Rieger, Carl Heinrich – Maleachi - Das erste Kapitel.
Darin rechtet GOtt zuerst mit dem ganzen Volk überhaupt, und dann mit den Priestern insbesondere.
I. GOtt behauptet gegen des Volkes Undank und Unglauben, Seine vorzügliche Liebes - Neigung gegen sie, und beruft sich auf die davon gegebenen Beweise.
1. Dies ist die Last, die der HErr redet wider Israel, durch Maleachi. 2. Ich habe euch lieb, spricht der HErr. So sprecht ihr: Womit hast du uns lieb? Ist nicht Esau Jakobs Bruder? spricht der HErr; noch habe ich Jakob lieb, 3. Und hasse Esau, und habe sein Gebirge öde gemacht, und sein Erbe den Drachen zur Wüste. 4. Und ob Edom sprechen würde: Wir sind verdorben, aber wir wollen das Wüste wieder erbauen; so spricht der HErr Zebaoth also: Werden Sie bauen, so will Ich abbrechen; und soll heißen die verdammte Grenze und ein Volk, über das der HErr zürnet ewig. 5. Das sollen eure Augen sehen, und ihr werdet sagen: Der HErr ist herrlich in den Grenzen Israel. Es gibt unter den Menschen so viel Verstoß, wenn sich Einer nicht auch des Andern Liebe unwert achtet, sondern statt dankbarer Erkenntlichkeit immer nur mehr fordern will. Aber man kommt auch in GOttes Wegen nicht fort, wenn man nicht lernt, der Liebe GOttes sich unwert achten. Dem Unglauben werden alle Liebeserweisungen GOttes gering, sobald er unter den damit verbundenen Kreuzes-Niedrigkeiten aushalten soll. Anfänglich hat GOtt nur nach freier Wahl der Gnade Jakob vorgezogen und Esau zurückgesetzt. Je weniger aber Esau diesen göttlichen Schluss respektieren, sondern seiner Naturkraft aufbieten und sich in derselben erheben wollte, je mehr ist er unter ein wirkliches Missfallen und Hass GOttes geraten, und hat er fahren, wie GOtt den Hoffärtigen widerstehe. An Jakob aber und seinen Nachkommen wird sichs noch ansehnlich zeigen, wie GOtt der Menschen Ungeduld mit Güte pflegt zu zwingen, und wie Seine Geduld endlich unsre Ungeduld heile, dass sie von ihren harten Reden abstehen, und GOtt die Ehre geben muss. O GOtt, gib uns verständige Herzen, die das Vergangene in dankbarem Angedenken, das Gegenwärtige in bedächtlichem Anblick, und das Zukünftige in einer fröhlichen Aussicht vor sich haben und behalten. II. Nun wendet sich GOttes Rede zu den Priestern, die dem, was GOtt von ihnen zu fordern und zu erwarten hätte, gar nicht nachkommen, und gleichwohl noch Recht haben wollen. 6. Ein Sohn soll seinen Vater ehren, und ein Knecht seinen HErrn. Bin Ich nun Vater, wo ist meine Ehre? Bin Ich HErr, wo fürchtet man mich? spricht der HErr Zebaoth zu euch Priestern, die meinen Namen verachten. So sprecht ihr: Womit verachten wir deinen Namen? 7. Damit, dass ihr opfert auf meinem Altar unreines Brot. So sprecht ihr: Womit opfern wir dir Unreines? Damit, dass ihr saget: Des HErrn Tisch ist verachtet. 8. Und wenn ihr ein Blindes opfert, so muss es nicht böse heißen; und wenn ihr ein Lahmes oder Krankes opfert, so muss es auch nicht böse heißen. Bringe es deinem Fürsten. Was gilts, ob du ihm gefallen werdest? Oder ob er deine Person ansehen werde? spricht der HErr Zebaoth. 9. So bittet nun GOtt, dass er uns gnädig sei. Denn solches ist geschehen von euch. Meinet ihr, er werde eure Person ansehen? spricht der HErr Zebaoth. 10. Wer ist auch unter euch, der eine Tür zuschließe? Ihr zündet auf meinem Altar kein Feuer an umsonst. Ich habe keinen Gefallen an euch, spricht der HErr Zebaoth; und das Speisopfer von euern Händen ist mir nicht angenehm. 11. Aber vom Aufgang der Sonne bis zum Niedergang soll mein Name herrlich werden unter den Heiden; und an allen Orten soll meinem Namen geräuchert, und ein reines Speisopfer geopfert werden; denn mein Name soll herrlich werden unter den Heiden, spricht der HErr Zebaoth. 12. Ihr aber entheiligt ihn, damit, dass ihr saget: Des HErrn Tisch ist unheilig und sein Opfer ist verachtet samt seiner Speise. 13. Und ihr sprecht: Sieh, es ist nur Mühe; und schlaget es in den Wind, spricht der HErr Zebaoth. Zebaoth. Und ihr opfert, das geraubt, lahm und Frank ist; und opfert dann Speisopfer her. Sollte mir solches gefallen von eurer Hand? spricht der HErr. 14. Verflucht sei der Vorteilische, der in seiner Herde ein Männlein hat, und wenn er ein Gelübde tut, opfert er dem HErrn ein Untüchtiges. Denn ich bin ein großer König, spricht der HErr Zebaoth, und mein Name ist schrecklich unter den Heiden.**
Mancher trägt etwas als seinem Sinn und in seinen Grund-Gedanken in sich herum, aus dem er handelt, wenn er es schon nicht in wirkliche Worte und Reden fasst; aber wann es ihm GOtt unter Augen stellen will, so muss ihm sein geführter Sinn als ein wirkliches Sagen hingestellt werden. Es hat freilich seine eigene Versuchungen zu solchen Zeiten, wo man sehen muss: die Leute halten nimmer viel auf ihre Religion, es ist in ihrem Kirchgehen und ganzen Gottesdienst der vorige Eifer nimmer; da heißt es anfänglich, man muss jetzt Vieles leiden; aber über eine Weile ist es einem kein eigentliches Leiden mehr, sondern man wird leichtsinnig und gleichgültig darunter, greift selbst Alles mit weniger Geist und Kraft an, hängt fleischlicher Klugheit nach, sich sonst noch in einem Kredit zu erhalten, und seinen Nutzen dabei zu finden; darüber kann einem durch Gewohnheit zuletzt das Heiligste verächtlich werden; und ein solches dummes Salz wird dann vollends unter der Leute Füßen zertreten. Man wundert sich oft, wie GOtt einem solchen Zustande so zusehen könne. Aber Er sieht hinaus, und weiß, wie das, was zu kümmerlichen Zeiten einen misslichen Anblick gibt, doch noch die Brücke ist, auf welcher sich das Reich GOttes seinem siegreichen Anbruch entgegendringt. Aber wer ohne Gemeinschaft der Sünden und Strafen zu solcher Zeit durchkommen will, der wird sich oft mit den Seufzern zu waffnen haben: Neige mein Herz zu Deiner Zeugnissen und nicht zum Geiz. Lass Deinen Knecht Dein Gebot fest für dein Wort halten. Wende von mir den falschen Weg und gönne mir Dein Gesetz. Gedenke Deinem Knecht an Dein Wort, auf welches Du mich lässt hoffen. Lass meinen Gang gewiss sein nach Deinem Wort, und lass kein Unrecht über mich herrschen.