Zuletzt angesehen: 12. Du hast recht geantwortet.

12. Du hast recht geantwortet.

Fragen ist ein Kinderspiel, aber Antworten ist eine Kunst, sonderlich das Antworten der Kinder Gottes auf Fragen der Kinder dieser Welt. Der Meister in dieser Kunst ist unser Heiland; zu ihm muß man in die Schule gehen, wenn man das feine und rechte Antworten lernen will. Man lese nur einmal die vier Evangelien allein zu dem Zwecke durch, sich an dem Bilde des antwortenden Heilandes zu erbauen, und man wird erstaunen, wie großartig, weise und treffend der Herr immer antwortet, sowohl wenn er auf eine Frage deutlichen Bescheid giebt, als auch wenn er auf eine Frage eine Gegenfrage thut, oder auch wenn er auf eine Frage kein Wort sagt, sondern schweigt.

Doch nicht blos eine Kunst ist das christliche Antworten, sondern auch eine Gunst, mit der der Herr die Seinen begnadigt. „Der heilige Geist wird euch zu derselben Stunde lehren, was ihr sagen sollt.“

Von dieser Kunst und Gunst war jener Christ erfüllt, dem einst ein Weltkind arg zusetzte im Disputiren über unsern allerheiligsten Glauben. „Wie kann man doch nur glauben“, rief das Weltkind mit gesteigerter Heftigkeit aus, „daß man durch das Blut des Gekreuzigten Vergebung der Sündern erlangen kann? Ist das nicht eine Thorheit?!“ - “Gewiß“, antwortete der Gefragte “das steht sogar wörtlich in der Bibel, das lehrt Paulus auch!“ „Sie belieben zu scherzen“, sagte der Ungläubige, „Paulus und ich, wir stimmen doch sicherlich nicht überein.“ „Doch“, sagte der Gläubige, „ich rede im tiefen Ernst, nehmen Sie nur diese Bibel, sehen Sie hier die Stelle 1 Corinther 1,18, bitte, lesen Sie die Worte nur!“ Ungläubig nahm der Ungläubige das heilige Buch in die Hand und las: “Das Wort vom Kreuz ist eine Thorheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden ist es eine Gotteskraft.“ Der Mann brach das Gespräch ab, er war erschütterter, als er sich’s merken lassen wollte. Er hat hinterher sehr eifrig in der Bibel gelesen, erst heimlich, dann ohne Schaam; und bald ist ihm das Wort vom Kreuz keine Thorheit mehr gewesen. Der weise Salomo sagt: Eine richtige Antwort ist wie ein lieblicher Kuß. Für den Mann, von dem wir erzählen, ist die feine Antwort des Bekenners Christi ein Kuß des ewigen Friedens gewesen.

Von der Kunst und Gunst, das rechte Wort auf unrechte Fragen bereit zu haben, war auch jener treue Zeuge des Herrn erfüllt, der in einem Eisenbahnwaggon mitten unter eine lustige Gesellschaft von Weltleuten gerieth, die für den Gott in der Natur schwärmten und demselben zu Liebe nichts von dem Gotte der Offenbarung wissen wollten. „Wir brauchen keine Kirchen und keine Priester“, so sprachen sie keck, „wir feiern unsern Sonntag draußen in Gottes sonniger, wonniger Natur. Meinen Sie nicht auch“, so wandten sie sich fragend an den frommen Herrn in ihrer Mitte, „daß es die bessere Sonntagsfeier ist, wenn man Sonntags den lieben Gott draußen in der Natur ins einem Sonnenschein anbetet?“ Der Gefragte sah die junge Gesellschaft freundlich an und sagte: “Ja!? Wenn es nun aber regnet!?“ Da ward Alles still, die kurze Gegenfrage goß den Platzregen einer großen Verlegenheit auf die Naturschwärmer, sie fragten nichts mehr und sagten nichts mehr; vielleicht hat dieser und jener über das Wort des alten Herrn des Weiteren nachgedacht.

Auch jener abgearbeitete Diener des Herrn verstand die Kunst und hatte die Gunst, der seine weiten Amtsreisen nicht mehr zu Fuße zu machen im Stande war, sondern sich dazu eines ihm geschenkten, schönen Reitpferdes bediente. Als er einmal in einem Marktflecken seines Bezirkes einritt, stand unter vielem Volk, das ihn verehrte, auch ein Spötter, der rief laut: Paßt auch solch stolzes, wohlgenährtes Roß für einen Priester Christi? Der, den es anging, sagte kein Wort, sondern wies dem Volk stillschweigend seinen abgemagerten Hals und seine fleischlosen Hände. Das Volk drängte sich gerührt um ihn, der eine half ihm von Pferde, die Andern geleiteten ihn zur Kirche, wo der Gottesdienst angehen sollte; von dem Spötter aber war nichts mehr zu sehn, er war beschämt von dannen geschlichen. Nicht auf jede Frage gehört eine Antwort; aber keine Antwort kann auch eine Antwort sein.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/q/quandt/tropfen/12.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain