Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 24. Ich bin dein Knecht.

Passavant, Theophil - Jakob's Kampf - 24. Ich bin dein Knecht.

Habe ich geredet unverständliche Worte, fremdartig Vielen, Vielen wunderlich, langwierig? Das ist eine harte Rede, sprachen sie einst zu Jesus, Gottes Sohn, wer kann sie hören (Joh. 6,60.)?

Es ist wahr, das Land Canaan ist eine Schule, und hat seine eigene Weisheit und Weise, ist's ja auch ein eigener Boden; auch wird hier mit dem Anfange Alles angefangen, und von der Pieke auf gedienet; hier wird der Schildknappe nicht sogleich zum Ritter geschlagen, noch der Gesell in dem ersten Monat zum Meister gemacht. Im Glauben lernen sie allmälig die ersten Lasten tragen, im Gehorsam, eine Probe nach der anderen bestehen. Der Neuling wird nicht am Jabok mit dem Engel ringen, und der den Nacken unter kein Joch in seiner Jugend gebeuget, wird auch zum guten Kampfe nicht gerüstet werden, und keine Krone, noch einen Segen empfangen,

Ich horche mit einer besonderen Ehrfurcht dem Erzvater zu, wenn er zu seinem Gott spricht: Ich bin zu gering aller Barmherzigkeit und Treue, die du an deinem Knecht gethan hast. Ist mir sogleich dabei, wie wenn ich den tiefen Grundton, den Generalbaß, bei einer schonen Harmonie vernehme, eine Stimme, welche alle übrigen Stimmen gehörig stimmet, auf deren Laut und Wort hin alle lebendigen Wesen in Gottes Schöpfung, ein Jedes, ihre Stellung erkennen, und ihren Platz in seiner Welt, d. i. in seinem Reiche - einnehmen. O mein Freund, wollte, dürfte jeder Mensch ein Knecht Gottes heißen, wie ganz anders würde es in unserer armen Welt, vom Throne bis zur Hütte herunter, von dem Scepter bis zum Stabe am Jordan, zugehen! Im Gehorsam des Herrn wirst du auf seinen Wegen gefördert, und in den Diensten des Allmächtigen lernest du, wie man durch die Arbeit zur Ruhe, durch die Thränen zur Freude, durch das Sterben zum Leben, und durch Leiden zur Herrlichkeit emporsteiget.

War mir immer, daran bewähren die Menschenkinder bald, wie sie gar nicht mehr sind, oder sie nie gewesen, was sie sein sollten: daß, wie die Unwissendsten und Rohesten, so auch die Gebildetsten und Klügsten es so wenig bedenken, was sie einst in der Wiege waren, wie schwach, unbeholfen, an und für sich hülflos, und sich ihrer selbst unbewußt, wie das Blatt, die Knospe, die Blume, die an ihrem Stengel allmälig aufgrünet und blühet; - daß die Einen wie die Anderen so wenig sich fragen, woher denn das liebe Fleisch und Blut, woher die edeln Kräfte, des Geistes Aufschwung, Herz und Geist und Leben; - oder daß ihrer höchsten und berühmtesten Denker so Viele reden und bezeugen, als wären sie - das arme Sandkörnlein, das Stäubchen im Staube - ein wesentlicher Theil des großen Ganzen, eine Kraft jener großen allgemeinen Weltkraft, jener Welt, die Alles in sich ist, in sich hat, und aus sich selbst heraus gebieret; die, in des Menschen Gestalt, wie in der Blume des Feldes, in des Menschen Geiste, wie in dem geringsten Schwamme, - sich selbst erzeuget, aus Einem und demselbigen Keime und Wesen in zahllosen willkürlichen Gestalten und Wesen sich selbst zahllos und immer wieder gestaltet; -in diesem ununterbrochenen Werden und wieder Vergehen, Scheinen und wieder Verschwinden, Alles in sich selbst und Alles in Allein, Gott überall, in Allem, und Alles Gott; Gott in ihnen, und sie in Gott, und sie selber Gott, und wieder Alles Gott; - wird's dir nicht zum Schwindel? - Und die oft so jämmerliche Schwäche, die völlige Abhängigkeit von Anfang, die Wiege, jeder Schritt des Lebens, jeder Blick, strafet sie Lügen; ihr innerstes, ihr einfachstes Gefühl bringet sie jeden Augenblick wieder an des Tages Ordnung, an das A. B. C. der Kinder, und an das theure, selige Bekenntniß des Königes und Propheten: Unsere Hülfe stehet in der Kraft des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat (Ps. 124,8.). David aber war ein Knecht Gottes, David freute sich und sprach: O Herr, ich bin dein Knecht; ich bin dein Knecht, deiner Magd Sohn. Ps. 116,16. 86,16.

O stille, selige Weisheit, Anfang und Freude des ewigen Lebens! das ist was Köstliches, aus Nichts geboren, Leute die nichts mit in die Welt gebracht, die auch nichts hinaus bringen können (l. Tim. K. 7.), uns in dieses Geständniß und Bekenntniß dankbar einlassen, Alles von Ihm hatten, Alles von Ihm nehmen, für Alles Ihm danken, in Allem, mit Allem Ihm die Macht und die Kraft, den Preis und die Ehre geben; vor Ihm Nichts sein und Etwas werden; in Ihm Alles und ohne Ihn Nichts. Das bringet in das rechte Geleise, auf die sichere Straße; das bewahret die Gedanken und Sinnen auf der Hut des Herrn, und wirkt ein stilles, zufriedenes Wesen, ein frommes Leben; kommen dann die Stürme, und erhebet sich der Kampf, man erkennt den Boden auf welchem man stehet, die Himmel hoch oben, und den Mann, mit welchem man ringet: Ich bin dein Knecht.

Es ist ein köstlich Ding, in diesem Gehorsam seinen Beruf erkennen, und in diesem Namen seine Ehre finden: Dein Wille ist meines Lebens Regel, dein Gebot ist meine Richtschnur, dein Wort ist mein Licht, meine Leuchte, mein Erbe, meines Herzens Wonne (Ps. 119.); ich weiß, woher mein Leben und wohin mit Allem, was ich empfange, was ich habe, was ich bin; ich weiß, wem ich arbeite, wem ich diene, weß ich mich zu versehen habe; wem ich lebe, wem ich sterbe; ich bin dein Knecht.

Es ist ein köstlich Ding, in diesem Gehorsam allen Gehorsam heiligen; jede Arbeit und auch die verachtetste, jeden Dienst, auch den geringsten, den verborgensten und unedelsten vor der Welt, Ihm, dem Herrn aller Welt, thun; mit jedem Namen, in jeder Almuth, jedem Winkel, jeder Schmach auf dieser Erde der Prüfung, fröhlich und stille vor Ihm stehen, Ihm auf seinem Altar seine Gaben darbringen; und wo man nicht einmal dürfte unter die Taglöhner des Hausvaters gezählet werden, noch dessen Farbe tragen, mit freudigem Herzen vor den Herrn aller Welt hintreten dürfen: Ich bin dein Knecht.

Es ist ein köstlich Ding, in diesem Gehorsam weiter fortkommen auf Gottes Wegen, finden für jedes Pfund eine Anwendung, für jede Arbeit eine Frucht, jedes Werk einen Segen; in allen Diensten wachsen an Erkenntniß und Erfahrung, an Tüchtigkeit und Kraft; für Ein Pfund fünf und zehn Pfund wieder empfangen; mit jedem Tage sich Gott näher fühlen, und, das Herz reiner, den Geist edler und freier, zeugen von Ihm in Heiligkeit und Gerechtigkeit in der Welt, Etwas werden zum Lobe seiner Herrlichkeit und Gnade (Eph. l, 6. 12.). - Ich bin dein Knecht; ein Mann, der dich kennt, und den Du kennest; den Du in Gnaden und mit Freuden ansiehest; dem Du dich nahest, dem Du deine Gedanken mittheilest, deine Geheimnisse offenbarest (Ps. 25,14. Joh. 14,20. f.), deinem Knecht und Freunde, und dem Du einst, ohngeachtet all seiner Schwachheit und Untreu, sagen wirst: Ei du guter und treuer Knecht, du bist über Wenigem getreu gewesen; Ich will dich über Vieles setzen; gehe ein zu deines Herrn Freude. Matth. 25.

Was denkest du dabei? Ich meine, das beuget und erhebet; das erfreuet, wo keine Freude wäre; das tröstet über Vieles, für Vieles; das machet uns stark, wo wir sonst schwach wären; das machet uns groß, und machet uns klein; das macht die Seele getrost und den Glauben stark, daß man vor den Schrecken nicht erschrickt, und nicht zurück weicht, wenn der Engel am Jabok erscheinet, und der Kampf in der Nacht angehet. Jakob war seines Gottes Knecht. Jes. 44,1. f.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/p/passavant/jakobs_kampf/passavant_jakobs_kampf_24.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain