Zuletzt angesehen: Monod, Adolphe - Lebendiges Wasser

Monod, Adolphe - Lebendiges Wasser

Monod, Adolphe - Lebendiges Wasser

Darf ich es auszusprechen wagen, daß die Gabe des Heiligen Geistes noch das Opfer des Sohnes übertrifft, nicht an der Größe seiner Liebe, aber an der weittragenden Bedeutung seiner Wirkung? - Das Werk des Heiligen Geistes vollendet, was das Kreuz Christi begonnen hat, „denn Christus hat uns erlöset von dem Fluche des Gesetzes, auf daß wir also den verheißenen Geist empfingen durch den Glauben.“ (Gal. 3,13-14)

Wenn der Vorhang zerriß, so mußte solches geschehen, damit wir den Zugang ins Allerheiligste erhielten; wenn der Leib Christi zerbrochen wurde, so mußte solches geschehen, damit uns der Himmel aufgetan wurde, damit er in unsere Herzen gesenkt werden konnte. O, der ungetrübten Zuversicht! O der unaussprechlichen Wonne! Nun sind wir vollkommen eins mit Christo, nun sehen wir in seinem Lichte das Licht.

Sind nicht alle Freuden dieser Welt einem trägen Wasser gleich, dem es an jeder Frische und Lebenskraft gebricht? Mag auch einmal eine fieberhafte Erregung den toten Frieden dieses trüben Wasserspiegels einen Augenblick lang bewegen, bald wird er wieder in die starre Ruhe zurücksinken, welche nach dem kurzen Sturm nur um so lebloser erscheint.

Wo aber der Heilige Geist wallet, werden alle Lebenskräfte aus der Ewigkeit erweckt und neues göttliches Leben durchströmt die Seele. Du besaßest vielleicht bisher eine blühende Gesundheit, die dir gestattete, auf eine lange Erdenlaufbahn zu rechnen; du gedachtest, dieses köstliche Gut zu deinem Vergnügen und deinem Wohlbefinden, zum Besten deiner Familie und deiner besten Freunde anzuwenden. Aber nun greift der Heilige Geist in dein Leben ein, und durch seine Liebeszüge zwingt er dich, alles, was du an Kräften erübrigen kannst, dem Dienst deines Gottes und dem Wohl der Menschheit zu weihen. Oder du lagest unter dem Banne eines schmerzlichen Leidens, das Tag für Tag die Kraft verzehrte; dein Herz lehnte sich sowohl gegen die andauernde Heimsuchung als gegen die gezwungene Untätigkeit, gegen die Unterbrechung deines bisherigen Lebensganges mit all seinen liebgewordenen Gewohnheiten auf. Und siehe, da naht im stillen der Heilige Geist und erfüllet dein Herz mit der vollkommenen Geduld Christi: Er lehrt dich all deine Schmerzen in Ergebung hinzunehmen, sie in dankbarer Freude als eine Heimsuchung des Herrn erkennen, der dich durch Selbstentäußerung heiligen und in deiner Schwachheit mächtig sein will.

Je mehr ich versuche, mich in die Tiefen der Gedanken meines Heilandes zu versenken, um so unergründlicher und unerforschlicher stehen sie vor meiner Seele! Ja, der Heilige Geist ist eine Lebensquelle, welche allezeit aus Gottes Herzen strömt, er ist die Quelle, die in unser eigenes Herz gelenkt ist und deren Fluten, uns und anderen zur Freude, wieder aus unserer Seele strömen! Wer aber unter uns dürfte sagen, er hätte an sich selbst schon alle diese seligen Erfahrungen erlebt? Wer kennt diese lebendige Quelle als einen im tiefsten Innern seiner Seele strömenden Born, aus dem ewiges Lebenswasser quillt, dessen Genuß vor jedem Dürsten nach anderem bewahrt? Wer kennt ihn, diesen Christus, der durch den Glauben in unsern Herzen wohnt, wer kennt diese Liebe, welche alle Erkenntnis weit übertrifft, und diese ganze Fülle der Gottheit, die sich in ein Menschenherz ergießen kann? Welchem Seelenfeinde ist es denn gelungen, uns solch herrlicher Verheißungen zu berauben, die Fülle dieser Gaben zu beschränken, den Heiligen Geist zu betrüben und zu dämpfen, die Lebensquelle abzulenken oder versiegen zu lassen? O des Unglaubens, o der Torheit, o der tiefen Wunden, die unsrem Herzen und unserer Kirche geschlagen worden sind!

Du aber, o seliges Volk, dem Gott das Reich gegeben hat, glaube nur, und du wirst die Herrlichkeit Gottes schauen.

Im Heiligen Geist haben wir unendliche Hilfsquellen, die sich, je mehr wir alles andere verleugnen lernen, aufs herrlichste erschließen werden. Ja, der Heilige Geist, Gott in uns, will uns durch den Verlust der irdischen Freuden seliger, durch den Verlust der eigenen Kraft stärken, durch das wachsende Bewußtsein unseres Sündenelends stets heiliger machen.

Laßt uns darum bitten in heiliger Fürbitte!

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/m/monod/monod-lebendiges_wasser.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain