Rieger, Carl Heinrich - Über die zwölf kleinen Propheten - Hosea - Das vierte Kapitel

Rieger, Carl Heinrich - Über die zwölf kleinen Propheten - Hosea - Das vierte Kapitel

enthält eine ernstliche Strafpredigt, da, nach einem erwecklichen Eingang V. 1. eine durchaus abwechselnde Vorstellung von Sünden-Schuld und Sünden-Strafe gemacht wird, so dass man dabei immer eine genaue Beziehung beobachten kann, welche Schuld und Strafe auf einander haben.

I. Also, der erweckliche Eingang:

1. Hört, ihr Kinder Israel, des HErrn Wort; denn der HErr hat Ursache zu schelten, die im Lande wohnen.

Strafpredigten hat man also als ein wohlbefugtes Rechten GOttes mit uns anzunehmen; als ein Vorfordern vom König, der mit seinen Knechten rechnen wollte.

II. Der Hauptbeweis von ihrem schrecklichen Verfall.

Denn es ist keine Treue, keine Liebe, kein Wort GOttes im Lande;

2. Sondern Gotteslästern, Lügen, Morden, Stehlen und Ehebrechen hat überhand genommen, und kommt eine Blutschuld nach der andern.

Aus Versäumnis des Guten kommt das einreißende Böse. Wenn die Wahrheit dahin - und nicht einmal ein Ernst und Bedacht da ist auf das, was zu unserm eigenen Frieden dient, da ists gleich auch um die Liebe des Nächsten geschehen, und Erkenntnis GOttes wird auch erstickt. Wo durch Halten über dem Guten kein Widerstand mehr gegen das Böse geschieht, da ist der Verfall bald groß.

III. Auf dies allgemeine Verderben folgen auch allgemeine Plagen.

3. Darum wird das Land jämmerlich stehen, und allen Einwohnern übel gehen; denn es werden auch die Tiere auf dem Felde, und die Vögel unter dem Himmel, und die Fische im Meer weggerafft werden.

Jene Welt wird mehr die persönlichen Belohnungen und Bestrafungen nach eines Jeden seinem Werk aufschließen; in dieser Welt hat bei zeitlicher Wohlfahrt oder Schadenleiden, die Gemeinschaft mit Andern Vieles auf sich; um so mehr sollte man einander auch in Fürbitte und Sorgfalt behalten, weil man seiner Mitbürger so zu genießen oder so zu entgelten haben kann.

III. Neue Verschuldung durch Unlittigkeit, sich bestrafen zu lassen.

4. Doch man darf nicht schelten, noch Jemand strafen; denn dein Volk ist wie die, so die Priester schelten.

Da ists weit gekommen, wenn man auch von denen nichts mehr annimmt, denen man sonst noch am ehesten ein Wort der Ermahnung zu gut gehalten; dass man sich in allen Ständen so über das Lehramt und dessen Vorstellungen hinaussetzt, ist ein missliches Zeichen unsrer Zeit.

IV. Gemäße Strafe dafür, dass GOtt so mit ihnen umgehen wird, wie sie mit Seinem Wort.

5. Darum sollst du bei Tage fallen, und der Prophet des Nachts neben dir fallen; also will ich deine Mutter hinrichten.

6. Mein Volk ist dahin, darum, dass es nicht lernen will. Denn du verwirfst GOttes Wort, darum will ich dich auch verwerfen, dass du nicht mein Priester sein sollst. Du vergisst des Gesetzes deines GOttes, darum will ich auch deiner Kinder vergessen.

V. Häufung der Schuld durch die Menge derer, die sündigen.

7. Je mehr ihrer wird, je mehr sie wider mich sündigen;

VI. Um welcher Menge willen ihrer GOtt doch nicht schonen wird.

Darum will ich ihre Ehre zu Schanden machen.

In der Menge sucht man sonst Ehre, und meint einer Stadt, einem Volk damit aufzuhelfen; aber GOttes Gericht tritt in den Weg, und macht diese gesuchte Ehre zu Schanden.

VII. Der besondere leidige Einfluss, den das Verderben im Lehrstand in das übrige Volk hat.

8. Sie fressen die Sündopfer meines Volks, und sind begierig nach ihren Sünden.

Wie das ehemalen bei irdisch gesinnten Priestern war, so findet sich nun etwas bei manchen Vorstehern in beiden oberen Ständen, wo man entweder um des Taxes willen allerlei sündliche Dinge erlaubt, und damit begierig ist nach des Volks Sünde, oder sonst zu allerlei Bösem Gelegenheit macht, und hintennach aus den Strafen oder Untersuchungen darüber seinen Gewinn sucht.

VIII. Gerechte Strafe dafür.

9. Darum soll es dem Volk gleichwie dem Priester gehen; denn ich will ihr Tun heimsuchen und ihnen vergelten, wie sie verdienen,

10. Dass sie werden essen, und nicht satt werden, Hurerei treiben, und soll ihnen nicht gelingen; darum dass sie den HErrn verlassen haben, und ihn nicht achten.

11. Hurerei, Wein und Most machen toll.

Darum sind die vormaligen Weichlinge zur Zeit der Heimsuchung am übelsten daran, weil alles Herz, Verstand, Mut, sich in etwas zu schicken, weg ist.

IX. Weitere Klagen GOttes über des Volkes Abgötterei.

12. Mein Volk fragt sein Holz, und sein Stab. soll ihm predigen; denn der Hurereigeist verführt sie, dass sie wider ihren GOtt Hurerei treiben.

13. Oben auf den Bergen opfern sie, und auf den Hügeln räuchern sie, unter den Eichen, Linden und Büchen, denn die haben feine Schatten.

X. Schreckliche Strafe darüber.

Darum werden eure Töchter auch zu Huren, und eure Bräute zu Ehebrecherinnen werden.

14. Und ich will es auch nicht wehren, wenn eure Töchter und Bräute geschändet und zu Huren werden: weil ihr einen andern Gottesdienst anrichtet mit den Huren, und opfert mit den Bübinnen. Denn das törichte Volk will geschlagen sein.

Zu allen Zeiten hat der Teufel, wann er etwas Verderbliches unter den Menschen hat aufbringen wollen, so eine Lockspeise für das Fleisch dazu hingestellt, wie Bileam lehrte, ein Ärgernis anrichten, wie die Werke der Nikolaiten waren, wie jetzt Vieles in der heutigen Zeit ist. Und wer seine Kinder durch solcherlei Eitelkeit vom HErrn abführt, dem lässt GOtt oft auch die Freude nicht, dass sie vor der Welt wohl ankommen und ihr Glück machen, sondern wehrt es nicht, wann sie sich in äußerste Schande und Verderben stürzen. Durch sein Gesetz hat GOtt allen solchen Gräueln genug gewehrt, aber wenn Regenten und Obrigkeiten aufkommen, die nicht darüber halten, die mit ihrem Exempel alles Gesetz zerreißen, so wird dies schreckliche Wort: Ich wills nicht wehren, noch erfüllt.

XI. Besonders schwere Verschuldung, dass man durch sein Böses auch Andern zum Ärgernis und Versuchung wird.

15. Willst du, Israel, ja huren, dass sich doch nur Juda nicht auch verschulde. Gehet nicht hin gen Gilgal, und kommet nicht hinauf gen Beth Aven, und schwört nicht: So wahr der HErr lebt.

16. Denn Israel läuft wie eine tolle Kuh; so wird sie auch der HErr weiden lassen wie ein Lamm in der Irre.

XII. Beim beharrlichen Bleiben in seinen Sünden übergibt einen GOtt zuletzt in des bösen Herzens Dünkel.

17. Denn Ephraim hat sich zu den Götzen gesellet; so lass ihn hinfahren.

18. Sie haben sich in die Schwelgeren und Hurerei gegeben; ihre Herren haben Lust dazu, dass sie Schande anrichten.

19. Der Wind mit seinen Flügeln wird sie gebunden treiben, und müssen über ihrem Opfer zu Schanden werden.

Auch dieses Alles wiederfuhr Jenen zum Vorbild; es ist aber geschrieben uns zur Warnung, auf welche das Ende der Welt kommen ist.

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autoren/r/rieger_k/12_kleine_propheten/hosea/rieger_-_hosea_4.txt · Zuletzt geändert: von aj
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