Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 7. Das sind Glaubens-Sachen.

Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 7. Das sind Glaubens-Sachen.

Jakobs Furcht ist billig, obwohl der Herr ihm hätte vorhalten können: Was fürchtest dich so sehr? Hast doch auch meine Heere gesehen, und weißt, daß dein Gott mächtig ist und treu. Der Höchste aber ist es gewohnt von jeher, daß die große Mehrzahl der Menschen seiner Hand so gar nicht nach Ihm fragen, und leben und lassen leben, gut oder schlecht, als kümmere sich der lebendige Gott um die Menschen nicht; - daß aber auch die Anderen, die kleinere Schaar, die an Ihn glaubt, zehnmal im Tage ihres bißchen Glaubens vergessen; so schwer ist es dem sündigen Fleisch, anders zu sehen, zu denken und fühlen, als je nachdem des Fleisches Augen sehen; und wir wären doch wahrlich die Elendesten unter allen Creaturen (1. Cor. 15, 19.), hätten wir hinter uns und vor uns nichts, als den Weg alles Fleisches (Jos. 23, 14.), auf dieser Erde der Vergänglichkeit, die jeden Tag zu Tausenden und zehn Tausenden die Leichen ihrer Kinder wieder einnimmt; hast ja vielleicht auch in deiner Jugend jenen Spruch gelernt: Alles Fleisch ist Heu, und alle seine Güte wie eine Blume auf dem Felde. Das Heu verdorret, die Blume verwelket, denn der Geist des Herrn bläst darein. Ja, das Volk ist Heu. Das Heu verdorret, die Blume verwelket, aber das Wort unseres Gottes bleibet ewiglich. Jes. 40,6 f. 1. Petr. 1, 24.

Als Jakob hörte von seinem Bruder und dessen vier hundert Männern, stand dies theure Gotteswort noch nicht da, doch wohl so manche alte und neue Probe von der Treue des Mächtigen, manches lebendige Wort aus dem Munde des lebendigen Gottes zu seinen Vätern, zu Jakob selbst, geredet. Der Erzvater wußte wohl was davon, und trug einen Glauben daran, als sein theuerstes Kleinod in seinem Herzen; aber manch Kleinod wird oft im Schmuckkästchen vergessen, und man hat nichts davon. Wir wollen's aber dem Erzvater nicht zu hart verdenken, wenn es Gott selber nicht thut; oder was sind wir? Und auch bei allem Glauben will uns leicht wieder bange werden und traurig zu Muthe, so oft wir Menschen, Brüder, uns mit feindlichen Gedanken entgegenkommen sehen; ist immer was Trauriges um das feindliche Wesen, Krieg und Kampf; bringen ihre Wunden mit, und tragen sie davon; und alle Feindschaft ist aus der Hölle geboren, und zündet wieder drinnen und draußen ein höllisch Feuer an; Gott bewahre uns davor!

Jakob meinet es klug angelegt zu haben, und mit weiser Vorsicht; obwohl im Angriff und im Vertheidigungs-Kriege, wie auch noch in andern Sachen, die Klügsten oft den Kürzeren ziehen müssen, und es der Umstände, der Zögerungen, der Zufälle, der kleinsten, unbedeutendsten Wind. und Querstöße, so viele geben kann, welche weit über unsere Schußweite hinaus gehen, und wobei sich an kein Wehren oder Abwehren, an kein Ausweichen, Aus- oder Einlenken, zum voraus denken läßt; ein Narr kann dem Weisesten im Wege stehen; ein Windstaub kann den Hellsehendsten im Nu verblenden; aber der Narr wird auch von Gott geführet, und Gott weiß, wo der Wind her kommt, und wo der Staub hin wirbelt; da gilt's: Rüstet euch, und gebet doch die Flucht; rüstet euch, und gebet doch die Flucht. Beschließt einen Rath, und es werde nichts daraus; beredet euch, und es bestehe nicht; denn mit uns ist Gott. Jes. 8. Selig, wer diese Rede verstehet. - Mein Freund, es fällt kein Haar von unserm Haupte, Er wolle es denn (Luk. 21, 18); hier des Glaubens Licht und Warnung, und sein Trost; darum wird wohl immer das Beste sein, nie ohne den Wirth, den großen, himmlischen droben, rechnen, sondern mit Ihm Alles thun und Alles lassen; das Land ist ja sein, und wir sind alle Fremdlinge und Gäste bei Ihm (3. Mos. 25, 23.); - auch denke ich, Jakob hat es bei jenen Maßregeln wohl nicht anders gethan; er wußte sich einen Fremdling auf Erden, und wollte weiter. - Siehe, man thut, wenn man dieses Glaubens ist, auf keinem Fußbreit dieses Bodens einen Schritt ohne Gott; man läßt Ihm in allen Sachen das erste Wort und das letzte; man sagt in allen Wünschen, Anliegen und Sorgen: Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst (Matth. 26, 39.); und hat dann davon - es gehe wie es wolle - einen großen, köstlichen Frieden; man weiß, worauf man stehet, und weiß sich getrost im schlimmsten Falle versehen; bleibet immer der schlimmste Fall der, wo der Mensch Alles auf eigene Faust hindenket, beschließt und waget; hingegen hält es uns Gott zu gut, daß wir Ihn für Etwas in der Rechnung halten, und Er weiß uns Dank dafür, daß wir Ihn nicht so ganz nur auf die Seite thun. Meinest du nicht, Er dürfte wohl dann und wann über allerlei Weisheit und Anschläge der Menschenkinder lachen von seinem Thron herab; und Er thut es auch. Ps. 2, 4. Spr. l, 26.

Doch hat Jakob bei aller klugen Vorsicht das Klügste noch nicht gethan; er wird es thun. Er stehet die zwei unsicheren Haufen seiner Knechte samt den großen, so weit ausgedehnten Herden auf den unsicheren Steppen herum liehen, und fühlet da die Schwachheit alles Fleisches, sich selbst überlassen, und wenn es auch mit Macht und Herrlichkeit die Erde bedecket; er kann keine mächtigen Flügel über sie alle ausbreiten, um Vorhut und Nachhut keinen Schild halten; obwohl ein Mann in seines Alters höchster Kraft und Schöne, ist er ein schwacher Mensch, ohnmächtig, verlassen, wenn ihn der Allmächtige verläßt. Das fühlet er sehr wohl.

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