Myconius, Oswald - Auszüge aus der Auslegung des Evangeliums Marci
1538
1. Anfang des Evangeliums Jesu Christi (Marcus 1,1 ff.) das will sagen: Anfang der guten Botschaft, Anfang des Heils, das der Menschheit durch Jesum Christum geworden ist, als durch Den, durch welchen allein von Gott das Heil ist verheißen worden. Darum kann, was die Rechtfertigung betrifft, uns nichts helfen, weder die Philosophie, noch menschliche Gesetze, noch alles was von der menschlichen Vernunft ausgegangen oder von ihr aufgenommen ist, auch wenn es vom Himmel käme.
Des Sohnes Gottes wird hinzugesetzt, damit wir erkennen die Sicherheit, Zuverlässigkeit und Vollkommenheit dieses guten Boten. Von Gottes Sohn und von Gott, der durch den Sohn handelt, kann nichts Unvollkommenes kommen. Es ist daher schrecklich wenn der Papst dem allen widerspricht mit seinem Verdienst, seinem Fegefeuer, seiner Messe, seinen guten Werken. Darum sollen die unaufhörlich Gott danken, denen es jetzt gegeben ist, seine Barmherzigkeit und Güte zu erkennen, zu umfassen und dankbar ihr nachzugehn. So groß ist dieses göttliche Geschenk, daß alle menschliche Vernunft nicht hinreicht, seine Größe zu ermessen.
Siehe ich sende meinen Engel vor dir her u.s.w. Dreierlei hat Johannes gethan, er hat Buße gepredigt, d.i. die Nothwendigkeit eines neuen Lebens, er hat das Evangelium gepredigt, indem er auf Christum hinwies, durch den dieses neue Leben zu erlangen ist, endlich hat er diejenigen getauft, die sich zu ihm wandten. Er bezeichnet, er mahnt, er stellt dar (Signat, monet, repraesentat). Er bezeichnet die, welche zu Christo sich bekannt haben, er mahnt (lehrt), indem er das Erbarmen und die Gnade Gottes verkündigt, welche er uns geschenkt hat durch den Tod seines Sohnes, und er stellt die Vergebung der Sünden im Blute Christi dar in sacramentlicher Weise: daher wird auch die Taufe von Paulus ein Zeichen der Wiedergeburt genannt, nicht also, daß sie von sich aus die Wiedergeburt bewirke, sondern daß Gott es thue durch sie, indem die Kraft des Blutes Christi das Vermittelnde ist.
Ueber die Person des Täufers: Der Evangelist schildert seine strenge Lebensweise; er hielt nichts auf prächtige Kleider und köstliche Speisen, sondern war zufrieden mit dem , was ihm zur hand war. Er lag dem Geschäft der Frömmigkeit ob, wie er nämlich dem Herrn den Weg bereiten möge. Johannes ist ein Vorbild Allen, die Christum zu verkündigen berufen sind. Da gilt es, der Welt zu entsagen und all ihrer Pracht und Herrlichkeit, wenn man das Evangelium rein und wirksam verkündigen will. Darum aber ist nicht nöthig in der Wüste zu leben. Christus hat auch nicht, oder doch nur kurze Zeit in der Wüste gelebt, und ebensowenig die Apostel, die doch Christum nicht nur der Juden, sondern der Welt verkündigt haben. Was das Kleid des Täufers (im Vorbeigehn gesagt) betrifft, so haben die dummen Maler nach Anleitung dummer Priester ihn gemalt mit einem Kameelsfell, während es ein Kleid war aus Kameelhaaren, d.i. ein rauhes Kleid. Darum sagt Christus: was seid ihr hinausgegangen in die Wüste, wolltet ihr einen Mann in weichen Kleidern sehen? - Alles (auch der Gürtel) deutet auf die Einfachheit seines Wesens hin. Wer göttliche Zwecke sich vorsetzt, der verfolgt auf des Geistes Trieb auch in den Dingen dieser Welt eine andere Lebensweise, als die Welt.
Quelle: Leben und ausgewählte Schriften der Väter und Begründer der reformirten Kirche - II