Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen - Der 131. Psalm.
1. Ein Lied Davids im höheren Chor. HErr, mein Herz ist nicht hoffärtig, und meine Augen sind nicht stolz, und wandle nicht in großen Dingen, die mir zu hoch sind. 2. Wenn ich meine Seele nicht setzte und stillte; so ward meine Seele entwöhnet, wie einer von seiner Mutter entwöhnet wird. 3. Israel, hoffe auf den HErrn, von nun an bis in Ewigkeit.
Der 131. Psalm hat 1) die Überschrift: Ein Lied Davids im höheren Chor. Der vorige Psalm ging auf das demütige Gesuch der Gnade; dieser hingegen mehr auf das demütige Bleiben an der gefundenen Gnade beim Leben im Glauben. Dabei geht der Vortrag wieder wie bei dem Vorigen 2) zuerst auf den HErrn, dem er seinen Sinn bezeugt, und auf den Weg, wie er zu dieser Mäßigung gekommen, V. 1. 2. Hernach ruft er Israel auf, dass es auch mit standhafter Hoffnung dem HErrn die Ehre geben solle, V. 3. Die Welt ist arg, und daher auch argwöhnisch, und zieht die Kinder GOttes in keinen Verdacht leichter als in den Verdacht hochmütiger Absichten, dergleichen auch David mehrmalen wiederfuhr Vor den Menschen kann man diesfalls seine Unschuld nicht allemal an den Tag bringen. Aber mit GOtt darüber reden ist nie ohne Nutzen. Dabei kann man zwar die Gnade in ihrem Sieg im Herzen rühmen, aber gleichwohl auch zugestehen, dass es Zusprechens, Sehens und Stillens bei unserer Seele brauche, damit sie nicht Andern nacheifere, sondern sich darein gebe, ihr Leben beim Verlieren zu erhalten. O wie ists einem so wohl, wenn man so unter dem Schatten der Flügel GOttes Zuflucht suchen, und darunter auch von allem unverdienten Verdacht ausruhen kann.