Ökolampad, Johannes - Bibelstunden über den 1. Brief des Johannes - Einundzwanzigster Vortrag.

Ökolampad, Johannes - Bibelstunden über den 1. Brief des Johannes - Einundzwanzigster Vortrag.

Nun wird es uns endlich klar, mit welcher Feinheit und Einsicht dieser Brief geschrieben worden: erhaben und wundervoll ist sein Anfang, vielfach belehrend sein Inhalt, und lieblich und heilbringend sein Schluss. Freudig ist aber das Ende nicht des wegen, als wären wir überdrüssig der Rede des göttlichen Johannes: sondern weil er im Schlussworte Angenehmes und Liebliches lehrt; und gleich dem Sieger nach vollendetem Kampfe die Beute zeigt, oder wie der Kaufmann nach geschehenem Handel den köstlichen Gewinn vorweist, damit wir uns da rüber freuen. Er sagt daher:

Wir wissen, dass jeder, der von Gott geboren ist, nicht sündigt; sondern wer von Gott geboren ist, der bewahrt sich, und der Böse tastet ihn nicht an.

Sokrates, der berühmteste Weltweise, brach, nach dem er viele Jahre gelernt und gelehrt, in folgenden Ausruf aus: „Dieses Eine weiß ich, dass ich nichts weiß.“ Wahrlich ein wunderbarer Ausspruch. Dennoch hat Sokrates wahr gesprochen. Denn was weiß wohl derjenige, der Gott nicht kennt? Wir aber rühmen uns die höchsten Dinge zu wissen, auch wenn die Schulen dagegen Einspruch täten. Wir wissen, spricht Christus (Joh. 6), dass wir von Gott gelehrt sind: und es bedarf Niemand vom Nachbarn darüber belehrt zu werden, indem wir das Zeugnis Gottes in und haben. Auch soll Niemand denken, dass wir uns mit diesem Ausspruch rühmen wollen. Es wäre unwürdig und ein Zeichen großer Undankbarkeit von unserer Seite, wenn wir verschweigen würden, dass es ein Geschenk Gottes sei, und nicht vielmehr es offen bezeugen, zumal wenn sich dazu Gelegenheit darbietet. Es rühmen sich Andere der Kenntnisse der Gestirne, der Pflanzenkunde, der Wissenschaften, Geschichte, der Gelehrsamkeiten, was wir, wenn wir es mit dem Göttlichen vergleichen, als Torheit verachten. Darin besteht unser Ruhm, dass wir den Herrn erkennen. Und was ist denn das, was wir wissen? Zuerst wissen wir, dass die Kinder Gottes nicht sündigen, gleich wie auch der Vater nicht sündigt. Er sagt aber nicht bloß dieser oder jener, sondern jeder, der aus Gott geboren ist. Und wer ist von Gott geboren? Wer da glaubt an den Namen seines Sohnes. Wie aber sündigen sie nicht? Es deuten Einige das, so wie gestern gesagt worden, dass sie nicht zum Tode sündigen, und nachdem sie wahrhaft die Wahrheit erkannt, kehren sie nicht wieder zum Auswurfe zurück, indem sie Götzen verehren und die Brüder verfolgen. Ob hier an solches zu denken sei, wagte ich nicht unbedingt zu behaupten. Diese Worte sollen offenbar die Würde der Kinder Gottes und der Gläubigen erheben; nun ist es aber keine so große Ehre, wenn man mich zwar nicht einen Tempelräuber, aber doch einen Dieb nennt; nicht einen Vatermörder, aber doch einen Menschenmörder: dass ich nicht Todsünden, aber doch schwere Sünden begehe. Daher scheint es mir, dass hier das Nämliche zu bemerken sei, was oben Kapitel 3: Jeder, der von Gott geboren ist, sündigt nicht, dieweil sein Same in ihm bleibt, und er also nicht sündigen kann. Denn das Buch schließt sich mit einem Rückblick auf das Gesagte. Lasst uns daher nicht den Worten der Schrift hinzutun, sondern eine Stelle durch die andere erklären, damit wir nichts der Würde der Kinder Gottes entziehen. Die Kinder Gottes überwinden die Sünde, was wahrlich eine hohe Ehre ist, dieweil sie Sieger sind über Welt und Sünde. Denn mögen sie auch stets im Kampfe sich befinden, so unterliegen sie doch nicht, noch verlieren sie den Mut zum Kampfe, noch billigen sie die Sünde. Wohlan, sprichst du, war Petrus nicht von Gott geboren, der ein Bekenntnis abgelegt, welches ihm nicht Fleisch und Blut, sondern der himmlische Vater offenbart hat? Oder war David nicht von Gott geboren, über den Gott sagt: „Ich habe einen Mann gefunden nach meinem Herzen?“ Und wie sündigten sie nun? Oder sind Verleugnung und Ehebruch keine Sünden? Was hat das Licht mit der Finsternis gemein? Übrigens herrscht da nicht Finsternis, wo das Licht ist und wo Gott ist, da regiert nicht der Teufel. Das ist wahr. Aber wie, wenn die Sonne wiederum ihre Strahlen zurückzöge? Würde da nicht die Finsternis zurückkehren? Es entzieht aber auch Gott seinen Geist, wann er es will. Er wollte Niemandem sonst Ausdauer verheißen, als den Gläubigen, auf dass die Gläubigen immer bitten um Vermehrung des Glaubens und um Ausdauer: auf dass sie in Furcht bleiben, und immer besorgt, dass sie nicht sündigen, und sie mit der Braut sagen: „Ich habe meine Füße gewaschen, wie sollt' ich sie wieder besudeln? Ich habe meinen Rock ausgezogen: wie sollte ich ihn wieder anziehen?“ Wir sind ausgezogen aus Ägypten und sind der Tyrannei des Pharao entgangen, wie sollten wir wieder zur Knechtschaft zurückkehren? Sind wir mit Jesu Christo gekreuzigt, so sind wir auch mit ihm auferstanden.

Und nachdem er auferstanden wird er nicht mehr sterben, und so werden wir auch nicht mehr sündigen. Solange wir daher auf diesem Übungsplatze weilen, wollen wir kämpfen, indem wir stets das Fleisch kreuzigen, stets den alten Menschen ablegen, immer wieder aufstehen und den neuen Menschen anziehen. Was nun ferner die göttliche Vorherbestimmung betrifft, so ist es gewiss, dass diejenigen, die Gott vorher bestimmt, berufen, gerechtfertigt und verherrlicht hat, auch darin verharren werden. Wir aber sollen uns nicht auf die Vorbestimmung Gottes verlassen, und müßig das Wort Gottes gering schätzen: sondern wir sollen vielmehr um die Gabe des Glaubens bitten. Denn solange wir diese besitzen, begehen wir nicht aus Bosheit teuflische Sünden, obgleich wir aus Schwäche und Unwissenheit selbst tief fallen können; solches dient aber den Kindern Gottes zum Besten, wenn nur der Same des Glaubens nicht darunter Schaden leidet. Die Geburt von Gott wird ihn erhalten: das ist, wer von Gott geboren ist, bewahrt sich selbst, dass der Böse ihn nicht antaste, d. h. ihm schade. So spricht auch der Psalmist: „Nicht drängen soll ihn der Feind, und der Widersacher nicht drücken; ich zermalme vor ihm seine Gegner, und seine Hasser will ich in die Flucht schlagen.“ Wie wird er sich erhalten? Er wird allen Fleiß an wenden sich selbst, nicht insofern er von Adam, sondern insofern er von Gott geboren ist, zu erhalten. Er heiligt sich, wie Jener heilig ist. „Antasten“ hat in der heiligen Schrift eine wichtige Bedeutung; denn es bedeutet nicht weniger als „stürzen.“ Du darfst den Teufel herausfordern, er wird dich nicht stürzen. Diejenigen schlägt er zu Boden, die das Zeichen des Widerchristen an sich tragen, nicht die von Gott geboren sind. Es folgt nun noch eine andere Ehre:

Wir wissen, dass wir von Gott sind, und die ganze Welt im Argen liegt.

Es würde uns wenig Trost, ja viel mehr Qual gewähren, zu wissen, dass andere mit dieser Würde bekleidet seien, andere in das Reich Gottes eingehen, uns aber davon ausgeschlossen zu sehen. Was würde es uns mehr nützen, ob Christus oder ein Türk geboren worden wäre, wenn Christus nicht für uns geboren wäre? Daher spricht Paulus, er hat ihn für uns alle dahingegeben. Daraus erkennen wir seine Güte, und dass wir von Ihm seien, und zu seinen Schafen gehören. Ein Großes ist es aber zu wissen, dass uns Etwas verliehen, was Anderen nicht gewährt worden. Siehe die ganze Welt liegt im Argen. Auf der ganzen Erdfläche ruht Finsternis, und uns scheinet das Licht; die ganze Welt schwebt in Gefahr, und wir sind sicher in Christo; die ganze Welt vergeht mit ihrer Lust, und sie stürzt, wohin nur der Arge sie treibt, ja schon liegt sie hingestreckt und in Gefangenschaft. Der Nachdruck liegt auf dem Worte ganze“, so dass nicht einmal die Kinder ausgenommen werden: und so dass Alles, was sich nicht auf die Geburt aus Gott bezieht, von Natur dem Teufel zugeschrieben wird. Es werden hier auch die Pelagianer, welche die Gnade Gottes verdunkeln wollen, bekämpft, und jene Mittelchristen, die von Einigen behaupten, dass sie weder gut, noch bös seien. Sieh' aber welche Ehre das ist, dass du diese zwei Dinge weißt. Wie viele Könige, wie viele Fürsten, wie viele Reichen lässt Gott im Argen, dich aber hat sein Erbarmen ausgewählt? Denn nicht wir haben Ihn erwählt, sondern Er hat uns erwählt, und hat uns entrissen aus der Gewalt der Finsternis, und hat uns versetzt in das Reich der Liebe als Kinder Gottes. So viele Tausende starben in der Wüste: und von denjenigen, die aus Ägypten ausgezogen waren, sind nur Josua und Caleb in das Land der Verheißung eingezogen. Diese hatten das Land ausgekundschaftet, und getrauten sich in das Land einzuziehen: und ermunterten aus Liebe auch die Anderen, dass sie nicht daran verzweifeln sollen, eindringen zu können. Aber nicht allein diejenigen, welche das Land nicht erforscht hatten, kamen nicht hinein, sondern auch nicht die Kundschafter, welche die Anderen nicht ermutigt hatten. Daher lasst uns starken Mutes sein, und uns freuen und Gott danken für eine so große Gabe.

Und wir wissen, dass der Sohn Gottes gekommen ist, und uns Einsicht gegeben, zu erkennen den Wahrhaftigen. Und wir sind in dem Wahrhaftigen durch seinen Sohn Jesum Christum.

Vergebens warten die Juden auf einen anderen Messias, Christus ist erschienen im Fleische, geboren von der Jungfrau. Wie groß ist diese Ehre? Welche Wonne? Siehe der, auf den die Könige und Propheten gewartet, den zu schauen die Engel gelüstete, der die Welt gegründet hat, dieser ist erschienen. Er hat nicht einen Engel oder Erzengel gesandt, sondern er ist selbst gekommen, wie er gesagt hat: „Siehe ich, der geredet hat, bin da,“ und er hat uns diese Güter verliehen. Er selbst verleiht uns Einsicht, sich und den Vater zu erkennen. Denn von Natur können wir nicht Gott erkennen: denn wenn auch seine Gottheit aus dem, was man sieht, geschaut wird, so reicht doch nicht das Licht in uns hin, Ihn zu erkennen. Wo der Glaube nicht ist, da schwanken unsere Erkenntnisse, nichts ist uns gewiss, wir gehen von Einem zum anderen, und unsere Erkenntnis ist keine Erkenntnis. Und dieweil Christus uns Einsicht verleiht, so soll der, welcher Weisheit mangelt, sie von Christo erbeten, und er wird sie durch seine Lehre und seine Erscheinung verleihen. Er hat den Schlüssel und schließt uns auf, auf dass wir jenes Wahrhafte, das ist, jenes unzugängliche Licht erkennen: und schon sind wir in jenem Wahrhaftigen, nämlich in Jesu Christo. Dieser ist nämlich der Weg und die Türe, durch die wir eingehen, und in Ihm sind wir und verbleiben, indem wir ihm einverleibt sind durch den glauben, und durch ihn sind wir Kinder Gottes geworden: und er selbst hat unsere Sünden angenommen, wir aber seine Gerechtigkeit.

„Das ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben.“ Hier seht er gleichsam dem Sieger Christo ein Denkmal. Er will nämlich sagen: Dieser ist, wenn er gleich für uns Mensch geworden, nichts desto weniger wahrer Gott, und obgleich er für uns gestorben, ist dennoch das ewige Leben. Ihm und keinem Anderen gebühret allein Preis, Ehre und Herrlichkeit. Alle Kniee sollen sich vor dem Namen dessen beugen, dem der Vater Alles unterworfen hat; seinem Willen und Befehle kann Niemand widerstehen, da er Alles vermag. Seinem Worte glauben wir, da er Niemanden betrügt. Ihm hängen wir an, der uns erleuchten, lebendig machen, und mit ewigen Freuden beseligen kann. Das ist derjenige, von dem ich im Anfange des Briefes geredet: Was von Anfang war, was wir gesehen rc.“ Dieses Eine nur ermahne ich euch, indem ich meinen Brief schließe.

Kinder, hütet euch vor den Götzen.

Das ist: kehrt euch zu nichts Anderem als zu Ihm: denn was du nur Gott vorziehst, sei es Gold, oder Ehre, oder Freunde, oder den Bauch, oder deiner Vernunft Einsicht, so ist es ein Götze, und die ganze Welt ist voll von Götzen. Wir werden zwar nicht von den Tyrannen zur Bildsäule des Jupiters oder des Mercurs geschleppt, aber wir sind nicht besser als die Götzendiener, wenn wir solchem vor Gott den Vorzug geben. Der Herr ist erschienen, um allen Götzendienst zu zerstören, wie es Jesaja 2 heißt: „Erhaben ist der Herr allein an selbigem Tage. Und die Götzen sind gänzlich dahin.“ Es stürzen auch Einige bei der Wiederauflebung seines Wortes. Doch ich fürchte wahrlich, es möchten unsere Feinde sagen: Die Ziegelsteine sind eingestürzt, wir werden aber mit Quadersteinen bauen. An der Stelle der Bilder des Jupiters, der Venus und Minerva sind tausend andere aufgerichtet worden. Christus will uns aber nicht in dieser Niedrigkeit lassen, dass wir uns vor Steinen und Holz ehrfurchtsvoll beugen. Daher wurde auch vormals, da das Volk so stumpfsinnig war, wie jetzt, manches Andere gestattet, Bilder werden aber nicht zugelassen: wie viel mehr wäre es jetzt unwürdig, nachdem wir Christum kennen gelernt, der da will, dass wir den Vater anbeten im Geiste und in der Wahrheit, und selbst gen Himmel gefahren ist, wenn wir jetzt noch anderswohin, als zu Gott in unseren Gebeten uns wenden würden? Denn er erhob auch sein Fleisch zum Himmel, damit es nicht ein Hindernis werde, den heiligen Geist zu empfangen. Endlich heißt „die Götzen fliehen“, sich von allen Geschöpfen weg und zu Gott hinwenden. Wir sollen aber nicht sagen: also soll ich weder essen, noch trinken, so tötest du mich oder machst mich zu einem Steine. Er verbietet nichts, was die Lebensnotdurft erfordert. Flieht den Götzendienst. Er wird aber mit seiner Erscheinung nicht säumen. Dieser, spricht er, den ich euch gezeigt, ist der wahre Gott, und wir sollen mit Hintansetzung alles Andern, alle unsere Kräfte nach Ihm hinlenken, und auf Ihn unser Vertrauen setzen, Er ist unsere Hoffnung, in Ihm werden wir selig, Ihn lieben wir in allen seinen Geschöpfen, und in Allem dienen wir Ihm. Dies, meine Freunde, habe ich über diesen Brief zu erinnern, wie es mir der Herr verliehen hat, wenn ich etwas Besseres wüsste, so würde ich es euch nicht vorenthalten. Es wolle 'nun Christus verleihen, dass der Same auf gutes Land gefallen sei, damit wir im Glauben den wahren Gott erheben, und nach den vielen Beispielen der Werke wahre Liebe gegen den Nächsten üben. Es wolle uns Christus verleihen, ich bitte darum, dass wir dieses wahre Licht und auch unsere Finsternis erkennen, dass wir erkennen Christum, der da ist der Weg zum Vater, und auf diesem Wege verbleiben durch den Glauben: damit Er auch in alle Ewigkeit in uns bleibe, und die Werke tue. Amen.

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