Roos, M. Magnus Friedrich - Christliches Hausbuch - Juli
1. Juli. Morgen-Andacht.
Der HErr ist mein Heil.
2 Mos. 15,2.
Dem Volk Israel widerfuhr ein großes Heil, da es aus der harten ägyptischen Dienstbarkeit erlöset, und von der Gewalt des nachsetzenden Königs Pharao durch seinen und seines Heeres Untergang im Schilfmeer befreit wurde. Hernach sang es ein Lied, und sagte in demselben unter Anderen: der HErr ist mein Heil. Aus der Hülfe, die ihm kurz vorher in Ansehung der Aegypter widerfahren war, wurde also die allgemeine Wahrheit hergeleitet: der HErr ist mein Heil. So haben Debora und Barak bei der Niederlage des Sissera und seines Heeres gesungen: also müssen umkommen, HErr, alle Deine Feinde! die Ihn aber lieb haben, müssen sein, wie die Sonne aufgehet in ihrer Macht, Richt. 5,31. Auf gleiche Weise haben Hanna, die Mutter Samuels, Maria, die Mutter Jesu, wie auch David und Andere in dem Lob, welches sie Gott wegen besonderer Gnadenerweisungen gegeben haben, immer auch allgemeine Wahrheiten vorgetragen, und Ihn so gepriesen, wie Er als Jehovah immer ist, und Sich immer beweist. Diese Weise sollen wir auch lernen. Das Werk, welches Gott da und dorten thut, ist in eine gewisse Zeit eingeschränkt: was Er gebauet hat, bricht Er wieder ab, was Er gepflanzt hat, reutet Er wieder aus (Jer. 45,4.). Er aber bleibet, wie Er ist, und ist immer das Heil Seines Volks: denn Seine Güte währet ewiglich, Ps. 136,11-14. Alle Werke Gottes sind thätige Offenbarungen Seiner ewigen Güte, Weisheit und Gerechtigkeit, und beweisen, daß Er das Heil Seines Volks und ein verzehrendes Feuer für Seine Feinde sei.
Bei den Worten: der HErr ist mein Heil denke ich billig an Christum den Heiland der Welt, von dem gesagt ist, es sei in keinem Andern Heil und auch kein anderer Name den Menschen gegeben, dadurch sie von dem Uebel errettet und selig gemacht werden sollen, als Sein Name. Er war noch nicht Mensch worden, und hatte die Erlösung der Menschen noch nicht ausgeführt, als Israel aus Aegypten zog: doch war der HErr, dem alle Seine Werke von Anbeginn bewußt sind, schon damals um Seinetwillen das Heil Israels. Auch alles übrige Gute, das den Menschen widerfährt, hat man Ihm zu danken; denn der Fluch des Gesetzes, der auf den Menschen lag, hätte allen Segen gehindert, wenn Er nicht ihr Stellvertreter, Erlöser und Fürsprecher, ja ein Fluch für sie worden wäre. Das Volk Israel bestand nicht aus lauter Gerechten, und doch wurde das ganze Volk aus Aegypten und durch’s Schilfmeer geführt: also besteht jetzt das Christenvolk und das ganze menschliche Geschlecht meistens aus Ungläubigen, allein es widerfährt allen Menschen Heil um Christi willen, daß sie nämlich durch leibliche Wohlthaten gesegnet, und zum Reich Gottes berufen werden. Bei dem Beruf scheiden sie sich freilich in zwei Haufen, und nur der eine Haufe, der aus Gläubigen und Gerechten besteht, wird so glücklich, daß der HErr im völligsten Verstand sein ewiges Heil sein, und ihm Seine Güte zur Sättigung aller Begierden erzeigen kann. Der HErr sei auch mein und der Meinigen ewiges und völliges Heil, und bringe uns dahin, wo wir Ihn als den Urheber des Heils fröhlich preisen und ausrufen können: Heil sei Dem, oder für das Heil sei Demjenigen gedankt, der auf dem Thron sitzt, unserem Gott und dem Lamm!
Mel.: Meinen Jesum ich erwähle.
1.
Von Erlösung will ich singen,
Die Erlösung ist recht groß:
Bin ich nicht von Teufelsschlingen
Und von Todesbanden los?
Ich sing’ auch in meinem Theil:
Gott mein Heil!
Deine Wohlthat rühme ich;
Die Erlösung freuet mich.
2.
O wie theu’r bin ich erworben!
Blut war mein Erlösungsgeld,
Der Erlöser ist gestorben
Auch für mich, wie für die Welt;
Und ich sing’ in meinem Theil:
Gott mein Heil!
Jesu, nimm für Gnade Ruhm,
Denn ich bin Dein Eigenthum.
3.
Gottes Geist ist selbst das Siegel,
Daß ich theu’r erlöset bin,
Und mein Glaube schwingt die Flügel
Schon nach jenem Leben hin;
Dort sing’ ich in meinem Theil:
Gott mein Heil!
All’ mein Gutes ist von Dir,
Ewig sei Dir Dank dafür!
1. Juli. Abend-Andacht.
Wer sich rühmen will, der rühme sich des HErrn.
1 Kor. 1,31.
Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit, ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke, ein Reicher rühme sich nicht seines Reichthums, wer sich aber rühmen will, der rühme ich des HErrn. Wie soll man sich aber des HErrn rühmen? So daß man sich rühme, man wisse und kenne Ihn, wie es Jer. 9,23.24. ausgedrückt ist. Aber auch dieses Wissen und Kennen muß man nicht für etwas Eigenes halten, oder sich selbst zuschreiben, denn es soll sich vor dem HErrn überhaupt kein Fleisch rühmen, 1 Kor. 1,29., folglich ist auch die Erkenntniß Jesu Seine Gnadengabe. Man erkennt Ihn in Seinem eigenen Licht, wenn Er sich durch das Evangelium der Seele offenbart.
Wenn also ich als ein Mensch mich rühmen will, so kann ich mich mit allen Menschen rühmen, daß wir einen Heiland haben. Dieser ist die Ehre und das Glück des ganzen menschlichen Geschlechts. Der abgefallenen Engel hat Er sich nicht angenommen, aber unserer hat Er sich angenommen, und durch Seinen Tod uns mit Gott versöhnet. Gelobet sei Sein herrlicher Name ewiglich! Ich könnte mich aber Seiner nicht rühmen, wenn ich Ihn nicht wüßte und kennete: Er hat Sich aber den Menschen durch das Evangelium, dessen Schall in alle Länder ausgegangen ist, kund gethan, und offenbart sich auch in ihren Herzen durch dasselbe, wenn der Tröster, der Heilige Geist, sie erleuchtet. Welch’ eine Seligkeit ist’s aber, wenn man sich des HErrn Jesu rühmen kann! Wenn ich mich Seiner rühme, so werde ich nicht zu Schanden. Aller andere Ruhm ist eitel. Die Weisheit, außer Seiner Erkenntniß, oder außer dem Glauben an Ihn, wenn sie auch unter den Menschen einigermaßen brauchbar gewesen, ist unbrauchbar im Sterben; das Alter schwächt die Stärke meines Leibes, und der Tod schlägt sie ganz darnieder; die Stärke meiner Seele aber wird, wenn ich nicht in Christo erfunden werde, durch die Anklage meiner im Gericht Gottes, wogegen ich nicht bestehen kann, zernichtet werden. Was aber den Reichthum anbelangt, so kann er bei Leibesleben des Reichen zerrinnen, und wird ihm wenigstens im Sterben nicht nachfahren. Aber die Nachwelt wird mich vielleicht noch als einen Weisen, Starken und Reichen rühmen. Gesetzt auch, es geschähe, wiewohl sich Viele fälschlich auf einen solchen Nachruhm Rechnung machen: was werde ich für Kraft und Trost in der Geisterwelt davon haben? Und wird wohl Gottes Urtheil diesen Nachruhm bestätigen? Wenn ich mich aber allein meines HErrn Jesu rühme, so rühme ich mich eines HErrn, der mich nie verlassen, überschwänglich segnen, zur Gemeinschaft Seiner Herrlichkeit erhöhen, und aus einer unbegreiflichen Liebe, deßwegen, weil ich mich von Ihm habe lieben und regieren lassen, am Tage Seiner herrlichen Erscheinung loben wird. Ich aber werde, wenn ich Ihn sehen, und vor Seinem und Seines Vaters Thron stehen werde, Ihm mit den heiligen Engeln Kraft und Reichthum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob (Offenb. Joh. 5,12.), folglich alles Gute zuschreiben, und mich alsdann nur dessen rühmen, daß das Lamm auf dem Thron auch mein Heiland und HErr, und Gott mein Gott sei.
Mel.: Wer nur den lieben Gott läßt walten.
1.
Wer kann sich seines Gottes rühmen,
Als der, den Gott gerecht geacht’t?
Denn welchem Menschen mag es ziemen,
Daß er sich zum Gerechten macht?
Und wen ein Andrer selig spricht,
Der ist’s nach Gottes Urtheil nicht.
2.
Gott, der gerecht ist, macht Gerechte,
Und macht sie nur in Seinem Sohn;
Und dem begnadigten Geschlechte
Entsteht ein größ’rer Ruhm hievon,
Als wenn es von der ganzen Welt
Und von sich selber Ruhm erhält.
3.
Rühmt Werke; aber ich weiß keine,
Die ich dem Richter rühmen kann;
Mein ganzer Ruhm sei der alleine:
Mein Heiland nahm mich Sünder an.
Dieß Eine rühm’ ich vor Gericht,
So stürzt mich eig’ner Hochmuth nicht.
4.
Ich will allein auf dieses sterben,
Ich sei gerecht durch Christi Blut;
Sein Testament macht mich zum Erben,
Sein Geist gibt mir zum Rühmen Muth;
Spricht der mir vor, so rede ich,
Des Gottes Christi rühm’ ich mich.
5.
Erhalte mich, o Gott der Gnaden,
Bis an mein End’ in diesem Sinn,
Daß ich, wenn mir der Tod will schaden,
Doch heil von seinem Stachel bin;
Fällt er mich an, so sag’ ich ihm,
Daß ich mich meines Gottes rühm’!
2. Juli. Morgen-Andacht.
Und sie nöthigten Ihn, und sprachen: bleibe bei uns.
Luk. 24,29.
Als der Sohn Gottes dem Jakob auf seiner Rückkehr in’s Land Canaan in der Gestalt eines Mannes erschien, so stellte Er sich, als ob Er dessen Feind sei, und ihn tödten wolle. Es gefiel Ihm aber, daß Jakob nicht nur mit der Anstrengung seiner Leibeskräfte, sondern auch noch vielmehr mit seinem Glauben, Gebet und Thränen kämpfte, und Er sagte hernach: du hast mit Gott und Menschen gerungen, und bist obgelegen, s. 1 Mos. 32,34. u. ff. Hos. 12,4.5. Als der HErr Jesus von dem cananäischen Weibe gebeten wurde, ihrer Tochter zu helfen, so stellte Er sich, als ob Er ihrer nicht achtete, ja als ob Er ihr dieselbe Bitte abschlagen wollte: Er hatte aber ein Wohlgefallen an dem demüthigen und glaubigen Anhalten dieses Weibes, und lobte bei der Gewährung ihrer bitte ihren großen Glauben, Matth. 15,28. Als Er nach Seiner Auferstehung mit zween Jüngern, die Ihn nicht kannten, von Seinem Gespräch aber brennende Herzen bekommen hatten, bis in den Flecken Emmaus hineingegangen war, so stellte Er Sich, als wollte Er fürder gehen: sie nöthigten Ihn aber und sprachen: bleibe bei uns, denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneiget; Er aber ließ sich diesen drängenden Zuspruch, wodurch sie gleichsam Gewalt anlegten, gefallen, ging hinein, blieb bei ihnen, offenbarte sich ihnen bei dem Brodbrechen, welches sie Ihm als dem Gast Ehrenhalber überließen, und verschwand. Bei diesen Fällen hatte der Sohn Gottes die Menschen schon so angefaßt, daß Er gewiß sein konnte, Sein Bezeugen, wodurch Er sie auf die Probe setzte, werde ihnen nichts schaden, und sie werden die Probe gut ablegen. Er ließ Sich auch von ihnen gern nöthigen, und gleichsam überwältigen, und hatte Seine Freude daran. Die Weisheit spielte hier auf dem Erdboden, wie Salomo Spr. 8,31. sagt, und hatte ihre Lust bei den Menschenkindern.
Wenn nun der HErr Jesus auch heut zu Tag unsere Seelen, die nach Ihm hungern und dürsten, eine Zeit lang schmachten, trauern, und in der Finsterniß dahin gehen läßt, so wollen wir an das Beispiel Jakobs, des cananäischen Weibes und der emmauntischen Jünger gedenken. Anhalten sollen wir und ausharren. Wenn auch unser Gebet nach und nach heftiger wird, so ist’s Ihm nicht mißfällig, wenn wir nur dabei in die Demuth des cananäischen Weibes herabsinken, und Alles als Gnade begehren. Im Hohenlied Salomo’s sucht die Sulamith den göttlichen Salomo dreimal, weil Er Sich ihr entzogen hatte, und dreimal findet sie Ihn nach einem anhaltenden Suchen, und jedesmal mit neuer Freude und geistlichem Gewinn. Die Seele wird durch diese Uebungen geläutert, die Liebe brünstiger, die Vorsichtigkeit in der Bewahrung der Gnade größer, und die Heiligung durchaus völliger. Lasset uns also die Weise des HErrn Jesu verstehen lernen. Er stellt Sich, als wollte Er gehen, und bleibet doch. Er verbirgt Sein Antlitz, und hat es doch zu uns gewandt: Er läßt uns etwas Weniges von der Verlassung empfinden, die Er am Kreuz erduldet hat, und ist uns doch heimlich nahe, und unterstützt uns. Wohl dem, dessen Seele dabei durch die Gnade fest ist, Glauben hält, und ruhig harret, bis der HErr Sein Werk zu Seiner Ehre ausgeführt hat! Am Abend unsers Lebens soll ein Tag anbrechen, auf den kein Abend mehr folgen wird. Alsdann werden auch die Abwechslungen der Heiterkeit und Traurigkeit, der Freude und des Leids bei den Gerechten aufhören.
Mel.: Der lieben Sonne Licht und Pracht.
1.
Der Heiland geht gern zu uns ein,
Weil Ihn die Liebe treibet;
Doch will Er auch genöthigt sein,
Damit Er bei uns bleibet.
Zeig’ Ihm ein brennend Herz,
Entdeck’ Ihm, was dich schmerz’,
Und fleh’ und nöthige den HErrn,
Er willigt ein und bleibet gern.
2.
Ja, HErr, die Füße fass’ ich Dir,
Und lasse Dich nicht gehen;
Ich halt’ Dir Deine Liebe für,
Und Du erhörst mein Flehen;
Du selbst hast angezünd’t,
Was ich in mir empfind’;
Dein Liebeszug kam erst an mich,
Nun liebt und zieht mein Glaube Dich.
3.
Mein Herz dankt voll Zufriedenheit,
Daß sich mein HErr bequemet,
Es rühmt des Heilands Freundlichkeit,
Der meiner Sich nicht schämet.
Ihr Seelen, freuet euch:
Der Ehre ist nichts gleich.
Hier kehret Jesus bei uns ein,
Dort sollen wir bei Jesus sein.
2. Juli. Abend-Andacht.
Geduld bringet Erfahrung.
Röm. 5,4.
Paulus redet Röm. 5. von einem dreifachen Rühmen derer, die gerechtfertiget sind. Wir rühmen uns, sagt er, der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben soll, wir rühmen uns der Trübsale, und: wir rühmen uns Gottes. Der Trübsale, spricht er, rühmen wir uns, weil wir wissen, daß Trübsal Geduld bringet, Geduld bringet Erfahrung, Erfahrung oder Bewährung, Bewährung aber bringt Hoffnung, Hoffnung aber läßt nicht zu Schanden werden. Die Bewährung setzt eine Probe voraus. Wer eine Probe gut ablegt, ist bewährt. So lange nach der Bekehrung Alles leicht hergeht, und die Seele fröhlich sein kann, ist sie nicht bewährt. Wenn aber innerliche und äußerliche Trübsale einbrechen, so wird der Mensch bewährt, das ist, er hat Gelegenheit, eine gute Probe abzulegen, und legt sie dadurch ab, daß er die Trübsale mit Geduld erträgt, und wie Assaph Ps. 73,23. zu seinem Gott sagt: dennoch bleibe ich stets an Dir; folglich nicht von denen ist, die da weichen, sondern von denen, die da glauben und ihre Seele retten. Er wird alsdann von seiner unordentlichen Eigenliebe und Weltliebe mehr gereiniget, wie das Gold im Feuer von seinen Schlacken, das Licht und Leben in ihm wird vermehrt, und er bekommt zugleich ein beruhigendes gutes Zeugniß in seinem Gewissen, woraus hernach eine Hoffnung erwächst, die nicht zu Schanden werden läßt. Wer sollte also nicht gern die Züchtigung des HErrn erdulden? Wer sollte nicht gern auf dem Weg der Trübsal dem HErrn Jesu nachfolgen, da eine so edle Frucht auf diesem Wege zu finden ist? Man sage einem gutwilligen Menschen, so viel man will: er wird doch ohne Erduldung der Trübsal viele Stücke der seligmachenden Wahrheit nicht fassen, und ohne dieselbe viele geistliche Empfindungen und Erfahrungen nicht bekommen. Sein Christenthum wird ohne sein Wissen noch allerhand Unlauterkeit in sich haben, und die guten Tage werden seine Seele hindern, daß sie sich nicht recht zu Gott halten kann. Ich gebe mich also Dir, mein Gott, hin, daß Du mich nach Deinem Rath leitest, endlich aber mit Ehren annehmest. Lasse über mich kommen, was mir heilsam und nöthig ist: nur stehe mir durch Deinen Geist bei, daß ich Glauben halten, und im Glauben Geduld beweisen könne bis an mein Ende. Wenn durch die Trübsal zuerst nur meine Schwachheit, mein Unwille, meine Ungeduld, mein Anhangen an den Geschöpfen, und meine ganze verborgene Unreinigkeit entdeckt wird, so ist auch dieses ein großer Vortheil für mich: Du, o Gott, wirst’s alsdann nach Deiner großen Treue nicht dabei bewenden lassen, sondern meine Seele auch durch das Blut Deines Sohnes reinigen, aus Nichts bei mir Etwas machen, und mich ausrüsten und stärken, daß ich mich im Fortgang der Leiden immer besser beweisen könne. Meine letzte Krankheit sei mein letzter heilsamer Tiegel, aus dem Du meine Seele als ein geläutertes Gold im rechten Augenblick herausnehmen wirst.
Mel.: HErr Jesu, Gnadensonne.
1.
Ihr Pilgrime auf Erden,
Wenn Trübsal auf uns dringt,
Laßt uns nicht müde werden,
Bis uns der Lauf gelingt.
Das Wort dient zur Bewahrung:
Daß die Geduld Erfahrung,
Erfahrung Hoffnung bringt.
2.
O was erfährt ein Streiter
In Zeiten der Geduld!
Gott zeigt uns immer weiter
Den Nachlaß uns’rer Schuld,
Die Enge Seiner Pforte,
Die Tröstung Seiner Worte,
Den Reichthum Seiner Huld.
3.
Der Glaube wird bewähret;
Die Liebe wächset sehr;
Das Beten wird gelehret,
Man übt und liebt es mehr;
Man prüfet Gottes Willen;
Man lernt den Unmuth stillen;
Die Last dünkt nun nicht schwer.
4.
So kriegt durch viele Proben
Die Hoffnung Festigkeit,
Sie sieht auf das, was droben,
Schon voll Zufriedenheit,
Und wenn der Tod vorhanden,
So wird sie nicht zu Schanden,
Da wird sie erst erfreut.
5.
HErr, laß es Dir gefallen,
Weil Du so gnädig bist,
Daß ich hier möge wallen
Als ein versuchter Christ;
Jetzt gib mir die Erfahrung,
In Deiner Offenbarung,
Wie wohl uns bei Dir ist!
3. Juli. Morgen-Andacht.
Ich bin der Weinstock. ihr seid die Reben. Wer in Mir bleibet, und Ich in ihm, der bringet viele Frucht; denn ohne Mich könnet ihr nichts thun.
Joh. 15,5.
Dem Sünder ist damit nicht geholfen, wenn man ihm nur sagt, wie er werden, und was er glauben und thun solle. Moses und ein jeder Apostel haben dieses gethan, es ist aber dadurch weder Moses noch ein Apostel ein Weinstock worden, in dem die Glaubigen als Reben bleiben müßten, sondern sie haben von dem rechten Weinstock gezeuget und die Menschen zu ihm hingewiesen. Ein Weinstock läßt seinen Saft in die Reben einfließen, damit sie Früchte tragen können: also gibt Christus Seinen Geist denen, die an Ihn glauben, damit viel Frucht des Geistes bei ihnen hervorkomme. Wenn dieser Geist mit der Lehre verbunden ist, so ist die Lehre lebendig und kräftig, oder eine Kraft Gottes, selig zu machen Alle, die daran glauben. Will man aber den Heiligen Geist empfangen, und Seine Inwohnung und Wirkung immer genießen, so ist es nöthig, daß man eine Rebe an dem Weinstock Christo werde, folglich mit einem innigen Vertrauen sich zu Ihm neige, um mit Ihm vereiniget zu werden, und an Ihm zu hangen: wie dann Paulus Gal. 3,5. lehret, daß Gott durch die Glaubens-Predigt, das ist durch das Evangelium, welches den Glauben wirket, den Geist reiche oder mittheile, und V. 2. daß die Christen denselben Geist nicht durch Gesetzes-Werke, sondern durch die Glaubens-Predigt empfangen. Wer sich also durch’s Evangelium zum Glauben an Christum bringen läßt, wird eine Rede an Ihm dem Weinstock, und des Safts, der in diesem Weinstock ist, nämlich des Geistes Jesu Christi theilhaftig: wer aber im Unglauben beharret, und mit Gesetzes-Werken umgeht, bleibt immer dürr, kraftlos und unfruchtbar. Man glaubt aber nicht so an den HErrn Jesum, daß man Ihm nur einmal gleichsam ein glaubiges Compliment macht, und hernach wieder in den Unglauben zurücktritt, sondern der Glaubige bleibt durch den Glauben in Christo, und Christus in ihm: und so bleibt auch die Gemeinschaft des Heiligen Geistes, daß man nämlich immer auch von dem Geist, der ohne Maß in Christo ist, erleuchtet, belebt und regiert wird. Eine solche Rebe bringet viel Frucht. Der Trieb des Heiligen Geistes bringt diese Frucht hervor, nämlich die Frucht des Geistes, die Gal. 5,22. beschrieben ist. Er bringet viel Frucht, weil der christlichen Tugenden viele sind, wie denn Gal. 5,22. neune genannt, und doch nicht alle namhaft gemacht werden; und weil es sehr viele Gelegenheiten gibt, dieselben auszuüben. Viele Frucht ziehet hernach eine große Herrlichkeit und einen reichen Gnadenlohn nach sich. Soll ich also viel Frucht tragen, so muß ich auf mein Herz Achtung geben, daß es nicht von Christo abtrete und ausschweife, folglich des Safts vom Weinstock verlustig werde; denn ohne Ihn kann ich nichts thun, nämlich nichts Gutes, das Gott gefallen könnte. Ohne Christum kann man wohl nach dem Trieb des Gewissens Gesetzeswerke thun, und wenn das Rad der Natur in einem geschwinden Lauf kommt, viel thun, das bei Menschen Ruhm hat: allein Christus sagt: an Mir soll man deine Frucht finden (Hos. 14,9.). Auch heute soll das Bleiben in Christo, und das Bleiben Christi in mir mein Augenmerk sein: die Frucht wird alsdann nicht ausbleiben.
Mel.: Mir nach, spricht Christus.
1.
Der Heiland will der Weinstock sein,
Die Jünger sind die Reben;
Der Vater pflanzt uns selber ein,
Im Sohn ist unser Leben;
Die Frucht, die aus Ihm wachsen soll,
Ist Seines Bluts und Geistes voll.
2.
Aus Jesu zieht der Glaube Saft,
Weil er an Jesu bleibet
Und in der mitgetheilten Kraft
Die edlen Früchte treibet,
Die kann man frisch herwachsen seh’n,
Wenn sie in Hitz’ und Regen steh’n.
3.
Dank sei Dir, Vater, der den Sohn
Zum Weinstock uns gegeben.
Erlöser, Du hast Ruhm davon,
Daß Du uns trägst als Reben.
Denn außer Jesu können nun
Wir Sünder gar nichts sein noch thun.
4.
Was wär’, o Heiland, doch an mir,
Als von Natur verdorben?
Und bleib’ ich nicht durch Dich an Dir,
Bin ich zweimal erstorben.
Ach, halt mich fest, so lob’ ich Dich;
Denn das Verbrennen fürchte ich!
3. Juli. Abend-Andacht.
Ich aber, HErr, hoffe auf Dich, und spreche: Du bist mein Gott.
Ps. 31,15.
David klagte Ps. 31. über große Nöthen, die ihn betroffen haben, und sagte unter Anderem V. 11.12.13.14.: mein Leben hat abgenommen vor Betrübniß, und meine Zeit vor Seufzen: meine Kraft ist verfallen vor meiner Missethat, und meine Gebeine sind verschmachtet. Es gehet mir, daß ich bin eine große Schmach worden meinen Nachbarn, und eine Scheu meinen Verwandten: die mich sehen auf den Gassen, fliehen vor mir. Mein ist vergessen im Herzen, wie eines Todten: ich bin worden wie ein zerbrochen Gefäß; denn Viele schelten mich übel, daß Jedermann sich vor mir scheuet: sie rathschlagen mit einander über mich, und denken, mir das Leben zu nehmen. Nach dieser Klage sagt er: ich aber, HErr, hoffe auch Dich, und spreche. Du bist mein Gott. Ich lerne aus diesen Worten Davids, daß ein Mensch sehr betrübt und doch glaubig sein könne. Die Betrübniß über zugestoßene Nöthen kann mit dem Bewußtsein begangener Sünden vermengt sein: und doch kann und darf der Mensch auf den HErrn hoffen. Weil Christus in Seinem letzten Leiden von allen Menschen, auch von Seinen Jüngern verlassen worden ist, so soll ein Christ sich nicht weigern, auch in einen solchen Stand der Verlassung einzutreten. Meine Nachbarn, meine Verwandten können sich mir entziehen: hingegen darf ich zu dem HErrn sprechen: Du bist mein Gott. Er will mich nicht verlassen noch versäumen. David wurde von den gottlosen Hofleuten Sauls gescholten, und bezüchtiget, er stelle dem König, der sein Schwäher war, nach dem Leben, und wolle durch Mord und Aufruhr sich auf den königlichen Thron schwingen. Diesen Verläumdern glaubten viele sonst redliche Leute, und David konnte ich nicht genug rechtfertigen. Man sahe, daß er in des Königs Ungnade stehe, und ein Jeder, der ihm freundlich begegnete, und ihm Gutes thun würde, des Königs Zorn wider sich erwecken könne, wie der Hohepriester Ahimelech. David mußte also ein zeit lang auf den ehrlichen Namen Verzicht thun, und leiden, daß Leute, die sonst seine Freunde gewesen waren, vor ihm flohen, oder eilends abwegs gingen, wenn er ihnen begegnete, und ihn scheueten, wenn er mit ihnen zu thun haben wollte. Man vergaß seiner wie eines Todten, dem man nichts Gutes mehr erzeigt, weil man durch Verläumdungen wider ihn eingenommen war, oder den Zorn Sauls fürchtete, und wollte nichts mehr von ihm wissen. Er war wie ein zerbrochenes Gefäß, das man wegwirft. Leute, die an dem Grimm Sauls Antheil nahmen, und sich ihm gefällig machen wollten, rathschlagten sogar über ihm, und gedachten ihm das Leben zu nehmen. Wie gut war’s, daß er unter diesen Umständen sagen konnte: ich aber, HErr, hoffe auf Dich, und spreche: Du bist mein Gott! Für alle Schmach und Gefahr war ihm also sein Gott der beste Ersatz, die einige Zuflucht; und fürwahr der HErr, auf den David hoffte, und der sein Gott war, rettete seine Ehre, schützte sein Leben, und half ihm aus allen Nöthen. Auch ich soll unter meinen gegenwärtigen und künftigen Leiden auf Gott hoffen, und sprechen: Du bist mein Gott. Ich werde dieses nie lauterer thun, als wenn mich Gott von Menschen verlassen, oder wenigstens inne werden lassen wird, daß Menschenhülfe kein nütze sei.
Mel.: Es kostet viel, ein Christ zu sein.
1.
Die Hoffnung spricht: Du bist mein Gott,
Ein Gott, der lebt, wenn alle Götter sterben.
Bei diesem Trost wird ja kein Herz zu Spott,
Die Taufe zeugt, wir seien Gottes Erben.
Du hältst den Bund, so sag’ ich mir zu Ruh’:
Mein Gott bist Du!
2.
Führst Du mich in die Finsterniß,
Daß ich kein Licht von ferneher erblicke,
So folg’ ich Dir, und gehe doch gewiß,
Und bleibe frei von des Verführers Stricke;
So kommt mein Licht, so sing’ ich in der Ruh’:
Mein Gott bist Du!
3.
Gott! sei mein Gott, und laß mich nicht
In Angst und Noth von diesem Troste wanken.
Wenn Fleisch, und Welt, und Satan widerspricht,
So ätze mir dieß Wort in die Gedanken:
Ich bin Dein Gott; so sag’ ich froh dazu:
Mein Gott bist Du!
4.
Mein Heiland hat dieß Glaubenswort
Auch mir zum Heil am Kreuz zurückgelassen.
Ach, daß Sein Geist mich solches immerfort,
Auch in dem Tod, im Glauben lehre fassen!
Sterb’ ich auf dieß, so komm’ ich doch zur Ruh’;
Mein Gott bist Du!
4. Juli. Morgen-Andacht.
Und es geschahe, da Er sie segnete, schied Er von ihnen, und fuhr auf gen Himmel.
Luk. 24,51.
Als der HErr Jesus gen Himmel fahren wollte, führte Er Seine Jünger aus Jerusalem hinaus, bis gen Bethania, und hub Seine Hände auf, und segnete sie. Seine Hände hub Er also auf, die an’s Kreuz durch Nägel angeheftet worden waren, und welche Er vorher auf kleine Kinder gelegt hatte, da Er sie segnete, Mark. 10,16. Oft, wenn Er einen Menschen gesund machen wollte, rührte Er ihn mit einer Hand an: wenn Er aber segnete, brauchte Er beide Hände. Er hat bei dem Segnen ohne Zweifel auch Worte ausgesprochen, welche der Heilige Geist nicht hat aufschreiben lassen, die aber als Worte des Sohnes Gottes ohne Erfüllung nicht bleiben konnten. Es geschahe aber, da Er Seine Jünger auf dem Feld bei Bethania segnete, daß Er von ihnen schied. Als segnend schied Er von ihnen, so daß zwischen dem Segnen und Scheiden kein Augenblick verfloß. Mit Segnen nahm Er also Abschied von ihnen. Segnen war der Beschluß Seines gesegneten Laufs auf Erden. Er fuhr auf gen Himmel, wo Er mit Preis und Ehre gekrönet, König und Priester auf dem göttlichen Thron ist, und immerdar segnet, die an Ihn glauben. Seine Jünger empfanden die Kraft Seines Segens deutlich, denn da das Scheiden Jesu sie hätte bestürzt und traurig machen sollen, wie sie vorher waren, da Er Joh. 14.15. und 16. mit ihnen davon redete, so waren sie nun gestärkt und tüchtig, Ihn an dem Ort, von dem Er aufgefahren war, anzubeten, hernach aber gen Jerusalem mit großer Freude umzukehren, und da allewege im Tempel zu sein, und Gott zu verherrlichen und zu loben, Luk. 24,52.53. Judas Ischarioth hätte den Segen Jesu auch bekommen können, wenn er treu gewesen oder geblieben wäre: aber er wollte den Fluch haben, und dieser kam ihm auch; er wollte des Segens nicht, darum blieb er auch ferne von Ihm, Ps. 109,17.
Segne mich auch, HErr Jesu, der Du zur Rechten Gottes sitzest, und Alles in Deiner Hand hast. Ich bin ein Sünder: aber Deine Jünger waren auch Sünder. Sie sind aus sündlichem Samen gezeugt worden, wie ich, sie haben vielleicht in ihrer Jugend muthwillig gesündiget, wie ich, sie haben auch in Deiner Nachfolge Fehltritte gemacht, wie ich: Du aber gedachtest ihrer Sünden nicht, und segnetest sie. So gedenke denn auch nicht der Sünden meiner Jugend und meiner Uebertretung: gedenke aber meiner nach Deiner großen Barmherzigkeit um Deiner Güte willen, und segne mich auch, wie Du Deine Jünger gesegnet hast. Der Segen, womit Du Deine Jünger segnetest, floß aus Deiner Fülle aus Gnaden, und sie empfingen ihn, da ihre Herzen durch den Glauben gegen Dir gleichsam geöffnet waren: Deine Fülle aber ist unerschöpflich, und kann auch auf mich und viele Andere Segen ausfließen lassen; und, ob wir schon desselben nicht würdig sind, so leitet doch die Gnade diesen Segen auch auf Unwürdige, bei denen der Heilige Geist durch die lieblichen Zeugnisse von Deiner Erlösung und Menschenliebe ein Zutrauen zu Dir erweckt, und gleichsam eine Oeffnung der Herzen gewirkt hat. Dein Segen komme also auf uns, und der Fluch des Gesetzes, den Du getragen hast, bleibe ewiglich zur Ehre Deiner Erlösung von uns abgewendet. Dein Segen fließe so in uns ein, daß wir gestärkt werden, Dich täglich anzubeten, und Dir mit Freuden unter dem Leiden zu dienen, bis wir hinkommen, wo Du bist, und Deine Herrlichkeit sehen.
Mel.: Jesu hilf siegen etc.
1.
Jesus ist segnend von hinnen geschieden,
Segnend hub Er Sich gen Himmel empor.
Herzen! euch bleiben dann Gnade und Frieden,
Ob sich der Anblick der Augen verlor.
Laßt uns, ihr Jünger, im Glauben es fassen,
Jesus hat Segen zurücke gelassen.
2.
Kommet, wir werfen uns Ihme zu Füßen,
Kommt doch, wir beten: ach segne auch mich!
Laßt uns auf Knieen den Segen genießen;
Fasse ein Jedes den seinen für sich.
Danket auf Erden mit frohen Gemüthern,
Denn Er hat Segen in himmlischen Gütern.
3.
Seelen, die Segen schon haben im Leben,
Werden auch scheidend im Segen getrennt.
Er weiß den Seinen ein Erbe zu geben,
Die Er des Vaters Gesegnete nennt.
Hilf uns, HErr Jesu, dort singen zu mögen:
Gott und dem Lämmlein sei Ehre und Segen!
4. Juli. Abend-Andacht.
Liebe Kindlein, ich schreibe euch, daß euch die Sünden vergeben werden in Seinem Namen.
1 Joh. 2,12.
Glückselig waren diejenigen, denen ein Apostel durch den Heiligen Geist eine solche Versicherung von der Vergebung ihrer Sünden zuschrieb, gleichwie der Gichtbrüchige glückselig und beruhigt wurde, als Jesus zu ihm sagte: sei getrost mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben; und die Sünderin, Luk. 7., als Er V. 48. zu ihr sagte: deine Sünden sind dir vergeben. Johannes schrieb jene Worte aus Eingebung des Heiligen Geistes, hatte aber dabei die geistliche Beschaffenheit der lieben Kindlein, an die er schrieb, vor Augen: wie er denn alsbald darauf von den Vätern sagte, sie kennen den (Erlöser), der von Anfang war, von den Jünglingen, sie haben den Bösewicht überwunden, und von den Kindern, sie kennen den himmlischen Vater. Neben diesen Kennzeichen leiten uns aber die Worte, wodurch Johannes seine lieben Kindlein oder Zuhörer der Vergebung ihrer Sünden versicherte, auf den Weg, auf welchem auch wir diese Versicherung erlangen können. Die Sünden werden im Namen Jesu vergeben. Was diese wenigen Worte bedeuten, lehrt uns Johannes selber, 1 Joh. 2,1.2., da er schreibt: meine Kindlein, solches schreibe ich euch, daß ihr nicht sündiget, und ob Jemand sündiget, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, der gerecht ist, und derselbe ist die Versühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern für der ganzen Welt Sünden. Wenn also die Sünden im Namen Jesu vergeben werden, so werden sie deßwegen vergeben, weil Jesus der Fürsprecher bei dem Vater, folglich am rechten Ort, ist, und weil Er ein Gerechter ist, der als Mittler alle Gerechtigkeit für uns erfüllt hat, und weil Er die Versühnung für unsere und der ganzen Welt Sünden ist. Nun dieses Alles geht uns und die ganze Welt an, erinnert uns aber, daß wir den Grund der Vergebung der Sünden nicht in uns, sondern in Christo suchen sollen. Nicht darum, weil wir nur wenig gesündigt haben, nicht darum, weil wir mit Gesetzeswerken, oder mit Leiden, oder mit Werken der Gerechtigkeit die Sünden, die wir begangen haben, wieder erstattet hätten, sondern darum, weil wir einen Fürsprecher haben, der gerecht und die Versühnung für unsere und der ganzen Welt Sünden ist, werden uns die Sünden vergeben. Doch werden nicht der ganzen Welt die Sünden wirklich vergeben, weil ein großer Theil derselben verdammt wird. Womit werden wir also von der Welt, die in das ewige Verderben hingeht, ausgezeichnet? Dadurch, daß wir unsern Fürsprecher und Erlöser kennen, da hingegen die arge Welt, die Seine Gebote nicht hält, Ihn nicht kennt, und wenn sie sagt, sie kenne Ihn, lügt, wie Johannes V. 3.4. schreibt. Auf diese Erkenntniß Jesu, welche auch Glaube heißt, kommt also Alles an. Wer Jesum erkennt, oder wer an Ihn glaubt, hat Vergebung der Sünden, und ist, wie Paulus oft zu sagen pflegt, gerechtfertigt. Wer Ihn aber kennt, hält Seine Gebote, und liebt insonderheit die Brüder, wie Johannes ausführlich lehrt.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Die Sünden sind vergeben,
Das ist ein Wort zum Leben
Für den geängst’ten Geist;
Sie sind’s in Jesu Namen,
In dem ist Ja und Amen,
Was Gott uns Sündern je verheißt.
2.
Das ist auch mir geschrieben,
Auch ich bin von den Lieben,
Weil Gott die Welt geliebt;
Auch ich kann für die Sünden
Bei Gott noch Gnade finden,
Ich glaube, daß Er mir vergibt.
3.
Mein Hauptgesuch auf Erden
Soll die Vergebung werden,
So wird mein Tod nicht schwer.
O, in den Sünden sterben
Ist ewiges Verderben,
Denn dort vergibt Gott keine mehr!
4.
Hier ist die Zeit der Gnaden,
Der Angst sich zu entladen,
Auf Gottes Wort zu ruh’n;
Die Seele zu erretten,
Zu glauben und zu beten,
Und das in Jesu Namen thun.
5.
Ach Gott! laß meiner Seelen
An dem Trost niemals fehlen,
Daß Du die Schuld vergibst;
Wenn ich mich betend beuge,
So sei Dein Geist mein Zeuge,
Daß Du Dein Kind in Christo liebst.
6.
Wenn ich von hinnen scheide,
So mach’ mir das zur Freude,
Daß ich begnadigt bin.
Im Glauben der Vergebung,
In Hoffnung der Belebung
Geh’ ich alsdann im Frieden hin.
5. Juli. Morgen-Andacht.
Und Jesus sprach zu dem Weibe: dein Glaube hat dir geholfen.
Luk. 7,50.
Als der HErr Jesus bei einem Pharisäer, Namens Simon, zu Gast aß, so kam eine Weibsperson, welche der Pharisäer eine Sünderin, das ist ein verschrieenes böses Weibsbild hieß, und trat hinten zu des HErrn Jesu Füßen, und weinte, und fing an, Seine Füße mit Thränen zu netzen, und mit den Haaren ihres Hauptes zu trocknen, und küssete Seine Füße, und salbete sie mit Salben. Weil sich nun der Pharisäer daran ärgerte, daß der HErr Jesus sich von diesem Weibsbild anrühren ließ, weil nach seiner Meinung ein Prophet solchen Leuten sich entziehen sollte, so trug der HErr Jesus ein Gleichniß von zwei Schuldnern vor, deren einem sein Schuldherr fünfhundert Groschen, dem andern aber fünfzig geschenkt habe, und lockte von ihm das Bekenntniß heraus, daß derjenige den Schuldherrn am meisten lieben werde, dem die größte Schuld geschenkt worden sei. Es ist offenbar, daß in diesem Gleichniß die Liebe auf die Schenkung folge, und daß deßwegen die Worte Jesu V. 47.: ihr sind viel Sünden vergeben, denn sie hat viel geliebet, so zu verstehen seien: dieser Weibsperson sind viele Sünden vergeben, und dieses erkennt man daraus, daß sie Mich viel geliebet hat. Hierauf versicherte Er dieselbe V. 48. auf’s Neue der Vergebung ihrer Sünden, und als Er erkannte, daß es ihr nicht nützlich wäre, länger da zu verweilen, so sagte Er zu ihr V. 50.: dein Glaube hat dir geholfen, gehe hin im Frieden. Nachdem Er also vorher von der Liebe als einer Frucht der Vergebung der Sünden geredet hatte, so redete ER hernach vom Glauben, und sagte, dieser habe dem Weibe geholfen. Die Liebe hat ihr nicht geholfen, sondern sie liebte, so bald ihr geholfen war: aber der Glaube half ihr, indem sie durch denselben die Hülfe, das ist die Gnade oder die Vergebung der Sünden, ergriff und erlangte. Will man diese Rede in das Gleichniß zurückführen, welches der Heiland vorher vorgetragen hatte, so kann man sagen: die beiden Schuldner müssen vor allen Dingen glauben, daß der Schuldherr ihnen die 50 und 500 Groschen schenken werde, sie müssen das Vertrauen zu ihm haben, und in dem Augenblick, da sie dieses Vertrauen fassen, schenkt er ihnen die Schulden. Wie können sie aber dieses Vertrauen fassen? Wissen sie denn etwas von seinem guten Willen, ihnen die Schulden zu schenken? Ja, weil er ihnen denselben in freundlichen Worten und wahren Verheißungen geoffenbart hat. Woher kommt aber dieser gute Wille des Schuldherrn? Aus seiner innerlichen und wesentlichen Güte, nach welcher er nicht nur ihnen überhaupt wohl will, sondern auch selber einen Bürgen aufgestellt hat, der für sie bezahlte.
Auf diese Weise kann der Glaube bei einem jeden Sünder entstehen, und dieser Glaube hilft: aus der Hülfe aber entspringt die Liebe. So wird man also ein ganzer Christ. Der Glaube hilft, indem er Gnade oder die Schenkung einer großen Schuld empfängt. Indem aber Gott die große Schuld schenkt, so läßt Er’s den Sünder wissen und fühlen, und daraus entsteht die dankbare Liebe, welche immer beflissen ist, dem Geliebten gefällig zu sein. Womit können wir aber dem HErrn Jesu gefällig sein? Ohne Zweifel durch das Halten Seiner Gebote, wozu auch die geduldige Ertragung des Kreuzes gehört. Auch heute soll ich im Glauben und in der Liebe wandeln, und, wenn ich den Druck der Leiden fühle, mich des Unmuths durch die Hoffnung erwehren.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen.
1.
Jesu, kann Dich das ergötzen,
Wenn Dir Sünder Füße netzen,
Sind Dir ihre Thränen werth?
Läß’st Du Dich auch im Betrüben
Von Beschämten gerne lieben,
Die so große Schuld beschwert?
2.
Ja, so ist’s, Du hast erlaubet,
Was der Sünder selbst kaum glaubet,
Und wobei der Heuchler zankt.
Doch der Streit ist bald entschieden,
Du sprichst: gehe hin im Frieden;
Und der Sünder geht und dankt.
3.
Holder Zuspruch, hohe Gnaden!
Von der großen Schuld entladen
Geht die frohe Seele hin,
Fühlt den Frieden, rühmt die Liebe,
Liebt den HErrn in reinem Triebe,
War, und bleibt nicht Sünderin.
4.
Ja, die Seele singt alleine:
Ich bin vor dem HErrn als eine,
Die den Frieden funden hat;
Freut sich, daß sie einst von Ihme
Auch das Heil im Himmel rühme;
Denn dort ist die Friedensstadt.
5. Juli. Abend-Andacht.
Wer glaubet, kommt nicht in’s Gericht.
Joh. 5,24.
Wir müssen zwar Alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Jesu Christi, auf daß ein Jeglicher empfahe, nachdem er gehandelt hat bei Leibesleben, es sei gut oder bös, 2 Kor. 5,10. Wer aber das Wort Jesu höret, und Dem glaubet, der Ihn gesandt und geboten hat zu reden, was Er geredet hat, der hat das ewige Leben, und kommt nicht in’s Gericht, sondern ist vom Tod zum Leben hindurch gedrungen, Joh. 5,24. Es ist also etwas Anderes: vor dem Richterstuhl Jesu Christi offenbar werden, und etwas Anderes: in’s Gericht kommen. Wer in’s Gericht kommt, wird durch einen richterlichen Ausspruch zum andern Tod verdammt. Ein solcher Mensch steht also auf zur Auferstehung des Gerichts, wie Christus Joh. 5,29. redet. Zwar ist ein solcher Mensch in gewissem Verstand auch vorher schon gerichtet, das ist, es hat bei ihm einen Ausschlag zur Verdammniß gegeben, weil er nicht an den Namen des Sohnes Gottes glaubet, Joh. 3,18. Weil er aber dabei noch immer sowohl bei Leibesleben als auch nach dem Tod eine falsche Hoffnung haben kann, so muß er noch gerichtet, das ist, sein Verdammungsurtheil muß ihm kund gethan werden, damit er gewiß wisse, daß er verdammt sei, und warum er verdammt sei; und ihm alle weitere Hoffnung abgeschnitten werde. Wer aber das Wort Jesu, welches auch des Vaters Wort ist, höret und glaubet, oder wer an Jesum glaubet, wird nicht gerichtet, Joh. 3,18., oder kommt nicht in’s Gericht. Es darf nämlich am Tag des großen Gerichts nicht erst entschieden werden, ob er leben oder sterben soll: denn er hat das ewige Leben schon vor dem Gerichtstag, und ist vor demselben vom Tod zum Leben hindurch gedrungen. Er weiß auch selber schon, daß er das ewige Leben in Christo Jesu habe: seine Auferstehung ist eine Auferstehung des Lebens, Joh. 5.29. Er steht also zur Rechten des Richters, von dem nun auch öffentlich bekannt werden soll, daß sein Name im Buch des Lebens stehe. Wer in’s Gericht kommt, dem werden alle bösen Werke, die er bei Leibesleben gethan hat, zugerechnet. Wer aber nicht in’s Gericht kommt, oder nicht gerichtet wird, bei dem wird nur zum Ruhm des Erlösers und Seiner Gnade offenbar, wie viel ihm vergeben worden sei, und wie viel Gutes der Geist Gottes in ihm und durch ihn gewirkt habe. Jener empfängt also den Lohn seiner bösen Werke nach Verdienst (und richten heißt einen Ausspruch thun nach dem Verdienst dessen, der gerichtet wird), dieser aber empfängt den Lohn seiner guten Werke aus Gnaden: wo aber Gnade den Ausschlag gibt, da ist kein Gericht. Ich denke hier billig an das Wort des Propheten Ps. 130,3.: so Du willst Sünde zurechnen, HErr, wer wird bestehen? Wenn ich also in’s Gericht kommen sollte, so würde ich zu Schanden und wäre verloren. Darum bete ich bei Leibesleben: HErr, gehe nicht in’s Gericht mit Deinem Knecht, denn vor Dir ist kein Lebendiger gerecht, Ps. 143,2. Weil Du aber nicht alle Lebendigen verdammen willst, so weiß ich, daß bei Dir Vergebung sei, und diese Vergebung hebt das Gericht auf. Ich glaube, HErr Jesu, Deine und Deines Vaters Worte, ich glaube auf Dich: hilf meinem Unglauben, der sich dabei noch regt. Laß das ewige Leben bei mir immer stärker anbrechen, damit ich am Tag des Gerichts schon als ein Lebendiger prangen könne.
Mel.: O Gottes Sohn, HErr Jesu etc.
1.
Wer glaubt, der kommt nicht in’s Gericht,
Er ist schon losgesprochen;
Gott rechnet ihm die Sünden nicht,
An ihm wird nichts gerochen;
Denn der geglaubte Menschensohn
Sitzt als sein Heiland auf dem Thron,
Nicht als sein strenger Richter.
2.
Du Geist, der Glauben in uns schafft,
Ich preise Dein Erbarmen;
Du wirkst nach Deiner Gotteskraft
Auch Glauben in mir Armen;
So bin ich vom Gerichte frei;
Ich glaube, Jesus Christus sei
Mein HErr und mein Erlöser.
3.
Entzieh’ mir Deine Gnade nicht
Und stärke mir den Glauben,
Und laß mir diese Zuversicht
Nicht durch den Argen rauben.
Du gibst es, daß man glauben kann;
Was Du bisher an mir gethan,
Das thu’ auch bis zum Ende.
4.
Bricht einst mein Herz, so laß es mir
In wahrem Glauben brechen;
Dir halt ich Deine Worte für
Und sterb’ auf Dein Versprechen.
Wie stirbt sich’s so getrost dahin,
Wenn ich in Jesu Christo bin,
Wer will mich da verdammen!
6. Juli. Morgen-Andacht.
Des Königs Herz ist in der Hand des HErrn wie Wasserbäche, und Er neiget’s, wohin Er will.
Spr. Sal. 21,1.
Was hier von einem König gesagt wird, gilt ohne Zweifel auch von einem Fürsten, und von einem jeden andern Regenten, ja auch von ihren Räthen, denen sie einen Theil ihrer Gewalt übergeben. Gott hat unter Seinem Volk Israel ehemals Könige gesetzt, welche nach dem Gesetz Mosis regieren sollten; aber vom vierten Jahr Jojakims an, welches das erste Jahr Nebucadnezars war, hat Er Sein Volk und hernach die christliche Kirche in äußerlichen Dingen solchen Königen und Fürsten unterworfen, welche nach menschlicher Willkür und weltlichen Gesetzen regierten, und ehemals sogar Heiden waren. Damit aber rechtschaffene Israeliten und Christen bei dieser Anordnung Gottes nicht kleinmüthig werden, oder denken möchten, sie seien von Gott verlassen, und dem Willen gewaltiger Menschen ganz übergeben, so mußte Salomo sie trösten, und versichern, des Königs Herz sei in der Hand des HErrn wie Wasserbäche, und Er neige es, wie Er wolle. Salomo sagt dieses von einem König, insofern er König ist, und sagt nicht, ob er glaubig oder unglaubig, fromm oder gottlos sei. Gott lenkt allen Menschen das Herz Ps. 33,15., insonderheit aber den Königen und Fürsten, weil durch sie vielen Andern Gutes oder Böses widerfahren kann, und einige derselben auch viele Gerechte, die Gottes Augapfel sind, unter ihrer Herrschaft haben. Er neiget also ihre Herzen zur Strenge oder zur Milde, zum Strafen oder zum Verschonen, damit Seine Absichten erreicht werden. So erweckte Gott den Geist der Feinde Israels, wenn ER Israel strafen wollte (Jes. 13,17.), Ezeh. 23,22. Er erweckte den Geist Cores, Israel wieder in die Freiheit zu setzen, Esr. 1,1. Weil auch sehr Vieles auf die Worte eines Königs und Fürsten ankommt, und doch Vieles vor ihnen versteckt und verborgen wird, so sagt Salomo, Spr. Sal. 16,10.: Weissagung ist in dem Munde eines Königs, sein Mund fehlet nicht im Gericht, das ist, der König redet und richtet recht, wenn er unter der Herzlenkung Gottes steht, als ob er weissagte. Die Gerechtigkeit seiner Worte geht weiter als seine Einsicht. Er trifft’s oft in seinen Worten wie ein Wahrsager. Freilich können Könige und Fürsten im Thun und Reden auch ungerecht sein, und für sich selbst viele Sünden begehen: wenn nämlich Gott ihre Herzen nicht neiget, von ihnen weicht, und sie gar in einen verkehrten Sinn dahin gibt.
Wir lernen aber aus den Worten Salomo’s, daß ein Christ seinem König und Fürsten, er sei für sich selbst, wie er wolle, um des Gewissens willen treulich unterthan sein solle, weil Gott Seine herzlenkende Kraft an ihm beweiset, und ihn als ein Werkzeug in Seiner göttlichen Regierung braucht. Man kann und soll auch für gottlose Regenten bitten, weil Gott, wenn Er sie auch nicht bekehren kann, doch durch die Neigung ihrer Herzen verschaffen kann, daß Vieles geschieht, das geschehen soll, und man unter ihnen ein stilles und ruhiges Leben führen kann, in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit. Man kann auch durch einen jeden König einen rechtmäßigen und göttlichen Beruf zu einem Amt bekommen, wenn nämlich Gott sein Herz zu Ertheilung desselben neiget. Glückselig aber ist der König, dessen Herz Gott nicht nur zu politischen Werken und Rechtssprüchen, sondern auch zur Buße, zum Glauben und zu einem heiligen Wandel neigen kann, und der den Ruf Gottes annimmt, welcher Ps. 2,10.11.12. an ihn ergeht. Solche Könige werden dereinst ihre Herrlichkeit in’s neue Jerusalem bringen.
Mel.: Entfernet euch, ihr matten Kräfte.
1.
Man kann doch keine Hoheit denken,
Gott ist noch höher über die,
Der Hohen Herzen kann Er lenken,
Wie Wasserbäche lenkt Er sie;
Er neigt sie still,
Wohin Er will;
So muß sein Rath und Werk gescheh’n,
Eh’ sie ein Mensch zuvor erseh’n.
2.
Wenn Er Tyrannen will verstocken,
Führt Er Sein Volk doch mächtig aus.
Will Er dort einen Hirten locken,
So geh’n Gefangene nach Haus.
Was anders scheint,
Was Niemand meint,
Das macht noch Gott zur Wunderthat,
Er hat die Hand in jedem Staat.
3.
So betet Ihn an, alle Götter,
Das Herz ist nicht in eurer Hand.
So trau’ dem mächtigen Erretter,
Du Heerdlein, das die Welt verbannt.
Gott hat das Reich;
Gott schützet euch.
Ihr singt im einst nach langem Krieg:
Sein ist das Heil,
Sein ist der Sieg!
6. Juli. Abend-Andacht.
Darum schämet sich auch Gott nicht, zu heißen ihr Gott, denn Er hat ihnen eine Stadt zubereitet.
Hebr. 11,16.
Es gibt viele thörichte und stolze Menschen, welche sich der Gottesfurcht, folglich eigentlich Gottes schämen, da es doch auf’s Höchste zu bewundern ist, daß Sich Gott der Menschen nicht schämet. Als Christus Seine eigene menschliche Natur, die ganz rein war, betrachtete, so sagte Er Ps. 8,5.: was ist der Mensch, daß Du sein gedenkest, und des Menschen Sohn, daß Du dich seiner annimmst? Wie viel mehr können wir sagen: was sind Abraham, Isaak, Jakob, die Menschen, die Sünder, daß Sich Gott nicht geschämet hat, zu heißen ihr Gott, und sie gleichsam in Seinen Titel zu setzen, welcher 2 Mos. ,15. ganz steht, und so lautet: Jehovah, eurer Väter Gott, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs? Was sind die Apostel gewesen, denen der Heiland hat sagen lassen: Ich fahre auch zu Meinem Gott und zu eurem Gott? Und was sind wir Abkömmlinge der Heiden, die wir von Paulo Röm. 3,29. die Versicherung erhalten haben, daß Gott auch der Heiden Gott sei? Gott schämet sich nicht, auch unser Gott zu heißen, weil Er uns eine Stadt zubereitet hat, welche eine Hütte Gottes bei den Menschen sein wird. In dieser Stadt wird Er bei ihnen wohnen, und sie werden Sein Volk sein, und Er selbst wird mit ihnen sein als ihr Gott, Offenb. 21,3. In dieser Stadt, deren Schöpfer und Baumeister Gott selber ist, wird also völlig offenbar werden, was der Ausdruck ihr Gott bedeute. Hier wird der allein gute Gott Sich Seinem Volk auf die herrlichste Weise zu genießen geben. Hier wird sich Sein Volk hoch freuen, daß Gott sein Gott sei. Ehe aber dieser völlige Genuß und diese hohe und unzerstörliche Wonne angeht, sollen wir dem guten Gott, der sich auch heute nicht schämet, unser Gott zu heißen, mit einem ehrerbietigen Glauben begegnen, durch denselben Ihn unsern Gott nennen, und gern zu dem Volk gehören, dessen Gott Er ist, und unser Glück darein setzen, daß wir uns zu Ihm halten, und in Gehorsam vor Ihm wandeln. Eben dieser Glaube soll diese Folge bei uns haben, daß wir nach dem Vorbild Abrahams, Isaaks und Jakobs nicht an unserm irdischen Vaterland und an den Gütern, die es einschließt, hangen, sondern eines bessern begehren, nämlich eines himmlischen, uns nach der Weise desselben in der Heiligung bilden lassen, und durch die Hoffnung, dasselbe zu erreichen, die Beschwerden unserer Pilgrimschaft geduldig ertragen. Insonderheit sollen wir mit den unfruchtbaren Werken der Finsterniß, die in unserm irdischen Vaterland im Schwang gehen, keine Gemeinschaft haben, sondern sie vielmehr mit Worten und Werken bestrafen, von der Welt, die im Argen liegt, ausgehen, und, wenn wir ausgegangen sind, ebenso wenig zu derselben im Fortgang des Lebens umkehren, als Abraham in das abgöttische Chaldäa umgekehrt ist. Wer im Glauben ein wenig versteht, was der Ausdruck bedeute: Gott ist der Gott Seines Volkes, und wer eine Hoffnungsaussicht auf die Stadt bekommen hat, die Er Seinem Volk bereitet hat, den werden diese Gebote nicht hart zu sein dünken.
Mel.: Mein Gott, das Herz etc.
1.
Ein Christ scheint ein verächtlich Licht,
Und ist der Stolzen Spott;
Gott aber schämt sich ihrer nicht,
Und heißt sich ihren Gott.
2.
Sie wallen hier als Pilgrime,
Und werden lebenssatt;
Gott aber, der Lebendige,
Baut ihnen eine Stadt.
3.
Ihr Glaube wird durch’s Wort ergötzt,
Und eilt dem Himmel zu;
Da wird der Hohn mit Ruhm ersetzt,
Die Wallfahrt mit der Ruh’.
4.
O Gott! schäm’ auch Dich meiner nicht,
Sei Du in Christo mein,
So schäm’ ich mich in Deinem Licht
Auch nicht, ein Christ zu sein.
5.
Wie ist die Ehre doch so groß,
Daß Gott uns Sünder liebt!
Wie ist es doch ein herrlich Loos,
Das Gott im Himmel gibt!
6.
Führ’ nur mich auf dem Lebenspfad
Durch Dein Verheißungswort,
So geht mein Glaube ganz gerad’
Zum Vaterlande fort.
7.
Laß mir ein Kinds- und Bürgerrecht
An Dir und Deiner Stadt;
So irrt mich nicht das Spottgeschlecht,
Das keinen Glauben hat.
8.
Gib mir in meiner Pilgerschaft,
So oft ich müde bin,
Beständig neue Glaubenskraft
Bis an die Heimath hin.
9.
Zieh’ mir auch einst mein Pilgerkleid
In wahrem Glauben aus,
Und sei mein Gott in Ewigkeit,
Und bau’ mir dort ein Haus!
7. Juli. Morgen-Andacht.
Da dieser Elende rief, hörete der HErr, und half ihm aus allen seinen Nöthen.
Ps. 34,7.
David betete, wenn es ihm wohl ging; er betete, wenn er Krieg führte, wenn er Friedensgeschäfte verrichtete, wenn er bei Freunden oder Feinden war. Das Wort, welches Gott durch Assaph geredet hat: rufe Mich an in der Noth, erfüllte er treulich, und Gott erfüllte auch an ihm Seine Verheißung: du sollst mich preisen. Jetzt ist die Welt voll eitler Einbildung. Man verläßt sich auf die geschickte Anstrengung menschlicher Kräfte. Jeder sucht sich selber zu helfen: Gottes aber gedenkt man nicht, Ihn rufet man nicht an, Ihm schreibt an nichts zu, als ob Er die Regierung der Welt aufgegeben hätte. Wenn etwas mißlingt, so denkt man nur an die menschlichen Fehler, die dabei gemacht worden, und nicht an die Unterlassung des Gebets, und auch nicht an die Hand Gottes, welche den Rath der Menschen zu ihrer Demüthigung, weil er nicht in Seine Regierung paßte, zu nichte gemacht habe. David war ein sehr fähiger und kluger Mann; gleichwie er aber Ps. 146,3. selber vor dem Vertrauen auf Fürsten warnte, also setzte er auch sein Vertrauen nicht auf sich selbst, sondern auf den HErrn seinen Gott, den er fleißig anrief. Als er auf seiner Flucht vor dem König Saul zu Gath unter den Philistern in eine große Gefahr kam, verhärtete er sein Herz nicht selber gegen den Tod, und sann nicht auf Lügen, um sich durchzuschlagen, sondern rief den HErrn an, und dieser hörte ihn, und half ihm aus allen seinen damaligen Nöthen. Er half ihm freilich durch ein seltsames und demüthigendes Mittel, indem Er ihm eine Krankheit zuschickte, die seinen Verstand verrückte, aber auch diese Krankheit nahm Er ihm wieder ab, sobald die Gefahr vorbei war, und ließ sie nicht wieder kommen. Hernach konnte David auf sich selber gleichsam deutend sagen: da dieser Elende rief, hörte der HErr. Auch mir ist das Anrufen des HErrn erlaubt und befohlen. Wenn ich meine Umstände an diesem Morgen überdenke, so erkenne ich, daß ich in dieser und jener Noth stecke, auch weiß ich nicht, was mir noch weiter auf dem Weg meiner Wallfahrt begegnen werde. Es erwecke und stärke mich aber heute und täglich der Geist der Gnaden und des Gebets, daß ich als ein Elender, der sich selber nicht zu rathen und zu helfen weiß, den himmlischen Vater im Namen Jesu Christi anrufe, und von Ihm Unterweisung, Kraft, Trost und heilsame Schickungen Seiner Vorsehung, oder mit Einem Wort Hülfe erbitte. Zu Seiner Ehre, und damit andere Elende zum glaubigen Beten aufgemuntert werden, soll ich sonderlich am Ende meines Laufs rühmen: da dieser Elende rief, hörte der HErr, und half ihm aus allen seinen Nöthen. Wie aber, wenn ich dieses rühme, und doch die letzte Noth, welche bei dem Sterben entsteht, noch vor mir habe? Wenn ich an diese gedenke, so soll ich vorher beten: hilf mir in meiner letzten Noth, und aus der bisherigen Erhörung meines Gebets, und der oftmaligen Hülfe, die mir von Gott widerfahren ist, den getrosten Schluß machen, daß Er auch meine Bitte in Ansehung der letzten Noth erhören, und mich alsdann aus allem Uebel erlösen, und mir zu Seinem himmlischen Reich aushelfen werde. Wer den Namen des HErrn anruft, soll selig werden, Röm. 10,13.
Mel.: Die lieblichen Blicke, die Jesus etc.
1.
Nun ist mir geholfen; ich danke dem HErrn.
Mit Bitten und Sehnen,
Mit Seufzen und Thränen
Hab’ ich Ihn gesuchet;
Er schiene mir fern,
Doch war Er mir nah’,
Noch eh’ ich Ihn sah;
Er hat mich getröst’t,
Er hat mich erlöst.
2.
Gott hörte, da dieser im Elend Ihn rief,
Mit Aengsten befallen;
Er half ihm aus allen,
Indem Er mich eben im Sinken ergriff.
Er hat mich erhört;
Er hat mir gewährt.
Ich lobe und rühm’,
Und singe von Ihm.
3.
Gott hat mir geholfen; nur Gott hat’s gethan,
Ich will es erzählen
Mit dankbarer Seelen;
Kommt wieder ein Leiden, so denk’ ich daran.
Gott, Du hilft in Noth,
Und endlich vom Tod,
Da danken wir Dir
Im Himmel dafür!
7. Juli. Abend-Andacht.
Agrippas sprach zu Paulo: es fehlt nicht viel, du überredest mich, daß ich ein Christ würde.
Ap. Gesch. 26,28.
Damals ist also das Reich Gottes dem König Agrippas nahe gewesen. Warum hat er’s denn nicht ergriffen? Es hat wenig gefehlt, so hätte ihn Paulus überredet, ein Christ zu werden: ei warum hat er sich denn nicht ganz überreden lassen? Was hat’s gehindert? Ohne Zweifel eitle Ehre, Wollust, Menschenfurcht, wovon die großen Herren eben sowohl als die geringen Leute angefallen werden, oder auch die Sorge, ein ungerechtes Einkommen zu verlieren. Wie ist’s ihm aber gegangen? Wenige Jahre hernach empörten sich seine Unterthanen wider den Kaiser, dessen Unterthan er selber war, und im Krieg, der deßwegen entstand, verlor er Land und Leute, und starb hernach als ein Ungeachteter. Er verlor also bei dem Unglauben auch in Ansehung des Zeitlichen fast Alles, was ihm lieb war, und was ihm vom Glauben zurückgehalten hatte. Sein Urgroßvater war der große Herodes, dem die Geburt Christi durch die Weisen aus dem Morgenland kund gemacht wurde, der aber aus einem teuflischen Grimm Christum tödten wollte, und bald hernach als ein Wütherich an einer fürchterlichen Krankheit starb. Der Bruder seines Großvaters verspottete Jesum, als Er von dem Pilatus zu ihm geschickt wurde, und wurde bald hernach von der Regierung abgesetzt. Sein Vater tödtete den Apostel Jakobus aus Gefälligkeit gegen die Juden, und wurde bald hernach von einem Engel geschlagen, und von den Würmern gefressen. Ihm, dem jüngeren Agrippas, redete Paulus mit großer Kraft an’s Herz; allein ob er schon gerührt, und beinahe überredet wurde, so wandte er sich doch wieder weg, entzog sich der Gnade, und ließ es bei dem günstigen Ausspruch bewenden: dieser Mann (Paulus) hätte können losgegeben werden, wenn er sich nicht auf den Kaiser berufen hätte. Ist er nun in diesem Sinn gestorben, wie wird es ihn in der Ewigkeit reuen, wie wird er sich schämen, daß er nicht durch das Wenige, das noch fehlte, durchgebrochen, und sich Christo ganz ergeben hat! Ohne Zweifel geht es den meisten Christen, wie dem König Agrippus, daß es einmal oder etlichemal nicht viel fehlt, daß sie nicht überredet werden, sich zu bekehren, und wahre Christen zu werden: aber das Wenige, das noch fehlt, ist der Strick, worin sie gefangen bleiben, aber auch, weil es wenig ist, eine Ursache ihrer großen Beschämung am Tage Jesu Christi. Noch bei Leibesleben können sie das Wenige, woran sie noch hangen, verlieren; wenigstens werden sie im Tode dieses uns alles Uebrige zurücklassen müssen. Der HErr mache mich und die Meinigen von Allem los und überzeuge uns auf allen Seiten so kräftig von demjenigen, was wir glauben sollen, daß in unsern Herzen kein Zweifel, kein Widerspruch, kein Widerstreben gegen die seligmachende Wahrheit übrig bleibe und wir uns Ihm ganz ergeben, ja ganz Sein Eigenthum werden. Ueberredung ist freilich dazu nöthig; denn die empfindlichsten Schrecken, die annehmlichsten Reizungen, die nur in Empfindungen bestehen, neigen allein die Seele nicht zu einem beständigen Anhangen an den HErrn. Wahrheit muß man daneben erkennen, von der Wahrheit muß man kräftig überzeugt werden; denn diese macht frei und fest, und erhält den Menschen bei abwechselnden Empfindungen in der Ergebenheit an den HErrn.
Mel.: Jesus meine Zuversicht.
1.
Vielen fehlet oft nicht viel;
Dennoch werden sie nicht Christen;
Denn der Satan treibt sein Spiel
Mit Vernunft und eitlen Lüsten;
So fährt ihr betäubter Sinn
Elend ohne Jesum hin.
2.
HErr! ich glaube nun an Dich,
Und mein Glaube ist mein Leben;
Dein Wort überzeugte mich,
Daß mein Herz sich Dir ergeben;
Meine größte Würde ist,
Daß ich weiß, ich sei ein Christ.
3.
Jesu! wenn es je geschicht,
Daß mein Herz in Zweifel steht,
Soll ich glauben oder nicht,
Weil die Welt auf Glauben schmähet,
O so ruf mir mächtig zu:
Ich bin Jesus, glaubest Du?
4.
Gib mir, daß mir künftighin
Weder viel noch wenig fehle,
Bis ich ganz gewonnen bin,
Und die nun ergriff’ne Seele
Sich mit völligem Entschluß
Frei für Dich erklären muß.
5.
O wie wird mein Christenthum
Mir zum Trost und Freude dienen!
Auch im Sterben bleibt’s mein Ruhm,
Denn ich sterb’ auf Dein Versühnen;
Meinen HErrn, den ich geglaubt,
Wird mir einst zu seh’n erlaubt!
8. Juli. Morgen-Andacht.
Ich will den Namen des HErrn preisen. Gebt unserm Gott allein die Ehre. Er ist ein Fels, Seine Werke sind unsträflich; denn Alles, was Er thut, ist recht. Treu ist Gott, und kein Böses an Ihm. Gerecht und fromm ist Er.
5 Mos. 32,3.4.
Es ist sehr schön, wenn ein Mensch mit seinem Gott, der doch oft dem menschlichen Willen zuwider handeln muß, herzlich zufrieden sein, und Ihn wegen aller Seiner Werke preisen kann. In dem Lied, welches Moses nicht lange vor seinem Ende schrieb, und die Kinder Israel lehrte, wird eine solche herzliche Zufriedenheit, und ein solches unumschränktes Lob Gottes ausgedrückt. Ein Israelit, und jetzt ein Christ, soll also sagen: ich will den Namen des HErrn preisen oder ausrufen. Es höre es, wer hören kann. Ihr Menschen, ihr Geschöpfe Gottes, gebt unserem Gott allein die Ehre; bekennet, daß unser Gott groß sei. Er ist groß in Seiner Würde, Kraft, Weisheit, Güte. Alles ist bei Ihm unendlich und unermeßlich; aber die ganze Welt – wie klein ist sie gegen Ihn! Wie noch kleiner die Erde! Wie gar nichts alle Menschen! Er ist ein Fels, nämlich stark, unbeweglich, unveränderlich. Nichts macht eine Veränderung in Seinem Wesen und in Seinen Rathschlüssen, und was er trägt und unterstützt, bleibt stehen. Er ist auch die Zuflucht Aller, die in Gefahren sind, denn wie ehemals Leute, die von den Feinden verfolgt wurden, zu den hohen Felsen ihre Zuflucht nahmen, und da Sicherheit fanden, also schützt unser Gott Alle, die Ihn anrufen, und Ihm vertrauen. David hat dieses oft erfahren, weßwegen er mehrmals Gott seinen Hort, das ist seine auf einem Felsen angelegte Festung, genennet hat. Seine Werke sind unsträflich, Sein Thun ist untadelig. Die Menschen machen viele Fehler, Er aber keinen. Die Narren beschuldigen den allein weisen Gott, Er verfehle es gegen sie: Er überwindet aber, wenn Er so gerichtet wird. Er beweiset, und die Gerechten bekennen, daß Sein Thun untadelig sei. Denn Alles, was Er thut, das ist recht, oder: alle Seine Wege sind lauter Gericht. Er schleudert nämlich Seine Wohlthaten und Seine Strafen nicht unbedachtsam hin, Er gebraucht Seine allerhöchste Gewalt nicht so, daß Er nur wollte, weil Er will, sondern siehet, wenn Er die Wege der Menschen einrichtet, und sie auf denselben führet, auf ihr Verhalten. Er behandelt einen Jeden so, wie es recht ist. Er ist ein HErr, der Niemand etwas schuldig ist, aber auch ein König, dem das Lob der Gerechtigkeit gebühret. Wer kann aber wissen, wessen man sich zu Ihm zu versehen habe, und was man von Ihm erbitten und erwarten dürfe? Sein Wort sagt es uns: und Er ist treu, Er ist ein wahrhaftiger Gott, und kein Böses oder keine Schalkheit ist in Ihm. Sollte Er etwas sagen und nicht thun? Sollte Er etwas reden und nicht halten? Das sei ferne. Gerecht und fromm ist Er. Seine Gerechtigkeit verursacht, daß ein Unterschied entsteht zwischen dem, der Ihm dienet, und dem, der Ihm nicht dienet, und daß sich zuletzt ein Jeder seines Dienstes, den er Ihm geleistet hat, freuen darf; Seine Frömmigkeit oder Aufrichtigkeit und Geradheit aber erweckt Zuversicht gegen Ihn, und ist die Ursache, daß man Seine Worte so, wie sie lauten, ohne Furcht glauben, und Seine Werke, ob sie schon wunderbar aussehen, für gut halten kann. Er ist Licht und Liebe. In den Tiefen der Gottheit, die wir nicht erforschen können, ist nichts verborgen, das diejenigen, die Ihm vertrauen und dienen, zuletzt beschämen und unglücklich machen könnte. Hallelujah!
Mel.: So führst Du doch recht selig.
1.
Gott ist ein Fels, Er steht uns ewig feste,
Ist, wie Er war, und ist’s in Ewigkeit.
Sein Herz ist treu, Sein Werk ist stets das beste,
In Ihm nur find’t ein Herz Zufriedenheit.
Bleib’ ich an Ihm, so bin ich stets bewahrt;
Verlaß ich Ihn, so hab’ ich ewig Noth.
Sein Wort ist fest und dau’rt mir aus im Tod,
Indem es uns das Leben offenbart.
2.
Gott ist ein Fels, wenn Erd’ und Himmel schwinden;
Da wird der Trost an ein Geschöpf zu Spott.
Der Glaube kann auf diesen Fels sich gründen,
Der ihm nicht weicht. Er bleibt derselbe Gott;
Herz, ruh’ auf Ihm, so reißt kein Sturm dich um.
O ja, mein Gott, Du bist’s, auf den ich trau’,
Von meinem Heil trägst Du den ganzen Bau.
Du bist der Fels; nur Dir gebührt der Ruhm!
8. Juli. Abend-Andacht.
HErr, nun lässest Du Deinen Diener im Frieden fahren, denn meine Augen haben Deinen Heiland gesehen.
Luk. 2,29.30.
Simeon hatte im Geist erkannt, und war durch die Weissagungen der alten Propheten vergewissert, daß die Zeit vorhanden sei, in welcher der Heiland Gottes geboren werden sollte; da er dann durch den Heiligen Geist zu einem sehnlichen Verlangen, denselben vor seinem Tode noch zu sehen, erweckt wurde. Der HErr begegnete auch diesem seinem Verlangen durch eine innerliche Antwort oder Einsprache, wodurch er versichert wurde, er sollte den Tod nicht sehen, er hätte denn zuvor den Christ des HErrn gesehen. Da es nun geschehen war, freute er sich, und sagte: HErr, nun entlässest Du Deinen Diener im Frieden, denn meine Augen haben Deinen Heiland gesehen. So hat ein Christ manchmal einen vom Heiligen Geist erweckten Wunsch in sich, dieses oder jenes Werk Gottes noch zu sehen, diese oder jene Erfüllung seiner Bitten noch zu erleben; und ist, wenn sein Wunsch erfüllt worden, lebenssatt, und wünscht mit einem von allen irdischen Dingen abgezogenen Herzen, daß ihn nun der HErr von seinem Dienst entlassen möchte, und zwar im Frieden. Dieser Friede ist eine innerliche Ruhe der Seele, welche durch keine Anklage, aber auch durch keinen Sturm unordentlicher Begierden, länger zu leben, und endlich auch durch kein Grauen vor dem Tod und Grab gestört wird. Er setzt die Gnade Gottes voraus; denn ohne diese Gnade wären genug Ursachen zur innerlichen Anklage, zur Lüsternheit nach irdischen Dingen, und zum Grauen vor dem Tod vorhanden: die Gnade aber bringt Frieden, und dieser Friede erleichtert das Sterben. Wer im Frieden stirbt, kann denken, er werde von seinem mühsamen Dienst und gefährlichen Posten entlassen oder losgebunden, und komme nun in eine selige Freiheit. Freilich muß man dabei den Heiland Gottes im Glauben ansehen, wenn man Ihn auch nicht mit Augen sehen kann wie Simeon; denn dieser Heiland, den Gott der Welt gesandt und gegeben hat, ist der Grund aller Gnade, und hilft dem Menschen allein zu einer friedsamen Hinfahrt. Viele haben ihn gesehen, und sind in das Verderben hingegangen; aber von denen, die bis an ihr ende an Ihn glauben, wird Keiner verloren, sondern Alle empfangen das ewige Leben. Glauben ist also mehr als das leibliche Sehen. Simeon sah Ihn als ein Kind mit seinen Augen; er glaubte aber auch, was er nicht sehen konnte, daß dieses Kind der Heiland Gottes sei. Der Heilige Geist, der diesen Glauben in ihm gewirkt hat, wirke und erhalte ihn auch in mir und den Meinigen, damit wir als Diener Gottes eine gnädige und ruhige Entlassung von dem Dienst, den wir Ihm unverdrossen auf der Erde leisten sollen, erlangen. Er ist’s, der Seine Diener beruft und entläßt. Die Ungeduld, welche der mit Leiden vermengten Arbeit überdrüssig ist, wünscht zuweilen eine Entlassung, ehe die rechte Stunde dazu gekommen ist, wünscht zuweilen eine Entlassung, ehe die rechte Stunde dazu gekommen ist: der höchste Hausherr aber weiß, wann jeder Seiner Knechte ausgedient hat, und hält ihn sodann nicht ohne Ursache auf. Wohl dem, der mit dem Wink des Hausherrn, er mag auf das längere Bleiben auf der Erde, oder auf die baldige Entlassung zielen, zufrieden sein kann!
Mel.: Christus, der ist mein Leben.
1.
Wie Simeon verschieden,
Das liegt mir oft im Sinn,
Ich führe gern im Frieden
aus diesem Leben hin.
2.
Ach laß mir meine Bitte,
Mein treuer Gott, gescheh’n,
Laß mich aus dieser Hütte
In Deine Wohnung geh’n!
3.
Dein Wort ist uns geschehen,
An diesem nehm’ ich Theil:
Wer Jesum werde sehen,
Der sehe Gottes Heil.
4.
Ich seh’ Ihn nicht mit Augen,
Doch an der Augen Statt
Kann mir mein Glaube taugen,
Der Ihn zum Heiland hat.
5.
Ich hab’ Ihn nicht in Armen,
Wie jener Fromme da,
Doch ist Er voll Erbarmen
Auch meinem Herzen nah’.
6.
Mein Herz hat Ihn gefunden,
Es rühmt: mein Freund ist mein;
Auch in den letzten Stunden
Ist meine Seele Sein.
7.
Ich kenn’ Ihn als mein Leben,
Er wird mir nach dem Tod
Bei Ihm ein Leben geben,
Dem nie ein Tod mehr droht.
8.
Mein Glaube darf Ihn fassen,
Sein Geist gibt Kraft dazu,
Er wird auch mich nicht lassen,
Er führt mich ein zur Ruh’.
9.
Wenn Aug’ und Arm erkalten,
Hängt sich mein Herz an Ihn;
Wer Jesum nur kann halten,
Der fährt im Frieden hin.
9. Juli. Morgen-Andacht.
Wie theuer ist Deine Güte, Gott, daß Menschenkinder unter dem Schatten Deiner Flügel trauen.
Ps. 36,8.
Ein Mensch ist in dem großen Weltraum ein schwaches kleines Geschöpf, und alle Menschenkinder machen zusammen ein immer geschäftiges Heer aus, das aber leicht vertilgt werden könnte. Wenn die Sonne und die Erde näher zusammenrückten, so würde das menschliche Geschlecht plötzlich verschmachten und verbrennen. Wenn alle Wolken ihr Wasser auf einmal fallen ließen, und das Wasser des Abgrunds über sich stiege, so würden alle Menschen ersaufen, und so könnte das menschliche Geschlecht durch andere Unordnungen, die bei den großen Weltkörpern, oder bei den Elementen entstehen könnten, schnell vertilgt werden. Aber auch unter den Menschen gibt es so viele böse, grimmige, stolze, geizige und grausame, daß, wenn diese nach der Argheit ihrer Herzen, und durch den Antrieb des Teufels, der ein Mörder von Anfang ist, zusammenträten, alle frommen Leute durch sie vertilgt werden könnten. Auf diesen Fall hat David Ps. 36. eigentlich gesehen, indem er von Gottlosen redete, bei denen keine Gottesfurcht sei. Er sagt von denselben V. 3.4.5.: sie schmücken sich untereinander selbst, daß sie ihre böse Sache fördern und Andere verunglimpfen. Alle ihre Lehre ist schädlich und erlogen; sie lassen ich auch nicht weisen, daß sie Gutes thäten, sondern sie trachten auf ihrem Lager nach Schaden, und stehen fest auf dem bösen Wege, und scheuen kein Arges. Da er nun diese Leute, von deren Stolz man untertreten, und von deren Hand man gestürzt werden könnte (V. 12.), betrachtet hatte, so wandte er seine Augen auf Gott und sagte: wie theuer ist Deine Güte, Gott, daß Menschenkinder unter dem Schatten Deiner Flügel trauen, oder zuversichtlich wohnen! Er bewunderte also die Güte Gottes, welche die Menschen unter den Menschen schütze. Er schrieb es dem Schatten der Flügel Gottes, das ist der mächtigen und treuen Bewahrung Gottes zu, daß Menschen ohne Furcht wandeln und schlafen können. Gott bedeckt die Menschen mit Seiner Allmacht, wie ein Vogel seine Jungen mit seinen Flügeln, und deßwegen leben die Menschen unter Menschen und unter bösen Geistern in einer vergnüglichen Sicherheit. Man verläßt sich gemeiniglich auf den Schutz der Obrigkeit: allein diese Obrigkeit hat selber den Schatten der Flügel Gottes oder den göttlichen Schutz gegen ihre eigenen Unterthanen nöthig; denn wenn Gott Seine Hand nicht über jene hielte, so würde sie von diesen, wenn sie sich in einem Aufruhr vereinigten, leichtlich verschlungen.
Ich will mich also auch heute erinnern, daß ich mein Leben dem Schutz Gottes allein zu danken habe. In Ansehung der Nachtruhe kann ich mit David Ps. 4,9. sagen: ich liege und schlafe ganz mit Frieden, denn allein Du, HErr, hilfest mir, daß ich sicher wohne, und in Ansehung meines Lebens und Wandels bei der Tageszeit: ich gehe oder liege, so bist Du um mich, und siehest alle meine Wege, Du schaffest es, was ich vor oder hernach thue, und hältst Deine Hand über mir, Ps. 139,3.5. Ist es nun einmal dem großen Gott gefällig, meinem Gehen und Liegen, meinem Wandeln und Arbeiten auf der Erde ein Ende zu machen, und mich in die himmlischen Gewahrsame aufzunehmen; so soll ich wohl zufrieden sein und Ihm dafür danken. Ich werde aber ohne Zweifel im Himmel auf meinen Lebensweg mit hellen Augen zurücksehen, und besser als jetzt erkennen, durch was für Gefahren mich der treue Gott durchgebracht, und unter was für Nachstellungen Er mich behütet habe, und werde Ihm dafür Lob und Dank sagen.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Gott, wie theu’r ist Deine Güte,
Die Du Menschenkindern zeigst,
Und ein ängstiges Gemüthe
Dir nur zuzufliehen neigst.
Unter Deiner Flügel Schatten
Finden sie gewünschte Ruh’,
Und fast eh’ sie Glauben hatten,
Deckst Du sie schon sicher zu.
2.
Macht die Schuld dem Herzen enge,
So vergibst und deckst Du doch.
Jagt der Satan in’s Gedränge,
Schützen Deine Flügel noch.
Sucht die Welt uns abzumatten,
Deine Flügel geben Rast,
Weil Du sie im Ueberschatten
Immer ausgebreitet hast.
3.
Von der Güte will ich sagen,
Wenn ich nun im Schatten bin;
Denn ich floh in bangen Tagen
Auch zu Deinen Flügeln hin.
Denn sie hat nicht ihres gleichen,
Und ihr Schatten bringt zum Licht.
Laß mich nur nicht von Dir weichen;
Denn wer weicht, gefällt Dir nicht!
9. Juli. Abend-Andacht.
Ich will schweigen, und meinen Mund nicht aufthun, Du wirst’s wohl machen. Ps. 39,10.
David war krank, da er den Vorsatz faßte zu schweigen und seinen Mund nicht aufzuthun, denn er sagt V. 11.12. ohne Zweifel in der Absicht auf sich selbst. wende Deine Plage von mir, denn ich bin verschmachtet von der Strafe Deiner Hand. Wenn Du Einen züchtigest um der Sünde willen, so wird seine Schöne verzehret, wie von Motten. Ach HErr, wie gar nichts sind doch alle Menschen! In dieser Krankheit nun wurde er wegen seines unzeitigen Eifers, den er je und je mit Reden ausgelassen hatte, bestraft. Er bekennt nämlich V. 4.: sein Herz sei entbrannt worden in seinem Leibe, und wenn er daran gedacht habe, daß gottlose Leute vor seinen Augen frei herumlaufen und viel Böses thun, so sei er entzündet worden, und habe mit seiner Zunge geredet. Ob er nun gleich nicht einsehen konnte, daß er den Gottlosen damit Unrecht gethan habe, so erkannte er doch, daß sein Eifer ein ungeduldiger und unzeitiger Eifer gewesen sei, und daß er mit seiner Zunge gesündiget habe, weil er ein Gericht ausgesprochen, das ihm nicht gebührte. Er nahm sich also in seiner Krankheit vor, sich ferner zu hüten, daß er nicht mehr so mit seiner Zunge sündigte und seinen Mund zu zäumen, wenn er schon den Gottlosen müßte vor sich sehen. Er bat auch Gott, daß Er ihn von der Betrachtung der Gottlosen, welche ihn entzündet, oder in einen heftigen Eifer hineingetrieben hatte, abführen, und in die heilsame Betrachtung seiner Sterblichkeit hineinleiten möchte, und nachdem er V. 7. noch einmal einen Blick auf die Gottlosen gethan, und sie als Leute, die wie bald verschwindende Schattenbilder herumlaufen, sich viel vergebliche Unruhe machen und sammeln, ohne zu wissen, wer es kriegen werde, mitleidig angesehen hatte, so faßte er auf’s Neue den Vorsatz: ich will schweigen und meinen Mund nicht aufthun, Du HErr, wirst’s wohl machen, oder: Du HErr hast’s gemacht und durch eine heilige Zulassung die Welt so eingerichtet, daß in derselben viele Gottlose vor den Frommen herumwandeln und ihren Theil in dem irdischen Leben empfangen sollen: warum soll ich also darüber zürnen? Ich lerne hieraus, warum Gott auch mich und Andere zuweilen durch Krankheiten vom gewöhnlichen Umgang mit Menschen und von den Geschäften wegreiße, und in die Stille führe. Er will uns nämlich alsdann etwas entdecken, das wir vorher nicht erkannt hatten; Er will uns über etwas bestrafen, worüber Er uns damals, da wir’s thaten, nicht alsbald bestrafen konnte. Doch kann Er auch in gesunden Tagen ein solches Gericht über den Menschen halten, welches aber jedesmal eine demüthige Aufmerksamkeit erfordert. Habe ich mich also auch in einem unzeitigen Eifer und unbefugten Gericht über Gottlose vergangen, so wolle Er mir’s gnädiglich entdecken und vergeben. Ueberhaupt wolle Er gegen mir bei Seiner Gnade sein, wie das Feuer eines Goldschmieds und wie die Saife der Wäscher, und mich reinigen und läutern wie Gold und Silber, damit ich ihm in Gerechtigkeit dienen könne, Mal. 3,.2.3. David war ein junger Mann, da er den 39. Ps. verfertigte, weil er sonst nicht von der Verzehrung der Schöne geschrieben hätte. Das jugendliche Feuer und die Kälte des Alters bringe der HErr bei den Seinigen durch die Zucht des Heiligen Geistes in die rechten Schranken.
Mel.: Meine Armuth macht mich schreien.
1.
Gott! ich will vor Dir mich beugen,
Ich will schweigen,
Wenn’s dem Herzen wehe thut;
Denn Dein väterlicher Wille
Macht mich stille;
Endlich machst Du Alles gut.
2.
Muß ich schon Gottlose sehen,
Die mich schmähen,
Daß mein Glaube Narrheit sei,
Lass’ ich dennoch meinen Glauben
Mir nicht rauben,
Und bin froh und still dabei.
3.
O wie gut wirst Du es machen!
Die jetzt lachen,
Weinen ohne Trost hernach;
Aber die verlachten Deinen,
Die jetzt weinen;
Dürfen jauchzen nach der Schmach.
4.
Schickst Du mir auch alle Tage
Meine Plage,
Schweig’ ich kindlich in Geduld;
Du, als Vater, brauchst die Ruthen
Nur zum Guten;
Mir bleibt wohl bei Deiner Huld.
5.
Laß mich nur bei meinen Sünden
Gnade finden,
So wird mein Gewissen still;
Ich gedenke, mein Erlöser,
Sei noch größer,
Wenn mein Herz mich strafen will.
6.
Schweig’ nur nicht zu meinen Thränen,
Still’ mein Sehnen,
Weil ich ja Dein Pilgrim bin.
Endlich führ’ Dein guter Wille
Sanft und stille
Mich auch zu den Vätern hin.
10. Juli. Morgen-Andacht.
Gott hat uns nicht gesetzt zum Zorn, sondern die Seligkeit zu besitzen durch unsern HErrn Jesum Christum.
1 Thess. 5,9.
Paulus hatte vorher die Glaubigen ermahnt, sie sollen als Leute des Tages nüchtern sein, angethan mit dem Brustharnisch des Glaubens und der Liebe, und mit dem Helm der Hoffnung zur Seligkeit. Nun gibt er aber den Grund von dieser Hoffnung der Seligkeit an, und beruft sich dabei nicht auf das menschliche Wollen, nicht auf die eigene Würdigkeit und Gerechtigkeit, sondern auf Gottes Erbarmen. Gott, sagt er, hat uns nicht zum Zorn gesetzt; Er hat uns nicht dazu verordnet, daß Er Seinen Zorn an uns auslasse, und Sich gegen uns als ein verzehrendes Feuer offenbare. Wenn Er dieses thun wollte, wer würde es hindern, wer würde Seinem Willen widerstehen können? Ja wer ist unter der Menge der Sünder, die auf dem Erdboden wohnen, der alsdann über Unrecht klagen könnte? Gott läßt uns von Seinem Zorn predigen, und beschreibt uns in Seinem Wort die Hölle, in welcher man von dem Wein Seines Zorns, der eingeschenkt und lauter ist in Seines Zorns Kelch, trinket, und mit Feuer und Schwefel vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm gequälet wird (Offenb. 14,10.), Er zeigt uns aber diesen fürchterlichen Ort, diese schreckliche Qual, um uns zu warnen, und zur Nüchternheit und Wachsamkeit anzutreiben. Uebrigens hat Er kein Gefallen am Tode des Sünders, und will nicht, daß Jemand verloren werde, sondern daß sich Jedermann zur Buße kehre und lebe. Insonderheit hat Er Leute, welche, wie die Thessalonicher ( Thess. 2,13.), Sein Wort als Gottes Wort annehmen, und seine heilsame Wirkung in sich erfahren, nicht dazu gesetzt oder bestimmt, daß Er Seinen Zorn an ihnen ausbrechen lasse, ob Er sie schon auch väterlich züchtiget, sondern hat sie zum Besitz der Seligkeit durch unsern HErrn Jesum Christum verordnet. Seligkeit ist dem Zorn entgegengesetzt. Das Wort Seligkeit, welches hier vorkommt, wird nie gebraucht, wenn von Gott, oder von Seinen Engeln die Rede ist, weil es sich nur für Leute schickt, welche unglücklich oder verloren waren, wie wir Alle nach der Natur sind. Seligkeit ist eine Errettung von dem Uebel. Diese Seligkeit sollen aber die Glaubigen nach Gottes Willen durch ihren HErrn Jesum Christum, der für sie gestorben ist, erlangen, und hernach ewiglich besitzen. Der HErr Jesus hat Sich durch Sein Sterben am Kreuz für sie geopfert, ihre Sünden gebüßt, den Fluch des Gesetzes getragen, und alle Worte Gottes erfüllet, worin den Menschen Zorn und Strafe gedrohet war. Nun können sie es, denn auf einem andern Weg kommen sie nicht zu diesem Zweck. Ihre Werke und Leiden verhelfen ihnen nicht dazu, ob sie schon auch ihren Nutzen haben. Wenn uns also Jemand fragte, wie der Täufer Johannes die Pharisäer und Sadducäer gefragt hat: ihr Otterngezüchte (ihr böse Menschen) (ihr böse Menschen) wer hat denn euch geweiset, daß ihr dem zukünftigen Zorn entrinnen werdet? Matth. 3,7., so wollten wir antworten: wir haben diese Hoffnung durch unsern HErrn Jesum Christum, der für uns gestorben ist. Alsdann könnte man uns aber wieder antworten und sagen: sehet zu, thut rechtschaffene Früchte der Buße (weil ohne Buße kein Glaube statt hat), denket auch nicht, daß ihr bei euch wollt sagen: wir haben eigene Verdienste u.s.w., Gott ist nicht an euch gebunden. Auch ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt. (Der Zorn Gottes wird bald anbrennen) Darum welcher Baum nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und in’s höllische Feuer geworfen.
Mel.:Allein Gott in der Höh’ sei Ehr.
1.
Gott hat uns nicht zum Zorn gesetzt,
O nein, zum Seligwerden.
O Wort, das mir das Herz ergötzt
Auch einst im Brand der Erden!
Gott will, ich soll erhalten sein;
Geh’ ich den guten Willen ein,
So bin ich auch erhalten.
2.
Dieß ist ein Helm auf meinem Haupt,
Daß ich das Heil darf hoffen,
Das Heil, das man in Jesu glaubt,
Dem Glauben steht es offen.
Ich setze mich nicht selbst dazu;
Gott der Barmherzigkeit, nur Du
Hast uns dazu gesetzet!
4.
Gott! Dir sei ewig Dank dafür
Und Lob für Deine Liebe,
Weil Dein gerechter Zorn ob mir
Sonst ewig liegen bliebe.
Dein Vorsatz müss’ an uns gescheh’n,
Daß wir Dein Heil im Himmel seh’n
Und Dir als selig danken!
10. Juli. Abend-Andacht.
Wie Moses in der Wüste eine Schlange erhöhet hat, also muß des Menschen Sohn erhöhet werden, auf daß Alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Joh. 3,14.15.
Die eherne oder kupferne Schlange, welche Moses in der Wüste an ein Holz hoch hat aufhängen müssen, war also ein Vorbild Christi, der als ein Gekreuzigter aufgehängt und von der Erde erhöht worden ist. Die Israeliten, welche von den feurigen oder feuerrothen sehr giftigen Schlangen gebissen waren, mußten jene kupferne Schlange ansehen, und genasen alsdann; also sollen wir, die wir das Gift der Sünde fühlen, welches der Satan, den Johannes Offenb. 12,3. als einen großen rothen Drachen beschreibt, in das menschliche Geschlecht hineingebracht hat, den gekreuzigten Erlöser im Glauben ansehen, damit wir nicht in unsern Sünden sterben, und verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Das Ansehen der kupfernen Schlange war ein verächtliches Mittel, und wirkte doch, was keine Arznei wirken konnte; also ist der Glaube an den gekreuzigten Heiland bei den stolzen Geistern verachtet, und doch das einige Mittel, wodurch der ganze Mensch von der Sünde frei gemacht, gegen das ewige Verderben gesichert, und des ewigen Lebens theilhaftig werden kann. Wer dieses Mittel, das Jesus selber vorgeschlagen hat, unter dem Beistand des Heiligen Geistes brauchen will, wird es rühmen; wer aber den Weisen dieser Welt Gehör geben, und nach ihrer Anweisung allein durch die Vernunft- und Sittenlehre, durch Fabeln und wahre Geschichten die Kur der Seele ausführen will, wird zwar eine scheinbare Gestalt bekommen, die der Welt gefallen kann, übrigens aber das Sündengift ganz in sich behalten, und durch dasselbe getödtet werden. Der HErr Jesus sagte die obenstehenden Worte zu dem Nicodemus, dem das Gesetz Mosis und die Sittenlehre Salomo’s wohl bekannt war, der aber in der Absicht, etwas Weiteres, das seiner Seele zur Ruhe und zum Leben verhelfen könnte, zu vernehmen, zu Ihm gekommen war. Was sagte ihm nun der HErr Jesus? Er verbot ihm das Halten des Ceremonialgesetzes noch nicht, weil dessen Ende noch nicht gekommen war. Er predigte ihm keine neue Sittenlehre, keine schärferen Gebote, sondern redete mit ihm von der Wiedergeburt als einer unerklärlichen und doch höchstnöthigen Sache, hernach aber vom Glauben an Ihn, und sagte bei diesen zwei Vorstellungen, daß das ewige Leben anders nicht erlangt werden könne. Wer also wiedergeboren wird, wird an den HErrn Jesum glaubig, und wer an Ihn glaubig wird, wird wiedergeboren, weil mit dem Glauben eine neue Natur oder ein neues Leben in der Seele entsteht. Der himmlische Vater gebe mir erleuchtete Augen meines Verständnisses, damit ich Seinen Sohn, der zu meinem Heil an ein Holz aufgehängt worden, sowohl während meiner Pilgrimschaft als auch insonderheit am Ende derselbigen glaubig ansehen könne. Die Ihn ansehen und anlaufen, deren Angesicht wird nicht zu Schanden. Nichts mehr, dann: lieber Herre mein, Dein Tod soll mir das Leben sein, Du hast für mich bezahlet.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Unsre Wüste liegt voll Leichen
Auf dem Weg zu Gottes Stadt;
Ob wir schon dem Volk hier gleichen,
Das sein Brod vom Himmel hat.
Nun ist Keiner unter Allen,
Dem die Sünd’ den Stich nicht gab;
Und im Leib des Tod’s zu wallen,
Zwingt uns manchen Seufzer ab.
2.
Doch wir gehen nicht verloren,
Und wir sterben nicht zur Pein;
Christi Volk wird neu geboren,
Und Er führt zum Leben ein.
Seit Er, wie die eh’rne Schlange,
An das Holz sich hängen ließ,
Ist uns auf den Tod nicht bange,
Denn das Leben ist gewiß.
3.
Unsre matten Blicke gehen
Nur auf den Gekreuzigten;
Da kann unser Glaube sehen,
Was zu unsrem Trost gescheh’n.
So kann sich das Herz erheitern,
Das sein Heil in Jesu sieht,
Daß die Wunden nicht mehr eitern,
Und der Tod den Glauben flieht.
4.
Jesu! richte mein Verlangen
Auch im Sterben nur auf Dich,
Wie Du mir zum Heil gehangen;
Glaub’ ich dieß, so lebe ich.
Gib den Geist zu letzten Blicken,
Mach’ sie von Dir unverwandt;
O so führst Du mit Entzücken
Mich in Dein gelobtes Land!
11. Juli. Morgen-Andacht.
Lehre mich thun nach deinem Wohlgefallen, denn Du bist mein Gott. Dein guter Geist führe mich auf ebener Bahn.
Ps. 143,10.
David beschreibt Ps. 143. ein sehr großes Gedränge, worein er gerathen sei, und klagt über einen Feind, der seine Seele verfolge, sein Leben zu Boden schlage und in’s Finstere lege, wie die Todten in der Welt. Er bekennt, sein Geist sei in ihm geängstet, und sein Herz sei in seinem Leibe verzehret, das ist, es sei kein Muth und keine Kraft mehr in ihm. Seine Seele war wie ein dürres Land, sein Geist, das ist seine Munterkeit und sein Muth, verschwand, und es däuchte ihn, daß es mit ihm der höllischen Grube zugehe. Auch wurde ihm seine Sündhaftigkeit so vor die Augen gestellt, daß er V. 2. beten mußte: HErr gehe nicht in’s Gericht mit Deinem Knecht, denn vor Dir ist kein Lebendiger gerecht. Es scheint nicht, daß die Sünde, die er mit der Bathseba begangen, oder ein anderer schwerer Sündenfall diesen Zustand und diese Klagen verursacht habe; auch war der Feind, dessen er V. 3. Meldung thut, kein sichtbarer Feind; denn ein solcher hätte den David nicht so muthlos und finster machen können; wiewohl er doch hernach V. 9. 12. der sichtbaren Feinde, aber mit Heiterkeit und Muth, und so, daß er ihren Zudrang nicht so fürchterlich beschreibt, Meldung thut. Der Feind, dessen er V. 3. gedenkt, ist ohne Zweifel der Satan, und Alles, worüber David in dem ersten Theil dieses Psalmen klagt, war, kurz zu sagen, eine schwere geistliche Anfechtung. Was soll nun ein Christ thun, wenn ihn eine solche Anfechtung überfällt? Er soll sich des David und anderer Heiligen erinnern, denen es auch so gegangen ist. Er soll nach ihrem Beispiel beten, seine Noth klagen, seine Sündhaftigkeit eingestehen, und bitten, daß Gott mit ihm nicht in’s Gericht gehe, sondern ihm Gnade erzeige. Weil aber seine Seele finster ist und er den Weg nimmer siehet, auf dem er wandeln soll, soll er auch bitten: thue mir kund den Weg, darauf ich gehen soll, denn mich verlanget nach Dir. Weil der Christ seine Unwissenheit erkennet, soll er bitten: HErr, lehre mich thun nach Deinem Wohlgefallen, denn Du bist mein Gott, und weil er seine Schwachheit empfindet: Dein guter Geist führe mich auf ebener Bahn. Die Worte: denn Du bist mein Gott, zeigen an, daß in solchen Anfechtungen ein Glaubensfünklein in der Seele übrig bleibe, welches der Feind mit allen seinen Fluthen nicht auslöschen kann. Uebrigens dienen solche Anfechtungen dazu, daß der Mensch sein Unvermögen nach allen Theilen besser erkennen und fühlen lernt, und hernach Gott desto lauterer die Ehre geben kann, wenn etwas Gutes in ihm und durch ihn gewirkt wird. Auch helfen sie zum geistlichen Wachsthum, denn der Mensch lernt in denselben einsehen, daß er bei dem bisherigen Maß des geistlichen Lichts und Lebens nicht stehen bleiben dürfe, weil es zum Sieg über die Macht der Finsterniß dießmal nicht zureichend sein will. Er bittet also: HErr, lehre mich, Dein guter Geist führe mich; und bekommt hernach eine neue Unterweisung und eine neue Erfahrung des kräftigen Beistands des Heiligen Geistes. Das Wohlgefallen Gottes erquickt ihn hernach wieder, und indem ihn der gute Geist auf der ebenen Bahn der Gebote Gottes führet, so wird er mit Wonne inne, daß sein Weg nicht (wie er in der Anfechtung gemeint hatte) der Hölle, sondern dem Himmel zugehe.
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Nach Gottes Wohlgefallen
Den Weg zum Leben wallen,
Ist nicht des Menschen Kraft;
Der Vater ist Regierer,
Der gibt den Geist zum Führer
Uns Kindern auf der Pilgrimschaft.
2.
Wir kämen in’s Gewirre,
Der Leichtsinn ging’ bald irre,
Die Trägheit stieß’ oft an,
Wir fielen schnell darnieder,
Und fielen immer wieder,
Und träfen nicht das Ziel der Bahn.
3.
Sein Geist führt wie die Jugend,
Sagt uns des Vaters Tugend,
Der uns berufen hat;
Er richtet auf vom Falle,
Bewahrt die Tritte alle,
Und stärkt und trägt uns, wenn wir matt.
4.
Ja, Vater, sei geehret,
Der uns den Weg selbst lehret,
Wo uns Dein Geist erhält.
Laß uns an Deinen Händen
Den Lauf mit Freuden enden,
Daß Dir Dein Lob von uns gefällt!
11. Juli. Abend-Andacht.
Wir werden geschmähet, daß wir auf den lebendigen Gott gehoffet haben.
1 Tim. 4,10.
Ist’s möglich, daß man deßwegen geschmähet wird, weil man auf den lebendigen Gott hofft? Ja, es ist möglich, und es ist von Anbeginn geschehen, und geschieht immerdar. Paulus und alle Christen zu seiner Zeit, ja auch die Israeliten zur Zeit des Alten Testaments wurden geschmähet, weil sie auf den lebendigen Gott und nicht auf die todten Götzen hofften, und sich dadurch als Sonderlinge vor der unzählbaren Menge der Götzendiener auszeichneten, ja ihren Götzendienst für Thorheit erklärten. Auch von den Juden wurden die Christen geschmähet, weil sie auf den lebendigen Gott, der ein Heiland aller Menschen, absonderlich der Glaubigen ist, hofften, und ihre Hoffnung nicht auf den Tempel zu Jerusalem, und auf die Beschneidung, Opfer, Sabbathe, Neumonden u. dgl. setzten. Wir, die wir jetzt weder mit Heiden, noch mit Juden zu kämpfen haben, werden geschmähet, wenn wir auf den lebendigen Gott hoffen, und unsere Hoffnung nicht auf Fürsten und ihre mächtigen Diener, oder auf den Mammon setzen. Man schmähet uns als Thoren, daß wir nicht mit einer kriechenden Schmeichelei oder durch andere unerlaubte Mittel die Gunst der Gewaltigen erwerben, daß wir nicht auf krummen Wegen Ehrenstellen, Einkünfte und Schätze zu erhaschen trachten, und überhaupt nach der Weise der Welt unser Glück nicht machen wollen. Wenn wir dabei sagen: wir befehlen dem HErrn unsere Wege, und hoffen auf Ihn, Er werde es schon machen; wenn wir sagen: wohl dem, deß Hülfe der Gott Jakobs ist, deß Hoffnung auf den HErrn seinen Gott steht, der Himmel, Erde, Meer und Alles, was darinnen ist, gemacht hat, der Glauben hält ewiglich; wenn wir uns auf die Fußstapfen und die Gebote Jesu berufen, durch welche wir angewiesen sind, in der Niedrigkeit einherzugehen, nicht nach hohen Dingen zu trachten, der Welt uns nicht gleich zu stellen, und das Zeugniß zu erwerben, das Ihm Seine Feinde, da Er am Kreuz hing, zugerufen haben: Er hat Gott vertrauet – wenn wir auf diese Weise uns verantworten, und den Grund der Hoffnung, die in uns ist, angeben: so hält uns die Welt für Thoren, sie versteht unsere Sprache nicht; und weil sie bei ihrem Unglauben und bei ihren Tücken den lebendigen Gott für Nichts hält, so meint sie, wir setzen unser Vertrauen auf ein Nichts, wiewohl sie gemeiniglich eine feinere Sprache führt. Was ist nun zu thun? Man muß sich durch das Beispiel und die Einreden der Welt nicht irre machen lassen. Man muß fortfahren, auf den lebendigen Gott zu hoffen. Er ist treu, Er ist mächtig, Er ist allein gut und allein weise. Er ist Vater, Fürsprecher und Tröster. Niemand wird zu Schanden, der auf Ihn hofft. Er erzeigt seine Fürsorge zur rechten Zeit. Er leitet die Elenden recht, und erlöst sie endlich aus allem Uebel. Gegenüber steht die Welt mit ihrem Glück. Wie leer, wie eitel, wie vergänglich ist es! welch eine Unruhe und welches Mißvergnügen ist dabei! wie kläglich ist der Ausgang! Kein Buch in der Bibel gibt hier mehr Aufschluß als der Psalter. Endlich wird die Ewigkeit Alles klar machen.
Mel.: Wer nur den lieben Gott etc.
1.
Lebendiger! auf Dich zu hoffen,
Ist keine Hoffnung kurzer Zeit;
Da wird nicht wie im Traum geloffen,
Den man im Wachen erst bereut.
Die Welt hat doch kein wahres Gut,
Worauf die Hoffnung ewig ruht.
2.
Dein Wesen ist allein beständig,
Du hast allein Unsterblichkeit;
So ist die Hoffnung auch lebendig,
Die sich nur ihres Gottes freut.
Wer auf dich hofft, dem stirbst Du nicht,
Er hofft und sieht Dich einst im Licht.
3.
Ach bau’ die Hoffnung meiner Seele,
Auf Dich allein, Du wahrer Gott,
Daß mir es nicht am Ende fehle;
Denn eitle Hoffnung wird zu Spott.
Hofft’ ich auf eine ganze Welt,
Was hälf’ mich’s, wenn sie selber fällt!
4.
Du lebst und hast auch uns ein Leben
In Deinem Sohne zugedacht;
Er hat sich in den Tod gegeben,
Und wir sind mit Ihm auferwacht;
Daher Er unsre Hoffnung ist,
Der lebende HErr Jesus Christ.
5.
Ich will in dieser Hoffnung sterben,
Daß ich soll wieder aufersteh’n;
Ich hoffe als ein Kind zu erben;
Ich hoffe Ihn und Dich zu seh’n.
Richt’ meine Hoffnung immer mehr
Auf Dich allein, Lebendiger!
12. Juli. Morgen-Andacht.
Jesus hat uns von dem zukünftigen Zorn erlöset.
1 Thess. 1,10.
Wenn die heilige Schrift von den Strafen redet, welche Gott über sterbliche Menschen verhängt, so thut sie oft des göttlichen Zorns Meldung: es ist aber dieser Zorn immer noch durch eine verschonende Barmherzigkeit gemildert, und die Strafen selbst sind mit Wohlthaten vermengt, deren Genuß Gott den Menschen noch übrig läßt, weil Er doch noch immer die Absicht hat, sie zur Buße zu leiten. Derjenige Zorn Gottes aber, welchen die heilige Schrift den zukünftigen nennt, ist schrecklich und fürchterlich. Seine Wirkung ist Verdammniß, Pein, ewiges Verderben, der andere Tod. Ein Mensch, der unter diesem Zorn liegt, kann nichts mehr glauben und hoffen; er kann seinen Schöpfer nicht mehr lieben, nichts mehr von Ihm begehren; Gott gedenkt auch seiner nimmer; er ist von der wohlthätigen Hand Gottes abgesondert. Gott, der sonst Liebe heißt, ist ihm ein verzehrendes Feuer. Diesen zukünftigen Zorn fühlt eine arge und unglaubige Menschenseele, sobald sie von ihrem Leibe getrennt ist; noch völliger aber wird ihn der ganze Mensch empfinden, wenn er zum Gericht wird auferstanden sein.
Welch einen großen Dank sind wir also dem HErrn Jesu schuldig, daß Er uns von dem zukünftigen Zorn errettet hat und erretten wird! er hat uns davon errettet, da Er Sein Leben am Kreuz für uns gelassen hat, und dadurch die Versühnung für unsere Sünden worden ist, welche den zukünftigen Zorn über uns hätte bringen können. Er hat uns davon errettet, da Er durch Seinen Geist Buße und glauben in uns gewirkt hat; denn wer an Ihn glaubt, kommt nicht in’s Gericht, sondern ist vom Tod zum Leben hindurch gedrungen. Er errettet uns täglich davon, indem Er uns in seiner Gnade erhält und befestigt, und uns keine feindliche Gewalt aus Seiner Hand reißen läßt. Er wird uns aber auch von diesem zukünftigen Zorn erretten, wenn Er vom Himmel als der Richter der Lebendigen und der Todten kommen wird. Paulus sagt deßwegen: die bekehrten Menschen, welche dem lebendigen und wahren Gott dienen, sollen des Sohnes Gottes vom Himmel warten, der sie von dem zukünftigen Zorn errette. Bei der Zukunft des Sohnes vom Himmel wird der Zorn, den wir jetzt zukünftig nennen, auf das Vollkommenste offenbar werden. Wehe denen, die er alsdann ergreifen und verzehren wird! Es wird keinen irdischen Zufluchtsort geben, welcher vor demselben verbergen und schützen könnte. Wer aber jetzt das Evangelium glaubt, wie es die Thessalonicher geglaubt haben, wer durch den Glauben Gnade erlangt, und wenigstens im letzten Theil seines irdischen Lebens, und bei dem Sterben in Jesu Christo erfunden wird, und das Siegel Seines Geistes in sich hat, wird von Jesu selbst von dem zukünftigen Zorn errettet. Zur Rechten Seines Richterstuhls, wo Er die Gerechten hinstellen wird, wird er nicht ausbrechen. Hier wird der wahre Zufluchtsort sein, und im neuen Himmel, auf der neuen Erde, und im neuen Jerusalem wird ewige Ruhe und Wonne sein. Es wird da kein Verbanntes sein, welches dem Zorn Gottes übergeben werden müßte. HErr Jesu, in Deine Gnade und Pflege empfehle ich mich, damit ich durch Dich dem zukünftigen Zorn entrinnen könne.
Mel.: Gott sei Dank in aller Welt.
1.
Das ist’s, was die Seele tröst’t,
Jesu, Du hast mich erlöst
Von dem Zorn, der ewig brennt
Und vom Gott der Liebe trennt.
2.
Diesen Zorn hab’ ich verdient,
Jesu, Du hast mich versühnt,
Unter Deiner Krone Dorn
Trugst Du selbst für mich den Zorn.
3.
Ich war keiner Liebe werth,
Jesu, Du hast mich geehrt,
Bis zum Tode liebest Du,
Und wandt’st Gottes Herz mir zu.
4.
Mir gehört der Himmel nicht,
Jesu, Du hast’s ausgericht’t,
Bist nun in des Vaters Haus,
Und theilst da die Wohnung aus.
5.
Sollt’ ich nun nicht dankbar sein?
Jesu, nimm mein Herz ganz ein,
Daß ich, Deines Ruhms recht voll,
Dir stets danke, wie ich soll.
6.
Ich bleib’ nicht von Gott getrennt,
Liebe ist’s, die jetzt brennt,
Und ich singe als getröst’t:
Jesu, Du hast mich erlöst!
12. Juli. Abend-Andacht.
Gott hat uns in Jesu Christo erwählet, ehe der Welt Grund geleget war, daß wir sollte sein heilig und unsträflich vor Ihm in der Liebe.
Eph. 1,4.
Offenb. 13,8. wird gesagt, daß die Namen der Auserwählten, die in der letzten Zeit von der schärfsten Versuchung nicht hingerissen werden, vom Anfang der Welt in dem Buch des Lebens des Lämmleins geschrieben seien; Paulus aber sagt Eph. 1,4.: Gott habe uns in Christo Jesu erwählet, ehe der Welt Grund geleget worden. Vor der Einrichtung oder Schöpfung der Welt war keine Zeit; was vorher geschehen ist, geschah vor dem Anfang, folglich in der stillen, einförmigen, unendlichen Ewigkeit, die kein Menschenverstand begreifen kann. Ehe also die Welt gemacht war, erwählte Gott diejenigen, die selig werden, in Christo Jesu. Indem nämlich Gott dieselben erwählte, so beschloß er zugleich, das wesentliche Wort, das bei Ihm war, in die Welt zu senden, Fleisch werden zu lassen, und durch dasselbe eine große Erlösung auszuführen. Er sahe auch voraus, daß dieses Alles geschehen werde, und erwählte also diejenigen, die durch den Tod Seines Sohnes versöhnt werden, und diese Versöhnung durch den Glauben ergreifen und empfangen würden. Keine Gesetzes-Werke, welche diese Erwählten thun würden, und keine Würdigkeit, welche ihnen selbst ankleben würde, bewog Ihn, sie zu erwählen, sondern Er sahe dabei auf die Erlösung Seines Sohnes, und auf ihre glaubige Theilnehmung an derselben, wie es auch der Erfolg oder die wirkliche Ausführung dieser Erlösung bewies. Daß also die Menschen nur in Christo Jesu ihr Heil finden sollen, war keine Verordnung, die Gott erst in der Zeit gemacht hatte: die ewige Erwählung war schon so abgefaßt, folglich ist diese Verordnung unabänderlich. Weil aber die Menschen das Heil in Christo Jesu nicht genießen könnten, wenn sie in der Sünde beharreten, ja weil der völlige Genuß dieses Heils eine völlige Befreiung von der Sünde als dem größten Uebel erfordert, so sagt Paulus, Gott habe uns in Christo Jesu erwählt, daß wir vor Ihm heilig und unsträflich oder ohne Tadel in der Liebe sein sollen. Vor Ihm sollen wir so sein, denn Er kennet uns, Er richtet uns, Ihm müssen wir gefallen. Wie sollen wir aber vor Ihm sein, damit der Zweck Seiner Erwählung erreicht werde? Heilig sollen wir sein, weil Er heilig ist, und Ihm nichts gefällt, als was heilig ist. Unsträflich oder ohne Tadel sollen wir sein, weil der Tadel vor Ihm unanständig wäre, und unsere Seligkeit auch bei uns störte. Diese Heiligkeit und diese untadelhafte Beschaffenheit soll aber in der Liebe zusammengefaßt sein, weil Johannes den ganzen Ruhm, der Gott gebührt, darin zusammen gefaßt hat, daß er zweimal schrieb: Gott ist Liebe. Wenn ein Mensch ganz in das Element der Liebe hinein gekommen und ganz von der Liebe durchdrungen ist, oder ganz in der Liebe legt, so ist er ganz heilig, ganz ohne Tadel, folglich ganz Gott ähnlich, und gefällt Seinen Augen. Der Zweck der Erwählung ist also Liebe. Durch Jesum Christum sollen wir heilig und ohne Tadel in der Liebe werden. Darauf zielen alle Wirkungen des Heiligen Geistes in uns. Wohl uns, wenn wir denselben immer Raum geben! Es ist für einen Menschen gefährlich, wenn er vor oder bei dem Anfang seiner Bekehrung erforschen will, ob er zur Seligkeit erwählt sei oder nicht. Er soll nur trachten, durch den Glauben in Christo Jesu zu sein und bis an sein Ende der Heiligung nachjagen, alsdann hat er das Kennzeichen der Erwählung in sich selber.
Mel.: Mein’s Herzens Jesu etc.
1.
Eh’ Gott den Grund der Welt gelegt,
Hat Er uns schon erwählet,
In Christo, welcher Alles trägt,
Hat Er uns da gezählet,
Damit wir sollten vor Ihm rein,
Ganz heilig, ganz unsträflich sein
In Seiner großen Liebe.
2.
O Liebe, was hast Du gethan,
Was läßt Du offenbaren!
Du nahmst uns schon zu Kindern an,
Noch eh’ wir Menschen waren.
O gib mir Glauben, der da faßt,
Wie hoch Du uns erhoben hast
In Deinem Sohn der Liebe!
3.
Gib, Jesu, daß ich in Dir bin,
So bin ich ohne Tadel;
Gib, Geist des HErrn, mir einen Sinn
Nach diesem hohen Adel!
So leb’ ich diesem würdiglich,
Und ist die Welt zu schlecht für mich,
Daß ich sie möchte lieben!
4.
Sind meine Tage ausgezählt,
So laß mich dieses trösten:
Ich sei in Christo auserwählt
Und unter den Erlösten;
So sterb’ ich froh auf meine Wahl,
Und will mit jener frohen Zahl
Die Liebe ewig rühmen.
13. Juli. Morgen-Andacht.
Ich freue mich im HErrn, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott; denn Er hat mich angezogen mit Kleidern des Heils, und mit dem Rock der Gerechtigkeit gekleidet.
Jes. 61,10.
Will man diesen Spruch in die neutestamentliche Sprache übersetzen, so kann man sagen, die Menge derer, die ihres Gnadenstandes gewiß sind, sage: nun wir gerecht worden sind durch den Glauben, so haben wir Friede mit Gott, durch unsern HErrn Jesum Christ – und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben soll – und rühmen uns der Trübsale – nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch Gottes durch unsern HErrn Jesum Christ, durch welchen wir die Versöhnung empfangen haben. Röm. 5. Die Worte Jesaiä lauten prächtig, und doch ist in den Worten Pauli noch mehr enthalten, als in jenen. Wer kann aber diese Worte nachsprechen? Kein Gottloser, kein unbekehrter Heuchler darf es thun: ein begnadigter, aber ängstlicher und schwacher Christ dürfte es thun, kann es aber in seinem dermaligen Zustand nicht ohne Zweifel und Furcht thun. Die Worte Jesaiä und Pauli sind das Bekenntniß eines völligen Glaubens, wobei man vom bösen Gewissen los (Hebr. 10,22.), und seines Gnadenstandes gewiß ist. Wer gelangt aber bis zu dieser Stufe? Vielleicht nur diejenigen, die gar nicht, oder nur wenig gesündigt haben, und deßwegen immer mit sich selber zufrieden gewesen sind. Ach nein! Paulus hatte ja Röm. 3. bewiesen und behauptet, daß alle Menschen ohne Unterschied Sünder seien, und der Herrlichkeit Gottes mangeln, und ohne Verdienst aus der Gnade Gottes, und durch die Erlösung, die durch Christum geschehen ist, gerecht werden. Auch hat er V. 27. die Frage aufgeworfen: wo bleibet nun der Ruhm? und geantwortet: er ist aus; durch welch Gesetz? durch der Werke Gesetz? Nicht also, sondern durch des Glaubens Gesetz; da dann sein Ausspruch dieser ist, daß eben deßwegen kein Mensch einigen Ruhm behalte, weil das Gesetz oder die Regel der Rechtfertigung die Werke ausschließe, und nur Glauben erfordere. Was den Jesaias anbelangt, so hat er Kap. 61 zuerst von Elenden, von zerbrochenen Herzen, von Gefangenen, von Gebundenen, von Traurigen, von Leuten, die in Schmach und Schande gesteckt seien, geredet, und hernach angezeigt, daß eben dieselben durch den freudigen Geist zur rechten Zeit sagen lernen: ich freue mich im HErrn, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott; denn Er hat mich angezogen mit den Kleidern des Heils, und mit dem Rock der Gerechtigkeit gekleidet. Aus traurigen Seelen will also Gott fröhliche machen, und Sünder, die verloren gehen sollten, will Er mit Kleidern des Heils und mit dem Rock der Gerechtigkeit kleiden. Gleichwie mein Kleid nicht aus meinem Leib herausgewachsen ist, also entspringt auch das Heil und die Gerechtigkeit nicht aus mir selbst. Beides ist ein Gnadengeschenk Gottes; mit beidem will mich Gott kleiden. Das Heil wehret dem Verderben, die Gerechtigkeit aber der Anklage und Verdammniß. Das Heil, welches im Gegensatz gegen die vielen Uebel, die Röm. 8, 35-39. genannt werden, mannigfaltig ist, und deßwegen mit Kleidern verglichen wird, erkennt man gemeiniglich bälder als die Gerechtigkeit, welche sich auf Gott allein bezieht, und deßwegen ein Rock genannt wird. Gott sei Dank für den Reichthum Seiner Gnade in Christo Jesu. Er lasse mich diesen Reichthum zu meiner Seligkeit und Rechtfertigung genießen!
Mel.: Einst ist Noth, ach HErr.
1.
Meine Seele darf sich freuen,
Sie ist froh in meinem Gott.
Mir kann nun kein Trauern dräuen,
Und ich fürchte keinen Spott.
Die Kleider des Heils hat mir Jesus bereitet,
Sein Rock der Gerechtigkeit hat mich gekleidet;
So deck’ ich die Blöße, so kann ich besteh’n.
Von Gott selbst geschmückt sein, das stehet ja schön.
2.
Meinem Heiland seh’ ich ähnlich,
Und so siehet Gott mich an,
Wie mich Jesus ungewöhnlich
Und so herrlich angethan.
So freute sich Esther im Schmucke vom König;
So freute sich Adam, der Sünder, nicht wenig,
Als Gott ihm den Anzug vom Opfer gemacht
Und seiner als Eines aus ihnen gedacht.
3.
Jesu, der in Fleischestagen,
Da Er Schuld und Schande trug,
Weiß und roth für mich getragen,
O wie dank’ ich Dir genug!
Weg, Lumpen der Werke! dieß freut mich alleine,
Daß ich nun im Blute des Lammes erscheine;
Da wasch’ ich die Kleider, die lege ich um,
Und gebe Dir ewig in diesen den Ruhm.
13. Juli. Abend-Andacht.
So wir aber deß hoffen, das wir nicht sehen, so warten wir sein durch Geduld.
Röm. 8,25.
Etwas hoffen, das man nicht gesehen hat, und nicht siehet, und bei Leibesleben nicht sehen kann, und das auch noch Keiner von denjenigen, unter denen man lebt, jemals gesehen hat, wäre eine große Thorheit, wenn man nicht eine gewisse Nachricht oder ein zuverläßiges Zeugniß davon hätte. Diese Nachricht und dieses Zeugniß finden wir aber in der Bibel. Diejenigen, welche dieselbe geschrieben haben, sind zuweilen entzückt oder im Geist gewesen und haben himmlische Dinge gesehen, und was sie gesehen hatten, treulich beschrieben. Aber auch außer dem Fall einer solchen Entzückung haben sie als getrieben von dem Heiligen Geist davon geredet und geschrieben. Wenn wir keine solche von Gott eingegebene Bibel hätten, so wäre die Hoffnung einer zukünftigen Seligkeit und Herrlichkeit sehr schwach, wankend und unkräftig, wie die Bücher der klügsten Heiden und aller Weltweisen genugsam beweisen. Nun steht aber unsere Hoffnung auf dem Zeugniß Gottes, der nicht lügen kann, fest, und läßt Niemand, der dieselbe in der rechten Ordnung und durch die Kraft des Heiligen Geistes gefaßt hat, zu Schanden werden. Uebrigens ist freilich die gehoffte Freude, Ruhe und Herrlichkeit nicht alsbald da, wenn man sie hofft. Man darf nicht alsbald in den Himmel eingehen, wenn man auf Erden Gnade erlangt hat. Man muß vorher einen Lauf machen, und zwar durch Leiden, unter denen es Seufzer gibt. Unser Lauf ist kurz, wenn man ihn mit dem Lauf der Patriarchen vor der Sündfluth vergleicht; vielleicht sind aber auch unsere Leiden gehäufter, als die ihrigen waren. Es scheine aber der Lauf eines Christen kurz oder lang zu sein, so muß er eben warten lernen, und zwar mit Geduld. Gott thut Alles fein zu seiner Zeit, und der Mensch kann mit Ungeduld nichts ereilen und erzwingen. So lange das Leben währt, muß auch das geduldige Warten bei der Hoffnung währen, welches im Psalter oft ein Harren genannt wird. Auch nach dem Tod währet das Warten auf den Tag Jesu Christi noch fort, wiewohl bei den Seelen, die in den himmlischen Tempel aufgenommen sind, die Geduld im eigentlichen Verstand nicht mehr statthaben wird.
Auch ich soll also hoffen, was ich nicht sehe, was mir aber im Wort Gottes verheißen wird, und dessen, so lange meine Wallfahrt währet, durch Geduld warten. Das Warten der Gerechten wird Freude werden, aber der Gottlosen Hoffnung wird verloren sein. Viele Klagen werden durch den einzigen Zuspruch: warte mit Geduld, beantwortet. Die Zeit des geduldigen Wartens ist kurz; der Genuß aber und Besitz dessen, was man erwartet hat, wird ewig sein, und die Sache selbst alle Erwartung, insofern sie in eine deutliche Erkenntniß gefaßt ist, übertreffen. Hallelujah! Die Menschen nennen ihre Zeit kurz oder lang, je nachdem sie von demjenigen, das ihnen darin begegnet, ein Angedenken oder eine Empfindung haben. Die vergangene Zeit, von welcher ihnen das Wenigste im Angedenken geblieben ist, däucht sie kurz zu sein, die gegenwärtigen traurigen Tage aber lang, die fröhlichen aber ebenfalls kurz. Was wird man wohl im Himmel von der zurückgelegten Zeit denken? Gewiß ist’s, daß man sie für wichtig aber sehr klein halten wird.
Mel.: Von Gott will ich nicht lassen.
1.
Ein Himmel steht uns offen,
Wohin uns Gnade zieht;
Doch muß das Herz erst hoffen,
Was unser Aug’ nicht sieht;
Wir warten in Geduld.
Wer nichts glaubt ungesehen,
Der kann es nicht verstehen,
Und gibt uns Thorheit schuld.
2.
Allein das Wort des Lebens
Macht unser Herz gewiß;
Wir hoffen nicht vergebens,
Der Geist versiegelt dieß;
Ja, Jesus, Gottes Sohn,
Ist uns’re Hoffnung worden,
Und Seinem Jüngerorden
Gibt Er das Angeld schon.
3.
HErr! will mein Fleisch vernünftig
Bei meinem Hoffen sein,
Und will ihm das, was künftig,
Sammt der Geduld nicht ein,
So stärk’ durch Deinen Geist
Mir meine Hoffnung wieder,
Und schlage bald darnieder,
Was Du mir schädlich weiß’st.
4.
Im Abbruch meiner Hütte
Mach’ meine Hoffnung fest;
Gewähre mir die Bitte,
Daß Du mich nicht verläßst;
Bring’ Du mich da hinein,
Wohin Du vorgeloffen,
Und laß mich nach dem Hoffen
Im Sehen selig sein!
14. Juli. Morgen-Andacht.
Desselbigen gleichen auch der Geist hilft unserer Schwachheit auf.
Röm. 8,26.
Wenn der Mensch todt in Sünden ist, so ist er zu Allem, was wahrhaftig gut und Gott gefällig heißen kann, untüchtig, wenn er aber wiedergeboren ist, wie Paulus und die glaubigen Römer, an die er schrieb, so ist er geistlich und geistlich gesinnt, und hat eine Kraft zu glauben, zu lieben, zu hoffen, und Gott anzubeten. Dessen ungeachtet aber ist er schwach, weil alles Erschaffene und Eingeschränkte in der Vergleichung mit dem allmächtigen Gott schwach ist, und weil er überdieß noch nicht vollendet, nicht ausgewachsen, und nicht völlig von der Sünde frei gemacht ist. Paulus sagt aber: der Geist (Gottes) hilft unserer Schwachheit auf. Er lehret hiemit, daß wir uns einen geistlichen Menschen nicht ohne die beständige Inwohnung und Wirkung des göttlichen Geistes vorstellen sollen. Es wird zwar durch die Wiedergeburt eine neue Kraft oder Natur in dem Menschen hervorgebracht, welche Geist heißt, denn was vom Geist Gottes geboren ist, das ist Geist: allein dieser Geist des Menschen ist beständig abhängig von dem Geist Gottes, wird immer von diesem unendlichen Geist bewohnt, regiert, erhalten und bewegt, und hörete auf zu sein, wenn dieser Geist wiche; deßwegen schrieb Paulus Röm. 8,9.: ihr seid nicht fleischlich, sondern geistlich, so anders Gottes Geist in euch wohnet; wer aber Christus Geist nicht hat, der ist auch nicht Sein (und höret also auf, geistlich zu sein, wenn er’s auch gewesen ist), der geistliche Mensch aber wird von dem Heiligen Geist als Sein Tempel bewohnet, V. 1., als ein Mensch, der thätig sein soll, getrieben, V. 14., und als ein Mensch, der wissen muß, wessen er sich zu Gott versehen solle, durch Sein Zeugniß getröstet und erfreuet, V. 16. Derselbige Geist hilft auch seiner Schwachheit im Beten auf; als welches eine so wichtige Sache ist, daß ohne Ihn auch der geistliche Mensch nicht wüßte, was er beten sollte, wie sich’s gebühret, V. 26. Wer dieses Alles bedenkt, erkennt leichtlich, daß ein wiedergeborener Christ seinen Geist oder sein geistliches Leben nicht eigenmächtig besitzen dürfe. Wir werden darum wiedergeboren, daß Gott durch Seinen Geist wieder in uns wohnen und wirken könne. Im Stand der Unschuld war in dem wesentlichen Wort das Leben und Licht der Menschen, nun soll es mit den gefallenen Menschen wieder dahin kommen, daß Gott Alles in Allen sei, oder daß des Menschen Gedanken, Worte und Werke von Gott, durch Gott und zu Gott seien, und Gott an ihm verherrlicht werde. Schwach ist ein jedes Geschöpf für sich selbst. Schwach ist insonderheit ein Mensch. Er weiß nicht, wie er dem heiligen Gott begegnen soll, und hat die Kraft nicht, sich gegen Ihm aufzurichten, und zu Ihm zu nahen. Aber der ewige Geist Gottes, der vom Vater ausgeht, kommt ihm zu Hülfe, bietet ihm gleichsam die Hand, und hilft seiner Schwachheit auf. Die ganze Anbetung Gottes soll durch diese Handreichung des Heiligen Geistes regiert werden, und der geistliche Mensch soll darauf merken, wie weit, und wozu ihn der Heilige Geist dabei treibe, und Seiner Handreichung sich nicht aus Trägheit entziehen, aber dieselbe auch nicht mit seiner natürlichen Wirksamkeit überschreiten wollen.
Mel.: Ein Lämmlein geht und trägt etc.
1.
Der Geist hilft uns’rer Schwachheit auf,
Faßt dieß Wort, müde Seelen!
Es soll uns in dem ganzen Lauf
An Seiner Kraft nicht fehlen:
Wir beten schwach, Er betet mit;
Wir straucheln oft, Er lenkt den Tritt;
Wir kämpfen matt, Er stärket;
Wir glauben kaum, Er bleibt getreu;
Wir sinken fast, Er steht uns bei,
So oft Er Schwachheit merket.
2.
Dein ist der Ruhm, Du Geist der Kraft,
Dein ist allein die Ehre,
Weil leicht in dieser Pilgrimschaft
Ein Herz verschmachtet wäre.
Du hast ein Wort, das Kräfte gibt,
Von Jesu welcher uns geliebt,
Und schwach für uns gewesen:
Und wenn ein Herz auch todtschwach schien’,
Reichst Du Sein Blut zur Stärkung hin,
So kann das Herz genesen.
3.
O Vater, Dir sei Preis und Macht
Für Deinen Geist gesungen;
O Jesu, Dir sei Ruhm gebracht,
Der Du uns das errungen,
Daß uns im Lauf durch diese Welt
Dein Geist das Leben noch erhält,
Das Du uns gibst von Oben.
Auch unser Lob und Dank ist schwach,
Hilf da auch, es ist Deine Sach’
Bis wir in Kraft Dich loben!
14. Juli. Abend-Andacht.
Ich bin mit Christo gekreuziget; ich lebe, aber doch nun nicht ich, sondern Christus lebet in mir; denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben des Sohnes Gottes, der mich geliebet, und Sich selbst für mich gegeben hat.
Gal. 2,20.
Paulus pflegte zu sagen, die Glaubigen seien mit Christo der Sünde und dem Gesetz gestorben, und weil damals die Täuflinge unter das Wasser getaucht wurden, so nahm er daher Anlaß zu schreiben, man werde durch die Taufe mit Christo begraben. Wenn er in der Anwendung auf die Glaubigen von der Kreuzigung redete, so sagte er: ihr alter Mensch sei mit Christo gekreuziget, sie haben ihr Fleisch sammt den Lüsten und Begierden gekreuziget, und von sich selbst: durch das Kreuz Christi ist mir die Welt gekreuziget, und ich der Welt, s. Röm. 6. und 7. Kol. 2. Gal. 2. und 6. Gal.2. erzählte er, was er mit Petro zu Antiochia geredet, und wie er sowohl die vermeinte Rechtfertigung aus des Gesetzes Werken widerlegt, als auch die Nothwendigkeit, gewissen angesehenen Juden auf eine heuchlerische Art nachzugeben und gefällig zu sein, bestritten habe. Was den ersten Punkt anbelangt, so sagte er: ich bin durch’s Gesetz oder die Regel des Glaubens dem Gesetz der Werke gestorben; ich darf mich also so wenig als ein Todter vom Gesetz treiben lassen, meine Rechtfertigung durch Gesetzeswerke zu suchen: was aber das Ansehen der Juden und überhaupt der ganzen Welt anbelangt, so bin ich mit Christo gekreuziget. Diese Kreuzigung schließt auch den Begriff des Todes ein, aber auch zugleich den Begriff der Schmach. Paulus gab also hier und Gal. 6,14. zu verstehen: er habe sich einmal darein ergeben, mit Christo und um Christi willen das Wohlwollen der Menschen zu verleugnen, keines menschlichen Beifalls sich zu rühmen, den Menschen nie mit Verleugnung der Wahrheit gefällig zu sein, und sogar von der Welt als ein Gekreuzigter verabscheuet zu werden, gleichwie er sie auch verabscheue. Vielleicht rechnete er diejenigen aus der Beschneidung, wegen welcher Petrus geheuchelt hatte, nicht zu der Welt, von welcher er Gal. 6,14. redet: insofern er sie aber als Menschen ansahe, ihr Anhangen an den schwachen dürftigen Satzungen für ein Ueberbleibsel des fleischlichen Sinnes hielt, und bei dem Gebrauch seiner christlichen Freiheit befürchten mußte, von ihnen gerichtet zu werden, so war er auch ihretwegen mit Christo gekreuziget. Uebrigens gab er zu verstehen, daß er nun nicht mehr selber lebe, folglich nicht nach eigener Wahl, auch nicht in der Rücksicht auf seine fleischlichen Vortheile rede und handle; denn Christus lebe in ihm, und habe sein Herz im Besitz, und lenke es, wohin Er wolle. seine Gesinnung aber sei diese, daß er, was er im Fleisch lebe, im Glauben des Sohnes Gottes lebe, folglich über die Wahl der Speisen und der Tage, und über das Lob und den Tadel der Menschen weg sehe. Auf Christum seien seine Glaubensblicke immer gerichtet, der ihn geliebet, und Sich selbst für ihn gegeben habe. Einen solchen lautern Sinn pflanze der Heilige Geist auch in uns.
Mel.: Mein Gott, das Herz etc.
1.
Um Christus schätz’ ich Alles hin
Und heißt sonst nichts mein;
Daß ich mit Ihm gekreuzigt bin,
Deß rühm’ ich mich allein.
2.
An meines Heilands Kreuzestod
Nimmt auch mein Glaube Theil;
Ich bin von aller Sündennoth
Durch Seine Wunden heil.
3.
Ich lebe, aber nun nicht ich,
Nein, Christus lebt in mir;
Das kommt dem Fleisch verwunderlich,
Dem Glauben selig für.
4.
Zwar leb’ ich in dem Fleische noch,
Von meiner Heimath fern;
Im Glauben aber leb’ ich doch
Nur Christo, meinem HErrn.
5.
Mein Glaube kennt und ehret Ihn
Als Gottes wahren Sohn;
So lang ich jetzt noch lebend bin,
Lebt mir das Herz davon.
6.
Er hat auch mich, auch mich geliebt
Und gab Sich selbst für mich;
Er hat ein Blut, das Leben gibt,
Von diesem lebe ich.
7.
Du Geist, den mir mein Heiland gab,
Und der den Glauben schafft,
Erhalte Du mich bis zum Grab
In dieser Lebenskraft.
8.
So sterb’ ich Dem, dem ich gelebt,
Am Ziel von meinem Lauf;
So steht mein Leib, den man begräbt,
Zum Leben wieder auf.
9.
O Gottes Sohn, HErr Jesu Christ,
Im Himmel lebest Du;
Bring’ mich auch dahin, wo Du bist,
Da lebt man in der Ruh’!
15. Juli. Morgen-Andacht.
Denn wir sind wohl selig, aber in der Hoffnung.
Röm. 8,24.
Als Paulus Eph. 2,8. schrieb: aus Gnaden seid ihr selig worden durch den Glauben, so dachte er an die selige Veränderung, die mit dem Menschen durch seine Bekehrung vorgeht, da er aber Röm. 8,4. schrieb: wir sind wohl selig, doch in der Hoffnung, so sahe er auf die selige Veränderung, welche mit den Gerechten durch ihre Verklärung vorgeht. Nach dem ersten Spruch ist ein wahrer Christ schon auf Erden durch den Glauben selig gemacht. Er war nämlich vorher todt gewesen durch den Glauben selig gemacht. Er war nämlich vorher todt gewesen durch Uebertretung und Sünden, und hatte darin gewandelt nach dem Laufe dieser Welt, und nach dem Fürsten, der in der Luft herrschet, nämlich nach dem Geist, der sein Werk in den Kindern des Unglaubens hat. Unter diesen hatte er auch seinen Wandel gehabt in den Lüsten des Fleisches, und den Willen des Fleisches und der Vernunft gethan, und war ein Kind des Zorns von Natur. Aus diesem großen Elend, aus diesem unaussprechlich jämmerlichen Zustand hat ihn Gott erlöset, da Er ihn sammt Christo lebendig machte, und sammt Ihm auferweckte, und sammt Ihm in’s himmlische Wesen versetzte: und hat dadurch den überschwänglichen Reichthum Seiner Gnade an ihm geoffenbart, Eph. 2,1-7. Dieses Alles faßt nun Paulus V. 8. in diese wenigen Worte zusammen: aus Gnaden seid ihr selig (das ist, aus eurem geistlichen Tod, und allem damit verbundenen Jammer errettet) worden, durch den Glauben. Wenn aber auch dieses geschehen ist, so sind noch Leiden dieser Zeit übrig, Röm. 8,18.; alle Kreatur sehnet und ängstet sich mit den Glaubigen immerdar, V. 22., und sie warten insonderheit auf ihres Leibes Erlösung, V. 3., folglich auf die Verklärung desselben, welche auch die höchste Seligkeit der Seele mit sich führen wird. Dieses Alles faßt nun Paulus V. 24. in diesen kurzen Worten zusammen: wir sind selig gemacht, oder von allem Uebel erlöset, in der Hoffnung. Wir sehen diese Erlösung in der Hoffnung vor uns, wir stellen uns dieselbe in der Hoffnung als gewiß vor. Die göttlichen Verheißungen stellen dieselbe unserm Gemüth als nahe vor: wir sehen sie aber noch nicht, wir haben sie noch nicht; hingegen warten wir derselben durch Geduld. Es gibt also nach Eph. 2,8. eine Seligkeit, die man durch den Glauben hat, und nach Röm. 8,24. eine solche, deren man in der Hoffnung wartet: diese hängt an jener, und wird nicht ohne jene erlangt. Paulus drückt die Gewißheit der Seligkeit, die man hoffen muß, so aus, daß er nicht sagt: wir sind selig gemacht nach der Hoffnung. Die Sache, will er sagen, ist schon entschieden, schon verheißen, schon in die Regierung Gottes eingeflochten, wir haben sie schon, aber nur in der Hoffnung, die nicht siehet, sondern mit Geduld wartet. Auf diese Weise redeten die Propheten des Alten Testaments oft von dem Heiland der Welt, als ob Er schon da wäre, sie sahen Ihn, aber von ferne: sie hatten Ihn, aber in der Hoffnung. Da aber nun die Verheißung von der Sendung des Sohnes Gottes in die Welt erfüllt worden, so will ich die Verheißung der künftigen Herrlichkeit mit einem hoffenden Glauben von ferne sehen (wie von jenen, Hebr. 11,13., in Ansehung Christi gesagt wird), und mich derselben vertrösten und wohl begnügen lassen. Nach der Rechtfertigung und Bewährung in der Trübsal läßt die Hoffnung nicht zu Schanden werden.
Mel.: Wer nur den lieben Gott etc.
1.
Schon selig sein und doch im Hoffen,
Das ist der Christen Trost und Ruhm;
Auf ungefähr wird nicht geloffen,
Sie schweben nicht im Nebel um;
Man hat bereits das Angeld schon,
Und hofft noch den Besitz davon.
2.
So Vieles hoffen und nichts sehen,
Und doch im Hoffen selig sein,
Das scheint, es könne nicht geschehen,
Und doch trifft’s bei den Christen ein.
Wo Glaube fehlt, da trifft es ein:
Nichts hoffen und nicht selig sein.
3.
Da liegt denn die Geduld nicht unter,
Sie wartet aus durch manche Prob’.
Wir sind vor Vielen wie ein Wunder,
Und geben Gott Sein eigen Lob:
Er sei noch, wie Er immer war,
Auch in den Seinen wunderbar.
4.
Gott, Dir sei Dank, daß wir auf Erden
Bereits in Jesu selig sind,
Und einst im Himmel selig werden;
Denn unsre Hoffnung ist gegründ’t;
Weil Jesus lebt, und Gott verspricht,
So fehlt uns uns’re Hoffnung nicht.
15. Juli. Abend-Andacht.
Alle sollen den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren: wer den Sohn nicht ehret, der ehret den Vater nicht, der Ihn gesandt hat.
Joh. 5,23.
Der HErr Jesus behauptete Joh. 5,19-23., daß Er der Sohn Gottes sei, und da Er erklären wollte, in welchem Verstand Er’s sei, so that Er sehr wichtige Aussprüche von Seiner Verbindung und Gleichheit mit dem Vater. Er zeigte an, daß Er wegen der Vereinigung mit dem Vater nichts von Ihm selber thun könne, daß Er aber auf eine geheime Weise, welche etwas Höheres als der Glaube war, immer sehe, was der Vater thue, weil Ihn der Vater lieb habe, und es Ihm zeige, da Er dann eben dasjenige gleichermaßen thue, was der Vater thue. Die Werke des HErrn Jesu waren also Werke des Vaters und des Sohnes zugleich. Der Vater wirkte, und der Sohn wirkte auf eine gleiche Weise, das ist mit einer gleichen Gewalt und Kraft, und diese beiderseitige Wirksamkeit floß immer in Einem Werk zusammen. Der Vater zeigte, und der Sohn sahe; folglich war das hellste Licht dabei. Der HErr Jesus erläutert diese Wahrheit V. 21. durch die Auferweckung der Todten, und sagt: wie der Vater die Todten auferwecket und lebendig macht, welche Er nämlich auferwecken und lebendig machen will, also auch der Sohn macht Todte lebendig, welche Er will, und diese Todten sind eben diejenigen, die der Vater zugleich lebendig macht. Der Vater handelt hierin nach Seinem Willen, und der Sohn handelt auch nach Seinem Willen. Hernach sagt Er V. 22., der Vater richte Niemand, sondern habe alles Gericht dem Sohn übergeben. Ohne Zweifel muß man diese Worte so verstehen, daß die Ehre des Vaters nicht geschmälert wird. Der Vater richtet Niemand ohne den Sohn, doch richtet Er die Welt durch den Sohn, Ap. Gesch. 17,31. Er hat aber alles Gericht dem Sohn übergeben, Er hat die Seligsprechung und Verdammung der Menschen in Seine Gewalt gestellt, Er hat Ihm die Macht gegeben, den Ausspruch zu thun, wer leben oder des andern Todes sterben soll. Das Buch des Lebens ist Sein Buch (Offenb. Joh. 13,8.). Er wird in Seiner verklärten Menschheit sichtbarlich erscheinen, und das Gericht halten, Er wird das Unrecht, das Seiner Person mittelbar oder unmittelbar angethan worden, rächen, und die Gerechten Seine Brüder heißen. Wenn wir uns wunderten, daß der Heiland von dem Richten anders geredet hat, als von der Auferweckung der Todten, so dürfen wir nur bedenken, daß Ihm der Vater die Macht gegeben hat, das Gericht zu halten, weil Er des Menschen Sohn ist, V. 27. Das Verhältniß nämlich, in welchem Er als des Menschen Sohn mit den Menschen steht, fließt mehr in das Richten hinein als in die Auferweckung der Todten: wie denn bei jenem der Vater nicht sagen kann: Ich bin hungrig, Ich bin durstig gewesen u.s.w., da hingegen alle Worte, die bei der Auferweckung vorkommen, geradezu auch dem Vater geziemen. Weil aber der Vater alles Gericht dem Sohn gegeben hat, und von diesem Niemand an einen Höheren appelliren darf, so sollen alle Menschen den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Die höchste Gewalt zu richten, welche der Sohn von dem Vater empfangen hat, und der Vater durch den Sohn ausübt, soll sie dazu bewegen. Ihnen liegt daran, den Vater und Sohn durch den Glauben zu ehren, damit sie nicht in’s Gericht kommen, V. 24. Weil auch der Vater Sich bei dem Richten keine höhere Gewalt vorbehält, sondern alles Gericht dem Sohn gegeben hat, so will Er auch nicht höher geehrt werden, als der Sohn, und gebietet, daß auch diesem alle Ehre gegeben werde.
Mel.: Befiehl du deine Wege.
1.
Den Sohn muß Alles ehren,
Wie man den Vater ehrt;
Das sind des Vaters Lehren,
Die man vom Sohne hört.
Dieß läßt sich ja nicht trennen
Durch menschliches Gedicht;
Wer’s jetzt nicht will erkennen,
Erfährt es im Gericht.
2.
Gott! präge meiner Seelen
Dieß unauslöschlich ein;
Denn die der Wahrheit fehlen,
Bereuen’s in der Pein.
Ich will Dir Ehre geben,
O Vater auf dem Thron;
Doch mein Gebet und Leben
Gescheh’ in Deinem Sohn!
3.
Ich ehre Ihn im Glauben
Und bin Sein Eigenthum;
Die Ihm die Ehre rauben,
Bringt einst Dein Eifer um.
O laß mich nicht verwirren,
Was jetzt der Weltwitz träumt;
O laß mich ja nicht irren,
Sonst ist mein Heil versäumt.
4.
Du ehrest Seine Freunde
An Seinem Tag durch Ihn,
Und legst Ihm Seine Feinde
Zum Füßeschemel hin;
Jetzt bet’ ich bis zum Scheiden
Ihn noch in Hoffnung an,
Damit ich Ihn mit Freuden
Im Himmel ehren kann!
16. Juli. Morgen-Andacht.
Gott, der die Herzen forschet, weiß, was des Geistes Sinn sei, denn Er vertritt die Heiligen, nachdem es Gott gefällt.
Röm. 8,27.
Paulus hatte vor diesem Spruch von dem Leiden dieser Zeit geredet, das die Kinder Gottes ausstehen müssen, und von dem Dienst der Aufzehrung, dem die Kreatur unterworfen sei. Er hatte auch V. 22.23. gesagt: alle übrigen Kreaturen seufzen zusammen, und haben Geburtswehen mit einander bis jetzt: nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir den Erstling des Geistes haben, seufzen in uns selbst, und warten auf die Erlösung des Leibes (von dem Stand des Leidens und der Verwesung), folglich auf den Stand der Herrlichkeit, V. 17., oder der vollkommenen Seligkeit, die noch unsichtbar und zukünftig ist, V. 24.5. Es ist aber das Seufzen der Glaubigen von einer höheren Art, als das Seufzen der übrigen irdischen Kreaturen; denn bei jenem hilft der ewige Geist Gottes ihrer Schwachheit auf, und vertritt sie, oder seufzet in ihnen, indem Er sich mit ihren Seelen vereiniget, und die Seufzer oder dringenden Gebete in ihnen erweckt und bildet. Diese Seufzer aber sind unaussprechlich. Sind sie aber unaussprechlich, so sind sie auch nicht in Gedanken zu fassen: denn, wenn ein Mensch denkt, so spricht er bei sich selbst, und er kann ohne Worte nicht denken. Das vom Geist Gottes erweckte sehnliche Verlangen geht also weiter als der menschliche Verstand, welcher Gedanken ausbildet. Es geht auf eine Ruhe, Freude und Herrlichkeit, die übersinnlich und unausdenklich sind. Es geht darauf, daß der Mensch ein Erbe Gottes und Miterbe Christi werden soll: welches Menschenherz kann sich aber dieses Erbe in seinen Gedanken vorbilden, oder seinen ewigen Werth mit seinem Verstand begreifen? Wie aber? Wenn der Mensch, der darnach ein Verlangen hat, nicht denken, folglich auch nicht deutlich sagen kann, was er will: wird wohl der große Gott sein Verlangen verstehen, und sein Seufzen gewähren? Paulus bejahet solches indem er sagt: Gott, der die Herzen forschet, folglich das verborgene, unerklärliche Verlangen derselben weiß, verstehet den Sinn des (Heiligen) Geistes, denn Er vertritt die Heiligen gegen Gott. Der Mensch hat ein Herz, das sich auch ohne eine vollständige Klarheit der Gedanken nach einer ewigen Ruhe und Herrlichkeit sehnet: denn Gott hat dem Menschen die Ewigkeit, das ist das Verlangen nach einem ewigen Gut, in’s Herz gegeben, wie Salomo Pred. 3,11. sagt. Gott forschet aber die Herzen der Menschen, das ist, Er erkennt die verborgene Sehnsucht, die darin liegt. wie denn die Allwissenheit Gottes, insofern sie sich auf etwas Tiefes und Geheimes bezieht, oft ein Forschen genannt wird. In den Herzen der Glaubigen wohnt und wirkt aber auch der Geist Gottes, und vertritt die Glaubigen bei dem Seufzen. Diesem ist klar, was die Glaubigen bedürfen und verlangen: dieser weiß vollkommen, was die Worte Ruhe, Freiheit, Herrlichkeit, Erbe u.s.w. bedeuten, und lenket ihre Herzen zum Verlangen nach diesen Dingen. Gott aber weiß hinwiederum, was des Geistes Sinn sei, Er versteht den Heiligen Geist, der die Glaubigen vertritt, wohl, und gewährt ihre von demselben erweckten Seufzer, ob sie schon selbst dieselben nicht ganz verstehen. Ehre sei dem großen Gott! von Ihm, durch Ihn, und zu Ihm sind alle Dinge. Das Seufzen der Glaubigen hat einen göttlichen Urheber, und ihr Ziel ist Gott.
Mel.: Valet will ich dir geben.
1.
Wir können nicht selbst beten,
Daß es die Probe hält;
Der Geist will uns vertreten,
So daß es Gott gefällt.
Wenn Kraft und Worte fehlen,
Spricht Er an uns’rer Statt;
Denn er vertritt die Seelen,
Die Er geheiligt hat.
2.
Das ist ein Trost für schwache,
Die ihre Armuth grämt;
Der Geist führt ihre Sache,
Sie werden nicht beschämt.
Gott, der der Herzen Tiefen
Und Alles, was darin,
In Gnaden weiß zu prüfen,
Weiß, was des Geistes Sinn.
3.
So seid getrost, ihr Beter,
Ihr seid in Armuth reich;
Der göttliche Vertreter
Red’t in euch und für euch.
Dem Geist sei Ruhm von Allen,
Dem HErrn, der für uns spricht,
Daß Gottes Wohlgefallen
In Ihm an uns geschicht.
4.
Er ist’s auch, der so gerne
Mit uns die Schule hält,
Daß man das Loben lerne,
Wie Gott es wohlgefällt;
Er stimmt es recht zusammen
Mit dem, was himmlisch klingt,
Daß man in Jesu Namen
Durch Ihn dem Vater singt.
16. Juli. Abend-Anda
Wartet auf die Barmherzigkeit unsers HErrn Jesu Christi zum ewigen Leben.
Jud. 21.
Wäre unser HErr Jesus Christus nicht wahrhaftiger Gott, so hätte man nicht nöthig, nur immer auf Seine Barmherzigkeit zu warten, denn Er wäre als das vortrefflichste Geschöpf schuldig, die Ehre, die man Ihm leistet, zu belohnen. Fürwahr ein Geschöpf kann gegen dem Andern immer in eine Verbindlichkeit gesetzt werden. Nur deßwegen, weil Christus wahrhaftiger Gott ist, und wie der Vater sagen kann: wer hat Mir was zuvor gegeben, daß Ich’s ihm vergelte? nur deßwegen ist Er wie der Vater über alle Schuldigkeit und äußerliche Verpflichtung unermeßlich erhaben, und was man von Ihm erwarten kann, ist Barmherzigkeit Das Wort Barmherzigkeit soll alle eitle Einbildung von eigenem Verdienst und Würdigkeit, aber auch den Unglauben, der eben deßwegen zagt, weil er kein eigenes Verdienst vor sich siehet, aus meinem Herzen vertreiben. Moses war kühn, da er den HErrn glaubig bat: laß mich Deine Herrlichkeit sehen. Der HErr erhörte seine Bitte, sagte aber zu diesem Seinem alten und treuen Knecht: wem Ich gnädig bin, dem bin Ich gnädig, und wessen Ich Mich erbarme, dessen erbarme Ich Mich, s Mos. 33,19., und gab ihm dadurch zu verstehen, daß die Gewährung seiner Bitte aus der lautersten Gnade und Barmherzigkeit fließe. Wie vielmehr soll ich armer Sünder bei meinem täglichen Bitten mich der Barmherzigkeit meines HErrn Jesu Christi getrösten, und weil ich mich noch mangelhaft, elend und sterblich fühle, und allerhand Noth vor mir sehe, auf Seine Barmherzigkeit warten, wie sie sich auch in’s Künftige an mir offenbaren werde. Bei allen Fällen, ja bis in’s ewige Leben hinein, soll und darf ich auf Seine Barmherzigkeit warten. Mein Warten soll also nicht nur auf diejenigen Erweisungen Seiner Barmherzigkeit gerichtet sein, welche zum Durchkommen durch die Welt nöthig sind, sondern es soll fortgesetzt werden, bis ich mit allen Gerechten am jüngsten Tag in’s ewige Leben werde eingehen dürfen. Wenn ich vorher viele Jahre Ihm treulich dienen werde, so werde ich doch am Ende in Ansehung meiner selbst ein unnützer Knecht heißen, weil ich keinen Dank und Lohn erworben habe, den mir mein HErr schuldig wäre (Luk. 17,7-10.); wenn Er mir aber im Tode und am jüngsten Tage Barmherzigkeit erzeigen wird, so werde ich dadurch überschwenglich beglückt werden, und mir können genügen lassen. Ich hoffe aber mit allen Glaubigen, daß Er’s thun werde, denn Er ist ja unser HErr Jesus Christus. Er bekennt Sich nach Seiner unermeßlichen Liebe zu uns, und wir bekennen uns im Glauben zu Ihm. Er wird als unser HErr Sich unserer als Seines Volkes erbarmen, Er wird nach Seinem Jesus-Namen, an den wir glauben, mit uns handeln, und als der Gesalbte Seine königliche Macht und Seine priesterliche Gerechtigkeit anwenden zu unserer Seligkeit. Ich wünsche mir und meinem Hause, was Paulus 2 tim. 1,16.18. gewünscht hat, da er schrieb: der HErr gebe Barmherzigkeit dem hause Onesiphori, denn er hat mich oft erquicket, und hat sich meiner Ketten nicht geschämt, der HErr gebe ihm, daß er finde Barmherzigkeit bei dem HErrn an jenem Tage.
Mel.: Gottlob, ein Schritt zur Ewigkeit.
1.
Ich warte auf Barmherzigkeit
Zum ewigfrohen Leben;
HErr Jesu! Du hast’s uns bereit’t,
Du wollst es mir auch geben.
Ich habe nichts daran verdient,
Doch Gottes Sohn, der uns versühnt,
Wird meiner sich erbarmen.
2.
Macht meine Sünde mir noch Pein,
So macht von allen Sünden
Das Blut des Sohnes Gottes rein,
Da kann ich Friede finden,
Da sieht Gott nicht mehr Sünden an;
Denn Jesus hat sie abgethan
Aus herzlichem Erbarmen.
3.
Hier ist das Leben jämmerlich
In trübsalsvollen Zeiten;
Wir rufen oft: erbarme Dich,
In Leibs- und Seelenleiden;
Doch in dem Glauben warten wir,
Er gibt ein seliges dafür;
Sein Wille ist Erbarmen.
4.
Ich warte auf Barmherzigkeit,
Mein Heiland, auch im Sterben;
Denn wer sich seines Heilands freut,
Der fürchtet kein Verderben.
Ich sterb’ auf des Erlösers Tod
Und warte in der letzten Noth
Auf’s Leben aus Erbarmen!
17. Juli. Morgen-Andacht.
Ich bin arm und elend: der HErr aber sorget für mich.
Ps. 40,18.
Mit Erstaunen denke ich daran, daß dieses Worte des eingebornen Sohnes Gottes, des Heilands der Welt, sind; denn Sein sind auch diejenigen Worte, die V. 7.8.9. stehen, wo Er zu Seinem himmlischen Vater sagt: Opfer und Speisopfer gefallen Dir nicht; aber die Ohren hast Du mir aufgethan (um Deine Gebote als Dein Knecht zu hören), Du willst weder Brandopfer noch Sündopfer; da sprach Ich: siehe, Ich komme, im Buch steht von Mir geschrieben; Deinen Willen, Mein Gott, thue Ich gerne, und Dein Gesetz habe Ich in Meinem Herzen. Zwar stehen auch V. 13. die Worte: es haben Mich Meine Sünden ergriffen: es ist aber sehr begreiflich, daß Christus unsere Sünden angesehen hat; gleich wie wir Seine Gerechtigkeit für die unsere halten dürfen. Der Sohn Gottes sagte also, als Er im Stand der Erniedrigung lebte, bei Sich selbst: Ich bin arm und elend. So fühlte Er Sich nach Seiner menschlichen Natur, und so sahe Er Sich selber an. Obschon die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig in Ihm wohnte, so leerte Er Sich doch in Ansehung ihrer erquickenden und stärkenden Einflüsse in die menschliche Natur so aus, daß Er Sich selber oft als arm und elend fühlen konnte: denn bei diesem Gefühl war Sein Gehorsam, Sein Vertrauen auf den himmlischen Vater, und Seine Geduld erst recht schätzbar, und Alles, was Er dachte und that, hatte denjenigen Werth, den es zur Erlösung des menschlichen Geschlechts haben sollte. Er war von Herzen demüthig, da Er sagte: Ich bin arm und elend, aber nicht kleinmüthig; denn Er sprach zugleich: der HErr aber sorget für Mich, oder denket an Mich. Dieser HErr war Sein himmlischer Vater, von dem Er Sich bei Seiner tiefsten Erniedrigung rathen, befehlen, helfen, führen und geben ließ. Es däuchte Ihn bei Seiner tiefen Demuth etwas Großes zu sein, daß Jehovah, Sein himmlischer Vater, an Ihn denke; denn Er sagte Ps. 8,5. in der Absicht auf Sich selbst: was ist der Mensch, daß Du sein gedenkest, und des Menschen Sohn, daß Du Dich sein annimmst? Er war aber auch dieses treuen und liebreichen Angedenkens in einem festen Vertrauen gewiß, und ging mit diesem Seinem Vertrauen in Sein tiefes letztes Leiden hinein; da Ihm dann auch Seine Feinde das Zeugniß gaben: Er habe Gott vertrauet.
Ich bin auch arm und elend, und wünsche, es immer besser zu erkennen und völliger zu fühlen. Alle eitle Größe, aller betrügliche Reichthum der eigenen Gerechtigkeit, alle alberne Ruhmsucht, alles thörichte Wohlgefallen an mir selbst, wie auch aller Trost, den ich in den Geschöpfen zu finden meine, werde in mir immer gründlicher zerstöret und zernichtet; damit ich arm im Geist und elend nach meiner eigenen wahren Einsicht und Empfindung werde. Bei dieser Einsicht, bei diesem Gefühl kann es mir innerlich wohl sein: denn es ist eben nicht nöthig, daß der Unglaube die Armuth und das elend zu einer Ursache eines quälenden und verfinsternden Unmuths mache; denn ich darf (Gott sei Lob!) um Jesu willen, dessen Gerechtigkeit mein ist, auch sagen: der HErr sorget für mich, der HErr denket an mich: und daran kann mir in meinem ganzen Leben, und auch bei meinem Sterben genügen.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen.
1.
Alle Abend, alle Morgen
Hilft des großen Gottes Sorgen
Auch dem Kleinsten, weil es Sein.
Ihm sind die veracht’tsten Dinge
Zum Erschaffen nicht geringe,
Noch auch zum Erhalten klein.
2.
Von Ihm sucht der Löwe Speise,
Und so hört Er gleicher Weise
Auch des jungen Raben Stimm’.
Blumen kleiden, Arme machen,
Mächtig sein auch in den Schwachen,
Sind Verrichtungen von Ihm.
3.
Daß Er dem, was Er erwählet,
Haupthaar, Fluchten, Thränen zählet,
Kindlein trägt, als wie im Schooß,
Fremde schützet, Sklaven höret,
Waisen pfleget, Wittwen nähret:
Da ist Gott im Kleinen groß.
4.
Gott, ich kann vor Deinen Augen
Kaum zum Sonnenstäublein taugen;
Dennoch sieht Dein Aug’ auf mich,
Und ich steh’ in Deinen Sorgen,
Dir ist Alles unverborgen.
Meine Seele lobet Dich!
17. Juli. Abend-Andacht.
Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
Hebr. 13,14.
Zu derjenigen Zeit, da Paulus den Brief an die Hebräer, oder an die Christen von jüdischer Abstammung schrieb, waren die Juden eine sehr zahlreiche und mächtige Nation, die bei den römischen Kaisern und ihren Landpflegern oft Vieles vermochte. Ihre Religion war allenthalben privilegirt, und durfte frei geübt werden. Sie hatten sich in sehr vielen Ländern unter den Heiden angebaut, wo sie sicher wohnten, hatten aber auch ihr eigenes fruchtbares Land inne, und in demselben viele Städte und Dörfer, insonderheit aber das sehr feste, große und schöne Jerusalem, und in demselben einen prächtigen Tempel, der seines Gleichen in der Welt nicht hatte. In der Vergleichung mit ihnen waren die Christen ein armes und geringes Volk, von Juden und Heiden verachtet, nirgends privilegirt, und überall gehaßt. Sie konnten mit nichts, das scheinbar und ansehnlich wäre, prangen, mußten den Raub ihrer Güter erdulden (Hebr. 10,34.), und sich zuweilen auch das Leben nehmen lassen. Bei diesem Zustand standen hebräische Christen, oder Christen von der jüdischen Nation, in der Versuchung, wieder nach dem Judenthum, das sie verlassen hatten, zurückzusehen und zurückzukehren, weil sie da ihren Namen, ihre Güter und ihr Leben wieder sicher stellen konnten, und Paulus stand wegen der Hebräer, an die er schrieb, in der Sorge, sie möchten solches thun, weil sie ohnehin schwach und lässig waren, und warnte sie deßwegen zweimal vor einem solchen Rückfall, welcher mit der schrecklichsten Lästerung Jesu und Schmähung Seines Geistes verbunden gewesen wäre, Hebr. 6,4. und ff. und 10,26. ff. Er erinnert sie auch in dieser Absicht Hebr. 13,12., daß Jesus außer dem Lager Israels gelitten habe, das ist, daß Er von dem Judenvolk ausgestoßen, den Heiden übergeben, und als ob Er ein Verbannter gewesen wäre, außer der Stadt Jerusalem an einem unreinen Ort nach den heidnischen Rechten gekreuzigt worden sei. So lasset uns nun, setzt er hinzu, zu Ihm hinausgehen außer dem Lager, das ist, von dem unglaubigen Judenthum uns absondern und abgesondert bleiben, und Seine Schmach tragen; denn wenn wir auch unser Glück bei dem Judenthum machen wollten, so wäre es doch nichts Beständiges, und wenn wir sichere Wohnungen unter den Juden mit Verleugnung des christlichen Glaubens suchen wollten, so wären sie doch keine bleibende Stadt. Wir suchen aber eine zukünftige Stadt, die bleibend ist, nämlich das neue Jerusalem. Da wird das Israel Gottes wohnen; da werden wir wegen unserer Güter, wegen unsers Namens, ja wegen unsers Lebens, wenn es uns gewaltsam entrissen worden, schadlos gehalten, ja überschwänglich getröstet werden. Uns wird jetzt das Judenthum zu keiner Versuchung; hingegen versucht uns die Welt, die allenthalben auch unter den Christen im Argen liegt. Das finstere Herz kann denken, und der Teufel kann einraunen: siehe, da und dort könntest du dein Glück machen, Ehre und Güter sammeln, und dir eine bequeme Stätte bereiten, wenn du dich der Welt gleich stelltest, und die Mittel brauchtest, welche sie braucht. Gegen diese Versuchung waffne und tröste sich ein Jeder mit diesen Worten Pauli.
Mel.: HErr Jesu Christ mein’s Lebens etc.
1.
Wir haben doch hier keine Stadt,
Die ein beständig Bleiben hat;
Die künftig ist, die suchen wir
Und richten Sinn und Lauf nach ihr.
2.
Man glaubt sie nur, und sieht sie nicht;
Doch hat sie Gott selbst zugericht’t,
Da hat Sein auserwählt Geschlecht
Durch’s Testament Sein Bürgerrecht.
3.
Hieselbst hat Jesus, Gottes Sohn,
Als unser König, Seinen Thron;
Doch dieser Priester litt zuvor
Die Kreuzschmach außen vor dem Thor.
4.
Da litt Er Seinem Volk zu gut
Und heiligte es durch Sein Blut;
Dieß glaubt mein Herz und zieht’s auf sich,
Das Blut des Heilands heiligt mich.
5.
Der Glaube geht zu Ihm hinaus,
Verleugnet hier sein irdisch Haus,
Und trägt dem HErrn die Kreuzesschmach
In Hoffnung jenes Stadtrechts nach.
6.
HErr! ziehe mich, so geh’ ich mit,
Gib Du mir Kraft zu jedem Schritt,
So hält mich keinen Augenblick
Die kurze Schmach der Welt zurück.
7.
Wird je im Geh’n mein Glaube matt,
Ermuntre mich mit jener Stadt,
Und daß mein Bleiben hier nicht sei,
So bleib’ ich Deinem Zug getreu.
8.
Ist meine Abschiedsstunde da,
So zeig mir Deine Stadt recht nah’
Und führ’ mich zu den Thoren ein,
Wo ich ein Erb’ soll ewig sein!
18. Juli. Morgen-Andacht.
Und alle Menschen, die es sehen, werden sagen: das hat Gott gethan, und merken, daß es Sein Werk sei.
Ps. 64,10.
Gott regiert die ganze Welt, und es geschieht in derselben nichts ohne Seinen wohlgefälligen oder zulassenden Willen; doch ist Seine Hand nicht bei allen Seinen Werken in gleichem Grad offenbar. Wenn eines Gottlosen Seele in die Hölle fährt; so sieht es Niemand, und die Sterblichen dürfen sich gemeiniglich nicht einmal erkühnen zu sagen: Gott habe sie in die Hölle verschlossen. Auch werden Viele in der Welt gestraft; weil aber ihre Sünden und der Bezug der Strafe auf dieselben nicht genug bekannt sind, so kann man die Gerechtigkeit Gottes dabei nicht mit einer klaren Einsicht preisen. Es gibt aber auch Fälle, da man es thun kann. Wenn gottlose Leute, dergleichen diejenigen waren, die David Ps. 64. beschreibt, ihre Zungen geschärft hatten, wie ein Schwert, und mit ihren giftigen Worten gezielet, wie mit Pfeilen, daß sie den Frommen heimlich schossen, und auf ihn plötzlich ohne alle Scheu schossen, V. 4.5., Gott aber hernach sie auch wieder plötzlich schießt, daß es ihnen wehe thut, und ihre eigene Zunge sie fället, V. 8.9., und wenn sie vorher kühn gewesen waren mit ihren bösen Anschlägen, und gesagt, wie sie Stricke legen wollen, und gesprochen: wer kann sie sehen? V. 6., und hernach ihr Unglück so sichtbarlich ausbricht, daß ihrer spotten kann, wer sie siehet V. 9., wenn diese oder dergleichen Begebenheiten geschehen: so können alle Menschen, die es sehen, nicht nur die Frommen und Erleuchteten, sondern Alle, die ein Gewissen und einen richtigen Verstand haben, sagen: das hat Gott gethan, und merken, daß es Sein Werk sei. Sonst glaubt man, daß Gott bei allen Seinen Werken gerecht sei: in solchen Fällen aber kann man’s deutlich merken und wahrnehmen, und Gott desto herzlicher darüber preisen. Wer eine namhafte Reihe von Jahren in der Welt durchleben muß, kann viele Beispiele von dieser Art unter vornehmen und geringen Leuten wahrnehmen. Große und kleine Tyrannen läßt Gott oft wieder in die Hände harter und unbarmherziger Menschen fallen; Blutgierige und Falsche dürfen ihr Leben nicht auf die Hälfte bringen; Hurer und Ehebrecher werden an ihren Leibern und mit einer wehthuenden und schmählichen Armuth gestraft; Leute, die unrecht Gut gesammelt haben, büßen es selber wieder ein, oder hinterlassen es solchen Erben, welche dessen nicht froh werden. Ueberhaupt nimmt man in der Regierung Gottes diese zwei Grundgesetze wahr: mit eben dem Maß, da ihr mit messet, wird man euch wieder messen Luk. 6,38., und: Ich der HErr dein Gott bin ein eifriger Gott, der da heimsucht der Väter Missethat an den Kindern bis in’s dritte und vierte Glied, die mich hassen, 2 Mos. 20,5.: wenn nämlich der Haß Gottes, den die Väter ausgeübt haben, von den Kindern fortgesetzt wird. Uebrigens muß man warten können, wenn man’s sehen will, und dabei an das höchste Recht Gottes gedenken, nach welchem es Ihm frei steht, die Gottlosen heimlich oder öffentlich, in dieser Welt oder nur in jener Welt zu strafen. Schrecklich ist’s, in die Hände des lebendigen Gottes fallen, denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer. Darum sollen wir Gnade suchen und haben, und durch dieselbe Ihm dienen, Ihm zu gefallen mit Zucht und Furcht, wie Paulus Hebr. 12,28. ermahnt. Auch heute führe mich der Geist Gottes auf ebener Bahn, und erhalte mein Herz bei dem Einigen, daß ich Seinen Namen fürchte.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
HErr, auch über den Geschichten
Von ergang’nen Zorngerichten
Beten Dich die Menschen an;
Dein Nam’, heißt’s, muß herrlich werden;
Du bist Richter auf der Erden;
Sehet, das hat Gott gethan.
2.
Gott ist’s, der die Stolzen stürzet,
Des Tyrannen Wuth verkürzet,
Der ein solch Zerstören schafft;
Plötzlich sind von seinem Zorne,
Eh’ sie reif sind am dem Dorne,
Ihre Beeren weggerafft.
3.
Gott schickt Seine bösen Viere:
Schwert und Hunger, Pest und Thiere,
Ueber ein verstockt Geschlecht;
Er deckt Kronen zu mit Staube,
Er gibt Länder hin zum Raube,
Und hiebei ist Er gerecht.
4.
Seine Wahrheit in dem Dräuen,
Seinen Eifer im Zerstreuen,
Seine Macht, die Alles kann,
Seine Weisheit in dem Walten,
Seine Wunder im Erhalten
Betet man in Demuth an.
18. Juli. Abend-Andacht.
So Du willst, HErr, Sünde zurechnen, HErr, wer will bestehen`? denn bei Dir ist die Vergebung.
Ps. 130,3.4.
Der HErr ist nicht wie ein Mensch, der nur dasjenige ansieht, was vor Augen ist: Er siehet das Herz an, in welchem viel Arges steckt, aus welchem viele böse Gedanken kommen, und viele böse Lüste aufsteigen, aus dessen Ueberfluß der Mund oft mit bösen Reden überläuft und welches die Quelle vieler bösen Werke ist. Er weiß, daß uns Seine Herrlichkeit oder Sein Ebenbild mangelt, und daß wir in den Pflichten, die wir Ihm leisten sollen, von der Kindheit an sehr Vieles schuldig bleiben. Er ist heilig, und hat sehr hohe Rechte an uns wegen der Schöpfung, wegen der Erlösung, und wegen der Taufe. Wer ist, der Seinen Rechten oder Forderungen eine Genüge geleistet hätte? Wer kann also bestehen, wenn Er Sünde zurechnen und nicht vergeben will; da Er Seiner Zurechnung mit Seiner strafenden Macht den Nachdruck geben kann? Niemand kann alsdann bestehen; sondern ein jeder Sünder muß in diesem Fall verstummen, vergehen, zu Schanden werden, und in die ewige Pein gehen. Was ist also zu thun? Nichts als daß der Sünder seine Schuld und Strafwürdigkeit bekenne und um Vergebung bitte. Und wohl uns, daß bei Gott Vergebung ist! Wohl uns, daß wir zu Ihm sagen dürfen: wo ist so ein Gott, wie Du bist, der die Sünde vergibt, und erlässet die Missethat den Uebrigen Seines Erbtheils; der Seinen Zorn nicht ewiglich behält; denn Er ist barmherzig! Mich. 7,18. Um diese Vergebung sollen alle diejenigen bitten, welche Seiner Güte froh werden wollen; und wenn sie hier derselben theilhaftig werden, so werden die großen Wasserfluthen des göttlichen Zorns, wenn sie kommen, nicht an dieselben gelangen, Ps. 32,6. Von dieser Vergebung, welche bei Gott ist, zeugt das Wort Gottes reichlich, und deßwegen sagte David Ps. 130,5.: ich harre des HErrn, meine Seele harret, und ich hoffe auf Sein Wort. Wer also um Vergebung der Sünden bittet, soll seine Hoffnung oder Zuversicht auf das Wort Gottes setzen, welches uns nicht nur von der zum Vergeben geneigten Güte Gottes vergewissert, sondern auch (wie vornämlich in den Schriften des neuen Testaments geschieht9 den Grund derselben entdeckt, welcher ist das Blut Jesu, das vergossen worden ist für Viele zur Vergebung der Sünde. Auf dieses Wort und auf andere evangelische Zeugnisse soll man sogar wider die Gedanken und Empfindungen des eigenen Herzens hoffen. Wenn das unglaubige Herz Nein sagt, das ist, wenn es ihm däucht, es sei bei Gott keine Vergebung, so sagt das Wort Gottes> Ja, und dieses Ja gilt mehr als jenes Nein. Ja, wenn der Satan mit lügenhaftem Einsprechen der Seele alle Hoffnung und alles Vertrauen nehmen will, so soll man sich besinnen, daß ein Wort Gottes vorhanden sei, welches mit wahren und freundlichen Worten bezeugt, daß bei Gott um des Fürsprechers Jesu willen Vergebung sei. So hoffe also meine Seele auf den HErrn, denn bei Ihm ist die Gnade, und die nun vollendete Erlösung kommt den Sündern, die mit Reue und Glauben zu Ihm kommen, zu Statten.
Mel.: Warum sollt’ ich mich denn grämen.
1.
Aus den Tiefen ruf’ ich Armer,
Herr, zu Dir,
Sei Du mir,
O Gott, ein Erbarmer!
Willst du in’s Gerichte gehen,
Rechnest Du Sünden zu,
Herr, wer wird bestehen?
2.
Nichts errettet mir das Leben,
Nichts schafft Ruh’,
Aber Du
Kannst und willst vergeben.
Schäm’ ich mich so vieler Sünden,
Läßst Du doch
Gnade noch
Mich durch Christum finden.
3.
Wenn ich auf mein Herz will merken,
Find’ ich keins,
Auch nicht eins
Von vollkomm’nen Werken;
Alle sind vor Dir beflecket,
Wenn sie nicht
im Gericht
Jesu Blut bedecket.
4.
Darauf gründet sich mein Glaube:
Gott, Du liebst,
Du vergibst,
Du erhebst vom Staube.
Darauf gründet sich mein Beten:
Durch den Sohn
Darf ich schon
Zu dem Vater treten.
5.
Darauf gründet sich mein Leben:
Fehl’ ich je,
Gott ist hie,
Gott will mir vergeben.
Dieß ist’s, was im Kreuz mir dienet
Zur Geduld:
Meine Schuld
Ist doch ausgesühnet.
6.
Auf Vergebung will ich sterben,
Das Gericht
Trifft mich nicht,
Ich soll nicht verderben;
Ich erwart’ ein ewig Leben
Als ein Kind;
Sünden sind
Mir, Gottlob, vergeben!
19. Juli. Morgen-Andacht.
Und Christum zu wohnen durch den Glauben in euren Herzen.
Eph. 3,17.
Die Inwohnung Christi in den Herzen der Glaubigen zeigt ohne Zweifel an, daß Christus nicht nur ein Lehrer der Menschen sei, der sie durch vernünftige Gründe zum Beifall und zum Gehorsam lenken wolle: denn wer hat jemals gesagt, daß ein solcher Lehrer in den Herzen seiner Schüler wohne? Auch wird durch diese Inwohnung nicht nur Seine Allgegenwart angezeigt; denn ob Er schon nach derselben allenthalben ist, so sagt doch die heilige Schrift nie, daß Er nach derselben allenthalben wohne. Wenn Christus in unsern Herzen wohnt, so lebt Er in uns, wie Paulus Gal. 2,20. redet. Wenn Er aber in uns lebt, so wirkt Er in uns. Er macht sich alle unsere Seelenkräfte unterthänig, zerstört die Sünde, regiert den ganzen Menschen, gibt Sich zu erkennen und zu empfinden, und dieses Alles geschieht durch Seinen Geist. Wenn Christus in einem Herzen wohnt, so hat der Mensch das wesentliche Licht und das ewige Leben aus Gnaden in sich selber; folglich kann der Mensch, so lange diese Inwohnung währt, nicht mehr durchaus finster und todt werden, ob er’s schon in der Anfechtung zuweilen meint. So lange Christus in dem Herzen wohnt, so lange ist der Mensch in Ansehung seines Gnadenstandes unüberwindlich; denn Johannes sagt 1 Joh. 4,4.: der in euch ist, ist größer, denn der in der Welt ist. Wohnt Christus in dem Herzen, so ist der Mensch ein heiliger Tempel Gottes; sein Innerstes ist gereinigt; er hat einen Schatz in sich, der mit nichts zu vergleichen ist; er hat Gemeinschaft mit Gott dem Vater und mit Seinem Sohn Jesu Christo durch den Heiligen Geist; er wird von Gott selbst hochgeschätzt, und, wenn er in diesem Zustand erhalten wird, unfehlbar in den Himmel aufgenommen. Christus wohnt aber durch den Glauben in dem Herzen, und dieser Glaube, der an Einem fortwähren muß, bis das beständige Schauen im Himmel angeht, ist diejenige Fassung, in welcher das Herz gegen Christum stehen muß. Er kommt zu dem Menschen, und macht Wohnung bei ihm (Joh. 14,23.): der Mensch aber glaubet an Ihn als einen unsichtbaren, treuen, gnädigen, wahrhaftigen und vollkommenen Erlöser. Auch so lange Er in dem Herzen des Menschen wohnt und lebt, muß der Mensch im Glauben an Ihn leben, wie Paulus Gal. 2,20. lehret, und auch dasjenige glauben, was Er außer ihm gethan hat, thut und thun wird, da Er Mensch wurde, am Kreuz für die Menschen starb, zur Rechten Gottes für uns bittet, und zum Gericht kommen wird u.s.w. Ob also gleich gesagt wird, daß Christus durch den Glauben in dem Herzen wohne, so werden wir doch nicht angewiesen, immer in uns hinein zu sehen, sondern vielmehr zum Aufschauen auf Christum und zum Halten Seines Wortes aufgerufen. Paulus betete für die Epheser, daß Christus durch den Glauben in ihren Herzen wohnen möchte. Waren einige unter ihnen, welche unter der Bearbeitung des Heiligen Geistes standen, dieser Inwohnung aber noch nicht theilhaftig waren, so bat er den himmlischen Vater, daß Er sie derselben würdigen möchte; bei denjenigen aber, welche diese Inwohnung schon genossen, hatte seine Fürbitte ohne Zweifel die fortwährende Dauer dieses Genusses zum Endzweck. Auch mir und den Meinigen gebe der Vater unseres HErrn Jesu Christi Kraft nach dem Reichthum Seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch Seinen Geist an dem inwendigen Menschen, und Christum zu wohnen durch den Glauben in unsern Herzen, und durch die Liebe eingewurzelt und gegründet zu werden!
Mel.: Ich singe Dir mit Herz etc.
1.
Was ist mein armes Herz vor Dir,
O Gott, daß Du es liebst,
Und Deinen lieben Sohn auch mir
Darin zu wohnen gibst?
2.
Was bin ich, Jesu, daß Du Dich
Des Herzens nicht beschämst,
Und in demselben gnädiglich
Zu wohnen Dich bequemst?
3.
Du füllest es mit Deinem Glanz,
Du reinigst es mit Blut.
Da fasset Dich der Glaube ganz
Und hat das höchste Gut.
4.
O Gnade! o was ist dir gleich!
Du hast uns hoch gebracht,
Daß Jesus sich ein Himmelreich
Aus Sünderherzen macht.
5.
Der Gnade, welche uns erfreut,
Gebührt der Ruhm allein.
Der Reichthum Seiner Herrlichkeit
Soll hoch gepriesen sein.
6.
Bring’ uns dahin, o großer Jah
Wo Deine Ehre wohnt,
Dort heißt es: sieh’ die Hütte da,
Wo Gott bei Menschen thront!
19. Juli. Abend-Andacht.
Ungnade und Zorn, Trübsal und Angst über alle Seelen der Menschen, die da Böses thun; Preis aber und Ehre und Friede allen denen, die da Gutes thun.
Röm. 2,9.10.
Paulus ist im zweiten Kapitel des Briefs an die Römer noch damit beschäftigt, daß er Juden und Griechen überweise, sie seien Sünder und der Verdammniß würdig, damit er hernach den Schluß machen könne: sie müssen, wenn sie selig werden wollen, ohne Verdienst gerecht werden aus der Gnade Gottes und durch die Erlösung, die durch Jesum Christum geschehen. Weil er sich aber die Juden als Juden und die Griechen als Heiden vorstellte, und sich nach ihrer Erkenntniß richten wollte, so konnte er ihnen den Unglauben, als die verdammliche Sünde, die man wider Jesum und Sein Evangelium begeht, nicht vorhalten, gleichwie man es auch bei vielen unwissenden Christen nicht thun kann, sondern berief sich auf ihre Werke, wegen deren sie durch das geschriebene Gesetz und durch ihr Gewissen verurtheilt wurden. Er sagte also V. 6.: Gott werde einem Jeden nach seinen Werken vergelten; wie aber? So, daß Ungnade und Zorn, Trübsal und Angst über alle Seelen komme, die Böses thun. Die Ungnade oder Grimm bezieht sich auf das Gericht, so lange es währt. Hier läßt Gott Seinen Unwillen ausbrechen. Hier läßt Er hören, sehen und fühlen, was Er schon lange, da Er in der Langmuth schwieg, von ihnen gedacht und ihnen bereitet habe. Von dieser Ungnade werden die Uebelthäter als von einem anbrechenden Wetter überfallen. Darauf folgt hernach der beständige Zorn, den sie durch eine fortwährend Verstoßung und Strafe leiden müssen. Trübsal ist eine gegenwärtige Noth, Angst aber entsteht aus der Vorstellung von der Dauer derselben Noth, oder auch von einem zukünftigen Uebel. Dieses Alles kommt nun über die Menschen, die unter der Langmuth Gottes, aber auch bei vielen Warnungen, Böses thun, vornämlich über die Juden, aber auch über die Griechen. Heutiges Tages aber kann man sagen: vornämlich über die Christen, aber auch über Juden, Mahomedaner und Heiden. Böses thun ist durch das Gewissen überall verboten. Paulus beruft sich nicht auf die Erbsünde, ob sie schon auch, wenn kein Erlöser wäre, vom ewigen Leben ausschlösse, sondern auf das Böse, das die Menschen wider ihre Überzeugung thun, und das sie auch nicht thun könnten, wenn sie der Stimme Gottes in ihrem Gewissen Gehör geben wollten. Was wird aber allen denen widerfahren, die Gutes thun? Herrlichkeit und Ehre und Friede, wie Paulus sagt. Herrlichkeit geht die Natur eines Menschen selber an. Wenn seine Seele ein weißes Kleid bekommt, wenn sein Leib dem verklärten Leib Christi ähnlich wird, wenn überhaupt der Mensch wie die Sonne im Reich Gottes leuchtet, so ist er herrlich Ehre schließt Lob und Gewalt in sich, und beides ist in dem Ausspruch des gnädigen Richters enthalten: ei du frommer und getreuer Knecht, ich will dich über viel setzen. Friede ist ein gesicherter Wohlstand, eine beständige Ruhe, eine Sättigung aller Begierden, eine Verwahrung vor allen Plagen. Obschon die Griechen dieses Alles nicht so deutlich und vollständig wußten, so konnten sie doch erkennen, daß derjenige, der bei Leibesleben Gutes thue, in jener Welt herrlicher als in dieser werden, und Ehre und Frieden nach dem Willen des höchsten Gottes genießen werde.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Schrecklich ist’s, den Zorn sich häufen
Auf das künftige Gericht,
Und den harten Nacken steifen,
Bis ihn Gott im Tod zerbricht!
O Gott! lehre mich erwägen,
Wie der Unterschied so groß
Zwischen jenem Fluch und Segen,
Zwischen Höll’ und Abrams Schooß.
2.
Ewig wird Dein Wort nicht fehlen,
Daß Du, Gott, ein Richter bist,
Der einst allen Menschenseelen
Mit gerechtem Maße mißt;
Du läßst Grimm und Zorn und Aengsten,
Preis und Ehr’ und Frieden seh’n;
Jenen zeigst Du Dich am strengsten,
Diesen als den Gnädigsten.
3.
Laß mir keinen Tag vergehen,
Daß ich jenen Tag vergiß,
Wo man vor Gericht soll stehen;
Er kommt eilend und gewiß.
Weh’ da, wen Du wirst verfluchen!
Die Verfluchten leiden Pein;
Wohl den Seelen, die Dich suchen;
Denn Du willst Vergelter sein!
4.
Lehr’ die Seele darauf merken,
Wie man unter Gottes Macht
Mit Geduld in guten Werken
Nach dem ew’gen Leben tracht’t.
Dieß sei meine Vorbereitung,
Daß ich wandle in dem Licht,
Bis die allgemeine Scheidung
Zwischen Gut und Bös geschicht.
20. Juli. Morgen-Andacht.
Da nahm Pilatus Jesum und geißelte Ihn.
Joh. 19,1.
Weil der Landpfleger Pilatus nur etliche matte Versuche machte, Jesum, dessen Unschuld er erkannte, loszulassen, und bei der ganzen Sache wankelmüthig war, so ist es bei dem Gericht, das er über Jesum hielt, unordentlich hergegangen. Er sagte von Jesu: ich finde keine Ursache des Todes an ihm, darum will ich ihn züchtigen und loslassen. Worin diese Züchtigung hätte bestehen sollen, wissen wir nicht, vielleicht in harten Schlägen. Weil aber dieser Vorschlag von den Juden verworfen wurde, so gab er auf ihr ungestümes Begehren Barrabam los, aber Jesum übergab er ihrem Willen, Luk. 23,25. Er übergab Jesum den Juden, daß Er gegeißelt und gekreuzigt würde. Die Geisselung auf den bloßen rücken ging nämlich gewöhnlicher Weise vor der Kreuzigung her, und geschah entweder unterwegs, alldieweil der Verurtheilte zu dem Richtplatz hinausgeführt wurde, oder auch vorher. Weil also Pilatus beschlossen hatte, Jesum kreuzigen zu lassen, so nahm er Ihn, und geißelte Ihn, oder ließ Ihn durch seine Gerichtsdiener geißeln, alldieweil Er, wie die alten Schriftsteller sagen, an eine Säule angebunden war. Hierauf trieben die Soldaten ihren Muthwillen mit Jesu als einem zur Hinrichtung bestimmten Menschen. Sie legten Ihm einen Purpurmantel an, setzten eine Krone von Dornen auf Sein Haupt, gaben Ihm ein Rohr in die Hand u.s.w. Nach diesem Allem kam den Pilatus wieder eine Reue an, daß er den letzten Versuch machte, die Juden zu bewegen, daß sie in die Loslassung Jesu, den Er ihnen in Seiner erbärmlichen Gestalt zeigte, einwilligen möchten, ja er trachtete Jesum, nachdem er Ihn wieder in’s Richthaus hineinführen lassen, auch wider der Juden Willen loszulassen und hätte solches desto füglicher thun können, weil er zwar die Geisselung befohlen, übrigens aber das Todesurtheil noch nicht förmlich auf dem Richtstuhl über Jesum ausgesprochen hatte. Er wurde aber durch die drohende Rede der Juden, die sein Vorhaben merkten, davon abgeschreckt und verdammte hernach den gegeißelten Jesum wirklich zum Kreuzestod, Joh. 19,4-16.
Der HErr Jesus ist also vor der Kreuzigung nach der Weise der Römer gegeißelt worden. Man band Ihn an eine Säule: man entblößte Seinen heiligen Rücken, man geißelte Ihn so, daß Sein Rücken dadurch wund wurde. Das römische Bürgerrecht schütze den Paulus wider das Geißeln, Ap. Gesch. 22,25., aber Jesus hatte kein solches Bürgerrecht auf Erden; und Sein Recht, welches Er als der heilige und eingeborne Sohn Gottes hatte, wurde von den Menschen nicht erkannt. Menschen haben ihren Gott und Erlöser gegeißelt, da Er als ein Mensch unter ihnen war, und Er hat’s geschehen lassen, um auch durch die geduldige Uebernahme der damit verbundenen Schmach und Schmerzen unsere Versühnung und Gerechtigkeit zu sein. Dank sei Ihm für dieses Leiden. Der Heilige Geist mache es uns zu einer Trostquelle, aber auch zu einer Arznei wider den Stolz, wider die Wollust, und wider die Ungeduld, welche oft durch die Vorstellung eines Rechts, das wir zu haben meinen, unterstützt wird.
Mel.: O Jesu, wann soll ich erlöset etc.
1.
Gegeißelter Heiland und doch der Gerechte!
Wie trägst Du die scharfe Mißhandlung der Knechte!
Die Pein, die dem Leibe der Sünde gebührt,
Hat Gott an dem Leibe der Unschuld vollführt;
So zeichnen den Heiland die Sporne von Riemen
Mit denen uns Sünder versühnenden Striemen.
2.
Nun kann man die Quellen der Thränen verstopfen;
Denn diese von Geißeln gequollenen Tropfen
Sind Blut der Besprengung, den Sündern zum Heil
Und werden den Herzen im Glauben zu Theil;
Die Herzen, die eiternd vom Aussatz gewesen,
Die können vom Blute des Opfers genesen.
3.
HErr Jesu, Dir dank’ ich, mir ist’s auch verkündigt,
Ich werde durch Dich, den Versühner, entsündigt.
Ich preise die Liebe, ich rühme die Huld,
Und liebe Dich wieder, auch in der Geduld.
So oft mir mein Inn’res von Aengsten will klopfen,
So nehm’ ich von Deinen ausgeißelten Tropfen!
20. Juli. Abend-Andacht.
Wer an den HErrn Jesum glaubt, ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen.
Joh. 5,24.
Es wird in der heiligen Schrift gesagt, daß der Mensch in Uebertretungen und Sünden todt sein könne, Eph. 2,1. und dieses wird insgemein der geistliche Tod genannt; die heilige Schrift redet auch oft vom leiblichen Tod als einer Folge der Sünden, und endlich auch von dem zweiten Tod, welcher darin besteht, daß die auferweckten Gottlosen in den feurigen Pfuhl geworfen werden. Wenn diese Verwerfung in den feurigen Pfuhl der zweite Tod genannt wird, so ist der leibliche Tod der erste, denn dieser wird durch die Auferweckung des Leibes auch bei den Gottlosen so aufgehoben, daß sie hernach das zweite Mal sterben können; da hingegen der geistliche Tod bei ihnen nur fortwährt. Auch ist dieser keine Strafe, wie der zweite Tod, sondern wird eine Ursache der Strafe, wenn man darin beharrt; da hingegen der leibliche Tod nach dem Sündenfall durch einen ausdrücklichen Ausspruch Gottes als eine Strafe, oder wenigstens als eine Züchtigung den Menschen zuerkannt worden ist. Derjenige nun, der an den HErrn Jesum glaubt, ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen, und kommt eben deßwegen nicht in’s Gericht. Freilich ist hiebei zuerst an den geistlichen Tod zu gedenken, von welchem man zum geistlichen Leben übergehen kann, das aus der Gemeinschaft mit der Auferstehung Jesu entsteht; denn wenn dieser Uebergang bei dem Glaubigen nicht geschähe, so käme er noch in’s Gericht, und würde alsdann auch zum zweiten Tod verdammt. Wer also an den HErrn Jesum glaubt, empfängt ein geistliches Leben aus Jesu durch den Glauben, und es wird ihm etwas von dem unzerstörlichen Leben des auferstandenen Jesu mitgetheilt; weßwegen auch Eph. 2. gesagt wird, daß er mit dem HErrn Jesu lebendig gemacht, und mit Ihm auferweckt sei, Röm. 6. aber, daß er Seiner Auferstehung gleich sei. Ist aber dieser Uebergang geschehen, und wird von da an das geistliche Leben, welches sich in Wirkungen und Empfindungen äußert, bis zum Tod des Leibes erhalten, so berührt dieser leibliche Tod die Seele nicht mehr. Die wiedergeborne Seele, welche ein unzerstörliches, geistliches Leben in sich hat, leidet von dem Tod des Leibes keinen Nachtheil. Sie siehet den Tod nicht, sie stirbt nicht so, wie ein Geist auch ohne seine Zernichtung sterben kann, das ist, sie verliert nichts von ihrer Kraft, Fröhlichkeit, Weisheit, sondern gewinnt Vieles. Was aber den andern Tod anbelangt, so wird dem Gerechten von demselben kein Leid geschehen; denn die Rechtfertigung, welche er bei dem Uebergang vom geistlichen Tod in’s geistliche Leben erlangt hat, ist dem Urtheil, welchs zum andern Tod verdammt, entgegen gesetzt, und trägt schon so viel aus, daß er sich nach Röm. 5,2. der Hoffnung der Herrlichkeit, welche das ewige Leben ist, rühmen kann, und deßwegen wird sie auch Röm. 5,18. eine Rechtfertigung des Lebens genannt. Zu diesem Uebergang vom Tod zum Leben hilft aber nicht das Gesetz, ob es schon sonst seinen Nutzen hat, und noch weniger die Weltweisheit, sondern der Glaube an Jesum, der uns durch das Evangelium vor die Augen gemalt wird. Wer an Ihn glaubt, wird von Gott gerechtfertigt, und wer gerechtfertigt wird, empfängt zugleich ein geistliches Leben. Eines solchen Menschen Schicksal wird also am jüngsten Tag nicht erst gerichtlich entschieden, sondern nur bestätigt, und zu einer größern Herrlichkeit erhoben. So sei dann mein Bestreben: im Glauben an den HErrn Jesum zu leben, und in eben diesem Glauben auch zu sterben.
Mel.: Zeuch ein zu Deinen Thoren.
1.
Dem Glauben kann’s gelingen,
Gott gibt’s ihm, durch den Tod
Zum Leben durchzudringen,
So hat es keine Noth;
Man kommt nicht in’s Gericht;
Der Vater hat das Leben
Uns schon im Sohn gegeben,
Der Sohn verliert uns nicht.
2.
O Gnade: ich darf glauben;
Vom Glauben lebt man nur;
HErr! laß mir den nicht rauben
Durch keine Creatur.
Mein Heiland, Gottes Sohn,
Du hast den Tod verschlungen,
Das Leben uns errungen;
Der Glaube lebet schon!
3.
Mein Glaube ruht auf Worten,
Die unser Leben sprach,
Das Leben, das die Pforten
Des Todes selbst zerbrach.
Was Jesus zugesagt,
Das macht kein Tod zunichte,
Das macht auch im Gerichte
Den Glauben unverzagt.
4.
Wenn einst die Lippen schweigen,
Und ist mein Sterben nah’,
Laß Deinen Geist mir zeugen,
Es sei noch Jesus da,
Er in mir, ich in Ihm;
Mein Glaube fürcht’t kein Tödten,
Ich sterb’ auf Christi Reden,
Daß ich Ihn ewig rühm’!
21. Juli. Morgen-Andacht.
Pilatus aber schrieb eine Ueberschrift, und setzte sie auf das Kreuz, und war geschrieben: Jesus von Nazareth, der Juden König. Joh. 19,19.
Pilatus, der die Juden in seinem Herzen haßte, und den es verdroß, daß sie ihn durch ihr ungestümes Geschrei genöthigt hatten, Jesum zum Tod zu verdammen, spottete ihrer durch die Ueberschrift, die er auf das Kreuz Jesu setzen ließ, und sie merkten auch diesen Spott, und baten den Pilatus, er solle sie ändern, und schreiben: Jesus von Nazareth, der gesagt hat: er sei der Juden König; Pilatus aber antwortete: was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben. So weit war’s also mit dem HErrn Jesu gekommen, daß Pilatus mit Seinem Namen der Juden spotten konnte. Sie hatten dem Pilatus vornämlich diese Klage wider Jesum vorgetragen, daß Jesus sage, Er sei Christus, ein König; und Pilatus hatte hierauf Jesum gefragt: bist du der Juden König, und freilich hatte die Anklage selbst diesen Sinn, wiewohl die Juden ihren eigenen Namen dabei zu nennen sich schämten. Als auch Pilatus sie fragte: soll ich euren König kreuzigen? so protestirten sie wider diese Worte: euren König und sagten: wir haben keinen König, denn den Kaiser, gleichwie sie hernach wider die Ueberschrift, die auf das Kreuz Jesu gesetzt wurde, protestirten. Die Juden schämten sich also des HErrn Jesu, und wollten nicht, daß Er ihr König heiße. Wie sieht es nicht jetzt unter den Christen aus? Schämen sich nicht Viele des HErrn Jesu? Ist es nicht so weit gekommen, daß man sich lieber zu diesem oder jenem großen oder gelehrten Mann bekennt, als zu dem HErrn Jesu? Nach einem Menschen, der ein Sünder ist, will man sich bilden, ihm will man folgen, von seiner Partei will man sein, nach ihm will man genennet werden; aber des HErrn Jesu schämt man sich. An Ihn von Herzen glauben, Ihm dienen und Sein Bild an sich tragen, däucht Manche eine große Schande zu sein. Es müssen auch Alle, die Jesum lieben, ihren Namen an das Kreuz Jesu heften lassen, wenn sie Ehre bei Gott haben wollen. Wenn die Menschen Ehre von einander nehmen, wenn Jeder nach eitler Ehre geizig ist und über seinem eigenen Namen eifert, so ist’s ein thörichter Stolz. Lasset uns vor das Lager der Welt hinausgehen und Seine Schmach tragen. Der Name eines frommen Christen, der auf Erden an’s Kreuz Jesu geheftet worden, ist im Himmel in’s Buch des Lebens geschrieben, und der HErr Jesus wird ihn am jüngsten Tag bekennen vor Seinem Vater und vor Seinen Engeln.
Die Ueberschrift, welche Pilatus auf das Kreuz Jesu setzen ließ, war auch ein Zeugniß von Seiner Unschuld. Auf die Kreuze, an welchen die zwei Uebelthäter aufgehängt wurden, waren auch Ueberschriften gesetzt, welche nebst ihren Namen anzeigten, daß sie Mörder oder Straßenräuber seien. Von Jesu wußte aber Pilatus nichts zu schreiben, als daß Er der Juden König sei; aber in demjenigen Verstand, in welchem Pilatus es schrieb, war es von den Juden nicht bewiesen, und von Jesu nie eingestanden worden. Diese Ueberschrift zeigte also an, daß Pilatus keine Schuld an Jesu gefunden habe. Viele Juden lassen dieselbe, und konnten dadurch gerührt und zum Nachdenken gebracht werden; denn sie wußten besser als Pilatus, daß das Wort König hier den Messias bedeute, gleichwie sie auch in ihrer Anklage die Namen Christus und König zusammengesetzt hatten. Nun bist Du der Gesalbte, HErr Jesu, Du bist der König aller Könige. Dich bete ich an, Dir will ich auch heute gehorsam sein.
Mel.: Wer Jesum bei sich hat.
1.
Des Heilands Kreuzesschrift
Gilt mir zum Segen;
Denn Gott hat sie gestift’t
Der Sünder wegen,
Und des Gesetzes Grimm
Ist nun entkräftet,
Die Handschrift ward mit Ihm
An’s Kreuz geheftet.
2.
So ist’s. Du, Jesu, bist
Der Deinen König,
Es ist, wer glaubig ist,
Dir unterthänig;
Du fingst Dein Reich gleich an
Bei einem Schächer,
Als der es schenken kann
Auch an Verbrecher.
3.
Das, was geschrieben war,
Bleibt fest geschrieben,
Und Dir ist offenbar
Das Reich geblieben\\.
Gabst Du am Kreuze schon
Mit Dir ein Leben;
So kannst Du auf dem Thron
Es vielmehr geben.
4.
Mein HErr, gedenk’ an mich
Weil ich Dich kenne,
Und meinen König Dich
Im Glauben nenne.
Mein König, Dir sei Ruhm!
Schreib’ Deinen Namen
Mir, Deinem Eigenthum,
In’s Herz ein. Amen!
21. Juli. Abend-Andacht.
Ich will lieber der Thüre hüten in meines Gottes Hause, denn lange wohnen in der Gottlosen Hütten. Ps. 84,11.
David hatte au dem Stamm Levi Thürhüter zur Hütte des Stifts bestellt, 1 Chron. 10,24. und gegen das Ende seiner Regierung noch ausdrücklich verordnet, dass 4000 Leviten das Thürhüteramt auch bei dem Tempel, den Salomo bauen würde, abwechslungsweise verwalten sollten. Diese Thürhüter waren zwar keine vornehmen und angesehenen Männer, hatten aber diesen Vortheil zu genießen, dass sie, alldieweil sie unter den Thoren des Hauses Gottes Wache hielten, die schönen Gottesdienste des HErrn immer anschauen, die Psalmen Davids bei einer lieblichen Musik anhören, und durch die vielen Israeliten, welche zum Beten in das Haus Gottes gingen, zum Beten erweckt werden, ja im Gebet sich mit ihnen vereinigen konnten. Der Prophet, welcher den vier und achtzigsten Psalmen vielleicht nach Davids Tod gemacht, hatte ein großes Belieben an dem Hause Gottes, und sagte deßwegen V. 2.3.: wie lieblich sind Deine Wohnungen, HErr Zebaoth! Meine Seele verlanget und sehnet sich nach den Vorhöfen des HErrn, mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott. Er bezeugt V. 4., dass, wenn er in das Haus Gottes, und zu den Altären Gottes komme, so sehe er sich selbst als einen Vogel an, der nun ein Haus, und als eine Schwalbe, die ihr Nest gefunden habe, da sie Junge hecken könne, es sei ihm also innig wohl, er fühle eine sanfte Ruhe in seiner Seele. Er sagt ferner, V. 1., Ein Tag in Deinen Vorhöfen ist besser, denn sonst tausend. Ich will lieber der Thüre hüten, und also das geringste Amt verwalten in meines Gottes Hause, denn lange wohnen in der Gottlosen Hütten. Wir lernen hieraus, daß rechtschaffene Israeliten und unter denselben auch die Propheten den öffentlichen Gottesdienst sehr hoch geschätzt und im Tempel einen besondern geistlichen Genuß gefunden haben. Jetzt ist kein Haus Gottes von dieser Art auf Erden. Aber wo Zwei oder Drei, oder auch Mehrere im Namen Jesu versammelt sind, da ist Er mitten unter ihnen. Da ist also Seine Wohnung oder Sein Haus. Ja wenn auch ein einzelner Christ, wie Jakob zu Bethel, die Gegenwart Gottes besonders deutlich empfinden, zu Ihm nahen, vor Ihm das Herz ausschütten, und die Kraft Seines Evangeliums empfinden kann, so kann er wie Jakob sagen: hier ist nichts Anderes, denn Gottes Haus, hier ist die Pforte des Himmels, 1 Mos. 28,17. Ein Tag so zugebracht ist besser denn sonst tausende. Es ist auch besser, in der Einsamkeit, oder auch in der Gemeinschaft mit Andern den HErrn anbeten und Seine Gnade durch sein Wort und durch die heiligen Sakramente genießen, denn lange in der Gottlosen Hütten wohnen, wo man leichtlich zerstreuet und befleckt werden kann, oder wenigstens durch das Böse, das man sehen und hören muß, betrübt wird. Alle, die gerne in den Hütten der Gottlosen wohnen, und daselbst dasjenige, was man Lustbarkeiten und Herrlichkeiten heißt, begierlich einschlucken, diese Alle wissen nichts von der innigen Seelenruhe, und von der erquicklichen Empfindung der Liebe Gottes, welche die Kinder des Höchsten zu den Füßen Jesu insgeheim genießen. Wie herrlich wird’s im himmlischen Hause Gottes hergehen!
Mel.: Alles ist an Gottes Segen.
1.
Wenn ich, HErr, an Deiner Stätte
Nur die Thür zu hüten hätte,
Auch nur einen Tag allein,
Wollt’ ich darum lieber bitten,
Als in der Gottlosen Hütten
Tausend Tage wohnhaft sein.
2.
Hier sind Finsterniß und Sünden,
Hier ist Noth und Tod zu finden,
Wo das Thal des Jammers ist.
HErr! bei Dir ist Licht und Leben,
Du wirst Ehr’ und Frieden geben,
Weil Du Schild und Sonne bist.
3.
Uns’re Tage werden gräulich,
Und der Spötter, die abscheulich,
Sitzen große Bänke voll;
Hier ist selbst des Drachen Wohnung,
Bis zu seines Grimms Belohnung
Ihn der Abgrund schließen soll.
4.
Jesu! hilf, laß all’ mein Sehnen
Unter glaubensvollen Thränen
Nur nach Deiner Wohnung geh’n,
Wo wir lauter reine Freuden.
Lauter lichte Ewigkeiten
Und bei Dir uns selig seh’n.
5.
Drückt das schwache Fleisch mich nieder,
Hilf mir, dass mein Geist sich wieder
Seufzend in die Höhe zieht;
Schweigt mein Mund, laß mein Verlangen
Noch im Sterben an Dir hangen,
Bis mein Aug’ Dich ewig sieht!
22. Juli. Morgen-Andacht.
Es ist ein köstlich Ding, dem HErrn danken, und lobsingen Deinem Namen, Du Höchster. Ps. 92,2.
Es werden etliche Dinge, die sich bei einem wahren Christen finden sollen, in der heiligen Schrift köstlich genannt. Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hülfe des HErrn hoffen, Klagl. Jer. 3,26. Der verborgene Mensch des Herzens unverrückt mit sanftem und stillem Geist ist köstlich vor Gott, 1 Petr. 3,4. Es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, Hebr. 3,9. Der Weg der Liebe ist köstlicher, als alle besonderen Gaben, welche mit einem Unterschied von Gott ausgetheilt werden, oder hat einen Vorzug vor denselben. Es ist aber auch ein köstlich Ding, dem HErrn danken, und lobsingen Deinem Namen, Du Höchster, des Morgens Deiner Gnade, und des Abends Deiner Wahrheit verkündigen. Dieses Danken und Lobsingen ist köstlich, weil dadurch Gott recht deutlich und ausdrücklich Ehre gegeben wird, und weil das Ziel, worauf alle gottesdienstlichen Uebungen und alle Werke der Geschöpfe hinausgeführt werden, dieses ist, dass in allen Dingen Gott gepreiset werde durch Jesum Christ, 1 Petr. 4,11. Es ist köstlich, weil es dasjenige, worauf Gottes Augen mit Wohlgefallen sehen, bei den Menschen voraussetzt, nämlich den Glauben, und es ist auch darum köstlich, weil das Herz des Menschen dadurch aufgeheitert und über den düstern Nebel der Bekümmernisse erhoben wird. Endlich ist es auch deßwegen köstlich, weil es die eigentliche Vorübung auf den Himmel ist, als in welchem, wie die Offenbarung Johannis lehrt, in dem höchsten und völligsten Verstand erfüllt werden wird, was Ps. 84,5. gesagt ist: wohl denen, die in einem Hause wohnen, die loben dich immerdar! Man hat nicht nöthig, zu fragen, für was man dem HErrn danken, und weßwegen man Seinem Namen lobsingen solle. Man darf nur an Seine Gnade denken, welche alle Morgen neu ist, sich durch den Schutz, den man in der Nacht genossen, deutlich erwiesen hat, und etwa auch durch die evangelischen Zeugnisse, an welche der Heilige Geist die Glaubigen oft Morgens früh bei dem Erwachen mahnt, der Seele klar und kräftig worden ist. Am Abend soll man daran denken, wie Gott die Wahrheit Seines Worts durch allerhand Erweisungen bestätigt, und sich in Seinen Werken so erzeigt habe, wie Er sich in Seinem Wort geoffenbart hat, wie denn V. 5.6. gesagt wird: Herr, Du lässest mich fröhlich singen von Deinen Werken, und ich rühme die Geschäfte Deiner Hände. HErr, wie sind Deine Werke so groß! Deine Gedanken sind sehr tief. Wenn man bei dieser Betrachtung der göttlichen Gnade und Wahrheit auch erkennt, was man selber sei, nämlich ein schwaches Geschöpf, ein elender, unwürdiger Sünder, ein Mensch, der nichts thut, woran nicht ein Fehler klebt, und dessen Gedanken, Worte und Werke oft ganz böse sind, bei dem also aller Ruhm, wie Paulus Röm. 3,27. sagt, aus ist – wenn man dieses bedenkt, so kann man desto lauterer dem HErrn danken und Seinem Namen lobsingen, des Morgens Seine Gnade und des Nachts Seine Wahrheit verkündigen.
So will ich denn auch jetzt dem HErrn danken, der ist, und der war, und der sein wird, und Deinem Namen, Du Höchster, der Du allein weise, allein mächtig und allein gut bist, in meinem Herzen lobsingen. Ich will glauben und verkündigen, daß der HErr fromm ist, und ist kein Unrecht an Ihm (V. 16.). Ich will Dich erhöhen mein Gott, Du König, und Deinen Namen loben immer und ewiglich. Ich will Dich täglich loben, und Deinen Namen rühmen immer und ewiglich.
Mel.: Erleucht’ mich HErr, mein etc.
1.
Das ist ein köstlich Ding,
Daß man dir, Höchster, danke,
Und Deinem Namen sing’,
Der stets ist wie er war,
Groß, herrlich, wunderbar,
Und der in Jesu Christ
Uns offenbaret ist.
2.
Dein Thron hat Preis allein,
Daß er niemalen wanke;
Dein Reich muß ewig sein,
Dein Werk ist stets das best’,
Dein Wort ist wahr und fest,
Dein Rath ist tief und frei,
Dein Herz ist hold und treu.
3.
Sonst ist kein Gott wie Du,
Dein Ruhm ist wie Dein Name,
Dir jauchzen Thronen zu,
Dir stimmen Engel an;
Dir singt, was singen kann;
Wie Dir der Himmel ruft,
So schallt Dir alle Lust.
4.
Dir bringt der Wahrheit Ruhm
Der Dir versühnte Same,
Des Sohnes Eigenthum.
Dein Lob soll auch allein
In meinem Munde sein.
Wenn ich von Gnade sing’,
Ist mir’s ein köstlich Ding.
22. Juli. Abend-Andacht.
Der HErr Jesus ist um unserer Sünde willen dahin gegeben, und um unserer Gerechtigkeit willen auferwecket. Röm. 4,25.
Das Einzige, das den Menschen in seinem Sterben kränken kann, ist die Sünde, oder die ganze Sündenschuld, die er durch Begehung des Bösen und Unterlassung des Guten gemacht hat, und wofür er selbst Gott keine Genugthuung, oder keinen Beweggrund, um deßwillen sie ihm geschenkt werden sollte, darbringen kann. Wie erquicklich ist’s aber für ihn, wenn er sich glaubig erinnern kann, dass der HErr Jesus um seiner Sünde willen dahin gegeben worden sei! Wohin aber? In den schmählichen schmerzlichen Tod am Kreuz: durch diesen hat Er bezahlt, was Er nicht geraubt hatte, und die Strafe für die Missethaten aller Menschen zur Erweisung der Gerechtigkeit Gottes ausgestanden. Durch diesen Tod ist Er ein Sündopfer worden, auf welche alle Opfer des Alten Testaments als Vorbilder gezielt haben. Ich habe mich also um keinen andern Beweggrund, um deßwillen Gott mir die Sünde vergeben wolle, umzusehen, denn die Hingabe Christi in den Tod ist der einige und allgenugsame Beweggrund dazu, und wenn ich dieses von Herzen glaube, so ist mir meine Sündenschuld vergeben, und ich habe Gnade und Friede mit Gott. Ist aber die Hingabe Christi genugsam zur Tilgung meiner Sünde gewesen? Ja, weil Ihn der Vater von dem Tod wieder auferwecket hat. Seine Auferweckung war Seine Rechtfertigung gegen alle Anklagen Seiner Feinde und gegen alle Zweifel Seiner Freunde, und diese Seine Rechtfertigung rechtfertigt auch uns, wenn wir an Ihn glauben und durch Sein Blut gerecht werden wollen. Wäre Christus nicht auferstanden, so wäre unser Glaube eitel, und wir wären noch in unsern Sünden 1 Kor. 15,17., weil alsdann Seine Hingabe in den Tod keine Kraft zur Tilgung unserer Sünden gehabt hätte; da Er aber auferstanden und durch die Herrlichkeit des Vaters auferwecket worden ist, so ist der Glaube nicht eitel, und wir, die wir an Seinen Namen glauben, sind nicht mehr in unsern Sünden. Wer also an Jesum Christum glaubt, der gestorben und wieder auferstanden ist, wird nicht zu Schanden. Der Heilige Geist erhalte und vermehre diesen Glauben in mir, so wird er in mir immer der Sieg sein, der die Welt, den Satan, den Tod überwindet. Ich werde durch diesen Glauben im Tode als ein Gerechter erfunden werden: ich werde nach dem Tod eine ewige Herrlichkeit empfangen. Die Sünde ist der Stachel des Todes. Weil nun Jesus um unserer Sünde willen in den Tod dahin gegeben worden, so hat der Tod der Glaubigen keinen Stachel mehr, und weil Er um unserer Rechtfertigung willen auferwecket worden ist, so haben auch die Glaubigen durch Ihn das Recht, ein ewiges Leben für ihre Seelen und für ihre Leiber zu hoffen. Außer Christo ist freilich kein Heil, es gibt kein anderes Opfer für die Sünde als Seinen Tod. Gott bewahre mich, daß ich es nicht wage, mit meiner eigenen Gerechtigkeit dem Tod zu trotzen, und nach dem Tod vor ihm zu erscheinen. Nichts mehr, denn: lieber HErre mein, Dein Tod soll mir das Leben sein, Du hast für mich bezahlet; und der Beweis, daß Du für mich bezahlt habest, ist Deine Auferweckung vom Tod. Ich soll also im Leben und Sterben Dich ansehen, wie Du todt warst, und nun ewiglich lebest.
Mel.: O Jerusalem, du Schöne.
1.
Tod, mein Hüttlein kannst du brechen,
Das ein Werk von Leimen ist;
Aber du hast nichts zu rächen:
Meine Schulden sind gebüßt;
Ja, gebüßt, doch nicht von mir,
Nein, der Mittler starb dafür!
2.
Ja, Er ist auch auferstanden,
Mir auch zur Gerechtigkeit;
Unter Christi Blutsverwandten
Ist mir eine Stell’ bereit’t;
Jesus ging mit Blut hinein,
Wo auch ich soll lebend sein.
3.
Dieß ist meiner Seelen Anker,
Der hält meinen Glauben fest,
Wenn mein Leib schon als ein Kranker
Sich der Fäulniß überläßt.
Jesus lebt, so leb’ auch ich,
Und mein HErr verkläret mich.
4.
Wirk’ es, o du Geist des Glaubens,
Daß ich muthig sterben kann,
Die Verheißungen erlauben’s,
Die der Heiland uns gethan.
Wer gerecht ist, stirbt nicht mehr,
Denn durch Christum lebet er.
5.
Steh’ mir in den Todesstunden,
Jesu, treuer Mittler, bei,
Daß mein End’ auf Deine Wunden
Mehr ein Schlaf als Sterben sei;
Gib mir dort ein weißes Kleid,
Welches ist Gerechtigkeit.
23. Juli. Morgen-Andacht.
Es sage nun Israel: Seine Güte währet ewiglich. Ps. 118,2.
Kein Ausspruch kommt so oft in dem Psalter vor als dieser: Seine Güte währet ewiglich. Auch im Ps. 118. kommt er fünfmal vor, und da dieser Psalm ein Theil des Lobgesangs gewesen ist, welchen der Heiland mit seinen Jüngern nach Seiner letzten Ostermahlzeit gesprochen hat, so dürfen wir dafür halten, daß nie Jemand mit einem so reinen Glauben, mit einem so völligen Vertrauen, und mit einer so tiefen Ehrerbietung, wie Jesus damals, von dem himmlischen Vater gesagt hat: Seine Güte währet ewiglich. Das Volk Israel durfte und sollte aber immer so sagen, das Haus Aaron, oder der ganze Haufe der Priester, und alle Unbeschnittenen, die den HErrn fürchteten, und noch nicht zu der Gemeinde Israels gehörten, durften in dieses Lob Gottes einstimmen, weil die Güte Gottes auch über sie ausgebreitet war. Was hindert’s also, daß nicht auch wir an diesem Morgen mit einem frohen und glaubigen Herzen zu dem HErrn sagen: Seine Güte währet ewiglich. Es kommt zwar in unserem Lebenslauf manchmal eine Angst vor, es sind Feinde um uns herum, und wir müssen Züchtigungen des HErrn erdulden; wie denn aller dieser Dinge auch Ps. 118. Meldung geschieht: allein das Lob, welches man Gott wegen Seiner ewig währenden Güte gibt, wird dadurch nicht zernichtet, ja nicht einmal eingeschränkt. Die Güte Gottes ist eine wunderliche Güte, wie sie denn Ps. 17,7. 31,22. so genannt wird. Sie thut weh, wenn sie wohl thun will, sie nimmt, wenn sie geben will; sie tödtet, wenn sie lebendig machen will, sie erniedrigt, wenn sie erhöhen will. Mit Christo ging sie selbst so um, und es war ein Wunder vor der Menschen Augen, Ps. 118,22.23. Die Güte Gottes ist wie die Sonne, welche sich zuweilen hinter die Regenwolken verbirgt, damit das Erdreich Schatten und Feuchtigkeit bekomme. Ob man aber gleich alsdann die Witterung eine böse Witterung zu nennen pflegt, so ist sie doch eine gute und nützliche Witterung: auch wird die Sonne durch die Regenwolken nicht ausgelöscht, und kommt hinter denselben bald wieder mit einem angenehmen Glanz hervor. Ebenso verhält es sich auch mit der Güte Gottes. Lasset uns also die Güte Gottes unter den Abwechslungen der Freude und des Leids, die es in unserer Wallfahrt gibt, als eine fortwährende Güte erkennen und preisen. Sie währet ewig. Sie währet bis an’s Ende unsers Lebens, ja sie hat gar kein Ende. Menschen sind wankelmüthig, Fürsten sind veränderlich und sterblich, darum wird V. 8.9. gesagt: es ist gut auf den HErrn vertrauen, und sich nicht verlassen auf Menschen; es ist gut auf den HErrn vertrauen, und sich nicht verlassen auf Fürsten. Indem wir aber von Gott sagen: Seine Güte währet ewig, sollen wir uns mit Vertrauen zu dieser Güte wenden, sie preisen, für dieselbe danken, und uns dem HErrn so ergeben, daß Er Seine Güte nicht nur durch leibliche Gaben, sondern auch durch Vergebung der Sünden, durch Sendung Seines Geistes in unsere Herzen, und durch die Schenkung eines unvergänglichen, unbefleckten und unverwelklichen Erbes nach dem ganzen Inhalt Seines Gnadenbundes oder Testaments offenbaren könne. Die ewig währende Güte Gottes soll für uns die Quelle eines ewigen Lebens und einer unaufhörlichen Seligkeit sein. Nun Du bist mein Gott, ich danke Dir: mein Gott, ich will Dich preisen. Danket dem HErrn, ihr, meine Mitchristen, denn Er ist freundlich, und Seine Güte währet ewiglich.
Mel.: HErr Jesu, Gnadensonne.
1.
Die ihr von Bußethränen
Durch Gnade nun befreit,
Und nach des Glaubens Sehnen
Im Blut gewaschen seid,
Singt, von dem Zorn entladen,
Singt Gott Sein Lob der Gnaden
Sie währet ewiglich.
2.
Ihr, die ihr nun Gerechte
In Jesu Christo heißt,
Ein priesterlich Geschlechte,
Versiegelt durch den Geist,
Geweiht im Wasserbade,
Singt von der großen Gnade,
Sie währet ewiglich.
3.
Ihr, die ihr nun dürft beten
Und vor den Gnadenthron
Mit Freudigkeit könnt treten,
Erhöret in dem Sohn,
Glaubt, gehet hin gerade
Und singet von der Gnade,
Sie währet ewiglich.
4.
Ihr, die ihr nun dürft hoffen
Im Leiden dieser Zeit,
Der Eingang sei euch offen
Zu Seiner Herrlichkeit,
Allwo kein Leid noch Schade,
Singt schon auf jene Gnade:
Sie währet ewiglich.
23. Juli. Abend-Andacht.
Als wir denn nun Zeit haben, so lasset uns Gutes thun. Gal. 6,10.
Obgleich Paulus in dem Brief an die Galater und in allen seinen Predigten und Schriften deutlich und nachdrücklich gelehrt hat, daß der Sünder nicht anders, als durch den Glauben an Christum, Gnade bei Gott erlangen könne, so hat er doch mit einem nicht geringeren Ernst auch auf einen heiligen Wandel und auf das Gutesthun gedrungen. Er hat aber nicht so darauf gedrungen, daß es das Ansehen gehabt hätte, als ob er dadurch seine Lehre vom Glauben und von der Gnade umstoße, ja er hat dasjenige, was er vom Gutesthun lehrte, nicht einmal als eine von dem übrigen Evangelio abgesonderte Lehre vorgetragen, sondern er hat das Gutesthun aus dem Glauben und aus der Gnade hergeleitet, und deßwegen meistens am Ende seiner Briefe, worin er die Glaubenslehren vortrug, von jenem Thun gehandelt. Nach seiner Lehre empfängt nämlich ein Christ, dem seine Sündenschuld und tiefe Verderbniß aufgedeckt worden, durch den Glauben an Christum nicht nur die Vergebung seiner Sünden, sondern auch Licht, Leben, Segen, die Kindschaft Gottes und das Siegel derselben, den Heiligen Geist. Ein glaubiger Christ ist in Christo Jesu, und Christus Jesus wohnt und lebt in ihm: wie kann es also anders sein, als daß ein Glaubiger auch Seine Gebote halte und Gutes thue? Diejenigen, die ohne den Glauben an Jesum mit des Gesetzes Werken umgehen, folglich aus eigenen Kräften fromm sein wollen, beschreibt Paulus als zänkische und bissige Leute, Röm. 2,8. Gal. 5,15., als Leute, welche die Schmach Christi fliehen, und überhaupt fleischlich gesinnt seien: da er hingegen die Glaubigen immer als geistliche und geistlich gesinnte Leute, die sich im Gutesthun üben, schildert. Doch war auch Paulus nicht von denjenigen, welche sagen: bei dem Glauben an Christum Jesum gibt sich Alles selber; die Glaubigen bedürfen also keine Gebote, Warnungen und Ermahnungen. Er wußte wohl, daß auch in ihnen das Fleisch noch wider den Geist gelüste, und daß neben der Aufmunterung zum Glauben ihnen zuweilen ein Zuspruch, welcher die Form einer Ermahnung, eines Gebots oder einer Warnung und Drohung hat, nöthig und nützlich sei. Er schrieb deßwegen auch den Galatern, von denen er hoffen durfte, daß sie durch das erste Kapitel seines Briefs wieder auf den Glaubensweg zurückgeführt worden seien, scharfe Warnungen, die Gal. 5,20.21. und K. 6,7.8. stehen, und nach denselben die Ermahnung: als wir nun Zeit haben, so lasset uns Gutes thun. Man hat nicht immer Zeit dazu, darum soll man sie dazu anwenden, alldieweil sie da ist. Auch so lange die Zeit des irdischen Lebens währt, entwischt demjenigen, der sich lange besinnt und träg ist, zuweilen eine Zeit oder Gelegenheit, Jemand Gutes zu thun, und er fühlt hernach deßwegen eine scharfe Bestrafung in sich selber. Uebrigens geht die ganze Zeit, Gutes zu thun, und dadurch auf den Geist zu säen, mit dem Tod, der von keinem Lebendigen weit entfernt ist, zu Ende. Die kurze Lebenszeit, die man auf Erden zubringt, ist die Saatzeit: denn wenn die Seele von dem Leib weggenommen ist, so fängt bei ihr schon die Ernte an.
Mel.: Wer weiß, wie nahe mir mein Ende.
1.
Vertreibt euch nur die lange Weile,
Ihr Eitlen, mit gelehrtem Scherz;
Denkt aber, daß der Tag schon eile,
Der schreckliche für euer Herz.
Wo Glauben ist, der läßt nicht ruhn,
Und gibt uns Ernstlicher’s zu thun.
2.
Der Glaube kämpft mit Welt und Sünden,
Wohinter sich der Arge schleicht.
Es kostet Ernst, zu überwinden;
Ein Leichtsinn nimmt den Sieg zu leicht;
Doch kommt ein Tag, daran es schmerzt,
Daß man das Wichtigste verscherzt.
3.
Ach übe mich stets in den Waffen,
Du Herzog meiner Seligkeit;
Ermunt’re mich, wenn ich will schlafen;
Mach mich auf Deinen Tag bereit
Und zieh’, treibt gleich der Witz sein Spiel,
Mir Aug’ und Herz auf jenes Ziel.
4.
Die Liebe sei mein Tagsgeschäfte,
Das Beten meine Zwischenzeit;
Zur Nahrung für die Seelenkräfte
Sei mir Dein Wort der Herrlichkeit;
Dein Lob und Dank die größte Lust,
Daß Du so viele Wunder thust.
5.
HErr! wenn ich manche Zeit bereue,
Worin ich Bös für Gut’s gethan,
So schreibe mir nach Deiner Treue
Doch meine Glaubenstage an,
Und führ’ mich jener Menge zu,
Die Dich lobt ohne Maß und Ruh’.
24. Juli. Morgen-Andacht.
Mein Herz ist bereit, Gott, mein Herz ist bereit, daß ich singe und lobe. Ps. 57,8.
Jakobus sagt K. 5,18. leidet Jemand, der bete; ist Jemand gutes Muths, der singe Psalmen; und lehret dadurch, daß ein Jeder seine gottesdienstlichen Uebungen nach seinem Zustand einrichten soll. Als Jemand der Esrahite den 88. Psalm schrieb, der unter allen Psalmen, die nicht von Christo handeln, den traurigsten Inhalt hat, so war sein Herz nicht bereit zu singen und zu loben, sondern eine sehr tiefe Klage vor Gott auszuschütten. Auch Davids Herz war oft zu einem traurigen Ton gestimmt. Er rief aus der Tiefe, er klagte, weinte und heulte, wenn es ihm so zu Muth war, und verstellte sich vor Gott nicht. Als er aber einmal vor Saul in eine Höhle geflohen, und darin vor seiner Nachstellung beschirmt worden war, so sagte er: mein Herz ist bereit, Gott, mein Herz ist bereit, daß ich singe und lobe. Er ermunterte sich auch V. 9. noch weiter mit den Worten: wache auf meine Ehre (das ist meine Zunge), , wache auf, Psalter und Harfe, frühe will ich aufwachen und setzte V. 10. hinzu: HErr, ich will Dir danken unter den Völkern, ich will Dir lobsingen unter den Leuten. Wenn man den ganzen Psalter betrachtet, so kann man sagen, daß er einem Concert ähnlich sei, worin viele Stimmen und Töne sich hören lassen. Es sind darin das fröhliche Lob Gottes, und die tiefsten Klagen, auch viele gemäßigte Ausdrücke eines Bittenden und Dankenden enthalten. So weit nun die Andacht in dem Psalter ausgedehnt ist, so weit darf sich auch unser Geist ausbreiten, wenn er’s anders vermag. Ein trauriger Christ wird zuweilen noch trauriger, wenn er wahrnimmt, wie Andere in einer geistlichen Freude und vergnügten Heiterkeit reden und beten: er soll aber bedenken, daß auch in dem Psalter viele Ausdrücke eines traurigen Herzen vorkommen, und daß dieselben auch vom Heiligen Geist eingegeben worden seien, und noch jetzt Gott wohlgefallen. Deßwegen sollen aber auch fröhliche Christen die traurigen nicht verachten. Aufrichtigkeit ist Gott angenehm. Niemand nehme vor Gott eine erzwungene Form an, Niemand äffe Andere mit Gewalt nach. Jesus selbst freuete Sich einmal im Geist, und redete als ein Fröhlicher. aber am Oelberg war Er betrübt bi in den Tod, und verbarg Seine Betrübniß nicht, sondern redete als ein Trauriger, und geberdete Sich als ein Trauriger. Kein Christ wird, wenn er der Wirkung des Heiligen Geistes bei sich Raum gibt, immer fröhlich und immer traurig sein. Keiner wird sein Herz immer bereit finden, zu singen und zu loben: es wird aber auch keiner aufgelegt sein, immer zu ächzen und zu klagen. David sagte einmal, da er eine durstige Seele hatte, und sich in einem trockenen und dürren Lande aufhielt: das wäre meines Herzens Freude und Wonne, wenn ich Dich mit fröhlichem Herzen loben sollte, Ps. 63,6. Sein Herz war auch ein andermal fröhlich, und bereit, Gott zu singen und ihn zu loben. Dieses Alles aber wirkt und gibt der ewige Geist Gottes, der die Seele eines Gerechten in Seiner Gewalt und Bearbeitung hat, wie der Töpfer den Thon. Im Himmel ist zuweilen eine Stille, zuweilen eine feierliche und gemeinschaftliche Anbetung. Hier lassen sich diese, dort jene Schaaren hören. Es gibt auch da Musiken nach der himmlischen Art, wie Johannes in der Offenbarung gemeldet hat. Ich will singen und loben, wenn mein Herz dazu bereit ist, und bitten und klagen, wenn ich dazu aufgelegt bin.
Mel.: Ruhe ist das beste Gut.
1.
Gottes Lob ist meine Pflicht,
Weil ich leb’ und bin.
Er ist Gott, kein And’rer nicht;
Darum lob ich Ihn.
Er, Gott, schuf mich;
Welcher Mund nicht Gott verehrt,
Der ist keiner Zunge werth.
Gott lobe ich.
2.
Gottes Lob erfreut mein Herz
Mehr als Lust und Geld.
Armer Reichthum, toller Scherz
Freut die arge Welt;
Allein nicht mich.
Mein Herz wird von Freuden voll,
Daß es Dich, Gott, loben soll.
Gott lobe ich.
3.
Gottes Lob ist auch mein Trost
Bei der Thränen Fluß,
Wenn die Bosheit auf mich stoßt,
Wenn ich dulden muß;
Da fass’ ich mich,
Sing’ in Hoffnung und Geduld
Glaubig von des Vaters Huld.
Gott lobe ich.
4.
Gottes Lob ist nur ein Thun,
Das aus Gnade fließt;
Wenn die Liebe Jesu nun
Sich in’s Herz ergießt,
Treibt Sein Geist mich.
Hier stimm’ ich in Schwachheit an,
Bis ich ewig singen kann.
Gott lobe ich.
24. Juli. Abend-Andacht.
Den Abend lang währet das Weinen, aber des Morgens die Freude. Ps. 30,6.
Weil auf dem Erdboden immer viel Jammer ist, so wird auch ohne Zweifel der gegenwärtige Abend von vielen Menschen mit Weinen zugebracht, und dieses Weinen kann auch in der Nacht, welche einbricht, von Einigen fortgesetzt werden. Wenden sie sich aber unter ihrem Weinen zu Gott, dürsten sie dabei nach Seinem Trost, schütten sie ihr Herz in ihrer Betrübniß vor Ihm aus, so kann es geschehen, daß am nächsten Morgen eine Freude in ihrem Herzen anbricht, wenn nämlich der Heilige Geist ihre Herzen durch einen evangelischen Zuspruch kräftig tröstet, und sie etwa auch eine Hülfe in der Nähe oder von Weitem erblicken läßt. Auf diese Weise kann der obenstehende Spruch nach dem Buchstaben an Einigen erfüllt werden. Ohne Zweifel darf er aber auch als ein Sprüchwort oder als eine verblümte Rede erklärt werden. Man weint zuweilen auch des Morgens oder Mittags, wie denn auch David Ps. 55,18. sagt: des Abends, Morgens oder Mittags will ich klagen und heulen, so wird der HErr meine Stimme hören. Man mag aber zu einer Tageszeit weinen, zu welcher man will, so darf man an das Wort gedenken: den Abend lang währet das Weinen; aber des Morgens die Freude. Wenn man weinet, so ist’s gleichsam Abend. Die Sonne scheinet nicht mehr, Finsterniß nimmt die Seele ein, und diese stellt sich vor, der Zorn Gottes breche nun über sie aus. Allein dieses Alles währet nicht lange: der Zorn Gottes währet einen Augenblick, und nach dem Abend der Traurigkeit folgt wieder ein Morgen der Freude. Jener Augenblick wird bei der Vergleichung mit heiteren Stunden, noch mehr aber in der Vergleichung mit der freudenvollen Ewigkeit berechnet und erkannt: und gleich wie der Abend von dem Morgen nicht weit entfernt ist, also ist auch die Zeit des Weinens von der Zeit der Freude, da die Sonne gleichsam wieder aufgeht, und der HErr Sein Antlitz wieder leuchten läßt, nicht weit entfernt. Zwar denkt zuweilen ein weinender Mensch, er könne nimmer aufhören zu weinen, und ein Trauernder, er wolle nimmer aufhören zu trauern: ist er aber ein wahrer Christ, und hat der Heilige Geist das Regiment in seiner Seele, so kann er seinen Vorsatz nicht ausführen, er kann’s nicht hindern, wenn ihm der Heilige Geist dasjenige, worüber er geweint hat, auf einer heiteren oder wenigstens erträglichen Seite vorstellt: ja er muß es leiden, wenn dieser göttliche Geist ihm den Sack gleichsam auszieht, und ihn mit Freuden gürtet, wie von David V. 12. gesagt wird. Nur ein steifer Eigensinn kann das Trauern, welches alsdann ein unglaubiges Murren wider Gott ist, ganze Monate und Jahre durchsetzen. An einem Glaubigen aber wird immer das Wort erfüllt: den Abend lang währet das Weinen, aber des Morgens die Freude. Wenn er auch die Freude und Wonne nicht ergreifen kann und mag, so ergreift die Freude und Wonne ihn, wie Jes. 35,10. gesagt wird: und wenn er seinen Mund zum Heulen und Klagen lange genug gebraucht hat, so macht der HErr selbst seinen Mund wieder fröhlich (Ps. 103,5.), daß er des HErrn Lob aussprechen, und Ihm fröhlich singen kann. Bei der Aufnahme in die selige Ewigkeit wird einem Christen ein heiterer Morgen der Freude anbrechen, auf den kein trauriger Abend mehr folgen wird. Man wird zwar alsdann dasjenige, worüber man bei Leibesleben geweint hat, wie Abraham Luk. 16,25., etwas Böses nennen; doch aber mit Gottes Führung zufrieden sein, und nimmer weinen können, weil Gott alle Thränen von den Augen abwischen wird.
Mel.: O Gottes Sohn, HErr Jesu etc.
1.
Das Weinen währt den Abend lang,
Des Morgens ist die Freude,
Das ist des Trostes Ueberschwang
Bei eines Christen Leide.
Wer jetzt sich freut, weint künftig fort;
Ein Christ weint hier, und jauchzet dort,
Wo es ohn’ Ende währet.
2.
Des Christen Thränen sind veracht’t,
Er weinet über Dinge,
Die Witz und Frevel nur verlacht,
Als wären sie geringe;
Doch weiß der Christ, warum er weint,
Und wird, wenn Christus selbst erscheint,
Darüber nicht zu Schanden.
3.
Drückt mich die Last, daß ich mich bück’,
Erquickt das Wort daneben:
Sein Zorn währt einen Augenblick,
Und Er hat Lust zum Leben.
Hier ist’s nur eine Regennacht;
Am Morgen, wenn man wieder wacht,
Wird Jesus selbst zur Sonne.
4.
HErr! gib bei meinem Uebergang,
Daß da Dein Blut mir dienet,
Das Du geweint den Abend lang,
Als Du die Welt versühnet;
So kann ich in dem Aufersteh’n
Auch in die Morgenfreude geh’n,
Die wir mit Thränen hoffen.
25. Juli. Morgen-Andacht.
Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem Heiligen Geist. Röm. 14,17.
Es wurde zur Zeit Pauli unter den römischen und andern Christen die Frage aufgeworfen, ob man von dem Fleisch der Thiere essen dürfe, welche den Götzen zu Ehren geschlachtet, und wovon ein Theil auf den abgöttischen Altären geopfert worden. Paulus entschied diese Frage so, daß er sagte, man dürfe davon essen: doch setzte er hinzu, wer sich ein Gewissen daraus mache, solle es unterlassen. Gleichwie aber alle Dinge die Ursache einer Trennung unter den Christen werden können, also konnte auch das Essen des Götzenopferfleisches eine solche verursachen. Derjenige, der davon aß, konnte denjenigen, der nicht davon essen wollte, als einen schwachen Menschen, der sich mit unnöthigen Scrupeln schleppe, verachten; dieser aber konnte jenen als einen frechen Menschen richten. Paulus warnte vor beiden Versündigungen V. 3., und sagte auch V. 17. wegen derjenigen, welche sich ihres Essens rühmen wollten: das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken. Durch Essen und Trinken erlangt man das Reich Gottes nicht, und wer auch drinnen ist, darf seinen Vorzug nicht im Essen und Trinken suchen, oder dieses Essen und Trinken nicht als ein Kennzeichen seines Gnadenstandes ansehen. Man darf vom Essen und Trinken ohne Zweifel den Schluß auf ähnliche Dinge machen, und sagen: das Reich Gottes ist nicht: diese oder jene Kleider tragen, diese oder jene Geberden machen, diesen oder jenen öffentlichen oder besondern Versammlungen beiwohnen. Es besteht, wie Paulus 1 Kor. 4,20. sagt, nicht in Worten, folglich auch nicht in Ceremonien, in äußerlichen Uebungen, in vielem Wissen, oder in der Feier gewisser Zeiten: und überhaupt in nichts, das an sich unkräftig ist, und worunter ein ungeändertes Herz verborgen bleiben könnte. Obschon alle diese Dinge auch nützlich sein können: so besteht doch das Reich Gottes nicht darin. Sie sind, wenn’s hoch kommt, Mittel und nicht der Zweck; sie gehören zur äußerlichen Ordnung und nicht zum innerlichen Wesen des Christenthums. Hingegen besteht das Reich Gottes in Gerechtigkeit, daß man nämlich durch den Glauben an Christum vor Gott gerecht sei, und auch gegen die Menschen Gerechtigkeit beweise. Es besteht im Frieden mit Gott und Menschen, und in der Freude im Heiligen Geist, welche aus den erquicklichen Tröstungen desselben entsteht. Hier prüfe sich nun ein Jeder, der bei einem guten Schein ein todtes Herz, bei einem beredten Mund eine finstere trockene Seele, und bei der Verachtung Anderer ein unruhiges Gewissen, und dabei eine anstößige und beleidigende Lebensart hat. Diesen gelten die Worte Jesu: du hast den Namen, daß du lebest, und bist todt; und: du sprichst, ich bin reich und habe gar satt und bedarf nichts, und weißt nicht, daß du bist elend, jämmerlich, arm, blind und bloß. Darum sehe ein Jeder auf die Hauptsache, und prüfe sich, ob die drei Stücke, die Paulus dazu rechnet, nämlich Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist bei ihm vorhanden seien. Die Freude im Heiligen Geist empfindet man nicht immerdar, doch empfindet man sie zuweilen; den Frieden mit Gott fühlt man, den Frieden mit den Menschen nimmt man bei sich selbst wahr, wenn man sich seiner Liebe gegen alle Menschen, auch gegen die feindseligen, bewußt ist; daß man aber vor Gott gerecht sei, glaubet man, wenn man sich seines Glaubens an Christum bewußt ist, und dabei muß das Gewissen dem Menschen Zeugniß geben, daß er sich auch der Gerechtigkeit gegen andere Menschen befleißige.
Mel.: Schwing dich auf etc.
1.
Gottes Reich ist, Gott sei Dank,
Nicht in äußern Dingen,
Werke, Kleider, Speise Trank,
Mögen das nicht bringen;
Ohne Zuthun unsers Thuns,
Auch im höchsten Grade,
Pflanzet Gott Sein Reich in uns
Und aus laut’rer Gnade.
2.
Ihr Genossen an dem Reich,
Lobet Gottes Namen;
Denn der Vater nennet euch+
Den erwählten Samen;
Er schenkt uns Gerechtigkeit,
Den versühnten Sündern,
Und hat uns ein Erb’ bereit’t,
Als geliebten Kindern.
3.
Unterthanen von dem Sohn,
Kommt mit eurem Liede,
Singet Ihm vor Seinem Thron:
Er ist unser Friede.
Gott ist uns in Jesu gut,
Daß Er uns mag lieben,
Und am Kreuz mit Gottesblut
Ward es unterschrieben.
4.
Singt ein gleiches Lob dem Geist,
Der uns Freude schenket,
Welche groß und göttlich heißt,
Daß uns nichts mehr kränket.
In dem Geiste freuet euch,
Stimmt schon hier zusammen,
Bis ihr dort in Seinem Reich
Lobet Gottes Namen.
25. Juli. Abend-Andacht.
Jesus Christus gestern und heute, und derselbe in Ewigkeit. Hebr. 13,8.
Die Erde ist immer ein Schauplatz vieler und großer Veränderungen gewesen. Vor der Sündfluth gab es, wie man mit vieler Wahrscheinlichkeit aus der kurzen mosaischen Geschichte schließen kann, keine Könige und Fürsten, keine Priester, keine Bücher, keine gelehrte Welt u.s.w. Viele Wissenschaften und Künste, die jetzt sind, waren damals noch nicht: hingegen hatte man vielleicht einige, die jetzt nicht mehr sind. Nach der Sündfluth wurden die Menschen in Völker eingetheilt, von denen ein jedes eine gewisse Polizei errichtete, eine gewisse Religion ausbildete, und gewisse Künste und Wissenschaften vorzüglich trieb. Wie viele alte Reiche sind wieder gefallen! wie viele falsche Religionen verschwunden! wie viele Künste und Wissenschaften sind untergegangen, oder wenigstens umgeschmelzt, erweitert oder vermindert worden! Auch die Anstalten, die Gott selbst unter dem Volk Israel gemacht hat, haben, insofern sie Schatten und Vorbilder enthielten, durch Christum ihre Endschaft erreicht. Wird es aber wohl mit der Religion Jesu Christi auch so gehen? Wird sie von etwas Anderem verdrungen und abgelöst werden? Wird etwas Besseres an ihrer Statt auf den Schauplatz der Welt kommen? Viele Gelehrte und Halbgelehrte scheinen zu unserer Zeit solches zu erwarten, und wollen dazu mitwirken. Die Religion Jesu Christi war in gewissem Maße schon die Religion der Patriarchen und der Israeliten, und ist nach der neutestamentlichen Gestalt schon über 1800 Jahre in der Welt. Nun scheint sie vielen Leuten entleidet zu sein. Sie wollen etwas Neues, und wer etwas Neues erdacht zu haben meint, lobet sein Zeitalter und hiemit auch sich selbst als ein Thor. Man spricht von Riesenschritten, mit welchen die Christenwelt in der Verbesserung ihrer selbst fortgegangen sei. Was wird aber Gott, was wird die Nachkommenschaft zu diesem thörichten Selbstruhm sagen? Paulus, der auch zu seiner Zeit den leichtsinnigen Trieb nach Neuerungen bemerkt hat, schrieb an die Hebräer: Jesus Christus ist gestern und heute, und wird eben derselbe in Ewigkeit bleiben: folglich ist auch die Wahrheit, die Er gelehrt hat, unveränderlich. Sein Reich unbeweglich, und die Verehrung, die man Ihm schuldig ist, immer eben dieselbe. Kurz zu sagen, die Religion Jesu Christi darf und kann nicht verändert werden. Lasset euch also, setzt er hinzu, nicht mit mancherlei und fremden Lehren umtreiben; denn es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde. Diese Ermahnung soll ich zu der gegenwärtigen Zeit zu Herzen nehmen. Sobald ich Jesum Christum aus dem Gesicht verlöre, die von Ihm verkündigte und bestätigte Wahrheit fahren ließe, und mancherlei und fremden Lehren Gehör gäbe, so würde ein Umtrieb daraus, weil diese Lehren mancherlei sind, und weil, wie die Erfahrung lehrt, immer eine Partei und ein Geschlecht umreißt, was das andere aufgebauet hat. Jesus Christus, welcher gestern und heute und eben derselbe in Ewigkeit ist, soll mein Lehrer, mein König, mein Trost, mein Seligmacher sein. Bei Ihm will ich bleiben. Er hat vom Anfang der Welt als der Engel des Bundes Ausgänge zu den Menschen gemacht und mit ihnen geredet, Er hat gegen 33 Jahre unter den Menschen gewohnt und Vieles gelehrt, und nun sitzt Er zur Rechten auf dem Thron des Vaters. Ihn wird man ewiglich verehren.
Mel.: O Durchbrecher aller Bande.
1.
Jesus Christus gestern, heute
Und auch der in Ewigkeit,
Welcher sich zum Priester weihte
Und den Eingang uns bereit’t,
Der soll meines Geistes Wonne,
Meines Glaubens Grund allein,
Meines Lebens wahre Sonne
Heute und auch ewig sein.
2.
Da ich in vergang’nen Tagen
Blind hin zum Verderben lief,
Ließ Er mir von Gnade sagen,
Die mich zu dem Leben rief;
Und ich steh’ durch Sein Erbarmen
Heute noch in Seiner Huld:
Trug Er gestern mit mir Armen,
Trägt Er heute noch Geduld.
3.
Heute bei des Drachen Grimme,
Heute bei der Weisen Spott,
Heute folg’ ich Seiner Stimme,
Heute ruf’ ich Ihm: mein Gott!
Heute trag’ ich Ihm mit Willen
Auch mein Kreuz in Hoffnung nach;
Er wird ewig das erfüllen,
Was Er in der Zeit versprach.
4.
Jesu! kommt mein Tag zum Sterben,
Sprich mir wie dem Schächer zu:
Heute wirst du mit Mir erben;
O wie selig machst uns Du!
Bring’ mich auch als eine Beute
Deines blut’gen Sieges ein,
Da wirst Du mir mehr als heute
Erst der große Jesus sein.
26. Juli. Morgen-Andacht.
Unser Heiland Jesus Christus wird unsern nichtigen Leib verklären, daß er ähnlich werde Seinem verklärten Leib. Phil. 3,21.
Adam hatte im Stand der Unschuld einen schönen, gefunden, und zu einem ewigen leben eingerichteten Leib: durch den Sündenfall aber ist sein und eines jeden andern Menschen Leib ein nichtiger Leib, oder ein Leib, welcher die Seele demüthigen kann, worden, weil er nicht nur viel häßlicher ist als de Leib Adams, sondern auch, weil er durch die darin eingerissene Unordnung die Seele oft in ihren Wirkungen hindert, und sie sogar zum Sündigen reizt. und weil er endlich nach vielen Schmerzen todt, und als ein Waizenkorn in Unehre gesäet wird, und unter der Erde vermodert. Wer sollte nun glauben, daß Gott mit einem solchen Leib etwas Großes vorhabe? Die Heiden haben es freilich nicht gedacht; wie denn die Leute zu Athen darüber gespottet haben, als sie Paulus von der Auferstehung der Todten reden hörten, Ap. Gesch. 17,32. Weil sie aber den Werth und die Bestimmung des menschlichen Leibes nicht erkannten, so haben sie die Unzucht, wozu der Leib reizet, und welche den Leib schändet, nicht für greulich gehalten, aus dem Selbstmord sich kein Gewissen gemacht, und die Ertödtung anderer Menschen, wenn nur ein scheinbarer Vorwand dazu vorhanden war, für etwas Geringes gehalten. Christen sollen sich erinnern, daß der heilige und hochgelobte Sohn Gottes einen Leib gehabt hab, und noch habe, und daraus schließen, daß ein menschlicher Leib etwas Heiliges und Ehrwürdiges sein könne. Sie sollen ferner glauben, was Paulus 1 Kor. 6,19. geschrieben hat, daß nämlich der Leib eines Glaubigen ein Tempel des Heiligen Geistes sei, und daß nach Röm. 6,19. die Glieder auch dadurch heilig werden, wenn man sie zum Dienst der Gerechtigkeit hergibt oder anwendet. Doch ist bei diesem Allem der Leib ein nichtiger oder demüthigender Leib. Ja freilich, aber es steht ihm eine Auferstehung bevor, wenn er in’s Grab kommt, oder eine Verwandlung, wenn ihn die Zukunft des HErrn als lebendig ergreift. Durch jene Auferweckung aber wird er nicht mehr in den vorigen Zustand zurückgesetzt, und durch diese Verwandlung werden seine vorige Gebrechen nicht mit andern verwechselt, sondern er wird zugleich verklärt oder herrlich gemacht, und zwar so, daß er dem verherrlichten Leib Christi ähnlich wird. Ist dieses nicht ein hohes Ziel für den Leib? Wer hätte sich unterstehen dürfen, für den Leib eine solche vortreffliche Herrlichkeit sich auszubitten? Aber der Heiland Christus Jesus hat ihm dieselbe bestimmt und verheißen, und wird sie ihm auch nach der Kraft, womit Er Ihm alle Dinge unterthänig machen kann, geben. Auch wird der himmlische Vater dadurch Seinen Rathschluß ausführen, nach welchem Er die Auserwählten verordnet hat, daß sie dem Ebenbild Seines Sohnes gleich werden sollen, auf daß derselbe der Erstgeborne sei unter vielen Brüdern, Röm. 8,29., folglich ungeachtet Seines unermeßlichen Vorzugs, den Er als der Erstgeborne hat, viele Brüder habe, die Ihm durchaus ähnlich seien. Niemand denke also, daß Gott bei der Auferweckung für irgend einen Menschen einen neuen Leib aus Nichts erschaffen oder aus einer himmlischen Materie bilden werde. Nein, sondern eben derjenige Leib, welcher dem Menschen vorher zur Demüthigung gereicht, wird auferweckt und verherrlichet werden. Bei der Hoffnung dieser Herrlichkeit, welche auch dem Leib bereitet ist, will ich die Schwachheit desselben geduldig ertragen, und den Stand der Verwesung, als etwas Kurzes, das zwischen einem schwachen und herrlichen Leben mitten inne liegt, ohne Grauen betrachten.
Mel.: O Jesu, mein Bräut’gam.
1.
Verweslicher Körper, geh’ ruhig zu Grab,
Dieweil ich die Hoffnung zum Aufersteh’n hab’;
Ihr Glieder von Erden,
Die Erde nun werden,
Das Bild nur des Irdischen leget ihr ab.
2.
Mein ewiger Heiland, Du herrliches Haupt!
Dein Gott hat dem Moder an Dir nichts erlaubt;
Ich weiß es, ich trage
Am jüngsten der Tage
Des Himmlischen Bild auch, dieweil ich geglaubt.
3.
Der nichtige Leib wird von Jesu verklärt,
Dem ähnlich zu werden, den Alles verehrt;
Er hat das Vermögen,
Aus Staube zu prägen
Sein Bildniß, wie solches in Himmel gehört.
4.
Ach HErr, die lebendige Hoffnung erhalt’;
Dir dank’ ich, bis daß ich im Glauben erkalt’.
Erwecke die Glieder
Zum Leben bald wieder,
Dich ewig zu loben in and’rer Gestalt!
26. Juli. Abend-Andacht.
Er tröstet sich dieses guten Lebens, und preiset’s, wenn Einer nach guten Tagen trachtet. Ps. 49,19.
Erleuchtete Christen sehen nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Sie suchen ein himmlisches Vaterland, sie warten auf eine Stadt, die einen Grund hat, und deren Schöpfer und Baumeister Gott ist. Sie jagen nach einem vorgesteckten Ziel, einem Kleinod nach, welches ihnen die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu vorhält. Hingegen sind die Kinder dieser Welt irdisch gesinnt, machen den Bauch zum Gott, suchen ihre Ehre in ihrer Schande, und sehen ein gutes Leben auf Erden, und gute Tage unter den Menschen (obschon ihr Mund zuweilen anders redet), für das höchste Ziel ihrer Wünsche an. Dieses ist der Sinn der vornehmen und niedrigen, der gelehrten und ungelehrten, der reichen und der armen Welt, insofern sie im Argen liegt, da dann nur dieser Unterschied wahrzunehmen ist, daß Einige die Hochachtung und den Ruhm, worin sie bei Andern zu stehen meinen (wiewohl sich’s oft gar anders verhält, und ihre Meinung ein leerer Traum ist9, allen andern Vergnügungen vorziehen, Andere aber sinnliche Vergnügungen, welche sie bei der Unzucht oder bei dem Essen und Trinken empfinden, den Vorzug einräumen. Wenn nun der Weltmensch sich ein solches Ziel vorgesteckt hat, so wendet er auch die Mittel an, dasselbe zu erreichen. Reichthum, Ehrenstellen, Gunst der Mächtigen, Künste, Wissenschaften, ja auch das Wort Gottes, insofern man’s predigt oder schreibt, däucht ihn ein Mittel zu sein, Ehre unter den Menschen, oder fleischliche Vergnügungen, oder beides zugleich zu erjagen. Hat er nun seinen Zweck einiger Maßen erreicht, so tröstet er sich dieses guten Lebens: kommt er aber in vielen Stücken zu kurz, so preiset er’s wenigstens, wenn Andere nach guten Tagen trachten, und hält solche Leute für weise, und, wenn sie ihren Zweck erreichen, für glücklich. Was sagt aber der Heilige Geist zu diesem Allem? Er sagt V. 11.: man wird’s sehen, daß solche Weisen doch sterben, sowohl als die Thoren und Narren, die nichts zuwege bringen, umkommen, und müssen ihr Gut, das vornehmste Mittel, gute Tage zu erlangen, Andern lassen, V. 13.: Sie können nicht bleiben in ihrer Würde, welche auch ein Hauptstück des guten Leben ist, sondern müssen davon wie ein Vieh, das dem Tod widerstrebet, und ihn doch leiden muß, ohne eine Hoffnung des ewigen Lebens zu haben, V. 15.: Sie liegen in der Hölle wie Schafe, die in dem Pferch eingesperret sind, und nicht ausbrechen können, ihr Trotz muß vergehen, in der Hölle müssen sie bleiben, V. 18.: Ein reicher und vornehmer Weltmensch wird nicht in seinem Sterben mitnehmen, und seine Herrlichkeit wird ihm nicht nachfahren, V. 20.21.: Solche Leute fahren ihren Vätern in das Behältniß der Todten nach, und sehen das Licht des Lebens nimmermehr. Kurz, wenn ein Mensch in der Würde ist, und hat keinen Verstand zu geistlichen und ewigen Dingen, so fährt er davon, wie ein Vieh. Ist’s also nicht erwiesen, daß dieser Leute Thun lauter Thorheit ist? Ach Gott, erleuchte mich und meine Mitmenschen, daß wir durch den Glauben an Deinen Sohn zur Seligkeit weise werden!
Mel.: Nun ruhen alle Wälder.
1.
Laßt euch, gerechte Herzen,
Der Bösen Trotz nicht schmerzen,
Lebt ihr gleich kümmerlich;
Sie trösten nur vergebens
Sich dieses guten Lebens,
Und ihre Seele segnet sich.
2.
Nach guten Tagen trachten,
Scheint ihnen hoch zu achten,
Sie preisen’s Andern an;
Doch sterben sie wie Thoren,
Dann ist ihr Gut verloren,
Daß es ein And’rer finden kann.
3.
Laßt diese tollen Weisen
Nur ihre Würde preisen:
Sie fahren wie ein Vieh.
Der Christ läßt sich nicht mästen,
Und lebet doch am besten:
Sein Gut und Trost verläßt ihn nie.
4.
Den Reichthum läßt er ihnen,
Und sucht nur das Versühnen,
Sein Glaube macht ihn reich;
Das Wort dient ihm zur Nahrung,
Die Gnade zur Bewahrung,
Und seinem Erbtheil ist nichts gleich.
5.
HErr! laß mich nicht gelüsten,
Mich mit der Welt zu brüsten,
Die sich des Eiteln freut.
Du hast ein besser Leben,
Du kannst was Größ’re geben,
Als aller Erden Herrlichkeit.
6.
Nur dieß sei meine Würde,
Voll glaubiger Begierde
Ein Gotteskind zu sein;
So fahr’ ich in dem Sterben
Auch hin zu Deinen Erben;
HErr Jesu! führe da mich ein.
27. Juli. Morgen-Andacht.
Bei Dir ist die Vergebung, daß man Dich fürchte. Ps. 130,4.
Wenn bei Gott keine Vergebung wäre, folglich Seine Heiligkeit und Gerechtigkeit keiner Begnadigung des Sünders Raum ließe, so würde kein Mensch selig. Das Gegentheil der Vergebung ist die Zurechnung der Sünden; nun fragt aber der Prophet V. 3.: so Du willst, HErr, Sünde zurechnen: HErr wer wird bestehen? und verneint diese Frage, wie ein jeder Leser erkennen kann. Daß aber bei Gott Vergebung ist, und daß wir unter den zwölf Artikeln des christlichen Glaubens auch diesen haben dürfen: ich glaube eine Vergebung der Sünden, haben wir dem Sohn Gottes Jesu Christo zu danken, der für unsere und der ganzen Welt Sünde eine Versühnung worden ist, und Sein Blut für uns zur Vergebung der Sünden vergossen hat. In Ihm hat ein Glaubiger die Erlösung durch Sein Blut, nämlich die Vergebung der Sünden. Wem Gott die Sünden vergibt, dem vergibt Er nicht nur einige, sondern alle, obschon der Sünder selbst die Vergebung einiger Sünden schwerer und später glauben kann, als die Vergebung der übrigen. Wem aber Eine Sünde vergeben ist, dem sind alle vergeben; denn der Sünder kann nicht zugleich unter der Gnade und unter dem Zorn Gottes stehen, und, weil das Verdienst Christi der Grund dieser Vergebung ist, dasselbe aber sich auf alle Sünden bezieht, so müssen einem Jeden, der es glaubig ergreift, alle Sünden vergeben werden. Sind aber die Sünden vergeben, so ist auch die eigentliche Strafe erlassen, denn was vergeben ist, rügt der Richter nicht mehr. Doch richtet Gott diese Vergebung der Sünden so ein, daß man Ihn auch nach derselben kindlich fürchten muß. Denn Er vergibt erstlich die Sünden Niemand, dem Er sie nicht vorher so unter die Augen gestellt hat, daß bei ihm ernstliche Schrecken, eine tiefe Betrübniß, eine aufrichtige Scham, ja ein redliches Geständniß, daß er die Verdammniß verdient habe, entstehen müssen. Hier offenbart sich also Gott dem Menschen, wie auf dem Berg Sinai geschah, in Seiner heiligen Strenge, und läßt den Menschen fühlen, was die Sünde für eine drückende Schwere habe. Wer nun dieses Alles erkannt und gefunden hat, kann und soll hernach sein Lebenlang die Sünde hassen und Gott fürchten, ob ihm schon Gnade widerfahren ist, und kann und soll den Rückfall in die Sünde und den Verlust der Gnade für ein unaussprechliches und unergründliches Uebel halten. Kurz zu sagen: wer die Frage, die Ps. 130,3. steht, in sich selbst hat beantworten müssen, wird hernach selber erkennen, warum V. 4. die Furcht Gottes mit der Vergebung der Sünden verbunden sei. Aber auch im Stand der Gnade hält der Geist der Gnade den Menschen in Seiner Zucht, und lehrt ihn seinen Wandel mit Furcht führen, weil er Den zum Vater anruft, der ohne Ansehen der Person richtet. Verheißungen und warnende Drohungen umgeben ihn täglich, und erhalten seinen Gang auf der richtigen Bahn. Ueberdieß halten ihn die Züchtigungen des Höchsten, welche der Begnadigung keinen Eintrag thun, in den Schranken, erneuern oft in ihm ein schmerzliches Angedenken der begangenen Sünden, und drücken ihn zuweilen in die Tiefe hinab, von welcher der Prophet V. 1. redet, da er denn freilich auf’s Neue einsehen lernt, wie der HErr zu fürchten sei. Nun HErr, vergib mir alle meine Sünden, und erhalte mich bei dem Einigen, daß ich deinen Namen fürchte.
Mel.: Schmücke dich, o liebe Seele.
1.
Sünden kann nur Gott vergeben,
Er kann Sünder lassen leben,
Missethaten nicht gedenken,
Millionen Schulden schenken,
Sie nicht auf die Rechnung schreiben
Und dem Nebel gleich vertreiben,
In den Grund des Meers sie werfen,
Daß wir sie nicht büßen dürfen.
2.
Ja die Seele selbst verdammen,
Uns erretten aus den Flammen,
Uebertretungen bedecken,
Nicht mehr mit dem Fluche \\schrecken,
Ein Verführungsblut annehmen,
Sündern hold sein, die sich schämen:
Das kann Gott allein erweisen;
Und wer glaubt, der soll Ihn preisen.
3.
Dir sei Dank, Du Gott der Gnaden,
Du erbarmst Dich armer Maden.
Dein Ruhm, Jesu, sei verkündigt,
Der Du uns mit Blut entsündigt.
Dir sei Lob von uns Erlösten,
Geist der Liebe, Du kannst trösten.
In der künftigen Belebung
Preisen wir noch die Vergebung!
27. Juli. Abend-Andacht.
So ihr nicht glaubet, daß Ich’s sei, so werdet ihr sterben in euren Sünden. Joh. 8,24.
Es gibt Leute, welche meinen, wer einen Gott und etwa auch die Unsterblichkeit der Seele glaube, bedürfe weiter nichts, als daß man ihm die Gebote Gottes oder die Sittenlehre Jesu predige: von der Person Jesu und andern geheimnißreichen Sachen haben die Gelehrten unterschiedliche Meinungen, und es liege nichts daran, was man sich für eine Vorstellung davon mache. Allein der HErr Jesus sagte zu den Juden: so ihr nicht glaubet, daß Ich sei, der Ich bin, so werdet ihr sterben in euern Sünden, und Joh. 17,3.: das ist das ewige Leben, daß sie Dich, Vater, der Du der allein wahre Gott bist, und den Du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen, Paulus aber Phil. 3,8.10.: er achte Alles für Schaden gegen der überschwänglichen Erkenntniß Jesu Christi seines HErrn, und trachte, Ihn noch weiter zu erkennen, Johannes aber schreibt 1 Joh. 2,22.23.: das ist der Widerchrist, der den Vater und den Sohn leugnet. Wer den Sohn leugnet, der hat auch den Vater nicht. Es ist auch sonnenklar, daß die Heilige Schrift, insonderheit das Neue Testament, uns nicht nur auf die Sittenlehre Jesu verweise, welche man freilich auch ohne die Erkenntniß Seiner Person für gerecht und billig halten kann, sondern auch und vornehmlich auf die Erkenntniß Seiner Person und den Glauben an Ihn dringe. Ihn selbst stellt sie uns vor die Augen als den Lehrer, der von Gott ausgegangen ist, als einen ewigen König und Priester, als den Erlöser der Welt, als das Licht und Leben der Menschen, als den eingebornen Sohn Gottes, als den wahrhaftigen Gott und das ewige Leben. Die Erkenntniß Seiner Person macht nicht nur klar, wie wichtig Seine Gebote seien, sondern zeigt auch, wie viel man Vertrauen zu Ihm haben, was man von Ihm bitten und erwarten, und wie man Ihn verehren solle. Wer nicht glaubt, daß Er sei, der Er ist, stirbt in seinen Sünden, weil er ohne diesen Glauben weder gerecht noch heilig werden kann. Nur Jesus kann von den Sünden frei machen: Er macht aber nur denjenigen davon frei, der Ihn erkennt, und bei dieser Erkenntniß Ihn darum bittet. Wer nun von den Sünden nicht frei wird, stirbt in seinen Sünden, in den Sünden aber sterben ist etwas Schreckliches. Selig sind die Todten, die in dem HErrn sterben, unselig sind diejenigen, die in ihren Sünden sterben. Sünden, die nicht vergeben sind, Sünden, von denen die Seele nicht gereinigt ist, verwehren ihr den Eingang in das Reich Gottes, und drücken sie in die finstere Hölle hinab, da dann Gott dieser Seele nicht mehr gedenket und sie von Seiner Hand abgesondert ist, bis sie am Tag des Gerichts in ihrem auferweckten Leib vor Ihm erscheinen, das Urtheil ihrer Verdammniß anhören, und alsdann in die ewige Pein gehen muß. HErr Jesu, ich glaube, daß Du seiest Christus des lebendigen Gottes Sohn, mein Erlöser und Fürsprecher, mein Licht und mein Leben. Erhalte und befestige mich in diesem Glauben, damit ich auch sein Ende, nämlich der Seelen Seligkeit, erlangen, und Dich alsdann in der Herrlichkeit zu meiner Verherrlichung sehen möge. Lasse auch Deine Erkenntniß in unsern Tagen durch das Evangelium in allen Gegenden der Erde ausgebreitet und vermehrt werden, und segne dazu den Dienst aller Deiner Knechte. Amen.
Mel.: HErr Jesu, Gnadensonne.
1.
Du bist mir unentbehrlich,
HErr Jesu, Gottes Sohn!
Sonst fahr’ ich zu gefährlich
Aus dieser Zeit davon;
Dein Tag kommt, da erscheinen
Die Fremden, und die Deinen
Vor Deinem Richterthron.
2.
Kein Licht wird mir gegeben,
Ich hab’ es denn von Dir;
Ich habe gar kein Leben,
Du lebest denn in mir;
Ich weiß es auf’s Gewißste,
Wenn ich Dich, Jesu, mißte,
Daß ich auch Gott verlier.
3.
Macht die Vernunft sich Ehre,
Daß sie Dich ganz vergißt
Und Deine Glaubenslehre,
Daß Du im Vater bist:
so zeigt sie desto kühner,
Daß sie ohn’ Dich, Versühner,
Schon todt in Sünden ist.
4.
Kein Mensch kann Gott gefallen,
Als nur in Dir allein;
Kein Werk ist unter allen,
Als nur in Jesu rein;
Kein Beten mag hier tüchtig,
Kein Schritt im Leben richtig,
Als nur in Christo sein.
5.
Gott! mache meine Seele
Von Deinem Sohne voll,
Daß mir’s an Dem nicht fehle,
Durch den ich leben soll.
Du willst nicht mein Verderben;
Gib, daß ich nichts im Sterben
Als Jesum haben woll’.
28. Juli. Morgen-Andacht.
Gott hat uns viel Gutes gethan, und vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben. Apost. Gesch. 14,17.
Als Paulus zu Lystra im Lande Lycaonien einen lahmen Mann durch ein Wunder gesund gemacht hatte, so erhoben die Leute von Lystra ihre Stimme und sprachen auf lycaonisch: die Götter sind den Menschen gleich geworden und zu uns hernieder kommen, und nenneten Barnabam, der vielleicht besonders ernsthaft aussah, Jupiter, welcher Name dem obersten Gott von den Heiden beigelegt wurde, und Paulum Mercurius, weil er das Wort führete; denn Mercurius war nach der heidnischen Fabellehre der Abgesandte und Sprecher der übrigen Götter. Weil nun vor der Stadt Lystra in der Nähe ein Jupiter, das ist ein Bild des Jupiter in einem ihm geweihten Tempel war, so brachte der zu diesem Tempel verordnete Priester Ochsen und Kränze, womit er die Köpfe dieser Ochsen nach der heidnischen Weise zierte und wollte opfern sammt dem Volk. Hier hätte nun Barnabas Gelegenheit gehabt, sich göttliche Ehre anthun zu lassen, und Paulus hätte ohne Zweifel nach jenem ersten Opfer bald auch ein besonderes Opfer bekommen; allein diese beiden redlichen Männer waren so weit entfernt, von der Thorheit der Lystraner einen boshaften Gebrauch zu machen, daß sie vielmehr ihre Kleider nach der Juden Weise im Eifer zerrissen, unter das Volk sprangen und schrieen: ihr Männer, was machet ihr da? Wir sind auch sterbliche Menschen, und predigen euch das Evangelium, daß ihr euch bekehren sollt von diesen falschen zu dem lebendigen Gott, welcher gemacht hat Himmel und Erde, und das Meer, und Alles, was darinnen ist – und zwar hat Er sich nicht unbezeugt gelassen, hat uns viel Gutes gethan, und vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben u.s.w. die Lystraner redeten von Göttern, Paulus aber von dem Einigen Gott. Jene wollten den sterblichen Aposteln wegen eines Wunders göttliche Ehre anthun; Paulus aber sagte: sie sollten sich zu dem lebendigen Gott bekehren, welcher der Schöpfer der Welt und der Ernährer aller Menschen sei. Sie führten hier keine tiefsinnigen Beweise, deren das unwissende Volk ohnehin nicht fähig war, sondern sagten nur die Wahrheit, die an sich selbst so klar war, daß sie ihnen auch ohne Beweis einleuchten, und ihre Herzen durch ihre Kraft rühren konnte. Sie hielten auch dem unwissenden Volk keine Strafpredigt, und da sie auch der Abgötterei und der ganzen heidnischen Rohheit Meldung thun wollte, so thaten sie es V. 16. auf die glimpflichste Weise. Den lebendigen Gott, zu dem sie sich bekehren sollte, priesen sie ihnen als den Schöpfer der Welt und als ihren höchsten Wohlthäter an, nannten aber nur leibliche Wohlthaten, weil ihre Zuhörer von den geistlichen keinen Begriff hatten. Uebrigens wurde der Leichtsinn der Lystraner, welcher zuerst die zwei Apostel vergötterte, bald hernach den grimmigen Juden zur mörderischen Beleidigung Pauli herumgelenkt, wie es bei Leuten, die ohne Nachdenken handeln, leichtlich geschehen kann. Was aber Paulus den abgöttischen Lystranern gepredigt hat, habe auch ich als ein Christ zu bedenken. Gott hat bisher auch für mein und meiner Mitchristen, ja aller Menschen leibliches Leben gesorgt, Er hat uns vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben und Sich die Sünden der Menschen hierin nicht ermüden lassen. Er wird auch ferner sorgen. Ihm sei Lob und Dank gesagt für Seine Güte.
Mel.: Liebster Immanuel, Herzog etc.
1.
Gott, der Du Wolken von Regen läßst triefen,
Danken und Loben sind uns’re Gebühr;
Also erfrischest Du Berge und Tiefen,
Also geh’n Deine Gewächse herfür;
Nicht nur Gerechte,
Arge Geschlechte
Haben auch, Vater, die Gaben von Dir.
2.
Denn Du vertheilest im zärtesten Regen,
Welcher dem Samen das Herzblatt erquickt,
Deinen so milden und göttlichen Segen,
Den Du in Tröpflein, doch reichlich, geschicht;
So wird belebet
Alles, was webet,
So wird im Felde die Lilie geschmückt.
3.
Flöße den Seelen vom Worte des Lebens
Deinen so gnädigen Regen auch ein.
Dein Wort ist fruchtbar und kommt nicht vergebens,
Glauben und Liebe erwachsen da fein;
Steh’n dann die Früchte
Also im Lichte,
So sind die Früchte der Lippen auch Dein!
28. Juli. Abend-Andacht.
Herzlich lieb habe ich Dich, HErr. Ps. 18,2.
Als David von der Hand seiner Feinde und von der Hand Sauls errettet war, so überdachte er seinen zurückgelegten Lauf vor dem HErrn, und weil bei der Gesetzgebung auf dem Berg Sinai die deutlichste Offenbarung Gottes, die man zu seiner Zeit wußte, geschehen war, so erinnerte er sich derselben, und beschrieb sie V. 8 – 16. Nun war zwar dasjenige, was Gott auf dem Berg Sinai redete, wenn man das Verheißungswort: Ich bin der HErr, dein Gott, wegließ, ein verdammendes Gesetz, ein tödtender Buchstabe für den Sünder, und Alles, was man dabei sah, waren schreckende Zeichen. Wenn man aber, wie David, Alles zusammennahm, wenn man das Liebliche und das Schreckliche, die Verheißung und die Gebote in Einen Blick zusammenfaßte, so war Alles erträglich und heilsam. Man erkannte alsdann, daß Gott ein starker, eifriger Gott sei, er doch geliebt sein wolle, und dessen Gebote man halten müsse und könne. Nun sagte David: Gott hat Sich so auch an mir bewiesen, wie Er Sich auf dem Berg Sinai geoffenbart hat; Er hat mit Seiner Stärke mich Schwachen gestärkt und mich aus großen Nöthen herausgerissen. Er ist in Seinem Eifer meinen starken Feinden schrecklich geworden, und hat sie gestürzt. Er hat dabei auf mein Verhalten gesehen und mir Gutes gethan, weil ich Seine Gebote halte; Er ist hingegen gegen diejenigen verkehrt, oder handelt denjenigen gerade entgegen, die in ihnen selbst verkehrt sind. Auf Ihn will ich bei der Lauterkeit meines Herzens ferner Alles wagen u.s.w. Die Summe aber von allen Eindrücken, welche David bei dieser Betrachtung bekam, ist diese: Herzlich lieb hab’ ich Dich, HErr.
Ich bin ein Christ und habe auch die Offenbarungen Gottes vor Augen, welche zu Bethlehem, zu Nazareth, an allen Orten, da Jesus gewohnt und gewandelt hat, insonderheit aber auf dem Verklärungsberg, an und auf dem Oelberg, in der Stadt Jerusalem und auf dem Hügel Golgatha, endlich aber zu Jerusalem bei der Ausgießung des Heiligen Geistes geschehen sind. Hier offenbarte sich Gott auch als ein starker eifriger Gott, denn Seine Kraft führete Alles aus und Sein Eifer zeigte sich an Seinem Sohn, der ein Fluch für mich wurde, zur Ueberwindung der Sünde und des Satans. Es war aber noch mehr Licht dabei, als auf dem Berg Sinai. Die Liebe Gottes erschien viel heller, die Versöhnung der Welt geschah durch das rechte Opfer, worauf man schon lange gewartet hatte. Christus war ein sichtbare Bild des unsichtbaren Gottes und ein wesentlicher Abdruck des Gesetzes. Es wurde deutlich entdeckt, daß nichts Fleischliches, Sichtbares und Vergängliches, keine Ceremonie, kein Land, keine steinernen Tempel die Menschen glücklich machen, sondern daß das Reich des Messias ein Himmelreich sei, und daß alle Vorzüge der Glaubigen geistlich und himmlisch seien. Wie Sich nun Gott in Christo geoffenbart hat, so will Er von mir erkannt sein. nach dieser neutestamentlichen Offenbarung, welche die alttestamentliche nicht umstößt, sondern ergänzt und erklärt, will Er meine und meiner Mitchristen Führung einrichten. Er thut es auch, und ich soll, wenn ich meinen zurückgelegten Weg betrachte, sagen: Herzlich lieb habe ich Dich, HErr. ich habe Dich lieb wegen der Erlösung, welche Du durch Deinen eingebornen Sohn ausgeführt, und wodurch Du Dich auf’s Deutlichste als Liebe geoffenbart hast. Ich habe Dich aber auch lieb wegen der treuen und heilsamen Führung, die Du mir bisher hast widerfahren lassen und endlich auch wegen der mir geschenkten Hoffnung eines ewigen Lebens.
Mel.: Zeuch ein zu Deinen Thoren.
1.
So zart ist keine Liebe,
Als Christi Liebe ist;
Du wirst ja selbst die Triebe,
Der Du die Liebe bist.
Man liebt, weil Du geliebt,
Man liebt Dich als Erlöser;
Die Liebe wird stets größer,
Je mehr man Liebe übt.
2.
Mein Heil! willst Du mich fragen:
Erlöster, liebst Du mich?
Was soll ich zu Dir sagen?
Du weißt’s, ich liebe Dich;
Doch weißt Du auch vorher,
In wie geringem Grade;
Ach gib, ach gib mir Gnade,
So lieb’ ich Dich noch mehr!
3.
Dich liebet man von Herzen,
Auch in der Schmach und Noth,
Auch in Verlust und Schmerzen,
Auch endlich in dem Tod.
Doch wird man nie betrübt,
Daß das vergeblich wäre,
Wer Dich in Schmach zur Ehre,
Im Tod zum Leben liebt.
4.
Gib, daß ich unabwendig
Dich, Jesu, lieben lern’;
Es brenn’ in mir beständig
Die Flamme von dem HErr\\n.
Wirst Du einst offenbar,
Daß Aller Knie’ sich beugen,
So wollst Du selbst mir zeugen,
Daß Liebe in mir war!
29. Juli. Morgen-Andacht.
Euer Vater im Himmel läßt Seine Sonne aufgehen über Böse und Gute. Matth. 5,45.
Wenn dieses unser Vater im Himmel thut, wenn Er die Sonne, die Seine Sonne ist, über böse und gute Menschen aufgehen, wenn Er den Regen, den Er allein in Seiner Gewalt hat, auf die Felder der Gerechten und Ungerechten fallen läßt, wenn Er also, wie Lukas Kap. 6,35. schreibt, über die Undankbaren und Boshaftigen gütig ist: was sollen dann wir thun, die wir Kinder dieses himmlischen Vaters heißen wollen? Wir sollen auch gegen böse und gute, gegen gerechte und ungerechte, ja auch gegen undankbare und boshafte Menschen liebreich, freundlich und gütig sein und gegen keinen Menschen eine feindselige Bitterkeit in uns haben. Die Sünde sollen wir hassen, und damit bei uns selber den Anfang machen, übrigens aber die bösen Menschen als Gottes Geschöpfe, als Leute, die, wie wir selbst, durch Christum erlöset und zur Seligkeit berufen sind, ja als unsere Brüder (weil wir Alle von Einem Stammvater herkommen) lieben. Wenn sie sich auch gegen uns feindselig beweisen, so sollen wir nicht aufhören, sie zu lieben; denn Christus verwarf die Lehre der Pharisäer, nach welcher man nur seinen Freund für seinen Nächsten halten und lieben sollte, seinen Feind aber hassen durfte, und sprach dagegen mit großem Ernst: Ich sage euch: liebet eure Feinde, segnet, die euch fluchen, thut wohl denen, die euch hassen, bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen, auf daß ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Wer kann aber dieses Gebot des HErrn Jesu halten? Niemand, als wer den Heiligen Geist, als den Geist der Kraft und der Liebe und der Zucht empfangen hat, und in dessen Herzen die Liebe Gottes durch eben diesen Geist ausgegossen, und unter Anderem auch der Spruch klar geworden ist: wir sind Gott versöhnet durch den Tod Seines Sohnes, da wir noch Feinde waren, Röm. 5,10. Daß nämlich Gott Seine Sonne über Böse und Gute aufgehen läßt, ist etwas Großes; noch größer aber ist jene andere Erweisung Seiner allgemeinen Güte, von welcher der Heiland in der Bergpredigt wegen der Beschaffenheit Seiner Zuhörer noch nicht reden konnte, und welche darin besteht, daß Gott die Welt also geliebt hat, daß Er Seinen eingebornen Sohn gab; daß Christus sich für Alle zur Erlösung gegeben, und sie Gott durch Seinen Tod versöhnet hat. Wer waren wir, da uns Gott als Solche ansah, welche dieser Erlösung und Versöhnung theilhaftig werden sollen? Wir waren Sünder, nichts als Sünder, ja gar Feinde Gottes. Hat nun Gott Seine Feinde also geliebt, so sollen wir auch unsere Feinde liebe, die sich ohnehin bei Weitem nicht so sehr wider uns vergangen haben, wie wir gegen Gott. Wenn die Lehre Christi allenthalben auf dem Erdboden angenommen und befolgt würde, so würde allenthalben Friede, Wonne und Glückseligkeit ausgebreitet, weil sie eine allgemeine Liebe gebietet und pflanzet. Der Satan aber übt noch bei den Kindern des Unglaubens eine große Gewalt aus und erfüllet sie, weil er selbst in einem finstern Grimm lebt und Gottes und der Menschen Feind ist, mit Haß, Neid und Zorn, wovon sowohl derjenige, der den Andern haßt, als auch derjenige, der gehaßt wird, Schaden und Unlust empfindet. Doch hat Kain, der seinen Bruder Abel haßte, sich selber mehr geschadet, als seinem Bruder, ob schon er diesen um sein zeitliches Leben brachte. Gott erzeige mir Seine Gnade, daß ich auch heute in der Liebe und im Licht wandeln könne.
Mel.: Meine Hoffnung stehet feste.
1.
Vater, Deine Sonne gehet
Nicht allein den Guten auf,
Auch dem Böswicht, der Dich schmähet,
Dienet sie in ihrem Lauf.
Deine Huld
Und Geduld
Trägt ihn bei so großer Schuld.
2.
Ihre starke Kraft belebet,
Und ihr schönes Licht erfreut.
Kommt, ihr Kinder, kommt und gebet
Eurem Gott die Herrlichkeit.
Thut man nicht
Diese Pflicht,
O so ist man blind im Licht!
3.
Daß ich so viel Liebes schaue,
Daß ich Gutes schaffen kann,
Hürden, Feld und Hütte baue,
Stecket Gott Sein Licht mir an.
Vater, Dir
Sei von mir
Ehre, Ruhm und Dank dafür.
4.
Mach’ durch Jesum als die Sonne
Auch in meinem Herzen Tag,
Daß ich Leben, Kraft und Wonne
Nur von Ihm genießen mag.
Führ’ mich ein,
Wo allein
Gott wird selbst die Sonne sein!
29. Juli. Abend-Andacht.
Laß Dir wohlgefallen die Rede meines Mundes, und das Gespräch meines Herzens vor Dir, HErr mein Hort und mein Erlöser. Ps. 19,15.
David hatte eine Betrachtung über den Himmel und die Sonne angestellt, und mit dieser das helle klare Wort Gottes verglichen, welches die ganze Welt, wo es gepredigt und angenommen wird, erleuchtet. Nachdem er hierauf dieses Wort Gottes hoch gepriesen hatte, that er V. 13. 14. etliche Bitten an Gott, und beschloß endlich den Psalmen mit den Worten: laß Dir wohlgefallen die Rede meines Munde, und das Gespräch oder die Betrachtung meines Herzens vor Dir, HErr mein Hort und mein Erlöser. Indem er den Psalmen schrieb, redete sein Mund nichts, er drückte aber den Beschluß desselben so aus, wie er sich für denjenigen schickte, der diesen Psalmen liest, und mit dem Munde ausspricht, und die darin enthaltene Betrachtung so in sich hinein nimmt, daß sie eine Betrachtung seines Herzens heißen kann. Die Rede des Mundes kann Gott wohlgefallen, wenn sie nichts al Wahrheit enthält, und zugleich eine Betrachtung des Herzens ausdrückt, folglich keine heuchlerische Rede ist. Vor Gott soll diese Betrachtung des Herzens angestellt werden; so daß man seine Gegenwart dabei sich vorstellt und fühlt, und von Seinem Geist geleitet wird. Auf diese Weise sind auch die in diesem Buch enthaltenen Betrachtungen gedacht und geschrieben worden, wiewohl sie nicht so rein und unfehlbar sind, wie die Psalmen Davids, und wenn der Leser sie lesend ausspricht, und zu Betrachtungen seines eigenen Herzens macht, so soll er auch mit seinem Geist vor Gott sein, und Seiner göttlichen Unterweisung, die ihm durch die in diesem Buch enthaltenen Wahrheiten widerfahren kann, bei sich Raum geben. Wer redet und schreibt, was er selbst nicht glaubt, ist ein boshafter Betrüger; und wer Amts oder Ruhms halber Wahrheiten redet und schreibt, und darüber auch mit seiner Vernunft Betrachtungen anstellt, aber so, daß daran sein Herz oder sein Innerstes keinen Antheil nimmt, und Gottes wirksame Gegenwart nicht empfindet, betrügt sich selbst, indem er meint, er glaube etwas, das er doch nicht von Herzen glaubt. Aus seinem eigenen Munde wird er dereinst gerichtet werden. David nannte hier Gott seinen Hort und seinen Erlöser. Das Wort Hort bedeutet eigentlich einen Felsen, auf welchem ein Mensch zu derjenigen Zeit, da die jetzigen kriegerischen Werkzeuge noch nicht erfunden worden waren, seine Sicherheit finden konnte. Indem also David Gott seinen Hort nannte, so bekannte er, daß Gott ihn beschirme, und gegen die Stolzen, von denen er V. 14. redete, und gegen alle seine Feinde in Seinen Schutz nehme. Er nannte Ihn aber auch seinen Erlöser, weil er glaubte, daß Er das ihm angethane Unrecht räche, und ihn aus einer jeden Noth, in die er gerathe, wieder errette. Auch ich darf den HErrn meinen Hort nennen, und mich dadurch der Furcht erwehren. Ich darf ihn meinen Erlöser nennen, und wenn ich es glaubig thue, so wird mich die Ungeduld und Zaghaftigkeit in keiner Noth überwältigen. Mein Mund soll Ihn bekennen, und was mein Mund redet, soll mein Herz glauben, und beides soll vor Ihm geschehen, so daß mich Sein Licht erleuchte, und Seine Kraft leite. Was Er 1 Mos. 17,1. zu Abraham gesagt hat, gilt auch mir. Ich bin der allmächtige (allgenugsame) Gott, wandle (schreibe, rede, denke, leide, und thue deine Werke) vor Mir, und sei fromm.
Mel.: Alles ist an Gottes Segen.
1.
Nimm die Rede meines Mundes,
Mein Gespräch des Herzensgrundes,
Mein Gott, mit Gefallen an;
Komm’ ich zu Dir als ein Armer,
Zeig’ Dich mir als ein Erbarmer,
Der dem Bettler helfen kann.
2.
Bet’ ich in der Reu’ der Sünden,
Laß dich, o Fürsprecher, finden,
Der Du bei dem Vater bist!
Sind wir schon unnütze Knechte,
So ist Jesus der Gerechte,
Der der Welt Versühner ist.
3.
Fühl’ ich täglich in der Seele,
Wie mir noch so Vieles fehle,
Das ich auch erbeten soll:
O so mach’ aus Deiner Fülle,
Reicher Heiland, weil’s Dein Wille,
Mich mit Gnad’ um Gnade voll!
4.
Laß mich in den letzten Stunden,
Als versühnt durch heil’ge Wunden,
In getroster Hoffnung steh’n;
Jesu! Du hast’s ja versprochen,
Laß, wenn Aug’ und Herz gebrochen,
Meinen Geist gen Himmel geh’n.
30. Juli. Morgen-Andacht.
Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun. Luk. 23,34.
Joh. 17,9. sagte Jesus, Er bitte (damals) nicht für die Welt; da man Ihn aber kreuzigte, bat Er für Leute, die zur Welt gehörten, nämlich für die rohen Soldaten, die Ihn unter ihren Händen hatten, gleichwie Er auch Luk. 13,8. in einem Gleichniß andeutet, daß Er für einen unfruchtbaren Feigenbaum, das ist für einen fleischlichen Menschen, um Verlängerung seiner Gnadenzeit bitte. Jesus bat also für die Soldaten, die Ihn kreuzigten. Das Getümmel, das um Ihn herum war, die Schmach, die Ihm mit Worten und durch die Entblößung Seines Leibs angethan wurde, und die Schmerzen, welche Ihm die Nägel verursachten, brachten Seine Seele in keine Unordnung und erweckten keinen Grimm in Ihm; auch trieb Ihn das Leiden, das Sein Vater über Ihn kommen ließ, in keinen Unglauben hinein. Er sagte mit einer zufriedenen Seele: Vater. Die Ansprache an Seinen Vater ließ Er sich nicht wehren; weil Er aber Seinen menschlichen Willen in das Leiden, das auf Ihm lag, schon ergeben, und gesagt hatte: es muß also gehen, wie würde sonst die Schrift erfüllet? so bat er nicht mehr um Wegnehmung des Kelchs, wie am Oelberg, sondern legte eine Fürbitte für Seine Kreuziger ein. Vergib ihnen, sprach Er, denn sie wissen nicht, was sie thun. Es ist wahrscheinlich, daß diese Leute durch diese ganz ungemeine Fürbitte gerührt worden seien; denn sie waren ohne Zweifel gewohnt, Flüche, oder doch ein wildes Geschrei von denen, welche sie kreuzigten, zu hören: hier aber höreten sie eine sanfte Fürbitte. Sie höreten denjenigen, den sie kreuzigten, sagen: Vater, vergib ihnen. Nun war ihr Seelenzustand freilich damals nicht so beschaffen, daß ihnen die eigentliche Vergebung der Sünden oder die Rechtfertigung hätte widerfahren können, denn ehe sie dieser theilhaftig werden konnten, mußten sie wissen, was sie gethan hatten, und ihre große Sünde bereuen. Der HErr Jesus hat also für sie, wie Moses für das Volk Israel, nachdem es sich mit dem goldenen Kalb versündiget hatte, gebeten hat, da er auch zu Gott sagte: nun vergib ihnen ihre Sünde, 2 Mos. 32,32. das ist, vertilge sie nicht, wie Du gedrohet hast, gib ihnen noch Raum zur Buße. Die Fürbitte Jesu wandte also eine plötzliche Strafe von den Soldaten ab, und hatte die Wirkung, welche der Fürbitte des Weingärtners Luk. 13,8. zugeschrieben wird. Der Beisatz: sie wissen nicht, was sie thun, zeigt an, warum der HErr Jesus Seinen Vater um eine milde Nachsicht habe bitten können. Wenn man sich an etwas, das heilig ist, vergreift, und nicht weiß, was man thut, so wird es nicht so hoch aufgerechnet, als wenn man weiß, was man thut, weßwegen auch Paulus 1 Tim. 1,13. bezeugt, er habe aus Unwissenheit gelästert, und deßwegen habe ihm Barmherzigkeit widerfahren können; folglich dürfe sich Niemand, der den Heiligen Geist (wissentlich) lästert, auf sein Beispiel berufen. Als hernach die Apostel den Juden Buße predigten, so sagten sie ihnen, was sie gethan haben. Den Messias, sprachen sie, habt ihr gekreuzigt, den Fürsten des Lebens habt ihr getödtet, Apost. Gesch. 2,36. 3,15. Und so ist vielleicht auch den Soldaten, die Jesum gekreuzigt haben, ihre Sünde hernach aufgedeckt worden, wie es denn schon unter dem Kreuz Jesu hat geschehen können, s. Matth. 27,54.
Mel.: O Jerusalem, du Schöne.
1.
Singt doch von der Wunderliebe,
Die in Jesu Herzen brennt;
Singt in Seines Geistes Triebe,
Die ihr den Versöhner kennt;
Unter Seiner Henker Grimm
Red’t die Liebe noch aus Ihm.
2.
Vater, heißt’s, vergib Du ihnen!
Was sie thun, versteh’n sie nicht.
Das sind Worte zum Versühnen,
Worte, die der Mittler spricht,
Worte, die Gott nicht vergißt,
Weil Er selbst die Liebe ist.
3.
O die Worte gelten Allen
Nach des Vaters Liebesrath,
Weil nach dessen Wohlgefallen
Dieß der Sohn der Liebe bat.
Vater meines HErrn, vergib
Mir auch, Deinem Sohn zu lieb.
4.
Mittler, gegen mein Verbrechen
Gilt mir dieß Dein Fürwort nun;
Kannst Du das am Kreuze sprechen,
Wirst Du’s auf dem Thron auch thun.
HErr, mein Heil, ich danke Dir,
Deine Liebe brenn’ in mir!
30. Juli. Abend-Andacht.
Lasset uns hinzutreten mit Freudigkeit zu dem Gnadenstuhl, auf daß wir Barmherzigkeit empfahen und Gnade finden auf die Zeit, wenn uns Hülfe noth ist. Hebr. 4,16.
Diese Aufmunterung wird aus dem Hohenpriesterthum Jesu Christi hergeleitet. Der Apostel sagt nämlich V. 5.: wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte Mitleiden haben mit unserer Schwachheit, sondern der versucht ist allenthalben, gleichwie wir, doch ohne Sünde; darum lasset uns hinzutreten mit Freimüthigkeit zu dem Thron der Gnade. Der Hohepriester hat nämlich ein Opfer für uns geopfert, das ewiglich gilt; auch lebet Er immerdar und bittet für uns. Seine Fürbitte aber ist auf unsere Schwachheit und auf unsere Versuchungen eingerichtet. Er kennt unsere Schwachheit nicht nur als Gott, sondern auch als Mensch aus der Erfahrung, denn er ist allenthalben gleichwie wir vom Satan und von der Welt versucht worden; auch haben Ihn nach dem Willen Seines himmlischen Vaters alle beschwerlichen Umstände des menschlichen Lebens betroffen. Er ist freilich nie von Seiner eigenen Lust gereizt und gelockt worden, weil Er eine heilige menschliche natur hatte, auch ist Er bei den Versuchungen, die von außen her auf Ihn drangen, unschuldig und unbefleckt geblieben; doch weiß Er, wie empfindsam und wie schwach die menschliche Natur sei, und wie weh Alles thue, das auf sie dringt. Daraus ist denn im Stand Seiner Erniedrigung ein empfindliches Mitleiden gegen uns entstanden, welches ihm zuweilen Thränen ausgepreßt hat; aber auch im Stand der Herrlichkeit ist ein liebreiches Mitleiden, doch ohne Leiden, in Ihm. Er erinnert Sich Seiner ehemaligen Versuchungen; Er weiß, was für ein Gemächt wir sind, Er denkt daran, daß wir Staub sind. Seine Fürbitte ist also eine barmherzige und mitleidige Fürbitte, und bezieht sich auf unsere Schwachheit. Um Seinetwillen ist der Thron der Majestät im Himmel, auf dem Er selber sitzt (Hebr. 8,1.)=, ein Thron der Gnade, weil immer die Begnadigung Vieler auf demselben geschieht, und von demselben reiche und tägliche Gnadenerweisungen ausgehen. Wir schwachen Leute dürfen uns nun unsere dem HErrn Jesu wohl bekannte Schwachheit nicht zurückschrecken lassen, sondern glaubig betend hinzutreten zu dem Gnadenthron und zwar nicht einmal mit einer blöden Schüchternheit, sondern mit der Freimüthigkeit, die Hebr. 10,22. beschrieben wird, und sich nicht auf unsere eigene Unschuld, Gerechtigkeit und Stärke, sondern auf das Opfer und die Fürbitte des mitleidigen Hohenpriesters Jesu gründet, und wenn wir so hinzutreten, so werden wir anstatt der Strenge Barmherzigkeit finden, und anstatt des Fluchs Gnade finden, auf die Zeit, da uns Hülfe noth sein wird. Diese Zeit ist nun freilich immerdar. Die ganze Frist vor meinem Tod erfordert eine aneinander hängende göttliche Hülfe. Zuweilen entstehen aber Nöthen und Gefahren, da auch eine besondere Hülfe nöthig ist. Bei dem Sterben fällt diese Nothwendigkeit einem Jeden in die Augen. So will ich denn das freimüthige Hinzutreten zu dem Gnadenthron auch heute und täglich üben; der HErr Jesus aber wird mir’s an rechtgelegener Hülfe nie mangeln lassen. Ihm sei Lob und Dank gesagt!
Mel.: Gottlob, ein Schritt zur Ewigkeit.
1.
So darf ich denn mit Freudigkeit
Zum Thron der Gnade treten;
Der Eingang ist mir schon bereit’t,
Ich darf im Glauben beten,
Dieweil mir Gott in Jesu Christ
Ein ausgesöhnter Vater ist
In dem Besprengungsblute.
2.
O Ehre, daß ich durch den Sohn
Darf zu dem Vater nahen,
Gewiß, daß ich soll vor dem Thron
Barmherzigkeit empfahen!
Ich bring’ nichts mit, ich nehm’ nur an
Und nehm’ so viel ich nehmen kann,
Es ist nicht zu erschöpfen.
3.
Hier ist das wahre Heiligthum,
Vor dem wir Gnade finden;
Jetzt hängt kein Vorhang weiter um,
Jetzt scheiden keine Sünden;
Hier ist zur rechten gelegnen Zeit
Die Gnade groß, der Zugang weit,
Und Alles über Hoffen.
4.
Die letzte Zeit ist in dem Tod,
Zu diesem Thron zu nahen;
Da laß mich, HErr, weil Hülfe noth,
Barmherzigkeit empfahen;
Und steh’ ich einst vor Deinem Thron,
So werde dieß mein Jubelton:
Ich habe Gnade funden!
31. Juli. Morgen-Andacht.
Vater, es geschehe Dein Wille. Luk. 22,42.
Der HErr Jesus hatte oft mit einem heitern Gemüth an Sein bevorstehendes Leiden gedacht, und davon geredet, da Er aber am Abend vor Seiner Kreuzigung mit Seinen Jüngern in den Garten Gethsemane gegangen war, fing Er an zu trauern, zu zittern und zu zagen, und sagte: Meine Seele ist betrübt bis an den Tod. Damals zog sich nämlich der göttliche Trost von Seiner menschlichen Seele zurück, und das Leiden und der Tod stellte sich derselben in der schrecklichsten Gestalt dar, so daß Er das größte Grauen davor empfand, und seine ganze menschliche Natur auf’s Heftigste dadurch erschüttert wurde. So sollte es aber gehen. Er als Mittler, an dem sich die Gerechtigkeit Gottes offenbaren wollte, durfte Sich nicht unter dem Gefühl der göttlichen Tröstungen zum Leiden und Sterben ergeben, wie es von den Märtyrern zu geschehen pflegte, sondern sollte den Tod und Alles, was voranging, in der schrecklichsten Gestalt ansehen, und alsdann Seinen Willen dazu ergeben, damit diese kostbare Aufopferung Seines Willens oder dieser Sein heiliger Gehorsam ein Ersatz alles Widerstrebens und Ungehorsams der Menschen sein könnte. Er selbst widerstrebte bei dem Grauen, das Er vor dem Leiden und Tod empfand, Seinem himmlischen Vater keinen Augenblick. Als Mensch bat er Sich den Leidenskelch ab, aber nur in dem Fall, wenn es möglich sei, daß er an Ihm vorüber gehen könnte. Er sagte: Vater willst Du, so nimm diesen Kelch von Mir; folglich begehrte Er solches nicht auf eine ungestüme Weise, und setzte ausdrücklich hinzu: nicht Mein, sondern Dein Wille geschehe. Der Wille des HErrn Jesu, welcher nicht geschehen sollte, war der Wille Seiner menschlichen Natur. Er fühlte denselben, und es war ein gerechter Wille; denn Gott hat selber die menschliche Natur gebildet, das Leiden und den Tod nicht zu wollen, weil beides etwas Widernatürliches ist, und nur der göttliche Wille verursacht, daß man ich in beides willig ergeben kann. Der HErr Jesus erkannte die schuldige Unterwürfigkeit des schwachen menschlichen Willens unter den göttlichen auf’s Deutlichste, und sagte deßwegen zu Seinem himmlischen Vater: nicht Mein, sondern Dein Wille geschehe. Es wurde durch Sein dreimaliges heftiges Gebet, wozu Ihn ein Engel stärkte, erhört, und Er wurde von dem Grauen befreit, wie Hebr. 5,7. gesagt wird: Sein menschlicher Wille wurde an den göttlichen so fest gleichsam angeheftet, daß Er hernach bei einem Versuch, den Petrus machte, Ihn von der Gefangennehmung zu befreien, sagte: meinest du, daß Ich nicht könnte Meinen Vater bitten, daß Er Mir zuschickte mehr denn zwölf Legionen Engel, (aber ich will’s nicht thun) wie würde sonst die Schrift erfüllet? Es muß also gehen, Matth. 26,53.54., ja daß Er hernach gar keinen Versuch mehr machte, Sich das Geringste von Seinem Leiden abzubitten. Also war denn das Leiden und der Tod Jesu der lauterste Gehorsam. Er war gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz, Phil. 2,8. Gleichwie nun durch Eines Menschen (Adams) Ungehorsam viele Sünder worden sind, also auch durch Eines Gehorsam werden viele Gerechte, weil ihnen der Gehorsam Jesu durch den Glauben zugerechnet wird. Bei diesem Glauben stärke Er mich auch durch den Heiligen Geist, die dritte Bitte des Vater Unser immer von Herzen zu beten, und meinen menschlichen und oft widerstrebenden Willen dem göttlichen aufzuopfern.
Mel.: HErr Jesu Christ, mein’s etc.
1.
Wie willig gingst du, Gotteslamm,
Zur Schlachtung an des Kreuzes Stamm,
Und wandt’st zu unsrem Seelenkauf
Dein ganzes theures Blut gern auf.
2.
Du tratst in’s grausamste Gericht,
Nahmst Legionen Engel nicht,
Und gabst in treustem Liebessinn
Dich selber zum Gefang’nen hin.
3.
Die Ehre gabst Du um den Hohn,
Das Haupt in eine Dornenkron’,
Den Rücken in der Geißeln Qual,
Dich ganz auf einen Fluchholzpfahl.
4.
Dein Herz blieb fest, Dein Mund war still,
Zu wollen, was der Vater will;
Es sollt’ die Welt durch deine Pein
Erlöst, versühnt, beseligt sein.
5.
Mein HErr, ich bin Dein Eigenthum;
Nimm tausend Dank, nimm ewig Ruhm,
Nimm mich mit Allem, was ich bin,
In Deinen Liebeswillen hin.
6.
Hie sing’ ich schlecht, bring’ mich hinauf,
Allwo so mancher sel’ger Hauf’,
Dir als dem Lämmlein Ehre thut,
Das uns erkauft mit Seinem Blut.
31. Juli. Abend-Andacht.
Du hast des HErrn Wort verworfen, und der HErr hat dich auch verworfen. 1 Sam. 15,26.
Mit dem Volk Israel hatte es diese besondere Bewandtniß, daß der HErr in einem besondern Verstand der König desselben sein wollte. Er ließ also nicht zu, daß ein Mensch demselben Gesetze vorschreibe, sondern gab selber durch Mosen solche Gesetze, welche nicht nur das allgemeine Verhalten aller rechtschaffenen Menschen, sondern auch die bürgerliche Verfassung Israels einrichten sollten. In besondern Fällen gab Er durch das Licht und Recht, welches in dem Amtsschildlein des Hohenpriesters war, durch Propheten, die Er aufstellte, oder auch durch Seinen Engel, den Er zu ihnen sandte, die nöthigen Befehle, und die Israeliten durften z.B. keinen Krieg anfangen, ehe sie einen solchen göttlichen Befehl bekamen. Weil aber die Israeliten zuletzt auf solche göttliche Befehle nimmer warten wollten, als welche erst alsdann ergingen, wenn sie wegen ihres Ungehorsams genugsam gezüchtiget und gedemüthiget waren, so sagten sie zu Samuel: setze einen König über uns, der uns richte, wie alle Heiden haben, 1 Sam. 8,5., und versündigten sich dadurch sehr. Einen König hätten sie allenfalls begehren dürfen, weil doch Gott schon durch Mosen die Rechte eines Königs bestimmt hatte, 5 Mos. 17,14. u.ff., aber einen König, wie die Heiden hatten, hätten sie nicht verlangen sollen, denn sie verlangten auf diese Weise einen solchen, der nimmer vom Licht und Recht, von den Aussprüchen der Propheten und des göttlichen Engels abhängen, sondern nach menschlicher Willkür handeln dürfte. Der HErr erkannte auch die Argheit ihrer Herzen, und sagte 1 Sam. 8,7. zu Samuel: sie haben nicht dich, sondern Mich verworfen, daß Ich nicht soll König über sie sein. Uebrigens sagte Er eben daselbst auch zu ihm: gehorche der Stimme des Volks in Allem, das sie zu dir gesagt haben, und offenbarte ihm hernach, daß Saul der erste König Israels sein sollte. So gut sich aber dieser Saul zuerst anließ, und so gewiß es ist, daß in seinem ersten Krieg der Geist des HErrn über ihn kam (1 Sam. 11,6.), und er also selber nach einem göttlichen Antrieb, der sonst den Propheten widerfuhr, handelte: so gewiß ist es auch, daß bald auch der Gedanke in seinem Herzen aufstieg (der vielleicht durch das Einraunen roher Israeliten erweckt und gestärkt wurde), er wolle ein König sein, wie die Könige der Heiden. Als ihm deßwegen Samuel bei seinem Krieg wider die Amalekiter einen Befehl Gottes kund that, so befolgte er ihn nicht. Es war ihm zuwider, daß ihm der Prophet und durch denselben der HErr in seine kriegerischen Verrichtungen einrede, und er wünschte auch solcher Einreden durchaus los zu sein. Deßwegen hatte Samuel Grund, ihm zu sagen: du hast des HErrn Wort verworfen, darum hat dich der HErr auch verworfen. Schon vorher hatte Saul in einem Krieg wider die Philister nicht auf den Samuel gewartet, der ihm Gottes Befehl überbringen wollte, sondern vor seiner Ankunft aus Heuchelei opfern lassen, und sodann, was ihm gut däuchte, befohlen, 1 Sam. 13,12.13., aber im Krieg wider die Amalekiter brach sein rebellischer Sinn noch völliger aus. Seitdem nun das Scepter von Juda genommen ist, sind alle Reiche auf Erden Weltreiche, in welchem Gott der menschlichen Willkür mehr Raum läßt. Uebrigens stehen alle Regenten und ihre Unterthanen unter Gott. Wenn sie des HErrn Wort, das sie angeht, verwerfen, so verwirft sie Gott auch, und wehe dem, den Er verwirft!
Mel.: Von Gott will ich nicht lassen.
1.
Gott! die Dein Wort verwerfen,
Verwirfst Du wiederum;
Du weißt Dein Recht zu schärfen
Bei Deinem Heiligthum;
Du gibst Dein Wort zum Heil,
Und sendest Friedensboten;
Doch läßt Du Dich nicht spotten
Von Deinem Gegentheil.
2.
Bewahr’ mich, HErr, in Gnaden
Vor solchem rohen Sinn,
Daß ich nicht, mir zum Schaden,
Des Worts Verächter bin.
Denn Dein Wort bleibt doch wahr:
Verflucht sind alle Seelen,
Die Deiner Rechte fehlen,
Und Du zertrittst sie gar.
3.
Laß Dein Wort in mir bleiben
Und in mir fruchtbar sein;
Will die Vernunft sich sträuben,
So pflanz’ mir Glauben ein.
Laß mir Dein Wort zum Licht,
Zum Honig in Beschwerden,
Zum Schatz im Mangel werden,
Zur Schutzschrift im Gericht.
4.
Mein Lied in Trauerzeiten,
Mein Ruhm in allem Spott,
Mein Schwert in hartem Streiten
Sei mir Dein Wort, mein Gott!
Auf solches sterbe ich,
Und dringe mit dem Worte
Auch durch des Todes Pforte
Und lebe ewiglich.