Rieger, Carl Heinrich - Über die zwölf kleinen Propheten - Hosea - Das zweite Kapitel

Rieger, Carl Heinrich - Über die zwölf kleinen Propheten - Hosea - Das zweite Kapitel

I. köstliche Öffnung ins Vaterherz GOttes macht, der auch im Zorn der Barmherzigkeit gedenkt, und beweist, dass Sein Zorn eigentlich Eifer ist, der das Leidige, so zwischen die anfängliche Liebe gekommen ist, empfindet, und mit Ernst wegräumt, aber immer den Bedacht hat, der ersten Liebesgemeinschaft wieder aufzuhelfen.

10.1) Es wird aber die Zahl der Kinder Israel sein, wie der Sand am Meer, den man weder messen noch zählen kann. Und soll geschehen an dem Ort, da man zu ihnen gesagt hat: Ihr send nicht mein Volk, wird man zu ihnen sagen: O ihr Kinder des lebendigen GOttes.

11. Denn es werden die Kinder Juda und die Kinder Israel zuhaufe kommen, und werden sich mit einander an Ein Haupt halten und aus dem Lande herauf ziehen: denn der Tag Jesreels wird ein großer Tag sein.

1. Sagt euren Brüdern, sie sind mein Volk; und zu eurer Schwester, sie sei in Gnaden.

Über der Vermehrung der Kinder Israel hat von jeher eine besondere göttliche Vorsehung gewaltet, und dass sie nach so gewaltigen Gerichten wieder zu solch starker Anzahl gekommen sind, als sich heutigen Tags findet, ist nichts Geringes, und von GOtt zu weiterem Großen aufgespart. Und in solcher Menge, und noch dazu an dem Ort, in dem Land ihres vormaligen Aufenthalts soll diese selige Veränderung mit ihnen vorgehen. Ach wem wird wohl dies Evangelium an die aufs Neue begnadigten Juden anvertraut werden, wer wird diese holdselige Stimme führen dürfen: O ihr Kinder des lebendigen GOttes. Vermutlich aus ihnen selber wird sich GOtt solche Werkzeuge erwecken, die bald im Glauben so erstarken, dass sie zu Anderer Gewinnung und Stärkung ihrer Brüder viel werden beitragen können, durch den Zuspruch: sie seien mein Volk, sie seien in Gnaden. Denn das werden nicht gerade Predigten, wie von der Kanzel herunter sein, sondern Zusprüche und Handreichung unter einander, im täglichen Umgang, Reden, dass es Gnade gibt dem, der es hört. Ephes. 4, 29.

II. Nun gibt der Geist GOttes noch eine umständlichere Erklärung darüber, was GOtt durch die Heirat des Propheten mit dem Hurenweib habe vorbilden wollen, nämlich, wie durch gerechten Zorn und Strafen müsse Platz gemacht werden, die Gnade von Neuem fruchtbar anzubringen bei diesem abtrünnigen Volk, V. 2 - 13. und wie reichlich und herrlich sich diese Gnade an ihnen beweisen werde, V. 14 bis 23. Zu solchem Ende geht

a) anfänglich die Rede scharf in Vorstellung ihrer Schuld und Strafe,

V. 2. 3. 4. 5.

2. Sprecht das Urteil über eure Mutter, sie sei nicht mein Weib, und Ich will sie nicht haben. Heißt sie ihre Hurerei von ihrem Angesicht wegtun, und ihre Ehebrecherei von ihren Brüsten,

3. Auf dass ich sie nicht nackend ausziehe und darstelle, wie sie war, da sie geboren ward; und ich sie nicht mache, wie eine Wüste und wie ein dürres Land, dass ich sie nicht Dursts sterben lasse;

4. Und mich ihrer Kinder nicht erbarme, denn sie sind Hurenkinder,

5. Und ihre Mutter ist eine Hure, und die sie getragen hat, hält sich schändlich, und spricht: Ich will meinen Buhlen nachlaufen, die mir geben Brot, Wasser, Wolle, Flachs, Öl und Trinken.

b) Wird schon auf eine etwas gelindere Weise angedeutet, was für eine Absicht auf ihre Besserung GOtt unter Seinen Strafen habe, V. 6 - 13.

6. Darum siehe, ich will deinen Weg mit Dornen vermachen, und eine Wand davor ziehen, dass sie ihren Steig nicht finden soll;

7. Und wenn sie ihren Buhlen nachläuft, dass sie die nicht ergreifen, und wenn sie die sucht, nicht finden könne, und sagen müsse: Ich will wiederum zu meinem vorigen Manne gehen, da mir besser war, denn mir jetzt ist.

8. Denn sie will nicht wissen, dass Ich es sei, der ihr gibt Korn, Most und Öl, und ihr viel Silber und Gold gegeben habe, das sie haben Baal zu Ehren gebraucht.

9. Darum will ich mein Korn und Most wieder nehmen zu seiner Zeit, und meine Wolle und Flachs entwenden, damit sie ihre Scham bedeckt.

10. Nun will ich ihre Schande aufdecken vor den Augen ihrer Buhlen; und Niemand soll sie von meiner Hand erretten.

11. Und ich will es ein Ende machen mit allen ihren Freuden, Festen, Neumonden, Sabbaten und allen ihren Feiertagen.

12. Ich will ihre Weinstöcke und Feigenbäume wüste machen, weil sie sagt: Das ist mein Lohn, den mir meine Buhlen geben. Ich will einen Wald daraus machen, dass es die wilden Tiere fressen sollen.

13. Also will ich heimsuchen über sie die Tage Baalim, denen sie Räuchopfer tut, und schmückt sich mit Stirnspangen und Halsbändern, und läuft ihren Buhlen nach, und vergisst meiner, spricht der HErr.

c) Wie es GOtt anfänglich angreifen wolle, dass Er es von diesen Seinen Gerichten wieder ins Geleis der Gnade einlenke.

14. Darum siehe, Ich will sie locken und will sie in eine Wüste führen, und freundlich mit ihr reden.

15. Da will Ich ihr geben ihre Weinberge aus demselben Ort, und das Tal Achor, die Hoffnung aufzutun. Und das selbst wird sie singen, wie zur Zeit ihrer Jugend, da sie aus Ägyptenland zog.

16. Alsdann, spricht der HErr, wirst du mich heißen mein Mann; und mich nicht mehr mein Baal heißen.

17. Denn ich will die Namen der Baalim von ihrem Munde wegtun, dass man derselbigen Namen nicht mehr gedenken soll.

d) Und wie weiterhin die Gnade vollen Raum gewinnen werde, sich in allen leiblichen und geistlichen Erweisungen an diesem aufs Neue begnadigten Volk zu verherrlichen.

18. Und ich will zu derselben Zeit ihnen einen Bund machen mit den Tieren auf dem Felde, mit den Vögeln unter dem Himmel, und mit dem Gewürme auf Erden; und will Bogen, Schwert und Krieg vom Lande zerbrechen, und will sie sicher wohnen lassen.

19. Ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit; ich will mich mit dir vertrauen in Gerechtigkeit und Gericht, in Gnade und Barmherzigkeit;

20. Ja im Glauben will ich mich mit dir verloben; und du wirst den HErrn erkennen.

21. Zu derselbigen Zeit, spricht der HErr, will ich erhören: ich will den Himmel erhören; und der Himmel soll die Erde erhören;

22. Und die Erde soll Korn, Most und Öl erhören; und dieselbigen sollen Jesreel erhören.

23. Und ich will mir sie auf Erden zum Samen behalten, und mich erbarmen über die, so in Ungnaden war; und sagen zu dem, das nicht mein Volk war: Du bist mein Volk; und es wird sagen: Du bist mein GOtt.

O was tut GOtt, dass Er den Menschen von seinem Vornehmen wende, und seine Seele vor dem Verderben verschone. Was liegt oft für eine entgegenwandelnde Gnade darunter, wann Er einem einen Weg abgräbt, ein böses Vorhaben nicht gelingen lässt. Wie soll unter der erfahrenen Bitterkeit der Sünde dem Nachdenken aufgeholfen werden, wie man es ins Vaters Haus und beim Gehorsam der Wahrheit so gut haben könnte, und in seiner ehemaligen Unschuld wirklich besser gehabt habe. Wie macht es GOtt auch mit Seinen Strafen so, dass wir nicht tiefer in Feindschaft wider Ihn, und in den Hass seiner Gerichte sollen hineingejagt werden, sondern bringt daneben ein sanftes freundliches Locken an uns, das uns wieder ein Vertrauen, eine Lust zur Rückkehr abgewinnen möchte. Und wann das Eingang findet, wann das eine bußfertige demütige Antwort veranlasst, wie geneigt ist der treue GOtt, allen Seinen Bund wieder über uns gelten, und es an keinem Guten fehlen zu lassen von Allem, was Er geredet hat. Wer bedenkt, was die Menschen oft um Brots willen tun, wie sie eingetrieben und gefangen gehalten werden von denen, denen sie um ihres Nutzens und Fortkommens willen in die Hände sehen müssen, der wird auch merken, warum bei der Verheißung des Reichs GOttes auch so viel aufs Leibliche, auf leichtere Nahrung u. dgl. gesehen wird, und was das auch in die Gerechtigkeit GOttes und zu deren ungehindertem Schwung für merklichen Einfluss haben wird. - Alles, was für einen Menschen in diesem Leben recht gut ist, fasst sich darin zusammen, dass er, nicht aus Gewohnheit, sondern wohl befugt und bedächtig sagen kann: Mein GOtt; dies ist ein Wort des Glaubens, womit man seine ganze Zuversicht auf den allmächtigen, wahrhaftigen, barmherzigen GOtt seht; dies ist ein Wort der Hoffnung, da man sich zu GOtt, der ein Fels der Ewigkeiten ist, alles Guten auf das Künftige unaufhörlich versieht; dies ist ein Wort der Liebe und Vereinigung, da man sich mit der Leutseligkeit GOttes vergnügt, und sich Ihm zu eigen gibt.

1)
Die Nummerierung der Verse weicht ab von der heute üblichen.
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autoren/r/rieger_k/12_kleine_propheten/hosea/rieger_-_hosea_2.txt · Zuletzt geändert: von aj
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