Rieger, Carl Heinrich - Sacharia - Das zweite Kapitel
enthält das dritte Gesicht, wodurch die beiden vorhergehenden Gesichte noch weiter bestätigt und erläutert, der Ausgang des Volkes GOttes aus den Heiden, dahin sie zerstreut waren, befördert, und ihre Hoffnung, im Tempelbau getrost fortzufahren, durch herrliche Blicke ins Weite hinaus gestärkt wird.
I. Das dritte Gesicht mit seiner nächsten Deutung.
1. Und ich hob meine Augen auf, und sah, und siehe, ein Mann hatte eine Messschnur in der Hand. 2. Und ich sprach: Wo gehst du hin? Er aber sprach zu mir: Dass ich Jerusalem messe und sehe, wie lang und weit sie sein solle. 3. Und siehe, der Engel, der mit mir redete, ging heraus. Und ein anderer Engel ging heraus ihm entgegen. 4. Und sprach zu ihm: Lauf hin, und sage diesem Knaben, und sprich: Jerusalem wird bewohnt werden ohne Mauern, vor großer Menge der Menschen und Viehes, so darinnen sein wird. 5. Und Ich will, spricht der HErr, eine feurige Mauer umher sein, und will darinnen sein, und will mich herrlich darinnen erzeigen.
An dem Jerusalem, das nach der Babylonischen Gefangenschaft aus seinem Staub aufgerichtet wurde, war man bald und sehr fleißig auf Wiederherstellung der Mauern bedacht, und es war nach Nehem. 6. und 7. eine große Freude, dass man damit so weit zu Stande kam. Mithin führt dies Gesicht, und der darin verliehene Hoffnungsblick noch weiter auf eine Zeit, da Jerusalem zu Lob auf Erden gesetzt, und zum Siegesplatz für das Reich GOttes und Seines Gesalbten gemacht werden wird. Dieses Ziel der Werke GOttes auf Erden ist beständig vor Seinen Augen, und Seine Knechte, die gerne sähen, dass so gebaut, und die von Langem schon bereiteten Materialien so zusammengetragen würden, dürfen ihn wohl auch öfters daran erinnern, dass der HErr erscheine in Seiner Ehre!
II. Anweisung, wie diese drei Gesichte zur Stärkung des Glaubens und der Hoffnung wohl anzuwenden seien.
6. Hui! hui! flieht aus dem Mitternachtslande, spricht der HErr: denn ich habe euch in die vier Winde unter dem Himmel zerstreut, spricht der HErr. 7. Hui, Zion, die du wohnst bei der Tochter Babel, entrinne. 8. Denn so spricht der HErr Zebaoth: Er hat mich gesandt nach der Ehre zu den Heiden, die euch beraubt haben; ihre Macht hat ein Ende. Wer euch antastet, der tastet seinen Augapfel an. 9. Denn siehe, ich will meine Hand über sie weben, dass sie sollen ein Raub werden denen, die ihnen gedient haben; dass ihr sollt erfahren, dass mich der HErr Zebaoth gesandt hat. 10. Freue dich, und sei fröhlich, du Tochter Zion; denn siehe, ich komme und will bei dir wohnen, spricht der HErr. 11. Und sollen zu der Zeit viele Heiden zum HErrn getan werden, und sollen mein Volk sein; und ich will bei dir wohnen, dass du sollst erfahren, dass mich der HErr Zebaoth zu dir gesandt hat. 12. Und der HErr wird Juda erben für sein Teil in dem heiligen Lande, und wird Jerusalem wieder erwählen. 13. Alles Fleisch sei stille vor dem HErrn; denn er hat sich aufgemacht aus seiner heiligen Stätte.
Auch nach verschaffter Vergünstigung, in das Land Israel zurückzukehren, blieben doch viele Juden in den Ländern, dahin sie zerstreut waren, und achteten der bereiteten Hilfe nicht groß; wie so das fleischliche Herz der Menschen gesinnt ist, und lieber mit äußerlicher Ruhe in Babel bleibt, als mit Mühe und unter gemäßen Glaubens-Übungen nach Jerusalem zieht. Gegen diesen Sinn sind nun diese Zusprüche gerichtet, darinnen dem Volk der Juden ein ungesäumtes Scheiden von den heidnischen Völkern angeraten wird, weil nach der Ehre, so GOtt Seinem Volk durch ihre Erlösung zugedacht, nun die Reihe der Gerichte an ihre Feinde kommen würde, mithin einer, der sich zu lange bei diesen noch verweilt, auch von ihren Plagen etwas empfangen könnte. Oben im Propheten Habakuk 3, 20. ist ein Stille - sein vor dem HErrn geboten worden, weil Er in Seinem heiligen Tempel sei, und Jedermann mit Respekt auf Seine von dort aus ergehende Resolution warten soll; hier nun ein Stille sein, weil Er sich aufgemacht aus Seiner heiligen Stätte, und also in der Exekution Seiner unbegreiflichen Gerichte mehr mit Stille betrachtet, und sich nur hintennach gesehen haben will, als dass wir Sein noch nicht ausgemachtes Werk verstehen könnten. GOtt! stille auch alle unsere Gedanken, Wünsche und Ängsten über das, was Du auf dem Erdboden tust, das mit, dass, inmittelst doch Dein Reich kommt, und Du von allem Guten, was Du geredet hast durch den Mund Deiner heiligen Propheten, nichts zurücklassen wirst.