Oertzen, Jasper von - Ein Zeugnis
Für Luthers Lehre hätte ich mich lassen totschlagen, und doch fand ich darin weder Trost noch Frieden. Aller Welt, auch mir selbst war ich ein völliges Rätsel. Einem unbestimmten Drange folgend, reiste ich bald zu Wichern nach Hamburg, bald nach Bad Boll, bald nach irgendeinem anderen für gesegnet gehaltenen Platz, ohne zu wissen, was ich den Männern, die mich über den Zweck meines Kommens befragten, antworten sollte. Plötzlich war ich da, plötzlich verschwand ich wieder, und zwar ebenso unklar als ich gekommen. Als ich so an alle menschlichen Türen vergeblich gepocht und der Zustand meiner inneren Trostlosigkeit sich immer mehr steigerte, da erbarmte sich meiner Gott selbst in wunderbarer Herablassung, mir das große Geschenk der Vergebung aller meiner Sünden persönlich darbietend, das ich aus seinem Worte mir anzueignen bis jetzt nicht verstanden hatte. Als ich nämlich eines Nachts in Trostlosigkeit betend auf meinem Bette lag, umleuchtete mich ein helles Licht. Der Herr selbst stand an meinem Bette und vergab mir alles, was mir unvergeben das Herz zerdrücken wollte. Er nahm mich an und hielt mich seitdem fest, mich immer mehr und mehr in das wunderbare Geheimnis stellend, daß er um unse-rer Missetat willen verwundet und um unserer Gerechtigkeit willen auferweckt sei, und daß auch alle, alle meine Sünden, auf ihn gelegt, für immer getilgt seien. -