Rieger, Carl Heinrich - Sacharia - Das dritte Kapitel
beschreibt ein weiteres Gesicht, darin dem Propheten die Einsetzung des Hohenpriesters Josua in seinen neuen Dienst im neuangelegten Tempel vorgestellt wird, wobei alle für das Werk GOttes besorgten Knechte auf den Mann Zemah gewiesen, und auf den fröhlichen Genuss der Gnade unter ihm vertröstet werden.
1. Was bei der Einweihung des Hohenpriesters Josua vorgekommen, und durch welche Hindernisse das Gericht zum Sieg ist ausgeführt worden.
1. Und mir ward gezeigt der Hohepriester Josua, stehend vor dem Engel des HErrn; und der Satan stand zu seiner Rechten, dass er ihm widerstände.
Der Engel des HErrn wird gleich im zweiten Vers der HErr selber genannt, doch so, dass er sich in seiner Rede, der Herr schelte dich, eine kindliche Ehrerbietung vor GOtt, dem Richter über Alles, anspüren lässt; und mithin ist es der Sohn GOttes, der freilich sich schon damals der Reinigung der Kinder Levi, aber auch ihres Schutzes vorzüglich annahm. Der Satan aber, der sich dem ganzen Gnaden-Werk GOttes an Israel widersetzte, suchte besonders auch diesen Amts-Segen Josua abzugraben, und stellt sich ihm zur Rechten, als ob ihm der Sieg schon gewiss wäre. Vergl. Ps. 109, 6.
2. Und der HErr sprach zu dem Satan: Der HErr schelte dich, du Satan; ja der HErr schelte dich, der Jerusalem erwählt hat. Ist dieser nicht ein Brand, der aus dem Feuer errettet ist?
Ehe was Weiteres mit Josua vorgenommen wird, muss dieser Widersacher auf die Seite geschafft werden. Zu der Zeit, da das Gericht noch nicht ergangen war, dadurch der Fürst dieser Welt ausgestoßen worden, hatte es seine besondere Geziemlichkeit, dass dies Schelten dem HErrn, als Richter über Alles, übergeben ward. In das Gnaden-Dekret, wodurch Jerusalem wieder erwählt, und der Tempel zur Wohnung GOttes wieder ausersehen ward, ist auch des Josuä Absolution und neue Brauchbarkeit zum Dienst GOttes eingeflochten worden. Einem aus dem Feuer erretteten Brand kann zwar wohl etwas Unansehnliches nachgehen; doch aber hält man bei dem Verlust des Übrigen das errettete Wenige desto mehr aller Achtung wert.
3. Und Josua hatte unreine Kleider an und stand vor dem Engel,
Daher wird eben der Satan Gelegenheit genommen haben, ihn zu verklagen, und gegen ihn zu protestieren. Kleider fallen am Menschen zuerst in das Gesicht; man kennt und beurteilt einen schon viel nach der Kleidung; an Kleider kann sich manche Befleckung von Außen anhängen. Darum bedeuten unreine oder befleckte Kleider in der Schrift so viel als die im menschlichen Leben und Umgang angenommenen, aus der Gleichstellung mit der Welt angezogenen Eitelkeiten und Unarten, bei denen man seinen oft bessern Sinn unter einer solchen Tracht verstellt und über eine Weile schwächt, dass die Unsauberkeit in das Fleisch und wohl gar in den Geist hinein dringt. Dergleichen Unsauberkeit konnte Josua aus Babel mitgebracht haben, die der Feind nun zur Anklage brachte, besonders als an einem Hohenpriester, wie man auch noch bei uns sagt, am schwarzen Rock sehe man die Flecken am leichtesten. Doch gibt sein Stehen vor dem Engel etwas von Verlangen und Erwarten der Hilfe zu erkennen. Man kann wohl an einem diesen oder jenen Flecken sehen, aber wenn man wüsste, wie oft er schon vor GOtt und Seinem Gnadenstuhl gestanden, und um Vergebung und Befreiung angehalten, so würde man nicht so durch Austragen der Flecken einen Satan abgeben.
4. Welcher antwortete, und sprach zu denen, die vor ihm standen: Tut die unreinen Kleider von ihm. Und er sprach zu ihm: Siehe, ich habe deine Sünde von dir genommen, und habe dich mit Feierkleidern angezogen.
Josuas Dastehen war also mit einer wirklichen Anfrage und Erwartung verknüpft, worauf Antwort erfolgte. Das Gnadenwerk zu Josua Bestem kommt freilich dem HErrn allermeist zu, doch ist auch der Engel Dienst dazu gebraucht worden, wie bei Jesaja 6, 6. 7. zum Beweis, dass der Engel Dienst nicht nur leibliche Bewahrung und Hilfe anbetrifft, sondern oft auch ins Innere des Menschen hinein reicht. Durch diese dem Josua hier, widerfahrene Gnade ist sowohl im eigenen Gewissen geholfen, als auch gegen Anderer Anklage Gerechtigkeit und Stärke verschafft worden.
5. Und er sprach: Setzt einen reinen Hut auf sein Haupt. Und sie setzten einen reinen Hut auf sein Haupt, und zogen ihm Kleider an, und der Engel des HErrn stand da. 6. Und der Engel des HErrn bezeugte Josua, und sprach: 7. So spricht der HErr Zebaoth: Wirst du in meinen Wegen wandeln, und meiner Hut warten, so sollst du regieren mein Haus und meine Höfe bewahren; und ich will dir geben von diesen, die hier stehen, dass sie dich geleiten sollen.
Eine stattliche Ermahnung und Verheißung, womit dieser Investitur-Akt desto eindringlicher gemacht worden ist. In diesem zweiten Tempel gingen ansehnliche Stücke ab, die Bundeslade, das Licht und Recht. Aber deswegen wollte GOtt Seine Knechte, die Ihm zu solchen kümmerlichen Zeiten dienen, nicht verachtet haben, sondern setzt sie in alle vorigen Rechte ein. Nur sollen sie Amtssegen und Amtsautorität als eine Frucht vom selbsteigenen Wandeln in GOttes Wegen ansehen und bewahren.
II. Was für tröstliche Verheißungen noch weiter allen um das Reich GOttes bekümmerten Knechten des HErrn aus dieser Veranlassung vorgehalten werden, die in dem hochbetrauten Knecht des HErrn, Zemah, dem gerechten Gewächs Davids, Ja und Amen sind.
8. Höre zu, Josua, du Hoherpriester, du und deine Freunde, die vor dir wohnen; denn sie sind eitel Wunder. Denn siehe, ich will meinen Knecht Zemah kommen lassen. 9. Denn siehe, auf dem einigen Stein, den ich vor Josua gelegt habe, sollen sieben Augen sein. Aber siehe, ich will ihn aushauen, spricht der HErr Zebaoth, und will die Sünde desselbigen Landes wegnehmen auf Einen Tag. 10. Zu derselbigen Zeit, spricht der HErr Zebaoth, wird einer den andern laden unter den Weinstock und unter den Feigenbaum.
Es ist freilich wunderbar, was GOtt zu allen Zeiten an Seiner Kirche, und an dem verachteten, verschmähten, mit eigenen Ärgernissen befleckten Lehrstand derselbigen tut, und was Er hier und da Einem bei seiner kleinen Kraft doch noch für Türen auftut. Das hat freilich Alles seinen Trieb und Kraft noch aus dem einmal hingegebenen Mann Zemah, und aus dem göttlichen Wohlgefallen, dass es unter Diesem grünen und fortgehen soll. Denn Der ist vom HErrn ausgehauen und zu all Seiner Absicht und Brauchbarkeit eingerichtet, und Seine sieben Geister, die Er in alle Lande aussendet, wissen freilich aus Seiner an Einem Tag gestifteten Versöhnung und erfundenen ewigen Erlösung noch alle Tage zu Tagen der Freude zu machen, darin man dem himmlischen Vater dankt, dass Er uns einen solchen vollendeten Heiland bereitet hat, und uns von Seiner ewigen Gerechtigkeit solche Stille und Sicherheit unter dem Weinstock und Feigenbaum genießen lässt.