Müller, Georg - Recht und Segen des Gebens
Viele Kinder Gottes gehen in hohem Grade des Vorrechts, an den Werken Gottes und an der Sorge für die Armen teilzunehmen, verlustig und entbehren den damit verbundenen Segen für ihre Seele, weil sie für ihr Almosengeben keine feste Regel haben. Sie möchten nicht geizig sein. Sie möchten nicht wieder diese gegenwärtige böse Welt lieb haben. Sie handeln noch einigermaßen in einem gewissen Grade als Haushalter Gottes. Weil sie aber nur nach dem Gefühl oder unter besonderen Umständen geben, handeln sie so, als ob sie selbst die Eigentümer wären. Und so geht ihr Leben, ehe sie gewahr werden, hin, ohne daß sie von diesem einen irdischen Leben so, wie sie es möchten, einen guten Gebrauch gemacht und ihre Mittel für den Herrn verwendet haben.
Wie, möchte ein Christ fragen, soll ich denn handeln, um meine Mittel am besten für den Herrn zu verwenden? Meine Antwort lautet:
1. Sei stets eingedenk, daß der Herr Jesus uns erlöst hat. Wir sind deshalb nicht unser eigen, denn wir sind „teuer erkauft, nämlich mit dem teuren Blute Christi“. Alles, was wir sind und haben, gehört daher ihm. Wir müssen auf unser Besitztum blicken, wie es ein treuer Haushalter tun würde, dem von einem reichen Eigentümer Güter oder Gelder anvertraut sind.
2. Alsdann müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf die gewohnheitsmäßige Verwendung unserer Mittel, auf das regelmäßige Wohltun, je nachdem der Herr uns segnet, richten. So weit als möglich sollten wir dies wöchentlich tun, entsprechend dem Worte: „Auf jeglichen ersten Tag der Woche lege bei sich selbst ein jeglicher unter euch und sammle, was ihm gut dünkt.“ Dies kann nicht genug von Christen in der Furcht Gottes beachtet werden. Es ist dies eine göttliche Regel, im Worte Gottes sehr deutlich niedergelegt. Wenn aber infolge besonderer Umstände dieses wöchentliche und verhältnismäßige Geben unmöglich ist, dann sollten wir, sobald wir ermitteln können, wie unser Geschäft steht, wie viel unser Gewerbe eingebracht hat usw., vor Gott feststellen, wie viel wir dementsprechend für Werke Gottes oder für die Armen geben können.
3. Es ist zu beachten, daß der Befehl des heiligen Geistes durch den Apostel Paulus nicht dahin geht, daß nur der eine oder der andere so handeln soll, sondern daß sich jeder einzelne so verhalten soll: die Reichen, die Angehörigen der mittleren Stände und auch die Armen.
4. Über die Summe, die gegeben werden soll, kann kein Gesetz aufgestellt werden. Denn was wir tun, sollen wir gern tun, nicht in einem gesetzlichen Geiste, sondern aus Liebe und Dankbarkeit für das, was der allein Heilige für uns getan hat. Gott möchte haben, daß wir im Geist der Kindschaft und gedrungen durch die Liebe Christi handeln. Er erteilt daher hierüber keine Befehle an diejenigen, denen er Erlösung und Sündenvergebung geschenkt, die er zu seinen Kindern, seinen Erben und Miterben Christi gemacht hat.
Achte aber darauf, teurer christlicher Leser, daß du nicht des Segens verlustig gehst, weil nicht gesagt ist, du müßtest ein Zehntel oder ein Fünftel oder ein Drittel oder die Hälfte oder drei Viertel dessen geben, was Gott dir geschenkt hat.. Für sich selbst wenigstens möchte der Schreiber dieser Zeilen als das Mindeste festsetzen, daß er stets mit allem, was er besitzt, als ein treuer Haushalter vor Gott stehe und sage: „Herr, alles, was ich habe, ist dein; gebrauche es nach deinem Wohlgefallen!“ Nach diesem Grundsatz hat er durch Gottes Gnade seit 44 Jahren handeln können, und er ist nicht imstande, das unaussprechliche Glück und den unbeschreiblichen Segen darzulegen, der ihm daraus erwachsen ist.
Wenn ein Leser jedoch sagt: Dies kann ich nicht tun, so lautet die Antwort: Dann tu, was du kannst, und empfange dafür Gnade. Gib ein Zehntel oder ein Fünftel oder ein Drittel oder die Hälfte dessen, was Gott dir schenkt, je nachdem du Erkenntnis und Gnade in dieser Beziehung hast. Setze nur eben die geringste Summe fest, die du von deinem Einkommen zu geben vorhast, und gib diese regelmäßig. Wenn es dann Gott gefällt, deine Erkenntnis und deine Gnade zu vermehren und es dir mehr gelingen zu lassen, so gib mehr. Du wirst gewiß Einbuße haben, wenn du das gewohnheitsmäßige, regelmäßige Geben, das Geben nach festen Grundsätzen und auf Grund der Heiligen Schrift vernachlässigst und nur nach Gefühl, aus Zufall oder unter besonderen Umständen gibst. Die geringste Summe, fest und fortwährend gegeben, ist mehr wert. Aber es ist gut, daß du diese niedrigste Summe festsetzt, damit du nicht überhaupt nichts oder kaum etwas gibst.
Laßt uns in Verbindung damit noch folgendes beachten:
1. Gemäß 2. Korinther 9,6 gibt es ein „Säen“ und ein „Ernten“. Kinder unterrichten, Hausbesuche machen, um den Leuten leiblich oder geistlich zu nützen; Geld, Brot, Kleidung den Armen schenken; unser Geld auf irgend eine Weise für den Ruhm und die Ehre Gottes verwenden - dies alles wird gemäß dieser Stellen „säen“ genannt. Der Lohn, welchen Gott dem, der da sät, in Zeit und Ewigkeit gibt, wird „ernten“ genannt. Der Lohn kann - und es ist meist mehr oder weniger der Fall - schon in dieser Zeit gegeben werden. Der Herr vergilt oft zehnfach und hundertfach in zeitlichen Dingen, in dem er uns Freunde erweckt oder auf unseren irdischen Beruf offenbar Segen legt. Sollte aber der Herr aus irgend einem besonderen Grunde solch ein Ernten hier auf Erden nicht eintreten lassen, so wird das „Ernten“ ganz gewiß in der zukünftigen Welt stattfinden.
Dies führt mich zu dem zweiten Teil des Verses: „Ich meine aber das: wer da kärglich säet, der wird auch kärglich ernten; und wer da säet im Segen, der wird auch ernten im Segen.“ Dies sind die Worte des Heiligen Geistes, geredet durch den Apostel Paulus. Das hier gebrauchte Bild wird von jedermann leicht verstanden. Der Landmann, der kärglich sät, erntet kärglich. Dies beides hängt zusammen. Diejenigen Christen, die im Verhältnis zu ihrer Zeit, ihren Gaben, den Gelegenheiten und ihren Mitteln leiblich oder geistlich wenig für die Gläubigen oder für Ungläubige tun, werden entweder in diesem oder in dem zukünftigen Leben wenig ernten. Möge daher im Gegenteil jeder danach trachten, daß er im Segen säe. Ein solcher wird wohl jetzt als auch künftig im Segen ernten, wenn sein Säen nicht aus irdischen Gründen - z.B. aus Verlangen nach menschlichem Beifall - sondern für den Herrn geschieht.
Wenn wir aber nun schon in diesem Leben keine Verluste dadurch erfahren sollen, daß wir im Glauben als treue Haushalter Christi gehandelt haben, was werden wir erst sagen, wenn wir auf den „Tag Christi“ schauen, wenn sogar der Becher kalten Wassers, den wir einem Jünger im Namen eines Jüngers gegeben haben, wird belohnt werden! Hätten wir stets vor Augen, wie kurz dieses gegenwärtige Leben im Vergleich mit der Ewigkeit ist, und wie schön, wie prächtig, wie unaussprechlich herrlich der Segen ist, der den Gläubigen am Tage Christi erwartet - wie freudig würden wir dann danach trachten, unaufhörlich zu geben und uns für ihn zu verzehren! Möge der gläubige Christ nur recht die Nichtigkeit der irdischen Dinge und die Herrlichkeit der himmlischen Schätze erwägen, so wird er für die Ewigkeit zu leben suchen, und es wird ihm eine Freude sein, „Schätze im Himmel zu sammeln“.
Viele Kinder Gottes hegen gar nicht den Wunsch, daß ihr ganzer Besitz dem Herrn gehöre, wenn er es verlange. Sie können leicht 100 000 Mark auf den Erwerb eines Hauses verwenden und jährlich 4000 Mark für die Erziehung eines jeden ihrer zwei oder drei Söhne ausgeben. Sie haben außerdem viele Diener und leben auch in anderer Beziehung dementsprechend. Aber sie geben, genau genommen, nicht 2000 Mark für die Werke Gottes oder für den Unterhalt armer Christen oder zum Unterhalt ihnen nahestehender hungriger unbekehrter Personen, die ihr Brot nicht erwerben können. Was ist die Folge? Da sie mehr für sich oder für ihre Kinder als für Gott leben, so sind sie nicht wahrhaft glücklich in Gott. Der einzig wirkliche Zweck, zu dem Gott sie auf der Erde gelassen hat, wird von ihnen nicht erfüllt. Dies ist nicht nur bei den Reichen oder bei den mittleren Volksschichten der Fall. Der Christ, der nur ein geringes Gehalt oder ein kleines Geschäft besitzt, oder der Tagelöhner, der nur seinen Lohn verdient, sagt: „Ich habe so wenig, ich kann nicht sparen, oder wenn ich es tun wollte, so würde es nur eine ganz geringe Kleinigkeit sein.“ Und was ist die Folge? Es wird entweder alles oder fast alles für die eigene Person verwendet, oder was nicht gebraucht wird, wird für die Zukunft aufgehoben. Die Folge ist, daß solche Leute geistlich nicht glücklich sind und oft auch zeitlich kein Glück haben. Denn da sie über das Wenige, was Gott nach seinem Wohlgefallen ihnen anvertraut hat, nicht treu sind, so kann er ihnen nicht mehr anvertrauen. Möglicherweise verfährt er sogar mit ihnen so, wie er mit Israel verfahren ist, nämlich er züchtigt sie, sendet ihren Seelen Dürre oder bringt sie zur Einsicht von der Nichtigkeit der irdischen Dinge. Gott ist daher oft gezwungen, sowohl bei den armen, als auch bei den mittleren und reichen Volksklassen Krankheiten oder schwere Verluste oder Geschäftseinbußen zu senden, damit er seinen Kindern fortnimmt, was sie nicht freudig, durch die Liebe Christi gedrungen, zu seinen Füßen niederlegen.
Ich habe viele Jahre im Dienst des Herrn gestanden. Während dieser Zeit, besonders während der letzten 40 Jahre, bin ich mit vielen Tausenden von Gläubigen zusammengekommen. Viele Hunderte von ihnen habe ich genau - sie selbst sowohl als auch ihre Verhältnisse - kennengelernt. Zudem haben mich viele, sehr viele damit beehrt, daß sie meinen Rat und meinen Beistand in ihren persönlichen Angelegenheiten wünschten. Was habe ich dadurch unter anderem gelernt? „Einer teilt aus und hat immer mehr; ein anderer karget, da er nicht soll, und wird doch ärmer. Die Seele, die da reichlich segnet, wird fett, und wer trunken macht, wird auch trunken werden.“ (Spr. 11,24.25) Vielfach habe ich beobachtet, daß Kinder Gottes austeilten und doch immer mehr hatten; ja sie teilten sehr viel aus und hatten doch immer mehr. Weit öfter habe ich jedoch gesehen, daß sie kargten, da sie nicht sollten, aber sie wurden doch immer ärmer.
Beachte hier die Worte: „da sie nicht sollten“ (engl.: mehr als nützlich). Es wird nicht behauptet, daß sie überhaupt kargten, sondern: „da sie nicht sollten“, d.h. was sie geben ist so gering im Vergleich zu dem, was sie geben könnten und sollten, daß sie ärmer werden. Trotz aller Anstrengungen, vorwärts zu kommen, ist es vielen nicht möglich, gerade deshalb, weil sie nur für sich selbst leben. Sie kargen mehr als tauglich ist. Dies bringt oder erhält sie in Armut. Schlechte Schuldner, unerwarteter und unverschuldeter Verlust der Kundschaft, schwere Familienschicksale und dergleichen nehmen das Geld fort, das sie entgegen dem Willen Gottes für sich selbst zu behalten dachten. Andererseits kenne ich viele Christen, die anfangs ein Zehntel gegeben haben und dann zu einem Siebentel und einem Fünftel, ja zu einem Viertel und einem Drittel aufgestiegen sind. Ich kenne sogar Leute, die zwei Drittel und drei Viertel ihres gesamten Einkommens geben. Diese Christen verlangen eben danach, sich „Schätze im Himmel“ und nicht auf Erden zu sammeln. Obwohl wir niemals geben sollen, um vom Herrn dafür belohnt zu werden, so wird dies dennoch der Fall sein, wenn wir aus den richtigen Beweggründen geben. Gott hat dies selbst erklärt. Das geht klar aus den folgenden Stellen hervor: „Ehre den Herrn von deinem Gut und von den Erstlingen all deines Einkommens, so werden deine Scheunen voll werden und deine Kelter mit Most übergehen.“ - „Gebet, so wird euch gegeben. Ein vollgedrückt, gerüttelt und überflüssig Maß wird man in euren Schoß geben, denn eben mit dem Maß, da ihr mit messet, wird man euch wieder messen.“ - „Wer sich des Armen erbarmt, der leihet dem Herrn; der wird ihm wieder Gutes vergelten.“
Eine Erläuterung zu den vorstehend dargelegten Grundsätzen bildet das folgende Schreiben, das ich von einem Wohltäter nebst einer Gabe für die Waisenkinder und die Mission erhielt. Es lautet: „Ich halte für richtig, ihnen mitzuteilen, daß wir vor nunmehr sieben Jahren hauptsächlich durch ihre Lebensbeschreibung bewogen wurden, einen bestimmten Teil unseres Einkommens für die Sache Gottes beiseite zu legen. Wir befanden uns damals in sehr beschränkten Verhältnissen und beschlossen, den zehnten Teil zu geben. In der Folgezeit nahmen unsere Mittel sichtlich zu und fuhren fort zu wachsen. Wir gaben dann ein Viertel. Nach einer langen Zeit schien es, als ob sich unsere Aussichten trüber gestalteten. Ich sage, es schien so, daß die Zukunft bewies, daß wir in Wirklichkeit um nichts schlimmer als vorher dran waren. Mit Gottes Hilfe sagten wir: Wir wollen geduldig warten; vielleicht will Gott uns nur versuchen. Wir gaben nicht weniger für seine Sache. Und nun hat er uns in eine solche glückliche Lage versetzt, wie wir sie nie vorher gehabt haben, und wir sind imstande, den viertel Teil unseres Einkommens zu geben. Es ist in der Tat ein gesegnet Ding, sich auf den Herrn verlassen, und wir rufen mit dem Psalmisten aus: Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat.“
Ich mache zu diesem Briefe einige Bemerkungen:
1. Die Geber unterhalten eine Pensionsanstalt. Das Einkommen ist unter solchen Umständen gewöhnlich sehr unsicher. Sehr häufig ist es schwierig, mit dem Einkommen die nötigen Ausgaben zu bestreiten. Dennoch beschlossen sie, und zwar als sie sich in sehr bedrängter Lage befanden, den zehnten Teil ihres Einkommens darzugeben. In einem solchen Fall würde man versucht sein zu sagen: Wir haben bereits so wenig und unser Einkommen ist so gering; wie sollten wir imstande sein, von diesem Wenigen abzugeben? Diese Art der Überlegung ist nach den Grundsätzen der Welt sehr richtig, ist aber den Grundsätzen der Heiligen Schrift völlig entgegengesetzt. Denn Gott kann und wird sicherlich zurückerstatten, was wir für seine Werke geben, wenn wir es getrieben durch die Liebe Christi und somit aus richtigen Beweggründen tun. Der wahre Grund, weshalb wir so wenig haben und uns so oft in bedrängten Verhältnissen befinden, ist oft der, daß wir alles, was der Herr nach seinem Wohlgefallen uns gibt, für uns selbst verwenden. Dies entspricht dem Schriftwort: „Einer teilt aus und hat immer mehr; ein anderer karget, da er nicht soll, und wird doch immer ärmer.“
2. Was war die Folge, daß sie sich entschlossen, den Zehnten von allem zu geben, was Gott ihnen schenken würde, und daß sie gaben, auch während sie sich in sehr bedrängten Verhältnissen befanden? „In der Folgezeit nahmen unsere Mittel sichtlich zu und fuhren fort zu wachsen.“ Dies sind die Worte des Briefes.
3. Was taten die Geber alsdann? „Wir gaben dann ein Viertel“ heißt es. Als Gott sie segnete, begnügten sie sich nicht damit, nur den Zehnten zu geben, wie sie es vorher getan hatten, obwohl der Zehnte in guten Vermögensverhältnissen viel mehr ausmacht als der Zehnte in bedrängter Lage. Hierin fehlen viele Haushalter des Herrn. Wenn Gott unsere Mittel größer werden läßt, so genügt es nicht, daß wir fortfahren, in demselben geringen Verhältnis wie früher zu geben. Der Zehnte in dürftigen Verhältnissen kann eine große Gabe sein, während der Zehnte in glücklicher Vermögenslage sehr wenig sein kann. Wenn daher ein Haushalter unter glücklichen Verhältnissen nur ein Zehntel gibt, während die irdischen Güter, mit denen ihn Gott gesegnet hat, viel mehr verlangen, so möge solch ein Haushalter nicht erstaunt sein, wenn er ärmer wird, weil „er kargt, da er nicht soll.“
4. Nun folgt in dem Brief des Wohltäters ein bemerkenswerter Satz: „Nach einer langen Zeit schien es, als ob sich unsere Aussichten trüber gestalteten.“ Solange ein Kind Gottes auf dieser Welt lebt, wird sein Leben in größeren oder geringerem Grade ein Leben voller Prüfungen sein, einerlei ob wir ein Geschäft haben oder ein Gewerbe treiben. Dann liegt die Gefahr nahe, daß wir in unserem Vertrauen auf den Herrn irre werden. Der Wohltäter, der den obigen Brief schrieb, hätte vom natürlichen Standpunkt aus betrachtet sagen können: „Unsere Schule geht jetzt sehr wahrscheinlich zurück, wir hören deshalb besser auf, den vierten Teil zu geben, um kommenden Verlusten begegnen zu können.“ Hätten sie so gedacht, wie es viele unter ähnlichen Umständen getan haben würden, und hätten sie dem Herrn, der ihnen so freundlich gewesen war, nicht vertraut - würden sie erstaunt gewesen sein, wenn eingetreten wäre, was ihr Unglaube erwartet hatte? Nein. Wie aber handelten sie? Sie fuhren fort, den vierten Teil dessen zu geben, was Gott ihnen schenkte. Sie gaben nicht weniger und sprachen: „Wir wollen geduldig warten, vielleicht will Gott uns nur versuchen!“ Sie ehrten Gott dadurch, daß sie auf ihn vertrauten, und fuhren fort, als seine Haushalter zu handeln. Und welches war das Ende davon? „Und nun hat er uns in eine glückliche Lage versetzt.“
5. Dies veranlaßt mich zu folgender Bemerkung: Wenn wir wünschen, daß der Herr fortfahren soll, uns als seine Haushalter zu gebrauchen, d.h. uns irdische Güter anzuvertrauen, so müssen wir im Gebrauch dessen, was er uns bereits anvertraut hat, treu sein. Es ist nicht genug, daß wir den Armen gegenüber freigebig sind, daß wir gern und sogar freigebig zu den Werken Gottes beitragen. Sondern wir dürfen auch in dem, was unsere Häuser, unsere Einrichtung, unsere Kleidung und andere persönliche Bedürfnisse kosten, nicht verschwenderisch sein. Ich bin weit davon entfernt, die Kinder Gottes gleichsam in eine Knechtschaft bringen zu wollen, so daß sie sich über alles in krankhafter Weise ein Gewissen machen. Jedoch sind die Jünger des Herrn Jesu durch sein kostbares Blut erkauft. Sie sind deshalb nicht ihr eigen, sondern gehören ihm mit all ihrer Zeit, ihren Gaben, ihrer körperlichen Kraft, ihrem Eigentum usw.. Sie müssen sich daher notwendigerweise fragen: Lobt mich der Herr Jesus dafür, daß ich in einem solchen Haus wohne, daß ich eine solche Einrichtung besitze, daß ich mich so kleide, daß ich soviel für mich verwende?
6. Gesetzt aber nun wir müßten sagen: Ich bin ein verschwenderischer Haushalter von dem Eigentum meines Herrn gewesen, das er mir in seiner Gnade anvertraut hat; was soll ich nun tun? Die Antwort lautet: Nicht mehr sündigen, vor dem Herrn ein offenes Bekenntnis ablegen und auf das Blut des Herrn Jesu vertrauen, das auch für die Vergebung dieser Sünden vergossen ist.
7. Der Brief schließt: „Es ist in der Tat ein gesegnet Ding, sich auf den Herrn verlassen.“ Ich füge hinzu: Wahrhaftig, das ist es. Ich habe es seit mehr als vierzig Jahren erfahren.
Christlicher Leser, wenn du bisher unterlassen hast, wöchentlich und nach Vermögen zu geben, so denke jetzt gebührend darüber nach. Welches der Wille Gottes darüber ist, ist auf den vorstehenden Seiten auf Grund der Heiligen Schrift dargelegt. Mögest du die Gnade haben, seinen Willen von Herzen zu tun, des eingedenk, daß „der Herr einen fröhlichen Geber lieb hat.“
Da du durch das teure Blut Christi erlöst bist, bist du nicht dein eigen, sondern alles, was du hast, gehört dem Herrn. Du bist nur der Haushalter und nicht der Eigentümer dessen, was dir anvertraut ist. Bist du ein treuer Haushalter? Verwendest du dein Geld derart, daß Befriedigung und Genugtuung dich belohnen wird, wenn du dein Haupt auf dein Sterbekissen legst? Möge die Liebe Gottes, der dich vom Verderben erlöst und zum Erben seines überschwenglichen Rahmens eingesetzt hat, dich dahin bringen, daß es dir eine Freude ist, all dein Besitztum zu den Füßen Jesu niederzulegen. Und mögest du an dem Gerichtstag Christi, wo wir alle von unserem Haushalteramt Rechenschaft werden ablegen müssen, die Worte hören: „Ei, du frommer und getreuer Knecht, gehe ein zu deines Herrn Freude.“