Ökolampad, Johannes - Bibelstunden über den 1. Brief des Johannes - Siebenter Vortrag.

Ökolampad, Johannes - Bibelstunden über den 1. Brief des Johannes - Siebenter Vortrag.

Wir haben die vorigen Tage vernommen, welche herrliche Früchte der Glaube trägt, nämlich, dass wir nicht wieder in die Sünde zurückfallen, und dagegen den Nächsten lieben. Diese stellt uns aber der Evangelist unter dem Namen von Geboten dar: Daran wissen wir, dass wir Ihn erkennen, wenn wir seine Gebote halten. Und nun schildert er eine andere Frucht, indem er noch die Gebotsform beobachtet und so sagt er:

Habet nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist.

Das Licht der Wahrheit hat auch die Eigentümlichkeit, dass es durch den Glauben leuchtet, so dass es uns jedes Ding so erscheinen lässt, wie es ist. Es lässt nicht zu, dass uns das Kleine groß, und das Große klein, nicht dass das Hässliche schön, und das Schöne hässlich, noch das Gute als schlecht scheine. Daher zeigt es uns Gott als allein gut, schön, angenehm und liebenswürdig, alle Geschöpfe aber stellt es als Schatten dar und als Eitelkeiten. Diese Einsicht leitet uns dahin, dass wir das Gute lieben, die Eitelkeit aber verachten. Daher bringt der Glaube auch diese Frucht, dass er, wie er das Herz ganz Gott weiht, so es von den Geschöpfen ablenkt. Und dieses ist wahrlich keine geringe Tugend. Denn Viele haben, dem Anscheine nach, Frieden mit ihrem Nächsten (und welch' großes Gut ist nicht der Friede an sich! wie quält der Neid die Herzen! welche Vorteile bringt nicht die Freundschaft mit sich!) dennoch haben sie sich noch nicht über die irdische Dinge erhoben, indem sie noch in Wollüsten versunken sind. Wo aber der wahre Glaube ist, entreißt er den Menschen aus dem Sumpfe, indem er ihm verbietet die Welt, noch was in der Welt ist, zu lieben. Denn wir sind nur Fremdlinge in dieser Welt, hingegen Bürger des Himmels. Wir haben hier keine bleibende Stätte, und sind für die Welt gekreuzigt, sowie die Welt für uns gekreuzigt sein soll. Sowie auch David spricht: „Ihr Menschenkinder, wie lange wollt ihr mein Herz betrüben? warum liebt ihr die Eitelkeit und sucht die Lüge?“ Und der Weise: „Wie lange, Einfältige, wollt ihr Einfalt lieben? und ihr Toren, das wünschen, was euch schädlich ist?“ Wohl darf man die Welt mit Allem, was darinnen ist, Eitelkeit und Lüge nennen. Denn nichts ist in ihr fest, nichts zuverlässig, nichts wahrhaft angenehm. Und so sagt wiederum Salomon: „Eitelkeit der Eitelkeiten, alles ist Eitelkeit.“ Wohl ist es aber das Törichteste, was wir tun können, wenn wir diese Eitelkeiten Gott vorziehen. Du wirst aber dagegen sagen: das ist nicht christlich, sondern töricht, ja blödsinnig, zu verlangen, dass Niemand Sinn und Neigung für diese Dinge habe. Mein Lieber, wenn dir nur nicht diejenigen, die sich der Trostmittel dieser Welt entwöhnt haben, als töricht erscheinen; denn diese werden vom himmlischen Standpunkte aus anders beurteilt, indem Gott sie liebt, und ihnen die Geheimnisse, welche er den Weisen dieser Welt verborgen, offenbart. Ein Anderer wendet wieder ein: Hat Gott nicht die ganze Welt, und Alles, was darinnen ist, erschaffen? und als er ansah, was er geschaffen, schien ihm nicht Alles gut, wie Gen. 1. geschrieben steht? Sollen wir sie daher nicht mit Recht lieben. Denn wenn wir sie nicht lieben dürften, ist offenbar die Welt und was darinnen ist an sich böse. Diesen soll man aber wissen lassen, dass unter „Welt“ nicht die Geschöpfe Gottes zu verstehen sind, sondern diejenige Welt, dessen Fürst der Teufel ist, und welche die Finsternis und die bösen Begierden in sich begreift. Daher hindert's dich nicht auch die Geschöpfe Gottes zu lieben, wenn du sie nur nicht dem Schöpfer vorziehst. Und wenn wir die Güter dieser Welt nicht in dem Grade lieben dürfen, so ist uns doch nicht verboten, sie zu benutzen, wenn wir nur nicht außer Acht lassen, dass es Gnadengaben seien. So spricht auch der Weise: „So seh' ich nun das für gut an, dass es fein sei, wenn man isst und trinkt und gutes Mutes ist in aller Arbeit, die einer tut unter der Sonne sein Leben lang, das ihm Gott gibt; denn das ist sein Teil. Denn welchem Menschen Gott Reichtum und Güter und Gewalt gibt, dass er davon isst und trinkt für sein Teil, und fröhlich ist in seiner Arbeit; das ist eine Gottesgabe.“ Zwar ist nicht durchaus jede Liebe zu den Geschöpfen verboten, nur sollen wir nicht die Liebe, welche wir Gott schuldig sind, den Geschöpfen zuwenden, sondern diese insoweit lieben, als in ihnen die Güte Gottes widerstrahlt. Man liebt sie also im gewissen Grade mit Recht, aber nur so, dass wir alle Liebe, die wir ihnen zuwenden, Gott weihen. Daraus folgt auch, dass wir dasjenige zumeist lieben sollen, in welchem die Herrlichkeit Gottes am deutlichsten sich offenbart; nicht was den törichten, sondern was den himmlischen und göttlichen Menschen verrät. Daraus entspringen Gerechtigkeit, Erbarmen und andere Tugenden. Wenn aber solche Liebe gegen Gott wäre, so würde uns mit Unrecht geboten, die Eltern zu lieben, und mit Unrecht hinwieder wäre Kindesliebe ihren Herzen angeboren; und der Apostel würde (2. Tim. 3, 3.) mit Unrecht die „Lieblosen“ unter die Lasterhaften zählen. - Die Aufgabe des Christenmenschen ist ferner, auf jenen Tod zu sinnen, durch den er der Welt abstirbt, und durch keine Neigungen weder zu Freunden noch zu Gütern dieser Welt sich vom Rechten verleiten zu lassen. Wie auch Christus sagt: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert!“ Und wiefern diese Gottesliebe allein in uns herrschen soll, sagt er in der Folge:

So Jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters,

Wer noch die Welt liebt, der liebt weder Gott recht, noch den Bruder in Gott; denn er sucht nicht Gott in den Geschöpfen, sondern in Gott und in den Brüdern sucht er nur die Welt.

Daher kann die Gottesliebe und die Weltliebe nicht in einem und demselben Herzen wohnen; so wie es auch unmöglich ist, Gott und dem Mammon zugleich zu dienen. Auch ist keine Gemeinschaft zwischen der Finsternis und dem Lichte; nicht als wären die Geschöpfe nur böse und Finsternis, sondern, weil derjenige, welcher nicht Gott ehrt im Geschöpfe, die Finsternis ehrt. Wenn indessen der Evangelist hier statt der „Liebe Gottes“ die „Liebe des Vaters“ sagt; so will er uns dadurch an unsere Würde erinnern, dass wir uns Kinder Gottes seien; und an die Eintracht und Liebe, die wir untereinander haben sollen, da wir alle Einen Vater haben. Weil nun die Welt und was in der Welt ist, ein Anderes ist, so lehrt er, was wir in der Welt zu fliehen haben, und was unserer Liebe unwürdig sei.

Denn alles, was in der Welt ist: des Fleisches Lust und der Augen Lust und die Hoffart des Lebens, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt.

Hier nennt er uns drei Hauptfehler, welche den größten Teil der Menschen von Gott abziehen; wir können sie mit anderen Namen einfach bezeichnen, als Hoffart, Habsucht und Schwelgerei. Man findet viele Menschen, die nicht der Wollust, aber der Habsucht ergeben sind, und wiederum viele, die nicht habsüchtig, wohl aber ausschweifend sind. Endlich gibt es solche, die weder habsüchtig noch ausschweifend sind, aber sie sind von Hochmut aufgeblasen, wenn nicht über andere Dinge, so doch über ihre Werke und ihre Heiligkeit, indem sie sich vor Anderen oder unter sich deren rühmen. Zu diesen drei Sünden versuchte auch der Teufel Christum zu verleiten. Um in ihm die Lust oder die fleischliche Begierde zu erregen, sprach er: „Wenn du Gottes Sohn bist, so sprich, dass diese Steine Brot werden.“ Und indem er ihn zu eitler Ruhmsucht verleiten wollte, befahl er ihm, sich von der Zinne des Tempels zu stürzen. Endlich wollte er ihn zur Habsucht verführen, indem er ihm alle Reiche dieser Welt anbot. Gegen diese Übel müssen wir auch nach dem Vorbilde Christi kämpfen, und so in seiner Liebe den Nächsten lieben und die Welt geringschätzen, sintemal er auch früher also gehandelt.

Betrachte noch die Kampfweise Christi. Gegen die Begierde des Fleisches, die er in sich vollkommen überwunden, hat er für uns gefastet, Mühsal ertragen, ja ist er gegeißelt und gekreuzigt worden; gegen die Augenlust befand er sich in der äußersten Armut, indem er nicht hatte, wo er sein Haupt hinlegen konnte. Indem er uns in Demut diente und dem Vater gehorsam war bis zum Tode, hat er durch die Tat bewiesen, wie fern er vom Stolze sei. Daraus erkennen wir, wer weltlich gesinnt sei oder nicht. Lass dich aber hierin nicht täuschen durch Heuchelei derer, welche von sich sogar behaupten, sie seien der Welt abgestorben, sie seien geistlich und nicht weltlich, weil sie die Gemeinschaft der Menschen geflohen und in die Einsamkeit gezogen, und sich durch Kleidung, durch Enthaltung von gewissen Speisen, und durch eine besondere Lebensweise auszeichnen. Über diese Dinge hat uns Christus keine Vorschriften gegeben. Auch sind wir durch Beobachtung solcher Äußerlichkeiten weder weniger noch mehr weltlich gesinnt. Das Reich Gottes ist in uns und so auch die Welt, und in unseren Neigungen lieben oder fliehen wir sie. Es herrscht in Klöstern die Welt im eigentlichen Sinne und es zeigen sich daselbst die nämlichen Erscheinungen, wie in der äußeren Welt. Wie töricht ist es, dass sie sich mit dem Demutsschein des Gehorsams schmücken wollen, indem sie nicht gestatten, den Eltern zu gehorchen und dem Nächsten zu dienen. Sie wollen aller menschlichen Arbeit enthoben sein, gleich als wären sie Söhne Gottes und als müsste ihnen alle Welt dienen, und zwar dies Alles wegen einer erheuchelten Werkheiligkeit, der sie sich rühmen und mit der sie Handel treiben, indem sie Andere des Verdienstes derselben teilhaftig machen wollen. Ja sie halten Alles, was ihnen eigentümlich ist, für so heilig, dass andere Leute es gar nicht berühren dürfen. Für wahr! in Vergleich mit diesen kann man die Pharisäer demütige Leute nennen. Auch wird bei ihnen keineswegs Augenlust vermisst. Denn wo findet man lieblichere Gärten, wo herrlichere Gebäude, wo sorgfältiger bearbeiteten Hausrat, wo köstlichere Bilder, wo so gesuchtes Rauchwerk als bei ihnen? Sie haben Äcker, Weinberge, Wiesen, Landhäuser, Erblehen und Zehnten an sich gezogen und auf alle Weise vorgesorgt, dass sie nie Mangel leiden müssen, und dass ihnen weder Hagel noch Frost Schaden bringen kann. Und dieses geschieht Alles unter dem erheuchelten Vorwande der Armut. Und was soll ich von der Fleischeslust reden? Auch diese wird von ihnen nicht nach Gebühr gezügelt. Denn es gibt unter den Menschen solche, welche die öffentlichen Huren an Ausschweifungen übertreffen. Was aber heimlich geschieht, verbietet uns der Anstand zu sagen. Aber auch angenommen, dass sie sich der Wollust äußerlich enthielten, so magst du selbst denken, wie die Begierden des Herzens beschaffen sein mögen, wo man bei üppigen Gastmählern und reichlichem Weingenusse aller Arbeit müßig geht. Kurz sie sind faule Bäuche und unnütze Erdenlasten. Wo solcherlei getrieben wird, wer kann leugnen, dass die Welt nicht da herrsche; denn solches streitet wider Gott. Wo dagegen solches irgend verschmäht wird, sei es in den Palästen der Fürsten oder in den Klöstern, da darf man in Wahrheit behaupten, dass die Welt nicht herrsche. Und warum soll man das fliehen, was in der Welt ist? Es antwortet uns Johannes darauf, indem er von der Hoffart und der Einbildung spricht:

Ist nicht vom Vater, sondern von der Welt.

Die Kinder dieser Welt lieben die Hoffart, der himmlische Vater widersteht den Hoffärtigen, den Demütigen aber gibt er Gnade. Und jegliche Pflanze, die nicht vom himmlischen Vater gepflanzt ist, wird ausgereutet. Gott ist ein Geist, der heilig ist und unbefleckt. Wer daher Gott liebt, trachtet nach dem, was des Geistes, heilig und unbefleckt ist. Noch einen anderen Grund gibt er, warum wir die Welt mit dem, was drinnen ist, verschmähen sollen, indem er spricht:

Die Welt vergeht mit ihrer Lust. Wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.

Ähnlich schreibt Paulus (1 Kor. 7, 31: „Die Gestalt dieser Welt vergeht.“ Hinsinken muss einst jenes stolze Babel, wie schön sie auch sei, mit all ihren Palästen, Freuden und Herrlichkeiten. Wenn aber auch der Reiz der Wollust beim Sünder vergeht, so bleibt dennoch Schuld und Strafe in Ewigkeit. Solches zeigt uns jener reiche Mann im Evangelium. Im Leben kleidete er sich alle Tage mit Purpur und köstlicher Leinwand, und hielt glänzende Gastmähler, und nun ist er aller seiner Güter beraubt und hat nichts, woran sich sein Auge ergötzen könnte; ja nicht einmal ein Tropfen Wassers, um seine Zunge zu kühlen, wird ihm gewährt. So viel Freude er einst genossen, so viel Pein muss er nun erdulden. Daher gereicht uns jenes Gebot zum Heile, dass wir die Welt verachten, Gott lieben und uns in Ihm freuen sollen. Denn wer den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit. Und was ist der Wille Gottes? Unsere Heiligung. Unsere Heiligung aber erlangen wir durch den Glauben an Jesum Christum, denn durch diesen Glauben werden wir befähigt, uns untereinander zu lieben, und uns rein zu erhalten von der Befleckung dieser Welt. Wer solches tut, der steht fest begründet auf einem Felsen, und kann durch keine Stürme gestürzt werden. Darum lasst uns beten, dass uns solches der himmlische Vater gewähre durch Jesum Christum. Amen.

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