Melanchthon, Philipp - Etliche Sprüche von den Konzilien
Originaltitel: Etliche Herrn Philipps Melanchtons sprüche/ von den Concilijs/ das der verhör vnd erkentenisse von der lere zustehe/ allen Christlichen vnd gelerten/ beide Geistlichen vnd Leyen.
- Das ist ye gantz war/ vnd der natur der menschen zum höchsten gemess/ das Plato sagt/ das das Regiment das beste sey/ welchs das mittel sey zwischen der Tyranney/ vnd wenn der gemein man regiert.
- Darumb sol man bemelts Regiment als das beste auffrichten/ vnd darob halten/ nicht allein jnn allen andern Regimenten/ sondern am meisten jnn der Christlichen Kirchen.
- Wir sollen auch die tyranney vnd des gemeinen mans Regiment als die gröste vnd beschwerlichste vbel fliehen vnd verfluchen.
- Nu ist das ein lauter tyranney vnd wüterlich Regiment jnn der Christenheit/ das man die leute zwingt vnd dringt/ das offenbare gottlose wesen vnd lere fur rechtschaffen/ zu billichen/ vnd wider das helle offenbare Gottes Wort gehorsam zu sein.
- Denn eben wie der Harpagus zum König Asyages zu Persien sagt/ der jm seinen eigen son zu essen gegeben hett/ Alles das der König thut/ gefelt mir wol. Eben also thun die monchen vnd andere tyrannen auch/ welche es fur nützlich vnd gut achten/ das sie die leute also gewenen/ das sie alles das der Obrigkeit nur dreumt/ vnd alle erschreckliche Götzen dienst vnd abgötterey anbeten/ vnd fur rechte hohe Gottes dienst ehren. Allein darumb/ damit der gewaltigen Gewalt odder gut gemach/ fried vnd rhw nicht jnn fare kome/ vnd ein schnapp neme.
- Widerumb sol auch jnn der Christenheit des gemeinen mans Regiment auch nicht sein/ das ist/ man sol jnn der Christenheit dem gemeinen pofel nicht gestatten vnd nachlassen/ on vntherschied mit der lere zu handeln/ vnd vber die lere zu sprechen vnd erkennen/ Denn wie Herodotus spricht/ der pofel der aller graumsamst vngütigst feind ist.
- Sondern nach dem mitteln Regiment sol man trachten/ vnd wie Plato sagt/ nach der Geometrischen proportion/ das ist/ nach einem solchen Regiment/ das da Griechisch heist Aristonatia/ das ist/ da am meisten vermögen/ ansehen vnd gewalt haben/ die gelertsten vnd frümsten leute.
- Ein solchs Regiment wolt auch S. Paul haben/ da er jnn der ersten Episteln zun Corinthern am xiiij. sagt. Die weissager aber lasset reden zwen odder drey/ vnd die andern lasset richten/ So aber eine offenbarung geschicht einem andern der da sitzt/ so schweige der erste. Also hat auch S. Paul S. Petern gestrafft/ Wie man denn lieset zun Galatern am ersten.
- Vnd zun Römen am xij. hat S. Paul gantz weislich geschrieben/ das ein yeder der mass seines glaubens wol gewar nemen sol.
- Darumb sol man die tyrannische rede/ die solche proportion vnd mass jnn der Christlichen Kirchen gantz auff hebt/ vnd dem Babst ein vnendtliche vngemessene Tyranney zu gibt/ verstossen. Als nemlich/ das etliche gesagt haben/ das des Babsts gewalt grösser sey denn des Conciliums.
- Nu kan man vom Concilio dise fünff stücke fragen. Zum ersten/ wer macht habe ein Concilium zu beschreiben vnd zu fordern. Zum andern/ wer die Richter im Concilio sein sollen. Zum dritten/ mit was mass vnd ordnung die verhör vnd erkentnis im Concilio geschehen sol. Zum vierden/ wie man vermüge Gottes Wort vrtheilen/ vnd wie fern man den vorigen alten Concilien stat vnd raum geben sol. Vnd zum fünfften/ das man jnn der lere die warheit schlechtlich vnd klerlich offenbaren sol/ Vnd das man jnn Cerimonien vnd der Kirchen Regiment mass halten sol/ zu dem auch so gebürt sich darnach zu trachten vnd zu erforschen/ ob welcher lere man halten sol.
- Es haben jnn vorzeiten nicht allein die Bebste/ sondern auch die Römische Keyser die Concilien beschrieben vnd erfordert/ Als nemlich Constantinus vnd Theodosius.
- Richter zu setzen im Concilio/ ist das beste das man das mittel halte/ dauon ich gesagt hab/ zwischen der Tyranney vnd dem pofelregiment/ Als nemlich/ das man die gelertsten vnd erbarsten darzu verordne.
- Vnd nicht allein geistliche/ sondern auch Leyen/ Denn da Christus sagt/ Matthei am xviij. Sags der Kirchen/ da hat er gewolt/ das das höchst gericht nicht allein bey den Bischoffen/ sondern auch bey der gantzen Christlichen Kirchen stehen sol.
- Vber das/ so ist der Römisch Keyser Constantinus auch selbs jnn eigener person bey der disputation im Concilio gesessen/ Hats jm auch fur ein rhum vnd lob zu gemessen/ vnd sagt. Ich bin auch selbs als ewer einer darbey vnd mit gewest/ Denn ich verneine des nicht/ des ich mich zum höchsten erfrewe/ das ich ein mitdiener gewest bin/ bis so lang alle sachen ein bequeme vnd gebürliche erforschung erreicht haben. Ey das ist ye ein lobwirdiger Keyser gewest/ der es dafur gehalten hat/ das jm gebüren wolt jnn eigener person im Concilio zu sein/ vnd mit den gelerten zu handeln.
- Das ist auch rümlich/ das der Römisch Keyser Martianus sagt jnn der xcvi. distin. im Bebstlichen decret/ Er wölle auch bey der verhör im Concilio sein/ Wie denn der Keyser Constantinus auch gewest sey/ damit die warheit offenbar/ vnd die zwispalt vnd zwitracht/ auffgehaben vnd gericht werde.
- So sagt auch der Babst Nicolaus das die KEyser vnd Fürsten jnn andern streitigen sachen nicht jnn den Concilien sint/ denn wo es den glauben belangt/ Denn der glaube sey ein solcher handel/ der beide die Leyen vnd die Geistlichen angehe.
- Wenn nun ein Keyser das vrtheilo vber die Lere sol gehen lassen/ so mus er ein solch gewissen haben/ das der lere wol vnd recht bericht sey/ Darumb mus er nicht allein mit fremden augen sehen/ sondern mit eigen vnd selbs die streitige sachen hören vnd verstehen.
- Die verhör vnd erkentnis stehet nicht allein der weltlichen gewalt zu/ sondern auch der Christlichen Kirchen. Nu ist ye die weltlich gewaldt auch ein theil vnd stück der Christlichen Kirchen/ wie denn der Römisch Keiser Christlich gesagt hat. Ich bin ewer mitdiener gewest.
- Von der mass aber vnd ordnung ist das recht vnd gesatz/ des man beide theil vnd parthey hören sol. Vnd wenn man mit bewilligung beider teile Richter gewelet/ vnd die sachen ordenlich verhört vnd bewogen hat/ so gebürt den parten der Richter vrtheil vnd erkentnis gehorsam vnd folge zu leisten. Denn ein yeder sol sich der mass seines glaubens halten.
- Nu sol man jnn den Concilien nicht anders/ denn aus vnd nach Gottes Wort richten. Desgleichen sol man der alten Christlichen Kirchen so fern folgen/ das man ye kein lere anneme/ die der ersten Christlichen Kirchen vnbekandt gewest ist.