Ökolampad, Johannes - Bibelstunden über den 1. Brief des Johannes - Zweiter Vortrag.

Ökolampad, Johannes - Bibelstunden über den 1. Brief des Johannes - Zweiter Vortrag.

Es ist wohl nicht notwendig, dass wir von Neuem das Lob des göttlichen Johannes erheben; auch wäre es nicht gestern notwendig gewesen. Was an und für sich lobenswürdig ist, erscheint als solches, wenn es auch Niemand erhebt; ja zuweilen wird es sogar durch den Schmuck des Lobes eher verdunkelt als ins Licht gestellt. Eine schöne Frau entstellt die Schminke und der unmäßige Schmuck. Aber gestern lobten wir, weil wir gemahnt wurden, seine erhabene Lehre, sowie seinen unbezweifelten Glauben nicht zu verschweigen. Nun nötigt uns innerer Kummer ein Anderes zu bevorworten, was einerseits zum Lobe unseres Evangelisten gereicht, anderseits den Trug, die Hinterlist und Bosheit unserer Feinde aufdecken soll. Es pflegen die Teufel, wenn sie sehen, dass eine Sache den Menschen im höchsten Grade nützlich und wert sei, und wenn sie gewahren, dass dieselbe teurer sei, als dass sie verhasst gemacht werden könnte, neue Künste aufzusuchen, damit der Gebrauch der Sache, während sie selbst in Übung bleibt, verkannt, vernachlässigt, verdunkelt und endlich verändert werde. So geschieht es, dass Übungen, welche nach ihrer ursprünglichen Einsetzung sehr heilsam sind, durch den späteren Brauch verderblich werden. Beispiele davon stehen uns viele zu Gebote. Was ist heilsamer, was ist herrlicher als das Geheimnis des Kreuzes; und was würdigen sie mehr ab zum Dienste des Aberglaubens und der Heuchelei als gerade dieses? Was ist köstlicher als das Sakrament der Danksagung, und zu welchem Missbrauche ist dasselbe nicht unter ihren Händen ausgeartet? Wer weiß nicht, dass jene Heuchler und Heiligtumskrämer (Simonisten) durch eine solche verabscheuungswürdige Entheiligung dieses Sakramentes den Zorn Gottes auf uns herausfordern? So weiß der vielgewandte Feind, weil er, überwunden, die Herrlichkeit des Evangeliums, vorzüglich desjenigen, welches Johannes schrieb, nicht zu verdunkeln vermochte, durch seine Künste dahin zu bringen, dass die Menschen den Namen des Evangeliums erheben, es mit goldenen Buchstaben schreiben und auf der Brust tragen, beim Lesen desselben Weihrauch brennen und Leuchter anzünden, den Altar mit Purpur schmücken; und dem Lesen desselben in einer unverständlichen Sprache viel Macht zuschreiben, z. B. Hagel und Ungewitter von den Feldern zu entfernen, ja es diene als heiliges Schutzmittel (Amulett), bewahre die Wöchnerinnen vor bösen Geistern und bringe zeitliches Glück. Solches kann aber der böse Geist gelassenen Mutes ertragen, ja er leitet zumeist dazu an, damit der Sinn der Menschen darin verstrickt werde, und sie den wahren Nutzen, der uns daraus werden sollte, nicht erlangen. Denn er erschrickt nicht vor dem Buchstaben, der da tötet, aber vor dem Sinne und Geiste des Evangeliums erzittert er; denn dieser entkleidet ihn all seiner Waffen und Rüstungen, bindet und foltert ihn. Daher will ich euch ermahnt haben, dass ihr, wenn das Evangelium euch herrlich und angenehm erscheint, nicht an der äußeren Rinde des Buchstabens hangen bleibt, sondern dass ihr den Geist durch den Glauben auffassen sollt. So vermöge man den Feind zu überwinden, und nicht nur vermag weder Hagel, noch Wasserfluten, sondern überhaupt nichts Zeitliches dem zu schaden, der durch den Glauben an das Evangelium nicht über diese Welt erhaben ist, aber doch in jene Welt hineinreicht; und in Kraft des Evangeliums schätzt er Alles gering, was die Welt anstaunt und bewundert. Solches ist den Teufeln, welche stets unser Heil beneiden, unerträglicher als jeglicher Blitz. Wenn unsere Feinde in eine schlimme Lage geraten, so verbergen sie sich gewandt hinter andere Blendmittel. Dieweil es schon oft vorgekommen, dass sie ihre Zuflucht zu einem gedankenlosen Hersagen der heiligen Worte, oder zu einem unverstandenen Bekenntnisse des Evangeliums genommen; so bitte und beschwöre ich dennoch, nie zu glauben, dass die Gegner nicht einen Betrug im Schilde führen; indem ihre Flucht stets mit Hinterlist begleitet ist. Denn der Feind arbeitet emsig, dass du auf dieses Geringere dein Vertrauen setzt, statt an Gott zu glauben, und dass du so statt ein frommer und gottesfürchtiger, ein abergläubischer und unfrommer Mensch wirst, und so, nachdem du das Heiligere vernachlässigt, im Dienste der Verächtlicheren erfunden wirst. Es mag sein, dass Gewitter und andere Übel durch das bloße Hersagen der nackten Worte des Evangeliums ohne Verletzung des Glaubens entfernt werden, wie ich es nicht leugne, dass dieses geschehen könne, so dient auch dieses nur zur Verherrlichung des Namens Christi und seines Evangeliums. Aber horch', Satan, wenn du wirklich fliehst, und nur der tote Buchstabe dich so in Schrecken jagt und überwindet, was wirkt nicht erst der lebendigmachende Geist? Wie viel schrecklicher muss für dich sein, wenn der Herr dir mit seinem eigenen Munde gebietet? Wenn du aber nicht wirklich fliehst, sondern Flucht heuchelst, wie es wahrscheinlich ist; denn du scheust dich auch nicht von den Zeugnissen der heiligen Schrift Missbrauch zu machen; was ist anders zu argwohnen, als dass du uns durch diese Flucht das Bessere entziehen wollest, damit wir uns, wie die kriechenden Tiere festklammern an der Erde, das ist am Buchstaben, und nicht im Geiste und in der Wahrheit Gott mit den Engeln erkennen und lobpreisen wollen? Geht dein Anschlag nicht dahin, uns verdammungswürdiger zu machen als die Juden? Diese fanden nämlich Christum nicht, indem sie sich am Buchstaben des Gesetzes hielten, und wir würden den Gefundenen wieder verlieren. Das Wort Gottes ist wohl in unserem Munde, aber sein Geist fehlt in unserem Herzen; solange wir nicht das Weltliche verachten, und uns nicht nach dem Himmlischen sehnen, sondern uns selbst gefallen, weil wir gewandt und scharfsinnig über göttliche Dinge reden. Auch so halten wir das Evangelium für etwas Herrliches. So siehst du, dass selbst der Teufel auf diese Weise dem Evangelium huldigt, so dass die Herrlichkeit des Evangeliums auch so anerkannt und nur der Gebrauch desselben in unserer größeren Verdammnis in Missbrauch verwandelt wird. Täuschen wir uns nicht; „das Reich Gottes besteht nicht in Worten, sondern in Kraft;“ lasst uns danach ringen und Gott darum bitten, dass das Wort Gottes im tiefsten Grunde unseres Herzens Wurzel schlage, damit die Finsternis des Teufels aus demselben verschwinde, und wir uns täglich im Erfüllen dieses Wortes erneuern. Wenn wir einen kurzen Rückblick auf unseren gestrigen Vortrag werfen, welche Finsternis wurde da aufgeklärt, wie viele Sekten und Spuren des Teufels wurden da entdeckt und nachgewiesen, und das Alles durch das Licht des göttlichen Wortes. Es hätten nicht entstehen können jene nichtswürdige aller Sekten, die der Arianer1) nämlich, welche leugnen, dass der Sohn gleich ewig sei mit dem Vater; dieweil es keine Zeit geben kann, in welcher der nicht war, der schon im Anfange gewesen. Als schwachsinnig werden die Ebioniten2) erklärt, welche Christum nicht als Gott bekennen wollen, da doch Christus das ewige Leben ist, welches beim Vater war. Wo wollen sich Apelles3) und die Manichäer4) verbergen, welche einen gespensterhaften Christum erdichten? da der Evangelist so viel Mal wiederholt, dass sie den gesehen und gehört, ja mit den Händen befühlt, der von Anfang gewesen; soll man sie nicht nach ihrem Namen Geistesverwirrte nennen? Über die Torheit der Heiden und die Treulosigkeit der Juden bedarf es nicht, dass man rede; denn diejenigen, welche das Evangelium angenommen, haben schon längst den Irrtümern derselben entsagt. Es schmerzt den Teufel, dass diese seine Heerscharen niedergestreckt worden; aber nichts desto weniger führt er unbesiegt bald neue schrecklichere und listigere Scharen ins Feld; wenn ihr aber das Wort Gottes wahrhaft liebt, so werden auch diese fallen und aufgerieben werden. Und was sind das für neue Schlachtreihen und Heerhaufen? Es sind nicht so ganz neue, sondern sie gleichen ganz den vorher Geschlagenen, wenn nicht ebendieselben zu unserem größeren Schaden in Schlupfwinkeln Hinterhalt bereiten. Und wer sie nun sind, vernimm! Es sind diejenigen, welche sich einzig des Namens des Glaubens rühmen, die christlichen Tugenden aber, wie Liebe, Geduld, Demut, Bescheidenheit, Nüchternheit und andere ganz vernachlässigen. O wie viele Tausende halten sich in diesem Lager des Teufels auf. Wiederum andere sind es, welche reich sind an Werten, und viele Zeremonien zur Schau tragen; es sind das die Schüler der Pharisäer, welche ohne Glauben oder doch nicht durch den Glauben allein die Rechtfertigung zu erlangen vermeinen. Wie groß ist auch ihre Zahl! Wenn diese beiden Heere geschlagen sind, so ist völlig um den Antichrist, und um die Tyrannei des Teufels geschehen. Zur Überwindung dieser Feinde liefert dieser im höchsten Grade evangelische Brief die kräftigsten Waffen.

Und nicht allein dieses bietet er uns, sondern er gibt auch in einem kurzen Zusammenhange sehr bestimmte und unverfälschte Grundzüge des christlichen Lebens, dass wir uns danach richten sollen. Wenn nun das Evangelium nicht missbraucht noch hintangesetzt wird, so gereicht es im höchsten Grade dem Teufel zum Schrecken, uns aber zum Heile. Doch wir wollen die Stelle lesen, die wir nun ferner auslegen.

Und das ist die Verheißung, die wir von ihm gehört haben, und Euch verkündigen.“ Andere lesen hier sowohl in lateinischen als deutschen, alten wie neuen Ausgaben „und das ist die Verkündigung.“ Ich aber ziehe die Lesart „Verheißung“ vor, denn im Griechischen heißt es „επaγγελia“ was überall mit Verheißung übersetzt wird; Verheißung ist auch mehr als Verkündigung. Oben hatte er Verkündigung gesagt, hier nennt er es Verheißung, um uns mehr im Glauben zu bestärken. Verheißen wird aber das himmlische Bürgerrecht, und jene vollkommene Freude in Gemeinschaft mit Gott, dem Vater und unserem Herrn Jesu Christo, samt allen Heiligen. Was kann aber Höheres als dieses gesagt oder gedacht werden? Wahrlich es ist uns nicht möglich, es ganz auszusprechen oder zu denken! Es hat aber der Herr verheißen, da er betete und wegen seiner Würde erhört wurde, Johannes 17: „Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast, damit sie Eins seien, sowie wir Eins sind.“ Und wiederum: „Ich bitte nicht allein für sie, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben werden, damit sie Eins seien, sowie du Vater in mir, und ich in dir, damit auch sie in uns Eins seien.“ Begehrst du wohl eine andere Verheißung? Joh. 14 sagt er: „So Jemand mich liebt, und mein Wort hält, so wird ihn mein Vater lieben, und wir werden zu ihm kommen, und Wohnung machen bei ihm.“ Und das ist die Verheißung, welche unseren Vätern geworden, und das Land der Verheißung, wo Milch und Honig fließt: der Berg der Erbschaft, nach dem vor Allem unsere Sehnsucht geht, auf welchem wir gepflanzt werden; und wohin zu gelangen, wir uns mit allen Kräften anstrengen sollen. Sowie ferner die Kinder Israels, als sie im Begriffe standen, in das Land der Verheißung einzuziehen, Kundschafter vorausschickten, welche Nachricht gaben dem Volke von der Fruchtbarkeit des Bodens und der glücklichen Lage des Landes, wodurch dasselbe freudiger wurde zum Gehorsam gegen Gott und bereit, Ägypten zu verachten: so wird es auch uns zuträglich sein, sintemal wir bisher sehnsüchtig zurückgeblickt haben auf das schmutzige und finstere Ägypten dieser Welt, auf jene Kundschafter zu horchen, denen die Glückseligkeit unseres wahren Vaterlandes offenbar geworden.

Es verdienen aber nicht alle gehört zu werden. Denn obgleich alle Kundschafter getreulich berichteten, wie groß die Fruchtbarkeit des Landes sei, welches der Herr verheißen hatte, wie fest die Städte und wie stark die Einwohner, so geschah dieses doch nicht mit der rechten Klugheit und mit dem rechten Eifer, um das Volk zu entflammen, in das Land einzudringen, ja im Gegenteile, um es davor abzuschrecken, und was an ihnen lag, hätten sie eher den Rückzug nach Ägypten als den Einzug in das gelobte Land bewirkt. So sind auch jetzt nicht alle Kundschafter und Führer geeignet, uns in das Land der Verheißung zu führen. Man kann im Gegenteile solche sehen, welche eher von Christo wegführen, als dass sie zu ihm, der da ist das ewige Leben, hinleiten würden. Wenn wir auch auf solche unser ganzes Vertrauen setzen würden, so würde es uns doch nichts nützen.- Denn sie lehren nicht den Glauben, ohne welchen wir aber so schwach sind, dass wir unmöglich in jenes selige Land gelangen können, sintemal viele Hindernisse im Wege stehen und bewaffnete Riesen von uns, die wir unbewaffnet und des Krieges ungewohnt sind, überwunden werden müssen. Doch seid guten Mutes, wir haben den besten Kundschafter gesunden, ich meine unseren Johannes, welcher den unerschrockenen Josua oder Caleb aufmuntert: indem er uns nicht nur die Herrlichkeit des Landes, in welches wir einziehen sollen, getreulich verkündigt, sondern uns auch den Weg zeigt, auf welchem wir dahin gelangen, und uns dazu Mut einspricht. Daher horcht auf diesen! Zuerst bezeugt er selbst die Seligkeit der Verheißung, sodann will er, dass wir zur Erkenntnis unserer Schwäche gelangen: und so weist er uns auch den Weg zu unserem Heile, auf welchem wir Schwache und Verlorene, mit dem höchsten und seligsten Gute vereinigt werden und Gemeinschaft haben. Lass uns nun sehen, was er sagt.

Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis.

Verkehrt und zum Verderben beginnen Einige den Weg der Rechtfertigung und des Heiles zu lehren, indem sie nur von der Betrachtung unseres Verderbens, von der Furcht vor dem Gerichte, von der Aufzählung der Sünden, von der Furcht vor Hölle und Strafe reden; dagegen nichts vom Evangelium der Gnade und von der Barmherzigkeit Gottes. Denn zum größten Schaden für die Seele lehren sie den Weg der Verzweiflung und machen Gott verhasst. Wahrlich ein solcher Lehrer ist der Teufel selbst, denn er raunt uns stets in die Ohren: Siehe hier und dort deine Sünden, nahe ist der Richter, die Hölle tut ihren Rachen auf, um dich zu verschlingen. Was hast du, der du von Sünden entstellt und voll Laster bist, mit Gott gemein? Unser Lehrer der göttlichen Dinge fängt glücklicher an, indem er uns den Glanz der göttlichen Herrlichkeit vor die Augen führt; und wenn wir diese auch nur unvollkommen und schwach anzuschauen vermögen, so wird unsere Seele doch notwendig von Sehnsucht und Liebe nach ihr ergriffen; und wenn sie dann von ihr erleuchtet wird, so muss sie von selbst die eigene Hässlichkeit verabscheuen. Solange wir aber nicht jene Herrlichkeit und Güte gekostet haben, ist alle Mühe umsonst, und wenn du vielleicht auch dein sündliches Leben äußerlich verwünschst, so hast du doch innerlich Wohlgefallen daran, und liebst mehr die größte Finsternis als das Licht. Daher erklärt der Evangelist kurz, Gott sei Licht und fern von aller Finsternis. Auch der Psalmist lehrt diesen Weg, indem er betet: „Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten, und bringen zu deinem heiligen Berge und zu deiner Wohnung“ (Ps. 43, 3). Und wiederum tretet herzu und lasst Euch erleuchten, und verbergt nicht Euer Antlitz.“ So hatte auch das Volk Gottes während der Nacht eine Feuersäule zur Leuchte durch die Wüste. Hieraus ersiehst du, was wir vor Augen zu stellen haben, und wessen wir bedürfen. Hier sollst du jedoch nicht so einfältig sein, wie einst die Anthropomorphiten5), welche Gott menschliche Glieder andichteten, und so dir einbilden, dass in Gott irgend ein dem irdischen ähnliches Licht sei. Du hast hier an nichts Körperliches zu denken, obgleich dich das Licht der Sonne zum göttlichen Lichte hinleiten kann. Die Wahrheit selbst ist ein Licht. Und so wie das irdische Licht bewirkt, dass unsere Augen sehen, und dass die irdischen Dinge gesehen werden können: so bewirkt auch jenes himmlische Licht, dass wir sehen und dass die Dinge am richtigsten in ihrer wahren Beschaffenheit gesehen werden, da es das wahrhaftige Licht ist, welches sich selbst und Alles am richtigsten erkennt. Man sagt die Wahrheit sei zwiefach; die eine Seite bestehe darin, dass der Verstand im Verstehen nicht getäuscht werde, die andere darin, dass die Sache nicht geschminkt, oder sonst verfälscht werde; wie wir auch das Gold wahr (unverfälscht) zu nennen pflegen. So sagen wir von Gott, weil in Ihm die Wahrheit ist, Er sei die Quelle aller Erleuchtung und aller Weisheit, ja Er sei die Wahrheit selbst, das wahre Licht und die klarste Wahrheit. Dieses Licht hat auch nicht den geringsten Schatten oder die geringste Dunkelheit in sich; daher spricht der Apostel, Gott wohne in einem unzugänglichen Lichte. Natürlich entspricht seine Macht und sein Wesen seiner Erkenntnis weil daher das Licht unendlich ist. so muss notwendig auch seine Kraft und Macht unendlich sein; und weil Er Unendliches erkennt, so vermag Er auch Unendliches; weil Er daher die unendliche Güte erkennt, so ist Er auch unendlich gut, das heißt, wie Er die Wahrheit selbst ist, so ist Er auch die Allmacht und Güte selbst. Was aber irgend nur schön, wünschenswert, angenehm und liebenswert ist, das Alles wiederstrahlt nur schwach jenes unvergleichliche Licht und jene Wahrheit. Wenn uns schon Rohes und Unlauteres, ja Stinkendes zur Liebe entflammt; wie viel mehr wird uns jenes liebliche, ewige und reinste Licht durch den kleinsten Strahl mit Sehnsucht erfüllen, zumal da sonst nirgends Leben, noch Wahrheit, noch Seligkeit ist, als in diesem Lichte? Dieses Licht ist das Leben für alle, die da sehen, das höchste Gut für alle, die da leben, ein Gut, das alle Sehnsucht stillt. Ich frage dich, welcher ist wohl glückseliger, der dem Schatten oder der der Sache selbst nachstrebt? Du wirst den Schattenjäger nicht glücklich preisen, sondern ihn bedauern, wenn er den Schatten statt des Wesens umfasst. Da nun Gott allein das Licht ist, so ist Er auch allein gut, wie Christus dem Pharisäer antwortet: was nennst du mich gut? niemand ist gut, als Gott allein. Er allein ist heilig, Er allein angenehm und liebenswürdig, weil er selbst das Licht und die Wahrheit ist; alles Andere aber genügt uns nur als Schatten. Ihm allein ist unsere Liebe geweiht, nach Ihm geht unsere Sehnsucht, ja Er ist unsere Liebe und Sehnsucht selbst: nach diesem Lichte blicken wir, und verschmähen gerne den ägyptischen Knoblauch und die ägyptischen Zwiebeln. Gern erklären wir alles Andere als eitel, vergänglich, trügerisch und verabscheuungswert. Wir bezeugen, dass es nichts Anderes gibt, in welchem nicht Finsternis ist. In diesem Lichte allein gibt's keine Finsternis Du kannst Gott keiner Ungerechtigkeit, keiner Unbarmherzigkeit, noch irgend eines Irrtums beschuldigen, auch ist nichts Robes, nichts Unreines, nichts Unvollkommenes in ihm. Er ist vollkommen, und kein Fehler ist an ihm. Habe ich nicht recht gesprochen, indem ich sagte: das sei das Land der Verheißung, in welchem Milch und Honig fließt?

So wir sagen, dass wir Gemeinschaft haben mit ihm, und in der Finsternis wandeln, so lügen wir, und tun nicht nach der Wahrheit.

Ich habe dir die wahre Glückseligkeit geoffenbart, sagt er: aber wir sehen viele, welche dieses Licht entweder gar nicht oder nur flüchtig erkannt, und dabei nicht an dasselbe wahrhaft geglaubt, die sich selbst missleiten und sich überreden, dass sie glückselig seien, und in jenes Land schon eingezogen; ja sie rühmen sich, sie seien gläubig und haben auch Gemeinschaft mit jenem unendlichen Lichte, obgleich sie nicht von jener beständigen Sehnsucht nach den himmlischen Dingen erfüllt werden, sondern nur den Schatten nachjagen, ja der Finsternis selbst, nämlich der Eitelkeit und der Herrlichkeit dieser Welt, den Lüsten und Mutwillen des Fleisches. Sie besudeln ihre Hände mit Blut, haben Teil mit den Ehebrechern, gehen mit den Dieben, wenn sie solche sehen. Wir sagen nicht zu wenig. Sei versichert, dass jene sich selbst irre führen, und noch im finsteren Ägypten wandeln. Denn so Viele Teil haben an diesem Lichte, ändern auch ihre Lebensweise. Das ist echte und dichte Finsternis, wenn man Gott nicht kennt, und diese Finsternis ist über ganz Ägypten dicht verbreitet. Die Ägypter und die Fleischlich-gesinnten wissen nicht, was Gottes ist, und wie viel weniger erkennen sie Ihn selbst? Der tierische Mensch, spricht der Apostel, erfasst das nicht, was Gottes ist. In ihrer Torheit legen sie sich den Namen Christen bei, und geben sich für Christen aus, in der Tat aber sind sie gottlose Ägypter und fleischlich-gesinnte Menschen. Auch wenn es selbst Apostel wären aus der Zahl der Zwölfen, und wenn ich es selbst wäre, spricht hier Johannes, der mich rühmte derlei, in einer unanständigen und diesem göttlichen Lichte unwürdigen Weise, so wäre ich ein Lügner und der Wahrheit fremd. Denn wohin jenes Licht nur leuchtet, gewährt es nicht, dass wir im Finstern wandeln, sondern leitet uns zur Ähnlichkeit mit Gott. Und wie dieses?

So wir aber im Lichte wandeln, wie Er im Lichte ist, so haben wir Gemeinschaft mit einander, und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von allen Sünden.

Alsdann kannst du zuversichtlich glauben, du seist in das Land der Verheißung gekommen und hast Gemeinschaft mit jenem Lichte, wenn du aus Liebe zu diesem Lichte - indem du im Lichte wandelst - nichts Anderes tust, als wozu dieses Licht dir vorleuchtet, und dein ganzes Wesen nach diesem Lichte zu gestalten strebst, indem du dich den Werken des Fleisches entfremdest, und dem nachjagst, was geistlich ist. Alsdann wirst du auch kein Heuchler sein, der äußerlich heilig scheint und innerlich ärger ist als jeder Gottlose; und deine Hände werden nicht müßig gehen, da die innerlich erleuchtete Seele heilige Entschlüsse und Vorsätze nährt. Wen dieses Licht mit seinen Strahlen durchleuchtet, führt in Wahrheit ein heiliges Leben nach dem Vorbilde des Sohnes Gottes. Daher schreibt Paulus den Ephesern: „Ihr wart ehedem Finsternis, nun aber Licht in dem Herrn: wandelt. wie Kinder des Lichtes!“ denn die Frucht des Lichtes besteht in allem Guten und Rechten und Wahren. - Es ist mir wohl bekannt, dass Einige hier Gemeinschaft unter uns gleich gleich brüderlicher Liebe nehmen. Aber man versteht richtiger darunter jene gegenseitige Gemeinschaft zwischen uns und Gott. Denn diese Auslegung stimmt mit dem Vorangehenden überein! Denn darin besteht die Verheißung, dass wir Gemeinschaft haben mit Gott und mit allen Heiligen. Es steht nicht im Texte zwischen uns, sondern gegenseitig; das heißt Gott mit uns, und wir mit Gott; so dass wir glaubend in Ihm verbleiben, und Er in uns wirkend. Übrigens ist das nicht unser Werk, sondern das Werk Jesu Christi, welcher uns mit seinem teuren Blute erkauft und gereinigt hat. Doch darüber wollen wir in der folgenden Rede sprechen. Für einstweilen mag hinlänglich dargetan sein, worin unsere Seligkeit sich gründe. Lasst uns Gott bitten, dass Er uns verleihe, dieses Licht also zu schauen, dass unsere Seele mit unauslöschlicher Sehnsucht nach demselben ergriffen werde; damit wir Kinder des Lichtes werden, und so die ewigen Freuden genießen mögen. Amen.

1)
Arianer heißen die Anhänger des Arius Presbyters von Alexandrien. Dieser behauptete gegen seinen Bischof Alexander, dass dem Sohne keine unbedingte Ewigkeit zukomme und schrieb demselben einen Anfang seines Daseins zu. Auf der allgemeinen Kirchenversammlung von Nicäa 325 wurde seine Lehre verdammt. Sein heftigster Gegner war, nach dem Tode des Bischofs Alexanders, Athanasius. Die Streitigkeiten zwischen den Anhängern des Arius und denjenigen des athanasischen Glaubensbekenntnisses trübten lange Zeit den Frieden der Kirche. Arius starb plötzlich auf geheimnisvolle Weise zu Konstantinopel.
2)
Ebioniten heißt eine Ketzerpartei der Kirche, deren Entstehen in das erste Jahrhundert derselben fällt. Sie stammen von den während des jüdisch-römischen Krieges aus Jerusalem nach Bella geflüchteten Christen ab. Obschon ihr Dasein bis in das fünfte Jahrhundert hinabreicht, so ist man doch nicht im Stande ganz bestimmte Nachrichten über den Ursprung ihres Namens und über ihre Lehre mitzuteilen. Von Jesu hatten sie die Ansicht, er sei zwar der wahre Messias, aber in Hinsicht seines Wesens bloßer Mensch gewesen, der wirkliche Sohn Josephs und der Maria, auf eine gewöhnliche Weise geboren; er sei also nicht wahrer Gott.
3)
Apelles ist der Stifter einer nach ihm genannten Sekte, die im zweiten Jahrhundert in der christlichen Kirche aufkam. Sie lehrten von Christo, dass er nicht einen Körper von Fleisch aus dem Himmel mitgebracht, sondern von den vier Elementen angenommen und auch der Welt wiedergegeben habe, als er gen Himmel gefahren sei.
4)
Manichäer heißen die Glieder einer Ketzerpartei, deren Erscheinen in die zweite Hälfte des dritten Jahrhunderts fällt. Sie erhielten sich, trotz der heftigsten Verfolgungen, bis ins Mittelalter und ihre Lehren kamen selbst zur Reformationszeit und später zur Sprache. Über ihren Stifter Manes, Mani oder Manichäus sind die Angaben sehr verschieden. Von Christo lehrten sie unter Anderem, dass er nur einen Scheinkörper gehabt und dass alle seine körperlichen Handlungen nur Scheinbilder gewesen. Seine Kreuzigung und sein Tod geschah nur zum Scheine, so wie auch seine Auferstehung, welche am dritten Tage erfolgte.
5)
Anthromorphiten, eine seit dem zweiten Jahrhunderte in der christlichen Kirche, vorzüglich aus ägyptischen Mönchen, bestehende Sekte, welche sich Gott in menschlicher Gestalt dachte.
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