Rieger, Carl Heinrich - Zephania - Das dritte Kapitel

Darin wendet sich der Prophet wieder zu der Stadt Jerusalem, und straft sie über ihre vielen Sünden in Versäumnis des Guten und Begehrung des Bösen, zeigt, wie die so lange vergeblich empfangene Gnade und Langmut GOttes an ihnen ausgehen werde, und weil sie den HErrn ihren GOtt so lange auf Früchte der Buße haben warten lassen, so werden sie auch lange zu warten haben, bis die Gnade wieder an ihnen den Sieg behalten werde. Doch beschließt er mit einer tröstlichen Anweisung, wie man diese Weissagung anwenden solle, um durch das Gerichtliche hindurch in die zuletzt doch den Ruhm behaltende Gnade durchzuschauen und durchzudringen.

I. Mit einer ungewöhnlichen Schärfe redet der Prophet die Stadt Jerusalem an, und verkündigt ihr ihr Übertreten und ihr ohne weitere Langmut einbrechendes Gericht.

1. Wehe der scheußlichen, unflätigen, tyrannischen Stadt! 2. Sie will nicht gehorchen, noch sich züchtigen lassen; sie will auf den HErrn nicht trauen, noch sich zu ihrem GOtt halten. 3. Ihre Fürsten sind unter ihnen brüllende Löwen; und ihre Richter Wölfe am Abend, die nichts lassen bis auf den Morgen überbleiben. 4. Ihre Propheten sind leichtfertig, und Verächter; ihre Priester entweihen das Heiligtum, und deuten das Gesetz freventlich. 5. Aber der HErr, der unter ihnen ist, lehrt wohl recht und tut kein Arges. Er lässt alle Morgen seine Rechte öffentlich lehren, und lässt nicht ab; aber die bösen Leute wollen sich nicht schämen lernen. 6. Darum will ich diese Leute ausrotten, ihre Schlösser verwüsten und ihre Gassen so leer machen, dass Niemand darauf gehen soll; ihre Städte sollen zerstöret werden, dass Niemand mehr da wohne. 7. Ich ließ dir sagen: Mich sollst du fürchten, und dich lassen züchtigen; so würde ihre Wohnung nicht ausgerottet und derer keins kommen, damit ich sie heimsuchen werde. Aber sie sind fleißig, allerlei Bosheit zu üben. 8. Darum, spricht der HErr, müsst ihr wiederum meiner auch harren, bis ich mich aufmache zu seiner Zeit; da ich auch rechten werde, und die Heiden versammeln, und die Königreiche zuhauf bringen, meinen Zorn über sie zu schütten, ja allen Zorn meines Grimms. Denn alle Welt soll durch meines Eifers Feuer verzehret werden. 9. Alsdann will ich den Völkern anders predigen lassen mit freundlichen Lippen, dass sie alle sollen des HErrn Namen anrufen, und ihm dienen einträchtig. 10. Man wird mir meine Anbeter, nämlich die Zerstreuten von jenseits des Wassers im Mohrenland, herbringen zum Geschenk. 11. Zu derselbigen Zeit wirst du dich nicht mehr schämen alles deines Tuns, damit du wider mich übertreten hast: denn ich will die stolzen Heiligen von dir tun, dass du nicht mehr sollst dich erheben, um meines heiligen Berges willen. 12. Ich will in dir lassen überbleiben ein armes geringes Volk, die werden auf des HErrn Namen trauen. 18. Die Übrigen in Israel werden kein Böses tun, noch falsch reden; und man wird in ihrem Munde keine betrügliche Zunge finden; sondern sie sollen weiden and ruhen, ohne alle Furcht.

An der über Jerusalem geführten Klage hat man ein Bild, wie in großen Städten das Verderben in allen Ständen sich so fest setzen kann, dass es auch zu eines Königs Josiä Zeiten den Kopf noch so aufrichten kann; und wie GOtt nebenher doch täglich so viel Zeugnisse Seiner Wahrheit ablegen, und damit gegen das überhandnehmende Böse protestieren lässt. Wie aber GOtt mit dem Volk der Juden wirklich so umgegangen ist, wie Er ihnen da angekündigt hat: darum müsst ihr wiederum mein auch harren, das sieht man an dem gegenwärtigen Zustand des Jüdischen Volks; denn da ist so viel hundert Jahre nun unter ihnen selbst und unter Andern ein beständiges Harren und Warten, was GOtt noch mit ihnen anfangen werde, und wozu sie aufgehoben seien. Sie können während ihres Unglaubens wider das Evangelium nimmer so aufkommen, dass sie dem Reich Christi gefährlich würden; und inmittelst sind sie doch vor allen Völkern noch so ausgezeichnet, dass man merken muss, sie sind noch zu etwas Besonderem gewidmet. O was wird aus dieser Wiederaufrichtung Israels auch den übrigen Völkern und Heiden für Heil kommen, die freilich bis daher vor der Verwirrung in der Christenheit, und besonders vor Roms unreinem Gemenge zu keinem Begriff vom Reich GOttes haben kommen können. Mit was freundlichen Lippen wird GOtt noch predigen lassen; wie kann man Seine Anstalt dazu von weitem her schon merken. Denn wenn sich einesteils so viel Materie zu den Gerichten GOttes häuft, so verleiht GOtt andernteils so viel Förderliches zu reinerem Verstand Seines Worts, und bereitet sich solche Prediger von freundlichen Lippen. Bei den misslichsten Zeiten darf man also doch sich und die Seinigen nicht gerade für lauter Fegopfer der hereinbrechenden Gerichte ansehen, sondern GOtt kann sich auch brauchbare Werkzeuge zu Seinen Absichten auf solche Zeiten daraus bereiten. Ach, dass alles Bemühens, seine eigene Gerechtigkeit aufzurichten, ach, dass alles fleischlichen Rühmens ein Ende gemacht würde; ach, dass man die Ruhe ohne Furcht genösse, wenn der Vater der Lügen gefangen, und sein Verführen ihm niedergelegt sein wird.

II. Der Prophet zeigt noch zum Schluss, wie man beides, die Ankündigung und den Anblick der bevorstehenden Gerichte, und den so weit hinaus verliehenen Hoffnungs-Blick gehörig anwenden solle.

14. Jauchze, du Tochter Zion! rufe, Israel! freue dich und sei fröhlich von ganzem Herzen, du Tochter Jerusalem! 15. Denn der HErr hat deine Strafe weggenommen, und deine Feinde abgewendet. Der HErr, der König Israel, ist bei dir, dass du dich vor keinem Unglück mehr fürchten darfst. 16. Zu derselbigen Zeit wird man sprechen zu Jerusalem: Fürchte dich nicht! Und zu Zion: Lass deine Hände nicht lass werden! 17. Denn der HErr, dein GOtt, ist bei dir, ein starker Heiland; er wird sich über dich freuen, und dir freundlich sein, und vergeben, und wird über dir mit Schalle fröhlich sein. 18. Die, so durch Satzungen geängstet waren, will ich wegschaffen, dass sie von dir kommen; welche Satzungen ihre Last waren, davon sie Schmach hatten. 19. Siehe, ich will es mit allen denen ausmachen, zur selbigen Zeit, die dich beleidigen; und will der Hinkenden helfen, und die Verstoßene sammeln; und will sie zu Lob und Ehren machen in allen Ländern, darinnen man sie verachtet. 20. Zu derselbigen Zeit will ich euch herein bringen, und euch zu derselbigen Zeit versammeln. Denn ich will euch zu Lob und Ehren machen unter allen Völkern auf Erden, wenn ich euer Gefängnis wenden werde vor euern Augen, spricht der HErr.

O was ist es, wenn der Begnadigten Freude an GOtt und Seiner Gnade, und GOttes Freude an der Vollendung Seines Rats so zusammentreffen wird. Wen das Alles zu groß dünkt, der sehe nur auch auf das große Siegel, so Allem angehängt ist, nämlich: So spricht der HErr. Der kann große Dinge tun, der kann es eilend ausrichten, wenn der Menschen Unglaube oder Kleinglaube noch keine Anstalt dazu sieht. Gedenke, HErr, Deinen Knechten auch an dies Dein Wort, auf welches Du uns lässt hoffen!

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autoren/r/rieger_k/12_kleine_propheten/zephania/rieger_-_zephania_3.txt · Zuletzt geändert: von aj
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