Quandt, Carl Wilhelm Emil - Prediger Salomo - Neuntes Kapitel

Quandt, Carl Wilhelm Emil - Prediger Salomo - Neuntes Kapitel

Ein neues Lied von der Eitelkeit der Dinge und zugleich ein neues Lied von der wahren Weisheit zur Gottseligkeit, die allein die Wunden heilt, die der Schmerz über die Eitelkeit dem nachdenklichen Gemüthe schlägt. Der Prediger tritt zurück auf den Standpunkt der einseitigen, vernünftigen Welt- und Zeitbetrachtung, auf dem die meisten seiner Zeitgenossen standen. Er zeigt, wie das Leben, von diesem Standpunkte aus betrachtet, eitel und elend ist. Statt nun aber daraus den Schluß zu ziehen, der in der thörichten Welt gang und gäbe ist, daß es am besten sei, die Frömmigkeit fahren zu lassen und zu leben, als ob keinen Gott und keine Ewigkeit gebe, zieht er in kühner und geistvoller Weise den Schluß, daß es am gescheidtesten ist, wenn ein Jeglicher in seinem kleinen, von Gott ihm zugewiesenen Kreise, fröhlich und gottergeben schafft und wirkt. Eignet sich Israel, das jetzt unter Druck und Elend sich härmt, diese wahrhaft israelitische Lebensanschauung an, so geht es einer lichten und glorreichen Zukunft entgegen. In trüben und dunklen Zeiten kann man nichts Besseres thun, als die Lichtfünklein, die auch da noch zu finden sind, hervorsuchen und sich ihrer freuen und in diesem Lichte die Hände fromm falten und fleißig rühren.

V. 1. Denn ich habe solches Alles zu Herzen genommen, zu forschen das Alles, daß Gerechte und Weise sind und ihre Unterthanen in Gottes Hand. Doch kennet kein Mensch weder die Liebe, noch den irgend eines, den er vor sich hat.

Die berichtigte Uebersetzung dieses Verses lautet: Fürwahr das Alles habe ich zu Herzen genommen, damit ich es Alles klärlich verstehen möchte, daß die Gerechten und die Weisen und ihre Werke in der Hand Gottes sind; aber Liebe oder Haß weiß der Mensch nicht aus alledem, was vor seinem Angesichte ist. Der Prediger hat Alles, was ihm anzusehn möglich war, angesehen und in seinem Herzen mit Ernst erwogen, um zu erforschen, ob die Vernunft es aus den irdischen Verhältnissen und Begegnissen mit schlagenden Gründen beweisen könne, daß der fromme Weise mit Allem, was er ist und hat, in Gottes schützender und segnender Hand stehe; er hat erkennen müssen, daß der Vernunft ein solcher Beweis unmöglich ist. Die Vernunft nämlich stehet nur, was vor Augen ist; und aus dem, was vor Augen ist, läßt sich nicht erkennen, wer von Gott geliebt, wer von ihm gehaßt wird. Es wäre eine Tollheit und Thorheit, aus dem äußerlichen Ergehen auf Erden auf die Stellung der Einzelnen bei Gott zu schließen und etwa zu sagen: Weil der reiche Mann reich ist, so ist er ein Kind Gottes; weil Lazarus arm ist und voller Schwären, so ist er ein Kind des Zornes. Daß das, was der Vernunft äußerlich zu beweisen unmöglich ist, dem Glauben längst innerlich bewiesen ist, hatte der Prediger erst kurz zuvor gesagt: Ich weiß doch, daß es wohl gehen wird denen, die Gott fürchten 8, 12. Hier und in den folgenden Versen redet er nicht aus dem Glauben, sondern aus der Vernunft, die nur merket, was vor Augen ist, um zu zeigen -: daß die verständige rein natürliche Betrachtung der eitlen Dinge schließlich auch zu dem Resultate führen muß, daß das Räthlichste ist für den Menschen, so lange er lebt, die Gegenwart auszukaufen und fromm sich dessen zu erfreuen, was Gott bescheert. So gottgemäß nun auch dieses Resultat ist, wie es V. 7-10 beschrieben wird, so wenig können doch die vorangehenden Auslassungen der Vernunft dem gläubigen Gemüthe genügen. Es ist von vorn herein für das rechte Verständniß festzuhalten, daß von V. 2 - 6 hin nicht Glaubenssätze gesagt werden, auch nicht im Mindesten gesagt werden sollen, sondern Aussprüche, wie sie aus der einseitigen Betrachtung der unerleuchteten Vernunft hervorgehn.

V. 2. Es begegnet Einem, wie dem Andern, dem Gerechten, wie dem Gottlosen, dem Guten und Reinen, wie dem Unreinen, dem, der opfert, wie dem, der nicht opfert. Wie es dem Guten geht, so gehet es auch dem Sünder. Wie es dem Meineidigen geht, so gehet es auch dem, der den Eid furchtet.

Die Vernunft fragt bei Allem: Was bringt es ein? und siehe, Gerechtigkeit und Tugend scheint ihr auf Erden nichts einzubringen; denn ob Einer gottlos oder gottselig lebe, es errettet ihn das nicht weder vom Leiden, noch vom Sterben und in die Grube fahren. Dies „Es gehet Einem wie dem Andern“ war eine Sache, die den alttestamentlichen Frommen sehr viel zu schaffen machte. Der scheinbare Widerspruch zwischen Gottes Wort und Gottes Weltregierung beschäftigte die Gedanken der Frommen oft, sie lösten ihn nicht mit der Vernunft, sondern mit dem Glauben, in welchem sie sprachen: Nur Gottes sein, dann ist das Leben, auch trotz aller Wirren des Augenscheins, ewig gesichert. Hier aber wird nicht aus dem Glauben, sondern nur aus der Vernunft geredet.

V. 3. Das ist ein böses Ding unter Allem, das unter der Sonne geschiehet, daß es Einem gehet, wie dem Andern; daher auch das Herz der Menschen voll Arges wird und Thorheit ist in ihrem Herzen, dieweil sie leben; darnach müssen sie sterben.

Eine traurige Thatsache der alltäglichen Erfahrung. Das: „Es gehet Einem, wie dem Andern“ verleitet Tausende, es zu machen Einer wie der Andre, mit einem thörichten und tollen Herzen das Leben zu versäumen und zu verträumen. „Lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir todt,“ das ist zu allen Zeiten die Parole des großen Haufens gewesen.

V. 4. Denn bei allen Lebendigen ist, das man wünschet, nämlich Hoffnung; denn ein lebendiger Hund ist besser, weder ein todter Löwe.

Das erste Glied dieses Satzes heißt: Denn wer ist ausgenommen? Bei allen Lebendigen ist Hoffnung. Wenn Hoffnung nicht wär', so lebt' ich nicht mehr, sagt ein deutsches Sprüchwort; Hoffnung ist eine tröstliche Mitgift für den Menschen noch im Paradiese her. Es ist hier gar nicht die Rede von der aus der Gnade stammenden, gewissen Hoffnung auf den lebendigen Gott, sondern von dem allgemeinen, natürlichen Hoffen aller Menschen, da der Mensch das hofft, was er wünscht. So lange der Mensch noch lebt, kann er auch noch hoffen; mit dem Tode aber - so schließt die Vernunft aus dem Augenschein, ist alles Hoffen zu Ende. Das Gleichniß im zweiten Gliede des Verses soll die Eitelkeit des dem Tode verfallenen menschlichen Wesens vom Standpunkte der Vernunft aus in's Licht stellen: Der Hund steht als Bild des Geringen, Werthlosen; der geringste Genuß des Lebens ist mehr werth, als die durch den Tod vereitelte Herrlichkeit.

V. 5. 6. Denn die Lebendigen wissen, daß sie sterben werden; die Todten aber wissen nichts, sie verdienen auch nichts mehr, denn ihr Gedächtniß ist vergessen, daß man sie nicht mehr liebet, noch hasset, noch neidet und haben kein Theil mehr auf der Welt in Allem, das unter der Sonne geschiehet.

So sieht die vom Geiste Gottes verlassene Vernunft, so sieht die thörichte, tolle Welt das Leben und das Sterben an. So unselig auch ein Leben ist, man weiß doch, daß man lebt, freilich auch, daß man sterben muß; aber wer schon gestorben ist, weiß gar nichts mehr, weder daß er gelebt hat, noch daß er todt ist, und verdient auch nichts mehr, eigentlich: er hat auch keinen Lohn weder für Gutes, noch Böses, das er auf Erden gethan, und ist ausgeschlossen vom Gedächtniß und der Theilnahme der Lebendigen. Diese trostlose Anschauung vom Jenseits ist eine echt heidnische; auch den alten Griechen war ein Tagelöhnerleben auf Erden etwas Wünschenswertheres, als das Leben eines Helden in der Todtenwelt. Auch das moderne Heidenthum mitten in der Christenheit hat die alte heidnische Lehre wieder aufgewärmt, daß mit dem Tode Alles aus fei, und seine Jünger geben für eine Stunde zeitlicher Lust die ganze Ewigkeit mit ihren Seligkeiten dran. Ein Allvater hat doch einmal den allgemeinen Sinn dieser zwei Verse sehr trefflich zu weiser Lehre benützt. Ein Jüngling fragte ihn, was das doch heiße, „der Welt gekreuzigt sein.“ Geh' hinaus, sagte der Alte, auf den Kirchhof, rufe den Todten und sprich: Kommt heraus, es ist liebliche Maienzeit, der Himmel ist blau, und die Vöglein singen! Der Jüngling ging hin, und als er zurückkam, fragte der Altvater: Was haben sie geantwortet? Nichts! entgegnete der Jüngling. Geh' wieder hin, gebot der Alte, rufe den Todten und sprich: Es steht ein Wetter am Himmel, macht euch auf und eilet, daß ihr unter Dach kommt, denn es wird bald losbrechen. Der Jüngling that, wie ihm geboten war, und brachte wieder die Botschaft zurück, die Todten hätten nichts geantwortet. Da sagte der Alte: So gehe wieder hin und lobe die Todten, und wenn sie nicht hören, so schilt sie! Ach, mein Vater, sagte der Jüngling, das wird auch vergeblich sein, sie werden mir auf Beides wieder nichts antworten. Da sagte der Alte: Siehe, mein Sohn, nach der Welt Lust und Traurigkeit, Locken und Drohen, Loben und Schelten gerade so wenig fragen, als die Todten, das heißt: „Der Welt gekreuzigt sein.“

V. 7. So gehe hin und iß dein Brot mit Freuden, trink deinen Wein mit gutem Muth; denn dein Werk gefällt Gott.

Es gehet Einem wie dem Andern - kurz ist das Leben - was jenseits des Grabes liegt, ist dunkel -, der Prediger hat dies Alles zugegeben, den Vernünftigen ein Vernünftiger werdend, um nun desto williger Gehör zu finden mit seiner Anempfehlung des frommen und genügsamen Genusses der Gaben Gottes. Ist Alles so eitel auf Erden, wie es einmal ist, und kann doch das Herz nicht loskommen von dem Gedanken eines Gottes von ewiger Güte und Gerechtigkeit, dann ist es doch in der That das Gescheidteste, sich das Leben nicht noch durch Sünden oder unfruchtbares Grübeln elender zu machen, als es schon ist, sondern vielmehr mit frommem Fleiß um sein täglich Brot zu wirken - ein Wirken, das in sich selbst das Zeugniß des Wohlgefallens Gottes hat - und mit dankbarer Freude sein täglich Brot zu genießen.

V. 8. Laß deine Kleider immer weiß sein und laß deinem Haupte Salbe nicht mangeln.

Weiß ist die Farbe des Lichtes, des Lebens, der Freude; in Weiß, als in einen Abglanz der himmlischen Herrlichkeiten, kleiden sich die Engel, wenn sie auf Erden erscheinen; weiß als ein Licht waren die Kleider des Menschensohnes auf dem Berge der Verklärung; weiß war bei der priesterlichen Kleidung wenigstens die Grundfarbe. Das weiße Kleid versinnbildet daher hier die freudige Herzensstimmung, den ungebrochnen Lebensmuth mitten in der Eitelkeit der Dinge. Das Salben des Hauptes war und ist im Morgenland eine tägliche, mit dem Waschen und Baden verbundene Sitte; es wurde nur unterlassen zum Zeichen der Trauer und Buße. Soll also dem Haupte die Salbe nicht mangeln, dann muß das Herz alle träge Erschlaffung, allen Murrsinn, alle trübe Niedergeschlagenheit aufgeben. Der Prediger predigt in diesen Versen in der Sprache seiner Zeit das: Weicht ihr Trauergeister! Diese Mahnung aber, war sie schon in den alttestamentlichen Zeiten der Vorbereitung berechtigt, so ist sie um so viel mehr an ihrer Stelle in den neutestamentlichen Zeiten der Erfüllung. Kopfhängern und Düstersehn ziemt denen am allerwenigsten, denen die große Freude der Erlösung durch Jesum Christum widerfahren ist. Die innerliche Kleidung eines Christenmenschen muß immerdar weiß sein, und seinem Herzen darf nie die Salbung mit dem Freudenöle fehlen. Warum sollt' ich mich denn grämen? Hab' ich doch Christum noch, wer will mir den nehmen? Wer will mir den Himmel rauben, den mir schon Gottes Sohn beigelegt im Glauben?

V. 9. brauche des Lebens mit deinem Weibe, das du lieb hast, so lange du das eitle Leben hast, das dir Gott unter der Sonne gegeben hat, so lange dein eitel Leben währet; denn das ist. dein Theil im Leben und in deiner Arbeit, die du thust unter der Sonne.

Das eheliche Leben voll wahrer Liebe, eine fröhliche, fromme Häuslichkeit ist ebenfalls eine Gottesgabe, die das arme eitle Leben ertragen hilft. Der ganze Jammer der Welt verliert ein gut Theil seines Schrecklichen für den, der zwischen seinen eignen vier Wänden ein glückliches Familienleben führt in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit. Das hat vor Allen Dr. Luther verstanden, der nicht nur ein Kirchenvater, sondern auch ein Hausvater war; er sagte: Es dünkt mich, daß das lieblichste Leben sei ein mittelmäßiger Hausstand, leben mit einem frommen, willigen, gehorsamen Weibe in Fried' und Einigkeit und sich mit Wenigem genügen lassen, zufrieden sein und Gott danken!

V. 10. Alles, was dir zu Händen kommt zu thun, das thue frisch; denn in der Hölle, da du hinfährest, ist weder Werk, Kunst, Vernunft noch Weisheit.

In dieser Mahnung gipfelt die Lebensweisheit, die der Verfasser in diesem Kapitel lehrt. Statt müßiger, trübseliger Niedergeschlagenheit ein frisches Fortwandeln auf dem Pfade der täglichen Pflichterfüllung! Die Zeit ist kurz, der Arbeit viel, der Meister drängt; Jeder hat nur seinen einzigen Lebenstag für sein Tagewerk, den er benutzen muß; ist dieser Tag zu Ende, so kann er nicht mehr wirken. Es kommt das mit dem Wort des Herrn Joh. 9 überein: „Ich muß wirken die Werke deß, der mich gesandt hat, so lange es Tag ist; es kommt die Nacht, da Niemand wirken kann“ Und mit dem Wort des Apostels Eph. 5, 16 (nach richtiger Uebersetzung): Kaufet die Zeit aus. Es sind solche Mahnungen auch für die Christen unsrer Tage sehr beherzigenswerth. Wenn gläubige Leute nichts zu thun haben - und das ist immer ihre eigene Schuld, denn Gott giebt in diesem Leben Jedem genug zu thun -, dann fallen sie auf allerlei unnütze Grübeleien und Selbstquälereien, mit denen sie sich und Anderen das Leben sauer machen. Es ist eine alte seelsorgerliche Erfahrung, daß sich bei demjenigen Gläubigen, die im Schweiße ihres Angesichts Tag aus Tag ein arbeiten, das Glaubensleben viel gesunder und normaler entwickelt, als bei denjenigen, die lässige Hände haben. Vom Werthe dieser Lebenszeit und von der Verpflichtung, sie zu benützen und auszukaufen, handeln denn auch nun noch die folgenden beiden Verse:

V. 11. 12. Ich wandte mich und sähe, wie es unter der Sonne zugehet, daß zum Laufen nicht hilft schnell sein, zum Streit hilft nicht stark sein, zur Nahrung hilft nicht geschickt sein, zum Reichthum hilft nicht klug sein; daß Einer angenehm sei, hilft nicht, daß er ein Ding wohl könne; sondern Alles liegt an der Zeit und Glück. Auch weiß der Mensch seine Zeit nicht; sondern wie die Fische gefangen werden mit einem schädlichen Hamen und wie die Vögel mit einem Strick gefangen werden, so werden auch die Menschen berückt zur bösen Zeit, wenn sie plötzlich über sie fällt.

Alles unüberlegte, übereilte Zufahren im Handeln ist allerdings vom Uebel, dahingegen das frische Benützen des Augenblicks unter dem Erbeten und Erharren des göttlichen Segens, an dem Alles gelegen, recht und werthvoll. „Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah; lerne nur das Glück ergreifen, denn das Glück ist immer da.“ Der Hamen ist ein beutelförmiges Netz zum Fischfang. Die Fische, mit verderblichem Netze gefangen, die Vögel, durch Vogelsteller jäh berückt, sind das Bild sorgloser Menschen, die in ihrer Sicherheit, in ihrem Leichtsinn, ohne die Lebensaufgabe, die Gott ihnen gestellt, gethan zu haben, vom Tode überfallen werden. Es ist Weisheit, bei der Ungewißheit des Lebens, jeden Augenblick wohl zu benutzen durch thätigen Fleiß. Wer solches thut, wird den Schmerz über die Eitelkeit des Lebens am nachhaltigsten überwinden. Bis Hieher hatte der Prediger gemahnt, nun schließt er mit einem kräftigen Tröste.

V. 13-16. Ich habe auch diese Weisheit gesehen unter der Sonne, die mir groß däuchte, daß eine kleine Stadt war und wenig Leute darinnen, und kam ein großer König und belegte sie und baute große Bollwerke darum, und ward darin gefunden ein armer, weiser Mann, der dieselbe Stadt durch seine Weisheit konnte erretten, und kein Mensch gedachte desselben armen Mannes. Da sprach ich: Weisheit ist ja besser, denn Stärke. Doch ward des Armen Weisheit verachtet und seinen Worte nicht gehorchet.

Es ist das wohl nicht „eine Geschichte aus damaliger Zeit, deren Details wir nicht mehr kennen,“ wie etliche Ausleger gemeint haben, sondern ein Gleichniß. Israel, das arme, verachtete Israel, wenn es sich nur den vom Prediger bezeichneten Schatz gottseliger Lebensweisheit bewahrt, darf sich nicht fürchten vor den großen Bollwerken seiner Feinde, der heidnischen Gewalthaber, so sehr diese auch lachen und spotten mögen; denn Weisheit ist besser als Stärke. So soll auch die werthe Christenheit, die oft der Elenden gleicht, über die alle Wetter gehen, sich nicht fürchten vor der Welt und ihrer zeitweiligen Gewalt. Die kleine Minorität wird und muß wegen der göttlichen Schatze, die sie mit sich trägt, zu seiner Zeit siegen über die große Majorität, die sich jetzt so breit macht. Verzage nicht, o Häuflein klein, obschon die Feinde willens sein, dich gänzlich zu verstören und suchen deinen Untergang, davor dir wird recht angst und bang: es wird nicht lange währen!

V. 17. Das machet, der Weisen Worte gelten mehr bei den Stillen, denn der Herren Schreien bei den Narren.

Wörtlich: Aber die Worte des Weisen mit Ruhe gehört sind mehr, denn das Schreien des Herrschers unter den Narren. Mag der Starke auch noch so laut schreien und prahlen und mag er selber wähnen: je lauter, desto besser - die stille Weisheit zur Gottseligkeit, die echte, israelitische Frömmigkeit wird und muß den Sieg erhalten.

V. 18. Denn Weisheit ist besser, denn Harnisch, aber ein einiger Bube verderbet viel Gutes.

Wörtlich: Weisheit ist besser, als Kriegsgeräth; und ein Sünder verdirbt viel Gutes. Die Weisheit siegt, die Narrheit richtet sich selbst zu Grunde. Recht muß doch Recht bleiben, Unrecht kann doch nicht gedeihen. Einst wird das wahre Israelitenthum siegen über alles freche Heidenthum. Das Christenthum ist dieser Triumph des Israels rechter Art. Ein wunderbares Kapitel, es hebt im höchsten Elend an und endet mit der Weissagung auf ein seliges Ende. Man muß es rückwärts lesen, um es recht zu verstehen. Der Prediger Salomo predigt anders, als die Prediger unsrer Tage; er scheint oft die Grenzen des geistlichen Anstandes fast zu überschreiten; aber es ist nur Schein. Er predigt wohl kühn, aber dennoch fromm, und das Ziel aller seiner Predigten ist immer das Eine: Laß dir an Gottes Gnade genügen! Amen.

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