Rieger, Carl Heinrich - Habakuk - Das vierte Kapitel.
Darin wird die Weissagung Habakuks vollends mit einem abermaligen ernstlichen Gebet beschlossen. Selbiges hat
I. einen Eingang.
1. Dies ist das Gebet des Propheten Habakuk für die Unschuldigen: 2. HErr, ich habe dein Gerücht gehört, dass ich mich entsetze. HErr, du machst dein Werk lebendig mitten in den Jahren, und lässt es kund werden mitten in den Jahren. Wenn Trübsal da ist, so denkest du der Barmherzigkeit.
So kann Betrachten und Beten auch noch jetzt bei der Behandlung des prophetischen Worts abwechseln. Was dabei in seines Herzens Grund war, das legt der Prophet gleich Anfangs dar, nämlich eine vor GOtt gefasste heilige Furcht aus dem Vorigen, und ein aufs Zukünftige gewonnenes gutes Vertrauen. GOttes Werk in Christo JEsu, und die Kundschaft davon in alle Welt durch das Evangelium, fielen in die Mitte des Weltalters, wie es sich für dies Licht der Welt geziemte. Es mag zu einer Zeit so verwirrt aussehen auf dem Erdboden, es mögen Gerichte auf einem Volk liegen, was für wollen, so behält nun um dieser Gnade willen, die durch JEsum Christum worden ist, doch die Barmherzigkeit den Ruhm weit über das Gericht.
II. Nun legt der Prophet ausführlich dar, was er für ein Gerücht vom HErrn gehört, oder was er aus den vorigen Taten GOttes, aus den Beweisungen an Seinem Volk und aus den Gerichten über die Feinde für einen Eindruck bekommen und behalten.
3. GOtt kam von Mittag, und der Heilige vom Gebirge Paran, Sela. Seines Lobes war der Himmel voll, und seiner Ehre war die Erde voll. 4. Sein Glanz war wie Licht; Glänze gingen von seinen Händen; daselbst war heimlich seine Macht. 5. Vor ihm her ging Pestilenz; und Plage ging aus, wo er hin trat. 6. Er stand und maß das Land, er schaute und trennte die Heiden, dass der Welt Berge zerschmettert wurden, und sich bücken mussten die Hügel in der Welt, da er ging in die Welt. 7. Ich sah der Mohren Hütten in Mühe, und der Midianiter Gezelte betrübt. 8. Warst du nicht zornig, HErr, in der Flut, und dein Grimm in den Wassern, und dein Zorn im Meer; da du auf deinen Rossen rittest, und deine Wagen den Sieg behielten? 9. Du zogst den Bogen hervor, wie du geschworen hattest den Stämmen, Sela; und teiltest die Ströme ins Land. 10. Die Berge sahen dich, und ihnen ward bange, der Wasserstrom fuhr dahin, die Tiefe ließ sich hören, die Höhe hob die Hände auf. 11. Sonne und Mond standen still. Deine Pfeile fuhren mit Glänzen dahin, und deine Speere mit Blicken des Blitzes. 12. Du zertratest das Land im Zorn, und zerdroschest die Heiden im Grimm. 13. Du zogst aus, deinem Volk zu helfen, zu helfen deinem Gesalbten: du zerschmissest das Haupt im Hause des Gottlosen, und entblößtest die Grundfeste bis an den Hals, Sela. 14. Du wolltest fluchen dem Zepter des Haupts samt seinen Flecken, die wie ein Wetter kommen, mich zu zerstreuen, und freuen sich, als fräßen sie den Elenden verborgen. 15. Deine Pferde gehen im Meer, im Schlamm großer Wasser.
Hier geht der Prophet in seinem Angedenken zurück, wie GOtt von der Welt her gerichtet habe, und wie alle vorige Erweisungen unter Israel, z. E. bei der Gebung des Gesetzes, bei den Wundern am roten Meer und am Jordan, bei der Einnahme des verheißenen Landes, bei mehrmaliger Erlösung des Volks zu den Zeiten der Richter, bei Bestätigung des Königreichs unter David usw., mit so vielen großen und fürchterlichen Umständen verbunden gewesen seien, und zeigt, wie alle diese vorigen Taten und Gerichte GOttes einen Grund der Hoffnung auf das Zukünftige abgeben; weil alle Wege und Werke GOttes, bei ihrer großen Verschiedenheit, doch eine zusammenhängende-Beziehung haben, und immer in dem zusammenlaufen, dass GOtt in der Trübsal doch der Barmherzigkeit gedenke, und aus den fürchterlichsten Bewegungen noch etwas Gnadenvolles herauskomme.
III. Im Schluss stellt sich der Prophet in seinem durch Schrecken in allweg sehr angegriffenen, auf das Zukünftige aber gleichwohl getrösteten Herzens-Zustand hin.
16. Weil ich solches höre, ist mein Bauch betrübt, meine Lippen zittern von dem Geschrei; Eiter geht in meine Gebeine, ich bin bei mir betrübt. O dass ich ruhen möchte zur Zeit der Trübsal, da wir hinauf ziehen zum Volk, das uns bestreitet. 17. Denn der Feigenbaum wird nicht grünen, und wird kein Gewächs sein an den Weinstöcken; die Arbeit am Ölbaum fehlt, und die Äcker bringen. keine Nahrung ;- und Schafe werden aus den Hürden gerissen, und werden keine Rinder in den Ställen sein. 18. Aber Ich will mich freuen des HErrn, und fröhlich sein in GOtt, meinem Heil. 19. Denn der HErr HErr ist meine Kraft, und wird meine Füße machen wie Hirschfüße; und mich in der Höhe führen, dass ich singe auf meinem Saitenspiel.
Wenn man auch einen noch so schönen Anblick des Reichs GOttes hinter den Gerichten erblickt; so graut einem eben doch, dass dem Guten erst durch solche vorhergehende Gerichte soll Raum gemacht werden, und es fällt einem auch ein, was uns und den Unsrigen selber dabei noch werde abgestreift werden. Doch gewinnt auch der Sinn Lust:
Lass mir nur, wenn Alles fort,
Dich und JEsum und Dein Wort.
So bleibt auch bei der jetzigen Hoffnung besserer Zeiten der Sinn mäßig und gebeugt, und man ist vor allem Ärgernis an den Wegen GOttes verwahrt.