Melanchthon, Philipp - An Thomas Matthias, churfürstlich brandenburgischen Rath.
(Ehestandsepistel.)
Der ewige Gott, der Vater unsers Herrn Jesu Christi, der Schöpfer der ganzen Natur und Stifter des so schönen und lieblichen ehelichen Bundes, sei mit deiner Ehe, und gebe, daß sie eine ruhige, gesegnete, glückliche und fruchtbare sei. Wie so Manches weise und fromm geschrieben ist, was nicht nur die Würde der Ehe uns zeigt, sondern auch erinnert, mit welch inniger Zärtlichkeit die Ehegatten einander umfassen sollen und mit welcher Fassung die allgemeinen Schwierigkeiten dieses Lebens zu ertragen seien, so enthält auch dasjenige, was Aristoteles auf der ersten Seite der Oeconomica von den Pythagoräern anführt, ein herrliches Gemälde vieler Pflichten. Hiernach sagten nehmlich die Pythagoräer, der Mann müsse gedenken, daß seine Verlobte gleichsam bittend vor dem Altar ihm zugeführt werde. Du siehst, es ist ein Brauch der Alten, daß der Bräutigam und die Braut vor dem Altare verbunden werden Angesichts Gottes und unter dessen Anrufung. Diese Sitte wurde ohne Zweifel von den ersten Vätern eingeführt, damit wir daran denken sollen, daß diese Verbindung von Gott eingesetzt sei und von ihm unterstützt werde. Sodann übertragt sie das ganze Recht der Bittenden der Braut. Es war üblich, daß die Bittenden an den Altären saßen, und die, an welche die Bitten ergingen, hinzutraten, um ihnen beizustehen. Durch diesen Gebrauch wurde die ihnen versprochene Gnade, Unversehrtheit und beständig fortwährende Vertheidigung verstanden. Was gibts Schöneres, als dieses Bild? Die Braut wird dir vor dem Altare gleich als eine Bittende übergeben, du nimmst sie auf dein Wort an, unterstützest sie als die schwächere und versprichst ihr beständige Barmherzigkeit und Vertheidigung. Siehe, an welch große Dinge das Alterthum uns durch diesen Gebrauch gemahnt wissen wollte: ist dieser ja doch auch ein Abbild der ewigen Verbindung zwischen der Kirche und dem Sohne Gottes. Die Kirche sitzt bittend am Altare, unter den größten Drangsalen. Der Sohn Gottes tritt als der Bräutigam zu ihr hin und richtet sie auf. Er umpfängt die Unglückliche und verheißt ihr ewige Barmherzigkeit und Vertheidigung. In solchem Glauben sollen wir auch in dieser betrübten Zeit vom Sohne Gottes Hülfe erbitten und gewärtigen. Ich flehe ihn an, daß er bei Eurer Heirath zugegen sein, und Euch bewahren und regieren wolle. Werde ich auch durch die traurigen Zeitumstände persönlich hinzukommen verhindert, so werde ich doch mit meinen Wünschen dort sein ….
Die Besiegung Nicanors war eine gerechte Strafe für die Schmähungen, die er drohend wider den Tempel Gottes geäußert hatte. Mit diesem Beispiele zeigte damals Gott, daß er seine Kirche schütze: so bete ich denn, daß er sie auch jetzt schützen wolle, ob sie auch durch große Unruhen erschüttert wird.
Quelle: Renner, C. E. - Auserlesene geistvolle Briefe der Reformatoren