Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen - Der 56. Psalm.
1. Ein goldenes Kleinod Davids, von der stummen Taube unter den Fremden, da ihn die Philister griffen zu Gath. 2. GOtt, sei mir gnädig, denn Menschen wollen mich versenken; täglich streiten sie und ängsten mich. 3. Meine Feinde versenken mich täglich; denn viele streiten wider mich stolziglich. 4. Wenn ich mich fürchte, so hoffe Ich auf dich. 6. Ich will GOttes Wort rühmen; auf GOtt will ich hoffen, und mich nicht fürchten; was sollte mir Fleisch tun? 6. Täglich fechten sie meine Worte an; alle ihre Gedanken sind, dass sie mir Übels tun. 7. Sie halten zuhauf und lauern, und haben Acht auf meine Fersen, wie sie meine Seele erhaschen. 8. Was sie Böses tun, das ist schon vergeben. GOtt, stoße solche Leute ohne alle Gnade hinunter. 9. Zähle meine Flucht, fasse meine Tränen in deinen Sack. Ohne Zweifel du zählst sie. 10. Dann werden sich meine Feinde müssen zurückkehren, wenn ich rufe; so werde ich inne, dass du mein GOtt bist. 11. Ich will rühmen GOttes Wort, ich will rühmen des HErrn Wort. 12. Auf GOtt hoffe ich, und fürchte mich nicht; was können mir die Menschen tun? 13. Ich habe dir, GOtt, gelobt, dass ich dir danken will. 14. Denn du hast meine Seele vom Tode errettet, meine Füße vom Gleiten, dass ich wandeln mag vor GOtt im Licht der Lebendigen.
Der 56. Psalm hat 1) in seiner Überschrift die Veranlassung, aus welcher der Psalm gemacht ist: Ein goldenes Kleinod Davids von den stummen Tauben unter den Fremden, da ihn die Philister griffen zu Gath. Dieser Umstand ist entweder in dem Leben Davids nicht ausführlich bemerkt, oder geht es auf das, was ihm 1. Buch Sam. 29,4. wiederfahren ist. Im Psalm selber ist nun das erste 2) Davids eindringliche Seufzer, V. 2. 3) Seine bewegliche Klage über Sauls Verfolgungen, durch die er so in die Fremde getrieben worden, V. 3. 4) Dazwischen hinein erzählt er etwas von seiner gläubigen Fassung darunter, V. 4. 5) Sodann fährt er fort, nun auch über die Bedrängnisse zu klagen, die ihm von den Philistern sind angetan worden, V. 6-8. 6) Er erneuert sich auch hierüber vor GOtt auf seinem sonst bezeugten Glaubensgrund, V. 9-12. Er verpflichtet sich zu öffentlichem Dank für die erfahrene Hilfe GOttes, V. 114. David hat es also auch erfahren, wie bei der Zuversicht und Freudigkeit, auch Furcht mit unterlaufen kann. Wenn ich mich fürchte, sagt er, und doch auch: so hoffe ich auf dich. Der HErr JEsus selbst war in Seinem Leiden nicht ohne Furcht, Ebr. 5,7. Desto größer aber ist die Geduld, die durchbricht und über dem Wort GOttes und Gebet hält. Die Furcht wird erst bös, wenn sie einem das Wort GOttes vernichtet. Aber, wo man wie David gleich das Wort der Geduld ergreift, und darüber hält, ich will GOttes Wort rühmen, da wird die Furcht überwunden, oder was davon übrig bleibt, fordert einem vielmehr der Weg der Geduld ab. Denn da muss man sichs gefallen lassen, dass die Hilfe GOttes nicht so eilends hereinbricht, sondern dass einem nur ein Wort GOttes zum Trost angeboten wird. Wie sich nun einer gegen dem Wort GOttes verhält; so hat er es zu genießen oder zu entgelten. Wer mit David GOttes Wort rühmt, mit dem Trost durch das Wort einstweilen vorlieb nimmt, der kann die Furcht überwinden, und die Hilfe abwarten. Wer aber allen ungläubigen Ausflüchten gegen das Wort GOttes Gehör gibt, und sich das Sitzen bei diesem, oft in einem dunklen Ort scheinenden Licht, verdrießlich werden lässt, der bricht das mit die Verbindung zwischen dem Herzen GOttes und seinem Herzen ab, und wird in seines Herzens Dunkel gelassen.