Moody, Dwight Lyman - Alles und in allen Christus
Heute will ich, wie gewöhnlich, reden von Christo und will besonderen Nachdruck legen auf das Wörtlein alles in Verbindung mit ihm. Christus ist in gewissem Sinne für jeden so viel, wie er selbst aus ihm macht. Etlichen ist er nur eine Wurzel in dürrem Erdreich, ohne Gestalt und Schöne, anderen ist er der Schönste unter den Menschenkindern. Etlichen ist er der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit, so verachtet, daß sie das Angesicht vor ihm verbergen, anderen dagegen ist er die Quelle der Kraft, der wahrhaftige Gott und das ewige Leben. Etliche wissen nichts mit ihm anzufangen, sie fragen mit Pilato: Was soll ich denn mit Christo machen? Andere können nicht ohne ihn leben.
Wenn wir wissen wollen, was Christus für uns ist, müssen wir vor allen Dingen wissen, was er für uns getan hat. Als der Engel vom Himmel kam, um der Jungfrau Maria die Geburt Jesu zu verkündigen, seine Ankunft ins Fleisch bekannt zu machen, sprach er: „Er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden.“ Haben wir ihn in dieser Eigenschaft kennen gelernt? Hat er uns unsere Sünden vergeben, uns von unseren Sünden selig gemacht? Er will uns nicht selig machen in unseren Sünden, sondern von unseren Sünden. Des Name sollst du Jesus heißen, denn er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden.
Es gibt dreierlei Art, einen Menschen zu kennen. Erstens, man kennt jemanden vom Hörensagen, man hat etwas über ihn gelesen und richtet sich nach dem Urteil anderer über ihn; zweitens, man hat hin und wieder eine Begegnung mit ihm gehabt, dann kennt man ihn vom Sehen; oder drittens, man lebt mit jemanden zusammen, arbeitet mit ihm, hat herzlichen Umgang mit ihm, dann lernt man seine Vorzüge und seine Schwächen kennen. So gibt es auch drei Klassen von Leuten innerhalb der Namenschristenheit. Etliche wissen von Jesu vom Hörensagen. Er ist ihnen eine ganz fremde Person, von der sie hin und wieder etwas gehört haben. Sie haben weiter kein Interesse für ihn oder an ihm. Er ist der Nazarener, den sie gut entbehren können, von dm sie nur dunkle, verschwommene Begriffe haben. Andere pflegen sich etwas mehr um den Jesus von Nazareth zu kümmern, sie haben manches von ihm gehört, haben einen gewissen Respekt vor ihm, ja sie hatten Zeiten, wo sie einmal ganz in seine Nähe kamen, wo sie vorübergehend mit ihm in Berührung kamen. Sie befanden sich in irgend einer äußeren Not oder Krankheit, und so riefen sie ihn als den guten Arzt an, damit er sie errette aus ihrer Not. Und der Herr tat dies. Er half ihnen aus, gab ihnen Brot, nahm ihre Krankheit hinweg, denn: „Du erhörst Gebete, darum kommt alles Fleisch zu Dir.“ - Aber damit war es dann auch geschehen. Weitere Berührungen hatten sie mit Jesu von Nazareth nicht. Zwar beabsichtigen sie eines Tages ernste Christen zu werden und dem Heiland nachzufolgen, aber das at noch nicht so große Eile; dazu ist's noch Zeit, bis noch einmal eine größere Not kommt.
Andere hingegen bedürfen des Heilandes jeden Tag. Sie müssen Gemeinschaft mit ihm haben. Sie können ohne ihn nicht sein; ihr Leben und ihre Seligkeit ruhen alleine in ihm. Zu welcher dieser drei Klassen zählst du dich, mein Freund? Kennst du den Herrn Jesum aus persönlicher Erfahrung, aus täglichem Umgang mit ihm? Hast du ihn geschaut, wo er sich am herrlichsten offenbart? Laßt uns hinschauen zum Kreuz auf Golgatha. Dort hat er sich selbst zum Opfer dargegeben. Dort hängt er als ein Opfer für unsere Sündenschuld. Er mußte hingeschlachtet werden, damit unsere Missetat Versöhnung finden konnte. Wollen wir ihn darum recht erkennen lernen, dann müssen wir ihn zu allererst als unseren Sündentilger annehmen.
Alle heidnischen Religionen veranlassen den Menschen, sich einen Weg zu Gott zu bahnen. Die christliche Religion hingegen zeigt uns, wie sich Gott einen Weg zu dem verlorenen Menschen bahnt. Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. So fängt unser Leben mit Christo nicht bei der Wiege an, sondern beim Kreuz auf Golgatha. Jesus hat uns einen Weg gebahnt zum Herzen des Vaters; er hat alle Hindernisse aus dem Mittel getan, so daß jeder, der ihn, den Heiland, im Glauben annimmt, gerettet wird vom ewigen Verderben.
Aber Jesus ist mehr noch als ein Erlöser. Ich kann einen Ertrinkenden aus dem Wasser ziehen und ihn auf einen Felsen stellen, aber weiter vermag ich ihm dann nichts mehr zu sein. Er muß dann seinen Weg wieder ohne mich suchen. Aber Jesus ist mehr als ein Erlöser. Als die Kinder Israel hinter dem Blut geborgen waren, blieb es nicht bei der Bewahrung in der Nacht des Schreckens; nein, am anderen Morgen wurde auch das ganze Volk wie ein Mann aus Äqyptenland ausgeführt und aus der Hand Pharaos und der Ägypter erlöst. So hat uns Jesus auch eine völlige Erlösung geschaffen. Er hat nicht nur die Schuld vergeben, sondern uns auch Gnade zu einem neuen Leben und Wandel in seiner Kraft gegeben. Er ist unser Leben, er ist unsere Kraft, er ist unser Trost, er ist unsere Freude und Wonne, unsere Hoffnung, ja, unser alles in allem. Ist er dir dies auch, mein Freund?
Ich kann mich gar nicht mit der Theorie befreunden, nach welcher die Menschen trotz der Erlösung durch Christum Sklaven der Sünde bleiben sollen. Nein, Jesus ist darum gestorben und auferstanden, daß er uns erlöse von unsern Sünden, von unseren Leidenschaften und Lüsten. Gibt es einen lebendigen Christen, der ein Sklave seiner Sünden ist? Ist es eines Christen würdig, ein Sklave zu sein? Nein, um keinen Preis. Wenn Du fühlst, daß es dir an Kraft selbst im Kampf gegen die Sünde, dann rate ich dir: schließe dich eng an Jesum an. In ihm ist eine völlige Erlösung. Er erlöste, er erlöst und er wird erlösen. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, alles ist in ihm versöhnt. Er gab uns Gnade zur Vergebung unserer vergangenen Sünden, er gibt uns Kraft in unserem gegenwärtigen Kampf und er bürgt für unsere Bewahrung in der Zukunft.
Wie oft erging es uns gleich den Kindern Israels, als sie an das rote Meer kamen; wir wurden entmutigt durch das, was vor uns, hinter uns und rings um uns war. Da mochten wir wohl wie Petrus fragen: „Herr, wohin sollen wir gehen?“ Aber der Herr sorgte für unsere Errettung. Er brachte uns durch das rote Meer, führte uns durch die Wüste und öffnete uns den Weg zum gelobten Land. Christus ist unser Erretter und Erlöser, unser Heiland und Seligmacher. Er erkaufte uns mit seinem Blut und brachte uns aus der Irre. Er stellte sich dem Wolf zur Beute und nahm das verlorene Schaf auf seine Achseln, um es heimzutragen. Und nun, da er uns alle erlöst und errettet hat, will er uns auch bewahren zur Seligkeit.
Wenn Gott die Kinder Israel nur aus Ägypten ausgeführt und sie sich dann selbst überlassen hätte, was würde dann wohl aus ihnen geworden sein? Sicher wäre keiner von ihnen nach Kanaan gekommen. Aber nun ging Gott selber mit ihnen und war ihr Leitstern, ihr Helfer, Erretter und Bewahrer Tag für Tag.
Ich bin so dankbar, daß Gott uns nicht im Dunkeln tappen läßt. Er zeigt uns einen lebendigen, guten Weg, und siehe: Der Weg ist Christus; er läßt unseren Pfad erleuchten, und siehe: Unsere Leuchte ist das Lamm. Wenn wir, unwissend wie wir sind, in aller Einfalt dem Heilande folgen, verfehlen wir niemals den rechten Weg. Wer anders hätte Israel durch die Wüste leiten können als nur der lebendige Gott?
So haben auch wir einen mächtigen Erlöser, der allein helfen kann. Er ist unser Heiland, denn er macht uns selig; er ist unser Licht, denn er erleuchtet uns; er ist unser Weg, denn wir wandeln durch ihn und mit ihm; er ist unsere Wahrheit und unser Leben, denn wir leben in ihm. Er ist unser Herr, den wir uns zum Führer erwählt haben. Er ist unser Meister, denn wir dienen ihm. Er ist unser Lehrer, der uns zur Seligkeit unterweist, und unser Prophet, der uns die Zukunft offenbart. Er ist unser Priester, der für uns opfert, und unser Mittler, der uns vertritt. Er ist die Wurzel, aus der wir wachsen; er ist das Lebensbrot, an dem wir uns nähren. Er ist der gute Hirte, der uns auf frische Weide führt, und der gute Weinstock, an welchem wir als Reben bleiben. Er ist das Wasser des Lebens, welches unseren Durst auf ewig stillt. Er ist auserlesen unter Tausenden, darum lieben wir ihn vor anderen. Er ist die Herrlichkeit und der Abglanz des Vaters, das Ebenbild seines Wesens, und wir begehren, ihm ähnlich zu werden. Er ist der Träger aller Dinge, darum ruhen wir auf ihm,. Er ist unsere Weisheit, darum lassen wir uns von ihm beraten. Er ist unsere Gerechtigkeit, darum laden wir alle unsere Unvollkommenheiten auf ihn. Er ist unsere Erlösung aus allem Übel. Er heilt uns von aller Krankheit als unser guter Arzt. Er ist unser Freund, mit dem wir Leid und Freud teilen. Er ist unser Bruder, der uns stets mit Rat und Tat zur Seite steht. Er ist unser Bräutigam, der uns zur Hochzeit vorbereitet. Er ist unser König, dessen glorreicher Herrschaft wir mit Freuden entgegensehen. Ja wahrlich, Christus soll uns alles in allem sein.
Kennst du ihn, mein Freund, in seiner ganzen Fülle? Ist er dir mit seinem Reichtum jemals nahe getreten? O versäume nicht die kurze Gnadenzeit, die dir Gott gibt. Du sollst heute zu ihm kommen und aus seiner Fülle nehmen Gnade um Gnade. Heut ist's noch Zeit, aber es ist auch Zeit. Vielleicht ist's morgen schon zu spät für dich. Darum heute, heute, heute.
Quelle: Moody, Dwight Lyman - Lebensbrot