Murray, Andrew - Wachset in der Gnade - 12. Die Überschwänglichkeit der Gnade.

Murray, Andrew - Wachset in der Gnade - 12. Die Überschwänglichkeit der Gnade.

1. Tim. 1,14.
“Es ist aber desto reicher gewesen die Gnade unseres Herrn samt dem Glauben und der Liebe, die in Christo Jesu ist.“

Die Herrlichkeit der Gnade Gottes haben wir anbeten lernen in dem Vater und Seinem ewigen Gnadenratschluss. Den Reichtum der Gnade haben wir gefunden in dem Sohn und dem Gnadenschatz, welcher in Ihm und Seinem Leben für uns liegt. Die Überschwänglichkeit der Gnade müssen wir an der Gnadenarbeit zu erkennen suchen, welche der Heilige Geist in den Herzen der Gläubigen verrichtet. Hören wir darum diesmal auf ein Zeugnis tatsächlicher persönlicher Erfahrung, das ist entschieden mehr wert als eine Erklärung, dass dies oder jenes möglich sei.

Unser Zeuge ist Paulus. Aus vielen Gründen könnten wir keinen besseren Zeugen finden. Wenn es jemals einen Feind des Herrn gegeben, so war Paulus ein solcher, er, der zuvor, wie er Vers 13 sagt, ein Lästerer, Verfolger und Schmäher war. Wenn es jemals einen Menschen gegeben, dessen Lebensumstände viel Gnade nötig machten, so war er ein solcher. Er hatte viele Gnade nötig, um von seiner Selbstgerechtigkeit geheilt zu werden, um in seine mannigfaltige Arbeit eingeführt und zur Vollendung derselben gestärkt zu werden, um bei seinen unvergleichlichen Leiden Trost und Stärkung zu erhalten. Wahrlich, er hatte die Gelegenheit, die Gnade auf die Probe zu stellen und sich davon zu überzeugen, ob ihr überschwängliches Zuströmen in diesem mühsamen Leben tatsächlich dem entspreche, was von ihrer Herrlichkeit in Gott und ihrem Reichtum in Christo gesagt wurde.

Und was sagt er nun? Er schreibt kurz vor seinem Tod, nachdem er 30 Jahre in dem Dienst des Herrn gestanden und bezeugt im Rückblick auf dieses Leben: „Die Gnade unseres Herrn, samt dem Glauben und der Liebe, die in Christo Jesu sind, ist desto reicher gewesen.“ Sein Gehorsam gegen die Mahnung des Herrn: „Lass dir an meiner Gnade genügen!“ ist nicht zu Schanden geworden. Er hatte nicht nur genug, nein, er hatte Überfluss an Gnade. Die Gnade war desto reicher gewesen. Und er fügte hinzu: „Samt dem Glauben und der Liebe, die in Christo Jesu ist.“ Mit den beiden hervorragendsten Früchten des geistlichen Lebens, mit dem Glauben, ohne den es unmöglich ist, Gott zu gefallen, und mit der Liebe, welche die Erfüllung des ganzen Gesetzes ist, mit diesen beiden herrlichen Segnungen ging die Überschwänglichkeit der Gnade stets Hand in Hand. Glaube und Liebe waren für ihn die ganz natürlichen Lebensäußerungen seines Gnadenlebens: Die Gnade ist bei ihm sehr reich gewesen, samt dem Glauben und der Liebe.

Welch' herrliches Bekenntnis! Wie preist es die Herrlichkeit der Gnade Gottes! Wie zeigt es den überschwänglichen Gnadenreichtum Gottes in Christo! Und sollte es nur für einen Paulus möglich sein, ein solches Bekenntnis abzulegen? Nimmermehr! Es gibt auch nicht einen Erlösten, an welchem Gott nicht nach dem Maß Seiner Gabe die Überschwänglichkeit Seiner Gnade offenbaren wollte. Seine Verheißung: „Gott kann machen, dass allerlei Gnade unter euch reichlich sei“, gilt allen Menschen. Sie ist für einen jeden von uns da. Ach, dass sich doch ein jeder von uns aufmachen wollte, sich dieselbe zuzueignen! Dass sich doch ein jeder von uns aufmachen wollte, das Bekenntnis des Paulus von der Überschwänglichkeit der Gnade zur Richtschnur seines Gebetes und seiner Erwartungen zu machen! Dann würde Gott dieses Bekenntnis ganz gewiss zum Maßstab unserer Erfahrungen machen. Wollen wir aber dies erreichen, so müssen wir Folgendes beachten:

Die Überschwänglichkeit der Gnade muss zuerst ein Gegenstand unseres Glaubens werden. Wir müssen es lernen, anbetend zu dem Vater und der Herrlichkeit Seiner Gnade, zu Jesu und dem Reichtum Seiner Gnade emporzuschauen. Von diesen beiden strömt uns die Überschwänglichkeit so lange zu, bis unser Gemüt anfängt, immer größere Vorstellungen von der Gnade zu bekommen, welche wirklich für uns da ist. Mit ernstem Gebet um Erleuchtung müssen wir - und wären unsere Erfahrungen noch so arm und schwach es uns selbst fortwährend vorhalten: Überschwängliche Gnade ist für mich da und wartet auf mich. Öfters in der Heiligen Schrift braucht Gott, im Hinblick auf seine Gnade, den Ausdruck: „überschwänglich“. Nimm darum dieses Wort in dein Herz auf, bis dass der Gedanke an Gnade dir gar nicht mehr kommen kann, ohne zugleich den andern Gedanken hervorzurufen, dass es überschwängliche Gnade ist. Und wenn du davon überzeugt bist, o, so begib dich dann doch zu dem Thron der Gnade in der festen und freudigen Erwartung, dass die Gnade auch an dir sich überschwänglich offenbaren werde! Lass dich weder durch Unwürdigkeit, noch durch Schwachheit, noch durch Untreue entmutigen! Du hast ja doch gesehen, dass Gnade ein Gut ist, welches aus Gottes ewiger Herrlichkeit stammt. Sie ist eine Gabe Gottes durch Jesum Christum. Deine Kraft kann sie dir nicht verschaffen, aber deine Schwachheit vermag sie ebenso wenig aufzuhalten. Sie ist von einem göttlichen Verlangen beseelt, in jedes Herz zu bringen, welches ihr nur offen steht. Gott selbst wird sie an dir überschwänglich offenbaren. In dieser Erwartung klammere dich nur immer fester an Jesus an: die Fülle ist in Ihm. Zeig' Ihm unaufhörlich deine ganze Hingabe an Ihn und Seinen Dienst! Geh' mit jeder Sünde, jedem Fehltritt und all' deinem Elend zu Jesus! Du kannst dir keine Vorstellung davon machen, wie wunderbar Er dich durch die Freude über Seine Nähe und Gnade bewahren und stärken kann. O Gotteskind, nimm doch gläubig die Versicherung an, dass in demselben Verhältnis, wie die Gnadenherrlichkeit in Gott und wie der Gnadenreichtum in Christo, auch die Überschwänglichkeit der Gnade sich in dir durch den heiligen Geist offenbaren muss.

„Gott kann machen, dass allerlei Gnade unter euch reichlich sei, dass ihr in allen Dingen volle Genüge habt und reich seid zu allerlei guten Werken.“

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