Rieger, Carl Heinrich – Maleachi - Das zweite Kapitel.
Darin wird anfänglich die Straf-Predigt wider die Priester fortgesetzt. Nach der Mitte des Kapitels aber fängt was Neues an, und betrifft die weitere Vorstellung anderer im bürgerlichen Leben vorfallenden, besonders durch Bitterkeit und Härtigkeit zwischen Ehegatten veranlassten Ungerechtigkeiten.
I. Der gar ernstliche Schluss au der Straf-Predigt GOttes wider die Priester.
1. Und nun, ihr Priester, dies Gebot gilt euch. 2. Wo ihr es nicht hören noch zu Herzen nehmen werdet, dass ihr meinem Namen die Ehre gebet, spricht der HErr Zebaoth; so werde ich den Fluch unter euch schicken, und euren Segen verfluchen, ja verfluchen werde ich ihn, weil ihr es nicht wollt zu Herzen nehmen. 3. Siehe, ich will schelten, euch samt dem Samen, und den Kot eurer Feiertage euch in das Angesicht werfen, und soll an euch kleben bleiben. 4. So werdet ihr dann erfahren, dass ich solches Gebot zu euch gesandt habe, dass es mein Bund sein sollte mit Levi, spricht der HErr Zebaoth. 5. Denn mein Bund war mit ihm zum Leben, und Frieden; und ich gab ihm die Furcht, dass er mich fürchtete und meinen Namen scheute. 6. Das Gesetz der Wahrheit war in seinem Munde, und ward kein Böses in seinen Lippen gefunden. Er wandelte vor mir friedsam und aufrichtig, und bekehrte viele von Sünden. 7. Denn des Priesters Lippen sollen die Lehre bewahren, dass man aus seinem Munde das Gesetz suche; denn er ist ein Engel des HErrn Zebaoth. 8. Ihr aber send von dem Wege abgetreten, und ärgert viele im Gesetz, und habt den Bund Levi verbrochen, spricht der HErr Zebaoth. 9. Darum habe ich auch euch gemacht, dass ihr verachtet und unwert seid vor dem ganzen Volk; weil ihr meine Wege nicht haltet, und seht Personen an im Gesetz.
Die Menschen gehen in allen Ständen mit GOttes Geboten nicht besser um, als wie wann es menschliche Reskripte und Rezesse wären, wo immer die älteren von den neueren verdrängt werden. Aber GOtt hat Seine Rechte von Anfang so gegründet, dass sie nicht immer umgeschmelzt zu werden nötig haben; Er gibt auch um der veränderten Zeiten willen nichts von Seinen Rechten nach, wie man oft bei menschlichen Gesetzen der Not weichen muss, sondern durch Malachia in den späten Zeiten führt Er es wieder auf das, wo es bei Mose angefangen ward. Die ältesten Ärgernisse und bösen Gewohnheiten sind neuer als die Rechte GOttes. Hingegen ist GOtt auch so gerecht, dass Er zur Zeit des größten Zerfalls dem priesterlichen Stand doch noch an das Gute gedenkt, so in vorigen Zeiten durch wackere Arbeiter darin ist ausgerichtet worden. In der Welt wirft man um etlicher ungeschlachten Äste willen oft auch Stamm und Wurzel weg. In diesem Stück ists wunderbar, wie die Menschen durch sich selbst gestraft werden. Die Welt kann die im Geist Christi brennenden Priester nicht leiden, sondern will laue haben; aber über eine Weile werden eiskalte daraus, die ihr selber verächtlich werden. Und da meint man eine Weile, man habe es im Unglauben vollends gewonnen, wenn man diesen Stand so zum Verachten und Zertreten unter die Füße bekommt, aber die Welt hat davon zuletzt auch den größten Schaden, dass ihr alle Gelegenheit entgeht, ein kräftiges Zeugnis der Wahrheit zu hören; welches dann auch in andern Ständen so viel Verderbliches nach sich zieht, als der Prophet nun weiter beklagt.
II. Was für Seufzen und Schreien über einander im bürgerlichen Leben durch Ungerechtigkeit, und besonders in Ehen durch Bitterkeit und Härtigkeit veranlasst werde; und mit welchen bußfertigen Betrachtungen solches verhütet werden sollte.
10. Denn haben wir nicht alle Einen Vater? Hat uns nicht Ein GOtt geschaffen? Warum verachten wir denn einer den andern, und entheiligen den Bund, mit unseren Vätern gemacht? 11. Denn Juda ist ein Verächter geworden, und in Israel und zu Jerusalem geschehen Gräuel. Denn Juda entheiligt die Heiligkeit des HErrn, die er lieb hat, und buhlt mit eines fremden GOttes Tochter. 12. Aber der HErr wird den, so solches tut, ausrotten aus der Hütte Jakobs, beide Meister und Schüler, samt dem, der dem HErrn Zebaoth Speisopfer bringt. 13. Weiter tut ihr auch das, das vor dem Altar des HErrn eitel Tränen und Weinen und Seufzen ist, dass ich nicht mehr mag das Speisopfer ansehen, noch etwas Angenehmes von euern Händen empfangen. 14. Und so sprecht ihr: Warum das? Darum, dass der HErr zwischen dir und dem Weibe deiner Jugend gezeugt hat, die du verachtest, so sie doch deine Gesellin, und ein Weib deines Bundes ist. 15. Also tat der Einige nicht, und war doch eines großen Geistes. Was tat aber der Einige? Er suchte den Samen von GOtt (verheißen). Darum so seht euch vor vor eurem Geiste, und verachte keiner das Weib seiner Jugend. 16. Wer ihr aber gram ist, der lasse sie fahren, spricht der HErr, der GOtt Israels, und gebe ihr eine Decke des Frevels von seinem Kleide, spricht der HErr Zebaoth. Darum so seht euch vor vor eurem Geiste, und verachtet sie nicht. 17. Ihr macht den HErrn unwillig durch eure Reden. So sprecht ihr: Womit machen wir ihn unwillig? Damit, dass ihr sprecht: Wer Böses tut, der gefällt dem HErrn, und er hat Lust zu demselbigen; oder, wo ist der GOtt, der da Strafe?
Bei Ungerechtigkeiten im gemeinen bürgerlichen Leben, besonders bei überhandnehmender Zwietracht unter Ehegatten, Freunden, Nachbarn, leidet auch aller Gottesdienst sehr, das Gemüt geht Tag und Nacht mit um, das Gebet unterbleibt größtenteils, und die Erhörung ist den Unversöhnlichen versagt. Nirgends ist mehr nötig, sich vor seinem eigenen Geist zu hüten, als wo vielerlei Sachen zusammenschlagen, die geduldiges Auseinandersetzen brauchen; bei verletzter Liebe, daraus erwachsenden Bitterkeit, bei wirklichem Recht, aber ungeschickter Art, selbiges zu brauchen: da muss ein billiges Misstrauen gegen sich selbst Einen geduldig machen, dass man seine innersten Grundgedanken gehörig herausstellt, und was unrichtig daran ist, sich durch GOttes Zucht und Geist zerbrechen lässt. Ein solcher Geduldiger ist besser, denn ein Starker, der zufährt, wie es ihn ankommt. welch eine heilsame Sache, mit allen seinen Anschlägen und Begierden, auch wo so etwas Behändes, wie in Heirats-Gedanken und Ehehändeln sich einmengen kann, unter GOtt sein und bleiben, bedenken, was dem Willen GOttes gemäß ist, um Desselben willen gern gegen seinen eigenen Sinn handeln. Außer dem gehts oft, wie es Sprichw. 19, 3. steht: die Torheit eines Menschen verleitet seinen Weg, dass sein Herz wider den HErrn tobt. Wenn man sich durch seine Torheit in genug verdrießliche Umstände hineingestürzt hat, so meint man zuletzt noch Ursache zu haben, wider den HErrn zu toben, und die Schuld von Vielem auf Sein Regieren zu werfen, wie die frechen Mäuler im Schluss des Kapitels getan haben, die aber im Folgenden nachdrücklich gestopft werden.