Petri, Ludwig Adolf - Der Glaube in kurzen Betrachtungen - 6.
Es ist mein Ruhm und Ehre, dass ich Gottes Werk und Geschöpf bin, und es ist mein Trost und Freude, dass ichs täglich und stündlich bin und bleibe. Denn ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen und noch erhält samt allen Kreaturen, und dass er mir gegeben hat Leib und Seele und dazu gibt Essen und Trinken, Kleider und Schuh und alle Nahrung und Notdurft dieses Leibes und Lebens.
Nichts ist reichlicher, klärlicher und nachdrücklicher bezeugt in dem Worte unseres Gottes, Schöpfers und Vaters. Denn er kennt uns; er kennt den Unglauben in diesem unserm trotzigen und verzagten Herzen und seine argen Früchte: die finstere Sorge, die habgierige Angst, den götzendienerischen Geiz und die kalte, harte Unbarmherzigkeit, die Herz und Hand dem dürftigen Nächsten verschließt. So lässt er uns nun schreiben und zeugen durch seine Propheten und Heiligen: Der Herr ist allen gütig und erbarmt sich aller seiner Werke. Aller Augen warten auf Dich und Du gibst ihnen ihre Speise zu seiner Zeit; Du tust Deine Hand auf und erfüllst alles was lebt mit Wohlgefallen1). Wenn Du ihnen gibst, so sammeln sie; wenn Du Deine Hand auftust, so werden sie mit Gut gesättigt2).
Der dem Vieh sein Futter gibt, den jungen Raben, die ihn anrufen. Wahrlich, er hat sich selbst nicht unbezeugt gelassen, hat uns viel Gutes getan und vom Himmel gegeben Regen und fruchtbare Zeiten und unsere Herzen erfüllt mit Speise und Freude. Und da der eingeborene Sohn in die Welt kommt, spricht er diese unvergänglichen Worte: Sorgt nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet. Ist nicht das Leben mehr denn die Speise, und der Leib mehr denn die Kleidung? Seht die Vögel unter dem Himmel, sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen, und euer himmlischer Vater nährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie? Wer ist unter euch, der seiner Länge eine Elle zusetzen möge, ob er gleich darum sorgt? Und warum sorgt ihr für die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen; sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht; ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen ist als derselben ein. So denn Gott das Gras auf dem Felde also kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, sollte er das nicht viel mehr euch tun, o ihr Kleingläubigen? Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: was werden wir essen? was werden wir trinken? womit werden wir uns kleiden? Nach solchem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr des alles bedürft. Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen3). O ein Evangelium der Armen und tröstlich für alle Umstände. Und wenn nun Hunger und Not ins Land kommen, so spricht er: siehe, des Herrn Auge sieht auf die so ihn fürchten, die auf seine Güte hoffen, dass er ihre Seele errette vom Tode und ernähre sie in der Teuerung. Und abermals: fürchtet den Herrn, ihr seine Heiligen, denn die ihn fürchten, haben keinen Mangel4);
sie werden nicht zu Schanden in der bösen Zeit und in der Teuerung werden sie genug haben. Und zum dritten Male: in der Teuerung wird er dich vom Tode erlösen und im Kriege von des Schwerte Hand5). Und wenn es den Feind verdrießt, so sollen wir sagen lernen: Du bereitest vor mir einen Tisch gegen meine Feinde; Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein. Und wenn dich auf dem letzten Lager die Sorge um deine Waisen anfallen will, so steht geschrieben: ich bin jung gewesen und alt geworden, und habe noch nie gesehen den Gerechten verlassen oder seinen Samen nach Brot gehen. Oder bist du einer Mutter Stütze und Hoffnung des Alters und sollst sie nun hinter dir lassen, so hörst du Einen vom Kreuze herab sagen: Weib, siehe, das ist dein Sohn, und zu dem Jünger den er lieb hatte, siehe, das ist deine Mutter. Und von Stund an nahm sie der Jünger zu sich. Und derselbe Mann am Kreuze lebt noch und hat auch noch immer Jünger die er liebt, und sie lieben ihn und halten seine Gebote.
Denn was das treue Wort Gottes sagt, das haben seine Heiligen zu allen Zeiten erfahren, dass sie mich durch ihr Exempel lehren und gewiss machen. Zu Elias, dem Propheten, kam das Wort des Herrn: Gehe weg von hinnen und wende dich gegen Morgen und verbirg dich am Bache Krith, der gegen den Jordan fließt; und sollst vom Bach trinken und ich habe den Raben geboten, dass sie dich daselbst sollen versorgen. Er aber ging hin und tat nach des Herrn Wort, und die Raben brachten ihm Brot und Fleisch des Morgens und des Abends und er trank des Baches. Und da es geschah nach etlichen Tagen, dass der Bach vertrocknete, weil kein Regen im Lande war, kam das Wort des Herrn zu ihm und sprach: mache dich auf und gehe gen Zarpath, welche bei Zidon liegt, denn ich habe daselbst einer Witwe geboten, dass sie dich versorge. Und er ging hin und das Mehl im Cad durfte nicht verzehrt werden und dem Ölkruge nichts mangeln bis auf den Tag, da der Herr regnen ließ auf Erden. Und ist dies ein Wunder seiner Hand, so glaube ich an den Allmächtigen, der Wunder tut und Gott ist, und spricht: ich will ihre Speise segnen und Brots genug geben ihren Armen. Und das hat Ruth erfahren; da sie nach dem Recht der Armen Ähren auflesen will, findet sie reichlich und zuletzt mehr und Größeres als dies. Und wenn der Apostel Mangel hat, es sei zu Thessalonich oder in Rom, in der Nähe oder Ferne, so macht Gott die Herzen der Philipper wacker, für ihn zu sorgen. Und als er selbst, das Haupt aller Heiligen, vierzig Tage und Nächte gefastet hatte und danach hungerte, und war in der Wüste, weigerte er sich gleichwohl, aus den Steinen Brot zu schaffen, und als der Versucher abgewiesen war, siehe, da kamen die Engel und dienten ihm zu Tische. O davon wissen zu sagen und zu rühmen die Witwen, die ihre Zuversicht auf den Herrn festen und ihr letztes Stück Brot mit dem einkehrenden Gaste teilten, und das Waisenkind in der Fremde, dem der Herr die Türen öffnet, und unzählige Arme alle Tage, dass der sie geschaffen hat, auch noch erhält.
So kann es auch nicht anders sein. Er allein, Gott von Ewigkeit, hat das Leben in ihm selber; aber alles was Kreatur heißt und ist, das lebt alle Zeit und Stunde aus ihm, der alle Dinge trägt mit seinem kräftigen Wort und jedermann Leben und Odem allenthalben gibt. Sie können ihr Leben wohl schädigen, verderben und töten, und darüber verantwortlich werden dem Richter der Lebendigen und Toten, der sich nicht spotten lässt; aber sie könnens nicht herstellen, nicht erhalten und nicht um eine Elle verlängern, ob sie schon darum sorgen. Du lässt aus Deinen Odem, so werden sie geschaffen, und erneuerst die Gestalt der Erde; Du nimmst weg ihren Odem, so vergehen sie und werden wieder zu Staub. Du lässt die Menschen sterben und sprichst: kommt wieder, Menschenkinder. Bin ich nun seine Kreatur, so kann ich ihm das Recht der Kreaturen demütig aber freudig vorhalten: Du hast mich aus Mutterleibe gezogen; Du warst meine Zuversicht, da ich noch an meiner Mutter Brüsten war; - verwirf mich nicht in meinem Alter; verlass mich nicht, wenn ich schwach werde. Und bin ich die hochgeliebte Kreatur, die er mit ewigem Leben begnadet und begabt hat, so will ich immerdar ihm zu Lob und mir zum Trost sprechen: welcher auch seines eigenen Sohnes nicht hat verschont, sondern hat ihn für uns alle dahin gegeben; wie sollt er uns mit ihm nicht alles schenken6) - und mich versorgen und erhalten, bis ich reif bin in das ewige Leben.
Das hat der reiche Mann nicht geglaubt; er hat sein Gutes genossen auf Erden, sonst hätte er Buße getan mit seinen fünf Brüdern, und wäre nicht gekommen an den Ort der Qual, wo er nun nach einem Tropfen Wasser schmachten muss, er, der fröhliche reiche Mann, ders zuvor in Strömen genoss. Aber Lazarus vor des reichen Mannes Tür, der begehrte sich zu sättigen von den Brosamen die von des Reichen Tische fielen, und niemand gab sie ihm - wird er nicht aufstehen und zeugen wider diesen Artikel? Aber ich höre kein Wort von ihm, dass er klagte, oder den unbarmherzigen Prasser anklagte, oder gar Dich verklagte, Du Schöpfer, Vater und Richter der Armen; er legt seine Hand auf seinen Mund. Und da kamen die Engel und trugen seine geprüfte Seele in Abrahams Schoß; er aber redet abermals kein Wort; die große Freude hat ihn übernommen und stumm gemacht.
Reiche und Arme müssen unter einander sein; der Herr hat sie alle gemacht, sagt Salomo7) und fährt fort: Arme und Reiche begegnen einander; aber beider Augen erleuchtet der Herr. Und so wird es bleiben, so lange die Welt steht und Fleisch vom Fleische geboren wird; keine Zeit wird ein anderes bringen und kein menschlicher Aberwitz ein anderes einrichten. Es wird nie eine Gemeinschaft der Güter sein nach dem Herzen der Kommunisten, da alle gleich reich und gleich arm wären; sondern der Starke wird den Schwachen und der Kluge dem Einfältigen zuvorkommen, und die Diebe werden stehlen und die Räuber rauben und die Geizigen sich nicht genügen lassen und die Fresser und Säufer zechen und die Totschläger totschlagen, und die Herrschsucht wird sich auf den Thron heben über alle. Und es wird nie kein Volk eine einige große Arbeitsgemeinschaft werden nach dem Herzen der Sozialisten, so lange ein Gott ist, der das siebente Gebot gegeben hat und aufrecht hält, und der Sünde einen Spielraum gewährt, weil er auch der Gerechtigkeit Raum schaffen wollte. Reiche und Arme werden alle Zeit unter einander sein, denn der Herr hat sie alle gemacht. Ob er es um der Sünde willen getan hat, weiß ich nicht, denn er sagt es nicht. Aber das weiß ich, dass er es jetzt und nachdem die Sünde in die Welt gekommen ist, dahin richtet, dass die Sünde an diesem Unterschiede offenbar, und dass sie dadurch völlig werde und also sich auslebe und dem Gericht verfalle, und dass hingegen die Gerechtigkeit an diesem Unterschiede bewährt werde, nämlich der Glaube geübt und in dem Feuerofen der Not und Armut geläutert, und die Liebe brünstig und an guten Werken aus dem Vorrat ihres Reichtums reich und gesegnet. Und wo das nicht geschieht und immer weniger und zuletzt von ganzen Zeitaltern und Völkern, so fährt er herab vom Himmel und richtet und straft, damit der frevle Haufen ihm nicht seine Welt verderbe.
Es ist also unmöglich, dass nicht Reiche und Arme unter einander sein sollten, denn der Herr hat sie alle gemacht; es ist unmöglich, es ist nur ein Traum des Wahnsinns, dass es den Menschen gegeben wäre, je diesen Unterschied auszugleichen und die vieltausendjährige Gestalt der Welt zu verwandeln. Aber es wäre auch der tiefste Schaden, der schwerste Verlust, die tödlichste Wunde für die Menschheit, die sündige und zur Heiligung berufene Menschheit, wenns nicht Reiche und Arme unter einander mehr geben und alles was an diesem Unterschiede hängt, verschwinden sollte. Ich will es mir klar und deutlich machen, warum ich nicht leben möchte, wenn Arme und Not und Hunger nicht blieben auf Erden und eitel Satte und Reichtum würden. O, ich würde von Stund an das Wort Gottes nicht mehr verstehen, nicht mehr gebrauchen, nicht mehr lieben und genießen; es wäre unwahr geworden. Denn dies Wort ist der armen Welt gegeben, die Armen und Elenden im Lande sollen es hören, den Armen wird das Evangelium gepredigt; selig werden die Armen gepriesen. Nicht nur, dass alle die heiligen Zusagen, die köstlichen Verheißungen und Tröstungen, welche den Dürftigen, Darbenden, Hungernden gegeben sind, dahin fallen, wertlos, unwahr werden müssten, ich würde auch die geistliche Armut nicht verstehen und nicht erreichen, wenn ich die leibliche nicht kennte. Und ich würde meinen Heiland verlieren, er würde mir fremd werden, er, armer Leute Kind, im Stalle zu Bethlehem geboren, der nicht hatte dahin er sein Haupt legte, und Hunger und Durst litt und von Almosen lebte. Wie sollte ich diese Gestalt verstehen und ein Herz für diese Größe gewinnen, die nichts hatte und doch alles inne hatte, und arm wurde, damit ich reich würde, wenn ich diese Schar der Armen mit Augen nicht sähe und mich selbst zu ihnen nicht stellen könnte? Was bliebe mir übrig von Gott, wenn er nicht Arme auch, sondern nur Reiche gemacht hätte, und der Versorger der Armen, der Ernährer in der Teuerung, und der Vater und Richter der Witwen und Waisen nicht mehr wäre, ihre Gebete nicht mehr hörte und keine Wunder zu ihrer Rettung mehr täte? Was würde aus mir selbst, da es ja leichter ist, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, denn dass ein Reicher ins Reich Gottes kommt? Und wenn ich den Armen nicht mehr geben und in der Barmherzigkeit mich nicht mehr üben, keinen Hilferuf mehr hören, keine Not mehr lindern könnte? Was würde aus der Welt, wenn nur noch Satte, Reiche und Kalte, Trotzige wären, kein Anblick der Nackten und Darbenden die Herzen erweichte, und kein Stachel der Not die Kräfte aufweckte und in Schwung brächte? Nein, ich will nirgends anders wohnen als unter den Armen, und mich erinnern, dass ich eine Kreatur bin, die Gott erhält. Er erhält mich in der Natur- und Weltordnung, die er gemacht hat, da er auf die Saat die Ernte und auf die Arbeit den Segen folgen lässt. Ich solls in dieser seiner Ordnung suchen, so wird er mir auch mit seinem Wunder begegnen, denn er ist allmächtig; und wo ichs in seiner Ordnung nicht suche, sondern verachte und treibe Mutwillen, so hält er seine Ordnung aufrecht und wirft den Empörer nieder, denn er ist allmächtig und jeden Augenblick zur Tat gerüstet.
Die ganze Welt ist sein Schatzhaus für mich, und das Schatzhaus ist nie leer; so lange er mein Schöpfer ist, werde ich haben zu essen und zu trinken und mich zu kleiden. So will ichs alles aus seinen Händen nehmen und mit seinem Wort und Gebet heiligen, dass es mir gut sei. Ich will meine Hände falten, wenn ich zu Tische gehe, denn es ist Dein Tisch, o Gott Schöpfer, und Du sitzt obenan und legst mir vor und musst es auch segnen, dass es mir gedeihe. Ich will meine Hände täglich falten, dass ich mein Herz nicht beschwere mit Fressen und Saufen, und so ich reich werde, dass ich doch nicht lebe wie der reiche Mann, alle Tage herrlich und in Freuden, aber ohne Buße und Furcht Gottes, und ohne Herz und Hand für den armen Lazarus vor meiner Tür. Denn wenn das „Adler Augen“ recht von Herzen kommt, so werden die Hungernden gespeist und die Nackenden bekleidet werden.
Ich will mich auch aller ungläubigen Sorge entschlagen, wie Du geboten hast, Herr Jesu, oder vielmehr erlaubt und vergönnt. Denn es ist das Privilegium Deiner Gläubigen; aber das Sorgen ist heidnisch. Ach, dass nur nicht mancher Heide Deine Christen beschämte! Hat doch einer ihrer Poeten gesagt: Bemüh dich nicht so um dein Stücklein Brot, der Schöpfer gibt jedem sein Futter; Kaum dass das Kindlein geboren ist, so strömen die Brüste der Mutter. Sorgen und Trachten nach Nahrung und Kleidung und Schätzen auf Erden ist heidnisch; aber christlich ist: trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen. Denn ihr habt einen Vater im Himmel, welcher weiß, dass ihr des alles bedürft, und darum in das Leben, das er euch gab, die Verheißung der Speise eingebunden, und auf den Leib, den er euch schuf, die Zusage der Kleidung aufgeschrieben hat. Glaubst Du das, meine Seele? Oder stößt sich Deine Vernunft an dem Hunger und Hungertode? Weißt Du nicht, dass der Hunger mit Krieg und Pestilenz zu den Geißeln Gottes gehört, wenn er die Welt strafen muss um alles gottlose Wesen und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit in Ungerechtigkeit aufhalten? Oder kannst Du mit Gewissheit sagen, dass das Gericht auch die Unschuldigen trifft und die am ersten getrachtet haben nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit? Oder meinest Du, er tue einem seiner Kinder Unrecht, wenn er es zuletzt bewährt und erlöst durch den Hunger statt durch Gichtbrüchigkeit oder Wassersucht oder Schwindsucht oder Fieber oder Pestilenz? Er erhält mich; so lange Er will, muss mir die ganze Schöpfung eine einige Vorratskammer und immer voll und offen sein; ich brauche nicht zu sorgen, und niemand kann sie mir verschließen. Wenn Er aber nicht mehr will, so will ich auch nicht mehr; nur das ist mir gut und selig, was mein Gott will.
Und so will ich mir auch genügen lassen an dem das da ist. Ich will mich in der Kunst St. Pauli üben, der in allen Dingen und bei allen geschickt war beides satt sein und hungern, beides übrig haben und Mangel leiden8).
Ich will auf den Herrn der Herrlichkeit sehen, wie er die Speise der Ärmsten aß, Gerstenbrot und ein wenig gerösteten Fisch. Und sein heiliger Vorläufer in der Wüste aß Heuschrecken und wilden Honig. Und die lieben Jünger rauften Ähren aus, da sie hungerte, und mochten dennoch auf ihres Herrn Frage: habt ihr auch je Mangel gehabt? antworten: Herr, nie keinen. Reichlich haben ist nicht not; herrlich und in Freuden leben, weiche Kleider tragen, in großen Häusern wohnen und die Füße auf einen Teppich setzen ist nicht not; Eins ist not; erlang ich dies Eine, das alles ersetzt, so werd ich mit Einem in allem ergötzt. Ach, Herr, dies Eine lehre mich erkennen doch, und dass ich trachte am ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit. Viel Speise hier und keine dort, ein Haus auf Erden und keine Wohnung in des Vaters Hause, Lust der Welt und Verlust der Ewigkeit hängt nur zu oft an einander.
Drum will ich zufrieden sein mit einem bescheidenen Teile und dem Geiz und Götzendienste wehren. Ich will arbeiten mit Deiner Kraft, o Gott Schöpfer, und essen Dein Brot, und will pflanzen und begießen, und auf Dein Gedeihen warten. Ich will arbeiten und schaffen mit den Händen etwas Gutes, auf dass ich habe zu geben den Dürftigen9), dass mir von dem Herrn wieder vergolten werde; ich will den Armen erkennen, dass ich erkannt werde von Dir, und mir Freunde machen mit dem ungerechten Mammon, dass sie mich aufnehmen in die ewigen Hütten. Lass mich nicht in Versuchung fallen, mein Vater, dass ich reich werden möchte, dass ich nicht versenkt werde ins Verderben und Verdammnis10). Willst Du mich aber über viele Güter setzen, so mache mich auch zugleich zu Deinem Haushalter und lehre mich haben als hätte ich nicht. Ich will es unter allen Umständen wissen und glauben, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen und noch erhält.