste und um Kreuze. Hinein müssen sie, es koste, was es wolle. Scheuen Sie keinen Preis, alles, was Sie haben, müssen Sie daran setzen, um diese Stadt zu gewinnen. Das Recht dazu ist Ihnen schon erworben und ist Ihnen in Ihres HErrn Jesu Testament vermacht. Erkennen Sie, was für ein schönes Legat Ihr sterbender Freund Jesus Ihnen hinterlassen hat; es fehlt Ihnen an nichts mehr, als daß Sie es in Besitz nehmen. So erheben Sie sich denn in der Kraft des HErrn und gehen Sie über das Wasser hinüber, um das schöne Land einzunehmen; es ist besser als das Land der Oelbäume und des Weinstocks; denn da ist der Baum des Lebens, der in jedem Monate zwölferlei Früchte trägt, vor Ihnen und ein reiner Strom des Lebens, klar wie Krystall, der aus dem Throne Gottes und des Lammes hervorfließt. Ihre Zeit ist kurz, darum verlieren Sie keine Zeit. Gnädig und treu ist der, der Sie zu Seinem Reiche und Seiner Herrlichkeit berufen hat; die Stadt ist schon für Sie erobert und ist der Verheißung nach Ihr eigen; deßhalb lassen Sie sich nicht durch betrügerische Abgötter von Ihrem Eigenthum zurückhalten. Der Teufel hat den einfältigen Erben um seine Verheißung betrogen und indem er uns verleitet, von der verbotenen Frucht zu essen, hat er uns zwar aus unserem schönen Erbgut vertrieben, aber unser HErr Jesus Christus hat nicht blos des Teufels Macht vernichtet, sondern auch den Gefangenen erlöset und den armen Erben wieder in sein Erbgut eingesetzt. Wenn wir die Herrlichkeit unsers ältern Bruders in dem Himmel kenneten, dann würden wir vor Verlangen entbrennen, dort zu sein, um Ihn zu sehen. Wir Kinder halten die Erde für einen schönen Garten, allein im Vergleich mit dem Garten des HErrn ist sie nur ein wilder, kalter, öder Fleck. Alle Dinge hier auf Erden welken dahin und nur das ist Glückseligkeit, Christum gewinnen und sich zu eigen machen.

Ihren Gemahl bitte ich meiner Liebe zu versichern, ihm wünsche ich gleichfalls alles, was ich Ihnen geschrieben habe und so befehle ich Sie der Barmherzigkeit Gottes. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 13. September 1637.

S. R.


55. An Lady Gaitgirth.

Mich verlangt darnach, von Ihnen und Ihren Kindern zu hören. Ermüden Sie nicht auf Ihrer Reise, und lassen Sie den Muth nicht sinken; der Weg vor Ihnen bis zu Ihrer Heimath ist nicht mehr so lang, als der, den Sie schon zurückgelegt haben. Noch ein wenig weiter und Sie erreichen Ihre Ehrenkrone. Ihr HErr Jesus hat es sich sauer werden lassen, ehe Er den Berg erstiegen. Er war es, der gesagt hat: „Vater hilf mir, - ich bin ausgeschüttet wie Wasser, alle meine Gebeine haben sich zertrennet; mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzenes Wachs, meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe.“ Ich bin gewiß, Sie lieben den Weg um so mehr, da Seine heiligen Füße vor Ihnen darauf gegangen sind. Ihr HErr wird Sie auf dem Wege nicht umkommen lassen. Ich weiß, auch Sie haben trübe Stunden, wenn der Tröster sich hinter Wolken verbirgt; man sucht Ihn dann wohl, aber findet Ihn nicht! Doch Sie müssen sich Seine Trostworte aneignen und gegen Christum nicht fremd und schüchtern sein. Er hat es am liebsten, wenn wir zutraulich zu Ihm sind.

Wenn Ihre Winterstürme vorüber sein werden, dann wird der Sommer des HErrn kommen; Er wird es Ihnen am letzten Ende wohl gehen lassen. Gehen Sie in der Sorge und Liebe für Ihre Kinder nicht weiter als der HErr es zuläßt; tragen Sie sie auf Ihrem Herzen, aber nehmen Sie sie nicht in das Innerste Ihres Herzens, wo nur Christus sein soll; denn sonst sind sie Ihre Abgötter und nicht Ihre Kinder. Wenn Ihr HErr eins von ihnen zu sich in Sein Haus nimmt, ehe der Sturm sich erhebt, so lassen Sie es geschehen. Lassen Sie unsern HErrn, zu welcher Zeit es ihm gefällt, die Frucht, die Ihm gefällt, abpflücken! Sie sind Ihnen nicht verloren, sondern sind aufgehoben und aufbewahrt in dem Himmel, wo unsers HErrn beste Juwelen liegen. Darum seien Sie guten Muthes; der Himmel ist Ihnen gewiß; dieß Wort können Wenige sagen.

Nun der große Hirte der Schafe und der Gott des Friedens erhalte und bewahre Sie auf den Tag der Erscheinung Christi unsers HErrn. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 7. September 1637.

S. R.


56. An den Prediger Matthew Mowat.

Theurer Bruder!

Ihre Briefe haben mich erquickt. Ich würde alles freudig aus meines HErrn Hand hinnehmen, wenn ich nur auf irgend eine Weise meinem HErrn in meinen Leiden dienen könnte. Zwar halte ich mich wahrlich zu jedem Dienste in Seinem Hause, (mein lieber Bruder, es ist dieß keine Uebertreibung und keine eitle Redensart) ganz unwürdig; allein wenn ich davon höre, wie die Diener Gottes in Seinem Weinberge arbeiten und wie sie den Namen unseres HErrn Jesu verkünden, dann komme ich mir wie ein Geächteter, wie ein Verbannter vor, der aus der Stadt vertrieben ist und auf dem Felde zwischen Bergen und Felsen umherirren muß. Doch ich weiß wohl, daß dieß nur trübe Gedanken sind, die aus einem klagenden und ungläubigen Herzen emporsteigen, wie düstrer Nebel, der Gottes Weisheit verhüllen will. - Und gerade der Fehler, dessen Sie sich anklagen, ist auch der meinige, daß ich nehmlich dem schlichten und einfältigen Worte Gottes nicht glaube. Wenn ich nicht Zeichen, Siegel und Bürgschaft für Sein Wort habe, so halte ich mich für verloren, obwohl ich doch das Wort und die Zusicherung eines Königs in Händen habe. Ach, ich bin aus Unglauben zusammengesetzt und kann nur da schwimmen, wo meine Füße den Grund berühren. Ach, meine Anfechtungen stellen mir Christum als einen Betrüger vor! Ja, diese stellen uns überhaupt Christum immer anders dar, als Er ist, und wir in unserer Thorheit leihen dem Versucher unser Ohr! Wenn ich nur ein Wort des Heils zu irgend jemand sagen könnte, wie froh würde dann meine Seele sein! Doch ich verkenne (und das ist mein größtes Leiden) noch so oft das Kreuz Christi; denn wenn wir verständig wären und es bedächten, daß gute Tage für uns Thoren nicht taugen, dann würden wir einen Markt wünschen, auf dem wir unsere träge Ruhe gegen ein heilsames Kreuz vertauschen könnten. Freilich wollen unsere natürlichen Wünsche nichts von Leiden wissen, aber manche geben doch auch einen hohen Preis für eine Arznei, die ihnen auch nicht schmeckt. Und gewiß, theurer Bruder, unser getreuer HErr, mag Er gehen oder kommen, ist immer voller Gnade, und selbst, wenn Er von uns weggeht, so hinterläßt der Glanz dieser schönen Sonne, der sich in den Augen, im Gemüth und im Herzen abspiegelt, noch nach Seiner Entfernung eine Fülle von Liebe in unserem Herzen und der Ton Seines Anklopfens an die Thür Seines Freundes läßt, nachdem Er schon weggegangen ist, noch Freude und Wehmuth zurück; und so haben wir daran zu zehren, bis Er wiederkommt. Er wird mehr geliebt, wenn Er uns Seine Gegenwart entzieht, als wenn Er immer gegenwärtig ist. So wie man sich oft des Tages dann am meisten erfreut, wenn die Sonne sich neigt und der Abend herankommt. Und was das Kreuz Christi betrifft, so hat mir das nie ein Leid zugefügt, als was ich mir selbst dabei zugezogen. Wenn ich aber Christi Arznei mißbrauchte, so war es freilich kein Wunder, daß sie mir schadete. Es sind nun 1600 Jahre, seit Christus Sein Kreuz getragen und noch trägt es die Zeichen von Ihm. Doch ist es noch viel älter; denn schon dem Abel war dasselbe Kreuz auf seine Schultern gelegt und alle Heiligen von ihm her, bis auf den heutigen Tag, haben dieses Kreuz gekannt. Ich bin froh, daß Christus in einer solchen Verbindung mit diesem Kreuze steht, und daß es genannt wird: „Das Kreuz unsers HErrn Jesu,“ (Gal. 6,14.) „Seine Schmach,“ (Ebr. 13,13.) gleichsam als wenn Christus es für Sein eigenes anerkennte. Wäre es nur ein Uebel, wie die Sünde ist, so würde Christus, der nicht der Urheber und der Besitzer der Sünde ist, es nicht als Sein eigen anerkennen. Ihre Entschuldigung für Ihren mir ertheilten Rath ist unnöthig; ach, viele sitzen bei dem Lichte, wie die Kranken bei der Mahlzeit, und können es nicht gebrauchen. Gnade sei mit Ihnen. Ihr Bruder in Christo.

Aberdeen, 7. September 1637.

S. R.


57. An Herrn John Meine.

Theurer Bruder! - Ich habe Ihren Brief empfangen. - Je mehr ich Christum kennen lerne, desto mehr Ursache finde ich, Ihn zu lieben; und wenn ich alles von Ihm gesagt habe, was ich weiß, so mag ein Anderer mit Recht behaupten, ich habe noch nichts von Ihm gesagt. Ich habe bei Christo niemals Ebbe und Fluth, nie ein Zunehmen und Abnehmen gesehen. Wenn Er sich zu verändern scheint, so sind wir es nur, die wir unser Angesicht von Ihm abwenden; ich habe nie, auch nicht in meinen schwersten Kämpfen, über Ihn zu klagen gehabt, aber wohl über mein eigenes Thun. Wahrlich Er hat auf seltsamen Wegen mich mit Geduld getragen. Sie thun wohl, daß Sie sich vor Ihren eigenen Abwegen fürchten.

Hätte ich schon in meiner Jugend mein Vertrauen auf Christum gebaut, so hätte ich fest gestanden; aber wer sich selbst in den Himmel tragen will, der kann nicht anders, er muß ausgleiten und fallen. Glauben Sie nicht, daß Christus es mit Ihnen in Ansehung der Leiden so machen wird, wie der Papst mit den Sünden; Christus wird weder Erlaß von Kreuzen verkaufen, noch ein Schutzmittel dagegen geben, - Kreuze sind das allgemeine Los aller Heiligen und sie bilden einen Theil unserer Gemeinschaft mit Christo, aber eine süße Zugabe zu diesen Kreuzen ist Christi Gegenwart und Sein Trost. - Versichern Sie Ihren Vater und Ihre Mutter meiner Liebe. Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 7. September 1637.

S. R.


58. An Robert Lennox von Disdove.

Theurer Freund! - Ich vergesse Ihrer nicht in meinen Banden. Ich weiß, Sie haben Ihren Blick auf Christum gerichtet und ich beschwöre Sie, folgen Sie Ihm nach. Jetzt kann ich mehr von Christo aus Erfahrung sprechen, als da ich Sie sah, und doch ist Er noch unendlich über Alles erhaben, was man von Ihm sagen kann. Verkaufen Sie, verkaufen Sie alles, damit Sie Christum gewinnen. Wenn Sie die ganze Welt auf die Waagschale legen, so wiegt sie doch nichts gegen die Liebe Christi; Menschen und Engel können diese nicht ergründen. Mein Freund, machen Sie Ihre Seligkeit fest; bauen Sie nicht auf Sand, sondern legen Sie den Grand auf den Felsen in Zion; ringen Sie darnach, daß Sie dieser Welt, Ihrem Eigenwillen und Ihren Listen absterben, und lassen Sie Christum in Ihnen herrschen, und Seinen Königsthron in Ihnen aufrichten; wandeln Sie mit Christo, und wenn dann auch die ganze Welt Ihnen widerstehen sollte, so verspreche ich Ihnen, daß Er doch das Feld behaupten wird.

Halten Sie Ihre Kleider rein, denn Sie sollen einst mit dem Lamme wandeln, angethan mit weißen Kleidern. Selig sind, die da wachen und in Gottes Liebe bleiben. Lernen Sie des Bräutigams Stimme erkennen, halten Sie an am Gebet und lesen Sie mit Eifer. Sie sind oft mein Zuhörer gewesen. Weichen Sie nicht von dem Wege ab, in dem zu wandeln ich Sie unterwiesen; er ist - dafür will ich mit meines Herzens Blut bürgen - der einzige zur Seligkeit. Was ich Ihnen schreibe, das sei auch Ihrer Frau geschrieben. Halten Sie im Gedächtniß Christum und den Himmel. Bewahren Sie den Funken der Liebe Christi, der in Ihnen ist, so wird ihn Christus schon anfachen, und Ihr Ende wird Friede sein. Mein Theurer, beten Sie für mich, wie ich es für Sie thue. Versichern Sie die Schwester Murray und ihre Tochter meiner Liebe, und bitten Sie sie in meinem Namen, sie möchte, da es schon spät Abend geworden, noch ein wenig harren, der König werde gleich kommen, und ihr zeigen, was sie noch nie bei ihm gesehen habe. Der Himmel ist kein Traum, „Komm und siehe,“ das ist der beste Unterricht. Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 7. September 1637.

S. R.


59. An Alexander Gordon von Earlstoun.

Hochgeehrtester Freund! Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen! Ich habe Ihren Brief erhalten, und bin durch denselben erfrischt worden. Leider habe ich nur wenig Briefe von meinen Freunden aus Ihrer Gegend empfangen; dies betrübt mich, doch mein HErr, der bei mir ist, lehrt mich auch dieses in Liebe zu ertragen, und auf dem rechten Wege zu bleiben.

Er hat Seine Lust daran, einen traurigen Gefangenen und einsamen Fremdling zu besuchen. Seine Narden verbreiten einen Wohlgeruch, aber meine Freude hat eine herbe Beimischung, worein ich mich ergeben muß; denn weßhalb sollten Seine Tröstungen ohne Beimischung von Bitterkeit sein? Christus hat mich jetzt auf eine Stufe im Christenthum geführt, die ich zuvor noch nie erreicht hatte. Es kommt mir jetzt alles Vergangene als Kindheit und Kinderspiel vor. Ich sehe auf das, was ich war, zurück, und muß lachen, wenn ich die Sandhäuser erblicke, die ich als Kind aufgebaut habe. Anfänglich erregte die Erinnerung an die vielen schönen Festtage mit meinem HErrn Jesu, die nun in schweigende Sabbathe verwandelt sind, einen großen Sturm in meiner Seele; und der Teufel versuchte mich, über Christum zu murren, und ihm vorzuwerfen, Er sei ein harter HErr; aber jetzt sind diese Nebel zerstreut, und vom Murren weit entfernt, bin ich ganz zufrieden. Nun wundere ich mich, daß noch ein Mensch lachen kann auf dieser Welt, oder sie herzlich willkommen heißen. Christus steht mir zur Seite als ein treuer Gefährte; Er hat mich erleichtert, ohne daß ich es sah, indem er das auf meinen Schultern liegende Kreuz aufhob, so daß es mir so leicht wie eine Feder erschien, weil die ewigen Arme unterlagen. Nichts bricht mir das Herz, als daß ich von der Herrlichkeit des Bräutigams nicht zu den Töchtern Jerusalems reden darf.

Ich beschwöre Sie im Namen Christi, reden Sie von dieser Herrlichkeit zu allen, die Sie sehen, obwohl sie alle unsere Worte und alle Erkenntniß weit übertrifft. Ich wollte, daß alle im ganzen Königreiche wären wie ich bin, ausgenommen diese Bande! Die Menschen wissen nichts von der Liebe, die der HErr Jesus einem Gefangenen erweiset; Er hat das Siegel Seines Trostes meinen Leiden aufgedrückt. - Ich schreibe Ihnen, was ich gesehen und erfahren habe. Dann und wann will es mich freilich wie Feuer in den Gebeinen brennen, daß ich nicht reden darf; aber Christus hat gesagt: „dein Lohn ist aufbewahrt im Himmel;“ und dies Wort aus dem Munde eines Königs erfreut mein Herz, obwohl auch zu andern Zeiten mich wieder Traurigkeit ergreift, daß ich wohnen muß unter den Hütten Kedars. Der HErr hat meine Brüder und Freunde ferne von mir gethan, und wo er mich als Werkzeug gebraucht hat, etwas Gutes zu thun, da soll ich vergessen sein. Er thue mit mir, was ihm wohlgefällt, wenn Er mich nur selig macht. Ich bitte Sie, trösten Sie meinen gebeugten Bruder; versichern Sie Ihre Frau meiner Liebe, und das Gebet und der Segen eines Gefangenen des HErrn ist mit Ihnen. Besuchen Sie fleißig Ihre Gebetsversammlungen; ach, wie süß würden diese Versammlungen mir jetzt sein! Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 16. Dezember 1637.

S. R.


60. An den Prediger Robert Blair.

Herzlich geliebter Bruder! - Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott unserm Vater und unserm HErrn Jesu Christo sei mit Ihnen. Es wundert mich nicht, mein theurer Bruder, daß Sie für den Augenblick in Traurigkeit sind, da Gottes Wille Ihre Wünsche und Ihr Verlangen, unter einem Volke zu wohnen, welches dem HErrn dient, durchkreuzt hat. Sie haben auch Ursache, ernstlich nachzuforschen, was Seine Vorsehung Ihnen hiedurch sagen will; allein Gottes leitender und regierender Wille kann durch keine Logik aus dem nächsten Erfolge erkannt werden. Paulus fand viele Hindernisse auf seinem Wege nach den Orten, in welche er doch vom HErrn gesandt war, um daselbst das Evangelium zu verkündigen. Dem Volke Israel war das heilige Land verheißen und doch waren viele Völker ihnen im Wege, welche sie von der Besitznahme des Landes abzuhalten trachteten, welches doch Gott der HErr ihnen gegeben hatte; ja sogar sie bekämpfen und vertilgen wollten, obwohl sie die Verheißung hatten. Ich weiß es, daß es Ihnen schwer wird, Ihren Willen zu unterwerfen; aber ich bin überzeugt, daß Sie gelernt haben, mit jeder Lage, in welche Sie gesetzt werden, zufrieden zu sein und zu sprechen: „der Wille des HErrn geschehe.“ Seine Absicht ist, Ihnen mit Ihren Leiden und Ihrem Schweigen, welches (wie ich aus eigener Erfahrung weiß) Sie schwer niederdrückt, nur Segen zu bereiten; aber, indem Gott sieht, wie wir im Herzen bereit sind, Ihm zu dienen, bleibt unser Lohn bei Ihm stehen, wie kranke Soldaten auch dann ihren Sold erhalten, wenn sie bettlägerig und nicht im Stande sind, mit den andern zu Felde zu ziehen. „Wenn auch Israel nicht zu Ihm gesammelt werden sollte, so bin ich doch vor dem HErrn herrlich, und mein Gott ist meine Stärke.“1) Leiden und Trübsal ist, obwohl die schwerere, doch die bessere Hälfte unseres Amtes. „Durch viele Trübsal müssen wir eingehen in das Reich Gottes.“ Theurer Bruder, erfreuen Sie mich mit einem Briefe von Ihrer Hand; hier ist Niemand, mit dem ich sprechen kann, ich wohne unter den Hütten Kedars.

Ach nur mehr Liebe zu Dem, der so vollkommen liebenswürdig ist; solche Liebe, „die auch viele Wasser nicht auslöschen und Ströme nicht ersäufen mögen!“

Ich gedenke Ihrer, und trage Sie auf meinem Herzen zu Christo. Ich bitte Sie, vergessen Sie nicht Ihren bekümmerten Gefangenen. Ihr Bruder und Mitgefangener.

Aberdeen, 7. Februar 1637.

S. R.


61. An Earlstoun den Jüngern.

Theurer Bruder!

Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen. Ich habe Ihren Brief, durch den meine Seele erquickt worden ist, erhalten. Ich danke Gott, daß die Wolke vorübergezogen ist. Jetzt schäme ich mich meiner ungerechten Zweifel an Christo meinem HErrn. Wahrlich Er ist Gott, und ich bin Staub und Asche. Als Er Sein Antlitz vor mir verbarg, da glaubte ich, Er zürne; aber nun habe ich die andere Seite Seines Kreuzes gesehen. Es war mir gut, daß ich nach Aberdeen kam, damit ich ein neues Geheimniß von Christo lernte, nehmlich Seinen Verheißungen auch dann zu glauben, wenn aller Anschein ihnen widerspricht. Wahrlich, ich bin bis jetzt nur ein Kind gewesen, und ich wünschte, daß ich nun anfinge, in Wahrheit und mit rechtem Ernste ein Christ zu werden! So kommet denn, alle Kreuze, über mich, ich heiße euch willkommen! Wenn nur mein Herz an meinem HErrn Jesu Christo hängt! Mein Bruder, ich bitte Sie, preisen Sie mit mir den HErrn, und sagen Sie es den Brüdern, was Er an meiner Seele gethan hat. Das ist eben die Frucht meiner Leiden, daß ich wünsche, Christi Name möge über das ganze Königreich ausgebreitet werden. Wahrlich, wir wissen nicht, was für ein Uebel es ist, sich selber zu schmeicheln, und aus seinem Eigenwillen einen Abgott zu machen! Ich bitte Gott, daß Er mich nie wieder meinen eigenen Willen finden lassen wolle. Ach, wenn doch Christus meinen Willen dem Seinigen unterwerfen und mich von diesem unrechtmäßigen Tyrannen ganz befreien wollte.

Sammeln Sie emsig in Ihrer Jugend, denn Ihre Sonne wird bald den Mittag erreichen und sich dann zum Untergang neigen; deßhalb seien Sie begierig nach Gnade. Ach, der Stolz der Jugend, die Eitelkeit und die abgöttische Liebe zur Welt und zu den weltlichen Freuden erfordern viel Zeit, um ganz ausgerottet zu werden; je näher Sie dem Himmel gekommen, und je weiter Sie auf dem Wege der Selbstverleugnung fortgeschritten sein werden, desto mehr werden Sie erkennen, wie weit Sie noch zurück sind, und wie viel noch zu thun übrig ist. Ich habe nie gedacht, daß es so schwer sei, seinem eignen Willen und dieser Welt abzusterben. Wenn der Tag der Heimsuchung kommt, und Ihre alten Abgötter weinend um Sie herum stehen werden, dann wird es auch Ihnen einen Kampf kosten, daß Ihnen nicht das Herz bricht. Am besten ist daher, daß Sie sich bei Zeiten von ihnen losmachen, damit Sie auf den ersten Ruf bereit sind, diese Welt zu verlassen, wie eine Sache, die Ihnen nicht viel werth ist. Wahrlich, ich habe das beste Theil von dieser Welt gesehen; jetzt aber will ich es gerne hingeben. Aber, ach, nach meinem Hause da droben, das nicht mit Händen gemacht ist, sehnet sich mein Herz. Beten Sie für einen Gefangenen Christi, und schreiben Sie mir bald. Versichern Sie Ihre Mutter meiner Liebe, und ermahnen Sie sie in meinem Namen, daß sie sich bereit halte, aus dieser Welt zu scheiden; denn des HErrn Zeit wird nicht auf sie warten. Möge sie ihr Herz und ihr Gemüth nur zum Himmel gerichtet sein lassen! Gnade sei mit Ihnen.

Aberdeen, 20. Februar 1637..

S. R.


62. An John Henderson.

Mein theurer Freund!

Bleiben Sie in der Liebe Christi, und halten Sie fest an der Lehre, in welcher ich Sie nach meinen Kräften mit Treue und Sorgfalt unterwiesen habe. Ich bin rein von Ihrem Blute. Fürchten Sie den heiligen Namen Gottes - halten Sie im Gedächtniß die Ermahnungen, die ich Ihnen gegeben - und lieben Sie das wahrhaftige Wort Gottes. Der Tod jagt Sie schnell, wie die Zeit dahin flieht, aus diesem Leben hinaus; und vielleicht müssen Sie schon Ihrem Richter Rechenschaft geben, noch ehe ich Sie wiedersehe. Lassen Sie bei Tag und Nacht nur das Ihre Sorge sein, daß Sie selig werden. Setzen Sie gewisse Stunden und Zeiten des Tages zum Gebet aus. Mit Freuden habe ich gehört, daß in Ihrem Hause gebetet wird. Sorgen Sie dafür, daß Ihr Gesinde den Tag des HErrn heiligt. Dieser Lehmgötze, ich meine die eitle Welt, ist nicht werth, daß man sich um ihn bemüht. Was ich Ihnen schreibe, das sei auch Ihrer Frau geschrieben. Empfehlen Sie mich ihr herzlich. Die Gnade Gottes sei mit Ihnen. Ihr Sie herzlich liebender Freund und Prediger.

Aberdeen, 14. März 1637.

S. R.


63. An John Fleming zu Leith.

Theurer, in dem HErrn geliebter Freund!

Ich habe Ihr Schreiben erhalten und möchte gerne Ihren Wunsch erfüllen und Ihnen eine Anweisung zu einem christlichen Leben entwerfen; allein viele Andere haben dieses schon vor mir und besser gethan, als ich es vermag, namentlich: Rodgers, Greenhan und Perkins; dennoch will ich Ihnen schreiben, was ich mir selbst für Lebensregeln gemacht habe, (obwohl ich, ach, leider, hinter meinen Vorsätzen weit zurückbleibe):

1) Täglich einige Stunden, mehr oder weniger, Gott zu widmen, zum Gebet und zum Lesen des Wortes.

2) Mitten unter den weltlichen Beschäftigungen, die Gedanken auch auf Sünde, Gericht, Tod und Ewigkeit zu richten und dabei wenigstens einige Stoßseufzer zu Gott zu erheben.

3) Sich vor der Zerstreuung des Herzens beim stillen Gebete zu hüten.

4) Nicht entmuthigt zu werden, wenn man vom Gebet auch ohne einen Segen empfunden zu haben, aufsteht; denn Niedergeschlagenheit, Gefühl der Schuld und innere Verlassenheit sind uns oft am heilsamsten.

5) Den Tag des HErrn vom Morgen bis zum Abend immer entweder in öffentlichem oder Privat-Gottesdienst zuzubringen.

6) Acht zu haben auf jedes Wort; alle zerstreuenden und unnützen Gedanken zu meiden und sich vor Jähzorn und Rachsucht auch gegen die, welche die Wahrheit verfolgen, zu hüten; denn in unsern Eifer mischt sich oft unser eigenes wildes Feuer hinein.

7) Erkannte und bewußte Sünden, welche gegen unser Gewissen streiten, zu meiden; sie sind der gefährliche Anfang zur Verhärtung unseres Herzens.

8) In dem Verkehr mit Menschen Treue und Glauben zu bewahren und mit Allen in Aufrichtigkeit zu wandeln; sich vor unnützen und unwahren Worten zu hüten und unsern Wandel so zu führen, daß, die uns sehen, unsern HErrn und unser Bekenntniß ehren.

Aus meiner Erfahrung kann ich Ihnen noch mittheilen, daß ich in meinem Gewissen oft über folgende Dinge bestraft worden bin:

1) Daß ich nicht alles auf Gott, als den letzten Endzweck, bezogen habe; daß ich nicht esse, trinke, schlafe, reise, spreche und denke um Gotteswillen.

2) Daß ich aus der Gemeinschaft mit Christen nicht den rechten Nutzen gezogen; und daß ich es in der Gesellschaft nicht nur unterlassen, auch an natürliche und gottlose Menschen Worte der Ermahnung und Bestrafung zu richten, sondern daß ich sogar oft ein schweigender Zeuge ihres schlechten Wandels gewesen bin und nicht immer beim Umgang mit Andern darnach getrachtet habe, Gutes zu thun.

3) Daß die Leiden und die Noth meiner Mitmenschen und vornehmlich der Brüder mir nicht genug zu Herzen gegangen sind.

4) Daß ich bei der Betrachtung des Lebens des David, Paulus, und ähnlicher Männer mich nicht mehr gedemüthigt, und da ich ihrem heiligen Wandel so weit nachstehe, mich nicht wenigstens nach dem Maße der Gnade Gottes bemüht und darnach gerungen habe, ihnen nachzuahmen.

5) Daß ich den plötzlichen Aufwallungen des Zornes, des Stolzes und der Ehrsucht u. 1. w. nicht widerstanden und darüber nicht gleich Buße gethan habe.

6) Daß meine Liebe nur kalt gewesen.

7) Daß, obwohl ich oft erfahren, wie Gott meine Gebete erhört, ich doch in jeder neuen Verlegenheit (wenigstens zuerst) nach meinem Glauben habe suchen müssen, als müßte ich mit dem ABC von vorne wieder anfangen.

8) Daß ich den Feinden der Wahrheit nicht kühner widerstanden habe, sowohl öffentlich als in Privat-Gesprächen.

9) Daß ich in meinen Anfechtungen bösen Gedanken von Christi Liebe Raum gegeben, und Seine Züchtigungen falsch gedeutet habe, da doch der Ausgang gelehrt, wie Alles nur Barmherzigkeit gewesen.

10) Daß ich in guten Tagen nie so aus dem Herzen mit Gott im Gebete habe ringen können, und der Welt nie so abgestorben gewesen bin, noch so nach der Gemeinschaft mit Christo gehungert habe, als wenn die Last eines Kreuzes auf mir gelegen.

11) Daß das Kreuz mir Gelübde neuen Gehorsams ausgepreßt, welche aber durch die guten Tage wieder gleich Spreu vor dem Winde zerstoben.

12) Daß, wenn auch das Wissen groß und stark, doch das Thun nur klein und schwach gewesen.

13) Daß ich nicht oft an den Tod gedacht.

14) Daß ich nicht eifrig bemüht gewesen bin, Andere für Christum zu gewinnen.

15) Daß die Gnade und die Gaben, die mir zu Theil geworden, mich nicht zu dem schuldigen Danke angetrieben haben.

Wiederum kann ich Ihnen aus meiner Erfahrung mittheilen, was mir zur Förderung gedient hat:

1) Weite Strecken allein zu reisen, wobei ich diese Zeit zum Gebet habe verwenden können.

2) Fasten, wobei ich ganze Tage Gott geweiht habe.

3) Gebet für Andere, denn indem ich Gott für sie anrief, erlangte ich etwas für mich selbst.

4) In vielen besondern Fällen war ich augenscheinlich versichert worden, daß Gott Gebet erhöret; deßhalb pflegte ich um jedes Ding, mochte es auch noch so unbedeutend sein, zu beten.

5) Ich zog es nie in Zweifel, daß dieser verachtete Weg der Weg zum Himmel sei.

Diese und die hier noch schließlich folgenden Erfahrungen meines Lebens habe ich Ihnen zu Ihrer Beherzigung mittheilen wollen:

1) Ueber die Anfechtungen des Atheismus zu wachen, welche zu Zeiten auch wohl die Besten überfallen können.

2) Wachsthum in der Gnade vor allen Dingen zu suchen und das Fallen aus der ersten Liebe zu bewehklagen.

3) Es sich zum Gewissen zu machen, auch für die noch verblendeten Feinde zu beten.

Ich danke Ihnen für Ihre Liebe und Sorgfalt, die Sie meinem Bruder und mir bewiesen haben. Der HErr wird es Ihnen lohnen. Helfen Sie mir Gott loben und beten Sie für mich, denn Sie haben den Segen und die Gebete eines Gefangenen. Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in Christo Jesu.

Aberdeen, 15. März 1637.

S. R.


64. An Elisabeth Kennedy.

Schon längst hatte ich es mir vorgenommen, an Sie zu schreiben, allein ich bin bis jetzt daran verhindert worden. Von Herzen wünsche ich, daß Sie Ihres Vaterlandes eingedenk sein und ernstlich prüfen mögen, wohin der Blick Ihres Herzens gerichtet ist; denn nicht alle, die sich einbilden, daß ihr Weg zum Himmel gerichtet, kommen am Abend nach Hause. Es ist ein erschreckliches Ding, sterben und den Himmel verfehlen. Ich bin überzeugt, daß Tausende in ihrer Hoffnung getäuscht und zu Schanden werden, weil sie ihren Anker auf losen Sand geworfen haben. Früher kannte ich noch nicht die Mühe, Arbeit und Noth, die es kostet, die Heimath zu erreichen und ich habe den Sinn der Worte: „Der Gerechte wird kaum errettet werden,“ nie so verstanden, als jetzt. Wie vielen die ein christlich Bekenntniß geführt, ist das Licht ausgeblasen und nie wieder angezündet worden. Die Leute denken, daß, um in den Himmel zu kommen, es hinreichend sei, wenn sie ein Glaubensbekenntniß ablegen, unter die Kinder Gottes gezählt werden und einen Namen vor den Menschen haben; aber wahrlich ein Name ist nur ein Name, und der wird nie auch nur einen Hauch von dem Sturme Gottes ertragen. Ich rathe Ihnen, daß Sie Ihre Seele nicht ruhen und Ihre Augen nicht schlummern lassen, bis Sie etwas erlangt haben, welches auch im Feuer besteht und dem Sturme trotzt. Ich weiß, daß, wenn ich auch schon einen Fuß im Himmel hätte und der HErr dann zu mir sagte: „Jetzt hilf dir selber, ich will dich nicht länger halten,“ ich nicht weiter käme, sondern augenblicklich zu Boden fiele, wie ein Todter. Wir jagen unsere Seelen müde und matt, indem wir unsern eigenen Nachtträumen, denn das sind alle Einbildungen unserer verkehrten Herzen, hastig nachlaufen, um in diesem Leben vergängliche Güter zu erhaschen; wir möchten gerne diesseits des Todes verweilen und uns hier einen Himmel zurecht weben, aber Nummer und Noth, Kreuz und Sünde sind beides Schuß und Kette in diesem schlecht gesponnenen Gewebe. Ach, wie süß und lieblich sind dagegen die Gedanken, welche auf die Dinge da droben gerichtet sind! Und wie glücklich sind die, welche darnach verlangen, daß nur noch wenig Sand in ihrer Sanduhr ist und daß der Faden ihrer Lebenszeit abgeschnitten werde und die rufen können: HErr Jesu, komm und hole Deinen müden Pilger heim! Ich wünschte, unsere Gedanken wären häufiger auf unser Vaterland gerichtet, als es der Fall ist. O, welch einen süßen Duft verbreitet der Himmel weit um sich her für alle die, welche geistliche Sinne haben! Gott hat viele schöne Blumen, aber die schönsten sind in dem Himmel und die Blume aller Blumen ist Christus.

Schämen sollten wir uns, das wir die schönen Dinge dieser Welt, schönes Gold, schöne Häuser, schönes Land, schöne Ergötzlichkeiten, schöne Ehren und schöne Leute so sehr lieben und doch für Christum so wenig Liebe haben! Wenn die Menschen für ihre Herzen und Gedanken, die sich unaufhörlich um sündliche Nichtigkeiten drehen, etwas zu thun haben wollten, so würden sie ein wichtiges und seliges Geschäft für ihre Gedanken in Christo finden; und wenn unsere schäumenden, wogenden und unruhigen Herzen alle zu Christo kommen und Seine Liebe, Seine unergründliche Liebe anschauen und in den Abgrund Seiner Barmherzigkeit, auf den unerforschlichen Reichthum Seiner Gnade blicken wollten, um die Schönheit Gottes in Christo zu erforschen, dann würden sie die Höhe und Tiefe, die Länge und Breite Seiner Güte recht erkennen lernen. Ach, wenn doch die Menschen den Vorhang wegzicht und in das Innere der Arche blicken und betrachten wollten, wie die Fülle der Gottheit leibhaftig in Ihm wohnt! Ich weiß Ihnen nichts besseres zu schreiben, als Sie zu versichern, daß, wenn Sie Christum gegen alle andern Freuden in die Waagschale legen wollen, Sie erkennen werden, wie Er Ihrer ganzen Liebe würdig ist..

Ich befehle Sie unserem HErrn Jesu und Seiner Liebe. Der Ihrige in unserem theuern HErrn Jesu.

Aberdeen, 1637.

S. R.


65. An Janet Kennedy.

Danken Sie dem HErrn, daß Er Sie von dieser sündigen Welt, die unter dem Fluche liegt, ausgesondert hat, um Sein Eigenthum zu sein und das verheißene Erbe mit den Heiligen im Licht zu ererben.

Halten Sie sich fest an Christo - und lassen Sie sich keinen Kampf für Ihn gereuen. Es muß Ihr fester Entschluß sein, den Nordstürmen des Satans zu Ihrem Heil kühn die Stirne zu bieten. Die Natur hätte es gerne, daß der Himmel zu uns käme, während wir im Bette liegen und schlafen. Wir möchten gerne alle Christum kaufen, wenn wir nur selbst uns den Preis bestimmen könnten; aber Er ist mehr Blut und Leben werth, als Sie und ich für Ihn hingeben können. Wenn wir nach Hause gekommen und zum Besitz des schönen Königreichs unseres Bruders gelangt sein werden und wenn wir die ewige Krone der Herrlichkeit auf unserm Haupte fühlen und dann auf alle Mühen und Leiden dieser Zeit zurückblicken, dann wird unser ganzes Leben und alle unsere Sorge uns kaum wie ein einziger Schritt aus einem Gefängnisse in die Herrlichkeit erscheinen. O, ihr verblendeten Seelen, deren Herzen durch die Nichtigkeiten der Träume, Schatten und Nachtgebilde eines elenden sündlichen Lebens verwirrt und bezaubert sind. Ihr armen Thoren, die ihr euch durch gemalte Dinge, durch den Glanz dieser Welt, durch süße Versprechungen und falsche Hoffnungen betrügen laßt. Wird der Teufel nicht lachen, wenn er sieht, wie wir unsere Seelen für die elenden und eingebildeten Freuden der Sünde dahin geben? Ach, wenn wir doch nur einen Blick in die ewige Herrlichkeit thun und nur etwas kosten könnten von dem Hochzeitmahl des Lammes! Aber wie sind wir doch alles Verstandes beraubt, daß wir nach einer verbotenen eingebildeten Glückseligkeit, die wir uns selbst bereiten wollen, so jagen und rennen, bis unsere Seelen ganz außer Athem sind! O, wenn wir doch los wären von uns selbst, und abgestorben dieser Welt und wenn die Welt doch auch uns todt und gekreuzigt wäre! Ja, wenn wir erst ganz frei wären von der Liebe zu den Dingen dieser Welt und kein geschaffnes Gut mehr etwas bei uns gälte, dann würde Christus sich eine Wohnung in dem Innersten unseres Herzens bereiten, dann würde Er unser Morgen- und Abendgesang sein, und das Geräusch der Füße unseres nahenden Geliebten und Sein Anklopfen an des Herzens Thüre würde uns wie ein Vorschmack des Himmels sein. Ich will gerne mein Theil an dieser armen Welt für immer dran geben, wenn nur meine schwankende Seele in Christum ankert! Aber können wir irgend etwas für Christum geben? Kann Christus gekauft werden, oder soll nicht vielmehr ein armer Sünder ihn umsonst empfangen? Ach, wenn ich doch die Seelen und Christum zusammenbringen könnte! Mich verlangt darnach, daß Sein Reich komme und daß Er unsere verdorrten Herzen erfrische, wie der Regen das frisch gehauene Gras. Gnade, Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in dem HErrn.

Aberdeen 1637.

S. R.


66. An Robert Glendinning.

Mein theurer Freund!

Ich danke Ihnen von Herzen für die Theilnahme, die Sie für mich hegen und für die Liebe und Freundlichkeit, die Sie meinem Bruder in seiner Trübsal erwiesen. Ich bitte den HErrn, daß Er Sie am Tage Christi Gnade finden lasse; und ich beschwöre Sie, daß Sie es wohl beherzigen, wie Ihre Seele mehr werth ist, als die ganze Welt, welche beim Schall der letzten Posaune in Asche zerfallen wird. Gedenken Sie daran, daß das Gericht und die Ewigkeit Ihnen bevorstehn. Darum bitte ich Sie im Namen Jesu Christi und bei Ihrer Seelen Seligkeit und bei Ihrem Erscheinen vor dem Richter der Welt, bringen Sie ihre Rechnungen in Richtigkeit; prüfen Sie dieselben noch genau, ehe Sie an das Wasser kommen, denn Ihr Nachmittag eilt schon zu Ende und Ihre Sonne wird bald sich zum Untergang neigen; und Sie wissen selbst, wie Ihr HErr schon lange Zeit auf Sie gewartet hat. Wenn einst keine Zeit mehr sein und Ihre Seele aus dieser Leimhütte in die weite, endlose Ewigkeit gehen wird, wie tröstlich wird es Ihnen dann sein, Ihre Seele für den Bräutigam bereitet zu haben! Kein Verlust läßt sich mit dem Verlust der Seele vergleichen, der durch nichts vergütet werden kann. Wie würde ich mich freuen, wenn ich hörte, daß Sie der engen Pforte zueilen, um die Krone ringen, aller Eitelkeit der Welt entsagt und Christum ergriffen haben. Treiben Sie aus Ihrem Herzen alle Ihre alten Buhlen hinaus und lassen Sie Christum Ihre ganze Liebe haben. Ich habe einige Erfahrung in dem, was ich Ihnen hier schreibe, Gott ist mein Zeuge, daß ich meine Ketten und Bande, die ich für Christum trage, nicht um die Herrlichkeit von zehn Welten hingeben möchte. Ich schätze diesen Erdenabgott, für welchen Adams Kinder ihre Seelen verkaufen, nicht einen Trunk kalten Wassers werth. Maiblumen, Morgenduft und Sommernebel vergehen nicht so schnell, als diese vergänglichen Freuden, denen wir nachjagen. Wir bauen Schlösser in die Luft und Träume der Nacht sind unsere täglichen Abgötter, in welche wir vernarrt sind. Die Seligkeit, ach die Seligkeit ist das Einzige, was uns noth thut.

Darum, mein Theurer, rufen Sie Ihre zerstreuten Gedanken zurück, um sie hierauf zu richten; - forschen Sie nach dem, der Ihre Seele liebt. Diese Erde ist nicht Ihr Theil, suchen Sie Kindeserbtheil und lassen Sie die Wahrheit Christi Ihnen theuer sein. Wenn einst Sie und ich in dem kalten Grabe liegen werden, dann werden unsere Vergnügungen, die wir jetzt unserer Natur nach lieben, uns weniger werth sein als nichts. Theurer Bruder, machen Sie meine Freude vollkommen und übergeben Sie sich Christo ohne Verzug; zuletzt werden Sie doch genöthigt sein, Ihn zu suchen, wenn Sie nicht ewig verloren gehen wollen. Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 13. März 1637.

S. R.


67. An Lady Robertland.

Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen! Es soll mich freuen, wenn ich höre, daß Ihre Seele gedeiht und daß der HErr, der von Ihrer Fugend an Ihnen nachgegangen ist, nun, nachdem Er so viel Mühe und Arbeit an Sie gewandt hat, auch Früchte sieht. Es ist eine Gnade des HErrn, daß Er uns von unsern Schlacken in dem Feuer reinigen will, denn Er weiß, wie nöthig es uns ist, gesichtet und geläutert zu werden, und wie viel Schlacken wir noch verlieren müssen, ehe wir in das Reich Gottes eingehen können. Der Eingang in den Himmel ist so enge, daß alle Beulen und Höcker des Stolzes, der Eigenliebe und der Weltlust erst von uns weggehämmert werden müssen, ehe wir tief gebückt und kriechend. durch den engen, dornigen Eingang uns hineinpressen können. Was mich betrifft, so halte ich es für das süßeste, seligste Leben, sein Zelt auf den Grundstein Christi zu bauen, der ein fester und unerschütterlicher Grund ist. Ich danke dem HErrn, daß Er mich in meiner Wüste gelehrt hat, Christum nicht zu halbieren, noch Ihn mit den Eitelkeiten der Kreaturen zu vermengen, oder Seine süße Liebe mit der Welt und den Dingen dieser Welt in ein Gewebe zu verflechten. Und doch bin ich erst ein Schüler in Seiner Liebe, und meine Seele hungert darnach, Ihn immer mehr und reichlicher zu genießen; und unsere Himmelsspeise bekommt uns desto besser, weil Christus sie unter Verschluß hält und weil das Wehen Seines süßen Hauches und des Einflusses Seines Geistes in den Händen Dessen ruht, der da bläset, wo Er will. Es gibt, wenn Christus uns fehlt, eine Art ungeduldiger Geduld, daß Er sich unsrer Seele offenbare; denn wer auf Seine Liebe wartet und auf das Wehen derselben, der dränget und harret darauf, daß dieses beseligende Wesen sich erhebe; und wer Jesum verloren, wenn Er sich verborgen, auch der eilet, wenn gleich in Geduld harrend und ringet emsig darnach, Ihn wieder zu finden. Wie dem auch sei, Gott wolle sich selbst mir auf jede Weise zu genießen geben! Er hat Seinen eigenen Weg, weit über alle Gedanken der Menschen, auf dem kein Fuß Ihm zu folgen versteht; aber wir sind noch schlechte Schüler und wollen doch schon in des Himmels Thore hineingehen, obwohl wir unsere Aufgabe erst halb gelernt haben; wir werden Kinder bleiben, so lange wir in dieser Zeit leben, bis einst die Ewigkeit eine Sonne in unsern Seelen aufgehen lassen wird, um unsere Erkenntniß zu erleuchten. Auf dieser Seite des neuen Jerusalems werden wir immer der Vergebung und Heilung bedürfen. O HErr, mache Du Dein Bild immer vollkommener in uns und mache uns geschickt zur Herrlichkeit! Beten Sie für mich (wie ich Ihrer nicht vergesse), daß unser HErr mir wieder Gelegenheit gebe, Seine Gerechtigkeit zu predigen und Alles, was ich von Ihm erfahren und gesehen habe, zu verkündigen. Gnade, Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 4. Januar 1637.

S. R.


68. An George Gillespie.

Theurer Bruder! Ich habe Ihren Brief empfangen. - Was mich angeht, mein Lieber, so lobe ich den herrlichen Namen unsers HErrn; meine Verluste sind mir Gewinn, mein Gefängniß ein Palast, meine Traurigkeit Freude. Als ich hieher kam, vergrößerte zuerst die Furcht mein Kreuz so sehr, daß ich an der Liebe Christi zweifelhaft wurde, als habe Er mich aus Seinem Weinberge hinausgeworfen und ich lag unter großer Angst des Gemüthes (wie denn gewöhnlich das Gold in der Schmelze zuerst die Schlacken hinauswirft und Satan und unser eigenes Verderben unser Kreuz zuerst sprechen lassen: daß Gott uns zürne;) aber unsere Furcht hat keinen rechten Grund, sie spricht falsch von Gott und der Liebe Christi. Seit mein Gemüth sich beruhigt und die Wellen der Unruhe sich gelegt haben, erkenne ich besser, was Christus wollte, und seit jetzt mein HErr mit Heil unter Seinen Flügeln wiedergekehrt ist, sehe ich ein, wie ich ihm nicht genug danken und diesem König aller Könige, der die Gebeugten wieder aufrichtet, nicht genugsam preisen kann. Deshalb schrecke Niemand vor dem Kreuze Christi zurück, denn Christus selbst trägt beides, den Kreuzträger und das Kreuz. Ich sehe, daß Jesus auch noch in einem schwächeren Manne, als ich bin, triumphieren kann; doch wer kann schwächer sein? Aber Seine Gnade ist allgenugsam. Beten Sie für mich und lassen Sie mich wissen, wie es Ihnen geht. Der HErr Jesus sei mit Ihrem Geiste. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 13. März 1637.

S. R.


69. An den Prediger William Dagleish.

Theurer und geliebter Bruder! - Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen! Halten Sie fest an Christo! Gott weiß es, mein theurer Bruder, welch' eine Freude Sie mir in meinen Banden gemacht haben, da ich gehört, wie Sie in der Gnade und in dem Eifer für Gott, Ihren HErrn, gewachsen sind. Unser Amt wird, sei es durch Predigen oder durch Leiden, einen Geruch durch diese Welt verbreiten, beides des Lebens und des Todes. Wahrlich, mein theurer Bruder, es ist nichts unter dem Himmel, nächst Christo, mir lieber, als mein Amt, und der Werth desselben ist in meinen Augen noch gestiegen und verursacht mir nun einen großen Kampf; doch ich bin auch zufrieden, zur Ehre meines Heilandes, es dem HErrn des Weinberges wieder zurückzugeben. Er wolle mit mir und meinem Amte thun, was Ihm wohlgefällt. Ich halte mich für zu gering für Ihn und doch wie freundlich ist der HErr gegen mich armen Gefangenen! Glauben Sie mir, dieses Kreuz ist mir noch immer je länger desto lieber geworden. Es ist wahr, meine schweigenden Sabbathe waren mir oft und sind noch: glattes Eis, worauf mein Glaube kaum Fuß fassen kann, und ich bin oft durch einen Sturm von Zweifeln zurückgewehet; doch wahrlich alle meine Bande sind in dieser Zeit mit der Liebe Christi ganz durchwürzt. Ich kann noch nicht hindurchsehen bis an das Ende meines Kreuzes; dennoch glaube ich, daß ich in den Büchern Christi, nach Seinem Rathschluß (der mir freilich noch verhüllet ist) unter die Zahl derer geschrieben bin, die an dem jenseitigen Ufer des rothen Meeres, über alle Zeit, Kummer, Entbehrung, Verluste und Tod erhaben, triumphierend singen und das Lamm preisen werden.

Wehe mir, mein theurer Bruder, daß ich oft sage, ich bin nur ein dürres Gebein, welches mein HErr nicht wieder aus dem Grabe hervorbringen will und daß meine ungläubige Furcht spricht: ich bin ein dürrer Baum, der keine Frucht tragen kann.

Christi Liebe wird mir nicht unrecht thun; aber ich habe in mir ein betrügerisches, falsches Herz, welches mich immer zu Mißtrauen gegen ihn verleiten will. Es wird mir bisweilen schwer, mich der Liebe Christi recht zu versichern, weil mein Glaube krank, meine Hoffnung welk und meine Augen trübe sind und weil finstere, den Trost verdeckende Wolken vor die schöne, glänzende Sonne der Gerechtigkeit vorgezogen sind. Wenn ich dann von Versuchungen befallen werde, So verliere ich Alles durch Unglauben. Leicht und selig würde mir das Leben dahin fließen, wenn ich immer Glauben halten könnte; aber ich sehe, daß mein Feuer nicht immer Licht verbreiten kann. Doch wahrlich, seit ich hieher gekommen bin, hat meine schöne Sonne manche Zeit hindurch ohne Wolken geschienen. Wenn meine Leiden denen, die sie sehen, zum Besten dienen und des HErrn Kirche mit erbauen und den unvergleichlichen Werth der Liebe Christi der Welt verkünden könnten, dann würde meine Seele vor Freude jauchzen und mein trauerndes Herz würde erquickt und beruhigt werden.

Mein theurer Bruder, was soll ich von meiner Arbeit unter meiner Gemeinde sagen, wenn Alles, was der HErr durch mich aufgebaut hat, wieder niedergerissen wird, und wenn Niemand bei Christo bleibt, dessen Liebe ich einst so klar und deutlich, wie ich es vermochte, wenn auch noch weit unter ihrer Herrlichkeit und ihrem Werthe verkündigte? Sollte dieses sein; wie würde ich es ertragen können? „Seine Wege sind unerforschlich.“ Mein Zeuge in mir und über mir weiß, wie ich darnach verlangt habe, Christum meiner Gemeinde recht anbetungswürdig, recht liebenswürdig und theuer zu machen; es war mein sehnlicher Wunsch und mein Bemühen, daß Christus und sie eins würden. Wenn ich nun sehe, wie meine Hoffnungen in der Knospe ersterben, noch ehe sie aufgeblüht sind und wie keine Frucht an den Tag kommt, dann möchte ich vor Kummer vergehen; aber mein HErr Jesus hat viele Wege, Seine Verluste wieder zu ersetzen und nichts kann Ihn in der Erreichung Seines herrlichen Ziels hindern, daß Seine Rose auch unter Dornen wachse und Sein Königreich sich erhebe.

Doch, mein theurer Bruder, gehen Sie vorwärts in der Kraft der reichen Gnade Dessen, dem Sie dienen und lassen Sie uns unser Werk so vollenden, daß es im Feuer bestehen kann, wenn Heu und Stoppeln zu Asche verbrennen werden. Nichts, gar nichts als wahre Heiligung kann vor des HErrn Gericht bestehen.

Versichern Sie meine Freunde und alle meine Kirchkinder, als nennte ich sie alle namentlich, meiner liebe. Ich befehle Sie und das Volk Gottes, welches von Christo Ihrer Pflege anvertraut ist, der reichen Gnade des allgenugsamen HErrn. Gedenken Sie meiner Bande. Preisen Sie den HErrn, der mich in meinen Leiden aufrecht hält.

Ich bleibe Ihr Bruder in dem HErrn.

Aberdeen, 17. Juni 1637.

S. R.


70. An John Gordon zu Rusco.

Mein theurer Bruder! Mich verlangt darnach, von Ihnen zu hören, wie es mit Ihrem Herzen steht und zu erfahren, daß Sie einen festen Grund zu Ihrer Seligkeit gelegt haben. Gedenken Sie daran:

1) Daß die Seligkeit die beste Gabe Christi ist und daß nicht ein jeder sie empfängt.

2) Daß es eines ernsten Kampfes bedarf, um in den Himmel einzudringen.

3) Daß es Christum Sein Blut gekostet hat, um Sündern diese Wohnung zu erkaufen.

4) Daß Viele einen Anlauf zum Himmel nehmen, die doch wieder umkehren und nicht den Gipfel des Berges erreichen.

5) Bedenken Sie wohl, daß Viele einen schönen Anfang machen und in ihrem Wandel vieles verändern; die Thränen weinen, wie Esau es that; und die Wahrheit suchen, wie Judas; und die das Ende der Gerechten sich wünschen, wie Bileam; und ein gutes Bekenntniß ablegen und für den HErrn streiten, wie Saul es that; und die wünschen, daß die Heiligen Gottes für sie beten, wie Pharao und Simon der Magier, und die weissagen und von Christo sprechen, wie Kaiphas that; und die vorsichtig wandeln, und Leid tragen über ihre Sünden, aus Furcht vor dem Gericht, wie Ahab es that; und die groben Sünden und den Götzendienst ablegen, wie Jehu; und die das Wort Gottes mit Freuden anhören und ihr Leben in vielen Dingen darnach bessern, wie Herodes that; und die zu Christo sagen: „HErr, ich will Dir folgen, wohin Du gehest,“ wie der Mann that, welcher Christi Jünger sein wollte (Matth. 8.); und die auch wohl schmecken die Kraft des zukünftigen Lebens und theilhaftig werden der wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes und schmecken das gütige Wort Gottes, wie die Abtrünnigen, welche doch wider den heiligen Geist sündigen (Hebr. 6.) und die doch alle dem Golde nur im Klange und in der Farbe gleichen und blos glänzendes Messing und Metall sind. Von diesen ist uns geschrieben, damit wir uns selbst prüfen und nicht ruhen, bis wir Christo näher gekommen sind, als diejenigen, welche das Christenthum nur im Munde führen.

6) Erwägen Sie wohl, wie es unmöglich ist, daß Ihre Schoßsünden und Sie zusammen in den Himmel kommen können, und daß diejenigen, welche sich nicht von jenen trennen wollen, Christum nie wahrhaft und von Herzen lieben können, sondern nur in Worten und zum Schein, welches aber nichts helfen wird.

7) Vergessen Sie nicht, wie schnell die Zeit dahin flieht, Ihr Vormittag ist beinahe schon vergangen, der Nachmittag ist vor der Thür, bald wird der Abend hereinbrechen und zulegt die Nacht, da Niemand wirken kann. Seien Sie von ganzem Herzen darauf bedacht, wie Sie Ihre Reise zu Ende bringen und wie Sie Ihre Rechnungen mit dem HErrn ordnen. O, wie gesegnet werden Sie sein, wenn der HErr Sie mit einem freundlichen Willkommen zur Nacht empfangen wird! Selig die, welche bei Zeiten ihre Seelen den sichern Weg einschlagen lassen! Preisen Sie Seinen großen Namen für Alles, was Er Ihnen an Gütern, an Ihren Kindern, an Wohlergehn und an irdischen Freuden gegeben hat, und trachten Sie darnach, Christo gleich zu sein in Demuth und in Herzensniedrigkeit; halten Sie es nicht mit der Welt, machen Sie sie nicht zu Ihrem Gott, noch zu Ihrem Liebhaber, denn sie wird Sie betrügen. Ich empfehle Ihnen Christum und Seine Liebe in allen Dingen; geben Sie Ihm die Blüthe Ihres Herzens und Ihrer Liebe; legen Sie einen geringen Werth auf alle Dinge außer ihm, denn nichts sonst kann Sie trösten, wenn einst der Ruf an Sie ergeht, von dieser Welt zu scheiden und vor Ihrem Richter zu erscheinen und von Allem, was Sie in diesem Leben gethan haben, Rechenschaft zu geben. Der HErr gebe Ihnen Weisheit in allen Dingen; ich beschwöre Sie, heiligen Sie Gott auch in Ihren Worten, denn heilig und ehrwürdig ist Sein Name, und seien Sie mäßig und nüchtern. Lesen Sie diesen Brief auch Ihrer Frau vor, daß auch sie sich zu Herzen nehme, was ich Ihnen schreibe. Ich bete für Sie und die Ihrigen. Gedenken auch Sie meiner vor dem HErrn, daß es Ihm gefallen möge, mich wieder zu Ihnen zu senden. Gnade sei mit Ihnen. Ihr Sie liebender Pfarrer

Aberdeen 1637.

S. R.


71. An John Ewart, Baillif von Kirkcudbright.

Mein theurer, sehr verehrter Freund!

Ich kann nicht umhin, Ihnen für die Aeußerungen Ihrer Liebe herzlich zu danken. Ich preise Gottes hohen und herrlichen Namen, daß auch die Drohungen der Großen und Gewaltigen mich nicht davon abhalten konnten, ein offenes und freies Bekenntniß von dem Sohne Gottes abzulegen; ja Sein Kreuz ist die süßeste Last, die ich je getragen; sie ist eine Last, wie einem Vogel seine Flügel, oder einem Schiffe seine Segel sind, die mich zu meiner Zufluchtsstätte hintragen soll. Ich habe nicht viel Ursache, mich in diese Welt zu verlieben, wohl aber wünsche ich, daß Er, der über den Fluthen herrschet, mein zerbrochenes Schiff an das Land bringe und mein Gewissen in diesen gefahrvollen Zeiten rein erhalte; denn die Rache vom HErrn wird bald über dieses sündige Land hereinbrechen. Es ist nöthig, daß wir, die wir auf Hoffnung gefangen sind, unsere Freistätte kennen, welcher wir zueilen müssen, ehe der Sturm hereinbricht; deßhalb beschwöre ich Sie bei der Barmherzigkeit Gottes und dem Troste Seines Geistes, bei dem Blute Ihres Heilandes und bei Ihrem Erscheinen vor dem gerechten Richter der Welt, halten Sie Ihre Kleider rein und bleiben Sie unverrückt bei der Wahrheit Christi, welche Sie bekennen. Dieß wird Ihr Trost und Ihre Freude sein, wenn Sie von hinnen werden gerufen werden, um vor Christo zu erscheinen. Es ist nicht so leicht, in den Himmel einzudringen, wie die meisten Menschen sich einbilden. Deshalb bitte ich Sie, theurer Freund, machen Sie das Werk Ihrer Seligkeit sicher und fest; denn ich habe es aus Erfahrung gelernt, daß Alles, was ich habe thun können, doch in den Tagen meiner Prüfung nicht Stich hielt; darum legen Sie einen sichern Grund auf die Zeit, die da kommen soll. Ich kann Ihnen Ihre Liebe, die Sie mir und meinem gebeugten Bruder erwiesen haben, nicht vergelten; doch ich denke Ihrer vor dem HErrn nicht zu vergessen. Der Ihrige in dem HErrn Jesu Christo.

Aberdeen, 13. März 1637.

S. R.


72. An Lady Largirie.

Gnädige Frau!

Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen. Ich ermahne Sie in dem HErrn, auf Ihrer Reise zum Himmel vorwärts zu gehen und auf dem Wege mit der Kost vorlieb zu nehmen, wie Christus und alle Seine Nachfolger sie gehabt haben. Der HErr hat uns den Weg nicht nach unserer Gemächlichkeit verändert, sondern Er will, daß wir unserem hochgelobten Führer folgen sollen. Ach, wie hemmt uns die Sünde und macht uns träge in unserem Lauf! Thoren sind wir, daß wir noch ein anderes Gut, noch eine andere Liebe haben, und unsere Seele mit einem andern, als mit Christo vermählen! Es wäre das Beste, wir eilten nach unsrer Heimath und gäben unsere Ansprüche auf diesen elenden Götzen, die Erde, auf der sich weder gut übersommern noch gut überwintern läßt, daran. Ach, wenn wir doch die Erquickungen dieser Welt nur so betrachteten, wie der Reisende einen Trunk Wassers, der ihm nicht ein Theil seines Schatzes, sondern eine vorübergehende Erfrischung ist, die er vergessen, wenn er seinen Weg zehn Meilen weiter fortgesetzt hat! Ja, könnten wir uns nur so schnell von dieser Welt losmachen und ihre Liebe von uns werfen! Wir können nicht zweierlei Liebe haben; selig wären wir, wenn wir den Besitz dieses unendlichen Schatzes, der Liebe Christi, erlangten, oder vielmehr wenn wir uns von der Liebe Christi in Besitz nehmen und überwinden ließen, so daß Christus uns Alles, und alle andern Dinge uns nichts würden. Der Tod ist der letzte Dieb, welcher, ohne daß wir das Geräusch seiner Füße vernehmen, kommen wird, um unsere Seelen hinweg zu nehmen; und wir müssen dann von der Zeit Abschied nehmen und der Ewigkeit ins Angesicht sehen. Dann wird der HErr die zwei Seiten dieser irdischen Hütte (tabernacle) zusammenlegen und auffalten, die eine Hälfte wird Er in das dunkle Grab und die andere in den Himmel oder in die Hölle legen. Sorgen Sie, daß der HErr Sie in Frieden finde und halten Sie Ihre Seele bereit; Christus wird zu der uns bestimmten Zeit nicht ein Sandkorn in unserer Sanduhr hinzufügen. - Beten Sie, daß Er mich wieder in Ihre Mitte führe, beladen mit dem Segen Seines Evangeliums. Gnade, Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in unserm HErrn und Meister.

Aberdeen 1637.

S. R.


73. An den Lord von Cally.

Sehr geehrter Freund! Mich verlangt zu hören, wie es mit dem Wachsthum Ihres innern Menschen steht, obwohl ich die Zuversicht habe, daß Ihr Herz auf Christum und auf Ihre Seligkeit gerichtet ist. Ich beschwöre Sie bei dem HErrn, lassen Sie sich's ernstlicher angelegen sein, dem Himmelreiche Gewalt anzuthun, als jene träge Namen-Christen es thun, die ihren eignen Glauben und ihre eigene Gottseligkeit am höchsten stellen, weil sie die ihrigen sind. Sie begnügen sich mit einer blos äußeren Gewohnheit und Uebung, und wollen Jahr aus Jahr ein bei einem solchen Bekenntniß bleiben, welches zu allen Zeiten bei der großen Menge in Gunst steht. Dieß ist der Compaß, mit welchem sie statt eines bessern, dem Himmel zusegeln. Theurer und Geliebter, von Solchen trennen Sie sich und wenden Sie Ihre ganze Kraft daran, Ihrer Seligkeit nachzujagen und brauchen Sie Gewalt, das Himmelreich zu gewinnen. Es kostete Christum und alle Seine Nachfolger viel Arbeit, ehe sie die Spitze des Berges erreichten und doch möchte unsere weichliche Natur es gern, daß der Himmel an unser Bett käme, während wir schlafen. O wie ungerne trennen wir uns von unsern Lasten und Bürden, die uns hindern, unsern Lauf in Geduld zu vollbringen. Es ist keine leichte Aufgabe, unsere Natur zu verleugnen und zu kränken, um Gott zu gefallen! Es hält schwer, unserm Eigenwillen, unserm Eigendünkel, unserm eigenen Wohlleben und unsern irdischen Lüsten einen Fuß, ja auch nur einen Zoll breit abzugewinnen und uns so zu verleugnen, daß wir sagen können, nicht ich, sondern Christus, nicht ich, sondern die Gnade, nicht ich, sondern Gottes Verherrlichung, nicht ich, sondern Gottes Liebe ist es, die mich zwingt, nicht ich, sondern das Wort des HErrn, nicht ich, sondern Christi gebietende Macht. Welch einen Kampf, welch einen Tod der Natur erfordert es, an die Stelle des Ich, des Eigenwillens, des eigenen Vertrauens meinen HErrn und Heiland zu setzen, meines HErrn Willen und meines HErrn Gnade. Ach dieser Götze, das ich, ist der Hauptgötze, vor dem wir uns alle beugen. Was war die Schuld, daß Eva ungehorsam ward und unbesonnen über die verbotene Frucht herfiel, als dieß elende Ich? Was trieb jenen Brudermörder an, den Abel zu tödten? Dieß ungebändigte Ich. Was verführte die alte Welt, daß alles Fleisch seinen Weg verderbete auf Erden? Was anders als ihr Ich und ihre eigene Lust? Was war die Ursache von Salomos Abgötterei und Vielweiberei? was anders als sein Ich, dem er lieber zu Gefallen leben wollte, als Gott? Was verführte den Petrus, seinen HErrn zu verleugnen? War es nicht Selbstliebe und die Begierde der Selbsterhaltung? Was verleitete den Judas, seinen HErrn zu verkaufen für dreißig Silberlinge? Was anders als Selbstliebe, das abgöttische, geizige Ich? Weßhalb verließ Demas den Weg des Evangeliums und gewann diese Welt wieder lieb? Nur die Selbstliebe und die Begierde nach eigenem Gewinn verführte ihn. Jeder klagt wegen seiner Sünden den Teufel an; aber der große Teufel, der Hausteufel jedes Menschen, der in eines jeden Busen liegt und sich nährt, jener Götze, der Alles tödtet, ist das Ich. - Selig diejenigen, welche sich selbst verleugnen können und Christum an die Stelle ihres Ich setzen. O süßes Wort, „ich lebe nicht mehr, sondern Christus lebet in mir.“

Theurer Freund! Gewiß werden Sie einst auf Ihr altes Ich, den Götzen, den Sie in dem Stolz Ihrer Jugend höher als Christum gesetzt haben, mit Verachtung herabsehen. Verzeihen Sie mir, daß ich aus Liebe so frei zu Ihnen rede. Gott ist mein Zeuge, daß diese Sprache aus einem wahren Verlangen nach dem ewigen Heil Ihrer Seele fließt. - Jetzt steht Ihre Sonne tiefer und Ihr Sonnenuntergang ist viel näher, als da ich Sie zuletzt sah. Ringen Sie darnach, Ihre Aufgabe zu beendigen, ehe die Nacht hereinbricht; machen Sie sich Christum zu eigen und lassen Sie Ihr Herz und Ihre Liebe mit Ihm vertraut werden. Ich gedenke Ihrer in meinem Gebet vor dem HErrn, wie ich es Ihnen versprochen; helfen auch Sie mir mit Ihren Gebeten, daß es dem HErrn gefalle, mich wieder mit dem Evangelium Christi in Ihre Mitte zu führen. Gnade, Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in dem HErrn.

Aberdeen, 1637.

S. R.


74. An John Gordon den Jüngern von Cardoneß.

Herzlich Geliebter in dem HErrn!

Mich verlangt gar sehr, zu hören, wie es mit Ihrer Seele steht; denn sie hat einen großen Antheil an meinen Gebeten und Sorgen. Bedenken Sie wohl, welch ein großer köstlicher Preis auf dieses kurze Spiel Ihres Lebens gesetzt ist, ja eine Ewigkeit voll Wohl oder Wehe für Ihre Seele steht auf dem Spiele der gut oder schlecht angewandten Zeit Ihrer schnell ablaufenden Sanduhr. Suchen Sie den HErrn, weil Er zu finden ist; der HErr wartet schon auf Sie. Ihre Seele ist von nicht geringem Werth; für Gold oder Silber ist sie nicht zu kaufen. So zu leben wie alle Andern und sich nur frei zu halten von offenbaren Sünden, die schon die Welt verdammt, wird uns nicht in den Himmel bringen. Feine Sitten und äußerliche Tugend können Sie nicht einen Fuß, nicht einen Zoll weit über die verderbte Natur erheben. Darum wenden Sie alle Mühe an, Ihre Erlösung zu suchen und übergeben Sie Ihren Willen, Ihren Verstand, Ihre Launen und die unreifen Wünsche Ihrer Jugend in die Hände Christi. Ehe die Erfahrung Sie nicht belehrt hat, können Sie es nicht wissen, welch eine gefährliche Zeit die Jugend ist. Sie ist wie grünes, feuchtes Holz; wenn auch Christus Feuer darauf wirft, so fängt es doch kein Feuer. Hier bedarf es mehr, als einer gewöhnlichen Anstrengung; denn die verderbte Natur hat einen guten Freund an der Jugend; und gegen besseres Wissen sündigen, löscht das Licht aus, stumpft das Gewissen ab und schwächt das Gefühl der Schuld. Ist dieß einmal geschehen, so ist der Teufel wie ein tolles Pferd, welches den Zügel zerrissen hat und mit seinem Reiter davon jagt, wohin es will. Lernen Sie erkennen, was der Apostel nennt: „den Betrug der Sünde,“ und lassen Sie Gebet, Lesen guter Bücher, heiligen Umgang und ernstes Gespräch Ihre Erquickung sein: dann werden sie allmählig die Süßigkeit Christi kennen lernen und mit dem HErrn die Spitze des Berges ersteigen, um die Entzückungen der geistlichen Liebe zu erfahren und Sie werden es erkennen, wie herrlich es ist, den Ihnen geoffenbarten Christus zu sehen, zu erfahren und zu umarmen; dann werden Sie sich von Christo nicht mehr losmachen können, um Ihre Seele wieder an ihre alten Liebhaber zu binden; dann erst und nicht eher werden alle Gedanken und Triebe Ihrer Seele in einer rechten Harmonie und in einer geistlichen Stimmung stehen. Wenn Sie aber an dieser Welt und ihrer Lust Ihre Erquickung haben, dann weiß ich nicht, was Christus aus Ihnen machen soll; denn zu einem Gefäß der Herrlichkeit und Barmherzigkeit kann Er Sie dann nicht gebrauchen. So währ der HErr lebet, tausend mal tausend betrügen sich durch Sicherheit, weil Gott, Sein Zorn und Sein Gericht ihnen nicht schrecklich sind. Fürchten Sie Gott und die Warnungen eines strafenden Gewissens. Lassen Sie einen jeden sehen, daß Christus in Ihnen ist, in Ihnen handelt, wirkt, redet und denkt. Wenn Er in Ihnen ist, so werden Ihre Handlungen von Ihm zeugen. Es gibt einen Instinkt in den neugebornen Kindern Christi, gleich dem Instinkte der Natur, der die Vögel lehrt ihre Nester bauen, ihre Jungen aufziehen, und Wildnisse, Wälder und Gebüsche andern Plätzen vorziehen; durch den Instinkt der Natur liebt ein Mensch sein Vaterland mehr als alle andern Länder; aber der Instinkt der erneuerten Natur und der übernatürlichen Gnade wird Sie treiben, Ihr himmlisches Vaterland weit über Alles zu lieben und sich nach der Behausung zu sehnen, die nicht mit Händen gemacht ist und Ihre irdische Wohnung mit dem Auge des Pilgers zu betrachten, der einen verächtlichen Blick auf diese vorübergehende Scene hinwirft, indem sein Herz ausruft: „Ach, dieß sieht nicht wie mein Vaterland aus!“ Ich rathe Ihnen die Lücken auszubessern und den Mängeln abzuhelfen, indem Sie von Woche zu Woche, von Tag zu Tag eine Sünde oder ein Stück derselben ablegen, als Zorn, Wuth, Unmäßigkeit und dergl.; damit Sie immer leichter Herr werden über Ihr inwohnendes Verderben. Schlafen Sie nicht ruhig, bis Sie es wagen dürfen, dem Tode in's Angesicht zu sehen und Ihre Seele der Ewigkeit zu übergeben. Gewiß viele Ellen und Zolle des kurzen Fadens Ihres Lebens sind durch Ihre Hand gegangen, seit ich Sie zuletzt gesehen und dieser Faden hat ein Ende und Ihre Hand vermag nicht einen Knoten zu machen, oder einen Tag oder einen Finger breit seiner Länge zuzusetzen. Wenn das Gesicht, das Gehör und die äußern Mauern des Lehmhauses einfallen, und wenn das Leben, das belagerte Lehmschloß dem Tode und Gericht übergeben wird, und Sie sehen müssen, daß Ihre Zeit abgelaufen ist: wie werden Ihnen alsdann die täuschenden Vergnügungen erscheinen, die Ihnen vielleicht heute noch so süß sind. Was würden Sie dann für die Gnade des HErrn geben? Welch einen Werth würde dann die Vergebung der Sünden in Ihren Augen haben? Es ist heilsam, sich vorzustellen: Wie, wenn der Urtheilsspruch mich treffen sollte, in den Ofen, der mit Feuer und Schwefel brennt, geworfen zu werden? Wenn ewige Finsterniß mein Theil sein sollte? Wenn ich verbannt sein müßte von Gottes Angesicht und dem Teufel übergeben und der Gewalt des zweiten Todes? Versetzen Sie sich im Geist in diesen Fall; welch ein Schrecken würde Sie ergreifen, wie würde Ihnen dann jede Lust an der Sünde erscheinen? O, theurer Freund, um des HErrn willen wachen Sie auf, um gerecht zu leben; lieben Sie Ihre arme Seele, und sprechen Sie zu sich selbst, wenn Sie diesen meinen Brief gelesen haben: „der HErr wird auch von dieser Warnung Rechenschaft fordern.“ Ich segne Ihre Kinder. Gnade sei mit Ihnen. Ihr Sie liebender Seelsorger.

Aberdeen, 1637.

S. R.


75. An den Prediger James Flemming.

Theurer, in unserem HErrn geliebter Freund! Ich habe Ihren Brief erhalten und er hat mich in meinen Banden erquickt. Ich kann nicht umhin, auch Ihnen zu bezeugen, welche Süßigkeit ich unter dem Kreuze unsers HErrn genieße! Aber ach, was kann ich thun oder leiden für Ihn! Ich bin nicht im Stande, weder mit meiner Zunge, noch durch meine Feder, noch durch meine Leiden Viele zu reizen, Ihn recht zu lieben. Aber Er weiß es, wem ich im Geiste zu dienen begehre, und was ich in Seiner Kraft thun und leiden möchte, wenn ich nur dadurch Tausende in diesem Lande zur Anbetung meines HErrn Jesu antreiben könnte. Ich zähle es zu Gottes Wundern, daß Er Lob und Anbetung und Bekenntniß Seiner Sache von einem so elenden Sünder, wie ich bin, annehmen will; aber wenn Christus etwas thut, so braucht Er nicht erst zu fragen, durch wen Er verherrlicht sein will. Ich weiß, daß Seine Herrlichkeit am Anfang aus dem armen Nichts hervorleuchtete. Seine Herrlichkeit ist sein Ziel! O, daß ich mich mit Ihm vereinigen könnte, sie auch zu meinem Ziele zu machen. Wie süß und herrlich würde mir diese Gemeinschaft sein; aber ach, wenige wissen, wie viel Schuld an mir ist; Wenige kennen die verborgenen, geheimen Rechnungen zwischen mir und Christo; dennoch ist seine Liebe gegen mich ohne Grenzen. Wie freut sich mein Herz, daß auch Sie begehren, sich mit mir in Lobpreisung Seines herrlichen Namens zu verbinden; denn es ist Liebe, einem Bankerotier beim Zahlen seiner Schulden zu Hilfe zu kommen. Aber wenn auch alle mir zahlen helfen, so werde ich doch noch zehntausend Pfund schuldig bleiben. Das Eine weiß ich, daß wir nicht im Stande sind, Seine Herrlichkeit zu erreichen oder ihr auch nur nahe zu kommen, weder mit unserer Zunge, noch mit unsern Augen, noch mit unserm Herzen; denn Er ist weit über alle erschaffenen Gedanken. „Alle Nationen sind vor Ihm wie Nichts und weniger als Nichts; Er sitzet auf des Himmels Bogen und die Bewohner der Erde sind vor Ihm wie Heuschrecken.“ Ach, daß die Menschen ihn doch preisen möchten! -

Sie klagen über Ihren eigenen Zustand. Ach, ich bin nicht der Mann, um zu einem solchen, wie Sie sind, reden zu können, obwohl ich weiß, daß alle Erquickung, die ich in Seiner Gegenwart hier genoß, mir nur deßhalb zu Theil wurde, damit ich sie andern mittheilen möchte. Doch muß ich Ihnen sagen, daß ich mich niemals Christo näher gefühlt habe, als nach einem großen Druck und nach dem Gefühl rechter Erstorbenheit und Gnadenlosigkeit. Das Gefühl unserer Mängel, denke ich, öffnet Christo die Thür, wenn wir nur dabei eine Unruhe empfinden und mit einer Art geistlicher Ungeduld, daß Er uns fehlt, den unsere Seele liebet, nach ihm ringen. Wenn wir dann glauben, wir gehen zurück, weil wir uns todt fühlen, so gehen wir wirklich vorwärts; denn je mehr Gefühl, desto mehr Leben und wo kein Gefühl, da ist auch kein Leben. Es gibt keine süßere Gemeinschaft mit Christo, als wenn wir Ihm unsere Mängel hinbringen. Sie klagen über die Verwaltung Ihres Amtes; ich erkenne jetzt, wie ich in Allem viel zu wenig gethan habe; Einfalt, Freimüthigkeit, Wachsamkeit und Treue werden Ihnen zu reichen Tröstungen in Ihren Leiden werden; das Weiden der Lämmer Christi in Hausbesuchen, im Unterricht und in Predigten, und das offene, redliche Warnen der Herde ist der Schmuck eines Leidenden. Tausendfach gesegnet werden die sein, welchen Christus die Gnade gegeben, treu und sorgsam zu sein im Werben der Seelen für Ihn. Mein lieber Bruder, ich weiß, Sie denken mehr hieran als ich; und ich freue mich, daß es Ihr Wille ist, in der Kraft des HErrn bei Christo zu bleiben, jetzt, wo so Viele Ihn verleugnen, aus Furcht, Christus sei nicht stark genug, sich selbst und sie zu beschützen. Unser HErr ist nicht fern. Ach, daß wir Seiner harreten und treu wären! .

Das Wohlgefallen Dessen, der im Busche wohnte, und die süße Gnade und Liebe Jesu Christi sei mit Ihnen. Helfen Sie mir mit Ihren Gebeten. Der Ihrige in Christo.

Aberdeen, 15. August 1637.

S. R.


76. An Cardoneß den Aeltern.

Verehrter Freund! Mich hat herzlich verlangt, von Ihnen zu hören und zu erfahren, wie es mit Ihrer Seele steht. Ich beschwöre Sie beim Heil Ihrer kostbaren Seele und bei der Barmherzigkeit Gottes, machen Sie das Werk Ihrer Seligkeit fest und sicher und untersuchen Sie, auf welchen Grund Sie gebaut haben. Theurer Freund, wenn Sie auf trügerischem Sande stehen, so wird ein Sturm des Todes Sie von Christo losreißen und Sie von Ihrem Grunde wegschwemmen. Ach, um Gotteswillen, sehen Sie sorgsam nach, wie es mit Ihnen steht. Ueberblicken Sie Ihr ganzes Leben noch einmal in dem Lichte Gottes; denn die Erlösung wird nicht vor Jedermanns Thüre gefunden. Es ist gut, daß Sie sich mit Ihrem Compaß und mit allem, dessen Sie bedürfen, versehen, ehe Sie zu Schiffe gehen; denn kein Wind kann Sie wieder zurückwehen. Wenn einst der Lauf vollendet und das Spiel verloren oder gewonnen ist, wenn Sie das Ende des Kreislaufs der Zeit erreicht und Ihr Fuß die Ewigkeit betreten hat und wenn alle Ihre Freuden dieses kurzen Nachttraumes Ihnen erscheinen werden wie Asche eines Stroh- oder Dornenfeuers; wie wird alsdann Ihre Seele sich über einen freundlichen Blick vom HErrn mehr freuen, als wenn Sie diese ganze Welt statt der Ewigkeit gewonnen hätten; daran denken Sie! Legen Sie Ihre Freuden, Ihre Wünsche und Ihre Hoffnungen für diese Welt ganz in Gottes Hände, als Dinge, worein Sie sich nicht mischen dürfen. Jetzt, wo Sie den letzten Tropfen Ihres Bechers ausleeren und schon das letzte Glied von der Rette der Zeit erreicht haben, und das Alter lange Todesschatten, gleich einer Decke über Ihre Tage wirft, jetzt ist nicht Zeit, diesem nichtigen Leben den Hof zu machen und sein Herz und seine Liebe daran zu hängen; die Nacht ist vor der Thür, suchen Sie Ruhe und Frieden Ihrer Seele durch Christum in Gott! Glauben Sie mir, es kostet ein ernstes Ringen, die Liebe zu Christo lauter und lebendig zu bewahren und seinen Lauf in täglicher, wahrer Gemeinschaft mit Christo beharrlich zu führen; die Versuchungen zerreißen täglich den Faden dieses Laufes und es ist nicht leicht wieder anzuknüpfen und viel Knoten verderben die Arbeit. O! wie schön sind manche Schiffe vor dem Winde einhergesegelt, die in einer Stunde darauf im Meeresgrund lagen! Wie Viele, die mit dem Munde bekennen, haben einen glänzenden Schein, als wären sie lauteres Gold; und doch ist unter dieser Decke nur schlechtes und weggeworfenes Metall! Wie Viele laufen viele Meilen in den Schranken, ohne den Athem zu verlieren und doch erlangen sie nicht das Kleinod und die Krone!

Theurer Freund! Meine Seele würde schmerzlich über Sie trauern, wenn ich erführe, daß Ihr Verhältniß zu Gott auf falschen Grund gebaut sei. Das Verlangen, Sie auf Christum gegründet zu sehen, erfüllt mich mit banger Sorge, daß Sie schwanken oder gleiten möchten. Unlauterkeit, die sich auf dem Grunde eines erleuchteten Herzens verbirgt, ist gefährlich; so auch Fehlen und Sündigen gegen besseres Wissen. Diejenigen, die über ihre Sünde nie eine traurige Nacht oder einen unruhigen Tag gehabt haben, können nur einen solchen Frieden mit Gott haben, der bei ihrem Tode zerbrechen und in schreckliche Unruhe sich verwandeln wird. Theurer Freund, ich erkannte schon immer eine starke, stolze, heftige und hartnäckige Natur in Ihnen, und es ist für Sie schwerer, der Welt ertödtet und erstorben zu werden, als für einen andern gewöhnlichen Menschen. Sie werden eines tieferen Schnittes, eines längeren Messers bedürfen, um Ihren Wunden auf den Grund zu kommen, ehe Sie durch heilsame Demüthigungen zu einer Beute Christi gemacht werden können. Demüthigen Sie sich, wandeln Sie sanftmüthig; herunter, um Gottes Willen herunter mit Ihrem Marssegel; bücken Sie sich; es ist ein niedriger Eingang, der in des Himmels Thore einführt; es ist eine unendliche Gerechtigkeit bei dem, mit dem Sie es zu thun haben; es ist nicht Gottes Art, den Sünder und den Schuldigen so loszulassen; das Gesetz Gottes wird nicht einen Heller der Schuld erlassen, - ein Jeder muß bezahlen, entweder in seiner eigenen Person (der HErr behüte Sie vor dieser Bezahlung) oder durch seinen Bürgen, Christum. Es kostet Gewalt, die ein Mensch seiner verderbten Natur anthun muß, um heilig zu sein, sich unter Christi Füße zu legen und seinen eigenen Willen, seine Liebe zur Welt, seine irdischen Hoffnungen und das Verlangen des Herzens nach dieser übergoldeten Welt ganz daran zu geben und zufrieden zu sein, wenn Christus Alles mit Füßen tritt. Kommen Sie, kommen Sie zu Christo und sehen Sie, was Ihnen fehlt; in Ihm werden Sie Alles finden. Ich kann Sie versichern, daß Sie Ihm herzlich willkommen sein werden. Sie werden in Ihm von allen Ihren Lasten befreit werden. Meine Seele wird sich freuen, an Ihrer Freude in Ihm Theil zu nehmen. Menschen- und Engelzungen können von Seiner Schönheit und Allgenugsamkeit nicht genug sagen.

Ich ermahne auch Ihre Kinder, den HErrn zu suchen. Bitten Sie sie in meinem Namen, um Christi willen, daß sie, um glücklich und selig zu werden, zu Christo kommen, Ihn ergreifen und mit Ihm Alles empfangen; suchen Sie sie vor den schlüpfrigen und gefährlichen Pfaden der Jugend, vor der Lust an der Welt und vor gottloser Gesellschaft zu bewahren; und damit der Geist Gottes sie erfülle, machen Sie sie mit dem täglichen Gebet und mit der Vorrathskammer aller Weisheit und alles Trostes, dem guten Worte Gottes bekannt.

Beten Sie für mich, den Gefangenen auf Hoffnung; ich bete unablässig für Sie. Meine herzlichsten Segenswünsche begleiten Sie und mein Gebet zu Gott ist, daß Seine Liebe und d

Die selige Gemeinschaft Christi mit Ihren und den Ihrigen sei. Gnade, Gnade sei mit Ihnen. Ihr Sie liebender Seelsorger. Aberdeen, 1637.

S. R.


77. An Johanna Brown.

Theure Freundin!

Mich verlangt, zu hören, wie Ihre Seele gedeiht. - Ich hoffe von Herzen, daß Sie vorwärts gehen Ihrem Vaterlande entgegen; denn Sie sehen, wie Ihr Tag allmählig dahin schwindet und in Kurzem werden Sie jenseits der Grenzen dieser Zeit sein; denn das Leben ist eine Post, die nicht stille steht und unsere Freuden hienieden werden eher unter Weinen als unter Lachen geboren und sie sterben unter Weinen. Sünde, Sünde, dieser Leib der Sünde und des Verderbens verbittert und vergiftet alle unsere Freuden. Ach, daß ich dort wäre, wo keine Sünde mehr sein wird, befreit von diesen Ketten und Fesseln, die wir mit uns herumtragen! HErr, erlöse die unglücklichen Gefangenen! Wer von den Kindern Gottes hat nicht Ursache, zu sagen, daß er dieses nichtigen Lebens müde sei und sich gleich einem kranken Manne nach dem Bette und der Ruhe sehne! Glücklich sind die Seelen derer, welche sicher über das Wasser hinüber sind, nachdem Christus ihre Ueberfahrt bezahlt hat; glücklich sind die, welche die schweren und drückenden Lehrjahre überstanden haben und die nun frei und Bürger in der schönen, hohen Stadt, dem neuen Jerusalem geworden sind. Ach! wie könnten wir uns wohl freuen und fröhlich sein über unsere Ketten, über unser Gefängniß und über ein Leben der Sünde, während wir getrennt sind von unserem HErrn und so weit von unserer Heimath! Vermöchten wir es nur, unsere Begierden von diesen Träumen, diesen Schatten und diesen weltlichen Eitelkeiten abzuziehen; so würden wir öfter sehen, was sie im Himmel thun und unser Herz würde häufiger bei unserem süßen Schatz dort oben weilen. Ich wüßte nicht, welche Verpflichtung die Heiligen gegen diese Welt haben, da wir nur durch den Rauch derselben hindurch fahren; unser Theil an der Tafel ist kaum einen Trunk Wassers werth; und wenn wir geschlagen werden, so dürfen wir nicht weinen, sondern müssen uns wegstehlen und unsern Kummer zwischen dem HErrn und uns verbergen, zufrieden im Verborgenen Leid zu tragen. Gott sei gedankt, daß so viele Dinge uns entgegen sind, daß wir Gott bitten müssen, uns in unseres Vaters Haus hinauf zu nehmen, welches nun in Christo unser seliges Erbtheil geworden ist. Drum, so lassen Sie uns denn die Pfähle unseres Zeltes aufheben und nach unserer wahren Heimath hineilen, denn hier haben wir keine bleibende Stätte. Beten Sie für mich, daß es dem HErrn gefalle, mir ein Zimmer in Seinem Hause zu geben. Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 1637.

S. R.


78. An Robert Stewart.

Mein sehr geliebter Bruder!

Seien Sie mir herzlich willkommen in dieser Welt der Trübsale, und herzlich willkommen in meines Vaters Hause! Gott gebe Ihnen viele Freuden bei Ihrem neuen Herrn. Da ich schon vor Ihnen in dem Hause gewesen; so würde ich nicht die Wahrheit sagen, wenn ich demselben einen schlechten Namen gäbe, oder von dem Herrn des Hauses Böses redete. Ich wünsche vielmehr, durch den heiligen Geist Gottes (o HErr, gieße diesen Geist über mich aus!) Sie mit der Weise dieses Hauses bekannt zu machen. Eins kann ich Ihnen sagen: durch geduldiges Harren werden Sie in der Gunst des Hausherrn zunehmen; harren Sie, bis Sie etwas von Christo empfangen; erleichtern Sie sich selbst, lassen Sie Ihn Alles tragen; legen Sie alle Ihre Lasten und Bürden durch den Glauben auf Christum; Er kann, Er will sie tragen. Ich freue mich, daß Er gekommen und im Ofen der Trübsal Sie erwählet hat; gerade dort wollte Er Ihnen begegnen. Er geht auch mit Ihnen denselben alten Weg, den Er schon in den Tagen Hosea's ging (Hosea 2,14.); „Darum siehe, Ich will sie locken und will sie in eine Wüste führen, und freundlich mit ihr reden.“ So lange sie in der schönen, glänzenden Stadt war und es ihr wohl ging, konnte der HErr nicht zur Seele reden; aber draußen in der kalten, hungrigen, öden Wildniß, da lockte Er sie an sich, da flüsterte Er ihr die frohe Botschaft in's Ohr und sagte: „Du bist mein.“ Sie haben einen großen Vortheil auf dem Wege zum Himmel, daß Sie schon am frühen Morgen an die Pforte gekommen sind. Welch ein Thor war ich, daß ich wartete, bis meine Sonne schon so hoch am Himmel stand, ehe ich den rechten Weg betrat. Ich bitte Sie, benützen Sie nun den Vortheil, den Sie haben. Seien Sie nicht träge, mein Lieber, klettern Sie eilig auf Händen und Füßen den Berg hinan, als wollte das letzte Sandkorn schon aus Ihrem Glase fallen und als käme der Tod schon, um das Glas umzudrehen. Geben Sie aber auch sorgfältig Acht, daß Ihre Füße auf dem schlüpfrigen, gefährlichen Wege der Jugend, auf dem Sie jetzt gehen, nicht ausgleiten; seien Sie begierig nach der Gnade Gottes und begnügen Sie sich nicht mit der Heiligkeit, die nur aus dem Kreuze kommt, denn von zu Vielen heißt es: „Wenn Er sie erwürgete, suchten sie Ihn und kehrten sich frühe zu Gott; aber ihr Herz war nicht fest an Ihm, und hielten nicht treulich an Seinem Bunde.“2) Es ist ein Theil unserer Heuchelei, Gott schöne Versprechungen zu machen, so lange wir im Gedränge sind und das offene Feld noch nicht erreicht haben. Prüfen Sie wohl Ihre junge Frömmigkeit und untersuchen Sie, was Sie an Christo lieben. Machen Sie kein Spielwerk daraus; sondern arbeiten Sie dahin, daß Sie eine gesunde und lebendige Erkenntniß der Sünde erlangen, so daß Sie sich selbst erkennen als einen verlorenen Menschen, der in seinem Blute sterben muß, wenn nicht Christus sich sein erbarmet und ihn aufhebt; deßhalb machen Sie das Werk Ihrer Bekehrung fest und sicher. Graben Sie tief; und herunter, herunter mit dem alten Gebäude, dem Hause des Verderbens, welches da gestanden und lassen Sie Christum ein neues Gebäude aufführen und eine neue Kreatur in Ihnen aufrichten. Sehen Sie zu, ob dieser Regen auch bis auf die Wurzeln Ihrer verwelkten Pflanzen geht und ob Seine Liebe Ihr Herz so tief verwundet, daß es vor Nummer über die Sünde blutet. Gewiß, wo Christus ist, da bleibt Er nicht verborgen; die Gnade wird immer sichtbar werden und fruchtbar in guten Werken; das geheiligte Kreuz ist ein fruchtbarer Baum. Wenn ich Ihnen von meinen geringen Erfahrungen in Christo mittheilen sollte, so würden Sie und Andere es mir schwerlich glauben. Ich wußte ehemals nicht den hundertsten Theil von Christo gegen das, was ich nun weiß, obgleich ach! mein Wissen noch unendlich weit hinter dem, was Er ist, zurückbleibt. Und was das Kreuz Christi anlangt, zumal dieses beste der Kreuze, um Seines Namens willen zu leiden, so schätze ich dieses höher, als ich es Ihnen mit Worten schreiben oder aussprechen könnte. Je schwerer die Seele vom Kreuze gedrückt ist, desto leichter ist sie zur Reise. Wollte Gott, daß alle kaltblütigen, mattherzigen Streiter Christi zu Jesu und zu Seiner Liebe hinaufblickten, und immer wieder hinaufblickten, um mit dem Anblick der Schönheit Christi erfüllt zu werden; wahrlich, dann würde Er von Vielen höher geachtet werden. Es ist mein täglich wachsender Kummer, daß Er so große Dinge für meine Seele thut und Er doch von mir nie etwas, das der Rede werth wäre, erlangt hat. Mein Freund, ich beschwöre Sie, helfen Sie mir Ihn preisen. Wenn die Menschen nicht mehr thun können, so sollten sie Ihn doch bewundern; können wir nicht mit der Liebe Christi erfüllt werden, so können wir doch mit Bewunderung erfüllt werden.

Ihm und Seiner reichen Gnade befehle ich Sie. Ich bitte Sie, beten Sie für mich und vergessen Sie des Lobes nicht. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 17. Juni 1637.

S. R.


79. An Lady Gaitgirth.

Gnädige Frau!

Mich verlangt zu wissen, wie Ihre Seele mit Christo steht. Ich weiß, daß an Christi Liebe die Zeit nichts ändern kann. In Ihnen mag Ebbe und Fluth mit einander wechseln, Sie mögen aufstehen und fallen, zunehmen und abnehmen, aber Ihr Gott ist heute derselbe, der Er gestern war und es ist Ihr Glück, daß Ihre Erlösung nicht auf einer beweglichen Kugel Ihres eigenen Machwerks ruht und daß Sie es nicht mit einem Erlöser zu thun haben, den Sie sich selbst gebildet haben. Gott hat Ihnen einen starken und mächtigen Erlöser auserkoren, welcher im Stande ist, Sie und Ihre Lasten und wären deren zehnmal so viel, zu tragen, und Sie vollkommen selig zu machen. Dadurch, daß Sie sich oft zu Ihm wenden, werden Sie Ihm nicht zur Last. Christus hat Mitleid mit Ihnen in allen Ihren Anfechtungen; aber es ist heilsam für Sie, daß Er sich Ihnen zuweilen verbirgt. Nicht aus Kälte oder Strenge gegen Sie zieht Er sich manchmal hinter einen Vorhang und Schleier zurück, so daß Sie ihn nicht sehen; sondern Er weiß, daß Sie eine warme Frühlingszeit Seiner empfundenen Liebe nicht immer ertragen können, so wenig wie anhaltend schönen Wind und volle Segel. Seine Besuche bei Seinen liebsten Kindern sind nur dünn gesät. Er darf die Ströme Seiner Liebe nicht auf die Seinigen ausgießen, sonst würden die jungen Pflanzen in Gefahr gerathen an der Wurzel gelöst zu werden. Dieß weiß Er von Ihnen, deshalb müssen Sie auf die volle und fühlbare Offenbarung Seiner Liebe warten, bis Sie über der Sonne und dem Mond sein werden, das heißt, in dem Lande, wo Sie für diese Liebe, die Sie jetzt noch nicht zu fassen vermögen, ein erweitertes Herz haben werden. Werken Sie die Sorge für Ihre jungen Kindlein auf Christum und erleichtern Sie Ihr Herz, indem Sie Ihm alles auflegen; Er will auch der Gott Ihrer Kinder sein. Ich hoffe, daß ich Sie noch einst auf dem Berge erblicken und froh über das Heil Gottes sehen werde. Schmücken Sie sich für Christum und erschrecken Sie nicht vor Seinem Kreuze; Seine Liebe ist stärker, als daß Er uns loslassen könnte, uns Kinder, die nicht gehen können, wenn Christus uns nicht hält! Es ist gut, daß wir nichts Eigenes haben, da wir alles von Christo borgen dürfen; und es ist unser Glück, daß Christus unsre Bürgschaft für den Himmel und daß Er der Haupt-Gläubiger von so armen bankerutten Schuldnern ist, wie wir sind. Ich bitte Sie, danken Sie Ihrem Gemahl für seine Sorge um mich. Friede und Segen erflehe ich über ihn und die Seinigen. Gnade sei mit Ihnen immerdar. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 1637.

S, R.


80. An John Stewart, Provos zu Ayr,

Theurer Freund!

Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen! Ich sehne mich nach der Zeit, in der ich die Herrlichkeit des HErrn in Seinem Hause schauen werde. Noch immer warte ich auf meine Befreiung, ergeben, daß mein Glaube sich biegt, wenn nur Christus, indem Er ihn biegt, ihn nicht ganz zerbricht; denn wer geht durch's Feuer ohne eine Narbe? O, daß mein Wille ganz still wäre und wie ein entwöhntes Kind! Aber ach! wo ist das Herz, das auf weiter nichts als auf die Stimme Christi hören will und ihr nie widerspricht? Solche Einwendungen und unzufriedene Widerreden, wie jene: „Billig zürne ich bis an den Tod;“ (Jonas 4,9.) schmecken nur zu sehr nach unserer Verdorbenheit. O wie gesegnet wäre der, welcher seinen Willen opfern und nachdem er ihn Christo ganz hingegeben hätte, so in den Himmel eingehen könnte! Ich möchte nichts mehr verlangen, als daß Christus unumschränkter Herr über meinen Willen wäre und daß mein Wille unter allen Kreuzen geduldig aushielte, ohne Christo mit solchen Worten zu begegnen: „Warum thust du das?“ - Welch eine Pein ist es, sich nach Christo sehnen, wenn unsre Zuversicht bewölkt und verdunkelt ist. O wie süß wäre eine Zeile, oder auch nur ein halber Buchstabe einer von Christo eigenhändig geschriebenen Versicherung Seiner Gnade! Aber das ist unsre tägliche Prüfung, daß die Schuld uns diese Versicherung verdunkelt und umnebelt. Zu glauben ist ein Wunder, aber für einen Sünder ist glauben ein doppeltes Wunder. Welche Verpflichtung zur Liebe sind wir Christo schuldig, der Nachsicht hat mit unsrer argwöhnischen Furcht und es geduldig erträgt, wenn sie Arges von Ihm denkt und sagt. Wäre Er nicht Gott und von großer Langmuth, wir hätten schon längst einen Riegel vor unserer Seligkeit vorgeschoben, welchen auch die Barmherzigkeit nicht hätte zerbrechen oder überspringen können. Aber Gott ist langmüthig und das ist unser Heil; die Gewißheit unsrer Seligkeit beruhet in Gott. Er, der sprach: „Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit,“ ( - denn unsere Hoffnung und deren Pfeiler ist Christus, unser Gott, - ) wußte, daß in Gott die Sünder einen festen Anker und Halt haben; wenn sich denn Gott nicht ändert (welches unmöglich), so soll auch meine Hoffnung nicht wanken. O süße Festigkeit einer sicher begründeten Seligkeit! Wer könnte den Himmel gewinnen, wenn sie nicht wäre? Und wer könnte selig werden, wenn Christus nicht Gott wäre, nicht ein solcher Gott wäre, wie Er ist? Gott sei gelobt, daß unsere Seligkeit ihren Anker in Christo hat, dem Wind und Meer gehorsam sind. Welche Seewinde können uns nun von unserer Stelle wegwehen? Und wenn auch dieß geschehen könnte, so bleibt doch Gott stets unbeweglich und unerschütterlich. Ach! daß wir uns doch nie entfernten von diesem starken, unbeweglichen Gott und uns von Ihm nie verlören! Unsre junge, unreife Liebe ist noch nicht ganz von Christo eingenommen, weil sie Ihn noch nicht recht kennt. Er ist ein so weites und breites, tiefes und hohes, alles übertreffendes Meer der Süßigkeit, daß unsre Liebe zu klein für Ihn ist. Ewiglich gesegnet sind diejenigen, welche aus sich selbst herausgegangen und sich über sich erhoben haben, um sich in Liebe mit ihm zu verbinden! Ich weiß nicht, ob mein Gott mich in Sein Heiligthum bringen wird oder nicht; aber das weiß ich, daß Er es ist, der mir meinen Platz anzuweisen hat in oder außer dem Hause, und daß nichts ohne Ihn geschehen wird. Ich denke und rede oft zu mir selbst, daß meine Tage schnell dahin gehen, ohne daß ich etwas Gutes geschehen oder das Werk Christi gedeihen sehe; aber ach, ich kann Seine Wege nicht recht verstehen und kann die Vorsehung meines Gottes weder richtig lesen noch buchstabieren; meine Gedanken gehen einen Weg, wo ich fürchte, daß sie meinem Gotte nicht begegnen; denn es scheint, daß Gott einen andern Weg gehen wird und ich kann nicht dazu gebracht werden, meine Weisheit und meine Wünsche zu kreuzigen und Ihn zum HErrn auch über meine Gedanken zu machen; denn ich möchte noch selbst eine Herrschaft über sie haben, und möchte dreist und blindlings meinem Gotte vorschreiben und mich auf selbst gewählten Wegen führen. Doch ich will hier schweigen. Sein Wille geschehe! Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in unserm einigen Meister.

Aberdeen, 1637.

S. R.


81. An Carlsluth.

Hoch geehrter Freund!

Mich verlangt von Ihnen zu hören. Prüfen Sie, ich beschwöre Sie, wie Ihre Seele mit Christo steht und halten Sie es nicht für eine leichte Sache, dem Himmelreich Gewalt anzuthun. Die meisten Menschen glauben jetzt die Seligkeit schlafend zu erlangen. Es ist heut zu Tage kein Mangel an dem Glauben, wie er jetzt ist, denn Sie werden keinen Menschen antreffen, der nicht sagte, ich glaube an Christum. Aber ach! Träume geben keinem Menschen Rechte. Theurer Freund, ich beschwöre Sie in dem HErrn, lassen Sie Ihre Seele nicht ruhen, bis Sie eine rechte Gewißheit haben und Ihr Anrecht an Christum Ihrer Seele bestätigt und besiegelt ist. Der gewöhnliche Glaube und der Alltagseifer, der unter den Leuten ist, wird Niemanden in den Himmel bringen. So lassen Sie sich denn Ihre Seligkeit recht angelegen sein; denn an jenem Tage, wenn Sie die Arbeit und Mühe, den Gewinn und Reichthum so vieler Menschen werden in Asche liegen sehen und wenn die Erde und alle Werke darauf in Feuer verbrennen werden, welch einen Preis würden Sie dann für Gottes Gnade in Christo zahlen wollen! Dann wird keine Zeit mehr sein, nach einer Lampe zu suchen, wenn der Bräutigam in seine Kammer gegangen und die Thüre verschlossen sein wird. O pfui über die blinden und verkehrten Seelen, die über dem Jagen nach einer elenden Mahlzeit von dieser leeren Welt Gottes ewige Gnade verscherzen. Alles was unter diesem Himmelsbogen zwischen uns und dem Tode liegt, ist nur elendes Kinderspiel; Nachtträume sind es und Phantasien, gottlose Eitelkeiten und bitterer Jammer, überzuckert mit dem Lachen von ein paar Stunden, oder eingebildete Reichthümer, eitle Ehre und sündliche Freuden. Mein Freund, wenn Sie beides die Freuden- und die Trauerseite dieser Welt ansehen und nicht allein auf die auswendige Farbe der Dinge, sondern auf das Innerste ihres Werthes sehen, so werden Sie erkennen, daß ein Blick von Christo mehr werth ist, als zehntausend Welten dieses armen vergänglichen Stoffes, woran doch die thörichten Menschenkinder ihr Herz hängen. O! mein Freund, richten Sie, richten Sie Ihr Herz auf die andere Seite der Dinge, machen Sie sich los von diesen Verstrickungen, und denken Sie an die Ewigkeit, den Tod, das Grab und das Gericht. Betrachten Sie den Himmel und die Herrlichkeit! Aber ach! was rede ich von der Betrachtung dieser Dinge, die noch nie in eines Menschen Herz gekommen sind! Blicken Sie in den unergründlichen Abgrund der Liebenswürdigkeit, Süßigkeit, Schönheit und Herrlichkeit, Gnade und Barmherzigkeit, der in Christo ist und dann werden Sie die ganze Welt und alle ihre Herrlichkeit, und stände sie selbst in ihrem höchsten Sommerglanze, nur gering achten. Der Sand in Ihrer Sanduhr nimmt stündlich ab und Ihr Nachmittag ist schon näher herangerückt, als da ich Sie sah. Die schnelle Post des HErrn, die Zeit, fährt Sie und Ihr Leben auf Flügeln zum Grabe: Sie essen und trinken, aber die Zeit steht nicht still; Sie lachen, aber Ihr Tag flieht dahin; Sie schlafen, aber Ihre Stunden werden gezählt und bei Seite gelegt. O, wie bald wird die Zeit Sie aus diesem Leben hinaustreiben! und dann, was werden dann die kaum gebornen Freuden des gestrigen Tages Ihnen sein? Ein geschmolzener Schneeball, oder noch etwas schlimmeres! Denn die Erinnerung an diese Freuden pflegt die Seele mit Bitterkeit zu erfüllen. Zeit und Erfahrung beweisen die Wahrheit hievon und die Verstorbenen, wenn sie reden könnten, würden es bezeugen. So legen Sie denn nicht mehr auf die Kreaturen, als diese zu tragen im Stande sind; legen Sie Ihre Seele und Ihre Bürden auf Gott; ihn machen Sie zu Ihrem einzigen und zu Ihrem besten Geliebten.

Ihr Auftrag für dieses Leben ist, Ihrer Seele eine ewige Herrlichkeit zu sichern und sie mit Christo zu vermählen. Ihre Liebe sind Sie Christo schuldig, andere Dinge, welchen Werth sie auch immer in sich haben mögen, sind in Vergleich mit Christo keinen Strohhalm werth. Ich zweifle nicht, daß Sie im Tode alle Dinge deutlicher unterscheiden werden und daß dann die Welt Ihnen nicht mehr gelten wird, als sie werth ist, sondern in ein Nichts zusammengedrängt sein wird. Dann wird Ihnen Christus mehr sein, als Sie je gedacht. O seliger Tausch, alles zu verlieren und Christum zu gewinnen! Ich weiß nicht, was Sie besitzen, wenn Sie Ihn nicht besitzen. Ach, welch ein armer Gewinn wäre es, wenn Sie die ganze Welt ererbten, aber Christum nicht hätten! O! brauchen Sie alle Mittel, scheuen Sie keine Mühe und setzen Sie Ihre ganze Kraft daran, daß Sie sich von allen Dingen losreißen, auf daß Sie Christum gewinnen und genießen. Forschen Sie emsig in Seinem Worte und ringen Sie emsig darnach, daß Sie den Alltags-Christen zuvorkommen, mehr arbeiten und eifriger der Seligkeit nachjagen, als diese thun. Der kalte und vorsichtige Gang in der Gottseligkeit, dieser Mittelweg der Menschen, wobei keiner dem andern auf dem Wege zum Himmel vortreten will, wird für Viele die Ursache sein, daß sie zur Nacht keine Herberge finden. Ich ermahne Sie, Christum und Seine Liebe zu suchen und befehle Sie der reichen Gnade und Barmherzigkeit unsers HErrn. In der Liebe Christi begrüße ich Ihre Frau und ich ermahne auch sie, ihre Seele fest auf Christum zu gründen; Wenige werden selig werden. Geben Sie ihr zu bedenken, welch eine Freude ihre Seele durch die Liebe Gottes in Christo genießen wird, wenn ihr Körper auf eine Zeitlang zur Ruhe gelegt sein wird, bis zum schönen Morgen der allgemeinen Auferstehung. Gnade sei mit Ihnen. Ihrer Seele wünscht ein ewiges Wohl

Aberdeen 1637.

S. R.


82. An Cassincarrie.

Geehrter Freund!

Ich habe schon zu lange gezögert, Ihnen zu schreiben. Gewiß haben Sie gelernt, Christum höher zu schätzen und Seine Liebe und Gunst dringender zu begehren, als die gewöhnlichen Christen, deren Augen durch die Schönheit dieser vergoldeten Welt verblendet sind, die allen ihren Liebhabern viel schönes verspricht, aber in der Zeit der Prüfung sich als eine Betrügerin zeigt. Ich weiß, Ihnen ist es nicht unbekannt, daß die Menschen nicht in diese Welt kommen, wie manche auf einen Markt, um zu sehen und gesehen zu werden, und dann wieder nach Hause zu gehen; Sie kamen hieher, um mit Gott zu unterhandeln und um mit Ihm in Christo über Ihrer Seelen Seligkeit eins zu werden, und um die Versöhnung mit einem erzürnten Gott zu suchen, in dem Bunde des Friedens, der in Christo für Sie geschlossen worden. Darum bitte ich Sie, theurer Freund, bei Ihrer ewigen Seligkeit, bei dem Erbarmen Gottes und bei Ihrem Erscheinen vor Christo, thun Sie dieß in wahrem Ernste und lassen Sie Ihre Seligkeit nicht etwa eine Feiertagsarbeit oder ein Nebengeschäft sein; denn die Menschen denken, dieß könne in drei Tagen auf einem Federbette abgemacht werden, wenn sie mit dem Tode zusammenkommen und die Angelegenheit ihrer Seele sei mit ein oder zwei Worten in Richtigkeit gebracht. Ach, das heißt leichtsinnig und nachlässig sein in der Angelegenheit seiner Seligkeit! Diese Welt und ihre Herrlichkeit zu suchen, ist wahrlich nur ein unnützes Neben-Geschäft, welches wir wohl versäumen können, wenn wir uns nur unserer Seligkeit versichern. Ach, wann werden doch die Menschen lernen so himmlisch gesinnt zu sein, daß sie sich freimachen und ihre Seelen losreißen von allen falschen Götzen, und daß sie Christum allein den einzigen Geliebten ihres Herzens sein lassen und daß sie ihre Lampen schmücken und zubereiten, so lange es noch Tag ist und sie noch Zeit haben! Wie bald werden die wenigen Jahre vorüber sein! und dann, wenn der Tag beendigt und dies Leben abgelaufen sein wird, was bleibt dann den Menschen von der Herrlichkeit der Welt, als Träume und Gedanken? O, selig, wer für Christum arbeitet und seiner gewiß geworden ist! Wahrlich, wenn Sie Ihn in seiner Schönheit und Herrlichkeit erblickten, so würden Sie sehen, wie Er die kostbare Perle ist, die Sie kaufen müssen, und sollten Sie auch alle Freuden der wenigen Jahre dieses Lebens daran geben. Selig, ja ewig selig ist die Seele, welche dieses Leben auf die rechte Weise mit dem künftigen ewigen Leben zu vergleichen und die wichtige Herrlichkeit des einen gegen die leichte goldene Eitelkeit des andern abzuwägen versteht. Der Tag des HErrn ist nahe und alle Menschen werden da erscheinen wie sie sind; an dem Tage wird es keine geborgten Farben geben; jetzt borgen viele Menschen sich den Glanz des Christenthums, aber wie viele nachgemachte Masken werden am Tage des HErrn verbrannt werden von dem Feuer, welches die Erde und die Werke, die darinnen sind, verbrennen wird. Und wenn gleich die Diener Christi es jetzt am schwersten haben, so möchte ich dennoch, so wahr der HErr lebt, dem ich im Geiste diene, Christi Gefängniß, Bande und Ketten nicht gegen die goldenen Ketten und die reichen Einkünfte der Menschen dieser Welt vertauschen. Gepriesen, ewig gepriesen sei Christus, für den die Heiligen Gottes die kurzen Leiden dieses Lebens erdulden!

Ich wünsche, daß Ihre Seele immer vertrauter werde mit dem hohen Werthe Christi. Gnade, Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in unserem HErrn und Meister.

Aberdeen, 1637.

S. R.


83. An Lady Cardoneß.

Gnädige Frau! Im Namen des HErrn bitte ich Sie, lassen Sie mit jedem Tage Christus Ihnen theuer und immer theurer werden; prüfen Sie, ob Sie in der Gnade Gottes wachsen und täglich einen neuen Sieg über Ihr Verderben davon tragen. Denn Reisende müssen auf ihrem Weg immer weiter vorwärts, und der Heimath näher kommen, sonst gehen sie nicht den rechten Weg, der sie zum Ziele führt. Ich bitte Sie, werden Sie nicht müde, weil Sie mit dieser Welt im Kampfe stehen und weil dieß nicht Ihre Heimath ist, die Sie anlächelt. Der allein weise Gott, der Sie kennt, will es so haben, denn Er warf ein Netz nach Ihrer Liebe aus, um Sie für sich zu gewinnen; deßhalb ertragen Sie in Geduld den Verlust von Kindern und alle die andern Lasten und Beschwerden in oder außer dem Hause. Ihr HErr sucht Sie und Sie suchen Ihn, Lassen Sie Niemanden als Ihren HErrn Jesum Ihre Liebe besitzen. Hängen Sie Ihr Herz nicht an diese Welt, die nach dem Willen Gottes nicht Ihr Theil sein sollte; denn Sie können nicht erwarten zwei Theile zu erhalten und zweimal glücklich zu sein, Sie können nicht den Himmel dort oben und auch den Himmel hier unten bekommen.

So hatten es auch Christus und alle Seine Heiligen nicht; deßhalb lassen Sie dieß Leben mit seinen Gütern fahren. Lernen Sie täglich beides, Christum in Seiner verborgenen Freundlichkeit besitzen und entbehren. Er geht und kommt, weil Seine ewige Weisheit dieß für Sie am besten hält; doch es kommt die Zeit, in welcher wir beisammen bleiben werden ewiglich. Im Himmel werden von keiner Seite Klagen gehört werden; da wird Niemand sein als Er und wir, der Bräutigam und die Braut. Versuchungen, Prüfungen, Verluste, Herzeleid, Schmerz und Tod haben dort ein Ende; und der Teufel muß da sein Amt, uns zu versuchen, niederlegen. O, selig ist die Seele, welche mit ihrer Hoffnung unverrückt auf diese Zeit hinblickt! Hier sollen wir keinen Schatz sammeln und unter dem Himmelsbogen finden wir keinen Grund, auf dem wir sicher bauen könnten. Nichts auf Erden kann unser Gewicht tragen, sondern nur Gott, und nichts kann der Grund unseres Glückes sein, außer Gott. Ich weiß, alle erschaffenen Dinge würden unter mir sinken, wenn ich mich drauf lehnen wollte; deßhalb ist es besser, auf Gott zu ruhen, als zu sinken und zu fallen; und wir schwachen Seelen müssen einen Ruheplatz haben, denn wir können nicht allein stehen. So lassen Sie uns denn weise sein, und unser eigenes Wohl erwählen, indem wir unsere Hoffnung auf den HErrn setzen.

Jeder von uns hat etwas, das er liebt; aber es ist Thorheit, wenn wir unsere schwache und geringe Liebe noch theilen; sie kann für zwei nicht ausreichen. Darum ist es das Beste, sie ganz und ungetheilt zu lassen und Christo zu geben; denn wenn wir Ihm unsere Liebe leihen und überlassen, so bekommen wir doppelte Zinsen und sind gewiß, daß das Kapital uns nicht verringert wird. So folgen Sie denn dieser liebe; werden Sie Seiner nicht müde; sondern kommen Sie, Seine Schönheit und Herrlichkeit zu schauen und an Seiner Süßigkeit Ihre Seele zu laben. Ersteigen Sie den Berg mit Freuden und ermatten Sie nicht, unsere besten Dinge hienieden haben einen Wurm in sich, alle unsere Freuden außer. Gott sind nach ihrem inneren Gehalte nur Schmerzen und Leiden. Christus, Christus allein ist es, auf dem unsere Liebe und Verlangen süß und sicher ruhen können. So gründe und befestige denn der wahre Gott des Friedens Sie in Christo. Helfen Sie einem Gefangenen mit Ihren Gebeten und flehen Sie, daß es unserem Gott gefallen wolle, mich Seine Herrlichkeit wieder in Seinem Hause erblicken zu lassen, wie Er oft gethan hat. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 1637.

S. R.


84. An William Gordon von Kenmure.

Theurer Bruder!

Ich habe lange gezögert, Ihren Brief zu beantworten, welchen ich zur rechten Zeit erhielt. Sie beklagen sich, daß Sie die Kennzeichen des lebendigen Wirkens der Gnade und Liebe in Ihrem Herzen vermissen. Betrachten Sie zu Ihrem Troste, bis Gott mehr sendet, die Stelle Hiob 1,3-14. Und was Ihre Klage über Ihre Erstorbenheit und Ihre Zweifel betrifft, so hoffe ich, Christus wird Sie auch mit Ihrer Erstorbenheit annehmen. Das Einzige, was Sünder in die heilenden Hände Christi treibt, ist eben das, worüber Sie klagen, das Gefühl des Todes und der Sünde; je mehr Schmerz, desto mehr Nachtwachen, und je größer die Krankheit, desto besser ist es. Wenn eine Seele sich zu Tode bluten will und nun Christus in aller Eile herbeigerufen wird, um die Wunde mit Seiner eignen Hand zu verbinden und zu salben, so ist das eine gute Krankheit, während dagegen so viele an einem gesunden Herzen sterben. Wir fühlen aber noch viel zu wenig von diesem Schmerz und dieser Krankheit. Ach, ich bin noch nicht so weit gekommen, um in schmerzvollem Ernste sagen zu können, HErr Jesu, großer und mächtiger Arzt, hier ist ein leidender Kranker für Dich. Aber unser Irrthum steckt darin, daß wir meinen, weil wir nicht siegen, so sei dieß ein Zeichen, daß wir keine Gnade haben; nein ich sage, wenn wir nicht kämpfen, so könnte dieß ein Zeichen sein, daß wir keine Gnade haben; allein der Mangel des Sieges ist nicht ein solches Zeichen; denn wo Feuer ist, da ist es Christi Amt, es zu unterhalten, und den Vater zu bitten, daß unser Glaube nicht aufhöre, wenn wir nur gleichzeitig ringen, kämpfen und weinen; denn das Gebet treibt den Satans-Engel, der uns mit Fäusten schlägt, nicht sogleich in die Flucht; sondern unser HErr läßt den Kampf mit ihm zu, auf daß wir unsere Kraft beweisen; Gott regiert doch den Streit. Sie thun wohl, nicht daran zu zweifeln, daß der Grundstein fest gelegt ist, sondern nur es zu untersuchen, ob dieß der Fall ist; denn es ist ein großer Unterschied zwischen dem Zweifeln und dem Untersuchen, ob wir Gnade haben; Ersteres mag Sünde sein, aber das Letzte ist gut. Heilige Furcht läßt uns untersuchen, ob kein Feind in unserem Busen steckt, der uns betrügt; und ob alles wohl verwahrt ist. Denn ich sehe viele lecke Schiffe, die schön vor dem Winde daher fahren und manche Namen-Christen, welche ihre Bekehrung auf Glauben annehmen; sie gehen in ihrer Sicherheit vorwärts und sehen nicht das eingedrungene Wasser, bis ein Sturm sie versenkt. Ein jeder hat es nöthig, zweimal des Tages und öfter sich mit der Leuchte des Herrn zu erforschen und zu untersuchen. Beten Sie für mich, daß der HErr es mir vergönne, noch einmal dieser finstern Welt eine Leuchte vorzuhalten. Gnade sei mit Ihnen.

Aberdeen, 1637.

S. R.


85. An Robert Lennox von Disdove.

Geliebter Bruder!

Ich bitte Sie im Namen unsere HErrn Jesu, machen Sie Ihre Arbeit für's ewige Leben sicher und fest. Säen Sie nicht faulen Samen; jedes Menschen Werk wird offenbaren, welchen Samen er gesäet hat. Wie Viele sehe ich, die nur auf ihr Fleisch säen. Ach, welche Erndte wird das geben, wenn der HErr Seine Sichel an diese Welt legen wird, welche weiß und reif ist zum Gericht! Ich ermahne Sie, der Heiligung nachzujagen und sich rein zu erhalten von der gegenwärtigen argen Welt. Wir haben Freude daran, unsere eigenen Träume zu erzählen und uns zu schmeicheln mit den Hoffnungen, die wir uns machen; es wäre weiser, wenn wir frei, ehrlich und strenge mit unserer eigenen Seele verführen. O, wie schwer hält es, eine Seele dahin zu bringen, alle Dinge aufzugeben, die diesseits des Todes und des Gerichtstages liegen! Wir sagen, wir verlassen diese Welt, aber unser Herz bewegt sich nicht einen Schritt von seinem Platze. Ach, ich sehe wenig himmlisch gesinnte Seelen, die nichts auf der Erde haben, als ihren Leib von Lehm, die auf und nieder gehen auf der Erde, während ihre Seele und alle ihre Kräfte im Himmel sind, wo ihre Herzen leben, sich freuen und fröhlich sind. Ach, die Seelen der Menschen haben keine Flügel, deßhalb bleiben sie Tag und Nacht in ihrem Neste und kommen Christo nicht näher. Theurer Freund! Halten Sie sich zu Christo, dem Einen, was noth ist, damit Sie Seine Süßigkeit und Freundlichkeit schmecken und nicht an der Welt Ihre Liebe vergeuden; denn an jenem Tage wird sie Ihnen nichts geben, wo nur Gottes Gnade Ihnen etwas gelten wird. Die Kreaturen sind kein Gut, wenigstens nicht ein Gut der Seele, nur die unendliche Gottheit kann unsern Hunger nach Glück stillen, in Christo nur werden unsere tiefsten Wünsche gestillt. Ach, daß wir Engelszungen hätten, um den Werth Christi Tausenden bekannt zu machen! Wie wenig sieht diese Welt von Ihm! Und wie entfernt ist sie von Seiner liebe, denn in Ihm ist so viel Schönheit und Süßigkeit, die kein geschaffenes Auge je gesehen hat! Ich wollte, alle Menschen kennten Seine Herrlichkeit und hätten Theil an Seiner unermeßlichen und unergründlichen Liebe. Stehen Sie fest in der Wahrheit Christi, welche Sie empfangen haben; lassen Sie sich nicht von dem Winde hin und hertreiben; sondern fahren Sie aus und lassen Sie Christum Ihren Anker sein. Beten Sie für mich, Seinen Gefangenen, auf daß der HErr mich zu Ihnen senden wolle, Sein Volk zu weiden. Gnade, Gnade sei mit Ihnen.

Aberdeen, 1637.

S. R.


86. An John Flemming.

Theurer Freund!

Der HErr hat mich an diesem fremden Ort besuchet; gelobt sei Sein heiliger Name! Sein Kreuz ist mir leicht und süß, und ich hoffe, Er wird auch ferner mit Seinem armen verkauften Joseph sein, der von seinen Brüdern getrennt ist. Denn Er hat Seine Tröstungen über mich fließen lassen. Meine Feinde haben wider ihren Willen nur meine Seligkeit noch vermehrt und mich den süßen Besitz Christi reichlicher erfahren lassen, als ich ihn je gekannt habe. Nur die Erinnerung an die schönen Tage, welche ich mit meinem Geliebten unter der mir anvertrauten Herde genoß, erhält mich in Niedrigkeit und verbittert meine unsichtbaren Freuden; aber es muß so sein und Er ist weise, der mich diesen Weg führt. Das, was meine Brüder und Andere in dieser Welt besitzen, kann ich leicht entbehren. Mein Glaube verläßt sich in Allem auf Gott. Keinem Sohn geschieht Unrecht, wenn sein Vater ihm nicht jährlichen Lohn zahlt, denn er soll im Hause bleiben, bis die Erbschaft getheilt werden wird. Es ist besser, wenn Gottes Kinder auf Hoffnung, als wenn sie auf Lohn leben. Ich gedenke in liebe Ihrer theuren Frau, und segne Sie beide und alle die Ihrigen im Namen des HErrn. Der Ihrige in dem HErrn.

Aberdeen, 30. September 1637.

S. R.


87. An John Gordon.

Theurer und geliebter Bruder!

Ich habe zu lange gezögert, Ihnen zu schreiben; allein eine große Zahl Briefe haben mir die Zeit geraubt. Ich preise Seinen großen Namen, dem ich im Geiste diene, daß mir Christus immer lieb und herrlich ist, selbst wenn Er zürnt und mir Kreuze auflegt; und aus dieser Welt, je mehr ich sie von beiden Seiten, von innen und außen betrachte, finde ich, kann sich nur ein Narr einen Abgott machen. O HErr, laß die Welt nicht das Nest sein, worin sich meine Hoffnungen anbauen! Wahrlich, wer irgend eine geschaffene Schönheit vergöttert, faßt nur eine Hand voll Wasser und ist dem Kinde gleich, welches seine beiden Hände nach einem Nachtschatten zusammenschlägt. Alle Dinge außer Gott, außer dem Einen, der unserer Liebe und unseres Verlangens allein werth ist, meinem HErrn Jesu Christo, sind mir jetzt nicht mehr werth, als ein Traum oder eine Fabel. Abe Welt sei Ihnen nichts und Gott sei Ihnen Alles. Mein Theurer Bruder, wahrlich, so weit Sie sich selbst und die Liebe dieser bezaubernden Welt verlassen, gerade so nahe sind Sie dem Himmel; denn diese Welt mit ihrem Gewinn und in ihrem Glanze ist nur die große berüchtigte Betrügerin, durch die alle Menschenkinder sich diese 5000 Jahre lang haben bethören lassen, und alle ihre Früchte sind nichts als Eitelkeit, Träume, goldene Einbildungen und Schatten; denn hier unter dem Himmel ist kein Ort der Ruhe für eine arme, ermüdete Seele. Ach! Er, den wir Gott nennen, Er, der Jesus Christus heißt, ist allein es werth, daß wir Ihn haben! Jede Forderung, die irgend ein Geschöpf an mich machen will, ist ungültig, nur mein HErr Jesus Christus hat ein Recht an mich. Ach, daß Er Sein Recht an mich auch geltend machen wollte; denn es ist mir ein Schmerz und ein unersetzlicher Mangel, ohne Ihn zu sein. Bruder, ich weiß, Sie sehen, daß Ihre Sanduhr ausläuft und Ihr Lebensfaden sich verkürzt, deßhalb verlieren Sie keine Zeit. Gedenken Sie meiner als eines Gefangenen des HErrn. Gnade sei mit Ihnen.

Aberdeen 1637.

S. R.


88. An den Prediger John Fergushill.

Verehrter und geliebter Bruder!

Ich muß Sie durch meine Zeilen wieder zum Schreiben antreiben, worüber Sie sich nicht wundern dürfen; denn der Kummer kann nicht schweigen, und das Kreuz gibt viel zu sagen und sprechen muß es, es sei Gutes oder Böses. Wenn mein früheres Ungemach und meine jetzt verstummten Sabbathe mir Gottes Zorn auszudrücken scheinen, so behaupte ich doch, daß dieß nur geschieht, weil Satan meinen feigen Argwohn, der vor jedem Strohhalm erschrickt, sich zu Nutze macht. Ich weiß, der Glaube ist nicht so schwach und thöricht, daß er vor jedem falschen Lärm erzittert, aber ich nehme mir diese Lehre daraus: Gesegnet sind die, welche Gott lehret, ein Kreuz recht zu brauchen, welches keine geringe Kunst ist. Ich bete zu Gott, daß ich nicht so möge von Christo verlassen werden, mein eigener Führer und mein eigener Arzt zu sein. Soll ich nicht glauben, daß mein HErr Jesus das Ihm gebührende Amt selbst übernehmen wird? Und ist nicht das Sein Amt, „uns zu trösten und alle, die niedergeschlagen sind, in aller ihrer Trübsal“ (2. Cor. 1,4.)? Ach! ich weiß, ich bin ein Thor, wenn ich irgend einen Fehler in Christi Wegen mit meiner Seele finde. Wenn ich auch nichts besitze, was ich Christo bei Seiner Erscheinung darbringen kann, so bitte ich doch Gott, daß ich im Stande sein möge, mit freudigem, festem Glauben dem Herzog meiner Seligkeit an jenem Tage die Wunden zu zeigen, die ich in Seinem Dienste erhalten habe. Wenn gleich mein Glaube nur an einem dünnen Faden hängt, so hoffe ich doch, daß dieser Faden nicht zerreißen wird; und obwohl ich meinem HErrn keine Dienste bringe, als fruchtlose Wünsche, so vertraue ich dennoch, daß auch diese um Christi willen werden angenommen werden. Ich habe nichts, womit ich mich trösten kann, als die Worte: „Wird der HErr Jemand zu Schanden werden lassen, der Seiner harret?“ Unseres Gottes Liebe ist nicht so grausam, daß Er einem armen Manne Christum und den Himmel zeigte und ihm dann um seiner Armuth willen doch nichts davon gäbe. Nein, ich weiß, Christus hat mir mein hochzeitliches Kleid gekauft, und die Erbschaft, die ich verscherzt hatte, mir erworben; das Einzige, was Sünder Christo empfiehlt, ist die Noth und der Mangel; Christi Liebe ist bereit, einem armen Sünder, der nichts Eigenes hat, ein vollkommenes Lösegeld zu geben. Wohlan alle, die ihr kein Lösegeld habt, kommet und kaufet. Jes. 55, 1.

Mein Bruder, ich sehe, daß frühere Kreuze für mich nicht hinreichend gewesen sind, deßhalb hat Christus einen frischen Stab genommen, der scheint zu meiner Seele zu reden und macht mich zittern. Mein Glaube ist jetzt oft in größerer Gefahr des Schiffbruches, wenn ich meinen Compaß verliere und auf einen Felsen geworfen werde, als meine Zuschauer, die am Ufer stehen, es ahnden; und es ist leichter, einem kranken Manne einen Rath geben, als einen Rath annehmen.

Ich habe gewartet darauf, was die Freunde in Amt und Ansehen für uns thun würden; aber wenn der HErr die Pfähle Seines Heiligthums selbst löset, so will Er auch als der alleinige Erbauer desselben anerkannt sein und deßhalb möchte ich die Hoffnung zurücknehmen, die ich auf Menschen gebaut hatte und sie ganz Christo übergeben. Jetzt ist keine Zeit, andere Götter mir zu machen und es wäre Schade, auch nur die geringste Hoffnung auf etwas außer Christo zu setzen. Glücklich wäre ich, wenn ich irgend etwas besäße, das Christus von mir haben oder annehmen möchte, aber ach, ich kann nichts für Ihn thun, als von Seiner Liebe ein paar Worte sagen, oder auf Papier etwas kritzeln. Das wäre mir ein Glück, wenn ich in Seinem Hause wäre und einen Festtag hätte, wo ich „aufmerken und hören könnte, was hernach kommt“ (Jes. 42,23.); aber ich sehe, daß die Liebe Christi an uns arbeitet, wenn wir in tiefen Wassern gehen, wo unser Fuß keinen Grund findet. Wenn ich nur in den Himmel komme, sei es auch als ein ermüdeter Wanderer auf meinen Führer gelehnt, so will ich dankbar sein, da ich in mir selbst keine Kraft habe, die Reise zu vollenden. Ach, ich habe nie geglaubt, daß es so viel Anstrengung koste, den Gipfel dieses steilen Berges zu ersteigen, wie ich jetzt erfahre. Wir können uns nicht still in den Himmel hineinstehlen in Christi Gesellschaft ohne Kampf und ohne Kreuz. Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in Christo Jesu, unserem HErrn.

Aberdeen, 1637.

S. R.


89. An William Glendinning.

Theurer Bruder!

Ihre Lage, und ob Sie ein Gefangener des HErrn sind oder nicht, ist mir unbekannt; allein, wie dem auch sei, so weiß ich, der HErr hat ein Recht an Sie und hat Ihnen ein ehrenvolles Kreuz ausgewählt. Ich wünsche Ihnen reichen Trost und Freude darin und ich kann selbst vom Kreuze Christi nur viel Gutes sagen. Ich weiß, Er will uns frei machen von diesem Lehmhause, diesem uns angebornen Gefängniß dieser Erde, die wir nur zu sehr lieben; und wahrlich, wenn Christus mich stärkt, in die Höhe zu blicken, so ist es mir eins der größten Wunder, daß die Erde und der Thon so viel Reiz haben für Seelen, die nicht aus Thon gemacht sind, und daß wir solch einen Abgott aus dieser Erde machen, daß sie unsere Liebe zu Christo schmälert. Wie schnell, wie schnell segelt unser Schiff und welch einen guten Wind hat die Zeit, uns von diesen Ufern fortzutreiben und von diesem Lande dahinsterbender, vergänglicher Dinge. Ach! unser Schiff segelt seinen geraden Weg und macht viele Meilen in einer Stunde, um uns eilend in die Ewigkeit hineinzutragen, aber unsere Herzen und Neigungen schwimmen zurück zur Gemächlichkeit, zur sündlichen Lust, zur eitlen Ehre, zum vergänglichen Reichthum; und wollen den zerbrochenen Anker auf dem allerschlechtesten Grunde in der Welt, auf diesem flüchtigen, vergänglichen Leben befestigen. Und inzwischen treibt der Lauf der Zeit und unaufhaltsam in ein anderes Leben, das Oel in unsern Lampen nimmt täglich ab und der Sand in der Uhr wird mit jedem Tag geringer. Ach, wie weise wäre es, wenn wir von der falschen Schönheit unsers Gefängnisses wegsähen und unsern Blick, unsere Sehnsucht und unser Verlangen auf die Heimath hin richteten. HErr, hole uns heim! Was mich betrifft, so habe ich, glaube ich, Ursache, mich nach einer Zuflucht im Himmel vor diesem Sturme zu sehnen. Ich sehe in diesem Leben nichts als Sünde und die bittern Früchte der Sünde; und ach, was für eine Last ist die Sünde und welch eine schreckliche Knechtschaft ist es, von dem Winke eines solchen Meisters, wie ein Leib der Sünde ist, abzuhängen! Wahrlich, wenn ich daran gedenke, so verwundere ich mich, daß Christus einen so dürren Zweig, wie ich bin, nicht verbrennt. Aber Er hat geschworen, daß die Sünde Seinen ewigen Bund nicht auflösen soll, deßhalb bleibe ich unter den Kindern wohnen und warte mit den andern, bis der HErr meine Fesseln zerbricht und diesen Leib der Sünde zerstört und die Thür dieses Käfigs von Erde öffnet, daß der Vogel ausfliege und die gefangene Seele in Freiheit gestellt werde. Unterdessen erquickt mich der geringste Genuß der Liebe Christi, und die Aussicht auf die Hochzeit mit dem Bräutigam gibt mir Geduld, mit Freuden zu warten; und wenn ich daran gedenke, so finde ich, daß Winter und Sommer, Jahre und Tage und jeder Wechsel der Zeiten mir eine Freude bereiten, indem sie diesen aufgetrennten und schwachen Faden des Lebens abkürzen und mich über meine Sünde und mein Elend hinwegtragen, um bald bei meinem Bräutigam zu sein. Lieber Bruder, beten Sie für mich, daß es dem HErrn des Weinbergs gefalle, mir die Gnade zu gewähren, Seine Gerechtigkeit wieder in der großen Gemeine zu verkündigen. Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in dem HErrn Jesu.

Aberdeen, 1637.

S. R.


90. An den Prediger Robert Blair.

Theurer Bruder!

Der Grund, warum Sie mir nicht schreiben, beunruhigt mich sehr; es demüthigt mich, daß Sie eine Meinung von mir. aussprechen, hinter der ich doch so weit zurückbleibe, denn in Wahrheit, so oft ich mein Inneres erforsche, finde ich nur Mängel in mir. Ach! wie sehr unwerth, arm und elend bin ich! Er, der mich durchschaut, wie einen Krystal, und der nicht bedarf, daß ihm Jemand etwas sage, Er weiß, daß ich rede, wie ich denke; aber lieber will ich schweigen, als daß es scheinen sollte, daß ich darin einen Ruhm suche; mein gewissester Ruhm ist, daß ich ein Erlöseter des HErrn Jesu bin. Seine Verbindung mit mir besteht darin, daß ich ein Kranker bin und Er der Arzt, dessen ich bedarf. Ach! wie hochmüthig und wie untreu bin ich gegen Christum! Er verbindet, ich mache los; Er bauet auf und ich reiße nieder; Er schaffet eine Erlösung für mich, und ich verderbe sie; ich verscherze mein Königreich und mein Erbtheil. Ich verliere, was ich empfangen, allein Christus ist mir immer nahe, um mir wieder zu geben, was ich verloren und um mich aufzurichten, wenn ich gefallen bin. Wenn ich schon im Himmel wäre und hätte meine Krone schon auf dem Haupt, so würde ich doch, wenn ich mir überlassen bliebe, noch den Himmel verlieren, ja selbst Christum, meinen HErrn, fahren lassen. O, wie schätze ich mich glücklich, ewig glücklich, daß ich kein eigenes Verdienst habe, worauf ich ein Recht an Christum gründen kann; mein einziges Verdienst vor Ihm ist, daß ich ein Geschöpf bin, welches vor Gott nichts ist und nichts vermag; ich war und bin von Versuchungen umhergetrieben, und da bedurfte ich eines Führers zum Himmel. O, was soll, was kann ich von dieser herrlichen, alles Andere weit übertreffenden Gnade Gottes sagen, von der freien Erlösung in Christo! Arm und elend, durchs Gesetz getödtet, von der Gerechtigkeit in Banden gelegt, begegnete ich dem edeln, ewig liebreichen, zärtlich gesinnten Jesu; ja, als Er zuerst mich suchte und erkannte, da erfuhr ich, wie Er es verschmähet, von einem Seiner Geschöpfe eine Bezahlung anzunehmen; und darüber möchte ich ihn preisen, daß der Himmel eine freie Gabe für alle seine Erlöseten ist; - wir haben nichts zu zahlen, als Dank. Aber wehe mir, daß ich auch hierin tief verschuldet bin! Wo Sie immer sein mögen, ich gedenke Ihrer. - Der große Hirte der Schafe, der wahre Gott des Friedens gründe und befestige Sie, bis zum Tage Seiner Erscheinung. Der Ihrige in dem alleinigen HErrn Jesu.

Aberdeen, 9. September 1637.

S. R.


91. An Lord Craighall.

Geehrter, theurer Freund!

Harren Sie Dessen, der Sein Angesicht vor dem Hause Jakob verbirgt und blicken Sie nach ihm aus. Warten Sie in Geduld auf die Rückkehr des Bräutigams, auf daß Ihre Seele lebe und sich freue über das Erbe Ihres HErrn. Bald wird Ihre Wolke verschwinden und Ihr schöner Morgen wird anbrechen. Stellen Sie sich vor (und ist es nicht so in Wahrheit?), daß Christus in diesem Augenblick zu Ihnen spräche: „Wollt ihr auch weggehen?“ Ich bekenne, daß ich selbst auch nur schwach und elend bin; als ich zuerst in das Lager Christi kam, hatte ich nichts, um in diesem Kriege zu bestehen und mich gegen diese Anläufe aufrecht zu erhalten; auch ist es jetzt wenig besser mit mir; aber seit ich Rüstung, Waffen und Stärke von meinem Feldherrn, dem Herzoge unserer Seligkeit, der durch Leiden vollendet worden, empfangen habe, so achte ich es für ein seliges Leben, für Christum zu leiden. Ich finde, daß unsere Mängel uns gerade für Christum geeignet machen, und obwohl Sie mir schreiben, daß Sie verzagten, zu einer solchen Verbindung und Gemeinschaft mit Christo zu gelangen, welches Sie aber nicht einmal denken sollten; so würde Er gewiß, wenn Sie es nur muthig und beherzt wagen wollten, sich Ihm zu übergeben, Ihnen Ihr Vermögen, Ihre Stelle und Ihre Ehre reichlich und überschwänglich ersetzen es gilt ja Seine eigene Ehre; wagen Sie es auf Christi Einladung und ich möchte Ihnen dafür einstehen, Sie werden sprechen, wie in dem 16ten Psalm V. 7. steht, „ich lobe den HErrn, der mir gerathen hat.“ Gedenken Sie, daß der HErr ein „Wehe“ über den ausspricht, durch welchen Aergernisse kommen. Dieses Wehe, welches Christus drohet, ist schwerer, als das Wehe des Gesetzes; es ist die Rache des Mittlers, und die ist für die, die erleuchtet sind, eine zwiefache Rache. Befreien Sie sich von sündlicher Angst, bei dem, was Sie rathen und beschließen; haben Sie das Rechte erkannt, so halten Sie es fest und gehen Sie nicht hin, immer wieder aufs Neue darnach zu suchen und zu fragen. Es ist leicht, das Gewissen zu zwingen, das zu glauben, was Sie gern wollen, auch wider besseres Erkennen; es ist leicht für Sie, Ihr Licht gefangen zu nehmen und Gottes Wahrheit in Ungerechtigkeit aufzuhalten; aber dieser Gefangene wird seine Bande durch brechen zu Ihrer unaussprechlichen Qual. Fürchten Sie das Ihnen gegebene Licht und stehen Sie in Ehrfurcht davor; denn es kommt von Gott.

Nun möge der Gott des Friedens, der von den Todten ausgeführet hat den großen Hirten der Schafe durch das Blut des neuen Testamentes, unsern HErrn Jesum, Sie gründen und befestigen und Ihnen Rath und Licht geben, Christo zu folgen. Ich empfehle mich Ihrem Herrn Vater, Ihrer Mutter und Ihrer Gemahlin. Gnade sei mit Ihnen.

Aberdeen, 10. August 1637.

S. R.


92. An John Carsen.

Mein geliebter, theurer Freund!

Nicht alle Menschen suchen Gott, und weit weniger noch finden Ihn, weil sie Ihn nicht recht suchen; wenn die Menschen wirklich finden wollen, was sie suchen, so müssen sie Ihn vor allen Dingen und weit über Alles suchen. Lassen Sie den Kindern ihr Feder- und Schattenspiel und gehen Sie, Ihren Geliebten zu suchen. Ihr einziger Auftrag in dieser Welt ist, Christum zu gewinnen; darum lassen Sie Christum Ihre ganze Liebe haben und theilen Sie sie nicht; es ist doch wenig genug, auch wenn wir noch mehr hätten. Der Welt und Sünde dienen bringt nur schlechten Lohn, einen Dunst statt Freude und einen Traum statt wahren Wohl's der Seele. Gehen Sie, wohin Sie wollen, Ihre Seele wird keine Ruhe finden als an Christi Herzen, darum ringen Sie nach Ihm, kommen Sie zu Ihm und ruhen Sie in dem gekreuzigten Sohne Gottes. Ich suchte Ihn und fand ihn und habe in Ihm alles, was ich wünschen und begehren kann. Er hat mich zu einem König über die Welt gemacht. Fürsten können mich nicht überwinden. O wenn Sie und Alle wüßten, welche süße Liebesverbindung zwischen Ihm und Seinem Volke ist! Gnade sei mit Ihnen. Der Ihrige in dem HErrn.

Aberdeen, 11. März 1637.

S. R.,


93. An Lady Boyd.

Gnädige Frau!

Ich hätte Ihnen schon früher geschrieben, wenn nicht die hohe Meinung, die meine Freunde von mir haben, der ich doch nichts bin, mir alle Lust zum Schreiben benommen hätte. Es ist leicht, den äußern Schein der Gottesfurcht anzunehmen, aber vor den Augen Christi zu Seinem Wohlgefallen dazustehen, ist leider! nicht so leicht. Mein HErr weiß, wie weit ich noch zurück bin; von Ihm habe ich viel Liebe erfahren, aber ich erwidere sie wenig oder gar nicht. Auf den Papiere erscheine ich den Menschen weiß und schön, aber zu Hause und in mir finde ich viele schwarze Flecken und ich erkenne es recht, wie viel Ursache ich habe, die Segel einzuziehen und mich nicht zu erheben; aber wenn auch die Vorwürfe meines Gewissens gerecht sind, so ist doch die Art des Versuchers, wie er mich damit quält, gewiß ungerecht. Mein Trost ist, das Christus auch dadurch verherrlicht wird, daß Er Seine beseligende Gnade über einen so Unwürdigen, wie ich bin, ausschüttet. Ich wünschte, alle Christen würden von der Liebe zur Gnade entbrannt, so daß wir alle einstimmten in das Lob der freien Gnade; aber wir sind zu nachlässig und träge, sie zu suchen und doch ist sie hier unser Reichthum und die Knospe unserer Herrlichkeit. Könnte ich ihren vollen Werth nur recht aussprechen! Ich war ein Knecht des Gesetzes, ich stand unter dem Gesetze und dem Fluche; doch die Gnade erlöste mich von diesem harten Herrn und ich frohlocke jetzt als einer, der durch die Gnade frei gemacht ist. Niemanden habe ich für den Himmel etwas zu zahlen, denn er ist mein Erbtheil, das ich von Christo, meinem Könige, erhalte. Die unendliche Weisheit hat diesen Weg ersehen, um Sünder frei und selig zu machen; es ist ein besserer Weg in den Himmel, als der alte zu Adams Zeit; er hat den großen Vortheil, daß keine Armuth und kein Mangel Christo Schranken setzt und die Erlösung hindert und das ist gut für mich! Unser neuer Herr schreibt die Namen der verlornen Adamskinder, der Bettler und Elenden, der Lahmen und Blinden in Seinen freien Gnadenbrief. Himmel und Engel verwundern sich, daß wir solch einen Weg, der Sünde und der Hölle zu entgehen, gefunden haben und dieser Weg, den Christus uns bereitet hat, und auf dem Er die Gefangenen führt, ist höher und herrlicher, als meine armen Gedanken begreifen und verstehen. Ich würde meine Leiden herrlich finden (und bisweilen bin ich nicht weit davon entfernt), wenn mein HErr mich mit frischen Strömen der freien Gnade erquickte; aber ich habe lange keine solche Erquickungszeit gehabt, wie früher; die See ist ruhig und der Wind Seines Geistes stille; und ich kann den Wind nicht wehen und das Meer nicht fluthen machen; ich kann nur am Ufer warten, bis der HErr die Fluth sendet, daß ich mit vollen Segeln den HErrn preise. Doch auch Sorgen über Seine Abwesenheit sind süß und Seufzer wie diese: „Habt ihr ihn nicht gesehen, den meine Seele liebt?“ haben ihren Reiz. Wie wohl wäre meiner Seele, wenn Christus ihr Element, mein eigenes Element wäre, wenn ich nur lebte und athmete in Ihm und ohne Ihn nicht leben könnte. Ich kenne keine Freude, wenn Er fort ist; doch verläßt Er mich nie, ohne ein Pfand zurückzulassen, daß Er wiederkehren will. Wehe! Wehe mir! wenn er einst ganz wegbleiben sollte; schon von Ihm zu träumen ist süß; ein Haus von sehnenden Wünschen für Seine Rückkehr zu bauen, ein Gewebe von Kummer und Sorge nach Ihm zu spinnen und zu seufzen und zu weinen, daß Er keine Zeit hat (wenn ich So reden darf), um einen armen Freund zu besuchen, schon das erfrischt die Gedanken und erquickt das Herz. Ein neblichter Thau statt des Regens kann schon das Gras grün erhalten, bis der HErr die Wolken strömen heißt und einen erquickenden Regen sendet; schon Christi Thau ist eine willkommene Botschaft vom Himmel, bis Sein Gnadenregen strömt.

Empfehlen Sie mich Ihrem lieben Sohne, der sich meiner in meinen Banden nicht schämte und freundlich gegen mich war. Ich würde mich freuen, wenn er schon frühe seine Dienste dem HErrn darbrächte und es würde ihm Segen bringen, seine erste Liebe Ihm zu weihen. Christi Stempel und Siegel gehen tief in junge Herzen, wenn sie sich dem Eindruck nicht verschließen. Der Friede Gottes, unseres Vaters, und das Wohlgefallen dessen, der im feurigen Busche wohnt, sei mit Ihnen. Im HErrn Jesus der Ihrige.

Aberdeen, 1637.

S. R.


94. An Lady Cardoneß.

Geliebte in dem HErrn!

Ich sehne mich, von Ihnen schriftlich zu hören, wie Ihre Seele gedeiht. Mein Wunsch und Verlangen ist es, zu sehen, daß Sie in der Wahrheit wandeln und zufrieden dem verachteten, aber doch herrlichen Sohne Gottes folgen. Ich empfehle Ihnen Christum zu Ihrem Gemahl und Geliebten; Er sei Ihr Trost, Ihre Freude und Erbtheil; ich kann dieses aus Erfahrung von Ihm rühmen; denn mir hat Er sich immer so erwiesen. Er hat Seine süßen Tröstungen über einen armen gedrückten Gefangenen ausströmen lassen. Er war stets meiner Seele freundlich, nie aber so als jetzt in meiner größten Noth. Er kam und hielt Abendmahl mit mir nach Seinen Verheißungen, Off. 3,20. Er besuchte meine Seele mit Seinen Liebesströmen in den durchwachten Nächten. Ich bin gewiß, daß dieß für meine Seele der Weg zum Himmel und daß es Seine Wahrheit ist, um derentwillen ich jetzt leide. Ich ermahne Sie im Namen Christi, bei der Ihnen überlieferten Wahrheit zu beharren; geben Sie Ihre Seele ganz dem HErrn hin, denn Ihre Tage neigen sich zu Ende; bleiben Sie getreu bis in den Tod, so werden Sie die Krone des Lebens empfangen. Diese Lebenszeit, von der der heilige Geist im 39sten Psalm sagt, daß sie einer Hand breit sei, wird bald nur fingerbreit und dann zu nichts werden. O wie süß und tröstlich wird Ihnen die Freude eines guten Gewissens sein, wenn nun Ihr Angesicht bleich und Ihr Athem kalt wird und die arme Seele seufzend aus den Fenstern des Lehmhauses, ihres sterbenden Körpers, blickt, um erlöst zu werden und nun die Thür des Gefängnisses geöffnet wird und die arme Gefangene ihre Freiheit erlangt. Sie sind dem großen Wasser nahe, sehen Sie sich nach einem Führer um, der Sie hinüberführt. - Bringen Sie Ihre Rechnungen in Ordnung, lassen Sie nicht die Welt Ihr Theil sein; was haben Sie mit todter Erde zu schaffen? Sie sind ein Kind Gottes, darum richten Sie Ihr Herz auf das unverwelkliche Erbe; blicken Sie vorwärts und sehen Sie Ihre künftige Besitzung an; in Ihres Vaters Hause sind viele Wohnungen. Ich weiß, Christus hat auch Ihnen schon eine bereitet, aber machen Sie sich mit dem Lande bekannt, welchem Sie zugehen und blicken Sie oft dahin. Die Menschen besehen zuvor das Land genau, wo sie sich anbauen wollen, darum richten auch Sie Ihre Blicke und Ihr Herz auf das, was droben ist, wo Christus sitzt, zur Rechten Gottes. Ermahnen Sie Ihren Gemahl, sein Vaterland zu Herzen zu nehmen und barmherzig mit dem armen Volke Gottes unter ihm umzugehen; es ist Christi Eigenthum und nicht das seinige; darum wolle er freundlich und liebevoll mit ihren Seelen verfahren. Ich bitte Sie, schreiben Sie mir bald; wenn auch meine Pfarrkinder mich vergessen sollten, so kann und werde ich sie doch nicht vergessen; sie sind meine Seufzer des Nachts und meine Thränen am Tage. Ich komme mir vor wie ein Ehemann, dem das Weib seiner Jugend genommen ist. Du Gott bist mein Zeuge, welch eine Freude es mir sein würde, wenn ich hörte, daß meine Predigt den Sohn Gottes unter ihnen zurückgelassen habe und daß sie wandeln in Christo. Versichern Sie meine Liebe Ihren Kindern; möchten sie den HErrn in ihrer Jugend suchen und den Morgen ihres Lebens Ihm weihen. Machen Sie sie mit dem Worte Gottes und mit dem Gebet immer mehr bekannt.

Beten Sie für den Gefangenen in Christo, ich vergesse Ihrer nicht. Ihr Sie liebender und rechtmäßiger Pfarrer in Christo.

Aberdeen, 6. März 1637.

S. R.


95. An Frau Stewart.

Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen. Zürnen Sie mir nicht, daß ich Ihnen so lange nicht geschrieben habe. Die Menschen halten mich für etwas, das ich nicht bin. Ich fürchte, wenn ich im Ofen geläutert würde, so bliebe wenig, was vor den Augen der Knechte Gottes Werth hätte. Mir erscheint auch das Beste, was ich gethan habe, so voller Schmutz, daß schon dieses mich verdammen würde und ich erkenne daraus recht, wie sehr wir eines Heilandes bedürfen und wäre es auch nur, um die Vergebung für die Fehler, Mängel und Schwächen des neuen Menschen zu erlangen und um uns von den feinern Sünden zu befreien und unsere geistliche Liebe von ihren Schlacken zu reinigen. Ach! wie nöthig ist's, daß Christi Blut den alten Menschen, den Sündenleib, das Bild des Satans wäscht und reinigt. Ich wünsche mir hienieden keine andere Freude, als daß mir der HErr diesen Dienst leistet, meinen Schmutz in Schönheit, meinen Tod in Leben und meine Sünde in Heiligkeit zu verwandeln. Ich sehne mich nach dem Tage, wo ich heilig sein werde! O, wie viel Flecken sind noch ungewaschen! Ewig glücklich sind die, welche einen freien Zugang zu Christo haben, daß sie durch Sein Blut und Seinen Tod die Reinigung ihrer Seelen erlangen. Ich weiß, es ist unsere Sünde, daß wir die Heiligung im Sonnenschein des Glückes und ohne alles Kreuz erlangen wollen, doch habe ich einige schwache Erfahrungen (schwach in der That nur), daß, wenn ich zu Christo auch nur durch schwere Leiden gelangen könnte, ich dennoch auch so zu Ihm gehen wollte. Ich erkenne diesen Nutzen der Leiden, daß Christus durch sie die Spreu von dem Waizen Seiner Heiligen und unsere Schlacken von Seinem Golde scheidet, so daß Sünde und Gnade so geschieden sind, daß Christus in dem Ofen der Trübsal spricht: „Dieß ist mein und das ist dein; diese Ungeduld, dieser Unglaube, dieser Widerstand sind dein; und Glaube, Geduld, Liebe, Freude, Muth sind mein.“ O, daß ich bis an meinen Tod wachen und des HErrn harren möchte! - Beten Sie für mich, Seinen Gefangenen. Die Gnade sei mit Ihnen. Im HErrn Ihr

Aberdeen 1637.

S. R.


96. An Alexander Gordon von Garloch.

Lieber Bruder!

Wenn Christus nicht unveränderlich wäre, ich könnte den Bund mit Ihm nicht halten; aber Er ist. weit, weit wie der unendliche Himmel, über die Menschen erhaben und das ist unser Glück! - Sünder können nichts thun, als Wunden machen, daß Christus sie heile, Schulden machen, daß Er sie bezahle, fallen, daß Er sie wieder aufrichte und tiefe Gruben zu ihrem Verderben graben, daß Er sie daraus befreie. Nun ich will den HErrn preisen für die freie Gnade Gottes und für das freie Lösegeld, gegeben für verlorene Seelen. Doch nur die Schuld macht mich zaghaft, zu Christo zu gehen und es scheint mir Vermessenheit, meine unreine und verdorrte Hand nach solch einem Erlöser auszustrecken. Aber es ist keine Schande noch Vermessenheit, für einen Menschen, der dem Versinken nahe ist, zum Felsen zu schwimmen, oder für eine schiffbrüchige Seele, sich auf Christum zu werfen. Je sündiger ich bin, desto mehr bedarf ich Seiner. Wir wundern uns, daß Bettler von Reicheren etwas bitten und wer ist so arm, wie wir? und wer so reich, als Er, der „Gold verkaufet, das mit Feuer durchläutert ist?“ Darum ist es unser Glück, daß wir keinen andern Weg zum Himmel haben (mag auch die Schuld uns anklagen, wie sie will) als in Demuth und Unterwürfigkeit hineinzukriechen und mit all unsern Mängeln uns dem HErrn hinzugeben. Auch dem Kreuze muß ich ein gutes Zeugniß geben. Ach! wie ist Christus es werth, daß ich meine geringen Leiden gern für Ihn ertrage! Doch, meine Seele ist jetzt leider einem Schiffe gleich, welches durch die Ebbe auf den Grund gerathen ist; sie ist so kalt und todt, daß ich nicht weiß, wie ich sie erwärmen soll. Ach, wehe, wehe mir! Ich habe einen HErrn, der meine ganze Liebe verdient, der mein Herz und meine Liebe verlangt und ich habe nichts ihm zu geben. - Lieber Bruder, je weiter Sie fortschreiten, desto mehr Schätze werden Sie in Christo finden. Himmel, Erde und Engel müssen sich über diese Liebe, Güte, Majestät und Vortrefflichkeit, die in Ihm sind, verwundern. Ich vergesse Sie nicht, beten Sie für mich. Gnade sei mit Ihnen. In dem HErrn Ihr

Aberdeen, 1637.

S. R.


97. An John Bell.

Mein sehr geliebter Freund!

Oft und viel sehe ich nach einem Briefe von Ihnen aus, aber wenn Sie nur wohl sind an Leib und Seele, so will ich weniger ängstlich sein. Ich beschwöre Sie in Jesu Namen, Ihres Vaterlandes im Himmel zu gedenken; und nun, da das Alter über Sie gekommen ist, dieß Zwielicht vor der Dunkelheit des Grabes, dieses Sinken Ihrer Sonne vor dem Eintritt der Nacht, trachten Sie ja darnach, Frieden mit Christo zu haben, bevor Sie den Fuß in das Schiff setzen und diesem Leben den Rücken zukehren. Viele täuschen sich damit, daß sie einen ehrbaren, unanstößigen Wandel geführt haben, aber der Baum, der keine gute Früchte trägt, kommt in das Feuer. Nur der wiedergeborne Mensch kann in das Reich Gottes eingehen, gemeine Ehrlichkeit bringt den Menschen nicht in's Himmelreich. Ach, daß die Menschen glauben können, sie hätten Christum gefunden, ohne daß sie in ihren Herzen je über die Sünde einen Schmerz empfunden und ohne daß ihnen die Furcht vor Gott je eine unruhige Nacht bereitet habe! Ich weiß, Gott gab Ihnen Licht und Erkenntniß Seines Willens; doch das ist nicht alles und dieß allein kann Ihnen nicht helfen. Möchte ich es doch erfahren, daß Ihre Seele wahrhaft erweckt werde und daß Sie sich in der Sache Ihrer Seligkeit nicht täuschen. Mein theurer Bruder, erforschen Sie sich selbst beim Lichte Gottes und prüfen Sie sich, ob Christus in Ihnen lebt. Die Seligkeit liegt nicht vor Jedermanns Thüre; der Gerechte wird kaum errettet; und Manche laufen wohl ebenso schnell als Sie und ich, und verlieren dennoch ihre Krone! Gott schenke mir die ewige Seligkeit! Der Mensch wähnt, es sei nur ein Schritt zum Himmel; aber wenn nur so Wenige errettet werden, nur eine Handvoll, nur ein Ueberbleibsel (remnant) (wie Gottes Wort sagt), von einer Menge, gleich dem Sand am Meer, wie soll uns das antreiben, uns aufzurütteln und unsere arme Seele zu fragen: „Wohin gehst du? wo bleibst Du zur Nacht? wo sind deine Freibriefe, wo die Urkunde der himmlischen Erbschaft?“ O sehen Sie wohl zu, daß Sie Ihre Seligkeit nicht auf schlüpfrigem Grunde bauen und denken, es sei Alles gut und so Ihre Seele verlieren. Kehren Sie der Welt den Rücken zu und schauen Sie nach Ihrem Baue und dem Grundsteine und forschen Sie nach den Zeichen, ob Christus in Ihnen lebt. Jetzt am Abend ist es Zeit, von der Tagesarbeit zu feiern und hohe Zeit, sich des Nachtquartiers zu versichern. Es handelt sich um Ihre Seligkeit und das ist ein wichtiges und ernstes Geschäft, wenn gleich Manche es leicht damit nehmen. Nun der HErr mache Sie durch Gnade tüchtig zu diesem Werke. Ihr Sie liebender Pfarrer.

Aberdeen, 1637.

S. R.


98. An Wilhelm Gordon von Robertoun.

Lieber Bruder! Gnade, Barmherzigkeit und Friede sei mit Ihnen! Je öfter ich an unsere Lage denke, desto klarer wird es mir, wie die Gefangenen, die verurtheilt sind, in ihrem Kerker ohne Licht, ohne Sonn- und Mondenschein bis an ihren Tod zu schmachten, nicht mehr, nein nicht so sehr zu beklagen sind als wir; denn sie, ihres Lebens überdrüssig, hassen ihr Gefängniß; aber wir bringen in dem unsrigen, wo wir nur wenig sehen, unsere Nächte mit der Freude an elenden Träumen zu und sehnen uns nicht nach einem besseren Leben als diesem. Wenn aber die letzte Posaune erschallen und die Stimme des Erzengels ertönen, und Gott des Hirten Gezelt von dieser vergehenden Erde hinwegnehmen wird, dann werden wir kaum einen Schatten haben von all den Träumen, an denen wir jetzt bauen. Ach, daß die scharfen und rauhen Stürme, welche uns in diesem Leben getroffen, uns noch nicht Ertödtung gelehrt und uns noch nicht der Welt haben absterben lassen! Wir kaufen uns selbst unsere Sorgen und bezahlen sie theuer, indem wir unsere Liebe, Freude, Wünsche und Hoffnungen für eine Hand voll Schnee und Eis hingeben, welche die Zeit in ein Nichts zerschmelzen wird. Ach, daß wir nicht nach der klaren Quelle gehen, sondern das vergiftete Wasser trinken, bis die Nacht kommt und dann am Morgen der Auferstehung, wie krank, ach wie krank wird dann manche Seele erwachen?

Ich kenne keine gesunde Quelle, als die eine und weiß nichts, was des Kaufens werth wäre, als den Himmel! Aber die Menschen bekennen wohl Christum und geben vor, daß Er ihr Schatz und ihr Kapital sei und inzwischen ist doch der Ruhm bei Menschen, ein guter Namen, äußeres Wohlleben und die Sommersonne des Evangeliums der Gewinn, den sie suchen, so daß, wenn die Versuchungen nahen, sie das Kapital für die Zinsen fahren lassen, und so alles verlieren. Glücklich, wer Christum allein um Sein selbst willen sucht! Ich weiß, Sie dachten schon längst Gutes von Christo in Ihren schweren und harten Prüfungen und wahrlich kein Kreuz sollte bei uns veralten. Wir sollten es nicht vergessen, wenn gleich Jahre dazwischen liegen; wir müssen ein Kreuz, das der Zeit nach alt ist, durch den Gebrauch neu machen und es so immer wieder reich an Früchten, wie im Anfang, werden lassen. Gott ist und bleibt derselbe, der er vor diesen sieben Jahren war, welcher Wechsel auch in uns vorgegangen ist. Dieß sag ich nicht, weil ich glaube, Sie hätten vergessen, was Gott gethan hat, um Ihre Liebe zu gewinnen, sondern damit Sie sich in dieser einschläfernden Zeit wach erhalten und sich erinnern, was Christus für Sie gethan hat und sich prüfen, ob Er Ihre ganze Liebe besitzt, oder ob es nicht Zeit wäre, sie Ihm hinzugeben. Ich finde an mir selbst, daß das Wasser nicht schneller durch einen Sieb läuft, als die Warnungen an unserm Gemüth vorübergleiten; denn wie manchen Ruf, den Gott an mich hat ergehen lassen, habe ich überhört und dennoch habe ich immer wieder neue Mahnungen von Ihm empfangen. Gepriesen sei Sein großer Name, daß Er meiner nicht geschont, um mich von dieser vergänglichen Welt zu erretten. Daß Gott mit Gnadenmitteln dieser Art so freigebig ist, erscheint Manchem wie eine unfreundliche Gnade; allein das Kreuz Christi ist weder eine grausame noch eine unfreundliche Gnade, sondern ein Zeichen der Liebe des Vaters. Mir wolle Gott nichts Schlimmeres senden, als das von Christo geheiligte Kreuz selbst mir verheißt, so bin ich meines Glücks und Segens gewiß. Beten Sie für mich. Versichern Sie Ihre Frau meiner Liebe in Christo. - Gnade, Gnade sei mit Ihnen. In unserem HErrn Jesu Ihr

Aberdeen, 1637.

S. R.


99. An Cardoneß den Aeltern.

Geehrter Herr!

Mich verlangt sehr, von Ihnen zu hören, wie es mit Ihrem Wachsthum am inwendigen Menschen steht; und ich wundere mich, daß Sie mir gar nicht schreiben; denn Gott ist mein Zeuge, ich vergesse und kann und darf Ihrer nicht vergessen, so wie der andern durch Christi Blut erlöseten Seelen, welche bei Ihnen sind. In meinen Nachtwachen denke ich an Sie; Sie sind meine Freude und meine Krone auf den Tag Christi; meine Seele dürstet außer dem Himmel nach nichts so sehr, als nach Ihrer aller Errettung. O, lieben Sie den Himmel, lassen Sie Ihr Herz schon ganz in demselben wohnen; auf! auf! und besuchen Sie das neue Land und betrachten Sie die schöne Stadt, den „großen weißen Stuhl“ und das Lamm, das darauf sitzt. Es ist Zeit, Ihre Seele und alle Ihre Lasten auf Christum zu werfen! - Ich beschwöre Sie bei den Wunden Ihres Erlösers, bei Ihrem Erscheinen vor ihm und bei Ihrer Seelen Seligkeit, verlieren Sie keine Zeit mehr. Gott hat geschworen bei sich selber daß „keine Zeit mehr sein solle.“ - Sie stehen jetzt am Rande des andern Lebens und Sie können sich nicht entschuldigen, daß Sie nicht gewarnt worden seien. Ich habe Ihnen die Wahrheit, die in Christo. ist, gepredigt und habe Ihnen den ganzen Rathschluß Gottes geoffenbart; ich habe für Sie vor dem HErrn gestanden und werde es ferner thun. Wachen Sie auf, wachen Sie auf, um in Gerechtigkeit zu wandeln. Der HErr ist mein Zeuge, daß ich aus meines Herzens Grunde Ihnen schreibe: ich habe in den 9 Jahren meines Predigtamtes nicht so viel von der Liebe Christi gelernt, als Er mich jetzt in den 6 Monaten meiner Gefangenschaft in Aberdeen gelehrt hat. Er hat mich jetzt besser, als je zuvor erkennen lassen, was es heißt, der Welt gekreuzigt sein. Ich vertausche nicht meine Seufzer gegen das Lachen meiner Feinde, denn Er hat meine Leiden mit den Tröstungen des hl. Geistes in meiner Seele versiegelt. Nun habe ich auf Erden keinen Trost, als daß ich in meiner Gemeinde dem HErrn eine Braut geworben habe, die ich ihm zuführen werde. Der HErr hat Ihnen viel gegeben, darum wird Er auch viel von Ihnen fordern, zählen Sie Ihre Pfunde und sehen Sie zu, was Sie ihm wiederzugeben haben. Sie können sich die Zeit nie kurz genug vorstellen. Ich fordere Sie auf, mir zu schreiben und in der Furcht Gottes mir offen zu sagen, ob Sie Ihrer Seligkeit gewiß sind? Ich hoffe das Beste und bin dessen voll Zuversicht; aber ich weiß, daß Sie mit Ihrem Richter Vieles und Schweres abzurechnen haben. Darum betrügen Sie sich nicht selber, vernachlässigen Sie nicht das Eine, was Noth thut: „Das gute Theil, welches nicht von Ihnen genommen werden soll.“ Schauen Sie nach jenseits! Irdisches Gut ist wie Mondschein; und recht kindisch sind die Thoren, die nach Schatten haschen und hinter Federn laufen, die in der Luft flattern. - Halten Sie Ihre Kinder an, schon am Morgen ihres Lebens den HErrn zu suchen: „Daß sie ihres Schöpfers gedenken in den Tagen ihrer Jugend;“ und „ihren Weg unsträflich gehen, indem sie sich halten nach Seinem Wort!“ Jugend ist zerbrechlich wie Glas. Satan findet nur zu oft bei der Jugend „die Stuben mit Besen gekehrt und geschmücket für sich und seine Gesellen.“ Lassen Sie den HErrn die Blüthe Ihrer Jugend pflücken; das beste Opfer gehört Ihm. Lehren Sie Ihre Kinder bedenken, daß sie eine Seele haben und daß dieß Leben nichts ist im Vergleich mit der Ewigkeit; sie bedürfen Gottes Hülfe und Rath in dieser Welt, um bei den Felsen vorüberzukommen, an denen die Meisten scheitern, besonders aber bedürfen sie Sein, wenn es zur Todesstunde kommt, und zum Erscheinen vor Christo. Ach, daß sie ein solches Herz hätten, Gottes großen und schrecklichen Namen zu fürchten, der denen, die Ihn lieben und fürchten, so große Verheißungen gegeben! Ich bete, daß Gott ihr Theil werde. Wandeln Sie in der Liebe und in Gerechtigkeit, suchen Sie Frieden und harren Sie der Zukunft Ihres HErrn und Richters. Gehen Sie vorwärts den Berg hinauf, Ihrem Gotte zu begegnen! Auf! der Heiland ruft! Es kann sein, daß Gott Sie zur ewigen Ruhe abrufen wird, wenn ich ferne von Ihnen bin, aber mein Herz ist voll Liebe und voll Wünsche für das Heil Ihrer Seele. Der allein Heilige möge Sie bewahren vor dem Fallen und Sie aufrecht halten, bis Er in Seiner Herrlichkeit erscheinen wird. Ihr Sie liebender Prediger.

Aberdeen 1637.

S. R.


100. An Cardoneß den Jüngern.

Sehr geehrter Freund!

Es verlangt mich zu hören, ob Ihre Seele wahrhaft mit Christo vereinigt ist oder nicht? Verschwenden Sie Ihre Zeit nicht länger und fliehen Sie die Lüste der Jugend! Begürten Sie die Lenden Ihres Gemüthes und seien Sie bereit dem HErrn - entgegen zu gehen. Ich habe Ihnen oft zugerufen, ich rufe Ihnen heute aufs Neue zu: halten Sie Rechnung über Ihr Leben; jetzt da Sie noch Zeit haben, überdenken und betrachten Sie Ihre vorigen Wege. Ach, daß solch ein Herz in Ihnen wäre, welches bedächte, was die Anklagen des Gewissens am Rande der Ewigkeit Ihnen sein werden! Dann können zehntausend mal tausend Thränenströme jene Flammen nicht auslöschen, noch Ihnen eine Stunde Erlösung von der Pein erkaufen! - Welch einen lieblichen Tag haben Sie gehabt! Doch, je lieblicher, desto schneller entflieht er; überlegen Sie aber, wie Sie ihn benutzt haben. Betrachten Sie die Nothwendigkeit der Erlösung und sagen Sie mir in der Furcht Gottes, ob Sie der Ihrigen gewiß sind? Ich weiß, Ihr Gewissen hat Ihnen etwas zu sagen; warum wollen Sie denn sterben und sich selbst zu Grunde richten? Im Namen Christi fordere ich Sie auf, wecken Sie Ihr Gewissen bei Zeiten auf, so lange die Erlösung Ihnen noch angeboten wird, „Jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils“. Lassen Sie mich Sie nochmals beschwören, an diesem Ihrem Tag nach dem zu trachten, was zu Ihrem Frieden dient, bevor es Ihren Augen verborgen ist. Theurer Bruder, erfüllen Sie meine Freude und suchen Sie den HErrn, weil er zu finden ist; verlassen Sie die Thorheiten der eiteln Jugend und trachten Sie mit allem Ernst nach dem ewigen Leben. Das schwelgerische Leben, die Entweihung des Sabbaths, die Vernachlässigung des Gebets in Ihrem Hause und das Versäumen der angebotenen Gnade werden Ihre Seele mit den Schrecken des Allmächtigen erfüllen, wenn endlich Ihr Gewissen Sie ins Angesicht schlagen wird. Seien Sie freundlich liebevoll gegen Ihre Frau, machen Sie es sich zur Pflicht, ihr Liebe zu beweisen und nicht hart gegen sie zu sein. Ich habe keine Worte um die Herrlichkeit zu beschreiben, welche Ihnen in Ihres Vaters Hause bereitet ist, wenn Sie Ihren Wandel ändern und Ihr Herz dem HErrn hingeben. Sie wissen ja, diese Welt ist nur ein Schatten und die ihr zugemessenen Jahre vergehen schnell; wenn Sie nach fünfzig Jahren zurückschauen, so werden Sie über die vergänglichen Eitelkeiten lachen, welche den in der Luft flatternden Federn gleichen und den Sandhäusern, welche Kinder sich am Meeresufer bauen. Buhlen Sie nicht länger um diese eitle Welt; sondern trachten Sie nach einem Kindeserbtheil im Himmel. Versuchen Sie es mit Christo, schauen Sie auf Ihn, und Seine Liebe wird Sie so umwandeln, daß Sie ganz von Ihm hingenommen und nimmer daran denken werden, ihn zu verlassen. Nichts kann Sie in der That zu einem Christen machen, als das Schmecken der Liebe Christi: „Komm und siehe.“ Dies ist der beste Rath für Ihre Seele. Lassen Sie sich dadurch, daß Sie Ihren Entschlüssen untreu geworden, nicht muthlos machen, sondern fangen Sie wieder von vorne an. Benutzen Sie gewissenhaft jedes Mittel, weiter zu kommen, beten Sie mit den Ihrigen, lesen Sie das Wort Gottes, erinnern Sie sich daran, wie des HErrn Tag zugebracht wurde, als ich bei Ihnen war. Wie wollen Sie es vor Gott verantworten, wenn Sie das Gute vergessen, was früher am Sonntage in Ihren Mauern gethan wurde und Sie nun dem bösen Beispiel der Welt folgend, den öffentlichen Gottesdienst nicht besuchen, oder davon gehen, bevor er geendet? Geben Sie Gott etwas von Ihrer Zeit am Morgen, Nachmittag und Abend und erfreuen Sie dadurch das Herz eines armen Gefangenen. „Der Gott aber des Friedens, der von den Todten ausgeführet hat den großen Hirten der Schafe, durch das Blut des ewigen Testamentes, der stärke Ihr Herz mit Seiner Gnade, zu stehen vor Seinem Angesicht mit Freuden.“ Ihr Sie liebender Prediger.

Aberdeen, 1637.

S. R.


101. An Carlstoun.

Sehr geehrter Freund!

Aus Ihrem Stillschweigen möchte ich nicht schließen, daß Sie mich ganz vergessen haben; doch, wie dem auch sei, ich habe einen dort oben, der mich nie vergißt; ach möchte Er Seine Freundlichkeit mir immer mehr zeigen! Es hat Ihm gefallen, mich von der Kanzel herab zu stoßen, um mich in der Verbannung und im Gefängnisse Geheimnisse zu lehren, welche mir früher fremd waren.

1) Er hat mir Seine unendliche Gnade und Liebe gezeigt und das Sündige meiner Sorgen, welche so thöricht als unbändig mich beim Eintritt in diesen Gluthofen ergriffen. Ich war nahe daran, den Boden unter meinen Füßen zu verlieren, ich zweifelte, ob es Christus wäre oder nicht, denn der Nebel, der aus meinem beunruhigten Herzen emporstieg, ließ mich meinen HErrn Jesum verkennen; mein Glaube war schwach, meine Hoffnung kalt und erfroren, meine Liebe hatte einige Wärme und Rauch, aber gar keine Flamme; ich wähnte, alles verloren zu haben und der Versucher setzte mir hart zu. Ach, bis dahin kannte ich noch nicht die Gnade meines Mittlers und Fürsprechers, der mich vertritt und mir solche Thorheiten vergibt. Jetzt ist Er meiner Seele wieder nahe getreten, mit „Heil unter Seinen Flügeln“; und was fehlt mir nun auf Erden? Er hat die Schmerzen, die ich im Warten auf Ihn empfunden, durch Seine Gegenwart mehr als reichlich versüßt.

2) Ich bin jetzt zu einiger Ergebung gekommen und bin entschlossen, zu warten, bis ich sehe, was mein HErr mit mir thun will; ich darf mich nicht erkühnen, ein Wort gegen Seine allwissende und wachende Vorsehung zu reden. Einem Narren gleich hatte ich mir eine Vorsehung nach meinem Gefallen geschnitzt, ich dachte, in meinem Neste zu sterben, sanft zu schlafen, bis mein Haar erbleicht und an der Sonnenseite des Berges in meinem Amte zu Anwoth zu ruhen; doch ich klage nicht, obwohl ich nun in Kedars Zelten wohnen muß, entfernt von allen Freunden und Bekannten und von allen die mich liebten. Ich sehe, Gott dreht die Welt, wie der Töpfer den Topf auf der Scheibe; ich wage nicht, die Wege der Vorsehung zu tadeln, sondern 'spreche: „Gott hat's gethan.“

3) Ich habe gelernt, der Welt mehr abzusterben. Wozu sollte ich wohl niederfallen und den großen Götzen der Menschen, die Welt, anbeten? Ich weiß, sie ist nicht meine Heimath, noch meines Vaters Haus; ich trachte nicht nach Ehren, Reichthum und Erbschaft hier unten; nein! zum Lachen spreche ich: „Du bist toll!“

4) Ich finde es sehr wahr, daß die größte Versuchung ist, ohne Versuchung zu leben. Stehendes Wasser verdirbt; Gnade ohne Anfechtung verwelkt.

5) Ich wußte nie, so wie jetzt, wie schwach ich bin, wenn Er sich verbirgt und wenn ich Ihn siebenmal des Tages suchen muß. Das Andenken an meine alten Sünden ist mir gleichsam eine Mahnung an den Tod; und nun hat das Schicksal meines Bruders mein Herz ganz zerschlagen; wenn meine Wunden kaum sich schließen, so fangen sie nach einem leichten Stoß wieder an zu bluten. Sie sehen, wie leicht ich zu kurz kommen würde, wenn Seine Gnade nicht für Alles ausreichte. Der Segen eines Gefangenen sei mit Ihnen. Im HErrn Jesu Ihr

Aberdeen, 14. Mai 1637.

S. R.

1)
Jes. 49, 5. Nach der englischen Uebersetzung
2)
Psalm 78,34.37.
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