Passavant, Theophil - Praktische Auslegung des Briefs Pauli an die Kolosser - § 1.
C. 1. V. 1. Paulus, Apostel Jesu Christi, durch den Willen Gottes, und Bruder Timotheus.
Paulus, der große Apostel der Heiden, der Mann, der in aller Demut vor den Gemeinen sagen konnte: Ich bin der Geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, ein Apostel zu heißen, darum, dass ich verfolgt habe die Gemeine Gottes. Aber von Gottes Gnade bin ich, das ich bin; und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet, als sie Alle, nicht aber ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir ist. 1. Kor. 15.5. Röm. 15,16. f. 1. Kor. 9. 2. Kor. 10,11.
Gottes Gnade macht den Menschen groß; Viele, die groß geworden sind und Großes getan haben vor der Welt, erkennen diese freie, göttliche Gabe nicht; sie wachsen und blühen als Leute der Erden und tun Vieles, wirken Großes zur Bewunderung Vieler, bis sie, wie Andere, hinwelken und fallen; Ruhm und Vergessenheit folgen ihnen nach, und ihre Stätte kennt sie bald nicht mehr. Sie haben ihren Lohn dahin. Wo ruhen sie von ihrer Arbeit, und was ist ihre Ruh? Wehmütige Gedanken derer, die bei manchem Trauermahl trauern und seufzen!
Paulus, ein Apostel Jesu Christi. S. Röm. 1,1. 1. Kor. 1,1. 2. Kor. 1,1. Eph. 1,1. usw.
Dies ist sein Beglaubigungszeichen vor den Gemeinen und so auch vor den Heiden, vor der Welt, denn der Apostel hatte Großes aus Kraft und Macht Jesu Christi getan (S. Röm. 15,15.), wie denn auch die neuen Christen zu Tausenden und Tausenden des Apostels Brief waren, der erkannt und gelesen wird von allen Menschen, die ihr - schreibt er - offenbar worden, dass ihr ein Brief Christi seid, durch unsern Dienst bereitet, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes; nicht in steinerne Tafeln, sondern in fleischerne Tafeln des Herzens (2. Kor. 3.1. Kor. 2,4); es war auch die Arbeit Pauli ein göttliches Werk in jenen Seelen entstanden, ein neues Leben, wie es Gott allein schaffen kann. Paulus war treu geworden, und der Herr war auch treu geblieben seinem Knecht. Er hatte ihn berufen, dass er, Ihm ein auserwähltes Rüstzeug, seinen Namen bringen sollte vor die Heiden, und vor die Könige, und vor die Kinder Israel; - aufzutun die Augen der Heiden, dass sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht, und von der Gewalt Satans zu Gott. - Ich will Ihm zeigen, hatte Jesus zu Ananias gesagt, wie viel er um meines Namens willen leiden muss; und später zu seinem erwählten Knecht: „Und Ich will dich erretten von dem Volk, und von den Heiden, unter welche Ich dich senden werde.“ Apg. 9.28.
Wer vom Beruf eines Apostels Jesu Christi, von dessen Diensten, Arbeiten und Leiden einen Begriff haben will, der lese vor Gottes Angesicht die Apostelgeschichte und alle Briefe Pauli an die Gemeinen, und weile, wie überall, so auch mit seinem ganzen Gemüt bei 1. Kor. 2.3.4.9. 2. Kor. 1.4.6.10.11. - Das Auslesen bei solcher Fülle ist nicht leicht ja auch nicht gut, wenigstens dass man es nicht als ein Dilettant nur tue! ists ja eine ernste Sache um dieses Wort, das uns einst richten wird.
Paulus, ein Apostel Jesu Christi durch den Willen Gottes S. 1. Kor. 1,1. 2. Kor. 1,1. Eph. 1,1. 1. Tim. 1,1. usw.
Hierin stand und wurzelte die Kraft des Apostels, seine Freude und sein Trost, in dem hellen und tiefen Bewusstsein seines göttlichen Berufs; er hatte ihn von Jesus Christus, durch den Willen (nach dem Befehl) Gottes, des Vaters, empfangen; der Sohn hatte Sich hierin auch seinem Knechte als der Genosse und der Ausführer des göttlichen Rates, des Willens des Vaters von Ewigkeit her geoffenbart; wie es auch des Sohnes Bestimmung gewesen war auf Erden, seine Speise den Willen dessen zu tun, der Ihn gesandt hatte, und zu vollenden sein Werk. (Joh. 4,34.)
Als Apostel Jesu Christi schrieb Paulus an die Korinther: Nicht, dass wir tüchtig sind von uns selber, Etwas zu denken, als von uns selber, sondern unsere Tüchtigkeit ist von Gott, Welcher uns auch tüchtig gemacht hat, das Amt zu führen des neuen Bundes. Und an die Römer: Um der Gnade willen, die mir von Gott gegeben ist, dass ich soll sein ein Diener Jesu Christi unter den Heiden, dass sie ein angenehmes Opfer werden, geweiht in dem heiligen Geist. Darum kann ich mich rühmen in Christus Jesus, was die Sache Gottes angeht; denn ich möchte nicht wagen, Etwas zu reden, das Christus nicht gewirkt hätte durch mich, die Heiden zum Gehorsam zu bringen durch Wort und Werk, durch Kraft der Zeichen und Wunder, in Macht des Geistes Gottes, dass ich von Jerusalem an und umher bis nach Illyrien Alles mit dem Evangelium Gottes erfüllt habe. 2. Kor. 3. Röm. 15.
So hatte Paulus seinen göttlichen Beruf durch die Kraft und Treue des Allmächtigen bewährt und versiegelt gesehen (2. Kor. 4,1.); er wusste, an Wen er glaubte, Wem er diente: sein Recht bei dem Herrn, und sein Lohn bei seinem Gott. (Jes. 49,4.) Er wusste, wessen Mahlzeichen er, willig und nicht umsonst, an seinem Leibe trug (Gal. 6,17. 2. Kor. 4,10. f.). In diesem hohen und seligen Bewusstsein steht alle Kraft der Knechte Jesu, ihr Trost und ihr Friede; sie vermögen nichts, aber Gott vermag Alles in ihnen und durch sie; sie sind arm, Er ist reich; sie sind nicht von der Welt, wie Jesus nicht von der Welt war (Joh. 17,16.); die Welt höhnt sie; sie sind bei Gott geehrt; sie werden mit Dornen gekrönt und mit Leiden getränkt; der Herr ist ihre Krone und ihre Freude, ihr Schild und sehr großer Lohn.
Es merke aber ein jeder, der sich dieses hohen Bewusstseins freuen will, auf Worte wie diese: denn unser Ruhm ist der: Das Zeugnis unseres Gewissens, dass wir in Einfältigkeit und göttlicher Lauterkeit, nicht in fleischlicher Weisheit, sondern in der Gnade Gottes gewandelt haben in der Welt. 2. Kor. 1,12. S. noch K. 4,1. s. 2,17.
Gleiches Kreuz drückt Christi Glieder
Hier auf kurze Zeit darnieder,
Und das Leiden geht zuvor.
Nur Geduld! es folgen Freuden,
Nichts kann sie von Jesus scheiden
Und ihr Haupt zieht sie empor.
Ihnen steht ein Himmel offen,
Welcher über alles Hoffen,
Über alles Wünschen ist.
Die geheiligte Gemeine
Weiß, dass eine Zeit erscheine,
Da sie ihren König küsst.