Heinrich Müller - I. Evangelium am 1. Weihnachtsfeiertag.

Heinrich Müller - I. Evangelium am 1. Weihnachtsfeiertag.

Wenn Moses, der Mann Gottes, sich erinnert der Wohltaten, die Gott den Kindern Israel erwiesen, wird er so freudig im Geist, dass er ausruft und sagt: Wie hat er die Leute so lieb! Wenn wir, liebste Herzen, am heutigen Tage die Wohltat der Menschwerdung Christi bedenken, haben wir weit mehr Ursache, uns über Gott zu verwundern, und auch also auszurufen: Ach! Wie hat er die Leute so lieb, ja so lieb, dass Gott selbst ein Mensch wird! Wäre Gott kein Menschenfreund und -Liebhaber, er wäre nimmer ein Mensch geworden. Die Liebe hat diese Eigenschaft an sich, dass sie gerne gibt. Gott gibt uns heute sein. Kind, seinen eingebornen Sohn. Was könnte er Besseres geben? Er hat nichts Besseres im Himmel und auf Erden. Er lässt es ihm sein Bestes kosten. Denn Gott hat also die Welt geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn gab. Die Liebe hat die Art an sich, dass sie sich gern vereinigt mit dem Geliebten. Das tut Gott am heutigen Tage. Er wird ein Mensch, dass er die Menschen erfülle mit allem Gottessegen. Er vereiniget sich mit uns in unserm Fleische, dass er uns möge mit Gott vereinigen. Darüber sagen wir billig: Wie hat er die Leute so lieb! Damit uns nun diese Liebe zu einer Freude im Herrn, und zu einer brünstigen Gegenliebe anzünde, so lasst uns mit einander singen das gewöhnliche Festlied: Ein Kindlein so löbelich, rc.

Text: Luk. 2, 1-14.

Geliebte in dem Herrn! Der 105. Psalm ermahnt uns, dass wir reden sollen von den Wundern Gottes. Redet, sagt er, von allen seinen Wundern. Gott hat viel Wunder getan, sowohl im Alten, als Neuen Testament. Dass die Wasser in Ägypten in Blut verwandelt wurden; dass das rote Meer sich zerteilte und die Wellen alle Berge hinan stiegen; dass die Mauern zu Jericho auf den bloßen Posaunenschall darnieder fielen; dass Sonne und Mond auf Befehl Josuas am Himmel still standen, waren alle große und unbegreifliche Wunder. Aber ein neues Wunder hat der Herr getan. Ein Wunder über alle Wunder ist's, dass Gott Mensch worden. Daher sagt Paulus: Kündlich groß ist das gottselige Geheimnis, Gott ist offenbart im Fleisch. Drei Wunderdinge finden sich hier insonderheit: Eine Wundermutter, ein Wunderkind, und eine Wundergeburt. Eine Wundermutter, die zugleich Jungfrau und Mutter ist. Die Jungfrau bleibt in und nach der Geburt Jungfrau, gleich der Sonne, die unversehrt bleibt, ob sie gleich die Strahlen von sich gießt; gleich einer Blume, die eine vollkommene Blume bleibt, obgleich die Biene das Honig daraus saugt. Ein Wunderkind, das ein Vater ist, und doch keinen Vater hat; ein Sohn, der geboren, und hat doch keine Mutter. Ein Kind, das einen Vater im Himmel, aber keine Mutter; eine Mutter auf Erden, aber keinen Vater hat. Ein Kind, das vom Vater geboren ohne Zeit, und von der Mutter in der Zeit, ohne Mannes Samen. Ein Kind, das da war, ehe es geworden, und doch wird, was es nicht war, und bleibt dabei was es war. Es war Gott, und bleibt Gott, und wird Mensch. Es wirft nicht die Gottheit weg, und nimmt doch die Menschheit an. Es war der Allerreichste. Es war der Allerhöchste, wird niedrig, und bleibt doch der Allerhöchste, ein Gott von unendlicher Majestät. Es war der Allerstärkste, wird schwach, und dennoch zerbricht die Schwachheit nicht seine Stärke. Es war Gott, und wird Mensch. Es nährt Alles, und lässt sich nähren aus den Brüsten. Es trägt Alles, und lässt sich tragen im Schoß. Es war die selbstständige Weisheit, und wird unmündig. Es war das ewig redende Wort Gottes, und wird lallend auf Erden. Wer kann das begreifen? Hier ist auch eine Wundergeburt. Ein natürlich Kind wird übernatürlicher Weise geboren, gleich wie Arons Stecken natürliche Mandeln trug, nicht aber aus Kraft der Natur. Ein Kind ohne Sünde wird geboren von einer Sünderin. Das macht die Überkunft des heiligen Geistes, der das Geblüt der Jungfrau von aller anklebenden sündlichen Befleckung gereinigt, dass nicht Fleisch vom Fleisch, sondern Geist vom Fleisch geboren würde. Ein Schmerzenskind wird hier geboren ohne Schmerzen. Denn es bleibt bei dem, was Luther sagt: Der Fluch, der über Eva gesprochen: Du sollst mit Schmerzen Kinder gebären, geht nur auf die fleischliche Geburt, die von Mann und Weib geschieht. Von diesem Wunder Gottes sollen wir reden vor allen Menschen. Denn kein Wunder ist so herrlich, als dieses; kein Wunder ist so tröstlich, als dieses; kein Wunder ist so erbaulich, als dieses. Dem zu Folge wollen wir auch heute mit einander betrachten die Wundergeburt unsers Heilandes Jesu, als einen Spiegel, darin wir beschauen: teils die Gestalt unsers lieben Jesuleins, teils die Gestalt der geistlichen Mutter Jesu, der Seele, die ihn geistlich gebärt.

Gott gebe uns seines Geistes Stärke dazu in Christo! Der heutige Text ist reich an Lehren. Wir wollen ihn doch kürzlich durchlaufen. Er legt uns vor Augen 1. die Zeit der Geburt; 2. den Ort; 3. die Geburt an ihr selbst; und dann 4. die Offenbarung der Geburt.

Die Zeit fällt ein im zwei und vierzigsten Jahre der Regierung des Augustus, und zwar, wie die Gelehrten dafür halten, auf den fünf und zwanzigsten Dezember. Der Kaiser Augustus hatte alle Welt dem römischen Reiche unterworfen, und also die vierte Monarchie bestätigt. Zwar der Kaiser Julius hatte den Anfang gemacht, das Regiment zu verändern, und die vierte Monarchie anzufangen; aber, gleich wie alle Veränderung im Anfang sehr gefährlich ist, so war es auch damals. Der Kaiser Julius musste darüber sein Leben einbüßen; Augustus aber, sein Nachfolger, bezwang alle Feinde, und setzte das römische Reich in Ruhe. Dass zur Zeit der vierten oder römischen Monarchie der Allerheiligste gesalbt, und das Reich dieses Gesalbten durch die Predigt des Evangelii in der ganzen Welt sollte ausgebreitet werden, hatte der Prophet Daniel geweissagt. Damit nun Alles, so der römischen Botmäßigkeit unterworfen, ihn, den Kaiser Augustus, für ihren Herrn und Haupt erkennen möchte, ließ er eine allgemeine Schätzung ausschreiben, dass ein Jeder seinen Namen und sein Vermögen ankündigen sollte. Da musste ein Jeder in die Hauptstadt seines Stammes und Geschlechts gehen. Fragen wir, warum Christus eben zu dieser Zeit geboren, so ist schon gesagt, dass Daniels Weissagung hat müssen erfüllt werden. Jacob hatte auch geweissagt, dass alsdann der Messias kommen sollte, wenn das Zepter von Juda würde entwendet sein. war die Schatzung ein unfehlbares Zeichen, dass die Juden ihr Regiment verloren und die Römer zu Herren angenommen hatten. Da hat nun Christus wollen geboren werden am Ende des jüdischen und am Anfang des römischen Regiments, anzuzeigen, dass er sei das A und O, der Anfang und das Ende, der Juden Preis und Heiden Licht. Haggai hatte geweissagt, dass alsdann der Heiden Trost kommen sollte, wenn sich alles Volk bewegen würde. Nun aber bewegte sich alles Volk, indem es hinzog und sich schätzen ließe. Auch ist damit angedeutet, dass gleich wie dazumal alle Welt den Augustus für ihren Herrn und Haupt erkannt hat, so werden dermaleinst die Juden und Heiden unter Christo, als ihrem Haupte, versammelt werden und eine Kirche mit einander machen.

Der Ort, da Christus geboren, ist Bethlehem gewesen und zwar in Bethlehem eine gemeine Herberge, und noch dazu in der gemeinen Herberge der Stall. Von Bethlehem hat der Prophet Micha geweissagt: Und du Bethlehem Ephrata, die du klein bist unter den Tausenden in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei. Bethlehem war Davids Stadt, denn David war darin geboren. Daselbst hat auch müssen geboren werden der Sohn Davids nach dem Fleisch, der da sitzen sollte auf dem Stuhl Davids. Zu Bethlehem gebar die Rahel ihren Benjamin, und nannte ihn Benoni, ein Kind des Schmerzens. Anzudeuten, dass in Bethlehem einmal sollte geboren werden ein Mann, der voller Schmerzen und Krankheit sein würde; ja dass einmal die geistliche Mutter, die Kirche, Christum mit Schmerzen zeugen sollte. Bethlehem heißt ein Brothaus. Bedeutet das Geheimnis, von welchem Johannes sagt: Das Wort ward Fleisch. Es war aber Bethlehem ein kleiner Flecken, wie es also genannt wird beim Johannes am siebenten, darin ohne Zweifel wenig Häuser gewesen sind. Weil nun so viel Volks hinein kam, das sich schätzen ließ, so haben die Gewaltigen und Reichen die vornehmsten Häuser eingenommen. Joseph und Maria waren arme und geringe Leute. Schlechte Leute, schlechte Traktamente. Darum geraten sie an eine solche Herberge, wie sie der Grundtext beschreibt, darin viel arme Leute, ein Haufen armen Volkes beisammen gewesen ist an einem Ort, in einer Stube. Mein Herz, so geht's immer daher. Die reiche Welt sitzt allenthalben obenan, aber der arme Jesus findet keinen Raum. Also weist man Jesum in den Stall hinein. Er muss vorlieb nehmen mit dem, was sonst keiner will. Ist's nicht so? Was du nicht magst, gibst du den Armen. Wo du nicht liegen magst, weißt du den Armen hin. Heißt das nicht: Jesus in den Stall hinein?

Hierauf beschreibt uns nun der Evangelist die Geburt an ihr selbst, und zwar mit wenig Worten. Und sie gebar, spricht er, ihren ersten Sohn. Es ist sonst die Geburt in allen Stücken der gemeinen Geburt gleich gewesen, ausgenommen, dass die Jungfrau nicht hat geboren in Sünden, nicht mit Verletzung ihrer Jungfrauschaft, und ohne Schmerzen. Sie gebar ihren ersten Sohn. Also wird Christus genannt, nicht allein, weil keiner vor ihm gewesen, sondern auch weil keiner nach ihm geboren. So ist demnach der Sohn, den Maria geboren, ein Menschensohn, und ist auch Gottes Sohn. Das neugeborene Kindlein wickelte Maria in Windelein. Und wickelte ihn in Windeln. Ob sie die Windeln mitgebracht, oder von ihren Schleiern gemacht, davon wollen wir jetzt nicht viel reden. Das ist aber ohne Zweifel, von Gold und Silber, von Samt und Seide und von köstlicher Leinwand sind sie nicht gewesen. Arme Leute haben schlechte Windeln. Das eingewickelte Kindlein legt Maria in die Krippe. Und legte ihn in eine Krippe. Maria hat keine Wiege. Mit der Krippe, daraus sonst das Vieh aß, musste Christus vorlieb nehmen. Mein Herz, dein Heiland verachtet das nicht, was gering und schlecht ist, er nimmt gerne mit dir vorlieb. Ja, die Niedrigkeit und geistliche Armut erwählt er vor Andern. Die geistliche Armut deines Herzens ist das rechte Kripplein, darin er wohnt. Und legte ihn in eine Krippe. Tritt heran, mein Herz, zur Krippe, und siehe da das liebe Jesulein. Siehe da, wie der Herr der Herrlichkeit in tiefster Verachtung liegt. Siehe da den Sohn Gottes als ein junges, zartes, schwaches Kindlein. Schaue da den Erhalter aller Dinge, wie er sich tränken lässt aus Marias Brüsten. Siehe die Freudenquelle an, wie sie weint im Schoß der Mutter. Der Alles war, wird da Nichts. Er bleibt, was er ist, und wird doch, was er nicht war. Du siehst hier lauter Verachtung, lauter Niedrigkeit, lauter Nichts. Christus hat dich mit seinem Exempel lehren wollen, dass du verachten sollst, was die Welt hoch hält. Du baust dir köstliche Paläste und Schlösser, Christus liegt da in der Krippe. Du prangst mit Sammet und Seide, Christus liegt da in der Krippe, gewickelt in schlechte Windelein. Seine Windeln sollen dich ermahnen zur Mäßigkeit in Speis und Trank, und zum mäßigen Gebrauche der Kreaturen Gottes. Der über Alles ein Herr war, nimmt doch nicht mehr als Notdurft. Wenn du hast, was deinen Leib bedecken und versorgen kann, so sei damit zufrieden. Seine Krippe soll dich lehren die Demut, dass du dich erniedrigst vor Gott und Menschen.

Nun folgt die Offenbarung der Geburt Christi. Da die Geburt des Heilandes geschehen, musste sie auch offenbart werden. Bei der Offenbarung merken wir, erstens wem; zweitens wann; drittens durch wen; und viertens mit was für Frucht die Geburt ist offenbart worden.

Die Geburt Christi wird offenbart den Hirten auf dem Felde. Der Evangelist sagt: Und es waren Hirten in derselbigen Gegend auf dem Felde bei den Hürden. Den Hirten wird die Geburt Christi offenbart, damit sie durch dieselbe unter das Volk könnte ausgebreitet werden. Wäre sie offenbart den Pharisäern und Schriftgelehrten, so hätte man können meinen, diese, als kluge Leute, hätten's ersonnen und als ein Fabelwerk erdichtet. Wer wollte aber denken, dass die Hirten, als schlechte, einfältige Leute, solch Fabelwerk sollten referieren? Die Geburt wird offenbart den Hirten, anzudeuten, dass Gott nicht erwähle, das in der Welt hoch, ansehnlich und herrlich ist, sondern, was arm, elend und nichts gültig ist, wie Paulus sagt: Nicht viel Weise nach dem Fleisch, nicht viel Gewaltige, nicht viel Edle sind berufen. Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, dass er die Weisen zu Schanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, dass er zu Schanden mache, was stark ist. Und das Unedle vor der Welt, und das Verachtete hat Gott erwählt, und das da Nichts ist; dass er zunichte mache, was Etwas ist, auf dass sich vor ihm kein Fleisch rühme. Darum darfst du nicht denken: Ich bin arm, unansehnlich, ein elender Mensch, ich habe keinen Teil an Christo. Nein. Die Armen und Geringen haben den größten Teil an Christo. Die Hirten nimmt Gott auf, an den Pharisäern und Schriftgelehrten geht er vorbei. Wenn Gott den hohen und Reichen die Himmelstür vor der Nase zuschließen wird, wird sie den Armen aufgetan werden. Er erwählt die Hirten, anzuzeigen, dass Christus erst müsse den Hirten, hernach durch sie den Schafen offenbart werden. Darum bittet David: Ach Herr, unterweise mich, so will ich reden. Es darf sich kein Prediger unterstehen von Jesu zu predigen, ehe er ihn selbst erkannt und im Herzen geschmeckt hat. Die Hirten erwählt Christus, anzudeuten, dass er der gute Hirte sei, der sein Leben lasse für die Schafe.

Die Zeit der Offenbarung ist die Nacht. Der Evangelist sagt: Und es waren Hirten in derselbigen Gegend auf dem Felde, die hüteten des Nachts ihrer Herde. In der Nacht wird Christus offenbart, anzuzeigen, dass die Vernunft lauter Finsternis sei, und der Mensch dies Geheimnis nicht begreifen könne, es werde ihm denn vom Himmel offenbart. In der Nacht wird er offenbart, anzudeuten, dass alle Welt in dicker Finsternis sitzen würde, wenn der Messias käme, damit das Licht scheinen könnte in der Finsternis. So macht's Christus; den Frommen muss das Licht aufgehen in der Finsternis, und Freude den Gerechten. Wenn der Glückstag helle scheint, wenn die Freudensonne uns ist aufgegangen, da sucht man Christum nicht, da offenbart er sich auch uns nicht mit seiner Güte. Was fragt der nach Jesu, der Alles vollauf in der Welt hat? Aber wenn die Freudensonne untergegangen ist, und die Kreuznacht mit den schrecklichen schwermütigen Gedanken uns überfällt, da fragt man nach Gott, da sucht und findet man Christum. Ja, da heißt's, wie die Braut sagt im Hohenlied Salomonis: Ich suchte des Nachts in meinem Bette, den meine Seele liebt.

Die Offenbarung geschieht durch einen Engel, wie der Evangelist sagt: Und siehe, der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie. Der Engel tritt zu den Hirten, erscheint ihnen plötzlich und unversehens, und schwebt über ihrem Haupte, wie ein Vogel in der Luft. Bald darauf umleuchtet sie die Majestät und Herrlichkeit des neugebornen Messias, in Gestalt eines hellen und überaus großen Glanzes, wie ein hellleuchtender Strahl. Dadurch wird angedeutet, dass nunmehr derselbe geboren sei, der das Licht ist, so da erleuchtet alle Menschen, die in diese Welt kommen, der Herr der Herrlichkeit, der große Gott. Er hatte keinen Glanz in der Wiege, denn da lag er, wie ein armes schwaches Kindlein; aber sein Glanz umleuchtet doch die Hirten auf dem Felde. So geht's mit allen Armen. Sie haben vor der Welt keinen Glanz und Ansehen, sonderlich in ihrer tiefsten Demut. Sollten wir aber erleuchtete Augen haben, so würden wir allenthalben einen Glanz bei ihnen sehen.

Was diese Offenbarung bei den Hirten gewirkt, zeigt Lukas an, wenn er spricht: und sie fürchteten sich sehr. Wenn die Herrlichkeit Gottes einem Sünder erscheint, da muss Furcht und Schrecken folgen. Ist gleich, als wenn das Feuer ins Stroh fällt, so wird es verzehrt. Denn die menschliche Schwachheit kann die Kraft und Majestät Gottes nicht ertragen, und eben darum hat sich der Heiland in den Tagen seines Fleisches seiner göttlichen Majestät entäußert, damit er mit den Menschen könnte umgehen, und sie mit ihm. Der Engel benimmt den Hirten alle Furcht und sagt: Fürchtet euch nicht. Mein Herz, wer Jesum erkennt, darf sich nicht fürchten. Lass sich den Teufel fürchten, der keinen Teil an Christo hat; aber was fürchtest du dich, der du Jesum hast? Schreckt dich deine Sünde? In ihm hast du vollkommene Gerechtigkeit. Droht dir die Welt? Was kann sie dir nehmen? Jesum kann dir Niemand nehmen. Trotzt der Teufel auf seine Macht? Du hast den bei dir, der ihn zertreten kann, unter deine Füße. Fürchtest du den Tod? Ei warum? Christus ist dein Leben, Sterben ist dein Gewinn. Fürchtest du dich vor dem jüngsten Gericht? Der dich richten soll ist ja dein Bruder, dein Fleisch und Blut. Wie kann er dich verdammen? Schreckt dich die Hölle? Du hast mit Jesu den Himmel im Herzen. Er behält den Sieg.

Die Ursache, warum sich die Hirten nicht fürchten sollen, zeigt der Engel an, wenn er spricht: Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird. Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt David. Sind alle Worte aus der Schrift, Blümlein aus dem Paradies göttlichen Worts, und lieblich zusammen geflochten. Siehe, sagt der Engel. Ist ein Wort, genommen aus dem siebten Kapitel Jesaias: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger. Siehe: Ein Aufmunterungswörtlein. Merkt es wohl, will der Engel sagen, ihr Hirten, merkt es eben wohl, es dient zu eurem Trost, was ich euch sage. Siehe: Ein Freudenwörtlein. Denn wer von Herzen fröhlich ist, der sagt: Ach, siehe, siehe! So freuen sich die Engel über das große Gut, das Gott den Menschen in Christo bereitet. Siehe: Ein Wunderwörtlein. Siehe, Gott tut Wunder, ein Neues im Lande. Das Weib hat den Mann umgeben. Wenn der Himmel herab fiele auf die Erde, das wäre ein großes Wunder. Aber ein großes Wunder ist's, dass der Herr Himmels und der Erden den Himmel verlässt, und zu uns aus dem Himmel auf die Erde kommt. Siehe, ich verkündige euch. Eigentlich lautet's also: Siehe, ich predige euch ein Evangelium, eine fröhliche Botschaft. Ja, was könnte wohl einem betrübten Herzen erfreulicher gepredigt werden, als dass es Teil habe an Jesu, dass Jesus sein sei mit Allem, was er hat. Sollte man einem armen Sünder, der schon auf der Leiter steht und jetzt soll hingerichtet werden, die Botschaft bringen: Gnade, Gnade; wie würde er sich freuen! Mein Herz, ich und du, wir Alle mit einander, waren verdammt zum ewigen Tode. Jesus kommt und kündigt uns lauter Gnade an. Die heilsame Gnade Gottes ist erschienen allen Menschen; wer wollte sich über diese fröhliche Botschaft nicht freuen? Ich verkündige euch große Freude. Sind Worte, genommen aus dem neunten Kapitel Jesaias, da der Prophet sagt: Vor dir wird man sich freuen, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt. Wer Jesum bringt und verkündigt, der bringt lauter Freude. Wenn ich dir einen Reichstaler brächte, würdest du dich freuen. Wenn ich dir hundert Taler brächte, würde die Freude größer sein. Brächte ich dir tausend Taler, würdest du dich noch höher freuen. So sehr freust du dich darüber, das doch Nichts ist. Wenn ich denn am heutigen Tage sage: Mein Kind, ich will dir Jesum geben, du hast Teil an seinem Heil; da fragst du nichts nach. Möchte man doch Blut darüber weinen, dass du fröhlicher sein kannst über einen Taler, als über dein Heil und Seligkeit. Die Welt kann keine Freude geben. Schöpft man auch süßes Wasser aus einem bitteren Brunnen? Und hat man gleich Etwas in der Welt, das da erfreut, man hat's einen Augenblick. Heute reich, morgen arm. Heute fröhlich, morgen traurig. Heute gelacht, morgen geweint. In Christo haben wir große Freude. Ich verkündige euch große Freude. Groß ist sie nach ihrer Tiefe. Wer kann sie ergründen? Die Ewigkeit kann Niemand ersinnen. Diese Freude währt in Ewigkeit. Groß ist sie nach ihrer Höhe, höher denn alle Himmel. Wir können nicht ersinnen, was das für Freude und Liebe ist, dass Gott ist Mensch worden. Groß ist sie nach ihrer Länge. Sie währt ewig. Groß nach ihrer Breite. Sie breitet sich aus über alle Menschen. Daher sagt der Engel: Die allem Volk widerfahren wird. Allem Volk, Juden und Heiden, Armen und Reichen, Hohen und Niedrigen. Mein Herz, es schließt der Engel Niemand aus. Kein Armer darf denken: Was geht mich Jesus an? Ja, er geht Alle an, Alle sollen sich freuen des Heils, das in Christo; allem Volk wird diese Freude angekündigt.

Die Quelle dieser Freude ist die Geburt Christi. Der Engel sagt zu den Hirten: Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt David. Euch ist der Heiland geboren, sagt der Engel, nicht uns Engeln. Denn weil wir nicht gesündigt haben, so bedürfen wir auch keines Heilandes; nicht den Teufeln, denn denen hat Gott alle Gnade abgesagt, und sie zu ewigen Zeiten verdammt; nicht ihm selbst, denn er war schon vom Vater in Ewigkeit geboren, und bedurfte der Geburt in der Zeit nicht; sondern euch, euch ist er geboren. Was er ist, was er hat, ist Alles euer. Euch ist geboren der Heiland. Ein Heiland heißt der, der das Böse wegnimmt und das Gute bringt; das Unheil hebt und das Heil gibt. Beides tut der Heiland Jesus; er nimmt weg die Sünde, die alles Unheil gebiert, und bringt wieder die Gerechtigkeit, daraus alles Heil kommt. Im Alten Testament hat man auch Heilande gehabt, die aber nur ein zeitliches Heil erworben. Hier aber ist ein Heiland, der ein ewiges Heil bringt. Euch ist geboren der Heiland, welcher ist Christus. Christus heißt ein Gesalbter. Den Namen hat er, weil die Gottheit alsbald im ersten Pünktlein der Empfängnis die Menschheit mit göttlicher Majestät und Herrlichkeit, Allgegenwart, Weisheit und Allmacht gesalbt hat. Er ist gesalbt zu einem Propheten, dass er dich lehre; zu einem Hohenpriester, dass er dich versöhne und verbitte; zu einem Könige, dass er dich schütze und regiere. Euch ist geboren der Herr, in der Stadt David. Der Herr, der Jehovah, der Herr der Gerechtigkeit, der Herr aller Herren.

Damit aber die Hirten im Glauben gestärkt würden, so schüttet der Engel Öl zu ihrem Lichtlein, dass es heller brenne. Er spricht: Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt, und in einer Krippe liegend. Der Engel gibt den Hirten ein Zeichen, daran sie sich am meisten hätten ärgern können: Siehe, sollte das der Messias, der Jehovah, der große Gott sein, der im Stall in der Krippe liegt, in Windeln gewickelt, wie ein armes schwaches Kind? Hier lerne, mein Herz, woran du Christum erkennen sollst. Daran erkennst du Christum, woran sich die Welt am meisten ärgert. Die Welt aber ärgert sich an der Demut und Niedrigkeit Jesu. Dabei erkennst du Jesum. Du sollst nicht denken: Da muss Jesus sein, wo der reiche Mann wohnt, wo man obenan sitzt. Nein. Der Engel weist dich gen Bethlehem in den Stall. Wo der arme Lazarus wohnt, wo man Nichts hat, wo man jämmerlich, elend und betrübt ist, da findet man Jesum.

Auf die englische Predigt folgt eine englische Musik. Der Evangelist sagt: Und alsbald war bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott. Da der eine Engel aufgehört zu predigen, erscheint alsbald ein englisches Heer, eine Menge vieler Engel. Wird ein Heer genannt, weil sie ohne Zweifel in Gestalt eines wohl ausgerüsteten Kriegsheers erschienen. Weil der Herr der Heerscharen auf Erden kommen war, so folgt ihm das Himmelsheer zu seinem Dienste nach. Die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen. Die Engel geben Gott die Ehre, die Ehre der Wahrheit, dass Gott sein Wort gehalten, und den Messias gesandt, den er verheißen; sie geben Gott die Ehre der Barmherzigkeit, dass er sich des menschlichen Geschlechts aus lauter Gnade und Barmherzigkeit hat angenommen; sie geben ihm die Ehre der Allmacht, dass er das große Geheimnis, dass Gott ist Fleisch worden, ins Werk gerichtet; sie geben ihm die Ehre der Gerechtigkeit, dass er nicht hat wollen des Menschen verschonen, es wäre denn, dass sein Kind Mensch würde, und in der Menschheit seiner Gerechtigkeit ein Genügen täte für der Menschen Sünde. Die Engel wünschen auch den Menschen Glück, und verkündigen ihnen die Frucht der Geburt Christi. Friede auf Erden. Ist die erste Frucht. Glück, wollen sie sagen, dem Menschen, der mit Gott Frieden hat. Der Mensch hat nunmehr, in Christo, an Gott einen gnädigen Gott und Vater. Die andere Frucht ist das Wohlgefallen. Und den Menschen ein Wohlgefallen. Die Engel wünschen den Menschen Glück, dass nunmehr Gott an ihnen, als seinen Kindern, ein Wohlgefallen habe. In Adam hatte Gott ein Wohlgefallen an dem Menschen, als seinem Bilde. Sobald aber Adam Gottes Bild aus-, und des Teufels Larve angezogen, hat Gott ein Missfallen an ihm gehabt. Nachdem aber Christus die menschliche Gestalt an sich genommen, so trägt Gott abermals in Christo an den Menschen ein Wohlgefallen.

Aus diesem erklärten Evangelio legen wir

I. vor: den tröstlichen Jesus-Spiegel. Darin erblicken wir Jesum

1. nach seiner Person, wie er ist wahrer Gott und Mensch. Wahrer Gott ist er, weil ihn der Engel nennt Jehovah, den Herrn; wahrer Mensch, weil von ihm steht, dass er geboren sei. Mensch musste er sein, dass er könnte leiden. Gott musste er sein, dass er könnte im Leiden überwinden. Gott und Mensch musste er sein, dass er könnte ein Mittler werden zwischen Gott und Menschen. Gott hat die menschliche Natur angenommen im Leibe der Maria. Mein Herz, das ist dir sehr tröstlich, dass Gott Mensch ist. Es sitzt nunmehr dein Fleisch und Blut im Rate der heiligen Dreifaltigkeit. Der dein Bruder ist, geht über dich zu Rate, was er dir will zuordnen. Ein Bruder gönnt ja dem andern nichts Böses. Der dein Richter sein soll am jüngsten Tage, ist dein Fleisch und Blut. So musst du ja an deinem Jesu einen gnädigen Richter haben; er ist dein Bruder, dein Fleisch und Blut.

Zum 2. erblicken wir Jesum als einen Gesalbten. Er ist gesalbt, dass er dein König sei, dich zu schützen, und deine Feinde unter die Füße zu treten. Wie oft klagst du, dass du keinen Schutz in der Welt hast? So hast du ja doch einen König im Himmel, der dich schützen kann. Wie oft klagst du, dass dir deine Feinde zu mächtig seien? So hast du ja an Jesu einen solchen König, dem es so leicht ist, deine Feinde, als dir ein Würmlein zu zertreten. Er ist gesalbt dir zu einem Propheten, dass er dein Lehrer sei. Von Natur bist du blind, wandelst im Finstern, und vernimmst nicht, was des Geistes Gottes ist. Aber dein Jesulein lehrt und erleuchtet dich, dass du erkennst das Geheimnis Gottes, dass du erkennst den Willen Gottes gegen dich, und was du wiederum deinem Gott schuldig bist. Er ist dir gesalbt zu einem Hohenpriester, dass er dich versöhne mit Gott, durch sein Blut, dass er dich vertrete bei Gott mit seinem Bitten. Wenn dir's nun auf Erden übel geht, so hast du Jesum im Himmel, da sitzt er zur Rechten Gottes und bittet seinen Vater für dich. Wenn du vor Gottes Gericht gezogen werden sollst, da nunmehr das Urteil über dich ergehen soll, so tritt er vor seinen Vater, zeigt ihm sein Blut, hält ihm seine Wunden vor, und bittet, er möge deiner schonen, weil er für deine Sünden genug getan hat.

Zum 3. erblicken wir Jesum in diesem Spiegel als einen Friedensfürsten. Christus ward geboren zur Zeit des Augustus, zu der Zeit, da Alles still und Friede im Lande war. Augustus ließ eine Münze schlagen, mit dieser Überschrift: Salus populi, Pax orbis terrarum. Das Heil der Menschen, der Friede des ganzen Erdkreises. Großer Herren Worte sind oft Weissagungen. Da musste Augustus weissagen von der Geburt des Messias, der ein Heiland aller Menschen und ein Fürst des Friedens. Die Engel verkündigen auch den Frieden auf Erden. Mein Herz, was ist elender, als ein Herz, mit welchem Gott nicht zufrieden. ist? Was hilft dir's, wenn auch alle Welt mit dir zufrieden wäre, so Gott nicht mit dir zufrieden ist? Wenn du Christum im Glauben ergreifst, da ist Gott mit dir zufrieden. Was kann dir denn alle Welt schaden, wenn du gleich mit allen Menschen übel dran bist? In Christo hast du Friede wider den Teufel, die Welt und Sünde. Die Sünde will dich nimmer zufrieden lassen, sie quält und martert immer das Herz. Aber Christus bringt dir den Frieden, denn er ist die Gerechtigkeit wider die Sünde. Der Teufel will dich auch nicht zufrieden lassen, er geht um dich her wie ein brüllender Löwe, und sucht, wie er dich möge verschlingen. Aber hier ist dein Jesus, der kann den Satan unter die Füße treten. Das kann zwar der Teufel tun, um dich her gehn und suchen dich zu verschlingen, aber in dich gehn und dich verschlingen, das hat ihm Gott verboten. Die Welt gibt dir keinen Frieden und Ruhe. Wie oft musst du klagen: Ich wohne bei denen, die den Frieden hassen. Aber dein Jesus macht doch, dass dich alle Welt muss zufrieden lassen, dass dir kein Teufel ein Härlein krümmen kann.

Zum 4. erblicken wir das Kindlein Jesum als einen Heiland. Der Engel sagt: Euch ist heute der Heiland geboren. Heil und Seligkeit sucht die Welt. Mancher sucht seine Seligkeit in großem Gut und Reichtum, der Andere in Freude und Wollust, der Dritte in Ehre und Herrlichkeit. Ist aber Alles vergebens. Wer reich ist, ist nicht seliger, als der unter einer schweren Last geht, und muss sich ängstigen, dass er umkomme. Was beschwert das Herz mehr, als die Liebe des Reichtums? Wer Wollust hat, ist nicht seliger, als der süßes Gift trinkt, daran er stirbt. Wollust ist ein süßes Gift. Wer Ehre und Herrlichkeit hat, ist nicht seliger, als das Kind, das mit dem Schatten spielt. Ehre ist ein bloßer Schatten. Die wahre Seligkeit hast du in Christo. Es ist in keinem Andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, darinnen wir sollen selig werden, denn allein der Name Jesus. Der ist selig, der Christum im Herzen hat, denn er ist erlöst von allem Bösen. Stößt ihm Trübsal zu, so ist sie ihm nicht böse, sondern gut. Denn denen, die Gott lieben, muss Alles zum Besten dienen. Wer Christum hat, der ist selig, denn er hat Alles was er will. Er hat in Christo die Gerechtigkeit wider die Sünde, das Leben wider den Tod, die Freude wider alle Traurigkeit, die Seligkeit wider die Verdammnis, den Reichtum wider alle Armut, die Ehre und Herrlichkeit wider alle Schande. Selig genug, wer Christum hat.

Zum 5. erblicken wir auch Jesum in diesem Spiegel als die Freude des Herzens. Der Engel sagt: Siehe, ich verkündige euch große Freude. Wo Christus erkannt wird, da ist lauter Freude, da ist große Freude. Die Welt gibt auch Freude, aber ihre Freude ist nur kurz. Was die Welt gibt, ist nur ein klein nichtig Ding, so währt auch die Weltfreude nicht lange. Einen Augenblick, sagt Hiob, währt die Freude des Gottlosen. Die Weltfreude erstreckt sich nur über Wenige, die Meisten sind arm und elend, leben in Kummer und Traurigkeit. In Christo aber findest du große Freude, denn er ist ja das größte Gut, unendlich groß über alle Menschen. Er erfreut nicht ein Jahr, nicht einen Tag, sondern allezeit und in Ewigkeit. Paulus sagt: Freut euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freut euch. Als die Traurigen, und doch immer fröhlich.

In dem II. Spiegel gibt sich uns zu schauen die geistliche Mutter Christi, die gläubige Seele, welche den Heiland Jesum geistlicher Weise gebiert. Und finden wir darin 1. ein reines Herz; 2. ein gläubiges Herz; 3. ein liebreiches Herz; 4. ein geduldiges Herz; 5. ein demütiges Herz; 6. ein jauchzendes Herz; das Gott preist.

1. Rein muss das Herz sein, das Christi Mutter ist. Denn die Mutter Jesu muss eine reine Jungfrau sein, nicht mit der Welt huren, sondern ihm allein anhangen. Zwar die Welt wird sich bemühen, solch Herz von Christo abzulocken durch Augenlust, Fleischeslust, hoffärtiges Leben. Aber nein. Es findet das Herz mehr in Christo, als alle Welt geben kann. Bietet die Welt Reichtum an, antwortet das Herz: Ich habe Reichtum genug in meinem Jesu, ihm allein habe ich mich ergeben. Bietet die Welt Wollust an, so antwortet das Herz: Ich habe Freude genug in meinem Jesu, der tränket mich mit Wollust, als mit einem Strom. Freude über Freude, Jesus ist der Seelen Weide; Wonne über Wonne, Jesus ist die Gnadensonne. Bietet die Welt Ehre an, so antwortet das Herz: Mein Jesus hat mich hoch genug geehrt, dass er mein Fleisch und Blut zur rechten Hoheit erhoben.

2. Gläubig muss das Herz sein, das Jesum gebiert. Ein Glaubenswörtlein setzt der Engel in seiner Predigt: Euch, euch ist heute der Heiland geboren. Das nimmt der Glaube an und sagt: Ja, mir, mir ist Jesus geboren, Jesus ist ganz mein. Was er ist, das ist mein; was er hat, das ist mein. Sein Leben, mein Leben, seine Seligkeit, meine Seligkeit. Er ist mir gemacht von Gott zur Gerechtigkeit, zur Weisheit, zur Heiligung und zur Erlösung.

3. Liebreich muss das Herz sein, das Herz, das Christi Mutter ist. Der Heiland wird geboren, da sich alle Welt schätzen ließ. Aus Liebe hat sich Christus den Seelen ganz ergeben, aus Liebe muss sich die Seele auch ihm ergeben. Leib und Seel ist der Schatz, den man Jesu zuführt. Maria wickelte den geborenen Heiland in Windeln. Das tut die Seele aus Liebe, wenn sie Christum in seinen nackten Gliedern kleidet. Maria legte das neugeborene Jesulein in die Krippe. Das tut die gläubige Seele, wenn sie Christum in seinen Gliedern beherbergt.

4. Geduldig muss das Herz sein, das Jesum gebiert. Schaut nur Maria an. Sie ging da mit dem Kinde über Feld von Nazareth gen Bethlehem, und in Bethlehem leidet sie Frost und Stank im Stall. Mein Herz, du darfst nicht gedenken, wo du Christum im Herzen trägst, dass dich die Welt werde obenan setzen, und dir viel Liebes erzeigen. Nein. Christus fand keinen Raum in der Herberge, und du wirst auch leiden müssen, du wirst herumwandeln wie ein Pilgrim und Fremdling und mit dem Stall vorlieb nehmen müssen. Geduld ist dir not, willst du Christum im Herzen gebären. Im bitteren Kreuz wird Jesus geboren.

5. Demütig muss das Herz sein, das Jesum gebiert. Hier siehst du lauter Niedrigkeit, lauter Demut, eine arme Mutter, arme Hirten, denen die Geburt offenbart wird, schlechte Herberge, Windeln, schlechte Wiegen, du siehst lauter Niedrigkeit. Das Herz ist recht geschickt, Christi Mutter zu sein, das arm im Geist ist, das nichts aufzubringen hat, sondern allein hängt an der lautern Gnade und Barmherzigkeit Gottes, das von sich selber nichts hält, und in der Welt keinen Glanz hat.

6. Jauchzend muss das Herz sein, und Gott preisen, das Christi Mutter ist. Die Engel lobten Gott. Die Engel lobten Gott. Ein Herz voll göttlichen Lobes ist nichts Anders, als ein Himmel. Darum ermahnt Paulus, dass wir reden sollen von Psalmen, Lobgesängen und andern geistlichen Liedern, singen und spielen dem Herrn in unserm Herzen. Aber wir müssen schließen. Wir schließen aber mit diesem Wunsch:

Wie herzlich sehn' ich mich nach dir, o freudenreiches Kind!
Verlass die Kripp' und komm zu mir, komm eilends, komm geschwind,
Ich will ein kleines Krippelein aus meinem Herzen machen,
Dass du darin, mein Jesulein, stets schlafen sollst und wachen.

Amen

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